NEUE SICHT AUF ALTE HELDEN?

Kriegerdenkmäler in Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern sind nach dem 2. Weltkrieg viele Denkmäler, mit zum Teil kriegsverherrlichenden Symbolen und Inschriften, zerstört worden. Aber immer noch sind heute viele hundert Kriegerdenkmäler dokumentiert. Etliche von diesen sind durch die Entfernung besonders militaristischer Darstellungen verändert worden. Gleichzeitig wurden vielerorts Tafeln zur Erinnerung an den 2.Weltkrieg mit deutlichen Friedensaufrufen angebracht. Vereinzelt, mit zunehmender Tendenz, wurden nach dem Ende der DDR alte Kriegerdenkmäler wieder aufgestellt, siehe zum Beispiel den »Soldaten« in Stolpe auf Usedom oder sogar Denkmäler für tote Wehrmachtssoldaten des 2.Weltkriegs neu aufgestellt, siehe Mueß.

Noch bestehende Denkmäler zum 1.Weltkrieg sind oft mit den bekannten Widmungen versehen: Unseren gefallenen Helden… Heldentod… Vaterland… auf dem Feld der Ehre... habt Dank ihr Krieger.

Wenn nicht anders angegeben stammen die Fotos von Matthias Hübner (www.dorfkirchen-in-mv.de) oder Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.


I N H A L T
Das Denkmal
Für uns
Das Eiserne Kreuz
Die Inschrift
Der Findlingsmythos
Die Schifferkirche

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Ahrenshoop

Auf dem Darß, Landkreis Vorpommern-Rügen

Das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs ist ein eher runder Findling hinter der Schifferkirche am Paetowweg. Er trägt acht eingemeißelte Namen.

Inschrift:
Für  (Eisernes Kreuz)  uns
starben den Heldentod

1914-1918

MP Ahrenshoop KD web

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Für Uns

»Fern im Osten gähnt ein Grab

Fern, fern im Osten, da gähnt ein Grab
da senkt man zu tausend die Toten hinab
für uns!

Im Westen, da ragt manch Kreuz schlicht und klein
da liegen sie stumm in langen Reih’n
für uns

Und wo im Winde rauschet das Meer
da gaben sie freudig ihr Leben her
für uns

Sie opferten Zukunft und Jugendglück
sie kehren nie wieder zur Heimat zurück
für uns

Sie gaben ihr Alles, ihr Leben, ihr Blut
sie gaben es hin mit heiligem Mut
für uns

Und wir? wir können nur weinen und beten
für sie, die da liegen bleich, blutig, zertreten
für uns

Denn es gibt kein Wort, für das Opfer zu danken
und es gibt keinen Dank für sie, die da sanken
für uns«

Neue Kriegslieder für den Schulgebrauch, Breslau 1916 , herausgegeben von Kreisschulinspektor Dr. J. Radtke. Bei einer Schulfeier für den im Osten gefallenen Lehrer eines Charlottenburger Gymnasiums wurde dieses Gedicht 1915 erstmals vorgetragen. Der Obertertianer Reinhold Samuelsohn hat es verfasst.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Die Inschrift

»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33

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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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Die Schifferkirche

Die Kirche in Ahrenshoop mit ihrer eigenwilligen Gestaltung, einem Tonnengewölbe aus Holz, wurde 1951 vom Architekten Prof. Hardt-Waltherr Hämer konzipiert und errichtet. Wir wissen leider nicht, wie er über die kriegsverherrlichende Inschrift auf dem Stein hinter »seiner« Kirche gedacht hat.

MP Schifferkirche AhrenshoopSchiwago Wikimedia Commons web

Foto: Schiwago/Wikimedia Commons

Lesen Sie mehr über dieses interessante Bauwerk auf der Website:

www.schifferkirche.de

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I N H A L T
Das Denkmal
Zitate zu den Inschriften
Der Adler
Die Einweihung
Das Eiserne Kreuz
Die Tafel in der Kirche St. Nikolai
Erinnerungseiche Völkerschlacht bei Leipzig
Friedenseiche 1872

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Altefähr

Auf Rügen, Landkreis Vorpommern-Rügen

Das Kriegerdenkmal für die 45 toten Soldaten des 1. Weltkriegs im Kirchspiel Altefähr steht am nördlichen Hang zum Kirchhof der »Seefahrerkirche« St. Nikolai auf Rügen. Es wurde am 25. September 1921 feierlich eingeweiht. Als Pastor Blümke den Gottesdienst hielt, war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt.

MP Alte Faehr fern web


Inmitten des Ortes an der Hauptverkehrsstraße führt die Straße vom »Fährberg« runter zum Anleger. Viele Besucher Rügens fahren hier vorbei um aufs Festland überzusetzen.

 

MP Alte Faehr Denkmal web


Das Denkmal aus Kirchheimer Muschelkalk ist über drei Meter hoch. Es wurde nach einem Entwurf des Architekten Dahl der Provinzialberatungsstätte Stettin von der Firma Max Wilhelm aus Stralsund ausgeführt. Auf einem breiten zweistufigen Sockel erhebt sich die Stele mit Inschriften und krönendem Adler.

 

MP Alte Faehr Adler web


Der Adler, ein kraftstrotzendes Tier mit ausgebreiteten Schwingen, ist nach einem Modell von Professor Lederer, der auch für das monumentale Bismarckdenkmal an den Hamburger Landungsbrücken verantwortlich ist, gearbeitet worden. Die Adlerkrallen umklammern Schwert und Eichenkranz.

 

MP Alte Faehr Denkmal oben web


Auf dem Adlersockel und darunter lesen wir die Inschriften:

Für Euch!

Das Kirchspiel
Altefähr
seinen im Kriege
1914 – 1918

MP Alte Faehr Denkmal unten web

 

Darunter ist eine helle Sandsteinplatte angebracht mit der Fortsetzung:

gefallenen Helden
zum
ehrenden Gedächtnis

Sie wurde Anfang der 90er Jahre angebracht um die gleichlautende, aber unleserlich gewordenen Inschrift von 1921 zu ersetzen. Im Bericht von Pastor Blümke über die Denkmalsweihe wird die Inschrift auch genauso zitiert. Sollte jemandem die Formulierung vom ehrenden Gedenken an die Helden nicht gefallen haben? Man könnte es ihm nicht verdenken.

Darunter das Relief eines Eisernen Kreuzes aus einem quadratischen Stein gearbeitet.

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Zitate zu Den Inschriften

»... die Aussage ›Für Euch‹ stellen eine Beziehung zwischen dem Tod im Krieg und dem Erlösungstod Christi her. Der Kreuzestod Christi, als Opfer für die Menschheit, wird dem Kriegstod der Soldaten gleichgesetzt, die sich ebenso opferten und deren Tod so gerechtfertigt wird. Christus wird eins mit den kämpfenden Soldaten, diese werden ihm gleich im Opfer ihres eigenen Lebens. Jesus kennt seine Bestimmung und hat diesen Auftrag angenommen. Sein Leiden und sein Tod sind das Opfer, dass für die Erlösung der Menschheit gebracht werden muss. Der Kriegstod erfährt mit der Gleichsetzung einen Sinn, der ihn als Liebesbeweis wertet, als bereitwillige und bewußte Hingabe ›FÜR EUCH‹. Wer den Kriegstod als heilsnotwendig, wie den Tod Christi am Kreuz, ansieht, nimmt ihn als gottgegeben an. Die Hinterbliebenen sollen Trost darin finden, den Kriegstod so zu sehen. [...]

Nur wer starb, wird in Inschriften und auf Tafeln geehrt, wer überlebte nicht. [...] Psychische Krankheiten, lebenslange körperliche Schäden, Schwierigkeiten bei der beruflichen Widereingliederung ließen sich mit der Sakralisierung des Gedenkens nicht in Einklang bringen.«

Clemens Tangerding, Für Deutschland gestorben, Deutschlandfunk 18.11.2012


»... sondern greift von scheinbar neutraler Warte (›für Euch‹, nicht ›für uns‹) den Opfergedanken auf, der starke Assoziationen zu christlichen Vorstellungen hervorruft. Damit rückt der Krieg in die Sphäre des überindividuellen Schicksals, dem sich die Soldaten in einer freien ethischen Entscheidung gestellt hätten, um die Gemeinschaft zu bewahren: Der Krieg als moralische Herausforderung und Verpflichtung.«

Günter Kaufmann, Historische Denkmäler in Kiel in Demokratische Geschichte, Band 7, S. 277


»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33


»Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. Eine solche Form der Ehrung ist im zivilen Bereich mit der Verleihung von Ehrenbezeichnungen, Urkunden, Ehrenringen oder -plaketten oder auch Orden verbunden, im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert. [...]

Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Ebd. S.33

Gedenken: »Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].«

Ebd. S.29


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Der Adler

»Der Adler ist als ›der mächtigste König im Luftrevier‹ (Anfang des ›Seeräuberlied‹, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes. In der griechischen Mythologie ist er ein Attribut des Gottes Zeus. Als heraldisches Symbol diente er von 1433 bis 1806 den Kaisern des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen sowie deutschen Königen, Herzögen und Markgrafen als Wappenbild.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137

»Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die ›Deutsche Tageszeitung‹ vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge ›vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.‹ Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen – Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: ›Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet‹; Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: ›Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.‹ Auch dort die Kranzschleife des ›Bundes der Jagdflieger‹ am Tag der Einweihung: ›Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!‹.«

Loretana de Libero, Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne, De Gruyter Oldenbourg, S.95f

MP Alte Faehr Adler seitlich web

Pastor Wilhelm Blümke 1921 in seiner Weiherede am Denkmal:

»... und als Krönung des Denkmals das ernste Bild des ruhenden Adlers, mit den Krallen Schwert und Eichenkranz umklammernd: ›Auf Arkonas Bergen ist ein Adlerhorst, wo vom Schlag der Wogen seine Spitze borst. Spitze deutschen Landes, willst sein Bild du sein? Riß und Spalten splittern deinen festen Stein. Adler, setz dich oben auf den Felsenthron, deutschen Landes Hüter, freier Wolkensohn! Schau hinaus nach Morgen, schau nach Mitternacht, schaue gegen abend von der hohen Wacht! Hüte, deutscher Adler, deutsches Volk und Land, deutsche Sitt’ und Zunge, deutsche Stirn und Hand!‹ Der Tod fürs Vaterland ist ewiger Verehrung wert.«


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Die Einweihung

Pastor Wilhelm Blümke (1870 - 1934) hat im Gemeindeblatt des Kirchspiels Altefähr die Feier beschrieben. Wir zitieren hier die Ansprachen, weiter unten können Sie den vollständigen Bericht als PDF lesen.

... folgte die markige Begrüßungsansprache und die Enthüllung des Denkmals seitens des Vorsitzenden unseres Kriegervereins, Hauptmann a.D. Uhlmann=Bessin [kein Doppelname, sondern eine Herkunftsbezeichnung: Bessin ist heute ein Ortsteil von Rambin, er gehört wie Altefähr zur Propstei Stralsund]. Seine Rede hatte folgenden Wortlaut:

Deutsche Frauen! Deutsche Männer! Heut ist der Tag gekommen, an dem es Wirklichkeit werden soll, was wir vor Jahresfrist beschlossen haben. Das Denkmal für unsere gefallenen Kameraden wollen wir heute weihen – als sichtbares äußeres Zeichen unseres unauslöschlichen Dankes für sie! [...]

