VIELFALT IN DER STADT

Kriegerdenkmäler in Hamburg

So unterschiedlich die ästhetisch-künstlerische Gestaltung, die Texte und Inschriften der Kriegerdenkmäler in Hamburg auch erscheinen mögen, gemeinsam sind den meisten die nachträgliche Stilisierung der getöteten Soldaten zu Helden und die Legitimation des Krieges als Kampf für Volk, Kaiser und Vaterland. Eine Absage an Krieg und Militär und ein Bewusstsein von Verantwortung und Schuld findet sich nicht.

Die meisten davon sind nach dem 1.Weltkrieg errichtet worden: auf öffentlichen Plätzen, neben Kirchen, auf Friedhöfen. Alle diese Denkmäler sind über viele Jahrzehnte Orte der Kriegsverherrlichung gewesen und in der Regel bis heute gut erhalten. Nur sehr wenige sind neu oder umgestaltet worden.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Bramfeld   Dammtor    Ottensen

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.

 


I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Der Bildhauer Wilhelm Rex
Der Architekt Fernando Lorenzen
Historisches Foto von 1927
Die Christlichen Symbole
Die Salbung Jesu
Das Ruckteschell-Heim

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Eilbek

An der Fassade der Versöhnungskirche

Drei Sandsteinreliefs über dem Eingang sind den getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet. Der Bildhauer Wilhelm Rex hat sie gefertigt. Sie sind 1921 zusammen mit dem Kirchenbau eingeweiht worden.

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Der Bildhauer Wilhelm Rex hat sie gefertigt. Sie sind 1921 zusammen mit dem Kirchenbau eingeweiht worden.

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Die dargestellten Szenen sind sind begrenzt von antiken Säulen, der segnende Christus von breiten, die an den Seiten von zierlichen unterteilten Säulen. Dazwischen je zwei kleinere Reliefs, auf denen die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die als Autoren der vier biblischen Evangelien gelten, dargestellt werden. In der christlichen Ikonografie seit dem 4. Jahrhundert werden ihnen vier Symbole zugeordnet: ein Mensch (hier in Eilbek ein Engel) versinnbildlicht Matthäus, der Löwe Markus, der Stier Lukas und der Adler Johannes.

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In der Mitte: Christus mit segnend erhobener rechten Hand. Die Majestas Domini (lateinisch für »Herrlichkeit des Herrn«) ist ein besonders im Mittelalter beliebtes Bildschema, bei dem Jesus Christus auf seinem Thron, umgeben von den vier Symbolen der Evangelisten dargestellt wird.

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Links: eine Mutter im langen Gewand mit ihrer kleinen Tochter mit gefalteten Händen, beide tragen eine Zopffrisur und sind der Christusfigur zugewandt. Im Hintergrund ein Laubbaum. Was will die Mutter mit dem erhobenen Zeigefinger sagen?

Unter der Szene als Band die erste Hälfte der Inschrift:

2. Kor. 5. So lasset euch
(versöhnen mit Gott.)

 

HH Eilbek 01 web

Rechts: Auch die zwei Krieger sind Christus zugewandt. Der Ältere mit Schnauzbart kniet mit gesenktem Kopf, in den gefalteten Händen einen altertümlichen Degen, an den Stiefeln Sporen. Der jüngere Krieger steht aufrecht, seine Hände sind nicht gefaltet, er scheint den Älteren zu stützen. Er ist bewaffnet, am Koppel kann man Patronentaschen erkennen. Die neue Generation steht bereit! Im Hintergrund ein Kreuz im Strahlenkranz.

Unter der Szene als Band die zweite Hälfte der Inschrift – wieder ohne Wortzwischenräume:

(2. Kor. 5. So lasset euch)
versöhnen mit Gott.

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Darüber in der strukturierten Fassade weitere Sandsteinreliefs, die christliche Motive zeigen. Von links nach rechts: Fische, Pelikan mit Jungen, Lamm, Taube und Arche Noah. Lesen Sie über die Bedeutung weiter unten.

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Die Geschichte

Es gab 1912 eine Ausschreibung, die der Architekt Fernando Lorenzen mit seinem Projekt »Eckturm« gewann. Das Modell zu dieser Ausschreibung steht heute noch im kleinen Gemeindesaal.

Die auf den Architekturplänen resultierenden Kostenvoranschläge überstiegen deutlich die ursprünglich geschätzten Summen. Es gab zwar bereits aus Spenden gesammeltes Kapital in der Gemeinde, das leider nicht ausreichte und daher durch Mittel aus dem Kirchenrat aufgestockt werden sollte. Durch die unklare Finanzierung wurde die Entscheidung weiter vertagt und zwar mit Hinblick auf das neue Kirchensteuergesetz auf das Jahr 1915. 

Durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges wurden alle projektierten Kirchenbauten vom Kirchenrat ausgesetzt. Der Eilbeker Kirchenvorstand blieb hartnäckig und beantragte in bewährter Regelmäßigkeit beim Kirchenrat die Mittel zum Bau der neuen Kirche. Dies zahlte sich aus, und es wurden Mittel bewilligt, so dass am 18. Juni 1916 der Grundstein gelegt werden konnte. Die Kirche hatte bereits ein Dach und Notverglasung, als auf Befehl des Generalkommandos der Bau im Juli 1917 still gelegt werden musste.

Ab 1919 konnten  die Bauaktivitäten wieder aufgenommen werden. Die Finanzierung war noch unsicher, aber die Verantwortlichen in der Eilbeker Gemeinde hofften auf Spenden und diese Hoffnung wurde mehr als erfüllt. 1920 gab es einen Entwurf für die Innenausstattung der Kirche vom Architekten Theodor Speckbötel, der sogar auf sein Honorar verzichtete. Aus der Gemeinde und von weiteren Einzelpersonen erhielt die Kirche ebenfalls Spenden, die den Kirchbau zusammen mit den vom Kirchenrat genehmigten Mitteln ermöglichten.

Am 06. November 1921 konnte die Versöhnungskirche endlich eingeweiht werden. Die Freude über das besondere Ereignis in diesen schlechten Zeiten wurde laut deutlich gemacht, indem alle Kirchen in Hamburg von 15:00 bis 15:30 Uhr ihre Glocken läuteten.

Die Versöhnungskirche wurde am 01. Januar 1925 selbständig und erhielt einen eigenen Kirchenvorstand. In diesem Jahr wurde auch der Turm vervollständigt, wieder mit Unterstützung von Architekt Speckbötel.

In den Bombennächten von 1943 sind die meisten Gebäude im Eilbektal zerstört worden. Die Versöhnungskirche Eilbek blieb stehen und war ein Symbol für Hoffnung, ein Zeichen für die Zukunft und außerdem ein Zufluchtsort für viele Ausgebombte.

Kirchengemeinde Eilbek

 

Über dem Portal der Kirche schuf der Bildhauer W. Rex drei schöne Steinreliefs: in der Mitte den einladenden Christus, links und rechts ihm anbetend zugewandt eine Mutter mit ihrem Kind und zwei Krieger. Die Vorübergehenden werden durch dies Bildwerk daran erinnert, dass die Kirche im Kriege erbaut worden ist. Die Kosten für diese Skulptur trug Fräulein A. Hagemann. Am Tage der Einweihung zerriss sie den Schuldschein, den ich ihr für die geliehenen Summen ausgestellt hatte.

Am 6. Nov. 1921 wurde die Versöhnungskirche am Reformationsfest feierlich eingeweiht. Es war ein trüber Regentag, als die Glocken aus Bochumer Gußstahl nachmittags um 3 Uhr zum Festgottesdienst einluden.

Das Wort auf der Grundsteintafel wird sich als Wahrheit auch künftig erweisen: »Im Aufblick zu Gott begannen wir mitten in den Schrecken des Weltkrieges voll Hoffnung auf den Sieg mit dem Bau dieses Gotteshauses und legten am 18. Juni 1916 den Grundstein. Trotz aller Hemmnisse, trotz Niederlage und Zusammenbruch des Vaterlandes wurde das Werk trotz zweimaliger langer Unterbrechung durch die Opferwilligkeit der Eilbeker Gemeinde, durch die Unterstützung frommer Gönner und durch die Beihülfe der Hamburgischen Landeskirche dennoch vollendet und am 6. Nov. 1921 eingeweiht, ein Denkmal der wunderbaren Glaubenshilfe des gnädigen und allmächtigen Gottes, der Gebete erhört und die Seinen nicht zu Schanden werden lässt. Er wird auch unserm Volk, dass von äußeren Feinden geknechtet und durch innere Kämpfe zerrissen ist, eine neue Morgenröte schenken, wenn es den Weg zu ihm zurückfindet. Darum erhielt dies Gotteshaus, in welchem allezeit das Wort vom Kreuz lauter und rein gepredigt werden soll, von seinen Gründern den Namen »Versöhnungskirche«.

Zitiert aus den Erinnerungen von Pastor Julius Hahn vom 22.10.1945

Pastor Julius Hahn, 1945


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Der Bildhauer Wilhelm Rex

Wilhelm Rex wurde am 10. Juli 1870 in Braunsberg bei Königsberg geboren und ist am 21. Juli 1944 in Passau gestorben.

Wilhelm Rex, als Friedrich Wilhelm Rex getauft, entstammte einer ostpreußischen Familie von Lehrern, Organisten und Malern. Er erlernte in Berlin vier Jahre die Holzbildhauerei. Danach besuchte er die Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin, studierte sechs Semester Anatomie unter Maximilian Schäfer und Architektur und Kunstgewerbe bei Albin Müller von der Darmstädter Künstlerkolonie. Er war an verschiedenen Orten in Deutschland als Modelleur und Steinbildhauer für Bauplastik tätig: Dresden, Köln, Aachen, Düsseldorf, Magdeburg, Wittenberg sowie länger in Berlin und 1911–1924, unterbrochen durch Kriegsdienst 1914–1918 in Hamburg; 1925–1936 in Hamburg; 1936–1943 in Altona.

Er erhielt mehrere Auszeichnungen und zahlreiche Aufträge von öffentlichen Institutionen. Er machte sich insbesondere einen Namen durch seine Porträtbüsten in Stein und Bronze und fertigte Plaketten und Medaillen. Seine Ateliers in Berlin und Hamburg wurden im Krieg zerstört, desgleichen sind viele seiner öffentlichen Werke zerstört oder verschollen.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8. 12. 2017


Wilhelm Rex auf sh-kunst.de


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Der Architekt Fernando Lorenzen

Der deutsche Architekt Fernando Lorenzen ist geboren am 8. August 1859 in Hamburg und gestorben am 10. Mai 1917 in Altona.

Lorenzen studierte Architektur bei zwei der wichtigsten Kirchbaumeister des 19. Jahrhunderts, zunächst bei Conrad Wilhelm Hase am Polytechnikum Hannover und anschließend beim Hase-Schüler Johannes Otzen in Berlin. Durch Hase und Otzen wurde Lorenzen im Sinne der von diesen vertretenen neogotischen Architektur geprägt, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Stilform des Historismus vor allem im norddeutschen Kirchenbau Anwendung fand. Als Bauführer beim Bau der von Otzen entworfenen Altonaer Friedenskirche kehrte Lorenzen 1893 nach Hamburg zurück, wo er sich im Anschluss selbständig machte.

Nach Wettbewerbserfolgen konnte Fernando Lorenzen eine Vielzahl von Kirchen in Hamburg realisieren. Zunächst noch von der neogotischen Schule seiner Lehrmeister geprägt, löste er sich allmählich von historistischen Bauformen und wandte sich schließlich neuen Tendenzen der Reformbewegung zu, die kurz vor dem 1. Weltkrieg auch in Hamburg zum Durchbruch gelangte. Sein letzter, erst nach seinem Tod fertiggestellter Kirchenbau, die Eilbeker Versöhnungskirche, zeichnet sich bereits durch schlichte Formen und eine nun im Kontext der Heimatschutzbewegung zu verstehende Backsteinverkleidung aus. Nach 1945 verringerte sich die Bedeutung des Baustiles der Heimatschutzbewegung, weil er manchen Stadtplanern nicht klar von Bauweisen abgrenzbar erschien, die von Nationalsozialisten favorisiert worden waren.

Während des Ersten Weltkriegs starb Lorenzen 1917 in Altona im Alter von erst 57 Jahren.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8. 12. 2017

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Historisches Foto von 1927

HH Eilbek 1927 web

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Die Christlichen Symbole

Der Fisch ist eines der ältesten Zeichen für Christen und auch heute noch ein verbreitetes christliches Bildmotiv. Bevor das Kreuz zum Symbol der Christenheit wurde, war der Fisch das zentrale Zeichen der Christen. Der Fisch war zur Zeit der Christenverfolgung das geheime Erkennungszeichen der Christen. Heute geben sich Christen mit dem Fischsymbol als gläubige, oft auch evangelikale Christen zu erkennen.

Der Pelikan ist in der christlichen Kunst ein Symbol für Christus. Dieses geht auf den alten Glauben zurück, dass der Pelikan seine Jungen mit dem eigenen Blut füttert. Dieses Verhalten wurde mit Christus verglichen, der sein Blut und damit sein Leben für die Menschen hingibt.
Ursprung dieser Deutung ist eine Naturbeobachtung aus der Antike. Pelikane schlingen ihre Nahrung herunter und würgen sie zur Fütterung der Jungen wieder hervor. Dabei kann man auch sehen, dass die Brust des Pelikans mit Fischblut verschmutzt wird. Dieses wurde von Beobachtern in der Antike so gedeutet, dass der Pelikan seine Jungen mit eigenem Blut füttert.
Diese Legende ist schließlich von christlichen Schriftstellern aufgegriffen und auf Christus bezogen worden. Seit dem Mittelalter ist darum der Pelikan häufig auf christlichen Darstellungen zu finden, zum Beispiel auf Kirchenfenstern, im Schnitzwerk an Altären oder auf Grabsteinen als Zeichen für Hoffnung und Trost. www.relilex.de

Das Lamm: Seit der frühen Christenheit, als die menschliche Darstellung Jesu noch verboten war, wird Jesus als Lamm dargestellt.
»Jesus ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt« (Johannesevangelium, Kapitel 1, Vers 29). Paulus: »Auch wir haben ein Opferlamm, das ist Christus, der geopfert ist.« (1. Korintherbrief, Kapitel 5, Vers 7).

Die Taube: Nach christlichem Glauben, kommt bei der Taufe der Geist Gottes auf den Menschen. Das wird durch eine herabschwebende Taube, hier an der Versöhnungskirche mit Heiligenschein, dargestellt. Denn als Jesus im Jordan getauft wurde »tat sich der Himmel auf und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabschweben« (Matthäusevangelium, Kapitel 3, Vers 16). Die herabstürzende Taube als Zeichen für den heiligen Geist ist das älteste Tauf-Bildmotiv.

Die Arche Noah: Schon in der ältesten Christenheit ist das Schiff ein Symbol für die Kirche. Nach dem Vorbild der Arche Noahs galt es als Raum der Rettung und des Heils für die Gläubigen (Gen 8,1-9,1ff).


Online-Lexikon zur Religion

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Die Salbung Jesu

»Dir sind deine Sünden vergeben«, spricht Jesus der Frau zu, die ihm die Füße gesalbt hat (Lukasevangelium 7, 48). Sie ist eine Sünderin, so steht es in der Bibel. Ein Fenster in der Versöhnungskirche erinnert seit 94 Jahren daran. Es zeigt die Salbung Jesu. Das Gesicht der biblischen Frau trägt die Züge einer Eilbekerin: Amalie Hagemann.

HH Eilbek Die Salbung Jesu Foto Dirk Russmann web

Foto: Dirk Rußmann / von der Website der Versöhnungskirche

Ausgewandert in die USA in den 1920er-Jahren, heiratete die Hamburgerin einen wohlhabenden Mann – aus Fräulein Hagemann wurde Mrs. Floris. »Sie war als Prokuristin im Bankhaus Heckscher tätig«, schrieb 1945 Pastor Julius Hahn in Eilbek. Hagemann hatte ein Gelöbnis abgelegt, so überlieferte er seiner Kirchengemeinde, ihre Gewinne aus ausländischen Aktien der Hamburger Kirche zu stiften. Sie verlangte, die Fußsalbung auf dem Fenster darzustellen – und wünschte sich, dass das Gesicht der Sünderin ihrem gleichen sollte. [...] Warum ließ sich Amalie Hagemann dort abbilden? »Dazu hat sie sich damals bewusst entschieden«, sagt [die Pastorin] Friedburg Gerlach. »Sie hätte sich jede biblische Geschichte aussuchen können, irgendeinen Grund muss sie gehabt haben.«

Zitiert aus »Eine Gemeinde verbrennt Beichtbriefe« von Catharina Volkert / Evangelische Zeitung vom 20. März 2017

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Das Ruckteschell-Heim

Die Stiftung Eilbeker Gemeindehaus besteht aufgrund der Arbeit engagierter und  frommer Vorfahren. Sie muss sich nach dem Willen der Stifter Menschen aller Alterstufen annehmen, besonders aber jener, die wegen ihrer Jugend oder ihres Alters besondere Liebe und Zuwendung brauchen.
Auf Initiative von Pastor Nikolai von Ruckteschell wurde ein großes Gemeindehaus gebaut. Als Leitung gewann er Elisabeth Sieveking, Oberin der Alsterdorfer Anstalten, die dem Haus von 1909 bis 1934 vorstand.
Dieses Haus wurde zum Mittelpunkt des sozialen Lebens in Eilbek. Nach dem Krieg bemühte sich der Vorstand jahrelang vergeblich, an Stelle des Gemeindehauses ein Seniorenheim zu bauen. Nach Überwindung vieler Hindernisse gelang es, die Einrichtung wurde 1974 eingeweiht. 1992 erfolgte eine umfangreiche Modernisierung und Erweiterung. Mit dem Namen »Ruckteschell-Heim« hält es die Erinnerung an einen prägenden Eilbeker Pastor wach.

Nach der Website des Ruckteschell-Heimes


Pastor Nikolai von Ruckteschell ist der Vater des Marine-Offiziers Hellmuth von Ruckteschell und des Malers (ein Gemälde von ihm hing oder hängt auch in der Versöhnungskirche*), Zeichners und Bildhauers Walter von Ruckteschell. Wir dokumentieren auf dieser Website zwei seiner Kolonialdenkmäler: in >HH-Jenfeld und in >Aumühle. Sie stehen in der Tradition einer direkt nach dem 1. Weltkrieg einsetzenden Verehrung der deutschen Kolonial-Truppen, die zur Zeit der Nationalsozialisten kultartige Züge erlangte.

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* »Die Deckenbeleuchtung in der Sakristei schenkten die beiden Amtsbrüder der Friedenskirche. Die dortige Gemeinde stiftete auch das große Chistopherusbild, von Walter v. Ruckteschell auf Holz gemalt. Sein Vater hatte uns im Konfirmandenunterricht die bekannte Legende so gern erzählt als Sinnbild des deutschen Volkes, das nur dem stärksten Herrn dienen will und so in der Reformationszeit zum Christusträger wurde.«

• Aus den Erinnerungen von Pastor Julius Hahn vom 22.10.1945

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I N H A L T
Das Denkmal
Aus der Chronik des Schützenvereins
Das Eiserne Kreuz
Der Findlingsmythos

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Eissendorf

Auf dem Gelände des Seniorenwohnparks Eichenhöhe

Neben der Auffahrt, gegenüber des Eingangs, steht das Findlingsdenkmal, das den getöteten Soldaten gewidmet ist, die Mitglieder im Eißendorfer Schützenverein von 1878 e.V. waren.

HH Eissendorf Strasse web


An der Straße etwa 100 Meter weiter nach oben steht die Eißendorfer Lutherkirche. Pastor E. Meyer hielt bei der Einweihungsfeier am 31. Mai 1931 die Weiherede.

 

HH Eissendorf Kugeln web

Das Podest des hohen Findlings ist zweistufig zu sehen, es ist aus behauenen bunten Feldsteinen gemauert. Der Platz davor ist mit Platten gepflastert, rechts und links liegen, versetzt vorm Denkmal, zwei Steinkugeln. Sie erinnern an die Mode Denkmäler zu den Freiheitskriegen im 19. Jahrhundert mit nachgemachten Kanonenkugeln zu schmücken.

HH Eissendorf nah web


Erbaut worden ist es 1931 für die Soldaten des 1. Weltkriegs, nach dem 2. Weltkrieg sind dessen Jahreszahlen dazugekommen. Die heutige Inschrift lautet:

Zum getreuen Gedenken an unsere gefallenen Schützenbrüder
1914 – 1918
1939 – 1945

Darüber ein Eisernes Kreuz in Kontur.

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Aus der Chronik

Der Eißendorfer Schützenverein von 1878 e.V. beschreibt auf seiner Website die Geschichte des »Ehrenmals« mit Bildern aus einem alten Fotoalbum. Wir bedanken uns für die Erlaubnis sie hier zeigen zu können.

Eißendorfer Schützenverein

 

HH Eissendorf Chronik web


Aus der Festschrift des Eißendorfer Schützenvereins zur »50jährigen Jubelfeier und Weihe einer neuen Fahne am 10. Juni 1928«.

Darin lesen wir den Satz »Der Weltkrieg brachte eine Ruhepause im Schützenwesen«.

 

HH Eissendorf Chronik Stein holen web


Am 12. April 1931 auf einem Feld bei Nenndorf: Der Stein ist gefunden und soll nun zum Denkmalsplatz transportiert werden.

 

HH Eissendorf Chronik Stein web

Nach zwei Stunden Arbeit liegt der 50 Zentner schwere Stein auf dem Wagen. Dabei waren: Behrmann, A. Maack, F. Jobst, Elling, K. Otte, H. Otte, H. Baden und H. Moje.

HH Eissendorf Chronik Einweihung web


Einweihungsfeier am 31. Mai 1931. Pastor E. Meyer hält die Weiherede. Die Inschrift auf dem Stein lautet vor der Veränderung nach dem 2. Weltkrieg:

Unseren gefallenen Schützenbrüdern
1914 – 1918

Darunter ein einfaches Kreuz, kein Eisernes Kreuz.

 

HH Eissendorf Chronik1 web


Bei der Einweihung ist der Denkmalsplatz mit langen Eichengirlanden geschmückt. Der Stein ist von hohen Bäumen und einer kleinen Hecke umgeben. Das Podest ist dreistufig zu sehen. Der erste Kranz des Schützenvereins liegt vor dem Findling. Jedes Jahr zum Volkstrauertag, zum »Heldengedenktag« in der Zeit des Nationalsozialismus, wird in Zukunft einer folgen.

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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Heute ist das Eiserne Kreuz das ›nationale Erkennungszeichen der Bundeswehr‹«.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2006

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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Obelisk
Historische Postkarte
Warum gibt es zwei Denkmäler?

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Finkenwerder

Zwei Kriegerdenkmäler bei der St. Nikolaikirche

Auf dem Hamburger Friedhof (auch »Alter Friedhof« genannt) am Finkenwerder Landscheideweg steht links hinter der Kapelle ein dreieckiges Sandsteinmonument für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Nachträglich wurden die Soldaten des 2. Weltkriegs einbezogen. Der Entwurf stammt von Richard Kuöhl (1880 - 1961). Das Denkmal wurde 1927 errichtet. An den Seiten stehen zwei Stelen aus Stein mit 93 eingravierten Namen.

HH Finkenwerder K gesamt web

In der Spitze ist im Relief ein schwebender Engel im Strahlenkegel zu sehen, darunter liegt, ebenfalls im Relief, ein Soldat in Uniform, mit Stahlhelm und Patronengürtel, gebeugt über einen Toten oder Sterbenden. Der Friedhof wurde während der Sturmflut im Februar 1962 überschwemmt. Es wird vermutet, dass die Beschädigungen an den Reliefs daher rühren. Man könnte auch meinen, dass die Zerstörung der Gesichter von dem Engel und dem Toten bzw. Sterbenden mutwillig erfolgt sind.

           HH Finkenwerder Engel web

Die Inschrift darunter lautet:
Unseren Gefallenen 1914 – 1918 Hamburg Finkenwärder
1939 – 1945 (nachträglich)

HH Finkenwerder K Inschrift web


Der »Alte Friedhof Finkenwerder« ist einer von drei Friedhöfen in Finkenwerder. Er ist kulturgeschichtlich sehr interessant, die prächtigen Tore sind den Prunkpforten der reichen Obstbauernhöfe im Alten Land nachempfunden. Sie wurden, ebenso wie die Friedhofskapelle, vom Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher entworfen und in den Jahren 1926/27 errichtet. Gleichzeitig entstand das Kriegerdenkmal. Richard Kuöhl war 1912 nach Hamburg gezogen, wo er viel mit Fritz Schumacher zusammenarbeitete. Eines seiner Spezialgebiete, die Baukeramik, passte gut zu der Wiederbelebung des Backsteinbaus durch den Oberbaudirektor. Die Kapelle wurde lange als Abstellraum benutzt und wirkte verwahrlost. Seit dem Frühjahr 2015, als diese Fotos entstanden, wird sie erfreulicherweise renoviert. Die Kunstförderung Finkenwerder e. V. hat sich um die Trägerschaft beworben. Die Geschichtswerkstatt plant, das Ensemble als Gedenkort zu reaktivieren.


Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Dammtor
Hamburg Langenhorn
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Schleswig-Holstein Wilster
Hamburg Neuenfelde
Schleswig-Holstein Großhansdorf
Schleswig-Holstein Neumünster
und besonders kurios Hamburg Moorburg

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Der Obelisk

Direkt bei der Kirche am Kirchenaußendeichsweg steht dieser Sandsteinobelisk mit aufgesetztem plastischen eisernen Kreuz. Der Entwurf stammt von Johann Köster. Im Relief zu sehen sind gekreuzte Lorbeerzweige mit großer Schleife unter der Inschrift und gekreuzte Schwerter verbunden mit gekreuzten Palmzweigen im Sockelbereich. Im untere Teil ist eine Tafel eingelassen mit 35 Namen von toten Soldaten, deren militärischer Rang und Sterbedatum und -ort.

           HH Finkenwerder Kirche gsamt web

Die Inschrift lautet:
Es liessen ihr Leben im grossen Kriege 1914-1918.

           HH Finkenwerder Kirche Detail web

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Historische Postkarte

           HH Finkenwerder AK web

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Warum gibt es zwei Denkmäler?

Bis 1937 wurde Finkenwerder durch den Landscheidebach neben der St. Nikolaikirche getrennt. Der nördliche Teil war seit 1445 hamburgisch und hatte seit 1919 den Status eines Vorortes, er wurde »Finkenwärder« geschrieben, siehe Inschrift auf dem Denkmal von Kuöhl. Der südliche Teil gehörte bis 1814 zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, bis 1866 zum Königreich Hannover und danach zu Preußen. Diese Teilung Finkenwerders wirkte sich besonders während der Cholera-Epidemie in Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts aus, als es den Bewohnern der Hamburger Seite bei Todesstrafe verboten war, in den Südteil der Insel zu reisen. Trotzdem kamen viele aus dem Nordteil, um am evangelischen Gottesdienst in der Kirche teilzunehmen, die direkt hinter der Landscheide auf der Lüneburger Seite liegt. Aber sogar im Kirchenschiff gab es eine Hamburger und eine Lüneburger Seite. Es gibt bis heute zwei Friedhöfe und zwei Kriegerdenkmäler für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs kaum 100 Meter voneinander entfernt. In den 1920er-Jahren wurde im Hamburger Teil unter Oberbaudirektor Fritz Schumacher der Bebauungsplan für das Gebiet zwischen der 1918 entstandene Deutschen Werft und der alten Auesiedlung aufgestellt. Dort befinden sich überwiegend Backsteinbauten im für das damalige Hamburg typischen Backsteinstil.