Und so falle denn die Hülle und so trete denn hervor, du Denkmal unseres Kirchspiels Altefähr, gewidmet seinen Söhnen, die da starben im Glauben an Deutschlands Größe und Herrlichkeit! Wir grüßen dich als Wahrzeichen ruhmvoller Vergangenheit, als Denkmal der Gegenwart und als Mahnzeichen der Zukunft! Wir übergeben dich der Obhut unserer Gemeinde Altefähr, geschaffen in der Notzeit unseres Vaterlandes. Sei du uns und unseren Kindern und Kindeskindern Stätte der Andacht; und wenn dann die Zeit kommt, wo wir Deutsche uns wiederfinden in alter Einigkeit, wo nach Wirrsal und Verblendung, wo nach Unterdrückung und Schmach wir uns des alten Trutzliedes wieder erinnern werden: »Der Gott der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte!«, dann sollst du toter Stein nicht mehr toter Stein bleiben, sondern dann sollst du Leben werden, dann soll aus dir der Funke hellauflodernder Begeisterung, der die gefallenen Helden beseelte, sich senken in die Herzen unserer Jungens, daß sie es ihnen gleich tun mögen, ihnen, deren Gedächtnis diese Stunde geweiht ist, und daß an ihnen das Gebet des Dichters sich erfüllen möge: Mach uns würdig unsrer Ahnen. Laß die schwarz-weiß-roten Fahnen Wieder flattern hoch im Wind! Halte alles Böse nieder, Gib uns unser Deutschland wieder, Denn es gilt trotz seines Falles, Für uns: Deutschland über alles, Ueber alles in der Welt! Das walte Gott! [...]

 

MP Alte Faehr Einweihung web

 

Der stellvertretende Vorsitzende des Bezirks-Kriegerverbandes Stralsund, Studienrat Hose, Stralsund, hielt hierbei folgende Ansprache:

[...] Zugleich ist das bleibende Ehrenmal aber auch eine bleibende, dauernde Mahnung und redet eine stumme, aber eindringliche Sprache. [...] möge das Denkmal predigen: »Laßt ab von dem viel verbreiteten Glauben, daß die Toten, weil der Krieg unglücklich ausgelaufen ist, umsonst gefallen seien. Sie haben vielmehr die Ehre des deutschen Volkes gerettet, die Ehre, daß es verdient, ein Volk von Helden genannt zu werden: sie haben mit ihren Leibern den heiligen Boden des Vaterlandes gedeckt, daß wenigstens im Kriege die Feinde ihn mit ganz geringen Ausnahmen, nicht entweihen konnten; sie haben mit ihrem Heldentode uns allen ein leuchtendes Vorbild der opferwilligen Treue bis in den Tod gegeben.«

 
Hauptmann Uhlmann sprach beim Niederlegen des Kranzes für den Kriegerverein Altefähr das Denkwort: »Stürzte auch in Kriegesflammen Deutschlands Kaiserreich zusammen, Deutschlands Größe bleibt besteh’n!« [Friedrich Schiller, als Deutschland im Zuge der napoleonischen Kriege, 1792 - 1815, die lose Hülle des Kaiserreiches verloren hatte!]


Gemeindeblatt für das Kirchspiel Altefähr, Oktober 1921


Wir danken sehr herzlich Herrn Dols, dem Archivar der Gemeinde, für seine Hilfe!

 

     MP Alte Faehr Foto Kirchenchronik web

Foto ohne Datum aus der Chronik, die in der Kirche ausliegt. Bildunterschrift: »Im Oktober 1921 wurde das Kriegerdenkmal am Fährberg eingeweiht. Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Nach der Enthüllung folgten Ansprachen und Gesänge. Heldenverehrung und nationales Deutschtum waren der Tenor der festlichen Veranstaltung.«

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Das Eiserne Kreuz

Pastor Blümke nennt das Eiserne Kreuz in seiner Weiherede ein »schlichtes Symbol« und zitiert dazu den »Freiheitsdichter« Theodor Körner: »Wer mutig für sein Vaterland gefallen, der baut sich selbst ein ewig Monument im treuen Herzen seiner Landeskinder, und dies Gebäude stürzt kein Sturmwind nieder.«

Das Eiserne Kreuz auf einem Kriegerdenkmal zeichnet die durch den Tod bewiesene besondere Treue und Tapferkeit der Soldaten aus. Die Geschichte dieses Symbols:

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten.

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• Oktober 2019: ein Schaufenster auf der Hamburger Reeperbahn

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Die Tafel in der Kirche

Auf der kunstvoll gearbeiteten Holztafel werden die 45 Namen, Dienstgrad und Zugehörigkeit, Sterbedatum und -ort der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs vom Kirchspiel Altefähr aufgezählt. Gewidmet ist sie: »Unseren gefallenen Helden«. Am Totensonntag 1920 wurde sie an der Nordseite des Kirchenschiffs eingeweiht. Seit den 80er Jahren hängt die »Heldengedächtnistafel« im Turmraum.

 

MP Alte Faehr Tafel Kirche web

Aus dem Gemeindeblatt: »Die schöne Tafel, von unserm Kriegerverein gestiftet, von einheimischen Kräften unseres Kriegervereins, unserm Stellmacher Schmidt gefertigt, unserm Maler Frieberg kunstvoll gemalt, ist ein Schmuckstück unserer schön erneuerten Kirche, ein Meisterstück echter Volks- und Heimatkunst.« [...] Der mit seiner Fahne vollzählig erschienene Kriegerverein und die Gemeinde hatten das Gotteshaus bis auf den letzten Platz gefüllt. So oft wir an dieser Tafel vorübergehen oder sinnend ihre Namen auf uns wirken lassen, wird sie uns eine anschauliche, ergreifende Predigt halten: ›Und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen!‹ ...«

Gemeindeblatt für das Kirchspiel Altefähr, Dezember 1920

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Erinnerungseiche

Links vom Kriegerdenkmal für den 1. Weltkrieg steht seit 1913 die Eiche und der Erinnerungsstein, die an die Völkerschlacht bei Leipzig erinnern sollen, die 1813 stattgefunden hat.

 

MP Alte Faehr Erinnerungseiche fern web


Der kantige rosa-graue Granitstein am Rand des Kirchhofes trägt die weiße Inschrift:

Erinnerungseiche
10. 3. 1913

MP Alte Faehr Erinnerungseiche web

»Im Oktober 1813 ging Leipzig auf äußerst blutige Art und Weise in die Geschichtsbücher ein. Zum einen hatte es vor der Völkerschlacht noch nie eine einzelne kriegerische Auseinandersetzung mit so vielen Beteiligten gegeben. Zum anderen setzte die Schlacht dem französischen Kaiser Napoleon ein Ende, der bis dahin weite Teile Europas unterworfen hatte. Die französische Herrschaft in Deutschland brach zusammen, die europäischen Machtverhältnisse wurden auf dem Wiener Kongress neu geordnet.« Lesen Sie ausführlich bei:

Planet Wissen: Die Völkerschlacht bei Leipzig


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Friedenseiche

Wiederum links von der »Erinnerungseiche« steht hinterm Schilderwald die Friedenseiche von Altefähr. Sie erinnert an den deutsch-französischen Krieg 1870/71.

MP Alte Faehr Friedenseiche Schilder web

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Trotzdem fand sich die französische Regierung erst im Februar 1871, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe Reparationen sowie die Abtretung Elsaß-Lothringens durch Frankreich vorsah.

Nach dem Deutsch-Dänischen und dem Deutschen Krieg von 1864 und 1866 gilt der Konflikt mit Frankreich als dritter und letzter der deutschen Einigungskriege. Noch während seines Verlaufs traten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich mit Wirkung vom 1. Januar 1871 Deutsches Reich nannte. Der preußische König Wilhelm I. nahm den Titel „Deutscher Kaiser“ an, Otto von Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Frankreich hatte der Krieg nicht nur die endgültige Abschaffung der Monarchie zur Folge. Vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.

nach Wikipedia, abgerufen am 9. 12. 2017

 

MP Alte Faehr Friedenseiche Stein web

1872 ist die Eiche am Kirchhof von Altefähr gepflanzt worden, an ihren Fuß wurde ein Gedenkstein gesetzt. Die Inschrift:

Friedenseiche
1872.


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I N H A L T
Das Denkmal
Der Rachegedanke
Das Eiserne Kreuz
Besuch 2018

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Altenkirchen

Auf Rügen, Landkreis Vorpommern-Rügen

Ein kantiger schwarzer Stein, vorne poliert, mit Eisernem Kreuz auf einem helleren Steinpodest ist den toten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet. Die Inschrift lautet:

Unsern im Weltkriege 1914-1918
gefallenen Helden zur Ehre
Die Kirchengemeinde Altenkirchen
Möge aus ihren Gebeinen der Rächer erstehen

Die Kirchengemeinde der nahegelegenen evangelischen Pfarrkirche hat das Kriegerdenkmal ca. 1920 errichten lassen.




Aus dieser letzter Zeile spricht ein aggressiver Revanchismus. Revanchismus bezeichnet eine politische Einstellung, die die gewaltsame Rache (frz. revanche) für militärische und politische Niederlagen oder die Annullierung von Friedensverträgen zum Ziel hat. Nach dem 1. Weltkrieg stießen die Bedingungen des Versailler Vertrages in Deutschland sowohl bei der Bevölkerung als auch bei der Regierung auf starken Widerspruch. Für die politische Rechte war die »Schmach« des Versailler Vertrag Anlass, sich nach einem Rächer zu sehnen.


    

Am unteren Rand ist ein Relief zu sehen. Aus dem Boden kommt ein ausgestreckter Arm mit erhobener Faust – die Rächerfaust!


     MP Altenkirchen 2018 Seite web

Die Ansicht auf den unpolierten, flachen Stein von der Seite ...


     MP Altenkirchen 2018 hinten web

... und von hinten mit Blick auf die Rasenfläche vor dem Denkmal.


MP Altenkirchen 2018 EK web


Das Eiserne Kreuz trägt der Zeit entsprechend oben eine Krone, ein »W« für Wilhelm II in der Mitte und unten, kaum noch lesbar, die Jahreszahl 1914, für den Beginn der breit angelegten Verleihung des »Ehrenzeichens« für Soldaten im 1. Weltkrieg.

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Der Rachegedanke

»Möge aus unseren Knochen ein Rächer erstehen« – das ist ein Vers aus Vergils Werk »Aeneis«.


»In diesem römischen Nationalepos, das in der Frühzeit des augusteischen Principats entstanden ist (29-19 v. Chr.), verflucht die sagenumwobene Herrscherin Karthagos ihren treulosen Liebhaber Aeneas mit den Worten: ›exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!‹ (»Möge aus unseren Knochen ein Rächer erstehen«). Während Dido zornbebend ihren Fluch ausstößt, steht sie auf den Mauern ihrer Stadt und sieht die Segelschiffe des Trojaners am Horizont entschwinden. In ihrer ohnmächtigen Wut kann sie nur noch darauf hoffen, dass die ihr angetane Schmach einst von einem Nachgeborenen ihres Volkes gerächt werden würde. ... Im pommerschen Altenkirchen, auf der Insel Rügen, spricht Dido Deutsch. ... Unweit der evangelischen Pfarrkirche, deren Ursprünge auf das 12. Jahrhundert zurückgehen, errichtete die Kirchengemeinde um 1920 ein schlichtes Gefallenendenkmal. Auf der polierten Vorderseite des roh behauenen Feldsteins steht unter der Widmung für die ›gefallenen Helden‹ in kleinerer Schriftgröße: ›Möge aus ihren Gebeinen der Rächer erstehen.‹ Um diesen Fluch bildlich zu bekräftigen, ist am unteren Ende des Steins zudem noch eine erhobene Faust an langem Arm eingemeißelt. In diesem Fall wenden sich keine rachsüchtigen Toten an die Lebenden, sondern es wird von den christlichen Denkmalsetzern selbst der Wunsch nach Vergeltung unverhohlen zum Ausdruck gebracht. Fußnote: Zeit und Umstände der Denkmalsstiftung in Altenkirchen sind leider nicht mehr bekannt, Unterlagen nach freundlicher Auskunft des Pfarrers in der Gemeinde nicht mehr vorhanden.«

»Aus Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne«, Loretana de Libero, De Gruyter, S.19/20, 61

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5. Juni 2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

 

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web

... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


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Besuch 2018

 

MP Altenkirchen 2018 web


Die Rachefaust ist inzwischen fast vollständig von Gebüsch verdeckt. Wir treffen eine alte Dame, die im Häuschen neben dem Denkmal wohnt. Sie schämt sich für das Denkmal, aber nicht für den Rachegedanken, sondern für die Nichtbeachtung. Vor 1945 hätten oft zwei schmucke Marinesoldaten vom Kap Arkona Ehrenwache beim Denkmal gehalten.

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Der Stahlhelm
Eichenlaub und Lorbeerzweig
Die Tafel für die Soldaten der Deutschen Wehrmacht
Historische Postkarte

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Alt Meteln

Landkreis Nordwestmecklenburg

Auf dem Kirchhof an der Westseite der Dorfkirche von Alt Meteln, vor dem hölzernen Glockenstuhl steht die kleine Gedenkanlage für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs mit einer Zusatztafel für die des 2. Weltkriegs.

Die Dorfkirche wurde als gotische Backsteinkirche in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut.

 

MP Alt Meteln mit Kirche web


Die Bruchsteinmauer des Kirchhofs ist für eine breite vierstufige Steintreppe unterbrochen, über die man die Anlage von der Ringstraße aus betreten kann. Der ursprünglich offene Zugang ist später durch einen verzierten schmiedeeisernen Zaun mit Pforte optisch abgegrenzt worden.

 

MP Alt Meteln Denkmal mit Zaun web


Das Monument ist aus Bruchsteinen gemauert, die abschließenden Pfeiler an den Seiten bestehen aus Natursteinquadern. Aus der Bruchsteinwand erhebt sich in der Mitte der tafeltragende Hauptteil in doppelte Höhe, sich nach oben verjüngend trägt er ein gemauertes Dreieck als Dach. Insgesamt wirkt das Denkmal massiv und trutzig, wie ein Teil einer Bastion.

     MP Alt Meteln Denkmal Tafel web


Auf der eingelassenen Tafel aus poliertem, schwarzen Granitstein werden die Namen der 31 toten Soldaten in zwei Spalten genannt. Sie sind geordnet nach Herkunftsort der Soldaten: Alt Meteln (21), Hof Meteln (4), Neu Meteln (4) und Grevenhagen (2). Es werden die Vornamen abgekürzt mit dem Anfangsbuchstaben, die Nachnamen und linksbündig die Sterbetage aufgeführt. Innerhalb ihrer Herkunftsgruppe sind die Soldaten nach ihrem Sterbetag gelistet.

Es fällt auf, dass beim Sterben unterschieden wird zwischen »gefallen« (gef.), »gestorben« (gest.) und »vermisst« (verm.). Wenn der Soldat im Kampf »gefallen« ist und nicht im Bett im Lazarett, ist das schon eine Erwähnung wert.

Die nicht ungefährlichen Spitzen des Zaunes zeigen von unten wie Speere auf die Tafel.

 

MP Alt Meteln Tafel oben web


Als erstes ist auf der Tafel mittig ein Eisernes Kreuz in den Stein gemeißelt: darin oben die preußische Königskrone, in der Mitte das »W« für den preußischen König Wilhelm II., der 1914 (unten) in dritter Stiftung das Eiserne Kreuz als militärisches Ehrenzeichen erneuert hatte und einer Linie als innenliegende Kontur.

Darunter die Inschrift:

Den im Weltkriege 1914-18
für ihr Vaterland gestorbenen Helden gewidmet.

 

MP Alt Meteln Helm web


Als Abschluß unten auf der Tafel sehen wir einen Stahlhelm in Kontur auf ehrenden Zweigen: flächig weiß dargestelltes Eichenlaub und Lorbeer, über Kreuz gelegt. Der Eichenzweig ist durch den Kinnriemen des Stahlhelms gezogen.

 

MP Alt Meteln schraeg web


Zwischen den Seitenpfeilern und dem Cotoneasterstrauch unter der Namenstafel wurde je eine einfache Steinbank aufgestellt.

 

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Das trutzige Monument mit zurückspringendem Mittelteil von hinten.

 

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Die Inschrift

Den im Weltkriege 1914-18
für ihr Vaterland gestorbenen Helden gewidmet.


»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 33. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese ›Opferhelden‹ werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, ›Vaterlandsliebe‹, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die ›Leistung für das Gemeinwesen‹ anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. W.K. bei). ›Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.‹ (Kurt Tucholsky)«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege


»Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

 

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Bad Malente / Schleswig-Holstein benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.13

 

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Eichenlaub und Lorbeerzweig

Wie in Alt Meteln ist das Symbol der gekreuzten Zweige aus Eichenlaub und Lorbeer oft auf Kriegerdenkmälern zu sehen. Wir beschreiben im Folgenden die Symbolik:

Eichenlaub

Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Das Eichenlaub ist ein politisches und militärisches Symbol sowie eine Figur in der Heraldik, das den gelappten Laubblättern von in Mittel- und Südeuropa heimischen Eichenarten nachempfunden ist. Die Blätter können getrennt oder an einem Zweig angeordnet dargestellt sein.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Aus diesem Grund findet man Eichenlaub oft auf Orden, Symbolen und Münzen, so beispielsweise als Erweiterung des Ordens Pour le Mérite sowie auf dem Eisernen Kreuz. Während des Zweiten Weltkrieges gab es zudem das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub. Seit 1957 ist es Vorschrift, dass Orden aus der Zeit des Nationalsozialismus nur noch ohne das damals – bis auf wenige Ausnahmen – obligatorische Hakenkreuz getragen werden dürfen. Dieses wurde daher beim Eisernen Kreuz sowie dessen Erweiterungsstufen – wie bei den ersten Eisernen Kreuzen aus der Zeit der Befreiungskriege – durch drei Eichenblätter ersetzt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 

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Das Eiserne Kreuz auf dem Denkmal zur Völkerschlacht bei Leipzig in Sagard auf Rügen.

Den Anlass der Ordensstiftung gaben die beginnenden Befreiungskriege gegen die Vorherrschaft des napoleonischen Frankreich in Mitteleuropa, zu denen Friedrich Wilhelm III. kurz zuvor mit seiner am 17. März 1813 gleichfalls in Breslau erlassenen Proklamation »An mein Volk« aufgerufen hatte. Auf Grundlage einer Zeichnung des Königs wurde Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer entsprechenden Reinzeichnung beauftragt. Wörtlich heißt es dazu:

»Se. Königl. Maj. haben beschlossen, für die Dauer des jetzigen Krieges eine eigenthümliche Auszeichnung des Verdienstes eintreten zu lassen. Sie soll in einem schwarzen in Silber gefaßten Kreuz aus Gußeisen bestehen, und dessen Vorderseite ganz glatt und ohne alle Inschrift bleiben, die Kehrseite aber zu oberst den Namenszug FW mit der Krone, in der Mitte drey Eichenblätter, unter die Jahreszahl 1813 enthalten. Se. Maj. haben allerhöchstselbst die anliegende Zeichnung davon entworfen, und wünschen eine sauber ausgeführte Zeichnung.«

 

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Foto: Wikimedia Commons / Concord

Das Emblem der DDR mit Eichenlaub über dem Eingang zum Opernhaus in Leipzig.

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Der alte 5-Mark-Schein, es gab ihn bis zum 1. Januar 2002

 

Lorbeer

Der Lorbeerkranz ist ein Symbol und ein Insigne für eine besondere Ehre oder Auszeichnung, insbesondere für einen Sieg oder einen besonderen Erfolg. Daher wird er auch als Siegerkranz bezeichnet.

Im Deutschen Reich wurden nach militärischen Siegen Ehrenmale mit dem Motiv der Göttin Victoria (lat. für Sieg) errichtet. Dabei wird diese oft mit erhobenem rechten Arm dargestellt, einen Lorbeerkranz haltend. In Berlin erhebt die Victoria auf der Siegessäule einen Lorbeerkranz, während das Eiserne Kreuz an ihrem Speer von Eichenlaub umkränzt ist.

Zahlreiche Abbildungen, Abzeichen, Orden wie zum Beispiel der Nationalorden der französischen Ehrenlegion, Rüstungen und andere Militaria zeigen Lorbeerkränze, so beispielsweise die U-Boot-Frontspange der reichsdeutschen Kriegsmarine.

Nach Wikipedia, abgerufen am 14. November 2019


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Allegorie über Friedrich den Großen als Gründer des deutschen Fürstenbundes 1785, Gemälde von Bernhard Rode  (1725–1797)

 

MP Sehlen Lorbeer Muetze web

Uniformkäppi für den General der Schweizer Armee mit lorbeerumkränztem Spiegel

 

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Foto: Wikimedia Commons / 2006 David Monniaux


Nationalorden der französischen Ehrenlegion mit Eichenlaub und Lorbeerzweig

 

MP Sehlen Lorbeer U Boots Frontspange 57er web

 

U-Boots-Frontspange in der 57er Version, abgebildet im Bundesanzeiger Nr. 41 vom 28. Februar 1958, mit Lorbeerkranz und je sechs Eichenblättern an den Seiten.

Die U-Boot-Frontspange wurde am 15. Mai 1944 vom Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Großadmiral Karl Dönitz in Bronze und am 24. November 1944 in Silber gestiftet. Sie konnte an alle Besatzungsmitglieder von U-Booten verliehen werden, die sich im Fronteinsatz bewährt haben.
 

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Die Tafel für die Soldaten der Deutschen wehrmacht

Auch wenn sie an einem Kriegsverbrechen beteiligt waren, halte ich die meisten Soldaten nicht für Verbrecher. Der Vater meiner Frau wurde als einfacher Soldat am 25. Dezember 1942 in der »Schlacht um Stalingrad« getötet. Er war nie stolz darauf gewesen, in der Wehrmacht zu dienen. Und er wollte gewiss kein Held sein. Ob er, wie leider viel zu wenig andere, nach Kriegsende zu der Erkenntnis gekommen wäre, dass er einem verbrecherischen deutschen Größenwahn gedient und dafür auch sein eigenes Leben eingesetzt hatte, weiß ich nicht. Für diesen Mann gibt es keine Grabstätte, nicht einmal auf einem Soldatenfriedhof. Es gab nur die Mitteilung des Vorgesetzten: »Möge die Gewissheit, dass ihr Gatte sein Leben für die Größe und den Bestand von Volk, Führer und Reich hingegeben hat, Ihnen ein Trost sein«. Eine trostlose Verhöhnung.