         
          HH Finkwerder Landscheed un Niklaaskark web

© flamenc/wikimedia commons

»Landscheed un Niklaaskark« – der Landscheidebach in Finkenwerder

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I N H A L T
Das Denkmal
Spendenaufruf 1927
Die Einweihung 1927
Gerangel zwischen Bürgerverein und Denkmalsbehörde
Historische Fotos
Volkstrauertag 1954
Bischof Wilhelm Kieckbusch

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Groß-Flottbek

Auf einer Wiese bei der Flottbeker Kirche

Ein trutziger Block aus Granitquadern steht auf einem Sockel mit acht eingelassenen Bronzetafeln. Die Umzäunung wird an den Ecken außen von Granit-Kugeln eingegrenzt. Im Jahr 1927 wurde das Kriegerdenkmal nach einem Entwurf des Hamburger Architekten Rudolf Matzen (10. August 1863 - 4. November 1951) errichtet.

»Es ist einfach und schlicht, aber markig in seinen Dimensionen« schrieb das Gross Flottbeker Tageblatt in dem Bericht zur Einweihung. Die Baukosten betrugen 15 000 Mark, wovon über die Hälfte durch Spenden aus der Bevölkerung aufgebracht wurde. Am 19. September 1927 wurde das Denkmal eingeweiht, die Weiherede hielt Pastor Kieckbusch, Pastor von St. Michaelis (Michel) und späterer Bischof der Landeskirche Eutin.

Inschriften:

1914 - 1918
1939 - 1945 (Zusatz nach 1963)

HH Flott


An allen vier Seiten sind jeweils zwei Bronzetafeln in dafür vorgesehene Erker eingelassen. Darauf stehen die 166 Namen von getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs aus Groß-Flottbek. Jeweils wird auch ihr Todestag genannt.


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Spendenaufruf 1927

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Dokument aus der Geschichtswerkstatt Ottensen. Vielen Dank!

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Die Einweihung

Am 19. September 1927 wurde das Denkmal für die im 1. Weltkrieg getöteten Soldaten aus Groß-Flottbek eingeweiht. Fast alle größeren Vereine Groß-Flottbeks waren geschlossen erschienen und hatten den Sockel des Denkmals mit Kränzen geschmückt. Nach einer Ansprache des ehemaligen Gemeindevorstehers Köhnke – Groß-Flottbek war während der Bauzeit des Denkmals von einer selbständigen Gemeinde zu einem Teil der Stadt Altona geworden – folgte die Weiherede von Pastor Kieckbusch. Die Hamburger Nachrichten schreiben: Jetzt haben die Hinterbliebenen einen Ort, wo sie derer, die irgendwo in fremder Erde ruhen, mit stiller Andacht gedenken können. Aber: »Den Toten die Ehre, den Lebenden die Pflicht«, jetzt heiße es für uns anderen und besonders für die heranwachsende Jugend, daraus zu lernen, der Allgemeinheit zu dienen und die Mauern niederzureißen, die in unserem Volk noch immer nicht das große Gefühl der kameradschaftlichen Zusammengehörigkeit siegen lassen. Das Hamburger Fremdenblatt beschrieb die Weiherede von Pastor Kieckbusch so: [Die Rede] lenkte mit bildhafter Kraft den Blick zurück auf die Kriegszeit und seine Opfer, sie wies aber auch vorwärts mit der Verpflichtung für die Lebenden, Treue zu halten: Treue den Toten, Treue dem Vaterland. Und den Geist der Kameradschaft wieder lebendig zu machen wie damals, als die Kriegsfackel am Himmel lohte.

Zu dem Lied »Ich hatt einen Kameraden« fiel die Hülle des »Ehrenmals«. Mit dem Absingen der letzten Strophe des Deutschlandliedes fand die Feier ihren Abschluß.

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Drei Zeitungen berichteten von der Einweihung am 19. September 1927: die Hamburger Nachrichten, das Gross Flottbeker Tageblatt und das Hamburger Fremdenblatt.

Zeitungsberichte vom 19.9.27


Nach der Enthüllung des Denkmals übergab Johannes Ed. Jepp von der Denkmalskommission das »Ehrenmal« der Stadt Altona. Lesen Sie hier seine Rede.

Rede Johannes Ed. Jepp

 

Wir danken Johann Eitmann vom Archiv Flottbek-Othmarschen des Bürgervereins e.V. für die Recherche.

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Gerangel zwischen Bürgerverein und Denkmalsbehörde

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Oben die Mitteilung des Bürgervereins Flottbek-Othmarschen e.V. im Oktober 1962.

Am 25. April 1963 folgte dann im Hamburger Abendblatt der Aufruf zur Selbsthilfe:

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Wir danken der Geschichtswerkstatt Ottensen

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Historische Fotos

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Dieses Foto ist ca. 1980 aufgenommen worden. Beide Fotos sind aus dem Archiv Flottbek-Othmarschen des Bürgervereins e.V.


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Volkstrauertag 1954

Redner ist Hans Harder Biermann-Ratjen, in dessen Andenken bis heute Personen mit der Biermann-Ratjen-Medaille geehrt werden, die sich um die Stadt Hamburg in kultureller Weise verdient gemacht haben. Er wurde erstmals 1949 im Wahlkreis Groß Flottbek in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt und gehörte ihr bis 1957 und erneut von 1961 bis 1963 an. Es könnte also durchaus sein, dass er diese Rede am Kriegerdenkmal in Groß Flottbek gehalten hat.

Rede 1954

 

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Bischof Wilhelm Kieckbusch

Hansjörg Buss schreibt in seinem Aufsatz »Die ›Ära Kieckbusch‹ (1930 - 1976)« zur Einführung Wilhelm Kieckbuschs als Hauptpastor in Eutin:

»Der veränderte Umgang der Landeskirche gegenüber der NSDAP zeigte sich augenfällig bereits bei der Einführung Kieckbuschs als Hauptpastor knapp zwei Wochen nach den Reichstagswahlen vom 14. September 1930, die den politischen Durchbruch der Nationalsozialisten auf Reichsebene bedeuteten. Erstmals nahmen Mitglieder der NSDAP mit Hakenkreuzfahne und in brauner Uniform am Gottesdienst teil, die – so der sozialdemokratische ›Lübecker Volksbote‹ – ›dem geistlichen Herrn noch eine Huldigung darbrachten. Auch das Blasen der Posaunenchöre wurde in den Pausen durch den Gesang der Hitlerschen vervollständigt.‹ Diese positive Haltung setzte sich mit der Teilnahme an und der aktiven Gestaltung von Feierlichkeiten der NSDAP und ihrer Gliedorganisationen, vor allem aber durch die Zusammenarbeit mit dem Stahlhelm und der NSDAP im Winterhilfswerk und dem Freiwilligen Arbeitsdienst fort (Lawrence D. Stokes, Kleinstadt und Nationalsozialismus, S. 637).

Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte, AKENS 44, S.9

Auszug aus der Festansprache Kieckbuschs zum 450. Geburtstags Martin Luthers im November 1933:

»Der November 1933 mit seinem herrlichen Bekenntnis heute und für alle Zeit zum 3. Reich und damit für Heimat, Volk und Vaterland möge auch dafür sorgen, dass der Glaube nicht zu kurz kommt. Nach den schweren Novembertagen 1918, als unser Heer unbesiegt, aber doch entwaffnet zurückkehrte, da mussten wir uns unter der Not der Nachkriegszeit beugen, und nicht nur der wirtschaftliche Niedergang, sondern auch Gemeinheit, Charakterlosigkeit und sittlich-religiöse Not kamen zum Ausdruck. Internationale Gedanken und Liebäugelei mit den Feinden wurden in uns wachgerufen. Da kam endlich der November 1933 mit seiner unvergeßlichen, wunderbaren Wendung, die uns die Führung durch den durch Gott begnadeten Kanzler Adolf Hitler brachte, der mit seiner zündenden Persönlichkeit zu den Größten des deutschen Volkes gehört, die ihr Bestes für ihr Vaterland hingeben wollten.«

Lawrence D. Stokes, Kleinstadt und Nationalsozialismus, S. 661

Der als »vaterländisch geprägte Persönlichkeit« und »soldatische Natur« charakterisierte Wilhelm Kieckbusch amtierte von 1930 bis 1976 ohne Unterbrechung als leitender Geistlicher der Eutinischen Landeskirche. In aller Öffentlichkeit setzte er sich nach 1945 für ehemals führende Theologen der nationalsozialistischen »Deutschen Christen« ein. Anderswo galten sie als untragbar. Kieckbusch nahm unter anderem die »Deutschen Christen« Hugo Rönck und Joachim Hossenfelder als Pastoren in seine Landeskirche auf. Hossenfelders Einstellung wurde vom damaligen Ratsvorsitzenden der EKD Otto Dibelius befürwortet. Weder Rönck noch Hossenfelder ließen nach 1945 jemals Reue über ihre Rolle im Nationalsozialismus erkennen.

Hugo Rönck war einer der radikalsten Vertreter der aggressiv antijüdischen Nationalkirchlichen Thüringer »Deutschen Christen«, frühes NSDAP-Mitglied und ab 1943 Präsident beziehungsweise Landesbischof der Thüringer Evangelischen Kirche. Und als glühender Antisemit einer der Initiatoren des Eisenacher »Entjudungsinstituts«. Noch 1944 bezeichnete er in seinen Predigten Hitler als »Führer von Gottes Gnaden«. Nach dem Krieg sah Rönck keine Notwendigkeit, sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren, auch dann nicht, als »Der Spiegel« 1963 Einzelheiten aus seiner Thüringer Zeit aufdeckte. Er schmückte sich auch weiterhin mit dem Bischofstitel, den er sich kurz vor Kriegsende selbst verliehen hatte. Der Berliner Pfarrer Hossenfelder war treibendes Gründungsmitglied und erster Reichsleiter der »Deutschen Christen«. Er bekannte sich nach 1945 ebenfalls stolz zu dem Bischofsamt, das er als »Deutscher Christ« 1933 kurzzeitig inne gehabt hatte. Ansonsten bewahrte er über seine frühere Karriere strengstes Stillschweigen.

Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen«, Kapitel 4

Neue Anfänge nach 1945?


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Foto: Bitterling, Eutin

Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Eutin an Wilhelm Kieckbusch anlässlich seines 70. Geburtstags, Eutin, 28. Mai 1961

 

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Das Denkmal
Die Geschichte von Gut Moor
Das Eiserne Kreuz

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Gut moor

An der Kreuzung des Großmoordamm mit der Fünfhausener Straße

Das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten beider Weltkriege steht links unter dem großen Nadelbaum direkt an der Straßenkreuzung.

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Ein schmaler Plattenweg führt zum Denkmal, am Rand sind immergrüne Bodendecker gepflanzt.

 

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Der Findling mit der Widmung steht auf einem großen Sockel aus gemauerten bunten Feldsteinen.

 

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An der Spitze des Findlings sind die Metallreliefs von einem Eisernen Kreuz mit Eichenlaub rechts und links angebracht. Die gravierte Widmung darunter ist schwarz ausgemalt. Sie lautet:

Den Opfern beider Weltkriege zu ehrendem Andenken !

Mit »Opfern« sind die getöteten Soldaten gemeint. Hier steht nicht die Trauer im Vordergrund, vielmehr wird der Tod im Krieg zu einem nicht zu hinterfragenden Opfer macht. Versachlicht und objektiviert wird der Tod der getöteten Soldaten aus einer schicksalhaften Bestimmung heraus erklärt. So, als ob das Sterben die Bestimmung des soldatischen Auftrags und Strebens ist.

Die Formulierung »ehrendem Andenken« ist in ihrer Verwendung problematisch, denn damit ist der Glaube an die Vorbildhaftigkeit des Kriegstodes verbunden. Die ehrenden Reliefs Eisernes Kreuz und Eichenlaub verstärken diesen Glauben.

Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern – u.a. 30 Millionen Sowjetbürger, 6 Millionen Polen, 2 Millionen. Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen. Juden, zu denen noch 1,3 Millionen. ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen.

Wie verhalte ich mich dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals für das Falsche eingesetzt haben?

 

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Auf einer eingelassenen polierten Tafel aus rotem Stein sind die Namen der Soldaten aufgeführt. In weißer Schrift werden zum 1. Weltkrieg 11 Namen, zum 2. Weltkrieg 20 Namen und als in der Heimat getötete zwei Namen genannt.

 

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Von der Seite sieht man, wie klein der Denkmalsplatz ist, direkt dahinter ist die Hausauffahrt ...

 

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... und rechts daneben der Zugang zum Nachbargrundstück.

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Die Geschichte von Gut moor

Der Stadtteil Gut Moor gehört zum Bezirk Hamburg-Harburg. Gut Moor ist  in Bezug auf die Fläche und Einwohnerzahl der kleinste Stadtteil Hamburgs (ca. 146 Einwohner / 1,97 km²). Der Stadtteil zählt zum Bezirk Harburg und liegt am Rand des Urstromtals der Elbe direkt am Übergang zur Geest.

Um 1540 ließ Otto I., Herzog von Harburg den Seevekanal durch das Meckelfelder Moor graben. Der Kanal sollte dem Antrieb der Harburger Binnenmühlen dienen und war gleichzeitig Voraussetzung der Kultivierung des umliegenden Moores. Sein Enkel, der letzte Harburger Herzog Wilhelm August schenkte 1630 seinem Kanzler Johann von Drebber ein freies Gut im Moor als Dienstsitz. Zu der so entstandenen Domäne Kanzlershof gehörten umfangreiche Ländereien und auch Gebiet des heutigen Stadtteiles. 1645 wurde die Vogtei Höpen im Amt Harburg geschaffen, welche unter anderem auch Gut Moor, Groß-Moor und Klein-Moor umfasste. 1667 wurde die Siedlung im Harburger Amtslagerbuch Mohr genannt. 1713 wurde das Herrenhaus errichtet. Abgerissen wurde es 1910 beim Ausbau des Harburger Rangierbahnhofes.

nach Wikipedia, abgerufen am 30. Januar 2018

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl in DER ZEIT vom 5. Juni 2008.

DIE ZEIT, 5.6.2008
 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Das »Totenhaus«
Die alte Dreifaltigkeitskirche
Das Eiserne Kreuz
2022: Die Trümmerbank im Thörls Park

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Auf dem alten Friedhof in Hamm

Am Horner Weg bei der Dreifaltigkeitskirche

Der ehemalige Friedhof der Dreifaltigkeitskirche ist heute ein öffentlicher Park mit zahlreichen erhaltenswerten Grabmälern. Das dreiteilige Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs hat die Form eines Sarkophags. Es wurde 1920 eingeweiht.

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An allen Seiten stehen auf fünf Spalten insgesamt 355 Namen, auf zwei Gedenksteinen rechts und links daneben weitere 70. Die Namen mit vorangestelltem Initial des Vornamens werden hintereinander und ohne weitere Angaben aufgezählt. Sie sind alphabetisch geordnet, die Zeilen sind ausgeblockt.

Ob die zusätzlichen Gedenksteine nachträglich aufgestellt wurden, wissen wir nicht. Es ist aber zu vermuten, denn mit den Namen auf den zwei seitlichen Steinen wird eine neue alphabetische Liste aufgemacht: links beginnen die Nachnamen mit A, rechts mit M.

 

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In der Mitte der Vorderseite lesen wir die Inschrift:

1914    1918

(Eisernes Kreuz)

DER TOD IST
VERSCHLUNGEN
IN DEN SIEG

Das Eiserne Kreuz ist mit einer breiten gemusterten Kontur dargestellt. Mehr zum militärischen Ehrenzeichen, das hier den toten Soldaten postum und kollektiv von den Denkmalsstiftern verliehen wird, im Kapitel »Eisernes Kreuz«.

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Darunter steht auf der ersten Stufe des Sockels einzeilig in sehr zarter Schrift:

DEN TAPFERN KRIEGERN DIE DANKBARE GEMEINDE


»Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Dieses Zitat steht im 1. Korintherbrief, Kapitel 15, Vers 55. Im Zusammenhang des Paulusbriefes meint der Vers den Sieg des Lebens über den Tod, erreicht durch die Auferstehung der Toten. Da es in der Inschrift weiter heißt: ›Den tapfern Kriegern‹, dort also keine Heroisierung vorgenommen wird, soll das biblische Zitat mit dem Verweis auf die Auferstehung der gefallenen Soldaten Trost spenden.« (Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, S.98)

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Auf der Rückseite sind weitere Namen in drei Spalten gesetzt.

In der Weimarer Republik galt dieser Ort als Treffpunkt nationaler Verbände, z.B. des Stahlhelms. Im 2. Weltkrieg, Juli 1943, wurde die 250 Jahre alte Dreifaltigkeitskirche zerstört. 1946 wurde das Denkmal weiter nach Osten an seinen heutigen Standort versetzt, um Platz für eine hölzerne Notkirche zu schaffen.

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Das »Totenhaus«

Dort, wo nach dem Krieg die Notkirche stand, wurde 2007 ein Mahnmal, das »Totenhaus«, errichtet und am 21. Oktober eingeweiht. Der Künstler Ulrich Lindow aus Husum erinnert an die Opfer von Nationalsozialismus und an jene, die 1943 bei der Zerstörung des Stadtteils während der Operation Gomorrha umkamen. Finanziert wurde das Mahnmal durch Spenden und mit der Unterstützung der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte.

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Das »Totenhaus« trägt auf zwei sich gegenüberliegenden Seiten Inschriften in Anlehnung an das Vaterunser:

»Vergib uns unsere Schuld.
Im Gedenken an die Menschen, die Opfer von Schuld und Leid geworden sind. Von deutschem Boden aus wurden von 1933 bis 1945 Gewalt, Terror, Mord und Vernichtung in die Welt der Völker getragen. Im Namen des nationalsozialistischen Deutschlands wurden einzelne Menschen, Gruppen, Minderheiten, Völker systematisch verfolgt, in Lagern drangsaliert, gefoltert und ermordet. Es wurde ein aller Gesetze und Regeln beraubter Vernichtungskrieg entfesselt, in dessen Schatten nahezu vollständig die europäische Judenheit ermordet worden ist.«

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»Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Am Ende schlugen Gewalt und Zerstörung auf deutschen Boden zurück. Der ›Feuersturm‹, im Juli 1943 durch alliierte Bombardierung Hamburgs ausgelöst, riss Zehntausende von Menschen aus Hamm in den Tod. Der Stadtteil Hamm und die alte Dreifaltigkeitskirche versanken in Schutt, Asche und Staub. Die einzig aus der alten Dreifaltigkeitskirche erhalten gebliebene Glocke ruft zum Gedenken und zur Buße und mahnt zum Frieden. Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.«

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Die »Bieber Glocke« aus dem Jahr 1829, die als einziges Teil der alten Kirche die Bombardierung 1943 überstanden hat, hängt im Inneren des Mahnmals, sie wird jeden Freitag um 15 Uhr angeschlagen.

Das »Totenhaus« ist fast vier Meter hoch, es besteht aus mit Rost überzogenen Stahlplatten. Als die Gemeinde Hamm 2007 den 50. Jahrestag der Weihe ihrer Kirche feierte, weihte Bischöfin Maria Jepsen in Anwesenheit von Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) das Mahnmal ein. »Bisher hat ein Mahnmal für diese Zeit im Stadtteil gefehlt. Diese Lücke wollen wir schließen«, sagte Pastor Christoph Henschen.

Vielen Dank dem Stadtteilarchiv Hamm für die Unterstützung.

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Die alte Dreifaltigkeitskirche

Der niederdeutsche Fachwerkbau von 1693, wurde im Bombenkrieg zerstört.

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1957 wurde die neue Kirche geweiht, sie gilt als eine der modernsten der 1950er Jahre. Der Architekt Reinhard Riemerschmid hat sie geschaffen.

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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten. Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet.

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Die von Adolf Hitler am 8. November 1939 anlässlich des Überfalls auf Polen ausgesprochene Losung

Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und heutzutage: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

»Andreas Gabalier besang in Mein Bergkamerad ›eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt, wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht.‹ Michael Fischer vom Zentrum für Populäre Kultur und Musik bezeichnete das als ›gewollte Provokation‹, die kaum ein naiver Zufall sein könne.

Die Agentur für soziale Perspektiven konstatiert: Das Eiserne Kreuz sei neben dem Thorshammer ›das am häufigsten gezeigte Symbol der extremen Rechten‹. Zwar sei es je nach Kontext ›kein explizit rechtes Bekenntnis, doch stets ein Symbol für Militarismus und martialische Männlichkeit.‹

Wikipedia, abgerufen am 16.3.2023


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2022: Die Trümmerbank iM Thörls Park

Die Künstler Vera Drebusch und Reto Buser haben in Hamm ein Mahnmal aus Trümmerteilen des 2. Weltkriegs gebaut.

Karen Grell vom Hamburger Wochenblatt hat die Aktion begleitet: »Bunte Kacheln, Teile von Abflussrohren, Marmorplatten und ganze Steinbrocken eingerissener Wände zu einer drei Meter langen und 35 Zentimeter breiten Bank zusammengesetzt, sollen zum Vorschein bringen, was Jahrzehnte lang unter der Erde in Vergessenheit geraten konnte.

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›Wir möchten den Schutt und das Geröll aus dem Zweiten Weltkrieg, das an vielen Stellen schlummernd unter der Stadt liegt, wieder sichtbar machen‹, so die Künstler. In der Nachkriegszeit seien vor Allem im Stadtteil Hamm die Trümmer von Villen und Gründerzeitgebäuden im Thörls Park zerkleinert und mit Loren in Richtung Osten verfrachtet worden, wo sie die Landschaft im Öjendorfer Park gestalteten.

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Die Form der Trümmerbang im Thörls Park soll deshalb auch der Linienführung der ehemaligen Trümmerbahn entsprechen. ›Bei jeder Grabungsarbeit in Hamburg kommen Trümmerteile aus einem dunklen Abschnitt der Vergangenheit zutage und sind Zeugnis von Krieg und Zerstörung‹, betont Vera Drebusch den Hintergrund dieser Arbeit.

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Die grobe Oberfläche aus bunten Trümmer-Steinen auf dem Mahnmal im Park soll Spuren hinterlassen – ›auf der Haut aber auch in den Köpfen der Besucher‹.«

Wir danken Karen Grell vom Hamburger Wochenblatt, Vera Drebusch und Reto Buser.

 

Hamburger Wochenblatt am 1. Oktober 2022

Hamburger Wochenblatt, Einweihung der Trümmerbank


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
»Es hat alles nichts genützt«
Die »Dolchstoßlegende«
Einzelgräber

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Harburg

Auf dem Jüdischen Friedhof 

Der Friedhof war der Begräbnisplatz der Synagogengemeinde Harburg-Wilhelmsburg, er liegt an der Schwarzenbergstraße oberhalb des Elbhangs und umfasst etwa zwei Hektar.

Dort steht ein gemauertes Kriegerdenkmal aus Sandstein mit viel militärischer und jüdischer Symbolik. Das Denkmal wurde im Frühjahr 1921 eingeweiht, den Entwurf hat Architekt Wilhelm Haller (11. Juni 1884 Gleiwitz - 10. Mai 1956 Tel Aviv) gefertigt.


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Das Monument ist zugänglich über zwei Steinstufen, flankiert von verzierten Urnen aus dem gleichen Stein. Vor dem Monument steht eine Schale, deren Sockel mit dem Relief einer Menora verziert ist.

 

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Menora heißt Leuchter. Meist ist mit diesem hebräischen Wort der jüdische siebenarmige Leuchter gemeint, wie hier auf dem Friedhof in Harburg. Die Menora ist ein sehr altes jüdisches Symbol und steht bis heute sogar im Staatswappen Israels. Mose erhielt nach biblischer Darstellung auf dem Berg Sinai den Auftrag zum Bau eines transportablen Heiligtums, der Menora, mit einer genauen Anleitung: Sie hat die Form eines Baumes, die sieben Arme stehen für die sechs Tage der Schöpfung und den Schabbat als Ruhetag. Sie erhellte später die Tempel in Jerusalem. Dort stellte sie für Juden die Anwesenheit Gottes dar, denn Gott ist für Juden das Licht.

 

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Die Widmung auf der gebogenen Mauer des Denkmals lautet:

ZUM
EHRENDEN GEDÄCHTNIS
UNSERER TEUREN TOTEN
DIE FÜR IHR VATERLAND STARBEN

1914 - 1918


Es folgen die Namen, Geburts- und Sterbetage von 12 Soldaten

Ein weiterer Text in hebräischer Sprache steht auf der Abschlußkante des Denkmals, unterbrochen vom Davidsstern, hier in der Übersetzung:

Israel, dein Stolz liegt erschlagen auf deinen Höhen.
Ach, die Helden sind gefallen


»Bei den beiden Denkmälern der jüdischen Friedhöfe Ohlsdorf und Harburg steht jeweils derselbe Bibelvers auf Hebräisch. Der Vers lautet in der biblischen Einheitsübersetzung: Israel, dein Stolz liegt erschlagen auf deinen Höhen.
Ach, die Helden sind gefallen (2. Samuel, Kapitel 1, Vers 19) und steht im Klagelied Davids über den Tod des israelitischen Königs Saul und seines Sohnes, die im Kampf gegen die Philister gefallen waren. Dieser Vers ist eine Trauerbekundung, die aber auch nicht auf eine Heroisierung der Toten verzichtet.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, S. 98f


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Über dem Davidstern ist auf der Mauerkante die Skulptur eines Stahlhelms aufgesetzt.

»In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin.« schreibt Gottfried Korff in seinem Buch »Kriegsvolkskunde«.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde sein Symbolwert noch gesteigert. Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern.


Der Stahlhelm liegt auf Lorbeerzweigen. Lorbeer ist ein Symbol für einen Sieg oder einen besonderen Erfolg. Darum wird ein Lorbeerkranz oft als Siegerkranz bezeichnet. Hier soll er den Kriegseinsatz der toten Soldaten würdigen.

 

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Auf der Rückseite der Denkmalsmauer steht, hier in der Übersetzung:

Gedenkmal für jene Soldaten aus unserer Gemeinde, die auszogen und nicht in ihre Häuser zurückkehrten.
Möge ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens

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Die Geschichte

»1919 gab die jüdische Gemeinde für ihre im ersten Weltkrieg Gefallenen ein Kriegerdenkmal auf dem Friedhof und eine Gedenktafel in der Synagoge in Auftrag. [...]

Planung und Beschlussfassung für das Denkmal auf dem Friedhof verliefen weniger zügig. Im Zuge der Planung nahmen die Repräsentanten einen Ortstermin auf dem Friedhof wahr, um dort mit dem Architekten ›Herrn Haller über das Denkmal selbst wie über den zu wählenden Platz zu beraten‹.