Pastor i.R. Ulrich Hentschel, ehemaliger Studienleiter für Erinnerungskultur der Ev. Akademie der Nordkirche zum Volkstrauertag 2019

 

Bedenkt man, dass die damals bei der Denkmalserrichtung Beteiligten fast ausnahmslos den Krieg, in welcher Form auch immer, selbst miterlebt hatten, ist es nachvollziehbar, dass ein Projekt zur Ehrung der gefallenen Soldaten Unterstützung fand. Dieses Festhalten am militärischen Gedenken wie auch die Selbstwahrnehmung der Soldaten als Opfer war seinerzeit schlüssig, doch für uns ist es heute »angesichts rechtsextremer Tendenzen unter den Veteranen und des aufwühlenden Streits um den verbrecherischen Charakter des nationalsozialistischen Krieges« (Kühne Thomas: Zwischen Vernichtungskrieg und Freizeitgesellschaft, S.92 in Nachkrieg in Deutschland) erschreckend. So waren die Veteranen, ihre Kriegserfahrungen, Erzählungen und Denkweisen in den ersten Jahren des Wiederaufbaus noch integraler Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Je ziviler und pluralistischer sich diese in den nächsten Jahrzehnten entwickeln sollte, desto isolierter würden viele Veteranen der Wehrmacht mit ihrer Weltsicht werden.

Der kalte Krieg stellte zunächst die Voraussetzung für das kollektive Vergessen der kriegerischen Extreme dar. Doch spätestens im Jahr 1995, mit Eröffnung der Wanderausstellung »Verbrechen der Wehrmacht« und der fotografischen Dokumentation der Kriegsverbrechen wurde mit dem Mythos der »Sauberen Wehrmacht« aufgeräumt. Indem die Täter der Wehrmacht ins Zentrum rückten, traten die persönlichen Opfer und Entbehrungen, die viele Soldaten zweifelsohne erlebt hatten, in den Hintergrund. Die polarisierte Sichtweise ist inzwischen differenzierter geworden. Heute ist bekannt, dass unter den Soldaten sowohl überzeugte Kämpfer, Mitmarschierer, Freiwillige, aber auch an die Front Gezwungene waren.

zitiert aus: Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt, Aschendorff Verlag, 2018, S.93f

 

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Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 60/61. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

 

Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat. Reinhart Koselleck meint dazu: »Gestorben wird alleine, zum Töten des Anderen gehören zwei. Die Fähigkeit des Menschen, seinesgleichen umzubringen, konstituiert vielleicht mehr noch menschliche Geschichte als seine Grundbestimmung, sterben zu müssen.«

Clemens Tangerding, Für Deutschland gestorben, Dlf 18.11.2012

 

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Historische Postkarte

Viel hat sich nicht verändert seit der Zwischenkriegszeit. Der schmiedeeiserne Zaun mit den Speerspitzen ist dazugekommen und natürlich das Gedenken an die toten Soldaten des 2. Weltkriegs.


MP Alt Meteln Karte Zwischenkriegszeit web

 

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
»Deutschland muss leben ...«
Der Findlingsmythos
Die Schrift
Die neue Tafel
Der historische Ort

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Alt Rehse

Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Ein runder Findling vor dem Eingang zur Kirche und zum Friedhof trägt über den Namen der getöteten Soldaten die Inschrift:

Den Heldentod starben aus der Gemeinde Alt-Rehse
1914 – 1918

Darunter:

Deutschland muß leben
auch wenn wir sterben müssen

Er wurde 1937, kurz vorm 2. Weltkrieg, aufgestellt.

MP Alt Rehse 

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Die Geschichte

Der Stein stand zu DDR-Zeiten unbeachtet hinter dem Kulturhaus, die Inschrift war verblichen und nicht mehr zu entziffern. 1992 holten Alt Rehser Bürger ihn hervor und stellten ihn an die Mauer zum Kirch- und Friedhof.

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• Die Fahrt auf der Baggerschaufel durchs Dorf Alt Rehse

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• Das Ziel: An der Steinmauer zum Kirch- und Friedhof soll er stehen

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• Mit vereinten Kräften wird der Stein ausgerichtet

Erst als die verblasste Schrift nachgemalt worden war, konnte man die Inschrift lesen. Was nun?

Wir danken dem Ehepaar Krug von der Pension »Altes Pfarrhaus« für die Fotos aus dem Jahr 1992.

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»Deutschland muss leben ...«

Die Zeile »Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen!« stammt aus dem Gedicht »Soldatenabschied« von Heinrich Lersch. Unter dem Eindruck seiner Einberufung 1914 schrieb er es in das Gebetbuch seiner Mutter.

MP Alt Rehse Lied

Heinrich Lersch (1889 - 1936) wurde zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus, im Mai 1933, in die Preußische Akademie der Künste berufen. Im Oktober 1933 gehörte er zu den 88 deutschen Schriftstellern, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterzeichneten. Nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg unterzeichnete er am 19. August 1934 einen Aufruf der Kulturschaffenden anlässlich der Volksbefragung zur Vereinigung des Amtes des Reichskanzlers und Reichspräsidenten in der Person von Adolf Hitler. Im August 1935 trat Lersch in die NSDAP ein,im selben Jahr erhielt er den mit 200 Mark dotierten Rheinischen Literaturpreis.

Nach Kriegsende wurden in der Sowjetischen Besatzungszone Lerschs Werke »Deutschland muss leben« (1914), »Herz! Aufglühe dein Blut!« (1916), »Klinge hinaus, schlagender Schall« (1940), »Wir Werkleute« (1936) und »Das dichterische Werk« (1944) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.

nach Wikipedia, abgerufen am 20.7.2015

 

Auf mehreren Kriegerdenkmäler auf dem Gebiet der Nordkirche ist diese Zeile zu lesen, auch in Hamburg. 1979 veröffentlichte eine Autorengruppe um Roland Jaeger das Buch »Ein Kriegsdenkmal in Hamburg«. Lesen sie hier den Beitrag zu Heinrich Lersch. Wir danken den Autoren, dass wir die Seite zur Verfügung stellen können.

Jäger u.a. Lerschgedicht


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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Die Schrift

     MP Alt Rehse Schrift web       

Aus der Werbeschrift einer Satzanstalt im »Dritten Reich«

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Die neue Tafel

             MP AltRehse neue Tafel web

Auf den rechten Pfeiler der Eingangspforte zum Kirchhof ist kürzlich eine Bronzetafel angebracht worden, um dem martialischen Spruch auf dem Findling etwas entgegenzusetzen. Die Inschrift lautet:

Wir gedenken der 12 Gefallenen aus Alt Rehse, die im II. Weltkrieg ihr Leben ließen.
Wir trauern um die zahllosen anderen Opfer von Krieg, Gewalt, Vertreibung und jeder Art von Unmenschlichkeit.
Wir mahnen zu Versöhnung, Verständigung und Frieden.
Wir bitten bewahrt die Schöpfung, achtet das Leben, seid menschlich

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Der historische Ort

Im Jahre 1935 wurde in dem kleinen mecklenburgischen Ort Alt Rehse in der Nähe Neubrandenburgs eine »reichsweit« einmalige Einrichtung für die ideologische Schulung von deutschen Ärztinnen und Ärzten, Hebammen, Apothekern sowie Angehörigen der gesundheitspolitischen Institutionen eröffnet. Gleichzeitig wurden die alten Gutsarbeiterhäuser des Ortes abgerissen und Alt Rehse zu einem nationalsozialistischen Musterdorf umgestaltet.
Die »Führerschule der Deutschen Ärzteschaft Alt Rehse« wurde von vielen führenden Nationalsozialisten besucht und nahm innerhalb der ärztlichen Fortbildung im »Dritten Reich« eine zentrale Rolle ein.
Hier vermittelte man den Schulungsteilnehmerinnen und Teilnehmern die ideologische Ausrichtung auf die weltanschaulichen und rassenpolitischen Zielsetzungen der NS-Gesundheitspolitik.
Auf der Grundlage von »Eugenik« beziehungsweise »Rassenhygiene« wurde von den Dozenten eine Gesundheitspolitik verbreitet, die zu den gesetzlich vorgeschriebenen Zwangssterilisationen an so genannten »rassisch minderwertigen« und angeblich »erblich belasteten« Menschen bis hin zum tausendfachen Mord an Patientinnen und Patienten in den Heil- und Pflegeanstalten führte.
In der Ausstellung »Alt Rehse und der gebrochene Eid des Hippokrates« wird dokumentiert, in wie weit sich Ärztinnen und Ärzte, aber auch Hebammen, Apotheker und Verwaltungsmitarbeiter in den Dienst des Nationalsozialismus haben stellen lassen oder in die Verbrechen der NS-Diktatur verstrickt sind. Zudem wird auf historische Hintergründe von Eugenik und Euthanasie verwiesen.

Wir sind bemüht, so viele Informationen wie möglich zur Verfügung zu stellen und neben der Ausstellung zukünftig auch weitere Veranstaltungen durchzuführen. Alt Rehse ist ein historischer Standort, dessen Bedeutung niemals in Vergessenheit geraten sollte. Deshalb bemühen wir uns um ein flächendeckendes Bekanntwerden der Einrichtung und der Erforschung der historischen Hintergründe. Als gemeinnütziger Verein werden wir nur beschränkt gefördert. Deshalb freuen wir auf über jedwede finanzielle Unterstützung und Spenden.

       Stein www.ebb alt rehse

Zitiert von der Website der Erinnerungs- Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse e.V.

www.ebb-alt-rehse.de

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Zustand vor 20 Jahren
Historische Postkarten
1916: Feierliche Nagelung
Die Gegenüberstellung

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Bad Doberan

Landkreis Rostock

Das Kriegerdenkmal für die getöteten und vermissten Soldaten aus Doberan stand auf dem Buchenberg bei der Klosterkirche. Im Volksmund wurde es »Backenzahn« genannt. Es war ein hoher Klinkerbau im expressionistischen Stil mit quadratischem Grundriß. Durch hohe, sich nach oben verjüngende Zwischenräume konnte man ins Innere treten. Es war Ende der 1920er Jahre gebaut worden, entworfen vom Architekten und Baumeister Hans Carlson aus Bad Doberan, der damals auch die Baukosten bezahlt hatte. Im Inneren stand eine gemauerte eckige Säule mit eingelassenen Terrakottaplatten, auf denen die Widmung und die Namen der toten und vermissten Soldaten zu lesen waren. Auf der Urkunde als Spendenbestätigung für Spender anlässlich der Grundsteinlegung 1926 stand:
»Zur Erinnerung an die, die ihre Treue zum Vaterlande mit dem Tode besiegelt haben. Im Jahre tieffster Erniedrigung Deutschlands und größter wirtschaftlicher Not 1926/27 opferte unser lieber Mitbürger ......... zur Errichtung des Ehrenmals für die im Weltkriege 1914/18 gefallenen Helden einen Geldbetrag von ... RM, was mit tiefem Herzensdank bescheinigt wird«.


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Hier können Sie sich das Dokument aus dem Jahr 1926 ansehen:

Spendenbescheinigung


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Die Geschichte

Das ursprüngliche Kriegerdenkmal war baufällig geworden und da die Stadt kein Geld zur Verfügung stellen konnte, gründeten besorgte Bürger den Verein »Denkmale Bad Doberan e.V.«, um den »Backenzahn« zu retten. Die Stadt hatte einen Vertrag geschlossen, in dem der Verein das Recht erhielt, die Sanierung zum Erhalt des Denkmales vorzubereiten und durchzuführen. Zu den bewilligten Fördermitteln des Landesamts für Denkmalspflege sollten Bürgerspenden für die Reparaturarbeiten gesammelt werden. Am 22. Dezember 2000 war der Zustand des Denkmals jedoch so gefährlich geworden – unterhalb des Denkmals verläuft die Bundesstraße 105 – dass der Stadtrat den Abriss genehmigte. Die Terrakottaplatten wurden eingelagert und der Rest des »Backenzahns« war Bauschutt.

Vier Jahre später begannen der Verein und der neu entstandene »Freundeskreis Backenzahn«, insgesamt 25 Mitglieder, den Wiederaufbau zu planen. Bis 2007 konnte die Stadt kein Geld dazu geben, aber dann ab 2008 bot der Verein »Denkmale Bad Doberan e.V.« schon Führungen und Erläuterungen zur Geschichte und zum Wiederaufbau des Denkmals »Backenzahn« an. Jetzt steht er da, ohne die Säule im Inneren und ohne Mauereinfassung, aber doch als »Backenzahn« zu erkennen. Der Neubau hat 252.000 Euro gekostet.

 

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Foto: Wikswat@de.wikipedia / Wikipedia Commons

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Das Denkmal steht in direkter Sichtachse zum Münster und zur Klosteranlage. Rechts und links vom weißen Kreuz ist je eine Birke gesetzt worden.

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                    Fotos: An-d / Wikipedia Commons

Heute steht ein schlichtes weißes Holzkreuz vor dem Denkmal.

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Zustand Vor 20 Jahren

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1996 steht noch die Klinkerumfassung und die gemauerte eckige Säule im Inneren des »Backenzahns« mit der Widmung und den Namen der toten und vermissten Soldaten auf eingelassenen Terrakottaplatten. Am Mauerwerk sieht man Schäden und Graffiti.

             MP BadDoberan 1995 Schimanke2 web

                Fotos: Margrit Schimanke


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Historische Postkarten

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MP Doberan Karte web

Auf den Postkarten ist die Denkmalsanlage in ihrem ursprünglichen Zustand zu sehen. Eine in etwa mannshohe Klinkermauer umgab den »Backenzahn«, an allen vier Seiten waren je nach Gefälle zwei- bis sechsstufige Treppen eingelassen. Im Inneren sieht man die gemauerte Säule mit Widmung (1914 1918) und Namen.

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1916: Feierliche Nagelung

Um die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung zu erhöhen, wurden in dieser Zeit überall in Deutschland »Nagelungen eines Gedenkzeichens« durchgeführt. Es wurden Nägel verkauft, die dann in ein vorgefertigtes »Kriegswahrzeichen« gehauen wurden. Die Spenden kamen in Bad Doberan der Kriegsfürsorge zugute, zur Unterstützung von Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen.


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Lesen Sie hier die Argumente von Magistrat und Bürgerausschuss:

Feierliche Nagelung

 
Wir danken sehr herzlich Margrit Schimanke, die uns all diese Dokumente zur Verfügung gestellt hat.

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Die Gegenüberstellung

In der Nähe des Kriegerdenkmals, im Bachgarten der Klosteranlage, steht seit 1986 das Denkmal für die Opfer des Faschismus in Bad Doberan, geschaffen von Reinhard Dietrich. Er nimmt das Motiv der Mauerspalten des »Backenzahns« auf und interpretiert sie als beängstigende Zwangslage von gequälten Menschen, die sich aber doch schließlich nach oben befreien können. Diese Denkmal steht – im Gegensatz zum neu aufgebauten »Backenzahn« – in der Liste der Baudenkmale in Bad Doberan.

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Foto: Schiwago / Wikipedia Commons


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I N H A L T
Das Denkmal
Findlinge
Das Eiserne Kreuz
»Lerne vom Militär!«
Die Info-Tafel am Bahnhof
»Unaufklärbar? Das tödliche Versagen von Bad Kleinen«
»Ein Ort schließt ab«
Literaturtauglich

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Bad Kleinen

Landkreis Nordwestmecklenburg, am Nordufer des Schweriner Sees.

Wenn man mit dem Zug nach Bad Kleinen fährt und aus dem Bahnhof tritt, dann steht man vor dem Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Es ist denkmalsgeschützt.

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Eine abgerundete Straßenabzweigung ist zu einem großzügigen Denkmalsplatz gestaltet worden. Zur Straße wird er durch mit Ketten verbundenen Pfeilern abgegrenzt – ganz nach dem Muster vieler Denkmalsanlagen, die nach dem 1. Weltkrieg eingerichtet wurden. Damals waren die Ketten ein Sinnbild für die Fesseln des Versailler »Schandvertrags«, Jahre später wurden sie dann oft symbolisch von den örtlichen Nationalsozialisten zerschlagen.

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Eine ziemlich neue Mauer markiert die Grenze zwischen dem gepflasterten Vorplatz und dem Zugang zum Denkmal. Die Mauer aus bunten Feldsteinen ist mit einer Zementlage abgedeckt und trägt an den abgeflachten Seiten je eine Schmuckkugel.

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Drei Steinstufen führen auf den erhöhten Denkmalsplatz, ein Plattenweg geht zum ursprünglichen Denkmal.

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Die alte Anlage beginnt mit einem Streifen Kopfsteinpflaster, einem schmalen Beet bis zum eckigen Betonsockel, der einen massigen, hohen Findlingsstein trägt.

MP Bad Kleinen Tafel web


In den vorne abgeflachten Findling ist eine Gussplatte mit einer gewölbten Blattdekorumrandung eingelassen.

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Oben sehen wir die typische Symbolik der Kriegerehrung: Das Eiserne Kreuz mit Kontur in der Ausgestaltung der zweiten Stiftung: Krone, »W« für Wilhelm II und 1914 für das Stiftungsjahr. Dieses militärische Ehrenzeichen wird auf Kriegerdenkmälern toten Soldaten posthum und kollektiv verliehen. Ihr Kriegstod wird von den Denkmalsstiftern als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet. Siehe auch weiter unten das Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

Eingerahmt wird das Ehrenzeichen von überkreuzten Zweigen aus Lorbeer- und Eichenlaub. Der Lorbeer steht traditionell für den Sieg (fake news, wie wir im Fall des 1. Weltkriegs wissen) und die Eiche wird als Symbol der deutschen Nation verstanden.


MP Bad Kleinen Inschrift Namen web


Es folgt mittig gesetzt die Widmung der Stifter:

IHREN IN DEM WELTKRIEG 1914-1918
FÜR IHR VATERLAND GEBLIEBENEN
GEW. VOM RESERVE–LANDWEHRVEREIN
UND DER GEMEINDE BAD–KLEINEN

»Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006, S. 94


Es folgt die Liste der toten Soldaten: Es werden 26 Namen aufgezählt, zuerst der Familienname, der nachfolgende Vorname ist meist abgekürzt. Für jeden Soldaten wird dann der militärische Rang genannt, er wird immer abgekürzt. Siehe dazu weiter unten das Kapitel »Lerne vom Militär!«.

Am Ende jeder Zeile steht der Todestag mit voran gestelltem Eisernen Kreuz, will heißen: der Soldat ist ehrenvoll im Kampf gestorben. Es zeigt sich, dass ein gutes Drittel der Soldaten aus Bad Kleinen schon im ersten Kriegsjahr ums Leben kamen.

 

MP Bad Kleinen seitlich web


Der riesige Findling muss an den Seiten abgestützt werden.

 

MP Bad Kleinen von hinten web


Ringsherum ist der stützende Beton mit kleineren Findlingen belegt worden.

 

MP Bad Kleinen Blick zum Bahnhof web


Der Blick zum Bahnhof: auffällig und aufwändig die neue Fußgängerbrücke zu den Bahnsteigen, die 2018 eingeweiht wurde. Die letzten vier Kapitel widmen sich den Vorgängen, die sich im Sommer 1993 auf dem Bahnhofsgelände abgespielt haben.


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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche«, Januar 1940.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. 

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

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»Lerne vom Militär!«

26 Männer aus Bad Kleinen sind im 1. Weltkrieg zu Tode gekommen, alle werden mit ihrem militärischen Rang genannt, sie bleiben auch im Tod Soldaten.

Inf., Füsil., Untof., Musk. und Kan. – die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten und ihre Abkürzungen sind uns heute fremd, damals kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

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›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

... und noch eine revanchistische Postkarte »Deutsche Jugend« nach dem 1. Weltkrieg:

SH Marienwarder Deutsche Jugend 1WK web


Heil Dir Deutschland, deine Zukunft
             Schimmert vor dir hell und klar
Denn der Heldensinn der Väter
             Schlummert in der Jugend Schaar.

Aber auch 1956 billigt ein Leser der Frankfurter Illustrierten dem Militär, damals der gerade neu gegründeten Bundeswehr, in einem Leserbrief erzieherische Expertise zu:

Frankfurter Illustrierte 1956 leserbrief web


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Die Info-Tafel am Bahnhof

Hier, mit dem Bahnhof im Rücken und der Kriegerdenkmalsanlage im Blick, erfährt man Wissenwertes über »Die Eisenbahngeschichte« von Bad Kleinen.

MP Bad Kleinen Tafel Denkmal web


Der letzte Absatz der »Chronik Bad Kleinen« befasst sich mit einem Einsatz der GSG-9, einer Spezialeinheit der deutschen Bundespolizei zur Bekämpfung von Schwerst- und Gewaltkriminalität sowie Terrorismus, am 27. Juni 1993:

MP Bad Kleinen Text Infotafel web2

 

... Alles andere ist bekannt? Was war denn da los?

Bei Wikipedia lesen wir: »Der GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen war ein Polizeieinsatz am 27. Juni 1993, bei dem die RAF-Terroristen Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams im mecklenburgischen Bad Kleinen festgenommen werden sollten, nachdem der V-Mann Klaus Steinmetz die Behörden über ein Treffen informiert hatte. Hogefeld wurde in der Unterführung des Bahnhofs Bad Kleinen festgenommen, während Grams zunächst auf den Bahnsteig fliehen konnte. [...]

Noch Jahre nach den Vorfällen griffen Texte und Bücher die behördlichen Untersuchungsergebnisse an. Auch in öffentlich-rechtlichen Medien sind Zweifel geblieben. Die Sendung Monitor hielt auch nach dem Abschluss der staatsanwaltlichen Untersuchung 1994 an der Mordthese fest. 2013 stellte die ARD-Dokumentation Endstation Bad Kleinen von Anne Knauth ergebnisoffen Indizien für Mord bzw. Selbstmord nebeneinander.

Auf dem Bahnhofsgelände gibt es keinen Hinweis auf das Ereignis; eine Gedenktafel für Michael Newrzella befindet sich in Neustrelitz, eine solche für Wolfgang Grams wurde privat von Unterstützern im Juli 1993 im Bahnhofstunnel installiert, in der folgenden Nacht aber von der Deutschen Bahn abgenommen. [...]