Der Architekt hatte an dem von ihm vorgeschlagenen Ort, an dem das Denkmal tatsächlich errichtet wurde und heute noch steht, ›ein einfaches Gerüst in Höhe des gedachten Denkmals aufgestellt‹. Er konnte zumindest die anwesenden Repräsentanten von der ›Trefflichkeit des Platzes, der dem projektierten Denkmal die ihm gebührende Würde geben wird‹, überzeugen, denn sie stimmten mehrheitlich zu.

Das Projekt traf aber nicht auf ungeteilte Zustimmung. Die Kritik an der Denkmalsetzung zielte zum einen darauf hin, dass ein aufwändiges jüdisches Denkmal dem Antisemitismus Vorschub leisten könnte: Der Rechtsanwalt Friedmann ›weist besonders auf die jetzigen antisemitischen Strömungen hin, die bei einer solchen hervortretenden Ehrung zu berücksichtigen wären‹. Zum anderen richtete sich die Kritik gegen die mit der aufwändigen Gestaltung verbundenen Kosten: Der Justizrat Isidor Katzenstein [...] sprach sich eindringlich für ›die Schaffung eines weniger kostspieligen Denkmals‹ aus und vertrat den Standpunkt, dass ›eine Gedenksäule die gleiche Ehrung darstellen wird‹. Die Mehrheit der Repräsentanten und der Gemeindemitglieder schlug die Bedenken der Kritiker aus.
Nachdem die Gemeindeversammlung von ihrem Rechnungsführer Iwan Hahn [...] hatte bestätigen lassen, ›daß die Gemeinde in der Lage ist, diese Ausgabe zu machen‹, stimmte sie mit zwei Gegenstimmen dafür, die Errichtung des Denkmals für 11.000 Mark bei dem Architekten Haller in Auftrag zu geben. Fertig gestellt war das Denkmal wohl schon im Herbst 1920, eingeweiht wurde es höchstwahrscheinlich im Frühjahr 1921.

Das Kriegerdenkmal besteht aus einer schlichten Mauer, die drei Seiten eines Rechtecks umschreibt, sowie einem altarähnlichen Postament, auf dem eine Pflanzschale steht. Auf der Mauerkrone ist ein Stahlhelm mit Lorbeerkranz angebracht, darunter ein Davidstern. Die Seitenflächen des Postaments sind profiliert, die Vorderseite schmückt die Darstellung eines siebenarmigen Leuchters. Die Pflanzschale ist mit einer Perlenschnur ornamentiert.

Durch Stahlhelm und Lorbeerkranz sowie durch die in deutscher Sprache gehaltene Bekundung, dass die Gefallenen der jüdischen Gemeinde ›für ihr Vaterland starben‹, demonstriert das Denkmal nationale und patriotische Gesinnung. Die jüdische Symbolik – siebenarmiger Leuchter und Davidstern – wie auch die hebräische Inschrift weisen zudem deutlich darauf hin, dass diese Gesinnung von Juden getragen wird. Ein Zeichen dafür, dass sich die jüdischen Auftraggeber als Angehörige des deutschen Nationalstaates verstanden.

Das Kriegerdenkmal wurde mit einer Entfernung von knapp zwölfeinhalb Metern gegenüber dem Friedhofseingang errichtet und ist damit vom Schwarzenbergpark aus deutlich zu erkennen. Da sich die Entscheidungsträger der jüdischen Gemeinde vom Architekten Gestaltung und Wirkung des geplanten Denkmals vor Ort genau demonstrieren ließen, ist anzunehmen, dass dessen umrissene Botschaft bewusst der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte. Vielleicht sah die Mehrheit der Gemeindemitglieder hier eine Chance, sich der übrigen Gesellschaft gegenüber als deutsche Patrioten dazustellen, die bereit gewesen waren, ihre Söhne für das Vaterland zu opfern. Vielleicht auch wurde gerade hierin eine Chance gesehen, antisemitischen Strömungen begegnen zu können.«

• Eberhard Kändler,Gil Hüttenmeister, Der jüdische Friedhof Harburg, Christians Verlag, Hamburg 2004, S.40f

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»Es hat alles nichts genützt«

Von 1914-18 kämpften etwa 100.000 deutsche Juden während des 1. Weltkriegs an der West- und Ostfront im Deutschen Heer, 10.000 hatten sich freiwillig gemeldet, 12.000 verloren ihr Leben. Jüdische Verbände und Vereine hatten sie dazu aufgerufen, als Soldaten für das Vaterland in den Krieg zu ziehen. »Kein patriotisches Hurra-Geschrei« sei es gewesen, sagt Sabine Hank von der Berliner Stiftung Neue Synagoge, »man hat das von jüdischer Seite als Gelegenheit genutzt, die Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft unter Beweis zu stellen und mit einer Forderung nach völliger Gleichberechtigung zu verbinden.«

 

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Foto: Leo Baeck Institute, New York

Seit 1871 waren den Juden in Deutschland zwar offiziell in der Reichsverfassung alle Bürgerrechte zugesprochen worden, aber Karrieren in Wirtschaft, Politik und Militär waren ihnen meist verwehrt. Das könnte sich nun ändern, hofften viele Juden. Wilhelm II verstärkte diese Hoffnung in seiner Rede vom 1. August 1914: »Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche! ... ohne Stammesunterschied, ohne Konfessionsunterschied ...«. Der vom Kaiser verkündete »Burgfrieden« schien für kurze Zeit den Antisemitismus in Deutschland zu dämpfen.

Zu Beginn des Krieges wurden erstmals Feldrabbiner ernannt, um die jüdischen Feiertage begehen, Seelsorge und Beerdigungen durchführen zu können.

 

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Jüdischer Gottesdienst mit Feldrabbiner Dr. Sonderling, Hamburg

 

Jüdischen Soldaten wurde das Eiserne Kreuz verliehen, aber Beförderungsanträge wurden abgelehnt. Als sich gegen Ende des Krieges die Verluste des Deutschen Heeres mehrten und die Kriegsbegeisterung abnahm, verschlechterte sich die Situation der Juden beträchtlich. Von antisemitischer Propaganda aufgeheizt, führte die Heeresleitung im Oktober 1919 eine »Judenzählung« durch, um die Anzahl und Posten der Juden in der Armee zu erheben. Das Ergebnis wurde nie veröffentlicht, was Spekulationen und wilden Verdächtigungen Tür und Tor öffnete.

1919 wurde der »Reichsbund jüdischer Frontsoldaten« gegründet um an deren »Kriegsleistung« zu erinnern. Er war mit bis zu 55.000 Mitgliedern eine große Organisation. Er gab z.B. ein Gedenkbuch mit den Namen der toten jüdischen Soldaten heraus – als Protest gegen die »Dolchstoßlegende«, die besagt, dass u.a. Juden und Sozialdemokraten schuld am Ausgang des Krieges seien. Antisemiten hetzten gegen die angebliche jüdische Vorherrschaft in Wirtschaft und Politik, die das Deutsche Reich ins Verderben führe.

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• Flugblatt des Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten, Wikimedia Commons

Nach anfangs noch gemeinsamen Gedenkveranstaltungen, leugneten die Nationalsozialisten dann spätestens ab 1933 den Einsatz jüdischer Soldaten für das Deutsche Reich komplett. Ab 1935 verloren alle deutschen Juden ihre Bürgerrechte – auch die jüdischen Frontsoldaten des 1. Weltkriegs. Spätestens ab dem 9. November 1938 war ihr Leben bedroht. Verschleppte Frontkämpfer ließ man vorübergehend wieder frei, viele wurden aber später in den Vernichtungslagern ermordet.


2014, 100 Jahre nach Beginn der 1. Weltkriegs, zeigte das Jüdische Museum Berlin eine Ausstellung über jüdische Kriegsteilnehmer: »Juden zwischen den Fronten 1914-1918«.

Eine Auswahl aus umfangreichen privaten Sammlungen von Briefen, Tagebüchern, Fotos, Feldgebetbüchern und Orden stand für die Bedeutung dieser Erinnerungen. Sie wurden sogar über die Zeit der Verfolgung in der NS-Zeit aufbewahrt.

Leonore Maier vom Jüdischen Museum sagt dazu: »... die Erinnerung an den 1. Weltkrieg hat in jüdischen Familien einen anderen Stellenwert als in nicht-jüdischen. Sie ist verknüpft mit der späteren Erinnerung der Ausgrenzung und des Verrats während der NS-Zeit. Jüdische Weltkriegsteilnehmer haben auf der einen Seite die Erfahrung gemacht: wir sind als gute Deutsche in den Krieg gezogen, wir gehörten dazu. Und während der NS-Zeit war das alles nichts mehr wert.«

Als 1933 der »Arierparagraph« erlassen wurde, nach dem sämtliche Beamte jüdischen Glaubens aus dem Dienst entlassen wurden, waren jüdischen Frontsoldaten, die den Krieg überlebt hatten, zunächst nicht betroffen. Als Reichspräsident Hindenburg 1934 das »Ehrenkreuz« an Kriegsteilnehmer und Hinterbliebene toter Soldaten verlieh, waren Juden nicht ausgenommen. Leonore Maier: »Dass Juden in Zeiten der Verfolgung noch Orden bekommen haben, ist den wenigsten bekannt und kaum vorstellbar. Insofern sind die Ehrenkreuze in der Ausstellung wirklich Schlüsselobjekte. Sie sind mit der Überlieferung verbunden: Mein Vater oder Großvater oder Onkel hat doch als guter Deutscher am 1. Weltkrieg teilgenommen! Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, hat selbst unter Hitler noch das Ehrenkreuz bekommen und dann wurde die Familie vertrieben und ermordet. [...] Es gibt auch Berichte von Menschen, die sich während der NS-Zeit das Leben genommen haben – behängt mit ihren Orden aus dem 1. Weltkrieg. Hier zeigt sich die unglaubliche Enttäuschung und Verzweiflung über den Verrat, der ihnen zugefügt wurde.«

Lorentana de Libero, Professorin an der Uni Potsdam und der Führungsakademie der Bundeswehr schreibt uns: »Jüdische Frontkämpfer haben durch Initiative Hindenburgs 1934 das ›Frontkämpfer-Ehrenkreuz‹ erhalten, also eine Auszeichnung (kein Orden im eigentlichen Sinne). Da er verstarb, übernahm Hitler als Reichskanzler die Verteilung. Noch hatten die Nazis Angst vor den deutsch-konservativen Soldaten-Verbänden, die sich jedoch schnell gleichschalteten. Und in der Reichswehr/Wehrmacht war Antisemitismus en Vogue. Es gab in den frühen 1930er Jahren das sogenannte Frontkämpfer-Privileg für deutsch-jüdische Frontsoldaten (und ihre Angehörigen), was aber spätestens durch die Nürnberger Gesetze aufgehoben wurde (und auch oft unterlaufen, ignoriert wurde). Einige Verhaftete während der November-Pogrome wurden weil Frontkämpfer früher aus Dachau u.a. entlassen (sofern dort überlebt), aber auch da keine systematische Vorgehensweise, auch da eher Willkür der Nationalsozialisten. Es wurden von den Gewalttätern nicht wenige Veteranen brutal zusammengeschlagen (auch mit Todesfolge), in den verwüsteten Wohnungen Bilder und Orden/Ehrenzeichen von Gefallenen zerrissen, Soldaten-Gräber verwüstet etc. Im II.Weltkrieg wurde den jüdischen Veteranen das Tragen ihrer Orden schließlich untersagt, auch sie selbst in die Vernichtungslager geschickt. Bitter zu lesen sind manche Berichte, in der die ganze Familie im I.Weltkrieg gefallener jüdischer Soldaten in Auschwitz ermordet wurden. Der Dank des Vaterlandes ...«


In der Wanderausstellung der Nordkirche »Kirche, Christen, Juden« wird diese Geschichte erzählt: »Die Familie Kaftal gehört zur ev.-luth. Matthäusgemeinde in Hamburg-Winterhude. Das Ehepaar und die beiden Kinder Gabriele und Herrmann – damals elf und 18 Jahre alt – ist am 8./9. November 1941 nach Minsk deportiert worden, wo die gesamte Familie ums Leben kommt. Heinz Rosenberg, einer der wenigen Überlebenden dieser Deportation, erinnert sich an die Ermordung des Vaters 1942:

›Eine Gruppe von Männern des SS-Sicherheitsdienstes erschien, stellte die 100 jüdischen Arbeiter in einer Reihe auf, griff zehn heraus und erschoss sie auf der Stelle. Unter ihnen war Gabis Vater, ein Rechtsanwalt, der im ersten Weltkrieg Offizier gewesen war. Er hatte noch den Heldenmut, den SS-Leuten zuzuschreien: ›Ihr Schweine! Ich war gut genug, um für Deutschland im Ersten Weltkrieg zu kämpfen. Ich habe Auszeichnungen bekommen, ich habe Frau und Kind, und ihr erschießt mich wegen nichts. Ich spucke auf Euch!‹ Die 90 Überlebenden mussten dann die Leichen zum Massengrab tragen.‹«

Heinz Rosenberg: Jahre des Schreckens. … und ich blieb übrig, dass ich Dir’s ansage. Göttingen 1992, S. 45


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Foto: NS-DOK, Köln

Richard Stern steht mit »Eisernem Kreuz« am Revers in der Tür seines Geschäfts in Köln am 1. April 1933. Die Aktion der SA, schreibt er in einem Flugblatt, ist »eine Schändung des Andenkens von 12.000 gefallenen deutschen Frontsoldaten jüdischen Glaubens.« 1939 gelang ihm die Emigration in die USA – einmal kehrte er noch zurück nach Deutschland: 1945 als Soldat der US-Armee.

 

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Die Dolchstoßlegende

Die Dolchstoßlegende war eine von der deutschen Obersten Heeresleitung in die Welt gesetzte Verschwörungstheorie, die die Schuld an der von ihr verantworteten militärischen Niederlage des Deutschen Reiches im 1.Weltkrieg vor allem auf die Sozialdemokratie und das »bolschewistische Judentum« abwälzen sollte. Sie besagte, das deutsche Heer sei im Weltkrieg »im Felde unbesiegt« geblieben und habe erst durch oppositionelle »vaterlandslose« Zivilisten aus der Heimat einen »Dolchstoß von hinten« erhalten. Antisemiten verknüpften »innere« und »äußere Reichsfeinde« dabei zusätzlich mit dem Trugbild vom »internationalen Judentum«.


HH Harburg Postkarte 1919 dolchstoss webhttp://www.history.ucsb.edu/faculty/marcuse/publications/reviews/BarthRev069.htm


• Österreichische Postkarte aus dem Jahr 1919

 

Diese Legende diente deutschnationalen, völkischen und anderen rechtsextremen Gruppen und Parteien zur Propaganda gegen die Ziele der Novemberrevolution, gegen die Auflagen des als »Schanddiktat« bezeichneten Versailler Vertrags, die Linksparteien, die ersten Regierungskoalitionen der Weimarer Republik und die Weimarer Verfassung. Sie gilt in der Zeitgeschichte als bewusst konstruierte Geschichtsfälschung und Rechtfertigungsideologie der militärischen und nationalkonservativen Eliten des Kaiserreichs. Sie lieferte dem Nationalsozialismus wesentliche Argumente und begünstigte den Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei entscheidend.

nach Wikipedia, abgerufen am 30. Oktober 2020

 

Die Dolchstoßlegende erklärt vom Deutschen Historischen Museum


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Einzelgräber

Auf dem jüdischen Friedhof gibt es weitere Inschriften auf Grabstellen, die an getötete Soldaten des 1.Weltkriegs erinnern:

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Name und Sterbetag des jüdischen Soldaten, dem seine jüdischen Kameraden diesen Grabstein widmeten, wurden zerstört. 1986 hatte Volker Plagemann die Inschrift in seinem Buch »Denkmäler in Hamburg« noch genannt: »Dem Gedächtnis des Soldaten Bändel gest. 14.4.1916«.


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Auf diesem Grabstein erinnern sich die Angehörigenan an »unseren im Weltkriege gefallenen lieben Sohn und Bruder« ohne ein Symbol der militärischen Ehrung, ohne Eisernes Kreuz.

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> Weiße Wäsche – Kunstaktion 2014


I N H A L T
Das Denkmal
1932:Die Einweihung
»Tatbereit heute wie einst«
Das Gegendenkmal
Die alte Johanniskirche
Historische Postkarten
Der Bildhauer H. Hosaeus
»Der Soldat«
Erste Hilfe
Die Geschichte
Der Vorläufer
Ernst Moritz Arndt

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Harburg

Bremerstraße / Maretstraße vor der Kirche St. Trinitatis

Die überlebensgroße Skulptur aus Bronze stellt einen marschierenden Soldat im Mantel, mit Kopfverband und geschultertem Gewehr dar. Der viereinhalb Meter hohe und zwei Tonnen schwere Soldat steht auf einem sechs Meter hohen rechteckigen Sockel, die rechte Stiefelspitze dynamisch voranschreitend überm Abgrund. Das Kriegerdenkmal wurde vom 1925 gegründeten »Ausschuss für die Errichtung eines Ehrenmals für die im Weltkrieg gefallenen Söhne der Stadt Harburg« in Auftrag gegeben, dem neben dem damaligen Harburger Oberbürgermeister Denicke auch mehrere Senatoren und Harburger Fabrikdirektoren angehörten. Die Kosten von gut 30.000 Reichsmark wurden durch freiwillige Spender aus Harburg, größtenteils von der Industrie und den 14 Kriegervereinen, aufgebracht. Eingeweiht wurde das Kriegerdenkmal am 26. Juni 1932. Der Bildhauer Hermann Hosaeus (1875 – 1958) beschreibt sein Werk so: »... einen trotz der Verwundung wuchtig ausschreitenden Infanteristen«.


HH Harburg
Foto: Kerstin Klingel

Detlef Garbe und Kerstin Klingel schreiben 2008 in ›Gedenkstätten in Hamburg‹: »Der Soldat marschiert, das Gewehr geschultert, trotz Kopfwunde aufrecht, vorwärts in den Kampf: Ausdruck einer revanchistischen, kriegsbefürwortenden Geisteshaltung. Schon bei seiner Errichtung 1932 war das von 18 Kriegervereinen seit Mitte der 1920er Jahre geforderte Denkmal höchst umstritten. Die Sozialdemokraten sahen es als kriegsverherrlichend an. Die Zeitschrift ›Kunst im Dritten Reich‹ würdigte das Werk 1937 hingegen als ›Heroische Plastik‹.«


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Die Lettern und Ziffern der Inschriften auf dem gemauerten grauen Sockel sind golden ausgelegt. Sie beginnen mit den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:

1914 - 1918

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Darunter die Inschriften:

DEN FÜR DAS VATERLAND
GEFALLENEN 2000 SÖHNEN
DER STADT HARBURG
ZUR EHRE U. ZUM GEDÄCHTNIS

WUNDEN ZUM TROTZ
TATBEREIT HEUTE WIE EINST
UND IN ALLER ZEIT
DEUTSCHLAND
FÜR DICH

 

DIE TREUE
STEHT ZUERST, ZULETZT
IM HIMMEL UND AUF ERDEN
WER GANZ DIE SEELE
DREINGESETZT
DEM SOLL
DIE KRONE WERDEN

E.M. Arndt


DEINE TOTEN
WERDEN LEBEN

Jes. 26. V. 19


Ralf Busch schreibt im Harburger Jahrbuch Nr.23: »Die Kirche hatte auf einem Bibelzitat bestanden, da das Denkmal auf eigenem Grundstück vor St. Johannis errichtet werden sollte. Kürzer konnte man diese Forderung wohl kaum einlösen.«


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1932: Die Einweihung

Vierzehn Jahre nach dem verlorenen 1.Weltkrieg und acht Jahre vor dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen und dem Beginn des 2.Weltkriegs sagt Pastor Rüther in seiner Rede zur Einweihung und Übernahme des »Soldaten« durch die Kirchengemeinde: »Sie, deutsche Krieger und deutsche Männer, sehen in der Gestalt des Ehrenmales verkörpert all die hohen und edlen Tugenden, zu denen die Heimattreue und Vaterlandsliebe uns erzieht: Mut und Heldensinn, Hingabe und Todesbereitschaft.« (Harburger Anzeigen und Nachrichten, HAN, vom 27. Juni 1932)

Superintendent Feltrup in seiner Festansprache: »Das Denkmal soll der Dank sein für das Heldentum und die Treue der gefallenen Krieger. Unsere Pflicht sei es ihnen nachzutrauern in der Liebe zum Vaterlande (...). Es will das in uns wecken und pflegen, was unser Volk führen kann aus der Nacht zum Licht, durch Kreuz zur Krone, durch Tod zu neuem Leben.« (HAN vom 27. Juni 1932)

Die Schlußworte aus der Gedenkrede des Oberbürgermeisters a.D. Denecke lauten: ›Den Toten zum ewigen Gedächtnis, den Lebenden zum feierlichen Gelöbnis, den kommenden Geschlechtern zur ernsten Mahnung sei dieses Denkmal ein Wahrzeichen deutscher Vaterlandsliebe, deutscher Treue und deutschen Heldentums. Wir wollen an Deutschlands Zukunft glauben und an unseres Volkes Auferstehung tatkräftig mitarbeiten‹.« (HAN vom 27. Juni 1932)

Dr. Ernst Eger, Mitbesitzer einer Salpeterfabrik und Mitglied der »Deutschnationalen Volkspartei«, sprach als Vertreter der Stadtverwaltung und der Industrie Harburgs: »Unser Ehrenmal stellt einen verwundeten, aber unbesiegten Krieger dar. Versinnbildlicht es nicht zugleich unser gesamtes deutsches Volk in seiner heutigen Lage? Haben nicht die ungeheuren seelischen wirtschaftlichen Nöte der Nachkriegszeit unseren Volkskörper auch gewaltige Wunden geschlagen? Ist die tiefe Wunde, die uns die Kriegsschuldlüge mit dem auf ihr fußenden Versailler Diktat geschlagen hat, nicht noch immer unvernarbt und muß das deutsche Volk es nicht mit schwerer Kränkung und Erbitterung ertragen, daß ihm, dem begabten, arbeitsfrohen, sittlich und religiös hochstehenden, an Mannesfreuden starken, tapferen Volk die Gleichberechtigung unter den führenden Völkern der Erde immer noch versagt wird?« (HAN vom 27. Juni 1932)

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»Tatbereit heute wie einst«

Die Botschaft des »Soldaten« und der Inschriften atmet den Geist von der – von den Deutschen so empfundenen – Schmach des Friedensvertrags. Es galt die »Fesseln von Versailles« zu sprengen!

Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg musste Deutschland laut Versailler Friedensvertrag ein Siebtel seines Territoriums mit einem Zehntel seiner Bevölkerung abtreten. Außerdem verlor Deutschland alle Kolonien. Die Stärke des deutschen Heers wurde auf 100.000 Soldaten begrenzt. Schwere Waffen und der Besitz von Luftstreitkräften waren der Reichswehr verboten.

»Da der Versailler Vertrag zudem die Verantwortlichkeit Deutschlands und seiner Verbündeten für den Krieg und die Schäden festschrieb, wurde das Deutsche Reich zu erheblichen alliierten Reparationsforderungen herangezogen. Vor allem wegen dieses ›Kriegsschuldartikels‹ wurde der Versailler Vertrag von der äußersten Rechten bis hin zur Sozialdemokratie grundsätzlich als ein ›Diktat-‹ und ›Schandfrieden‹ abgelehnt. [...] Der Vertrag trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Zusammen mit der Dolchstoßlegende wurde der Versailler Vertrag in den folgenden Jahren zu heftigster Agitation gegen die Weimarer Republik und das Ausland genutzt. Nicht nur die extreme Rechte warf den republikanischen Kräften vor, mit der Befürwortung und   Unterzeichnung des Vertrags entschieden zu einer Erniedrigung des Deutschen Reichs und zur Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts Deutschlands beigetragen  zu haben. Zahlreiche Bilder und Postkarten zeigten die einst stolze und kämpferische Germania gefesselt und willfährig am Marterpfahl. Die ›Fesseln von Versailles‹ zu sprengen gehörte in den Jahren der Weimarer Republik  daher zum Hauptziel deutscher Außenpolitik.«

Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum, CC BY NC SA 4.0


Mehr zum Versailler Vertrag

Mehr zur Dolchstoßlegende


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Das Gegendenkmal

Mit der Friedensbewegung zu Beginn der 1980er Jahre begannen heftige öffentliche Diskussionen um den ›Soldaten«. Auf Initiative des Friedenspolitischen Zentrums Harburg (FRIZ), siehe auch weiter unten, wurde 1986 ein Wettbewerb zur Umgestaltung bzw. Ergänzung des Denkmals in ein ›Anti-Kriegsdenkmal‹ ausgelobt, den der Harburger Künstler Hendrik-André Schulz mit seinem Entwurf ›Trauerndes Kind‹ gewann.

Auch wenn die monumentale Skulptur eines überlebensgroßen marschierenden Soldaten seit 1988 durch die Figur eines trauernden Kindes ergänzt wurde, bleiben doch die Inschriften des Denkmals eine fortbestehende Herausforderung.


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Das Gegendenkmal des Harburger Künstlers Hendrik-André Schulz


Detlef Garbe und Kerstin Klingel schreiben 2008 in ›Gedenkstätten in Hamburg‹ über das Gegendenkmal ›Trauerndes Kind‹:

»Das Gegendenkmal wurde zwischen den Büschen neben dem hohen Sockel des ›Soldaten‹ errichtet und hat der anhaltenden Wirkung des alten Kriegerdenkmals auf Grund seiner versteckten Positionierung und seiner bescheidenen Größe – die Kinderskulptur ist kaum mehr als lebensgroß – wenig entgegenzusetzen.»

Die gesamte Beschreibung


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Die alte Johanniskirche

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             Kurz vor der Zerstörung 1943

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             Foto: Staatsarchiv Hamburg bp000110

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Die zerstörte Kirche 1944, nur der Soldat blieb heil – ein Zeichen?


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Fotos: Dirtsc / Wikimedia Commons (3)

Das Gelände nach der Räumung 1946. Im Hintergrund die stehen gebliebenen Pastorate.

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Historische Postkarten

Ursprünglich war das Denkmal von außen an die Umfassungsmauer der St. Johanniskirche herangebaut.

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Die Kirche würde, so schrieb Hosaeus 1930 an den Denkmalsausschuss, »durch alle Jahrhunderte den immer gleichen Hintergrund für das Denkmal bieten«. 1944 wurde die St. Johanniskirche durch Bomben völlig zerstört.

               HH Harburg Karte mit Kranz web

Mit einer langen Eichengirlande bekränzt.

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1953 entstand an gleicher Stelle ein neues Kirchengebäude. Nun steht der Soldat frei. Hinter dem Turm sieht man die alten Pastoratsgebäude.