MP Bad Kleinem Tafel Wolfgang Grams webFoto: Signum

Bei einem Umbau des Bahnhofs zwischen 2016 und 2018 wurden alle Bahnhofsgebäude und der Tunnel abgerissen und die Gleisanlagen völlig verändert.«

Wikipedia, abgerufen am 13. November 2022


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»Unaufklärbar? Das tödliche Versagen von Bad Kleinen«

Am 7. Juli 2022 sendet der NDR diesen Beitrag:

»Am 27. Juni 1993 starben bei einem missglückten Einsatz auf dem Bahnhof Bad Kleinen der mutmaßliche RAF-Terrorist Wolfgang Grams und ein GSG9-Beamter. Bis heute steht der Fall für das Versagen von Behörden.

Die beiden Todesopfer des missglückten GSG9-Einsatzes in Bad Kleinen am 27. Juni 1993: Michael Newrzella und Wolfgang Grams. Der eine ist Beamter der Spezialgruppe GSG9. Der andere ein mutmaßlicher Terrorist der Rote Armee Fraktion (RAF). Jahrelang halten sich Vorwürfe und Gerüchte über eine angebliche Hinrichtung des Verdächtigen. Vollständig aufgeklärt werden die Vorgänge nie. Damit steht der Vorfall auch fast drei Jahrzehnte nach den tödlichen Schüssen auf dem Bahnsteig von Bad Kleinen bis heute für ein schweres Versagen der beteiligten Behörden und Einsatzkräfte.

Die RAF und die Vorgeschichte von Bad Kleinen. Wie es dazu kam? Im Frühsommer 1993 scheint die RAF langsam in die Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Ein Jahr zuvor hatte sie in einem Schreiben den Verzicht auf weitere Mordanschläge erklärt. Doch am 27. März 1993 sprengen unbekannte Täter das brandneue Gebäude des Gefängnisses Weiterstadt bei Darmstadt. 123 Millionen Mark Schaden entstehen, Menschen werden nicht verletzt. Die RAF bekennt sich zu dem Sprengstoffanschlag. Es ist die sogenannte dritte Generation der RAF. Den Kampf hat sie noch nicht aufgegeben.

Die ›Meisterleistung‹ des verdeckten Ermittlers. Was zu diesem Zeitpunkt kaum einer weiß: Den Ermittlungsbehörden ist es gelungen, einen V-Mann in die RAF einzuschleusen. Klaus Steinmetz, seit Jahren in der linken Szene aktiv, berichtet dem Verfassungsschutz seit 1992 regelmäßig von Treffen mit RAF-Mitgliedern. ›Das war eine Meisterleistung‹, schwärmt der damalige Leiter der Abteilung für Terrorismusbekämpfung im BKA, Rainer Hofmeyer, noch Jahre später. Eine Meisterleistung, die in einer Katastrophe endete.

Operation ›Weinlese‹ und die RAF im Urlaub. Als die Verfassungsschützer hören, dass Steinmetz sich im Juni 1993 mit Birgit Hogefeld in Bad Kleinen treffen will, entschließt sich der Generalbundesanwalt Alexander von Stahl zum Zugriff. Hogefeld gilt zusammen mit Wolfgang Grams als Spitze der dritten Generation der RAF. Und diese Generation wird verantwortlich gemacht für Morde an neun Menschen. Unter dem Decknamen ›Weinlese‹ untersuchen BKA, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft, wo und wie man Hogefeld festnehmen kann. Steinmetz und Hogefeld planen einen Kurz-Urlaub in Wismar. Dort soll der Zugriff erfolgen. Der Bahnhof in Bad Kleinen wird ebenfalls in Betracht gezogen – und wieder verworfen. Zu unübersichtlich, zu gefährlich.

Der Tag des Einsatzes. Am 27. Juni 1993 stehen knapp 100 Polizisten bereit, von normalen Beamten bis hin zu Spezialisten der GSG9. Diese sollen Hogefeld und zum Schein auch V-Mann Steinmetz auf dem Weg zum Bahnhof in Wismar aus einem Kleinbus heraus überwältigen. Über eine Wanze, die sie Steinmetz untergeschoben haben, hört der Einsatzleiter Jürgen Peter, wie Birgit Hogefeld erwähnt, dass sie heute noch Freunde treffen will. Sekunden vor dem Zugriff entscheidet Peter: Abwarten! ›Letztlich bin ich verantwortlich für den Tod dieser zwei Menschen‹, sagt Peter Jahre später in der Dokumentation ›Endstation Bad Kleinen‹ von Anne Kauth.

Zugriffsort doch Bad Kleinen. Denn nun müssen die Einsatzkräfte in Windeseile einen neuen Plan aufstellen – nach Monaten der Planung. Der Zugriff soll nun doch auf dem Bahnhof in Bad Kleinen erfolgen. Dort warten am Mittag Hogefeld und Steinmetz in einer Gaststätte auf diese ›Freunde‹. Gegen 14 Uhr holt Hogefeld einen Mann vom Bahnsteig 1/2 ab. Es ist Wolfgang Grams. Die Ermittler können ihn zunächst nicht identifizieren. Zu dritt essen Hogefeld, Steinmetz und Grams in der Gaststätte ›Billard-Café‹ eine Kleinigkeit. Die BKA-Spitze entscheidet: Zugriff beim Verlassen des Lokals.

Wie viele ›Freunde‹ waren in Bad Kleinen? In einem Bericht der FAZ heißt es 2001, dass zwei weitere RAF-Mitglieder vor Ort gewesen seien – ›außer Hogefeld auch Klette und Staub‹. Das bewiesen Fingerabdrücke. Daniela Klette und Ernst-Volker Staub sind bis heute nicht gefasst.

Das Wort ›wenn‹. Die 37 GSG-9-Männer unter den 100 Polizisten sollen den Zugriff in der Unterführung zu den Gleisen leisten. Alle Fluchtwege sind versperrt. Als das Trio schließlich aufbricht, kommt es zu einer folgenschweren Panne: Ein GSG9-Mann auf dem Bahnsteig 4/5 hört über Funk die Durchsage ›Zugriff erfolgt ...‹ und läuft die Stufen hinab zur Unterführung. In diesem Moment ist der Zugriff jedoch noch nicht geschehen. Die Anweisung lautete ›Wenn der Zugriff erfolgt‹ mit dem Zusatz, ein verdächtiges Fahrzeug vor dem Bahnhof zu kontrollieren. Der Beamte läuft dem RAF-Trio beinahe in die Arme. Der Fluchtweg nach oben auf das Gleis 4/5 ist somit unbewacht.

Zehn Sekunden auf einem Bahnhof in Mecklenburg. Der Zugriff ist jedoch nicht mehr zu stoppen. Sieben GSG-9ler stürzen auf Hogefeld, Grams und Steinmetz zu. Hogefeld und Steinmetz werden augenblicklich überwältigt. Grams reagiert blitzschnell, entzieht sich dem Zugriff und flieht zum Bahnsteig 4/5 hinauf. Hinter ihm ein halbes Dutzend Beamter, ganz vorne Michael Newrzella. Auf dem Bahnsteig angekommen zieht Grams seine Waffe und feuert auf seine Verfolger. Die feuern zurück. Zehn Schüsse gibt Grams ab, 33 die GSG-9-Männer. Zwei von ihnen brechen getroffen zusammen. Newrzella wird von vier Kugeln getroffen; er ist 25 Jahre alt und stirbt wenig später an seinen Verletzungen. Auch Grams ist mehrfach getroffen. Er stürzt rücklings auf das Gleis und bleibt dort liegen. Auch er stirbt an seinen Schussverletzungen. Nach wenig mehr als zehn Sekunden ist alles vorbei.

Wer erschoss Wolfgang Grams? Wolfgang Grams starb offiziellen Angaben zufolge an einem Nahschuss in die Schläfe. Schnell kommt das BKA zu der Annahme: Suizid. Doch immer mehr Ungereimtheiten sorgen für Spekulationen: Eine Kiosk-Verkäuferin auf dem Bahnsteig will gesehen haben, dass die Beamten aus nächster Nähe auf Grams geschossen haben. Ein anonymer Polizeibeamter berichtet dem Spiegel-Autor Hans Leyendecker von einem gezielten Nahschuss der GSG-9-Männer auf Grams. Zudem sagt keiner von Dutzenden Polizisten aus, er habe Grams den Selbstmord tatsächlich begehen sehen. Im Gegenteil: Die verfolgenden GSG-9-Männer wollen Grams in den entscheidenden Sekunden nicht im Blickfeld gehabt haben.

Eltern des getöteten Beamten werden bedroht. Auch völlig Unschuldige geraten in den Konflikt. So müssen die Eltern des getöteten Beamten Newrzella jahrelang mit Anfeindungen aus der linken Szene leben. Aktivisten drohen damit, den Leichnam des Polizisten auszugraben und ›auf den Müll‹ zu werfen. Ihr Sohn wird zudem immer im gleichen Atemzug mit dem Terrorverdächtigen genannt. Für die Regierung ist Newrzella ein Symbol für den Angriff auf den Staat. Selbst Bundesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) kommt zur Beerdigung. Es wird eine seiner letzten Amtshandlungen sein.

Bundesinnenminister tritt zurück. Bis heute ist unklar, wie viele Beamte auf der Treppe oder vom gegenüberliegenden Bahnsteig aus den Vorgang beobachteten. Neben dem erfolglosen Versuch, die Existenz des V-Mannes Steinmetz zu vertuschen – schon wenige Stunden später berichten die Medien über einen dritten Mann – fachen die Behörden durch immer widersprüchlichere Aussagen die Spekulationen weiter an. ›Der Spiegel‹ spricht von einer ›Tötung wie eine Exekution‹ (Heft 27/1993). Seiters reicht seinen Rücktritt ein. Es ist der erste von insgesamt zehn Rücktritten infolge der Operation ›Weinlese‹. Der Generalbundesanwalt wird des Amtes enthoben und auch im Bundeskriminalamt werden hohe Beamte zwangsversetzt.

GSG-9-Aussagen ›gänzlich abwegig‹? Mehrere Untersuchungen sollen für Klarheit sorgen. Die Staatsanwaltschaft Schwerin verhört die beiden GSG-9-Beamten, die Grams auf dem Gleis gestellt hatten, und kommt zu dem Ergebnis, dass die Aussagen zum Teil ›gänzlich abwegig‹ seien. Teilweise stellten sich die Einlassungen der Zeugen als ›erdichtet‹ heraus, so der Abschlussbericht aus Schwerin.

Wurde Grams die Waffe entwendet? Als unabhängige Behörde wird die Staatsanwaltschaft Zürich hinzugerufen, um den Tod von Grams zu untersuchen. Die Schweizer Gutachter bestätigen zwar Grams’ Waffe als Tatwaffe. Ein Selbstschuss sei plausibel. Eine Schramme an Grams' Hand bringt die Experten aber dazu, ein gewaltsames Entwenden der Waffe aus der Hand nicht auszuschließen.

Pannen, Vertuschungen und unverlässliche Zeugen. Weitere peinliche Pannen behindern die endgültige Aufklärung: Mögliche Schmauchspuren an der Hand von Wolfgang Grams hätten beweisen können, ob er die Waffe beim Nahschuss in der Hand hielt. In der Pathologie hatte man jedoch die Hand des noch nicht eindeutig identifizierten Grams gereinigt, um Fingerabdrücke nehmen zu können, und somit wichtige Spuren unwiederbringlich vernichtet. Das Projektil, das Grams tötete, wurde trotz intensiver Suche nie gefunden.