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Der Bildhauer

Die Tafel am Denkmalssockel benennt ihn, ohne weitere Erklärungen:

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Ralf Busch beschreibt Hermann Hosaeus 2012 im Harburger Jahrbuch Nr.23 so: »Sein eigentliches Betätigungsfeld wurde die Gestaltung von Kriegerdenkmälern. Im Kyffhäuserbund übernahm er den Vorstand und die Aufgabe des künstlerischen Beauftragten. Dieser Bund existierte seit 1900, er war der Dachverband der Deutschen Landeskriegerverbände. Ursprünglich oblag ihm die Pflege des Kyffhäuserdenkmals, das von 1891 bis 1897 zu Ehren des 1888 verstorbenen Kaisers Wilhelm I. errichtet wurde. Es gehört noch heute zu den imposantesten monumentalen Gedenkbauwerken Deutschlands. In diesem Bauwerk kam vor allem zum Ausdruck, sich vor inneren (gemeint ist die Sozialdemokratie) und äußeren Feinden zu schützen. [...]

Es verwundert nicht, dass Hosaeus sich in diesem Verein gut aufgehoben verstand, wo er während des Aufstiegs der Nationalsozialisten zahlreiche Aufträge erhielt, häufig wohl ohne Ausschreibung. [...]

Als Hosaeus 1958 starb, haben die Harburger Anzeigen und Nachrichten kurz an den ›Harburger Soldaten‹ erinnert und gemeint, er ›wirkt äußerst kontrastreich in seiner Monumentalität und Realistik‹. Heroisches Gehabe ist aber eben keine Realistik, sondern steht im Widerspruch zur Wirklichkeit. Dieses kritisch zu hinterfragen, versäumte man 1958.«

HH Harburg HosaeusFoto: Helmsmuseum


Hermann Hosaeus mit dem Kopf des »Soldaten« in seiner Werkstatt.

Wir danken herzlich Herrn Prof. Weiss und Frau Krause vom Archäologischen Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg / Helmsmuseum für die Hilfe und die Möglichkeit hier ein PDF Download aus dem Harburger Jahrbuch 23/2012, Herausgeber Stadtmuseum Harburg / Helmsmuseum, anbieten zu können. Sie können das Jahrbuch beim Museum bestellen, es kostet ca. 20 Euro. Man kann die Publikationen des Museums auch in der Bibliothek lesen und ansehen. Anmeldung unter der Telefonnummer: 040 42871 3681.

Harburger Jahrbuch Nr. 23


Auf dieser Website dokumentieren wir Denkmäler von Hosaeus in:

Schleswig-Holstein Eutin

Schleswig-Holstein Thürk

Hamburg-Wilhelmsburg


Hermann Hosaeus war während des 1.Weltkriegs an leitender Stelle in der Staatlichen Beratungsstelle für Kriegerehrungen tätig und verfasste 1922 Leitsätze für die »Vaterländische Bauhütte« zur Ausführung und Aufstellung von Kriegerdenkmälern:

Leitsätze 1922, Verlag Deutscher Bund Heimatschutz


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»Der Soldat«

Eine Dokumentation über die Geschichte des Harburger Kriegerdenkmals. Herausgeber: Friedenspolitisches Informationszentrum Harburg (FRIZ), 1981.

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»Der Soldat«, 1981


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Erste Hilfe

»Auszubildende restaurieren Harburger Denkmal«, das berichtet die Aurubis AG in einer Pressemitteilung am 7. April 2010: 

»Die Restaurierung des nicht mehr standsicheren Denkmals wird von Aurubis im Rahmen eines besonderen Ausbildungsprojektes erfolgen. Wir freuen uns, mit diesem Engagement unserer Verbundenheit zur Region Süderelbe erneut Ausdruck zu verleihen«, so Michaela Hessling, Pressesprecherin der Aurubis AG. Unter fachkundiger Anleitung des Restaurators Stefan Lasch-Abendroth werden zwei Auszubildende von Aurubis die erforderlichen Schlosserarbeiten ausführen. Sie befinden sich im 3. Lehrjahr und erfahren eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Mit ihren Auszubildenden trägt Aurubis dazu bei, die Kosten für die Sanierung erheblich zu senken. [...]

Nachdem ein Gutachter festgestellt hatte, dass das Denkmal nicht mehr standfest ist, wurde es im Jahre 2008 eingerüstet und war seitdem verhüllt. Nun endlich erhält der Soldat Erste Hilfe.

Die Skulptur ist 2 Tonnen schwer und 4,80 Meter hoch. Inklusive Sockel beläuft sich die Höhe auf rund 11 Meter. Für die Überführung auf das Werksgelände wurde die Plastik im Oktober 2009 vom Sockel gehoben und wegen der Transporthöhe in zwei Teile getrennt.


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Foto: Zand

Das alte, korrodierte Stahlgerüst wird gegen eine neue Edelstahlhalterung ersetzt. Die kupferne Oberfläche der Skulptur soll trotz vorhandener Einschusslöcher nicht restauriert werden, um den historischen Bestand zu sichern. Alte Einschusslöcher zeugen von den Bombenangriffen des 2. Weltkrieges, die der Krieger aufrecht überstand. Die St. Johanniskirche hingegen wurde im November 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Nach Sanierung wird das Denkmal wieder an seinen alten Standort zurückkehren.«

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Die Geschichte

»Für das Harburger Kriegerdenkmal traten nicht die 18 Kriegervereine allein als Anreger und Stifter auf. Aber sie waren im Verein mit bürgerlichen Autoritäten stark daran beteiligt. Am 20. 1. 1925 wurde ein ›Ausschuß für die Errichtung eines Ehrenmales für die im Weltkrieg gefallenen Söhne der Stadt Harburg‹ gegründet. Die Sozialdemokraten hatten gegen diese Form des Totengedenkens, die eher der Kriegsverherrlichung diene, protestiert und statt dessen ein Heim oder eine Unterstützung für Kriegsversehrte gefordert; sie waren aber mit dem Argument, daß ein Denkmal weniger kostspielig sei, abgewiesen worden. Auch in Harburg wurde zunächst der Ehrenfriedhof als Ort vorgesehen, doch die Forderung nach einem Platz, an dem das Denkmal täglich sichtbar war, setzte sich durch; 1930 wurde der Platz vor der Johanniskirche beschlossen. Hermann Hosaeus, ein schon um die Jahrhundertwende tätiger Denkmalbildhauer, wurde direkt beauftragt. Er schuf noch einmal ein naturalistisches Menschenbild, das in mehrfacher Lebensgröße auf einem Distanz gebietenden hohen Sockel aufgestellt wurde; ein Infanterist, in dem jeder Mann sich wiedererkennen sollte, mit dem aber auch das Reich identifiziert werden konnte. Mit einer Binde um die Kopfwunde hat er sich nach Verwundung und vorläufiger Niederlage erhoben und wendet sich entschlossen, ja furchterregend mit weitem kraftvollem Schritt wieder zu neuem Kampf nach vorn. Zwar rührt die Verwundung nicht von einem Dolchstoß her, aber sieht man in dem Soldaten wirklich das angeschlagene sich wieder erhebende Reich verkörpert, so gibt die Wunde am Kopf doch zu denken: Kritik an der Reichsregierung seit 1918? [...]

Sozialdemokraten opponierten gegen solche Denkmäler, weil sie Kriegsverherrlichung verhindern wollten; der amtierende sozialdemokratische Oberbürgermeister Dudek hielt sich von der Einweihung fern. Von Kommunisten wurde in Harburg befürchtet, daß sie Beschädigungen und Verunzierungen des Denkmals vor der Einweihung vorhätten. Das bürgerliche Lager identifizierte sich inzwischen jedoch offenbar vollständig mit solchen Formen kriegsvorbereitender Propaganda. Einladungen an die Angehörigen der Gefallenen, an die 18 Kriegervereine, an den üblichen Kreis aus Verwaltung und Industrie, Vorfeier in der Kirche mit Ansprache des Superintendenten, Glockenläuten, Rede des konservativen Oberbürgermeisters im Ruhestand, Rede des Pastors in der Kirche, Rede eines Deutschnationalen, Kranzniederlegungen, Fahnenflattern, ›Ich hat' einen Kameraden‹, Deutschlandlied vor Tausenden von Menschen waren Kennzeichen einer Inszenierung, der sich kurz vor 1933 offenbar außer den in die Minderheit geratenen Arbeiterparteien niemand mehr entziehen konnte.«

• Volker Plagemann, »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag 1986, Seite136/137.

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Der Vorläufer

Ebenfalls von Hermann Hosaeus: Das Kriegerdenkmal für die getöteten Schüler der Johann-Heinrich-Voß-Schule, Eutin, im 1. Weltkrieg, das 1928 eingeweiht wurde, vier Jahre vor dem Harburger »Soldaten« – in der Haltung verblüffend ähnlich.

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In seiner Weiherede sagte der damalige Landespropst Paul Rahtgens, zehn Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs und fünf Jahre vor der Machtergreifung Hitlers: »Es ist ein feinsinniger Gedanke des Künstlers, ihm das Gewehr so über die Schulter zu legen, daß es mit der Gestalt des Jünglings ein Kreuz bildet. Wir sind jetzt ein Volk unter dem Kreuz. Aber als Christen leben wir durch das Kreuz dessen, der das Wort prägte ›Niemand hat größere Liebe, denn daß er das Leben läßt für seine Freunde‹. Das Kreuz ist für uns nicht nur das Zeichen des Überwindens und Siegens. Als deutsche Christen vertrauen wir, daß auch der Tod derer, um die wir trauern, nicht vergeblich gewesen ist, sondern eine Aussaat des Segens für künftige Geschlechter.«

Horst Schinzel, »Eine Denkmalseinweihung 1928«, aus den Jahrbuch des Heimatverbandes Eutin, 1990.

Kriegerdenkmal Eutin


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Ernst Moritz Arndt

Am 26. Dezember 1769 wurde Ernst Moritz Arndt auf Rügen geboren. Historiker kritisieren, Arndt sei antisemitisch und nationalistisch und damit ein Wegbereiter der Fremdenfeindlichkeit folgender Jahrzehnte gewesen.

Als Publizist und Dichter widmete er sich hauptsächlich der Mobilisierung gegen die Herrschaft Napoleon Bonapartes in Deutschland. Daher wird er auch als Freiheitskämpfer bezeichnet.

Die Nationalsozialisten betrachteten Arndt als einen ihrer Vordenker, etwa wegen solcher Ausführungen:

»Es wird ja hoffentlich einmal eine glückliche deutsche Stunde für die Welt kommen und auch ein gottgeborener Held, […] der mit scharfem Eisen und mit dem schweren Stock, Scepter genannt, [das Reich] zu einem großen würdigen Ganzen zusammenschlagen kann.«

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten beantragte der örtliche Leiter des Stahlhelms die Benennung der Greifswalder Universität nach Arndt. Das preußische Staatsministerium erteilte die Bewilligung im Mai 1933, da Arndt »stets für die Freiheit, die Ehre und die Macht des Deutschen Vaterlandes an erster Front gekämpft« habe.

Die Universität Greifswald hat 2018 nach langem Streit ihren Namen abgelegt. Auf ihrer Website können Sie einen Beitrag des Literaturwissenschaftlers Michael Gratz lesen. Seine These: Wo »Arndt« draufsteht, ist heute in den allermeisten Fällen schlimmstes neonazistisches »Gedankengut« drin.

Der komplette Beitrag und andere Fakten zum Namenstreit

Hier die Fakten zum Namensstreit als Broschüre

 

... und das Original: »Auf, bleibet treu und haltet fest«

1. Auf, bleibet treu und haltet fest,
so wird euch mehr gelingen!
Wer sich von Gott nicht scheiden lässt,
der kann die Hölle bezwingen.
Der alte Gott, der treue Gott,
lässt sich noch immer schauen
und macht des Teufels List zu Spott
und seinen Stolz zu Grauen.

2. Auf, bleibet treu und haltet aus,
wie Lug und Trug auch schnauben!
Der Herr dort oben hält noch Haus
und schirmt den rechten Glauben;
den Glauben, dass die Welt vergeht,
wenn Männertreue wanket;
den Glauben, dass wie Sand verweht,
was um die Lüge ranket.

3. Denn Treue steht zuerst, zuletzt
im Himmel und auf Erden!
Wer ganz die Seele dreingesetzt,
dem soll die Krone werden.
Drum mutig drein und nimmer bleich,
denn Gott ist allenthalben!
Die Freiheit und das Himmelreich
gewinnen keine Halben!


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»Tatbereit heute wie einst«?

Überlebensgroß in Hamburg-Harburg

 

Einen Tag vor dem Gemeindefest der Trinitatisgemeinde sollte am Samstag, den 30. August 2014 um 11:00 Uhr das Kriegerdenkmal neben der St.Johanniskirche durch die Präsentation der Kunstinstallation zum Thema gemacht werden. Eine öffentliche Diskussion darüber gab es am Freitag, den 12. September 2014 um 19:00 Uhr im Gemeindesaal der Johanniskirche, Bremer Straße.

Die Intention der Kunstaktion

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Ein lebhaftes Gespräch

Persönliche Betroffenheit mit Kritik an der Wäscheleine, friedenspolitisches Engagement mit Freude an der Aktion, Verbundenheit mit der Trinitatisgemeinde – viele Gründe gab es für die Teilnahme an der Diskussion am Freitagabend. Die unterschiedlichen Standpunkte wurden dargelegt und müssen sicher innerhalb der Gemeinde weiter erörtert werden.

HH Harburg Diskussion web

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Einladung der Kirchengemeinde St. Trinitatis:

Harburg Blickwechsel web
 

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Echo in den Medien

Das Hamburger Abendblatt schreibt am 11. September 2014

Hmb Abendblatt 11 web


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Das Hamburger Abendblatt/Harburg & Umland berichtet am 11. September 2014 auf Seite 2

Hamburger Abendblatt Harburg und Umgebung 11.09.2014 web

Hamburger Abendblatt, 11.9.2014

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Das ElbeWochenblatt für Hamburgs Süden schreibt am 10. September 2014

elbewochenblatt 9.9.2014 web


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Das Hamburger Abendblatt/Harburg & Umland berichtet am 2. September 2014

Hamburger Abendblatt Harburger RS 2.9. Bild web

              Hamburger Abendblatt Harburger RS 2.9. Text web

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Die Kunstaktion beginnt

30. August 2014, 11:00 Uhr

HH Harburg Aktion1 web

● Erste Interessierte finden sich ein. Zeitzeuginnen, wie sie sagen.

HH Harburg Aktion3 web

● Pröpstin Decke und Pastorin Kaiser-Reis begleiten die Aktion.

HH Harburg Aktion Kind web

● Das Gegendenkmal zu Füßen des Soldaten wird einbezogen.

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Aus den Gemeindebriefen von
St. Trinitatis

Im Zusammenhang mit der Restaurierung des Soldaten im Jahr 2010 hat die Kirchengemeinde St. Trinitatis in Harburg in zwei Ausgaben ihres Gemeindebriefes (DIALOG) einige Informationen wieder veröffentlicht bzw. neu geschrieben.

Pastorin Sabine Kaiser-Reis
kaiser-reis@trinitatis-harburg.de


Gemeindebriefe

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I N H A L T
Das Denkmal
SC Victoria Hamburg von 1895 e.V.
Die Geschichte
100 Jahre Victoria Hamburg
Der Bildhauer Emmerich Oehler

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Hoheluft

Auf dem Gelände des Sport-Club Victoria Hamburg von 1895 e.V.. Ecke Lokstedter Steindamm/Martinistraße

Das Denkmal aus Muschelkalkstein ist 3,20 Meter hoch, es hat eine quadratische Grundfläche von 90cm x 90 cm. Oben aufgesetzt ist ein Stahlhelm auf Eichenlaub. Der Bildhauer Emmerich Oehler, geboren am 14. Juli 1881 in Meißen, gestorben 1982 in Westberlin, hat es 1920 geschaffen. Finanziert wurde es aus freiwilligen Spenden der Vereinsmitglieder.

HH SC Victoria Hoheluft 2 web

HH SC Victoria Hoheluft Helm web

Die Widmung aus Metallbuchstaben und -ziffern lautet:

Denen, die für uns starben.
1914  1918
und
1939  1945 (nach dem 2. Weltkrieg hinzugefügt)

Dazwischen prangt ein kaiserliches Eisernes Kreuz

HH SC Victoria Hoheluft Eisernes Kreuz web

An beiden Seiten trägt es die inzwischen stark verwitterten Namen der 83 toten Soldaten und den einer getöteten Krankenschwester aus dem 1. Weltkrieg. Die Inschrift auf der Rückseite ist nicht mehr lesbar. 

 

       HH SC Victoria Hoheluft 3 web

HH Hoheluft Namen web

 

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SC Victoria Hamburg von 1895 e.V.

Der Verein ließ 1909 in Hamburg-Hoheluft auf dem von der Stadt gepachteten Sportgelände die erste überdachte Tribüne Norddeutschlands errichten. 1911 fand im neuen Stadion das erste in Hamburg ausgetragene Fußball-Länderspiel statt.

Der SC Victoria war in Norddeutschland bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg im Fußball führend und errang mehrere Meistertitel des Hamburg-Altonaer Fußball-Bundes und des Norddeutschen Fußball-Verbands. 1900 gehörte der Verein zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Fußball-Bundes. Auch nach seiner Blütezeit blieb der SC Victoria einer der bedeutenden Vereine Hamburgs.

1933 ordnete sich der Traditionsclub bereitwillig der nationalsozialistischen Diktatur unter; die »Vereinsnachrichten« aus dieser Zeit spiegeln die große Übereinstimmung mit der Politik der neuen Machthaber.

Aus: Herbert Diercks, Hamburger Fußball im Nationalsozialismus, Herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme

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Die Geschichte

Im Archiv des Sport-Club Victoria sind alle Vereinsnachrichten seit 1907 lückenlos archiviert. Darum können Sie hier ausser den Namenslisten der toten Soldaten beider Weltkriege auch die Verlautbarungen des Vereins über die Planung und die Einweihung des Denkmals lesen. Wir danken sehr herzlich Herrn Helmke, dem 2. Vorsitzenden des SC Victoria, für seine Recherche.


HH Hoheluft VZ web

 

HH Hoheluft SC Victoria Einladung web

 

 

HH Hoheluft SC Victoria Feier web

 

Namen 1. Weltkrieg

Namen 2. Weltkrieg

Später wurden noch fünf weitere Namen hinzugefügt: Karl Heinz Bock, Otto Dornfeldt, Paul Herrmann, Walter Klink und Carl Heinz Thiele.

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100 Jahre Victoria Hamburg

Aus diesem Anlass gab der Sport-Club 1995 ein Buch heraus, in dem die Jahre dokumentiert wurden. Der damalige Vorsitzende Horst Reinecke hat viele Monate daran gearbeitet. Lesen Sie hier einige Auszüge:

Vorwort: Im Ersten Weltkrieg verloren 83 Victorianer als Soldaten ihr Leben und eine Victorianerin als Sanitätsschwester.

Im Zweiten Weltkrieg fielen 101 Victorianer. Zu ihnen gehörte auch ein 16jähriger Luftwaffenhelfer, der noch in den letzten Tagen im Fronteinsatz sein junges Leben lassen mußte.

Viele starben in Gefangenschaft oder gelten als vermißt.

Ungezählt sind die Victorianerinnen und Victorianer, die in der Heimat Opfer von Gewalt und Terror wurden.

Ihr Tod sei uns Mahnung und Pflicht, niemandem Unrecht zu tun und immer für Frieden und Freiheit einzutreten


Die erste Einberufung: Unser 1. Vorsitzender Herr Paul Koretz ist anlässlich des Krieges zwischen Österreich und Serbien als österreichischer Offizier einberufen worden und bereits abgereist. Er sendet uns einen letzten Abschieds-Gruss. Wir wünschen von Herzen, dass er bald gesund und mit Sieges-Lorbeer geschmückt wieder in unserer Mitte weilen wird.
VZ (Vereinszeitung) August 1914


Beginn des Ersten Weltkriegs: Seit dem Erscheinen unserer letzten Vereinszeitung sind Ereignisse eingetreten, wie die Welt sie vielleicht noch nie erlebt hat. Die Kriegsfurie ist über unser Land hereingebrochen. Gegen Deutschland, das in Bündnistreue zu Österreich stand, ist eine Welt von Feinden auferstanden.

Nun ist alles mit einem Schlage anders geworden. Die außerordentlich große Zahl Heerespflichtiger und Kriegsfreiwilliger hat die Reihen auch in unserem Verein stark gelichtet. Viele stehen schon im Felde oder bei der Marine. Das Deutsche Volk ist wie ein Mann dem Rufe des Kaisers gefolgt. Es gibt für uns nur eins: Wir müssen siegen! Lieb Vaterland magst ruhig sein!
VZ September 1914


Seit 2 Monaten ruhen nun endlich die Waffen! Wir sind heimgekehrt, nicht mit Siegeslorbeer geschmückt, nicht von jubelnden Siegesfanfaren begrüßt, aber mit offenen Armen von unseren Lieben daheim. Lange Jahre ersehnten wir das Ende des Krieges. Nun hat uns die Heimat wieder! Wir Glücklichen, die wir die Heimkehr doch noch erlebten!
VZ Januar 1919

Das Ehrenmal: Schon in der VZ Dezember 1916 (Kriegsnachrichten) erfolgt der erste Aufruf zu Spenden für die Errichtung eines Ehrenmals nach dem Krieg. Im Januar 1919 wird dieser Aufruf wiederholt und der Gedenkstein in Auftrag gegeben.


Wir dienen dem Vaterlande:
Ein Sturmwind weht seit einigen Wochen durch alle Gaue des deutschen Vaterlandes, alles, was morsch ist, mit sich reißend; nur was stark und gut und deutsch ist, hält dem Brausen stand. Deutschland ist erwacht!
VZ April 1933

HH Hoheluft Hist01 web


Grußzwang: Wir ordnen mit sofortiger Wirkung an, daß beim Betreten und Verlassen unseres Platzes, das Ehrenmal unserer Gefallenen zu grüßen ist, und zwar durch Abnehmen der Kopfbedeckung oder durch Erheben des rechten Armes.
VZ Mai 1933

HH Hoheluft Hist02 web


Sportjugend wird Hitlerjugend: Jeder junge Victorianer im Alter von 10 bis 18 Jahren ist vom 26. November 1933 an Hitlerjunge.
Unserem deutschen Sportgedanken Sieg Heil!

Volkssport: Der Gauleiter hat es den Vereinsführern zur Pflicht gemacht, ihre Volkssportabteilungen so auszubauen, daß sie alle Mitglieder zwischen 18 und 25 Jahren restlos erfassen. In unserem Club sind die freiwilligen Meldungen leider nur sehr spärlich, ganze 40 Mann. So ordne ich hiermit an, daß sich alle Kameraden, soweit sie nicht schon der SA., SS., St. angehören, umgehend zum Eintritt zu melden haben. Mitglieder, die dieser Anordnung nicht nachkommen, schließen sich von selbst aus der übrigen sportlichen Betätigung aus. Bei evtl. Austritt solcher Mitglieder, muß und werde ich diese dem Gau melden, der das weitere veranlassen wird. Heil Hitler!
VZ Oktober 1933


Kriegsbeginn 1. September 1939:
Trotz Kriegsbeginns sollte auf Anordnung des Reichssportführers der Spielbetrieb so umfangreich als möglich aufrechterhalten werden. Denn Sport ist die unerläßliche Voraussetzung für die Erziehung der Jugendlichen zu Wehrkraft und Wehrwillen. Wegen der vielen Einberufungen wurde den Vereinen gestattet, auch in den Pflichtspielen Gastspieler einzusetzen.

In der VZ November 1939 werden bereits knapp 100 Feldpostanschriften (...) veröffentlicht.


Das Ende: Es wird uns weh ums Herz, wenn wir an die vielen guten Kameraden denken, deren Verlust uns erst voll ins Bewußtsein dringen wird, wenn sie bei dem Appell nach Kriegsende fehlen, wenn wir ihnen nicht wieder die Hand drücken können.
Letzte VZ vor Kriegsende, August/September 1944

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Der Bildhauer

Prof. Emmerich Oehler wurde am 14. Juli 1881 in Meißen geboren. Er studierte an der Kunstakademie in Dresden und war dort von 1902 bis 1914 bei der Manufaktur angestellt. In Hamburg arbeitete er als Bildhauer und wurde Mitglied im Hamburger Künstlerverein und im Deutschen Werkbund. Man kann seine Werke betrachten, zum Beispiel in Berlin den »Schützen«, vor dem Schützenhof in Hakenfelde aus dem Jahr 1935 oder in Hamburg auf dem Ohlsdorfer Friedhof das Grabmal von Paul Conström aus dem Jahr 1919. Gestorben ist er 1982 in Westberlin.


HH Hoheluft Emmerich Oehler Ohlsdorf Michael Wasserburg Gottesacker.wordpress web

Foto: Michael Wasserburg_Gottesacker.wordpress.com

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I N H A L T
Das Denkmal
Eingaben und Anfragen
Die Erweiterung
Volkstrauertag 2013
Das Medienecho
Volkstrauertag 2015
Der Bildhauer Hermann Perl
Der Findlingsmythos

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Hummelsbüttel

Hummelsbüttler Hauptstraße 15

In die Mitte der Granitfindlingsgruppe ist ein detailreiches Bronzerelief gesetzt: Marschgepäck, Stahlhelm, Gewehr, Bajonett und Eichenlaub. Der Hummelsbüttler Bildhauer Hermann Perl, geboren am 5. April 1878 in Königsberg, gestorben am 12. Januar 1967 in Hamburg, hat das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs entworfen, er wohnte damals gleich neben dem Denkmalsplatz in dem Haus mit dem Elchkopf über der Tür. Die Errichtung des Denkmal wurde, wie oft in dieser Zeit, initiert von einem Kameradschaftsverein, hier mit dem Namen: »Militärische Kameradschaft und Kampfgenossen-Verein Hummelsbüttel«. Am 19. April 1925 wurde das Denkmal eingeweiht. Es steht in einer kleinen Anlage bei der Bushaltestelle »Am Gnadenberg«.

HH Hummelsbuttel Detail web

Auf dem oberen Findling steht die eingravierte Inschrift:
Unsern Helden
1914 – 1918

Zusatz nach dem Ende des 2. Weltkriegs: 1939 – 1945

          HH Hummelsbuttel alt web


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Eingaben und Anfragen

Bis November 2013 stand das Denkmal noch alleine im Gebüsch:

HH Hummelsbuttel Ajepbah fruher web

© Ajepbah/Wikimedia Commons

Doch seit 2003 forderten zunehmend Bürger und Politiker der SPD, Grünen und Linken das Kriegerdenkmal mit dem Militarismus verherrlichenden Hauptstein zeitgemäß zu kommentieren. Besonders die Widmung »Unseren Helden« sorgte dafür, dass regelmäßig Eingaben von Anwohnern bei den Bezirkspolitikern gemacht wurden, um das Denkmal zu verändern. Am 29. April 2009 anwortete die Bezirksamtsleitung noch uninteressiert bis abweisend auf eine Große Anfrage von fünf Mitgliedern der Bezirksversammlung. So wurden die Fragesteller, vier von »Die Linke«, einer von der »GAL«, kurzerhand abgebügelt:

Antwort der Bezirksamtsleitung 2009


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Die erweiterung

Nach zehn Jahren Streit einigten sich die Bezirksfraktionen im Februar 2013 schließlich auf einen Kompromiss: Das Kriegerdenkmal wird um einen Findling erweitert, der die Inschrift trägt:

Die Toten mahnen uns Lebende zu Frieden und Versöhnung

Die Anlage soll gemeinsam mit dem Heimatverein in Hummelsbüttel insgesamt aufgewertet und regelmäßig gepflegt werden. Die Finanzierung übernimmt das Bezirksamt.

Sogar das Hamburger Abendblatt berichtet am 6. Februar 2013:

HH Hummelsbuttel HAB Bild web

HH Hummelsbuttel HAB Text web

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Volkstrauertag 2013

Es dauerte noch bis zum Volkstrauertag im November, dann wurde die erweiterte Anlage feierlich eingeweiht. Die Erneuerung soll 30.000 Euro gekostet haben, die Büsche wurden zurückgeschnitten, die Wege neu angelegt. Alles wirkt jetzt gepflegter, aber durch die auffällige Sichtachse, die genau auf den älteren, viel größeren Findling führt, fällt der Blick umso mehr auf die Helden-Inschrift und das bronzene Kriegsgepäck.

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© svenmahn/Wikimedia Commons

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Das Medienecho

Das Hamburger Wochenblatt/Fuhlsbüttel schreibt am 19. 11. 2013:

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Volkstrauertag 2015

HH Hummelsbuettel 2016 web


Kranzstifter von links nach rechts: CDU-Fraktion Wandsbek und die Freiwillige Feuerwehr mit einem kameradschaftlichen Gruß. Beim kleinen Findling stehen die Kränze vom Heimat- und vom Sportverein.

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Der Bildhauer Hermann Perl

Hermann Otto Gottlieb Perl wurde am 5. April 1878 in Königsberg geboren, besuchte die dortige Kunstakademie und kam über Berlin zu seinem Onkel A. H. Wessely nach Hamburg. Der besaß eine sehr bekannte Ofen- und Tonwarenfabrik und hatte Kontakt zu vielen Künstlern, die für ihn arbeiteten. Er richtete seinem Neffen Hermann Perl am Falkenried ein Atelier ein. Perls erster größerer Auftrag war die Ausführung sämtlicher Bildhauerarbeiten im Innern des Hamburger Elbtunnels, der am 7. September 1911 eingeweiht wurde. Die grünen Tierdarstellungen, die hellen Gewölbekacheln und die wandbildartigen Keramiken in den Schachtgebäuden sind sein Werk, alle wurden in der Fabrik seines Onkels hergestellt. Gestorben ist er am 12. Januar 1967 in Hamburg.

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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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Das Denkmal
Die Geschichte
Aus der Festschift zur 650 Jahrfeier von Jenfeld 1954
Der Findlingsmythos

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Jenfeld

Auf einer Verkehrsinsel zwischen Denksteinweg und der Straße »Bei den Höfen«

Ein breiter Granitfindling wurde in einem hohen Sockel aus bunten behauenen Feldsteinen versenkt. Das Kriegerdenkmal steht auf einer von Steinreihen eingefassten Rasenfläche mit drei Eichen, Rhododendren und kleineren Findlingen, umgeben von Autostraßen.
Das Denkmal wurde am 4. Juli 1926 feierlich eingeweiht.

HH Jenfeld2 ganzer Platz web

HH Jenfeld2 Platz web

HH Jenfeld2 gesamt web

HH Jenfeld2 Findling web


Der Granitfindling trägt oben links, angepasst an die Schräge des Steins, ein Bronzerelief aus Stahlhelm, Kurzschwert und Lorbeerzweigen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die ursprüngliche Inschrift geändert. Jetzt steht unter dem Relief in schwarzen einfachen Lettern:

1914
1918
Den Gefallenen
1939
1945

     HH Jenfeld2 Tafel web

Die Bronzetafel, die in den Feldsteinsockel eingelassen wurde, trägt in erhabener Schrift die 43 Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs mit Geburts- und Sterbedatum. Zweispaltig gesetzt mit dem 43. Namen auf Mitte endend, wird der Namensblock oben mit einer Borte aus Lorbeerblättern, unten mit einer Borte aus Eichenblättern abgeschlossen. Über der zweiten Spalte sind die Symbole »Stern« für das Geburtsdatum und »Kreuz« für das Sterbedatum angegeben.

HH Jenfeld2 Kranz web


Das Kränzchen hängt dort schon eine Weile. Die Anlage insgesamt wird nicht aufwändig gepflegt.

     HH Jenfeld2 hinten web

Auf der Rückseite des großen Findlings findet man zwei Signaturen – ungelenk in den buckeligen Stein geschlagen.

HH Jenfeld2 Signatur web


Erbauer H. Kruse

H. Kruse hat die Errichtung des Steins im Winter 1925/26 für 300 Mark übernommen.

HH Jenfeld2 Findlingsgeber web


Findling... [?] O. Pünjer

Otto Pünjer jun. (13. Juli 1897 Jenfeld - 29. Januar 1956 Hamburg) war der Besitzer des weithin bekannten Gasthauses »Zum Lindenhof«. Er war Förderer des Kriegerdenkmals und hatte sogar Ansichtskarten drucken lassen, die zweigeteilt sein Gasthaus und das Denkmal zeigten.

HH Jenfeld2 70Jahre web

 

HH Jenfeld Ajepbah WikimediaCommons web

Foto:Ajepbah/Wikimedia Commons

Versetzt angeordnete Betonquader verhindern an drei Seiten des Platzes, dass er von Autos zugeparkt wird. Oder sollen sie als Sitzgelegenheit dienen?

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Die Geschichte

Aus Jenfeld wurden im 1. Weltkrieg insgesamt 138 Männer zum Wehrdienst einberufen. Davon sind 43 getötet worden oder vermisst, fast jeder 3. Kriegsteilnehmer kehrte nicht zurück. Im Jahre 1924 kam aus der Gemeinde die Anregung, den toten Soldaten ein »Ehrenmal« zu errichten. Ein riesiger Findling von der Koppel »Fahrenkamp« wurde vom Besitzer Otto Pünjer zur Verfügung gestellt. Es bildete sich eine Denkmal-Kommission unter dem Vorsitz des Klempnermeisters W. Eggers. Lange konnte man sich über den Platz nicht einigen. Es gab im Dorf zwei geeignete Dreiecksplätze, einen auf dem Beekkamp und einen am Zusammentreffen der Straße »Bei den Höfen« mit dem Kirstenkamp. Letzterer wurde schließlich gewählt, der Kirstenkamp wurde in Denksteinweg umbenannt.

HH Jenfeld2 altes Foto 1940 web

Die Bearbeitung des Findlings hatte Herr H. Kruse für 300 Mark übernommen. Die schwierigste Arbeit war der Transport des Findlings, der im Winter 1925/26 von der Freiwilligen Feuerwehr mit Hilfe eines Lastkraftwagens des Fuhrunternehmers A. Griem durchgeführt wurde. Unter großen Anstrengungen wurde der Findling auf einem aus Feldsteinen gemauerten Sockel aufgerichtet. Eine dreiseitige geschwungene Felsenmauer begrenzte den Denkmalsplatz. Man betrat den Platz durch eine schmiedeeiserne Eingangspforte, die zwischen zwei kunstvoll bekrönten Pfeilern angebracht war. Die Fläche innerhalb der Mauern wurde bepflanzt, die Anlage wurde vom Gartenamt Wandsbek in Ordnung gehalten.

HH Jenfeld 1954 web


Die Vorderseite des Granitfindlings trug die Inschrift:

Den teuren Gefallenen (im Bogen gesetzt)
1914
(Eisernes Kreuz) 1918
zum ewigen Andenken

Links darüber wurde ein Bronzerelief aus Stahlhelm, Kurzschwert und Lorbeerzweigen angebracht, das dort bis heute hängt. Auch die Bronzetafel mit den Namen, Geburts- und Todestagen der 43 getöteten Soldaten ist bis heute in den Feldsteinsockel eingelassen. Auf der Rückseite sind die Namen des Steinstifters und des Erbauers eingehauen. Das Denkmal wurde am 4. Juli 1926 feierlich eingeweiht.

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Aus der Festschift zur 650 Jahrfeier von Jenfeld 1954

Vom 25. September bis 3. Oktober 1954 wurde der 650. Jahrestag von Jenfeld gefeiert. In der Festschrift sehen wir ein Foto der Autobahn Hamburg - Lübeck, bei dem nicht nur der Blick auf das damalige minimalistische Verkehrsaufkommen erstaunt, sondern auch die Bezeichnung »Reichsautobahn« in der Bildunterschrift.

     HH Jenfeld Autobahn1954 web

In den Anzeigen findet man Formulierungen wie diese von der nationalsozialistischen Organisation »Kraft durch Freude« inspirierte: »Kraft durch Früchte«


     HH Jenfeld Kraft durch Fruechte 1954 web


Auch »Jenfelds Gefallenen-Ehrenmal« wird vorgestellt. Im Jahr 1954 war die ursprüngliche Widmung »Den teuren Gefallenen 1914 – 18 zum ewigen Andenken« noch nicht durch die spätere »1914 1918 Den Gefallenen 1939 1945« ersetzt worden.

650 Jahrfeier S. 40 und 41


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das »Schutztruppen-Ehrenmal«
Die »Askari«-Reliefs
Der »Tansania-Park«
Die Kritik
Mohammed Hussein Bayume
»Hamburg & Kolonialismus«
Aufarbeitung seit 2014
Die Lettow-Vorbeck-Kaserne
Der LevoPark
Die Tafel im Michel
Der Adler
»Wir sind die Herren der Welt«
Eichenlaub
Das Eiserne Kreuz

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Jenfeld

Das Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in der Wilsonstraße

In einem heute nicht öffentlich zugänglichen Bereich des Kasernengeländes, dem so genannten »Tansania-Park«, stehen zwei Denkmäler zu den Kriegen des Deutschen Reichs in den afrkanischen Kolonien, die in der Zeit des Kolonialrevisionismus der Nationalsozialisten entstanden sind. Beide Denkmäler wurden am selben Tag im August 1939 an ihren ursprünglichen Standorten eingeweiht.

2019 01 31 Tansaniapark Eingang web

 
Ganz hinten – nicht sichtbar, wenn man sich vor der verschlossenen Pforte aufhält – steht das »Schutztruppen-Ehrenmal«, das 1939 von Paul von Lettow-Vorbeck, dem ehemaligen Kommandeur der »Schutztruppe« in Deutsch-Ostafrika und führenden Nationalsozialisten auf dem Gelände der benachbarten Estorff-Kaserne eingeweiht wurde.

Näher an der Pforte auf der linken Seite des Parks sind zwei »Askari«-Reliefs aufgestellt worden, die ursprünglich zum Deutsch-Ostafrika-Kriegerdenkmal des Bildhauers Walter von Ruckteschell gehörten. Siehe dazu die historischen Fotos vom Eingangsbereichs des Geländes der Lettow-Vorbeck-Kaserne weiter unten. 1999, nach der Schließung des Bundeswehrstandorts der 1992 zusammengelegten Kasernen, wurden die Reliefs abgebaut und eingelagert – bis 2003 der privat initiierte Kulturkreis Jenfeld die Denkmäler im »Tansania-Park« wieder aufstellen ließ. Mehr dazu im Kapitel »Der Tansania-Park«.

In den weitgehend unkommentierten Denkmälern sehen wir eine völlig unangemessene Heldenverehrung sowie die unkritische und verharmlosende Präsentation von Nazi-Hinterlassenschaften.

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Das »Schutztruppen-Ehrenmal«

Den Weg zum heutigen Standort des Denkmals weist uns ein leerer Fahnenmast.

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»Schutztruppe« war die offizielle Bezeichnung der militärischen Einheiten in den afrikanischen Kolonien des Deutschen Reichs von 1891 bis zur verfügten Auflösung nach dem verlorenen 1. Weltkrieg im Oktober 1919.

Zu den Aufgaben der »Schutztruppen« gehörten die Eroberung von nicht vertraglich erworbenen Kolonialterritorien, die Niederschlagung von Aufständen, Grenzsicherung und Sicherung von Expeditionen. Im Hinblick auf ihre Rolle bei der gewaltsamen Unterdrückung von Unabhängigkeitsbestrebungen – bis hin zur Beteiligung am Völkermord – wird der Begriff »Schutztruppe« heute als kolonialistische Verharmlosung interpretiert.

Mehr auf Wikipedia

2019 01 31 Tansaniapark 2 gesamt web


Wir stehen nun vor dem mittlerweile etwas lädierten Klinkermonument. Es hat mittig eine hohe quadratische Säule mit übergroßem aufgesetzten Adler. Eingerahmt wird sie ganz unten von über Eck gemauerten zweistufigen Sockeln und darüber von einer Klinkerwand für die Keramiktafeln mit den Botschaften der Denkmalsstifter.

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Die Keramikskulptur zeigt einen streng blickenden Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Detailreich ausgearbeitet hat er seine Krallen um einen Eichenkranz gelegt, der das Relief eines Eisernen Kreuzes umschließt. Dieses militärische Ehrenzeichen ersetzte nach 1945 das ursprüngliche Hakenkreuz.

Adler mit Eichenlaub web

Die Darstellung entspricht dem Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP von 1920 bis 1945. Merke: Der Parteiadler schaut wie hier nach rechts, der Reichsadler nach links. Illustration: dfg-vk-darmstadt.de

Mehr dazu in den Kapiteln »Der Adler« und »Wir sind die Herren der Welt«

 

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Der breite Eichenkranz von der Seite.

Mehr zur Symbolik im Kapitel »Eichenlaub«.

 

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Je zwei dreiteilige Keramiktafeln sind in die Klinkermauer rechts und links der Säule eingelassen. Auf ihnen wird der Männer gedacht, die im 1. Weltkrieg 1914-1918 in den Kolonien auf der Seite des Deutschen Reichs kämpfend ihr Leben verloren. Als Schlachtfeld waren die Kolonien im 1. Weltkrieg gar nicht vorgesehen – doch keine der Kriegsparteien hielt sich an die Abmachungen, die auf der Berliner Afrika-Konferenz von 1884/85 vereinbart worden waren. Danach sollten die afrikanischen Besitzungen ungeachtet von Konflikten oder Kriegshandlungen der Kolonialmächte in Europa neutral bleiben.

 

Die erste Tafel vom Betrachter aus gesehen gilt Kamerun:

Kamerun war von 1884 bis 1919 eine deutsche Kolonie. Sie wurde kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 zum Schauplatz von Kampfhandlungen. Sie umfasste das heutige Kamerun und Teile des heutigen Gabun, Nigeria, Tschad, der Republik Kongo sowie der Zentralafrikanischen Republik. Sie grenzte an britische, französische und belgische Kolonien und konnte von Norden, Westen und Süden von drei verschiedenen Gegnern angegriffen werden.

Vom Volk der Duala hatten die Deutschen keine Unterstützung zu erwarten. Am 9. August 1914 wurde der Duala-König Rudolf Manga Bell auf deutschen Befehl hingerichtet, da er gegen die Missstände der Kolonialherrschaft und die Vertreibung seines Volkes tätig wurde. Folglich standen die Duala auf Seiten der Entente und begrüßten sie als Befreier. Als eine der letzten kämpfenden Einheiten ergab sich Mitte Februar 1916 die 3. Kompanie in der Stellung Mora unter Hauptmann Ernst von Raben.

Durch den Versailler Vertrag wurde die Kolonie Deutschland 1919 abgesprochen und Kamerun ging offiziell in den Besitz des Völkerbundes über, der das Gebiet wiederum als völkerrechtliches Mandat zur Verwaltung an die Briten und Franzosen gab. Daraufhin wurde Kamerun in Britisch-Kamerun und Französisch-Kamerun aufgeteilt. Erst 1960 wurde das Land unabhängig.

Nach Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

Mehr dazu

 

2019 01 31 Tansaniapark 2 Kamerun web


Der obere Abschnitt der vier Tafeln zum 1. Weltkrieg ist identisch formuliert:

ES STARBEN FÜR IHR
VATERLAND
1914 – 1918

»Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg S.94


Im mittleren Teil der Keramiktafeln wird jeweils das »Schutzgebiet« genannt:

IN KAMERUN

Es folgt die Anzahl der Toten nach Gruppen geordnet, ohne Namensnennungen. Hier:

36      OFFIZIERE UND
                       BEAMTE
144 UNTEROFFIZIERE
     U. MANNSCHAFTEN
1200 ASKARI


Als Askari wurden vor allem in Afrika einheimische Soldaten oder Polizisten in den Kolonialtruppen der europäischen Mächte bezeichnet. Die Kommandogewalt lag bei den deutschen Offizieren. Es war erklärtes Ziel, die Askaris ihren Stammestraditionen zu entfremden und eine Art Militärkaste zu schaffen, deren Loyalität vor allem der Schutztruppe galt. In jeder Feldkompanie waren mindestens 30% Askaris aus anderen Ländern Afrikas. Askaris aus Deutsch-Ostafrika wurden immer fern ihrer Stammesgebiete eingesetzt. Übergriffe der Askaris, wie Plünderungen und Vergewaltigungen, wurden von den Offizieren nur selten geahndet. Die Askaris sahen mit Verachtung auf die normale schwarze ländliche Bevölkerung herab. Die Einkünfte eines Askaris übertrafen deutlich die Summe von Sold und Beköstigungsgeld, die vergleichbare Dienstgrade in Deutschland erhielten. Am Ende der Dienstzeit hatte ein Askari Anrecht auf eine lebenslange Rente.

HH Jenfeld Namibia web3Foto: Wikipedia Commons / gemeinfrei
• Appell bei den Askari-Soldaten / vor 1910


Um die Askaris bildete sich ein Mythos, der die in den deutschen Kolonien herrschenden humanen Verhältnisse aufzeigen sollte und die geschichtsrevisionistischen Bestrebungen der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg stützte. Tatsächlich hatten die Askaris den deutschen Kolonialherren in freiwilliger Loyalität gedient und sich nach dem Ende der deutschen Herrschaft nach ihr zurückgesehnt; beim Abschied 1918 sollen Tränen geflossen sein. Geschichten über die »Askari-Treue« wurden von Kolonialismusbefürwortern der 1920er Jahre propagandistisch ausgenutzt und überhöht. Lettow-Vorbeck sorgte 1926 dafür, dass die Askaris ihre zugesagten Pensionen erhielten. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Zahlungen zwangsläufig ausgesetzt, sie blieben auch danach noch jahrelang unterbrochen. Anfang der 1960er Jahre wurden sie seitens der Bundesrepublik Deutschland wieder aufgenommen und bis zum Tode der letzten Askaris Ende der 1990er Jahre fortgeführt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

Mehr dazu bei Wikipedia

 

2019 01 31 Tansaniapark 2 Kamerun Detail web


Der untere Abschnitt zeigt auf allen vier Tafeln das Relief eines Eisernen Kreuzes inmitten einer eingeritzten, jeweils der Gegend angepassten stilisierten und idealisierten afrikanischen Landschaft. Zur Bedeutung des militärischen Ehrenzeichens siehe das Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

Es folgt die Tafel für Togo:

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»Dreißig Jahre, von 1884 bis 1914, dauerte die deutsche Kolonialherrschaft in Togo. Die flächenmäβig kleinste der deutschen Kolonien in Afrika wurde von den Deutschen willkürlich nach einem Dorf benannt und genauso willkürlich zogen sie die Grenzen des Landes. Rücksichtslos wurden einerseits Völker getrennt und andererseits auf einem kolonialen Territorium unfreiwillig vereint. Die Deutschen waren somit an der Entstehung des heutigen Togo maßgeblich beteiligt. Auffällig im Vergleich zu den anderen deutschen Kolonien ist, dass Togo seit Beginn der deutschen Kolonialherrschaft das Image einer ›Musterkolonie‹ anhing. Dieses Trugbild wird bis heute oft bemüht, wenn es um die deutsche Kolonialzeit in Togo geht. Im Gegensatz zum ›Maji-Maji-Krieg‹ in Deutsch-Ostafrika oder dem ›Herero-Krieg› in Deutsch-Südwest gab es in Togo keinen bekannt gewordenen Kolonialkrieg. Dadurch entsteht leicht der Eindruck, in Togo habe es seitens der afrikanischen Bevölkerung keinen Widerstand gegen die koloniale Unterdrückung durch die Deutschen gegeben. Doch auch in Togo regte sich groβer Protest. Allerdings gelang es den deutschen Kolonialherren, diesen unter dem Deckmantel der ›Musterkolonie‹ gut zu verschleiern. Und somit musste die angeblich friedliche, scheinbar rentable deutsche Kolonie Togo immer wieder zur Rechtfertigung der gesamten deutschen Kolonialpolitik herhalten.«

Text von Marisa Weiner für www.kopfwelten.org

Mehr dazu

 

2019 01 31 Tansaniapark 2 Togo Detail web


Wieder eine schöne, friedliche Landschaft mit Palmen großzügigen Häusern und fernen Bergen.

Es folgt Deutsch-Ostafrika, das heutige Tansania (ohne Sansibar), Burundi, Ruanda sowie einem kleinen Teil des heutigen Mosambik:

»Mit den Kämpfen in den Kolonien wurden in Deutsch-Ostafrika deutsche Farmer, Beamte und Angestellte in die ›Schutztruppe‹ unter Kommandeur Lettow-Vorbeck einberufen. Der Großteil der rund 15.000 Mann starken Truppe bestand aus afrikanischen Askari, die aufgrund hoher Kampfbereitschaft bei ihren deutschen Vorgesetzten große Wertschätzung genossen. Lettow-Vorbeck wollte möglichst viele feindliche Truppen in koloniale Kämpfe verwickeln und damit die deutschen Fronten in Europa entlasten. [...]

1918 startete Lettow-Vorbeck eine kleine Offensive im Süden Deutsch-Ostafrikas und konnte noch einmal Gebietsgewinne erzielen. Zwischen Kasanga und dem Rukwasee kam es Anfang November 1918 schließlich zu einem letzten Gefecht. Als der Krieg 1918 endete, bestand die ›Schutztruppe‹ nur noch aus 155 Europäern und 1.168 Askari. [...]

Erst nachdem Paul von Lettow-Vorbeck vom Waffenstillstand in Europa erfahren hatte, legte er als Kommandeur der ›Schutztruppe‹ am 25. November 1918 die Waffen nieder. In der Öffentlichkeit galt er damit als der einzige unbesiegte deutsche General des Ersten Weltkriegs. Entsprechend begeistert empfingen ihn Tausende, als er am 2. März 1919 mit dem Rest seiner deutsch-ostafrikanischen Schutztruppe Einzug in Berlin hielt. Die von ihm selbst beschworene Rücksichtslosigkeit, mit der er über vier Jahre den Krieg in Ostafrika auch gegen die einheimische Zivilbevölkerung geführt hatte, ließ ihn in den Augen seiner Bewunderer ›Heldenstatus‹ erreichen.«

Jan Antosch/Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum, Berlin. 11. März 2017. Text: CC BY NC SA 4.0

Der komplette Bericht

 

Noch vor dem 1. Weltkrieg kam es in der deutschen Kolonie Deutsch Ostafrika zum Maji-Maji-Krieg von 1905 bis 1907. Ursachen für die Erhebung gegen die deutsche Kolonialherrschaft waren die repressiven Zustände im kolonialen System und die Ausschaltung der einheimischen Wirtschaft. Sie endete für die afrikanische Bevölkerung mit einer verheerenden Niederlage.

Die Mehrheit der Opfer starb nicht durch Gewehrkugeln, sondern an Hunger, weil die deutsche Schutztruppe 1907 damit begonnen hatte, Dörfer, Felder und Busch niederzubrennen. Am Ende lagen ganze Gebiete brach und ausgestorben. Man schätzt die Zahl der Toten auf zwischen 75.000 und 300.000, davon 15 Europäer, 73 schwarze Askaris und 316 Angehörige der Hilfstruppen auf deutscher Seite. Die Niederschlagung und die Hungersnot rafften etwa ein Drittel der Bevölkerung dahin.

Verglichen mit dem fast gleichzeitigen Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, hinterließ der Maji-Maji-Krieg von 1905 bis 1907 im kollektiven Gedächtnis Deutschlands noch weniger Spuren.

Nach Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

Mehr dazu bei Wikipedia

 

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Hier werden zum ersten Mal 4750 Hilfskrieger und Träger aufgezählt, die auch für »ihr Vaterland«, das Deutsche Reich, starben. Siehe dazu das erste »Askari-Relief« im nächsten Kapitel.

 

2019 01 31 Tansaniapark 2 D Ost Afrika Detail web


Darum passt darunter nur noch ein bisschen Landschaft mit Straußenvögeln.

Es folgt Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia:

»Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 kam es in Deutsch-Südwestafrika zu Kämpfen zwischen Deutschen und Truppen aus der Südafrikanischen Union, die als Mitglied des britischen Empires dem Deutschen Reich den Krieg erklärt hatte. Mit der Kapitulation der ›Schutztruppe‹ am 9. Juli 1915 endeten der Krieg in Deutsch-Südwestafrika und die dortige deutsche Kolonialherrschaft.«

 

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Zum Völkermord: »Konflikte zwischen Deutschen und Afrikanern waren wegen Unterdrückungsmaßnahmen sowie Weide- und Wasserrechten 1904 zu einem Krieg eskaliert. Zur Niederschlagung des Widerstands der Herero und der Nama entsandte das Deutsche Reich ein Expeditionskorps unter Generalleutnant Lothar von Trotha, das die deutsche ›Schutztruppe‹ unterstützte. Bis zum offiziellen Ende des Kolonialkriegs 1907 starben mehrere zehntausend Menschen. Ein Großteil der Herero- und Nama-Bevölkerung fiel Kämpfen, Krankheiten und Morden zum Opfer, die Deutschen ließen sie gezielt verdursten und verhungern. Tausende Afrikaner wurden bis 1908 in Konzentrationslager interniert, die ein großer Teil von ihnen nicht überlebte. Ab 1908 wurden die am Krieg beteiligten Herero und Nama ihres Landes und ihrer Herden enteignet. Sie sollten als billige Arbeitskräfte auf Farmen, beim Bau von Eisenbahnstrecken, in Bergwerken oder Minen dienen, die nach ersten Diamantenfunden in der Lüderitzbucht 1908 neu entstanden.«

Jan Antosch, Deutsches Historisches Museum. Berlin, 2. November 2004. Text: CC BY NC SA 4.0

Der komplette Bericht

 

2019 01 31 Tansaniapark 2 D West Afrika Detail web


Rund um das Eiserne Kreuz wird eine fast urbane Landschaft gezeigt.

Es folgt die einteilige Tafel auf der vorspringenden Säule in der Mitte:

Sie wurde 1966 von der Traditionsgemeinschaft des Deutschen Afrika-Korps gestiftet und ist den Toten des Deutschen Afrika Korps 1941/43 gewidmet:

 

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Das Deutsche Afrikakorps (DAK) war ein Großverband der deutschen Wehrmacht, der von 1941 bis 1943 auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz zum Einsatz kam. Im Februar 1941 wurde der Stab unter dem damaligen Generalleutnant Erwin Rommel gebildet. Rommel hatte sich zuvor als Kommandeur der 7. Panzer-Division während des Westfeldzugs bewährt.