Hogefelds Waffe blieb zunächst unbemerkt. Die Behörden behaupten tagelang, Hogefeld habe das Feuer eröffnet, die Beamten hätten das Feuer lediglich erwidert. Schnell stellt sich heraus: Hogefelds Waffe wurde nie gezogen. Im Gegenteil: Sie wurde erst eine halbe Stunde später bemerkt, als die RAF-Frau bereits mit Handschellen im Polizeiauto saß. Die Kiosk-Verkäuferin ändert ihre Aussage mehrfach. Im Abschlussbericht wird ihr keinerlei Bedeutung mehr beigemessen. Auch der ›Spiegel‹-Zeuge hält Nachuntersuchungen nicht stand. Autor Leyendecker selbst rückt später von seiner Darstellung ab.

Fingerabdrücke und ein Haar. Bis heute hat die Polizei nur wenig Beweise gegen Wolfgang Grams in der Hand. 1985 entdeckte die Polizei eine konspirative Wohnung der RAF in Tübingen. Dort fanden sich neben anderen Spuren auch Fingerabdrücke von Grams. 2001, acht Jahre nach seinem Tod, wird er schließlich konkret mit einem Verbrechen der RAF in Verbindung gebracht. Mithilfe neuer DNS-Analyse können Spezialisten ein Haar, das am Tatort der Ermordung von Detlev Rohwedder im Jahre 1991 gefunden wurde, Grams zuordnen. Wolfgang Grams wurde von der Bundesanwaltschaft explizit nicht als Tatverdächtiger eingestuft. Dazu reichte das Haar nicht aus.

Vorgänge in Bad Kleinen ›nicht aufklärbar‹. Klaus Steinmetz lebt unter falschem Namen und Polizeischutz bis heute im Ausland. Birgit Hogefeld wurde im November 1996 vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main wegen Mordes, versuchten Mordes und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Juni 2011 wurde Hogefeld als letztes inhaftiertes RAF-Mitglied aus der Haft entlassen. Eine Klage auf Schadenersatz der Eltern von Wolfgang Grams wiesen insgesamt fünf Instanzen zurück, zuletzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, da die genauen ›Tathergänge nicht aufklärbar‹ seien.

Trotz langwieriger akribischer Untersuchungen kam nie ans Licht, was in Bad Kleinen wirklich geschah.«

 

Das sieht die Bundespolizei auf ihrer Website ganz anders:

MP Bad Kleinen GSG9 webFoto: Screenshot

»Trotz dieser Erfolgsgeschichte gibt es auch tragische Momente des Verlustes. So kam es bei der Festnahme der RAF-Terroristen Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams 1993 auf dem Bahnhof in Bad Kleinen zu einem Einsatz der GSG 9, bei dem der Polizeikommissar N. von dem RAF-Terroristen Grams erschossen wurde. Grams tötete sich anschließend selbst.

Des Weiteren verloren Tobias R. und Thomas H. ihr Leben im Einsatz. Im Rahmen eines Personenschutzeinsatzes im Irak 2004 geriet ihr Konvoi in der Nähe von Falludscha in einen Hinterhalt. Es kam zu einem starken Feuergefecht. Tobias R. und Thomas H. konnten nicht entkommen, der Leichnam von Thomas H. wurde bis heute nicht gefunden.

Gedenktafeln in der Eingangshalle des Hauptgebäudes der GSG 9 in Sankt Augustin erinnern an diese tragischen Verluste.«

Link zur Website der Bundespolizei

Link zum Bericht des NDR mit Fotos

YouTube-Link zum vierteiligen Film bei arte, ca. 50 Minuten


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»Ein Ort schließt ab«

Die Schweriner Volkszeitung im Juni 2018: »Die Polizei verfolgte im Juni 1993 in Bad Kleinen zwei RAF-Terroristen, doch der Einsatz endete mit zwei Toten. Daran erinnert nichts mehr. [...]

Der damalige Bürgermeister des 3500-Seelen-Orts, Hans Kreher, war ganz in der Nähe, als die Schüsse fielen, wie er erzählt. ›Das hörte sich an wie Maschinengewehrfeuer‹, erinnert er sich. Kurz darauf seien Hubschrauber gekommen. Als er sich ein Bild der Lage machen wollte, sei am Bahnhof bereits alles abgesperrt gewesen. Die Ereignisse vor 25 Jahren katapultierten den mecklenburgischen Ort in die Schlagzeilen, erschütterten das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat und stürzten die damalige Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden in eine Krise. [...]

›Gar nichts‹ erinnere mehr an diesen Schusswechsel, erzählt Kreher.

Es habe immer wieder Anträge gegeben, einen Gedenkort einzurichten. Dies sei aber nie umgesetzt worden. Und auch der letzte stumme Zeitzeuge ist mittlerweile passé. Die Unterführung, in der Hogefeld festgenommen wurde, gibt es nicht mehr. Gleis vier, auf dem Grams damals angeschossen lag, ist gesperrt. Bagger fahren über die Baustelle, Arbeiter renovieren den Bahnhof. ›Jetzt kommen die aus dem Westen und laden ihre Probleme auf uns ab‹, sei der Tenor gewesen, der damals herrschte, sagt Kreher. Heute werde innerhalb des Ortes kaum noch darüber gesprochen.«

Der komplette Artikel


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Literaturtauglich

Helga Schubert, Jahrgang 1940, hat 2020 für ihr Buch »Vom Aufstehen« den Ingeborg-Bachmann-Preis erhalten. Sie wohnt in der Nähe von Bad Kleinen und berichtet in ihrem Buch über die Ereignisse am dortigen Bahnhof:

»Wie immer auf dem Bahnhofsvorplatz dachte ich an den Hubschrauber der GSG 9, der damals hier landete, weithin zu hören und zu sehen, auch für die konspirativen Bockwurstesser in der Mitropa, an die schwarz maskierten Polizisten, die hundert Stufen in den Tunnel hinunterrennend, auch sie ungeschützt vor den Blicken der Bockwurstesser, die sich für den nächsten abfahrenden Zug entscheiden konnten, also Bahnsteig 1, die schwarzen Soldaten folgten einem Hinweis auf ein geheimes Treffen untergetauchter RAF-Leute, ausgerechnet hier am Ende der Welt in der verflossenen DDR, ich dachte an sie, wie sie im langen, tiefen Tunnel unter den Bahngleisen den Funkkontakt verloren und einer von einem der Meistgesuchten, der gerade Kaffee getrunken hatte in der Bahnhofskneipe mit Aussicht auf den Bahnhofsvorplatz und Hubschrauber, darum der Vorsprung bei seiner Flucht, aus nächster Nähe am Ende der Treppe zum Bahnsteig erschossen wurde, als er ihn lebend ergreifen wollte. Und wie auch der Meistgesuchte bald auf den Gleisen tot lag.

Man sollte den Osten nicht unterschätzen, seine Funklöcher, seine Leere, seine vollkommende Durchsichtigkeit. Sogar der Generalstaatsanwalt, ein Adliger, trat zurück.

Und die Bahn wagte nicht, eine Gedenktafel für den erschossenen GSG-9-Mann zu errichten wegen der Drohung angeblich fortschrittlicher Kräfte aus dem Westen, dann die Bahngleise sitzend zu blockieren. Ein Jahr später hörte ich im Radio, dass für ein paar Stunden ein Blumenstrauß und eine kleine Papptafel auf Gleis 1 im Bahnhof Bad Kleinen an den erschossenen jungen Soldaten erinnerten, und ich fuhr auch dahin mit einem Gartenblumenstrauß, alles war leer, aber im Hintergrund standen zwei groß gewachsene Männer, der eine vielleicht einer von denen, die ich im Fernsehen maskiert bei den Befragungen gesehen hatte: Hat einer von Euch den flüchtenden RAF-Mann mit dessen eigener Waffe erschossen, nachdem er euren Kollegen umgebracht hat? Warum habt ihr über ihm gekniet auf den Gleisen? Und wer von euch?«


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I N H A L T
Das Denkmal
Statistik
Das aufgegebene Land
Vaterlandslied »Der rechte Mann«
Ernst Moritz Arndt
Das Eiserne Kreuz
Der Findlingsmythos

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Bargischow

Landkreis Vorpommern-Greifswald

Zwei größere Findlinge übereinander, verbunden und gestützt durch vermauerte kleine Feldsteine stehen vor der Mauer zum Kirchhof. Das Denkmal, 1926 errichtet, ist den toten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet.

MP Bargischow

 

Der obere Findling trägt unter einem schwarzen Eisernen Kreuz in einer runden Vertiefung die Inschrift:

Ehre unseren gefallenen Helden
1914 – 1918


MP Bargischow Inschrift

Die Inschrift auf dem unteren Findling:

Der ist ein Mann,
der sterben kann für

Freiheit, Pflicht und Recht

Das Eiserne Kreuz und die Inschriften sind nach 2008 restauriert worden, siehe Foto von Dirk Eisermann weiter unten.

MP Bargischow hinten web

Auf der Rückseite des oberen Findlings steht:

Gem. (?)
Ev. Frauenhilfe
1926

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Statistik

Überregionale Aufmerksamkeit bekam Bargischow durch die hohen Wahlergebnisse der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands). Die NPD konnte in Bargischow bisher folgende Ergebnisse erzielen: Landtagswahl 2006 - 31,6 %, Kommunalwahl 2009 - 21,4 %, Landtagswahl 2011 - 22,1 %.

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Das aufgegebene Land

MP Bargischow Reportage

Foto: Dirk Eisermann

Ein kleines Dorf und ein großes Problem. Nazis in Vorpommern.
Eine Reportage von Wolfgang Bauer aus dem Jahr 2008. 

Wolfgang Bauer, 2008

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Vaterlandslied »Der rechte Mann«

1.
Wer ist ein Mann? Der beten kann, und Gott dem Herrn vertraut;
wenn alles bricht, er zaget nicht.
:: dem Frommen nimmer graut. ::

2.
Wer ist ein Mann? Der glauben kann, inbrünstig, wahr und frei,
denn diese Wehr trügt nimmermehr,
:: die bricht kein Mensch entzwei. ::

3.
Wer ist ein Mann? Der lieben kann, von Herzen, fromm und warm;
die heil’ge Gluth giebt hohen Muth,
:: und stärkt mit Stahl den Arm. ::

4.
Der ist ein Mann, der streiten kann für Weib und liebes Kind.
Der kalten Brust fehlt Kraft und Lust,
:: und ihre That wird Wind. ::

5.
Der ist ein Mann, der sterben kann für Freiheit, Pflicht und Recht;
dem frommen Muth däucht alles gut,
:: es geht ihm nimmer schlecht. ::

6.
Der ist ein Mann, der sterben kann für Gott und Vaterland;
er läßt nicht ab, bis an das Grab,
:: mit Herz und Mund und Hand. ::

7.
So, deutscher Mann, so, freier Mann,
mit Gott dem Herrn zum Krieg! Denn Gott allein mag Helfer sein,
:: von Gott kommt Glück und Sieg! ::

• Ernst Moritz Arndt, 1813

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Ernst Moritz Arndt

»In seinen ›Liedern für Teutsche‹ (1813) veröffentlichte Ernst Moritz Arndt (1769–1860) dieses ›Vaterlandslied‹ neben anderen patriotischen und kämpferischen Gesängen. Es war die Zeit der Erhebung progressiver und vaterländischer Kräfte gegen die napoleonische Fremdherrschaft.