Das Deutsche Afrikakorps wurde in der deutschen Presse aufgrund seiner erstaunlichen Erfolge mehr als alle anderen Einheiten der Wehrmacht gefeiert. Tatsächlich setzte Rommel sich schon in den ersten Tagen der Ankunft über die Befehle des Oberkommandos hinweg und entwickelte einen offensiven Plan, der die Briten überraschte. Durch die Erfolge des Korps wurde die NS-Propaganda schnell auf Rommel aufmerksam und er wurde zum Helden der Nation hochstilisiert.

HH Jenfeld Rommel Bundesarchiv Bild 101I 443 1582 32 Nordafrika Generaloberst Erwin Rommel webFoto: Bundesarchiv, Bild 101I-443-1582-32, CC BY-SA 3.0 de

• Generaloberst Rommel am 16. Juni 1942, 46 km westlich von Tobruk

Die Belagerung der Festung Tobruk und der Vorstoß bis El-Alamein waren letzlich keine Erfolge, brachte ihm aber große Popularität in der Heimat und offenen Respekt im Ausland ein. Ende Oktober/Anfang November 1942 wurden die deutschen Einheiten unter schweren Verlusten zum Rückzug gezwungen.

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Rommel hatte ein ambivalentes Verhältnis zum Nationalsozialismus und zum Widerstand. Während sein Wandel zum Gegner Hitlers in der Forschung akzeptiert ist, bleibt seine Beteiligung am Attentat des 20. Juli 1944 umstritten. Nach dem Attentat wurde er von Adolf Hitler der Beteiligung beschuldigt und zum Suizid gezwungen.

Der Tagesbefehl Hitlers ehrte Rommel mit den Worten: »Sein Name ist im gegenwärtigen Schicksalskampf des deutschen Volkes der Begriff für hervorragende Tapferkeit und unerschrockenes Draufgängertum.«

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Das Emblem des Deutschen Afrika Korps in der Bildersprache von 1966: Palme mit Eisernem Kreuz ...


HH Jenfeld Afrika Korps emblem web2Illustration: Wikimedia Commons / gemeinfrei

... die Urform Palme mit Hakenkreuz wäre verboten gewesen.

 

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Die Informationstafel neben dem Denkmal mit minimalen Tatsachen.

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Die »Askari«-Reliefs

Es handelt sich dabei um Teile des ehemaligen Deutsch-Ostafrika-Kriegerdenkmals des Bildhauers Walter von Ruckteschell aus dem Jahr 1939. Er war Adjudant von Paul von Lettow-Vorbeck, dem Kommandeur der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, während des 1.Weltkriegs. Die beiden Reliefs standen ursprünglich am Eingang zum Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne

Die »Askari«-Reliefs sind in Terrakotta gearbeitet. Sie gehören bildlich zusammen. Die Figuren sind überlebensgroß dargestellt.

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Das erste Relief auf der linken Seite: vier Lastenträger im Lendenschurz und ein Askari-Soldat mit geschultertem Gewehr.

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Der Name des Reliefs:
Schutztruppe 1914-18

 

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Alle Parteien waren während des Kriegs neben einheimischen Kämpfern auch auf Träger angewiesen, die zu Hundertausenden und in der Regel unter Gewaltanwendung aus ihren Dörfern verschleppt worden waren. Wer zu fliehen versuchte, wurde meist erschossen. Der Krieg verwüstete Gebiete, löste Hungersnot und Seuchen aus. An seinen Folgen starben bis Ende 1918 geschätzt bis zu 500.000 Menschen.

 

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2019 01 31 Tansaniapark Signatur web


Die Signatur auf der linken Seite:

WALTER V. RUCKTESCHELL
DACHAU b. MÜNCHEN 1938


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Die Signatur auf der rechten Seite:

KLINKERAUSFÜHRUNG
G. GRIMM HAMBURG

 
Das zweite Relief auf der rechten Seite: ein deutscher Offizier, ihm folgen vier Askari-Soldaten mit geschultertem Gewehr.

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Der Name des Reliefs:
Deutsch-ost-afrika

 

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Die nach hinten gewandten Augen des deutschen Offiziers und seine geballte rechte Faust sollen den nationalsozialistischen Anspruch auf das verlorene Kolonialreich signalisieren.

 

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Auf den Informationstafeln aus dem Jahr 2003 steht in deutsch, englisch und suaheli:

»Die Terrakotta-Reliefs erinnern an den Feldzug der deutschen Kolonialtruppen unter General Paul von Lettow-Vorbeck während des ersten Weltkriegs in der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Dieser Feldzug, in dessen Verlauf zwischen 1914 und 1918 etwa eine halbe Million Menschen, vorwiegend afrikanische Zivilisten, durch direkte und indirekte Kriegseinwirkungen ums Leben kamen, wurde in den Jahren nach 1918 als deutsche ›Heldentat‹ verklärt. Die Reliefs sollten die populäre Legende von der Treue der afrikanischen Soldaten zur deutschen Schutztruppe pflegen und die Forderung nach Rückgabe der ehemaligen deutschen Kolonien legitimieren.«

 

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2019 01 31 Tansaniapark nah Detail Adler web


An den Mützen der Askari prangte das Wappen von Wilhelm II., dem letzten Deutschen Kaiser und König von Preußen.

 

HH Jenfeld Askari Muetzenabzeichen web


Auf diesem Foto ist es im Original zu sehen. Auf dem Schriftband im unteren Bereich war der Name des »Schutzgebiets« verzeichnet, bei unserem Beispiel ist es »KAMERUN«.

Im Weltkrieg war Wilhelm II. von der Obersten Heeresleitung weitgehend kaltgestellt, er verlor zusehends an Ansehen. Das Bürgertum verspottete ihn als behinderten, etwas einfältigen Dynasten. Direkte Kritik verbot der Paragraph zur »Majestätsbeleidigung« im Strafgesetzbuch, aber die Witze über ihn wurden immer beißender. Nach seinem lange hinausgezögerten Entschluss ins Exil zu gehen, wurde ihm auch noch Feigheit vorgeworfen.

 

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Die Signatur Walter von Ruckteschells unter dem Askari-Stiefel.

»Die Illustrationen Ruckteschells sowie eine Vielzahl nach 1918 erschienener bildlicher Darstellungen und Bücher vom Krieg in Ostafrika festigten in Deutschland für Jahrzehnte die Legende von einem weitgehend freundschaftlichen Miteinander der Deutschen und ihren bis zuletzt in Treue ergebenen ›afrikanischen Kameraden‹. In der Weimarer Republik und im NS-Regime gehörte der Askari-Mythos zum Grundkanon der deutschen Kolonialpropaganda. Als zentraler Bestandteil der kolonialrevisionistischen Bewegung diente die Figur des Seite an Seite kämpfenden Askari als Beweis der tiefen Dankbarkeit für die ›segensreiche‹ deutsche Kolonialherrschaft. Für die meisten Deutschen war die Legende vom ›treuen Askari‹ keine: Sie bezweifelten nicht die Behauptungen, die afrikanische Bevölkerung warte sehnlichst auf die Rückkehr der Deutschen. Insbesondere in Kreisen der vormals in Afrika lebenden Deutschen diente der Askari-Mythos der Aufwertung des Selbstwertgefühls nach dem Verlust der Kolonien im Zuge des Versailler Vertrags 1919.«

Jan Antosch/Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum, Berlin. 11. März 2017. Text: CC BY NC SA 4.0

 

2019 01 31 Tansaniapark Askari Tafel web

• Die Informationstafel zu den »Askari«-Reliefs im »Tansania-Park«


HH Jenfeld Kaserne 1939 Tor 02 web

HH Jenfeld Kaserne 1939 Tor 01 web

• Die Lettow-Vorbeck-Kaserne in der Nazi-Zeit: Die »Askari«-Reliefs von Walter von Ruckteschell waren eingebunden in Backsteinmonumente links und rechts des Eingangstors. Die Monumente wurden 1939 in Anwesenheit von Paul von Lettow-Vorbeck feierlich eingeweiht. 1999 wurden sie abgebaut, die »Askari«-Reliefs wurden bis 2003 bei bei einem Steinmetz in Seevetal eingelagert.


Mehr zu Walter von Ruckteschell in unserer Dokumentation:

Kolonialdenkmal in Aumühle

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Der »Tansania-Park«

»Tansania-Park« ist die inoffizielle Bezeichnung einer Denkmalanlage, die 2003 von dem privat initiierten Kulturkreis Jenfeld auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne geschaffen wurde. Der Kulturkreis Jenfeld, angeführt von einem pensionierten Malermeister, wollte Jenfeld mit den Askari-Reliefs zu mehr Attraktion verhelfen. Mario Mettbach von der Schill-Partei, Hamburgs damaliger Bausenator, unterstützte den Plan. 

Ein sinnfälliger Zusammenhang besteht bereits durch den Namensgeber des 1999 geschlossenen Bundeswehrstandortes Paul von Lettow-Vorbeck, dem Kommandeur der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, während des Ersten Weltkriegs. Da sich auf dem Gelände und an den Gebäudefassaden bereits zahlreiche Militär- und Kolonialsymbole befinden, wie Keramikreliefportraits der Militärs Hermann von Wißmann, Paul von Lettow-Vorbeck und Lothar von Trotha, sollten weitere Denkmale der deutschen und insbesondere der hamburgischen Kolonialgeschichte, die teilweise seit Jahren eingelagert sind, an diesem Ort aufgestellt werden.

Die Initiatoren des Parks, der Kulturkreis Jenfeld, stellten dar, mit dem Tansania-Park einen Beitrag zur Aufarbeitung der deutsch-afrikanischen Vergangenheit leisten zu wollen. Der Park solle zur Verständigung der Länder beitragen und zum kulturellen Austausch anregen. Die Baubehörde unter Senator Mario Mettbach, siehe oben, übernahm die Kosten für Denkmalrestaurierung und Parkgestaltung. Ergänzt werden sollte die Anlage durch das Tanzania-Pavillon der Expo 2000 in Hannover. Im Gespräch war zeitweise auch die Aufstellung des umstrittenen Wissmann-Denkmals, das im Keller der Sternwarte Bergedorf eingelagert ist.

Für den September 2003 war die Einweihung des Parks unter Teilnahme eines Regierungsmitglieds aus Tansania geplant. Doch schloss sich Tansanias Staatspräsident Frederick Sumaye der internationalen Kritik an und zog die Unterstützung für das Projekt zurück. Eine offizielle Einweihung und damit behördliche Namensvergabe fand bis heute nicht statt.

Seit Anbeginn der Planung ist um den Tansania-Park in der Öffentlichkeit und den Medien eine Kontroverse entbrannt.

• nach Wikipedia, abgerufen 20. 3. 2014

2005 und 2006 haben Hamburger Geschichtswerkstätten mehrfach dort Aktionen durchgeführt. »Den Schlüssel zum Park hatte damals der Vorsitzende des Kulturkreises Jenfeld. Es war deshalb nicht einfach, vor Ort gegen den ›Tansania-Park‹ mit den kolonialen ›Ehrenmälern‹ aus der NS-Zeit zu demonstrieren«, berichtete uns einer der Akteure.

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Die Kritik         

»Hunderster Jahrestag des Deutsch-Herero-Krieges am 12. Januar 2004: Aktion der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) am sog. Askari-Denkmal in Hamburg. Die GfbV führte solche Gedenkaktionen auch an den (Kolonial-)Denkmälern in Berlin, Göttingen, Bremen, Münster und Düsseldorf durch. Auf dem Spruchband heißt es: ›Völkermord verjährt nicht! Vor 100 Jahren: Genozid der Deutschen Schutztruppe in Namibia‹.

HH Jenfeld DemoFoto: Hanni Jokinen

Als angeblichen ›Beitrag zur Völkerverständigung‹ hat in 2003 der Kulturkreis Jenfeld ein kolonialrevisionistisches Denkmal aus der NS-Zeit restaurieren und wiedererrichten lassen. Auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne (benannt nach jenem General und Oberbefehlshaber in ›Deutsch-Ostafrika‹) wurde in einem sog. ›Tansania-Park‹ neben einem kolonialen ›Schutztruppen-Ehrenmal‹ und in Nachbarschaft eines ›Trotha-Hauses‹ das ›Deutsch-Ostafrika-Kriegerdenkmal‹ (jetzt offensichtlich umbenannt in ›Askarireliefs‹) aufgestellt. Vor der Errichtung waren die Reliefs in der Sammlung Peter Tamm zwischengelagert gewesen. Die Baubehörde übernahm die Kosten für Denkmalrestaurierung und Parkgestaltung.

Die Terrakotta-Reliefs stellen fünf afrikanische Askarisoldaten und vier Träger im Dienste der deutschen Kolonialtruppen dar, geführt von einem deutschen Unteroffizier. Sie bringen sowohl kolonialrevisionistische als auch nationalsozialistische Auffassungen von ›Treue‹ und ›Gehorsam‹ der Schwarzen Soldaten zum weißen ›Führer‹ zum Ausdruck – einer der hartnäckigsten Mythen vom ›Kolonialidyll‹ und zugleich eine vermeintliche Legitimation, die Kolonien zurückzuerobern.

Geplant ist nun vom Kulturkreis Jenfeld, auch den tansanischen EXPO-Pavillon aus Hannover im Park aufzustellen und dort Projekte mit Hamburgs Partnerstadt Dar es Salaam vorzustellen. Damit würden in unzulässiger Weise der Name des heutigen, unabhängigen Staates Tansania und dessen Symbol in Verbindung mit kolonialverherrlichenden Insignien gebracht.

Um den ›Tansania-Park‹ ist seit 2003 in der Öffentlichkeit und den Medien eine kontroverse Diskussion entbrannt. Proteste begleiten das Projekt. Zahlreiche Menschen in dieser Stadt sind entschieden gegen die derzeitige Planung, die in mehrfacher Hinsicht ein Affront gegen tansanische StaatsbürgerInnen sowie hier lebende Afrodeutsche und MigrantInnen ist.

Die von der Stadt aufgestellten Infotafeln sind nicht in der Lage, den notwendigen Denkraum gegenüber den NS-Kolonialmonumenten zu öffnen. Ein Nutzungskonzept und eine Zielgruppenbeschreibung liegen nicht vor. Mit dem Argument, dass Finanzmittel für eine geschichtsdidaktische Parkgestaltung und -nutzung fehlten, wurden Alternativvorschläge gar nicht erst diskutiert.

Stadt und Bezirk sollten das Konzept überdenken, die Chance einer demokratischen Bürgerbeteiligung nutzen, einen Runden Tisch für alle Interessierten einrichten und die inhaltliche und räumliche Gestaltung des Areals öffentlich ausschreiben.

Bezirk und Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft planen nun im Rahmen des Senatsleitkonzeptes ›Wachsende Stadt‹ ›familiengerechtes Wohneigentum mit Flexibilität‹ auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne. Leider wird in der Politik nicht diskutiert, inwieweit das Kasernengelände denkmalgeschützt, erforscht, kommentiert und als Erinnerungsort zugänglich gemacht werden könnte. Wird hier, wie in der Hafencity, tabula rasa gemacht, verschwinden auch hier historische Strukturen, Bilder und Zeichen, anhand derer wir uns erinnern könnten?

Das Konzept Park Postkolonial schlägt vor, die Denkmäler zu erhalten und einen kritischen Lernort hier oder an einem anderen geeigneten Ort zu initiieren.«

HH Jenfeld historisch webFoto: Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft in der Universitätsbibliothek Frankfurt

Herrenmenschen-Gehabe: Zahlmeister Fritsch lässt sich auf den Schultern von zwei Askarisoldaten durch Sümpfe tragen


»Aus Protest gegen den sog. ›Tansania-Park‹ benannte 2003 ein Bündnis der Hamburger postkolonialen Initiativen den Park auf dem Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld symbolisch nach Bayume Mohamed Husen. Das Transparent wurde von der Behörde sofort entfernt [siehe dazu auch das nächste Kapitel].

Am Tag darauf wurde der ›Tansania-Park‹ mit den nationalsozialistischen ›Askari-Reliefs‹ und der kolonialen Gedenkstele eröffnet.

Bayume Mohamed Husen musste für seine ›Treue‹ zu Deutschland mit dem Leben bezahlen. Eine ihn würdigende Mohamed-Husen-Straße wäre ein erster Schritt hin zu einem postkolonialen Erinnerungsort für Jenfeld. Der Dialog für ein angemessenes Erinnerungskonzept muss geöffnet und mit allen Interessierten geführt werden. Der ›Tansania-Park‹ soll zu einem kritischen Lern- und Gedenkort entwickelt werden wie auch die umliegenden Straßen endlich umbenannt werden, die noch immer Hermann Wißmann, Hans Dominik und den Sklavenhändler Heinrich Carl Schimmelmann ehren.«

Mehr dazu: Unschöne Nachbarschaften, 3. März 2011


Texte und Fotos stammen von der Website
www.afrika-hamburg.de

Unser Dank für die Nutzungsgenehmigung geht an Hanni Jokinen

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Mohammed Hussein Bayume

Es kam mehrfach zu Demonstrationen und Protestveranstaltungen am Lettow-Vorbeck-Kasernengelände. Die symbolische Umbenennung in Mohammed Hussein Bayume Park bei einer Aktion im Jahr 2003 »im Gedenken an die Opfer kolonialer Ausbeutung und rassistischer Gewalt« wurde von der Behörde unverzüglich unterbunden.

HH Jenfeld Umbenennung web


Wir stellen Mohammed Hussein Bayume vor: Er war der Sohn von Adam Mohamed, einem afrikanischen Offizier in der Kaiserlichen Schutztruppe (»Wissmann-Truppe«). Adam Mohamed hatte den Rang Efendi, dies war der höchste Rang und einzige Offiziersrang, den ein Afrikaner in der Kaiserlichen Schutztruppe erreichen konnte. Mohammed Hussein Bayume diente im 1. Weltkrieg als Kindersoldat unter dem Kommando von General Lettow-Vorbeck in Deutsch-Ostafrika. Mitte der 20er Jahre kam er nach Deutschland, um den ausstehenden Sold für sich und seinen Vater einzufordern.

 

HH Jenfeld Bayume Mohamed Husen webFoto: Bildbestand der Dt. Kolonialgesellschaft, UB Frankfurt/M., vermutlich 1938

• Für schwarze Menschen war der Weg in Deutschlandzu vielen Berufszweigen verschlossen. Mohamed Hussein Bayume verdingte sich als Kellner, Sprachlehrer und Schauspieler. Er wurde für Spielfilme engagiert, wobei er die Nebenrolle als Diener oder wie im Bild als Askarisoldat übernahm.


Gleichzeitig fand der ehemalige Söldner in deutschen Diensten eine Heimat in der neokolonialen Bewegung im Deutschen Reich, die für die Rückgewinnung der ehemaligen Kolonien eintrat. Auf Tagungen und Aufmärschen des Deutschen Kolonialkriegerbunds verkörperte er den »treuen Askari«. Die afrikanischen Teilnehmer sollten den Erfolg der deutschen Kolonisation symbolisieren. Bei einer Veranstaltung kam es zu einem Zusammentreffen mit General Paul von Lettow-Vorbeck, der von der neokolonialen Bewegung als Held verehrt wurde. 1936 nahm Mohamed Hussein Bayume, dessen Familie in einer schwierigen wirtschaftliche Lage steckte, ein Engagement in der »Deutschen Afrika-Schau« an. In Deutschland lebende Menschen afrikanischer Herkunft wurden dabei als »Eingeborene« vorgeführt – dabei sollte zugleich die Überlegenheit der deutschen »Herrenmenschen« demonstriert und der Anspruch auf deutsche Kolonien in Afrika unterstrichen werden.

Trotz seines Engagements für die neokoloniale Bewegung wollte er seine Unterordnung im nationalsozialistischen Rassenstaat nicht akzeptieren. Bereits im Oktober 1934 beantragte er die Verleihung des Ehrenkreuzes für Frontkämpfer. Doch die deutschen Behörden beschlossen, diese Auszeichnung nicht an »Farbige« zu verleihen, auch Lettow-Vorbeck lehnte in einem Schreiben an das Innenministerium eine Auszeichnung Husens ab.

Im August 1941 wurde er von der Gestapo wegen eines Verhältnisses mit einer »Arierin« verhaftet und im September unter dem Vorwurf der »Rassenschande« ins KZ Sachsenhausen eingeliefert, wo er nach dreijähriger Haft starb.

Das Schicksal Bayume Mohamed Husens war bis in die 1990er Jahre in Deutschland weitgehend unbekannt. Für die afrikanischen Opfer des Nationalsozialismus bestand kein öffentliches Interesse. Im September 2007 verlegte der Künstler Gunter Demnig vor seinem ehemaligem Wohnhaus in der Brunnenstraße 193 in Berlin einen »Stolperstein« zur Erinnerung an das Opfer der rassistischen Politik der Nationalsozialisten.

Weitgehend nach Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

Mehr dazu bei Wikipedia


Die Fotos stammen von der Website
www.afrika-hamburg.de

Dank für die Nutzungsgenehmigung geht wieder an Hanni Jokinen


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»Hamburg & Kolonialismus«

Aus der Aufsatzsammlung der GAL Bürgerschaftsfraktion Hamburg, 2007, S.38-41:

»Tansania-Park« oder postkolonialer Erinnerungsort?«


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aufarbeitung seit 2014

Hamburg arbeitet die koloniale Vergangenheit auf – und stellt dafür 400.000 Euro bereit. Prof. Jürgen Zimmerer, Historiker an der Hamburger Uni soll sich darum kümmern. Er sagt: »Die Askari-Reliefs sind sowohl ein kolonialrevisionistisches Denkmal als auch ein nationalsozialistisch-expansionistisches«.

DIE ZEIT Nr. 45 vom 16. November 2014

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Die Lettow-Vorbeck-Kaserne

1934 erbaut, wurde die Kaserne von den nationalsozialistischen Machthabern als zentraler Ort kolonialrevisionistischer Traditionspflege des Militärs eingerichtet.

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Die Häuser der ehemaligen Kaserne stehen unter Denkmalschutz. Sie tragen bis heute Namen und Bauschmuck, die sie 1936 erhielten. Die Kommentierung ist absolut unzureichend.

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An den Wirtschaftsgebäuden finden sich noch immer die Bauplastiken von Richard Kuöhl. Er hat auch den »Kriegsklotz« am Hamburger Dammtorbahnhof geschaffen. Dieses Denkmal – 1936 eingeweiht – entspricht in seiner Aussage und Monumentalität völlig dem Geist des NS-Regimes.

Siehe dazu unsere Dokumentation des Denkmals am Dammtor

 

2019 01 31 Kaserne Reliefs Detail web2

Von Kuöhl dargestellt sind militärische Ausrüstungsgegenstände wie Gewehr, Bajonett, Helm, Gasmaske, Messer, Handgranate, Trommel, militärische Orden und die Reichskriegsflagge.

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Weiterer Bauschmuck: Die Darstellung des Reichsadlers mit Eichenkranz, sie entspricht dem Parteisymbol der NSDAP.

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Bis zur Standortschließung 1999 war das für die Bundeswehrsoldaten ein selbstverständlicher Anblick – wenn auch ohne Hakenkreuz im Eichenkranz, das war nach 1945 entfernt worden.

Adler mit Eichenlaub web

Zum Vergleich noch einmal die Abbildung des Parteiabzeichens bzw. das Parteisymbol der NSDAP von 1920 bis 1945. Illustration: dfg-vk-darmstadt.de

 

Die einzelnen Gebäude erhielten Namen von Kolonialakteuren in Deutsch-Ostafrika und wurden mit deren halbplastischen Portraits geschmückt.

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Die Info-Tafel am Trotha-Haus: »... Der Bauschmuck dokumentiert, wie mit Hilfe der bildenden Kunst Kernelemente der NS-Ideologie – Krieg, Rasse, Expansion – vermittelt wurden. Mit dem restlichen Ensemble steht das ›Trotha-Haus‹ unter Denkmalschutz.«

 

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Der Namensgeber der Kaserne Paul von Lettow-Vorbeck: Mit dem typisch einseitig hochgeklappten Hut wird er halbplastisch auf einem runden Medaillon in Uniform und mit dem Orden »Pour le Mérite« dargestellt. Die Träger dieses Ordens bildeten eine eigene Ritterschaft und bekamen einen lebenslangen Ehrensold.

Die Zeitspanne 3.IV.14 bis 5.III.19 gibt Lettow-Vorbecks Start als Kommandeur der deutschen »Schutztruppe« in Deutsch-Ostafrika bis zu seinem triumphalen Einzug in Berlin an.

Paul Emil von Lettow-Vorbeck war zuletzt General der Infanterie sowie Kommandeur der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg. Er war laut seinem Biografen dem Historiker Uwe Schulte-Varendorff ein »Militarist, der im Soldatentum die höchste Form des menschlichen Dasein erblickte«. Im Krieg seien für ihn alle Mittel erlaubt gewesen, wie seine rücksichtslose Kriegsführung in Ostafrika zeige. Die für ihn rassisch minderwertigen Afrikaner habe er als reines »Menschenmaterial« betrachtet. Als »autoritärer Selbstdarsteller« und »absoluter Machtmensch« habe er sich in seinen »selbstverherrlichenden Schriften« seine eigene Wirklichkeit geformt.

SH Garbek Lettow Vorbeck Vaterstaedtische Blaetter Luebeck 1919 web


• Schon 1919 hielt »General Dr. von Lettow-Vorbeck, der unbesiegte Verteidiger Deutsch-Ostafrikas« Vorträge über seine Kämpfe im 1. Weltkrieg. (Vaterstädtische Blätter, Lübeck 1919)

 

»Es gibt nichts an Lettow-Vorbeck, das heute noch verehrungswürdig wäre«, schreibt der Historiker Uwe Schulte-Varendorff in seiner Lettow-Vorbeck-Biografie »Kolonialheld für Kaiser und Führer«. Und manche, wie die »Süddeutsche Zeitung«, nennen ihn »wohl einen der größten Kriegsverbrecher« in der deutschen Geschichte. Zwischen China, Hamburg, Deutsch-Ostafrika und Südwestafrika hinterließ er eine blutige Spur.

Auf Spiegel online lesen wir am 27.9. 2013: »Erst am 25. November 1918 kapitulierte Lettow-Vorbeck als letzter deutscher General. Da war in Europa schon längst der Waffenstillstand ausgerufen; der weit entfernt vom Mutterland kämpfende Lettow-Vorbeck hatte eher zufällig aus den Papieren eines gefangengenommenen Briten davon erfahren. Nun erst war auch der Krieg in Afrika zu Ende, er hatte weit mehr als 120.000 Menschen, vor allem schwarzen Soldaten und Trägern, das Leben gekostet.

Nach kurzer Zeit in südafrikanischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, bereiteten nationalistische Anhänger Lettow-Vorbeck in Berlin im März 1919 einen triumphalen Empfang. Mit Fanfaren und Trompeten zogen der General und die Reste seiner Schutztruppe durchs Brandenburger Tor.

Dass er sich später den rechten Freikorps anschloss, im Sommer 1919 in Hamburg protestierende Arbeiter terrorisierte und im März 1920 am rechtsextremen Kapp-Putsch gegen die Weimarer Regierung teilnahm, wurde ihm auch von bürgerlichen Verehrern lange verziehen. Die Bundeswehr benannte sogar Kasernen nach dem Safarikrieger.

Als der alte Ostafrikakämpfer 1964 in Hamburg im Alter von 93 Jahren einsam starb, hielt Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel, Sohn eines Schutztruppenoffiziers aus Deutsch-Ostafrika, die Trauerrede mit dem Kernsatz, der Tote sei ›wahrlich im Felde unbesiegt‹ gewesen. Als Ehrengäste hatte die Bundeswehr zwei ehemalige Askari-Soldaten einfliegen lassen«.


Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zu Lettow-Vorbeck

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Paul von Lettow-Vorbeck (rechts) besucht das große Truppenmanöver bei Celle im September 1935

 

Weitere Hintergrundtexte und viele Informationen aus den ehemaligen deutschen Kolonien auf der Website:

www.freiburg-postkolonial.de


In mehreren deutschen Städten waren und sind Straßen nach Paul von Lettow-Vorbeck benannt. Auch Schulen und Kasernen erhielten seinen Namen. Seit der Jahrtausendwende hat eine kritische Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands zu Debatten über diese Namenspraxis geführt. Infolgedessen wurden in einer Reihe von Orten nach Lettow-Vorbeck benannte Straßen und Einrichtungen umbenannt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 15. Juni 2017

wikipedia.org/wiki/lettow-vorbeck


Viele Informationen über General Paul von Lettow-Vorbeck finden Sie auch in unserer Dokumentation zum Kolonialdenkmal in Aumühle:

Lettow-Vorbeck-Denkmal in Aumühle

 

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Das Trotha-Haus und seine Info-Tafel: Von Trotha hat sich an fast allen kolonialen Gräueltaten des Deutschen Reichs beteiligt: Kommandeur in Deutsch-Ostafrika, Brigadekommandeur beim »Boxeraufstand« in China, Oberbefehlshaber beim Vernichtungsfeldzug gegen die Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika. Sein Schießbefehl legitimierte den Völkermord.

Schießbefehl vom 2. 10. 1904, Bundesarchiv KA 172671/04

 

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Lothar von Trotha mit reich geschmückter Ordensbrust. Die Spanne 6.III.95 bis 8.VIII.97 gibt seine Zeit als Kommandeur der deutschen »Schutztruppe« in Deutsch-Ostafrika an.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags 2021 zu von Trothas Start in Deutsch-Südwestafrika: »Generalleutnant von Trotha, der bereits am Boxerkrieg 1900/01 in China teilgenommen hatte und in Ostafrika stationiert gewesen war, eilte der Ruf eines Militärs voraus, der auch vor radikalen Lösungen nicht zurückschreckte.  Noch an Bord des Schiffes, das ihn nach Südwestafrika brachte, erklärte von Trotha den Kriegszustand für das gesamte ›Schutzgebiet‹, wodurch die oberste vollziehende Gewalt gemäß Artikel 68 der Reichsverfassung auf ihn übertragen wurde: ›Damit fiel ihm die Entscheidungsgewalt nicht nur in militärischen, sondern auch in politischen Belangen zu.‹«

Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zu von Trotha

 

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Eduard Liebert, seit 1900 von Liebert, war ein preußischer Offizier, zuletzt General der Infanterie sowie Gouverneur von Deutsch-Ostafrika. Er war außerdem von 1907 bis 1914 Mitglied des Reichstages und betätigte sich zudem als Militärschriftsteller. Die Spanne 3.XII.97 bis 12.III.01 gibt seine Zeit als Kommandeur der »Schutztruppe« in Deutsch-Ostafrika an.


Als Gouverneur der Kolonie zog er sich vor allem durch massive Steuererhöhungen den dortigen Unmut zu. Unter der Enthebung von seinen Stellungen als Folge der von ihm herbeigeführten Unruhen in Deutsch-Ostafrika wurde Liebert am 13. März 1901 wieder in der Preußischen Armee angestellt.

Er war dann Mitglied im Vorstand der Deutschen Kolonialgesellschaft und Mitglied der Hauptleitung des Alldeutschen Verbands. Dort verfocht er mehrfach die Rassentheorien. So hielt er auf dem Verbandstag am 27. und 28. Mai 1904 in Lübeck einen Vortrag über »Die Zukunftsentwicklung unserer Kolonien«, in dem er sich gegen einen angeblichen »Rassenverderb« in den Deutschen Kolonien aussprach. Auf dem Erfurter Verbandstag vom 6. September 1912 griff er die vom Reichstag beschlossene Rechtsgültigkeit der »Mischehen« in den Kolonien an, bzw. bezeichnete den diesbezüglichen Antrag als »jedem Rassengefühl und Rassenstolz ins Gesicht« schlagend. 1929 trat er in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ein.

Nach Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

Mehr dazu bei Wikipedia

 

All diese halbplastischen Darstellungen der Kolonialakteure hat der Hamburger Bildhauer Friedrich Wield geschaffen. Auf der Website von Jan Petersen sh-kunst.de lesen wir: »Die Stadt Hamburg beauftragte ihn mit einer Vielzahl von Denkmälern und Skulpturen. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten schränkte seine schöpferische Kraft und finanziellen Möglichkeiten dermaßen ein, dass er seine Arbeiten nicht fortsetzen konnte, woraufhin Friedrich Ernst Martin Wield am 10. Juni 1940 in Hamburg durch Freitod aus dem Leben schied.« Jan Petersen schreibt uns zu Wields Baukunst an der Lettow-Vorbeck-Kaserne: »Denkbar ist, dass ihn die wirtschaftliche Not zwang, den Auftrag anzunehmen.«

Die Biografie von Friedrich Wield auf sh-kunst.de

 

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Das Schele-Haus: Von 1893 bis April 1895 war Friedrich Rabod Freiherr von Schele Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, zugleich erhielt er das Kommando über die »Schutztruppe. Die Spanne 23.X.93 bis 25.III.95 gibt seine Zeit als Gouverneur in Deutsch-Ostafrika an.

 

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In dieser Zeit führte er im Kilimandscharo-Massiv mehrere militärische Maßnahmen gegen die Massai und gegen die Hehe unter dem Chief Mkwawa durch, die er im Oktober 1894 mit der Einnahme der Festung Kalenga bei Iringa gewaltsam unterwarf. Für seinen Sieg über die Hehe, die Anfang der 1890er Jahre als wichtigster Gegner der deutschen Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika galten, wurde Schele am 20. November 1894 mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet.

Nach Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

Mehr dazu bei Wikipedia

 
Ein Schädel aus Deutsch-Ostafrika war Gegenstand des Versailler Vertrags

»Mkwavinyika Munyigumba Mwamuyinga, besser bekannt als Chief Mkwawa, war ein Häuptling des Stammes der Hehe in Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, der einen Aufstand der indigenen Bevölkerung gegen die deutsche Kolonialmacht anführte. [...]

Am 28. Oktober 1894 griffen deutsche Truppen unter dem neuen Befehlshaber Oberst Freiherr Friedrich von Schele Mkwawas Festung in Kalenga in der Nähe der Stadt Iringa an. Obwohl es gelang, die Festung zu übernehmen, konnte Mkwawa entkommen. Daraufhin begann er, einen Guerillakrieg zu führen und entkam immer wieder den deutschen Besatzern, bis er am 19. Juli 1898 Selbstmord beging, um seinen Verfolgern nicht in die Hände zu fallen.

Der Feldwebel und spätere Landtagsabgeordnete der Bayerischen Volkspartei, Johann Merkl, der Mkwawa verfolgt hatte, schnitt der Leiche den Kopf ab, kassierte die auf ihn ausgesetzte Prämie und errichtete sich eine Farm in der Nähe des Kilimandscharo. Der Schädel wurde vermutlich durch Leutnant Tom von Prince nach Deutschland gebracht.

Im Jahre 1919 wurde durch den Artikel 246 des Vertrags von Versailles beschlossen, den Schädel nach Afrika zurückzusenden, was jedoch angeblich erst am 9. Juli 1954 geschah, insbesondere auf mehrfache Intervention des damaligen britischen Gouverneurs in Tanganjika, Sir Edward Twining, Baron Twining. Heute ist der von Sir Edward Twining aus dem Bremer Übersee-Museum mitgenommene als echter Mkwawa Schädel im Mkwawa Gedächtnismuseum in Kalenga zu besichtigen.«

Quelle: de-academic.com

 

2019 01 31 Kaserne Schleinitz Haus web

 

Kurt Hans Julius Freiherr von Schleinitz war bis zum 13. April 1914 Kommandeur der »Schutztruppe« für Deutsch-Ostafrika.

Am 22. Juli 1900 trat Schleinitz in die »Schutztruppe« als Hauptmann ein. In den Jahren 1905 und 1906 beteiligte er sich an der Unterdrückung des Maji-Maji-Aufstands. Seit dem 28. Mai 1907 war er Kommandeur der »Schutztruppe« für Deutsch-Ostafrika. In dieser Funktion hatte man ihn am 1. Oktober 1912 zum Oberstleutnant befördert. Schleinitz musste seinen Abschied als Kommandeur nehmen, da er von seinen Askari begangene Übergriffe an Zivilisten nicht ahndete.

Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

 

2019 01 31 Kaserne Wissmann Haus web


Wilhelm Leopold Ludwig Hermann von Wißmann war der »Schutztruppenkommandant«, Reichskommissar und Kolonialgouverneur von Deutsch-Ostafrika (heute Tanzania, Ruanda, Burundi). Die Spanne 8.II.89 bis 22.III.91 gibt in etwa seine Zeit als Kommandeur der »Wissmann-Truppe« in Deutsch-Ostafrika an.

»Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG), der die Entwicklung der Deutschen Kolonie Ostafrika übertragen worden war, und die Anspruch auf die ganze ostafrikanische Küste erhob, musste sich im Spätsommer 1888 angesichts des Widerstands der Küstenbevölkerung unter Buschiri bin Salim auf die Hafenstädte Bagamoyo und Daressalam zurückziehen. Kriegsschiffe beschossen die Küste, richteten aber wenig aus. Die Erhaltung der Kolonie und der Ruf des deutschen Reichs standen auf dem Spiel. Bismarck setzte auf eine Landstreitmacht in Form einer Privatarmee, für deren Aktionen er nicht direkt verantwortlich gemacht werden konnte. Die Truppe brauchte trotzdem staatliche Unterstützung. Damit der Reichstag das Budget dafür bewilligte, begründete Bismarck die Rückeroberung der ostafrikanischen Küste nicht nur mit der ›Verteidigung der deutschen Interessen‹, sondern insbesondere auch mit der ›Bekämpfung des Sklavenhandels‹. Damit kam er insbesondere den Zentrums-Abgeordneten entgegen, die sich der christlichen Antisklavereibewegung verpflichtet sahen. Bismarck berief Wissmann zum Reichskommissar und betraute ihn mit der militärischen Niederschlagung. Die Anweisung hieß: ›Siegen Sie!‹ Bei der Umsetzung hatte er freie Hand.

Die aus deutschen Offizieren und afrikanischen Söldnern zusammengestellte ›Wissmann-Truppe‹ war die erste deutsche Kolonialtruppe, die einen Landkrieg in Afrika führte. [...]

1890 war die gesamte Küste des beanspruchten ›Deutsch-Ostafrika‹ wieder unter deutsche Herrschaft gestellt. Wissmann wurde nach Deutschland zurückbeordert. Er hatte seinen Auftrag bereits (über-)erfüllt und es gab begründete Zweifel daran, dass er sich an Vorgaben der Regierung halten bzw. in Strukturen einbinden lassen würde. Die Kosten des Feldzugs hatten das Budget weit überschritten und waren außer Kontrolle geraten. Die Art der Kriegsführung wurde von einigen Zeitgenossen – u. a. vom linksliberalen Reichstagsabgeordneten Eugen Richter – als grausam kritisiert. Andere Stimmen in Deutschland feierten Wissmann aufgrund seines militärischen Erfolgs. Das Regiment der nun verstaatlichen Truppe wurde Wissmann nicht übertragen. Er wurde jedoch 1890 zum Major befördert und durch Wilhelm II. in den erblichen Adelsstand erhoben.«

Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

 

2019 01 31 Kaserne Wissmann web


Im Auftrag des belgischen Königs Leopold II., der handfeste Interessen an Bodenschätzen und Handelswegen in dem in seinem Privatbesitz befindlichen Kolonie Kongo hatte, hatte Wißmann schon 1886-87 Zentralafrika durchreist. Hanseatischen Kaufleute hatten schon im 18. Jahrhundert Afrika als Ressource für Bodenschätze und Arbeitskräfte entdeckt. Der transatlantische Dreieckshandel zwischen Afrika, den Amerikas und Hamburg, in dessen Zentrum das Geschäft mit versklavten Menschen stand, brachte für die Handelsherren einträgliche Gewinne.

Nach der Berliner Afrika-Konferenz 1885 rief Bismarck das deutsche Protektorat aus. Wißmann bekam den Auftrag, die heftigen Widerstände der Kolonisierten an der Küste niederzuschlagen. Auf sogenannten Strafexpeditionen'praktizierte er die brutale »Taktik der verbrannten Erde«: Dörfer wurden geplündert, Vorräte in Brand gesteckt und die gefangenen Menschen zur Arbeit auf den Plantagen der deutschen Siedler gezwungen. Leibeigenschaft; Zwangsarbeit und Prügelstrafe waren an der Tagesordnung. Die neuen Kolonialherren ließen Straßen und Eisenbahnen bauen, führten die Monokultur in der Landwirtschaft ein und zerstörten die Selbstversorgungswirtschaft der lokalen Bevölkerung.  In seiner Amtszeit als Kolonialgouverneur führte er eine Hüttensteuer ein, deren spätere Verschärfung als Kopfsteuer schließlich ein gewichtiger Grund war für den Ausbruch des antikolonialen Maji-Maji-Krieges.

Text nach der Wißmann-Biografie auf www.afrika-hamburg.de

Mehr auf www.afrika-hamburg.de

 

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Das Zelewski-Haus: Emil von Zelewski war Kommandeur der »Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika«. Er führte seine Truppe im Kampf gegen die Hehe in ihre erste größere Niederlage im Iringa-Hochland des heutigen Tansania, bei der er getötet wurde. Er war der »glücklose« Vorgänger von Friedrich Freiherr von Schele (siehe oben).
 

2019 01 31 Kaserne Zelewski


Aber das Ehrenkreuz des 1. Weltkriegs, das Frontkämpferkreuz, hat er trotzdem stolz an der Keramik-Brust hängen. Die Spanne 1.IV.91 bis 17.VIII.91 gibt seine kurze Zeit als Kommandeur der »Schutztruppe« in Deutsch-Ostafrika an.

Die erste bedeutende Aktion von Zelewski als Kommandeur war zugleich seine letzte. Im Juli 1891 marschierte er mit einem Bataillon der Schutztruppe von der ostafrikanischen Küste aus in Richtung Heheland.

Zelewski verlegte sich dabei auf eine Kriegsführung der verbrannten Erde, wie er sie aus der Bekämpfung des Küstenaufstandes kannte. Am 30. Juli 1891 notierte er »eine befestigte Siedlung mit 20 Granaten und 850 Maximpatronen beschossen«, am 5. und 6. August 1891 brannten 25 Gehöfte nieder, am 15. und 16. August 1891 weitere 50 Gehöfte.

Mkwawa und sein Bruder Mpangie hatten inzwischen ihre Krieger zusammengezogen und warteten darauf, dass ihnen die Schutztruppe in den Hinterhalt ging. Zelewski, der auf Aufklärungspatrouillen verzichtete, marschierte am 17. August 1891 bei Lugalo mitten in Mkwawas in Busch und hohem Gras getarnte Armee hinein und wurde von bis zu 3.000 Hehe angegriffen. Innerhalb von zehn Minuten waren Zelewski und die Mehrzahl seiner Leute tot.

Wikipedia, abgerufen am 26. August 2023

 

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Das Ehrenkreuz des 1. Weltkriegs wurde auf Bestreben des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 13. Juli 1934 gestiftet. Es war die erste staatliche Auszeichnung zur Erinnerung an den 1.Weltkrieg – die Zeit für Kriegshelden und ihre Nachahmer war reif. Emil von Zelewski hat das Ehrenkreuz – ohne dass er es erfahren konnte – verliehen bekommen und es machte sich gut an der Kolonialkämpferbrust bei der Einweihung der Lettow-Vorbeck-Kaserne 1934.

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Seit 1998 nutzt die Bundeswehr die Kasernengebäude offiziell nicht mehr als Standort. Bei unserem Besuch 2018 sahen wir trotzdem »Tarnfleck«.

Mehr als kurios: die Kasernengebäude wurden zwischenzeitlich als Unterkunft für Asylbewerber genutzt:

»In den Jahren 2000 bis 2003 wurden einige Kasernengebäude als Sammelunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber genutzt. Zeitweise waren hier bis zu 600 Menschen untergebracht – in unmittelbarer Nachbarschaft der Bundespolizei und auf einem Gelände, das bis heute durch Schranken und Zäune gesichert ist, an denen Schilder vor dem Gebrauch der Schusswaffe warnen. Die Kasernierung von Menschen auf der Flucht – von den Displaced Persons der Nachkriegszeit bis zu den Asylbewerbern der Gegenwart – gehört ebenso wie die NS- und Kolonialzeit zur Geschichte der Lettow-Vorbeck-Kaserne.«

Heiko Möhle, www.offene-kartierung.de (letzter Zugriff am 22.6.2014)

Heiko Möhle (1962-2010) war u.a. Geschäftsführer des Eine-Welt-Netzwerks Hamburg und bekannt für seine Stadtrundgänge und Hafenrundfahrten zu Kolonialismus, Migration und Globalisierung in Hamburg. Seine Website offene-kartierung.de kann nicht mehr aufgerufen werden.


Von 1999 bis 2017 diente die Kaserne als Studentenwohnheim für die Universität der Bundeswehr, die heutige Helmut-Schmidt-Universität. Ab 2016 soll das Kasernengelände nach und nach zum neuen Wohnquartier »Jenfelder Au« umgebaut werden.

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Der LevoPark

Von 1959 bis 1961 wurde in Bad Segeberg eine Kasernenanlage für die Bundeswehr errichtet. Zunächst wurde sie einfachheitshalber »Neue Kaserne« genannt, doch 1964 besann man sich auf die Möglichkeit einer Namensehrung und die Truppenunterkunft erhielt den offiziellen Namen »Lettow-Vorbeck-Kaserne«.

Als ab Ende der 1990er Jahre die Rolle von Paul von Lettow-Vorbeck als Befehlshaber der »Schutztruppe« für Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg sowie als kommandierender Offizier beim Kapp-Putsch kritisch hinterfragt wurde, regte sich Widerspruch – jedoch bis heute erfolglos, selbst nach der Schließung der Kaserne am 31. Dezember 2008 ...

 

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Seit 2011 heißt das Gelände, das private Investoren für gewerbliche Nutzung vermieten »LevoPark Bad Segeberg«. Die Ehrung für Lettow-Vorbeck hat sich in der Abkürzung seines Namens erhalten: An der ehemaligen Einlasskontrolle des Kasernengeländes, ...

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... auf einem großen Willkommensschild, natürlich auf www.levo-park.de mit dem Motto »Der LevoPark  – Erfolg hat ein Konzept ...«

 

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... und auf der Übersichtswand. Hier offenbart sich die anhaltende Sympathie für Militärisches: Die Straßen heißen Leopardstraße und Jaguarring.


Auf freitag.de lesen wir dazu in der Ausgabe 15/2033:

»Tiger, Panther, Leopard – Deutsche Panzer heißen wie Raubtiere. Aber wer hat’s erfunden? Die Nazis natürlich. Tiger und Panther verkörperten für sie unerbittliches Töten. Die Bundeswehr hat damit scheinbar kein Problem.

Wenn die Zoologie Einzug ins Politische hält, dient dies meistens dem Zweck, andere zu erniedrigen oder Eigenes zu überhöhen. Selten aber ist es bloß harmlose Namensgebung. Seit der Krieg in der Ukraine tobt, ist in Deutschland allerorten wieder von einem Tier die Rede, das es hierzulande eigentlich nur im Zoo gibt, vom Leoparden.«

Link zum Artikel


Nachtrag zu Paul von Lettow-Vorbeck: In seinem Kurzfilm zum »Deutsch-Ostafrika-Ehrenmal« in Aumühle nennt unser Studienleiter Dr.Stephan Linck ihn protofaschistisch, rechtsradikal und antidemokratisch.

Link zum Film


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Die Tafel im Michel

In der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis hängt eine »Ehrentafel«, auf der alle aus Hamburg stammenden »gefallenen« Kolonialsoldaten aufgeführt sind, die »Für Kaiser und Reich« in China und in Afrika starben.

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Eine nach einer Diskussion 2013 in Hamburg angebrachte Ergänzungstafel wurde ersatzlos wieder entfernt. Aufgrund dieses Umgangs bezeichnet der Hamburger Prof. Louis Seukwa die Hauptkirche St. Michaelis als »Symbol und eine Metapher für geschichtskonservative Positionen mit einem rückwärtsgewandten Blick auf Gedenken in Hamburg«.

Mehr auf www.re-mapping.eu


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Der Adler

Der Adler am »Schutztruppen-Ehrenmal« ist detailreich gearbeitet. Aufmerksam, fast aggressiv und mit aufgestellten Schwingen zum Abflug bereit, sitzt er auf seinem Ausguck, einem Eisernen Kreuz im breiten Eichenlaubkranz. Das ist kein gemütliches Ausruhen, angespannt wartet er auf seinen Einsatz, der unmittelbar bevorzustehen scheint.

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»Der Adler ist als ›der mächtigste König im Luftrevier‹ (Anfang des ›Seeräuberlied‹, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137

»Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die ›Deutsche Tageszeitung‹ vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge ›vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.‹ Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen – Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: ›Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet‹; Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: ›Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.‹ Auch dort die Kranzschleife des ›Bundes der Jagdflieger‹ am Tag der Einweihung: ›Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!‹.«

Loretana de Libero, Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne, De Gruyter Oldenbourg, S.95f


Oberst a.D. Roethe beschrieb den steinernen Adler in der Festrede vor der Enthüllung des Denkmals in Waren an der Müritz am 26. Juni 1932 folgendermaßen:

»Der Adler des Steins, der nun sogleich vor Ihren Augen erscheinen wird, er ist das Bild des Adlers der Deutschen, das Sinnbild von Deutschlands Macht und Herrlichkeit. Noch verkrampft sich die rechte Klaue auf dem am Boden liegenden Stahlhelm, dem Zeichen der deutschen Wehrhaftigkeit. Aber schon sieht er in der Ferne das Morgenrot des kommenden Tages, schon regt er die Flügel.

So gebe der allmächtige Lenker der Geschicke der Völker, der uns diese Prüfungszeit auferlegt hat, daß gar bald der Adler des Deutschen Volkes die mächtigen Schwingen breite zum stolzen kühnen Fluge der Sonne entgegen in die ferne glückhafte Zukunft unseres Volkes. Und daß wir bald die Gelegenheit finden, das stolze Lied in die Lüfte zu jubeln, das der Dichterherold unserer Väter ihnen mitgab in die Kämpfe und Märsche nach Paris, wo sie sich die Kaiserkrone und das einige mächtige Reich holten – das Lied:

Flieg, Adler, flieg! Wir folgen nach
Ein Einig Volk in Waffen.
Wir folgen nach, ob tausendfach
Des Todes Pforten klaffen.
Und fallen wir: Flieg, Adler, flieg!
Aus unserm Blute wächst der Sieg.
V o r w ä r t s ! «


Sieben Jahre später flog er dann wieder, der Adler: der 2. Weltkrieg begann mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Polen.
 

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»wir sind die Herren der Welt«

Der mächtigste König im Luftrevier
Ist des Sturmes gewaltiger Aar.
Die Vöglein erzittern, vernehmen sie nur
Sein rauschendes Flügelpaar.
Wenn der Löwe in der Wüste brüllt,
Dann erzittert das tierische Heer.
Ja, wir sind die Herren der Welt
Die Könige auf dem Meer.
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!

Zeigt sich ein Schiff auf dem Ozean,
So jubeln wir freudig und wild;
Unser stolzes Schiff schießt dem Pfeile gleich
Durch das brausende Wogengefild.
Der Kaufmann erzittert vor Angst und vor Weh,
Den Matrosen entsinket der Mut,
Und da steigt am schwankenden Mast
Unsre Flagge, so rot wie das Blut.
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!

Wir stürzen uns auf das feindliche Schiff
Wie ein losgeschossener Pfeil.
Die Kanone donnert, die Muskete kracht,
Laut rasselt das Enterbeil,
Und die feindliche Flagge, schon sinkt sie herab.
Da ertönt unser Siegesgeschrei:
Hoch lebe das brausende Meer,
Hoch lebe die Seeräuberei!
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!


SA-Version (ca. 1930)
Der mächtigste König von Groß-Berlin
das ist der Isidor Weiß
Doch Dr. Goebbels der Oberbandit
der macht ihm die Hölle schon heiß
Seine eigene Schupo die nimmt ihn sich vor
man hört es bis zum Brandenburger Tor
Er nennt sich Dr. Bernhard Weiß doch bleibt er der Isidor


»Der mächtigste König im Luftrevier«, auch bekannt als Piratenlied, ist ein seit 1915 belegtes Volkslied, das im 1. Weltkrieg als eine Art inoffizielle Hymne der deutschen U-Bootfahrer zu besonderer Popularität kam. Wegen Formulierungen, die während der NS-Diktatur hinzugefügt wurden, wird das Singen des Liedes durch Bundeswehrsoldaten kontrovers beurteilt.

Während der NS-Diktatur wurde das Lied vom Regime gefördert und umgeschrieben. So wurden aus den »Fürsten der Welt« in der NS-Version die »Herren der Welt«. Auch wurde das Lied textlich von der SA so umgedichtet dass es ein Spottlied auf den damaligen jüdischen Polizeivizepräsidenten von Berlin Bernhard Weiß wurde. Nach dem 2. Weltkrieg ist »Der mächtigste König im Luftrevier« unter anderem im Liedgut der Pfadfinderbewegung belegt und in dem Liederbuch »Die Mundorgel« enthalten.

»Der mächtigste König im Luftrevier« wurde nach dem 2. Weltkrieg auch ins Liedgut der Bundeswehr übernommen. So findet es sich 1983 im Liederbuch der Fallschirmjäger und 1991 im offiziellen Liederbuch der Bundeswehr »Kameraden singt!« Nachdem der ARD-Kulturreport am 25. November 2001 einen Beitrag über die Geschichte des Schlagers Lili Marleen und das Liedgut der Bundeswehr ausstrahlte, wurde auch der Text des Piratenliedes kontrovers diskutiert. Für Kritik sorgte vor allem, dass die Bundeswehr nicht die ursprüngliche Version, sondern die Version mit dem während der NS-Diktatur umgeschriebenen Text übernommen hatte.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8.3.2021

Das erste Liederbuch der Bundeswehr erschien 1958. Getreu dem Adenauerschen Appell »Vergesst mir die Musike nicht, das ist eine wichtige Sache für die Soldaten!« Ab Juni 2017 wurde das Liederbuch der Bundeswehr »Kameraden singt!« von 1991 dann auf Geheiß der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen überarbeitet.


»Als es im 2. Weltkrieg gegen England ging, sang die Wehrmacht ›Der mächtigste König im Luftrevier‹. Darin heißt eine Zeile: "Ja, wir sind die Herren der Welt". Und auch heute wird das Lied mit dieser Zeile noch so gesungen. [Der Musikwissenschaftler Eberhard] Frommann fürchtet, dass sich die Bundeswehr bei einem eventuellen Auslandseinsatz mit solch einem Lied unbeliebt machen könnte.

›Die Soldaten, die da jetzt nach Afghanistan gehen oder auch im Kosovo stationiert sind, sollten sich hüten, diese Lieder, die diesen Aggressionsgeist der Wehrmacht noch in sich tragen, so wie ›Ja, wir sind die Herren der Welt‹, noch zu singen.«

Mehr auf www.ag-friedensforschung.de

 

Auch Volksbarde Heino hat den mächtigsten König im Luftrevier vertont, beim »Tirallala, tirallala« läßt er sich von einem fröhlichen Mädelchor begleiten:

YouTube, Heino: Der mächtigste König ...


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Eichenlaub

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre.

»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525

»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de



SH Oldesloe Bundesarchiv Bild 146 1974 160 13A Theodor Eicke web
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub für SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942. Eicke war ein deutscher SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS. Er war »Führer der SS-Totenkopfverbände und der SS-Wachverbände« und zudem der Mörder Ernst Röhms.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes


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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f

 

SH Raisdorf EK Hitlerspruch webFoto: Deutsches Historisches Museum, Berlin, Inv.-Nr. PK 2005/2

Die von Adolf Hitler am 8. November 1939 anlässlich des Überfalls auf Polen ausgesprochene Losung

 

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

EK 1940 Die Woche 360px web7    
Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Erhebung Schleswig-Holsteins
Der Findlingsmythos
Die Dreieinigkeitskirche

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Kirchsteinbek

Steinbeker Hauptstraße, am Weg der zur Kirche führt

Anlage mit vier Eichen in der Ortsmitte von Kirchsteinbek. Der große Findling ist den getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet, er ist in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts gestaltet worden.

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Ursprünglich stand das Kriegerdenkmal im »Ehrenhain« an der Steinbeker Hauptstraße Ecke Glinder Au. In den 60er Jahren ist es umgesetzt worden. Heute ist die kleine Anlage mit Bänken größtenteils mit bemoosten Steinplatten ausgelegt. Über mehrere Stufen gelangt man zum grob behauenen Findling.

 

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Der große Findling, auf einem Steinsockel geschickt zum Stehen gebracht, trägt die Widmung.

 

HH Kirchsteinbek 1 Inschrift web

 

Die Inschrift:

Ihren im Weltkriege gefallenen Söhnen die dankbaren Gemeinden Kirchsteinbek und Oejendorf

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

Es steht nicht die Trauer im Vordergrund vielmehr wird der Tod im Krieg in einen Zusammenhang gestellt, der ihn zu einem nicht zu hinterfragenden Opfer macht. Obwohl der 1. Weltkrieg so viele Menschenleben forderte und der Krieg verloren wurde, wird der Kriegstod in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäler als sinnvoll interpretiert, für den man den Soldaten danken muss.

Wenn getötete Soldaten als »gefallen« bezeichnet werden, suggeriert man, dass der Soldat im Kampf stehend oder vorwärts stürmend von einer Kugel getroffen wurde und dann tot zu Boden fiel. Dass der Kriegstod tatsächlich meistens brutaler ist, wird verschleiert, über die Realität des Sterbens in den Materialschlachten wird so hinweg getäuscht.

Die häufig verwendete Bezeichnung »Söhne« stellt eine Vertrautheit her, die getöteten Soldaten werden familiär vereinnahmt, denn eine familiäre Bindung verpflichtet.

 

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Links neben der Inschrift ein antiker Helm mit Mittelkamm auf der Spitze stehenden Schwert, das von einem langen Lorbeerzweig umwunden ist.

Für die Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer oft die antiken, weniger bedrohlichen Waffen. Der Eindruck eines heldenhaften Zweikampfs und eines mutigen Einsatzes der Kombattanten manifestiert sich, der Blick auf die grausame Wirklichkeit eines Kriegs mit modernen Waffen wird verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der edlen Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf. Nach dem »Schmachfrieden« von Versailles galt es den Kampf wieder aufzunehmen – gegen die inneren und äußeren Feinde.

Zitat aus der Urkunde, die im Grundstein des Kriegerdenkmals am Pinneberger Bahnhof eingelassen worden ist:

»Das Ehrenmal wird an der Vorderseite ein aufrechtes Schwert tragen. Hiermit soll die Mannhaftigkeit und der Wehrwille des deutschen Mannes vor aller Welt bekundet werden.«

 

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Auf der Rückseite drei bronzene Namenstafeln, auf denen 132 Namen mit abgekürzten Vornamen in erhabenen Lettern aufgeführt werden.

 

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Aufgeteilt nach den Gemeinden Kirchsteinbek (103 Namen) und Oejendorf (29 Namen) sind die Namen alphabetisch geordnet. R. Höge ist zweimal aufgeführt, einmal mit der Anmerkung: »Vater«, das zweitemal mit »Sohn«.

 

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Auf der erhöhten mittleren Tafel ist ein Relief zu sehen: ein Stahlhelm vor üppigem Eichenlaub.

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Die Erhebung Schleswig-Holsteins

Am Rand der Anlage steht ein kleineres Denkmal zur Erinnerung an die Schleswig-Holsteinische Erhebung am 24. März 1848.

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Die Schleswig-Holsteinische Erhebung entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte. Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt wurden und an dessen Ende die dänische Seite siegte.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.

1849 errichteten die »Schleswig-Holsteinischen Kampfgenossen« einen Gedenkstein auf dem Alten Friedhof in Flensburg, er sollte die ewige Verbindung zwischen Schleswig und Holstein symbolisieren. 1851 entfernten ihn die dänischen Behörden. 1898, zur Feier des 50. Jahrestages der Eroberung der dänischen Festungsanlagen, wurde ein Abguss des alten Denkmals aufgestellt.

 

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Inschrift:

24. März
1848 = 1898
Up ewig ungedeelt (sehr beschädigt)

Die Sandsteinplatte hat oben zwei »Ohren« mit je einem eingeritzten Stern. Ein Element dazwischen ist entfernt, die Lücke notdürftig verspachtelt worden. Vielleicht ein Bronzeemblem, das ein Metalldieb herausgebrochen hat.

 

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Der Block, der die Sandsteintafel hält, besteht aus zusammengewürfelten Schlackeziegelsteinen, die mit Zement verbunden sind.


Das Hamburger Wochenblatt beklagt am 12. April 2017 den ungepflegten Zustand der Denkmalsanlage: »Ein Denkmal wird vergessen«.

Wochenblatt 2017


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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Die Dreieinigkeitskirche

Die evangelisch-lutherische Dreieinigkeitskirche in Hamburg-Billstedt ist Mittelpunkt der ehemals selbständigen Gemeinde Kirchsteinbek, die 1927 in der Großgemeinde Billstedt aufging. Sie wurde 1883/84 nach Plänen von Otto Ritscher an der Stelle der Vorgängerkirche St. Secundus erbaut. Sie liegt auf dem Geestrand, so dass sie einen weithin sichtbaren Orientierungspunkt abgibt. Im Innern befinden sich zwei Kronleuchter von 1679 und 1719, die der Vorgängerkirche entstammen.

     HH Kirchsteinbek Kirche web


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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2017
Foto von 1927
Zwei weitere Denkmäler
Das Eiserne Kreuz

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Kirchwerder

Auf einem abgegrenzten Platz am Friedhof von St. Severini

Das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs wurde am 25. September 1921 eingeweiht. Es ist nach einem Entwurf des Bergedorfer Architekten Hermann Distel, geboren am 15. September 1875 in Weinsberg, gestorben am 5. August 1945 in Bergedorf, gebaut worden. Die aufwendige Anlage mit erhöhtem Umlauf hat Mauern aus quadratischen Natursteinen. Die acht Ecken der Anlage symbolisieren die acht Bauernschaften der Kirchengemeinde. Sie wurde von der Gemeinde über Spenden finanziert. Den ursprünglich acht steinernen Namenstafeln 1914/18 wurden nach dem 2. Weltkrieg acht weitere hinzugefügt.

HH Kirchwerder weit web


Der offene Hauptzugang vom Kirchenheerweg führt in eine sehr gepflegte Anlage. Man betritt den Sand- bzw. rötlichen Ascheplatz innerhalb der Anlage über einen kleinsteinig gepflasterten Abschnitt mit Blumenkübel. Das Mosaik darin, das ein Eisernes Kreuz darstellt, ist kaum mehr zu erkennen.

HH Kirchwerder Gesamt web


Vor dem Denkmalplatz kann man links und rechts über Steintreppen eine Ebene höher steigen und von oben in die Anlage blicken.

     HH Kirchwerder Saeule web


Die herausragende Mitte bildet eine schlanke Steinsäule mit aufgesetztem Eisernen Kreuz. Die herausgearbeitete Widmung lautet:

1914–1918
Die Gemeinde Kirchwerder ihren Opfern
1939–1945

Welche Opfer sind damit gemeint: die deutschen und nichtdeutschen Soldaten, zivile Opfer in Deutschland und in anderen Ländern, die in den Konzentrationslagern Ermordeten, die Zwangsarbeiter, die Opfer der Euthanasiemorde? Da auf den 16 Namenstafeln fast nur Männernamen stehen, werden wohl die 637 toten Soldaten der Gemeinde Kirchwerder gemeint sein. Dazu kommen zwei Frauennamen, diese beiden Frauen werden wahrscheinlich auch »im Felde« getötet worden sein, als Lazarettschwestern o. ä.


Die ursprüngliche Inschrift vor dem 2. Weltkrieg lautete:

Aus der Kirchengemeinde Kirchenwärder
nahmen 1352 Männer am Weltkriege teil,
236 ließen ihr Leben
für Heimat und Vaterland

 

HH Kirchwerder rechts web


Die 8 Namenstafeln für die 403 toten Soldaten des 2. Weltkriegs wurden am 5. Juli 1959 eingeweiht.

HH Kirchwerder links web


Auf den über die Mauer ragenden Namenstafeln stehen die 236 Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs. Siehe auch das Foto von 1927 weiter unten.

Die 8 zusätzlichen Tafeln für die Getöteten des 2. Weltkriegs sind oben bündig mit der Mauer und schließen unten mit dem mittig gesetzten Relief eines Eisernen Kreuzes ab.

 

HH Kirchwerder Dreier web


Alle Tafeln haben einen Rahmen, der einem schlichten Bilderrahmen ähnelt. Die neuen Tafeln sind schmaler, dem zur Verfügung stehenden Platz angepasst. Alle Namen sind nach Herkunftsorten geordnet.

 

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Die Sicht von rechts oben auf den Denkmalsplatz, man bemerkt die wuchtige Mauer.

 

HH Kirchwerder von oben web


Und von links: Das eingefasste Blumenbeet mit Platz für die Kränze unter der Säule.

 

HH Kirchwerder von hinten web


Vom Friedhof aus gibt es zwar eine Pforte, aber sie war beim Besuch des Fotografen verschlossen.

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Volkstrauertag 2017

HH Kirchwerder VTT 2017 web

An den Kranzschleifen wird endgültig klar, wer mit den »Opfern beider Weltkriege« gemeint ist:

»Zum Gedenken an unsere gefallenen Sänger ...«

»Unseren vermissten und gefallenen Kameraden zum Gedenken«

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Foto von 1927

HH Kirchwerder 1WK web


Sechs Jahre nach der Einweihung wird 1927 dieses Foto gemacht. Wir verdanken es dem Bergedorfer Bürgerverein und dem Archiv Ludwig Uphoff – Bergedorfs digitalem Museum. Vielen Dank!

www.bergedorfer-chronik.de

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Volkstrauertag 2017

Auch am Kirchenheerweg, an der Ecke Alte Twiete, stehen auf einem kleinen verwilderten Grundstück hinter einem verzierten schmiedeeisernen Zaun zwei weitere Denkmäler.

Ein dekoratives weißes Metallgitter mit Hamburgwappen, das von zwei Löwen flankiert wird. Das Gitter wird von hinten mit efeubewachsenen Findlingen abgestützt. Es umfasst eine gußeiserne Platte mit der Inschrift:

Für Deutschlands Ruhm und Ehre kämpften aus der Gemeinde Kirchwärder in den Jahren 1864-1866
es folgen 28 Namen

in den Jahren 1870-1871
es folgen 40 Namen

HH Kirchwerder Loewen web


Daneben steht ein reichgeschmückter Sandsteinobelisk, auch Cippus: lateinisch für Spitzpfahl, genannt. Die verzierte Spitze heißt Akroter. Dieses architektonische Element wird auch zur Bekrönung z.B. von Dachfirsten verwendet. Hier in Kirchwerder sehen wir ein sehr typisches Akroter:

            HH Kirchwerder Akroter web

 

Über einer eingelassenen weißen Marmorplatte mit der Widmung das Relief eines Lorbeerkranzes:

Dem Andenken an die Mitkämpfer
aus hiesiger Gemeinde in dem deutschen Heere
in den Jahren 1870 und 1871 gewidmet.
36 an der Zahl, von welchen 8 verwundet wurden.

 

HH Kirchwerder Obelisk web

Diese beiden Denkmäler beziehen sich auf die Deutschen Einigungskriege, mit ihnen setzte Preußen die Idee des deutschen Nationalstaates im Sinn der kleindeutschen Lösung durch. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg (1864), dem Deutschen Krieg (1866) und dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) entstand das preußisch dominierte deutsche Kaiserreich.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Ergänzungstafel
Historische Postkarte
Die St. Ansgar Kirche
Das Gedicht
Die Einweihung
Der Bildhauer Richard Kuöhl

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Langenhorn

Langenhorner Chaussee, neben der St. Ansgar Kirche

1930 wurde das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs vor der St. Ansgar Kirche errichtet. Der Entwurf stammt vom Bildhauer Richard Emil Kuöhl (1880 - 1961).

HH Langenhorn Soldat4 web

HH Langenhorn Soldat1 web

Die Skulptur aus Bronze stellt einen knienden Soldaten in Uniform dar, die Hände auf dem abgenommenen Stahlhelm gekreuzt.

          HH Langenhorn Kopf web

          HH Langenhorn Detail web

Richard Kuöhl hat dem Soldaten eine detailreiche Kriegsausrüstung mitgegeben: Patronengürtel, Kurzschwert, Trinkflasche, Proviantbeutel.

          HH Langenhorn Stiefel web

Eindrucksvoll ist auch das starke Profil der Stiefel, es ähnelt der Stiefelbesohlung des Soldatendenkmals von Kuöhl in Wilster, Schleswig-Holstein.

Denkmal in Wilster


Die deutschen Soldaten waren im 1. Weltkrieg mit den preußischen Marschstiefeln (Knobelbecher) mit Seitennaht ausgestattet. Sie hatten eine Schafthöhe von 31 bis 35 Zentimetern und waren auf der Sohle mit 35 bis 42 verzinkten Nägeln beschlagen. Am Absatz befand sich ein versenktes U-förmiges Eisen.

nach Wikipedia, abgerufen am 8. Mai 2018

HH Langenhorn Signatur web

Der Soldat kniet auf einer Bronzeplatte mit der Signatur Kuöhls.

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Die Ergänzungstafel

          HH Langenhorn Schild web

Die bronzene Skulptur hat jetzt einen Sockel aus gemauerten Klinkersteinen mit einer aufgesetzten Bronzetafel an der Frontseite. Die Inschrift lautet seit 1971:
Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Die Toten zweier Weltkriege mahnen: Wehret neuem Blutvergiessen

          HH Langenhorn Soldatvorne web

Das Kriegerdenkmal steht heute in einem Hain neben der Kirche. Die von den Architekten Hermann Geißler und Otto Wilkening entworfene und 1929/1930 erbaute Kirche St. Ansgar, das Kriegerdenkmal und der zugehörige Hain wurden 2008 unter Schutz gestellt.

          HH Langenhorn Soldathinten web

Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Dammtor
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Schleswig-Holstein Wilster
Hamburg Neuenfelde
Hamburg Finkenwerder
Schleswig-Holstein Großhansdorf
Schleswig-Holstein Neumünster
und besonders kurios Hamburg Moorburg

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Historische Postkarte

Hier sieht man den früheren Standort des Kriegerdenkmals, damals noch mit einem hellen Sockel und der alten Inschrift direkt auf dem Sockelstein:
Ich hatt’ einen Kameraden

Die Inschrift zitiert die erste Strophe des Gedichtes »Der gute Kamerad« von Ludwig Uhland.

HH Langenhorn Karte web

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Die St. ansgar Kirche

Die Kirche und das Denkmal sind im gleichen Jahr fertig gestellt worden: 1930. Das Denkmal war damals in die Treppe zum Kircheneingang eingefügt. Auf dem folgenden Foto der Kirche am 25. September 2011 erkennt man die Fenster, vor denen das Denkmal früher stand.

        St.Ansgar Kirche Langenhorn web

             © Ajepbah/Wikimedia Commons

Die Kirche gilt als bemerkenswerter Sakralbau aus der Phase des Neuen Bauens (laut Pressestelle des Senats in der Mitteilung vom 25. April 2008).

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Das Gedicht

»Der gute Kamerad« wurde 1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet, Friedrich Silcher vertonte, ebenfalls in Tübingen, das Gedicht im Jahre 1825. Als Lied ist es besser bekannt unter der Anfangszeile der ersten Strophe: Ich hatt’ einen Kameraden.

Ich hatt’ einen Kameraden,
Einen bessern findst du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen,
Gilt’s mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär’s ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib du im ew’gen Leben
Mein guter Kamerad!

Der hier wiedergegebene Wortlaut stimmt mit der ursprünglichen Uhland-Fassung überein. Geringfügig an den heutigen Sprachgebrauch angepasst, spielt das Lied im Trauerzeremoniell der deutschen Bundeswehr eine große Rolle. Es ist Bestandteil eines Begräbnisses mit militärischen Ehren und jeder militärischen Trauerfeier.

Geschichte: »Der gute Kamerad« wurde vor allem von der politischen Reaktion instrumentalisiert, und zwar zur Beschönigung und Verklärung des Kriegsopfers und Heldentods. Die Deutungen des Gedichtes gehen jedoch weit auseinander. Auf der einen Seite wird dem Text bescheinigt, dass er »den Status einer hymnischen Verklärung des kriegerischen Solidaritätsgefühls in Einklang bringt mit dem Deutungspotenzial des Soldatentodes im Kampf gegen einen Feind«. Auf der anderen Seite steht die Auffassung, »das Gedicht gilt für alle gleichermaßen, der Feind wird nicht verteufelt. Daher eignet es sich auch nicht zur Propaganda, zum Anstacheln von Kampfeswillen, sondern ›nur‹ zur Trauer über die Getöteten.« Die Wandlungsfähigkeit des Begriffs Kameradschaft zeigt Thomas Kühne in seiner Habilitationsschrift. Er beschreibt für die gesamte politische Bandbreite von links bis rechts in der Zeit zwischen den Weltkriegen, wie ein politisch-agitatorischer Kameradschaftsmythos konstruiert wurde. Darauf konnten die Nationalsozialisten aufsetzen.

Nach Wikipedia, abgerufen am 15. Mai 2015

 

Sehen Sie hier eine Sammlung von historischen und politischen Bildpostkarten von Karl Stehle, München, die diesen Liedtext zitieren:

www.goethezeitportal.de


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Die Einweihung

HH Langenhorn Glockenweihe web


Am 10. August ist die Glockenweihe mit Prof. Dr. Heinrich Reincke, Kirchenvorsteher in Fuhlsbüttel. Die Kirche wurde dann am 24. August eingeweiht. Senior D. Karl Horn in seiner Rede: »So steht es nun da, ein Zeugnis von der Missionsaufgabe der Kirche und der Missionskraft des Evangeliums, das darin verkündet werden wird; sein Turm ein aufgehobener Finger, nach oben weisend, woher allein Kraft und Hilfe kommen muß; der betende Krieger vor der in ruhiger Gelassenheit sich emporreckenden Hauptfront ein Sinnbild der betenden Gemeinde, die ihre Sorgen und Anliegen vor den Höchsten bringt ...«. In der Nacht zuvor waren Denkmal und Kirchentür mit roter Farbe beworfen worden. Wohl ein Protest von Sozialdemokraten und Kommunisten, die in Langenhorn stark vertreten waren, gegen den Soldatenhelden und die Pastoren, die ihn aufstellen ließen.

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Der Bildhauer Richard Kuöhl

Richard Emil Kuöhl wurde am 31. Mai 1880 in Meißen geboren. Seine handwerkliche Ausbildung als Kunsttöpfer erhielt er in einer der Modellfabriken dieses Zentrums keramischer Kunst. Nach dreijährigem Studium an der Dresdner Kunstgewerbeschule, wurde er als leitender Modelleur einer bauchemischen Versuchsanstalt mit den modernsten Techniken der Tonbearbeitung vertraut. 1912 folgte er seinem Dresdener Architekturprofessor Fritz Schumacher nach Hamburg. Dort arbeitete er in den 1920er und 1930er Jahren mit fast industriellem Ausstoß. Es entstanden Skulpturen in Stein, Keramik und Reliefs in Terrakotta. Er starb am 19. Mai 1961 in Rohlfshagen bei Bad Oldesloe.

Kriegerdenkmäler gehörten während der Weimarer Republik zu den häufigsten und begehrtesten Auftragswerken deutscher Bildhauer. Auch Kuöhl hatte bereits zahlreiche Kriegerdenkmäler ausgeführt, dabei war es ihm stets gelungen, die von nationalistisch und militärisch gesinnten Kreisen mit einem »Ehrenmal« beabsichtigte politische Aussage künstlerisch zu formulieren. »Nicht Jammer und Not, sondern Mannestat und Einsatzbereitschaft, das Heldische, Kraftvolle, das ein Mahnmal verkörpern muß, zeigen die »Ehrenmäler«, die er geschaffen hat ... immer wieder spricht ein trotziges ›Dennoch!‹ aus diesen Denkmälern.

»Neben idealisierten nackten Kriegern ... hatte er in kontinuierlicher Folge eine Darstellungsform des grobschlächtigen uniformierten deutschen Soldaten entwickelt, die den Vorstellungen der neuen Auftraggeber offenbar besonders entsprach: Im Mittelpunkt des Lübecker Ehrenfriedhofs, 1924, steht breitbeinig ein Infanterist, der den Helm zum Gebet abgenommen hat. Auf dem Klinkersockel des Regimentsdenkmals in Rendsburg, 1927, lagert ein sterbender Soldat, dem der Helm herabgesunken ist. Auf dem Klinkersockel des Kriegerdenkmals in Langenhorn, 1930, beugt ein Soldat mit abgenommenem Helm das Knie vor dem toten Kameraden.

Kuöhl war mit seiner Praxis als Bauplastiker und Mitarbeiter von Architekten, mit seiner praktischen Erfahrung als einsatzbereiter Gestalter von Soldatengrabmälern und Ehrenfriedhöfen an der Front, vor allen Dingen aber mit dieser Reihe von Soldatendarstellungen, die instinktsicher das trafen, was Kriegervereine und Rechtsparteien sich unter neuer deutscher Plastik vorstellen mochten, prädestiniert für weitere und größere Aufgaben dieser Art.«

Zitat aus Volker Plagemanns Buch »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986

Eine Autorengruppe um Roland Jäger veröffentlichte 1979 ein Buch über den »Kriegsklotz« hinterm Dammtorbahnhof in Hamburg (siehe auch >Kriegerdenkmäler Hamburg Dammtor auf dieser Website), das wohl umstrittenste Denkmal Kuöhls. Hier können Sie zwei Seiten daraus lesen:

Jäger u.a., / Kuöhl

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Helden
Die Erweiterung
Der Heimatbund

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Lemsahl-Mellingstedt

Redderbarg am Ende der Sackgasse beim Schulteich

In einer kleinen Anlage mit Bänken und Fahnenstange steht das Klinkermonument für die getöteten Soldaten der zwei Weltkriege.

HH Lemsahl Anlage web


Der ältere Teil in der Mitte ist 1926 nach einem Entwurf von Oberbaurat Dipl. Ing. Wilhelm Klupp (11.9.1883 - 25.11.1978) errichtet worden, einem Beamten des Senats unter Fritz Schumacher während der Weimarer Republik. Das Klinkermonument hat einen quadratischen Grundriß. Oben umlaufend steht die Keramik-Inschrift:
Lemsahl-Mellingstedt / seinen Heldensöhnen / in steter Ehrfurcht / und Dankbarkeit

Auf der Vorderseite unten: 1914-18

Vorn, links und rechts kann man 22 Namen von Soldaten lesen, wie die Inschrift in außergewöhnlichen Schmucklettern. Die Namen sind mittig auf hervortretende Keramikzeilen gesetzt. Das Monument wird oben von einem flachen Dach und einer Kugelspitze aus Kupfer abgeschlossen.

          HH Lemsahl Mitte web

HH Lemsahl linkeSei web   HH Lemsahl rechts web

Signatur auf der Rückseite:
Friedenseiche 1870-71 – erbaut 1926 Dipl.Ing. W.Klupp

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Die Helden

Nicht nur auf dem Hummelsbütteler, sondern auch auf dem Lemsahl-Mellingstedter Denkmal ist die Rede von »Helden«, genauer gesagt, von »Heldensöhnen«. Der Begriff »Held« ist heute zwar nicht aus der Mode gekommen, wird aber nur noch ungern im Zusammenhang mit dem Militär verwendet. Und vor neunzig Jahren? Damals waren auch die Menschen auf dem Lande (also z.B. im Alstertal) nicht so dumm, dass sie glaubten, ihre getöteten Angehörigen hätten Heldentaten vollbracht. Sie ahnten, dass die jungen Männer elendig verreckt waren. Aber mit der Verzeichnung der Namen auf einem Denkmal oder gar der »Beförderung« zum »Helden« gewann das Sterben einen gewissen Sinn, und die Trauer der Hinterbliebenen wurde ein wenig gelindert.

Angelika Rosenfeld im Jahrbuch des Alstervereins 2014, Seite 22

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Die erweiterung

Später wurden an das Denkmal Seitenflügel aus kleineren Klinkersteinen für die getöteten Soldaten des 2.Weltkriegs gebaut.
Auf beiden Seiten sind über weißen Marmortafeln aufgesetzte Bronzeziffern angebracht worden:

1939 bis 1945

Auf den Marmortafeln stehen 73 Namen. Passend zu den weißen Tafeln sind die Klinkersteine weiß verfugt. Die Abschlusskanten sind an die des älteren Mittelteil angeglichen worden. Am 14. November 1965 wurden die Seitenflügel eingeweiht.

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© Ajepbah/Wikimedia Commons

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Der Heimatbund

     HH Lemsahl www.heimatbund lm web

Der Heimatbund Lemsahl-Mellingstedt e.V., Bürgerverein für alle Lemsahl-Mellingstedter seit 1964, kümmert sich um die Pflege des »Ehrenmals«.

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