Dieses Lied des umtriebigen Publizisten, Historikers und Lyrikers mit einem Hang zum Romantisieren ist aus der Aufbruchsstimmung der damaligen Zeit zu verstehen, da sich durch die vernichtende Niederlage des korsischen Diktators vor Moskau 1812 auch völlig neue Perspektiven für die anderen geknechteten Völker abzeichneten. Es verbindet plebejischen Zorn und Erbitterung gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung mit einem todesverachtenden Glauben und geradezu religiös-verzückten Vertrauen in den Erfolg von Waffengewalt, die sich gegen die Tyrannei der französischen Besatzungsmacht richtet.

So verständlich die Attitüde des Aufbegehrens gegen eine ungerechte Fremdherrschaft in dieser Situation war, so gefährlich waren bestimmte Konsequenzen, die sich in Arndts Lebensgang, vor allem aber in der weiteren Wirkungsgeschichte dieses Liedes ablesen ließen. Auch er selber ist der Gefahr nicht entgangen, die darin lag, den Hass auf den Diktator gleitend in eine Verachtung ›des Franzosen‹ an sich übergehen zu lassen. Daraus konnte ein sich später weiter verfestigender anti-französischer Chauvinismus seinen Honig saugen und die westliche Nachbarnation schließlich zum ›Erbfeind‹ erklären. [...]

Nun konnte der Gott, der Eisen wachsen ließ, eine neue Todessaat in den Fabriken an Rhein und Ruhr heranwachsen sehen, die unvergleichlich größer war als das relativ bescheidene Waffenarsenal einhundert Jahre zuvor. [...]

... das Entstehen unzähliger Kriegerdenkmäler an die umgekommenen Soldaten des ›großen Krieges‹, auf denen das falsche Etikett vom ›Heldentod‹ angebracht wurde. Einer der Sprüche, die sich dafür eigneten, war – wie könnte es anders sein – Ernst Moritz Arndts erste Zeile seines Vaterlandsliedes.

Dass die Arndtsche Tradition auch später in der Nazizeit dankbar aufgegriffen wurde, zeigt eine Kriegerehrung, die sich der Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation AG im Jahre 1934 hat einfallen lassen: ein zwölf Meter hohes Schwert aus Stahl trägt eben diese stolze Inschrift, mit der Ernst Moritz Arndt sein berühmtes Lied beginnen ließ.«

Peter Franz auf www.rotfuchs.net

Den ganzen Beitrag können Sie hier lesen

 

Auch das Banner des »Thüringer Heimatschutz« zitiert Arndt
»Einflussreiche Führungspersonen, heute zumeist mit NPD-Zugehörigkeit, entstammen in Thüringen der freien Kameradschaftsszene und somit zumindest mittelbar dem ›Thüringer Heimatschutz‹. Das NSU-Mörder-Trio und die öffentlich und legal agierenden Personen der thüringischen extrem rechten Szene haben dieselbe neonazistische Sozialisation der 1990er Jahre, gehörten denselben Strukturen an.

Die extrem rechte Szene drückt bis heute gelegentlich ihre Verbundenheit zum ›Thüringer Heimatschutz‹ aus. So wurde das bekannte Banner des THS beispielsweise 2006 anlässlich einer Rudolf-Heß-Gedenkdemonstration mitgeführt. Im Jahr 2012, beim 10. sogenannten ›Rock für Deutschland‹ (RfD), einem seit 2003 in Gera stattfindenden RechtsRock-Open-Air wurde sogar ein neu hergestelltes Transparent als Bühnenhintergrund verwendet.«

Mehr Informationen von studlib

 

SH Bornhoeved Kahla Thueringentag web

SH Bornhoeved Kahla Thueringentag Detail web
Foto: Mobit e.V.

• Hier beim 12. »Thüringentag der nationalen Jugend« 2013 in Kahla

 

Die Universität Greifswald, die von 1933 - 2018 Ernst Moritz Arndt-Universität hieß, hat nach langem Streit ihren Namen abgelegt. Auf ihrer Website können Sie einen Beitrag des Literaturwissenschaftlers Michael Gratz lesen. Seine These: Wo »Arndt« draufsteht, ist heute in den allermeisten Fällen schlimmstes neonazistisches »Gedankengut« drin.

Der komplette Beitrag und andere Fakten zum Namenstreit

Hier die Fakten zum Namensstreit als Broschüre


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Heute sehen wir auf fast jedem Kriegerdenkmal ein Eisernes Kreuz. Es wird hier den toten Soldaten posthum und kollektiv verliehen. Nach Meinung der Denkmalsstifter hat der Kriegstod die Treue und Tapferkeit der Toten bewiesen, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg – nachdem sie noch Massaker an der Zivilbevölkerung Belgiens begangen hatten – zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das Denkmal
»Treue um Treue«

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Belsch

Landkreis Ludwigslust-Parchim

In der Mitte ein hoher Obelisk, gemauert aus Feldsteinen, oben ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen, vorne eine große Metalltafel. Drumherum ein Zaun mit kunstvoll gemauerten Pfosten im Kreis.

MP Belsch ganz

Inschrift auf der Metalltafel:

1914 (Eisernes Kreuz im Kranz) 1918
im Weltkrieg zum Schutz für die Heimat
gaben ihr Leben


              MP Belsch Namen        

Unter den Namen der getöteten Soldaten steht:

Wachse Du Freiheit der deutschen Eichen.
Wachse empor über unsere Leichen.
Vaterland höre den heiligen Eid!
Treue um Treue!

Die dankbare Gemeinde!

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»Treue um Treue«

Erlass von Heeresinspekteur Bruno Kasdorf vom 6. Mai 2014, in Kraft gesetzt am 20. Mai:
»Im Verantwortungsbereich der DSK [Division Schnelle Kräfte] wird der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ zur Ehrung für die gefallenen Bundeswehrsoldaten vom ›Karfreitagsgefecht‹ des 02. April 2010 innerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr genutzt. Darüber hinaus findet der Wahlspruch u.a. in Dienstgebäuden oder auch auf diversen Trinkbechern in Form einer Gravur Verwendung.
In Anlehnung an die Weisung FüSK II 4 [Abteilung Führung Streitkräfte im Verteidigungsministerium] und als Ergebnis der durch den InspH [Inspekteur des Heeres] beauftragten Untersuchung des Wahlspruches durch bundeswehreigene und externe Institutionen wird festgestellt, dass der Ausdruck nicht geeignet ist, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen und in diesem Zusammenhang Treuepflicht zu symbolisieren.
In heutiger Wahrnehmung und in der Geschichte deutscher Streitkräfte ist der Wahlspruch im Wesentlichen durch die Verwendung als Motto der Fallschirmjägertruppe der Wehrmacht geprägt worden und mit dieser verbunden.
Es ist davon auszugehen, dass seine Verwendung in der Bundeswehr und insbesondere bei den Fallschirmjägern in der öffentlichen Wahrnehmung auch als Bekenntnis zu einer Traditionslinie Wehrmacht – Bundeswehr aufgefasst wird.
Mit Entscheidung InspH vom 06. Mai 2014 wird die Nutzung des Wahlspruches ›Treue um Treue‹ für das Deutsche Heer im dienstlichen Umfeld in jeglicher Form verboten.«

Die im Erlass genannte Weisung aus dem Ministerium, datiert vom 26. Februar 2013, verbietet ausdrücklich diesen Spruch für die Gedenktafeln für gefallene Bundeswehrsoldaten:
»Im Einsatzgebiet AFG enthalten zwei Gedenktafeln für Gefallene der Bundeswehr die Inschrift ›Treue um Treue‹. (…) Hierzu ist festzustellen: Die Inschriften sind nicht geeignet, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen oder die den Soldaten der Bundeswehr abverlangte Tapferkeit und Treuepflicht zu symbolisieren. Vielmehr ist absehbar, dass die Inschriften zu Missverständnissen führen können, die einem würdigen Gedenken an die Gefallenen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abträglich sind. Der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ ist daher auf Gedenktafeln für die Gefallenen der Bundeswehr nicht zu verwenden.«

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Das Schwert
Historisches Foto
Der Findlingsmythos

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Buchholz

Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs ist eine grob umrissene Steinplatte, die auf ihrer glatten Frontseite ein sehr martialisches Symbol trägt:
Ein erhobenes Schwert, von einer entschlossenen Hand ergriffen ist hier dargestellt. Es wirkt, als hätte es der Krieger von hinten durch den Stein geschlagen und als hielte er jetzt das Schwert drohend dem Feind entgegen. Neben der Spitze des Schwerts stehen die Jahreszahlen für die Dauer des 1. Weltkriegs: 1914 und 1918, darüber liest man die Inschrift:

Es starben für Dich

Rechts und links vom Schwert ahnt man die Namen der getöteten Soldaten, es ist keiner mehr zu entziffern.

MP Buchholz gesamt web


Das Kriegerdenkmal steht auf einem Sockel, an dem eine Texttafel angebracht ist. Ein kleinerer Platz um das Denkmal ist mit Feldsteinen begrenzt, er wurde an den Ecken mit Kiefern bepflanzt.

 

MP Buchholz Gross web

Fotos: Matthias Hübner/www.dorfkirchen-in-mv.de

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Die Inschrift

Dieses »für Dich« soll bei den Betrachtern Betroffenheit erzeugen. Die Inschrift verpflichtet die Lebenden mindestens zum Wahren eines würdigen Andenkens. In der Zeit zwischen den Weltkriegen muss sie aber auch interpretiert werden als Aufforderung den Tod der Soldaten durch einen neuen, dann siegreichen Krieg zu vergelten. Das sind die Lebenden den Toten schuldig. Für diese Lesart spricht auch das zum Kampf aufgerichtete Schwert, von einer entschlossenen Faust gehalten.

Dazu ein Zitat aus der Urkunde, die im Grundstein des Kriegerdenkmals am Pinneberger Bahnhof eingelassen worden ist: »Das Ehrenmal wird an der Vorderseite ein aufrechtes Schwert tragen. Hiermit soll die Mannhaftigkeit und der Wehrwille des deutschen Mannes vor aller Welt bekundet werden.«

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Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf. 

Ab 1980 wurde die Symbolkraft des Schwertes umgekehrt: Wer »Schwerter zu Pflugscharen« macht, schafft Frieden. »Schwerter zu Pflugscharen« ist ein Teilzitat aus der Bibel beim Propheten Micha, das zur Redewendung geworden ist. Es drückt das Ziel des Völkerfriedens durch weltweite Abrüstung und Rüstungskonversion aus. Es wurde der Slogan staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR, den auch Teile der westdeutschen Friedensbewegung übernahmen.


Schwerter zu Pflugscharen bei Wikipedia


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Historisches Foto


MP Buchholz 1929 web

Der Findling mit dem Rächerschwert im Jahr 1929

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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Findlingsmythos
2003 auf dem Denkmalsberg
Verhüllungsaktion am 21.6.2004
Wer war Otto Ernst Remer?

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Burg Stargard

Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Die mittelalterliche Burg Stargard auf dem Burgberg gab der Stadt ihren Namen. Sie ist die nördlichste erhaltene Höhenburg Deutschlands und das älteste profane Bauwerk in Mecklenburg-Vorpommern. Stargard lässt sich aus dem Slawischen ableiten und steht für »stari gard« (Alte Burg). Sechs Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs wurde dort eine Denkmalsanlage für die getöteten Soldaten gebaut. Neun Stufen führen zu dem großen Findling in der Mitte des Platzes, der von einer halbrunden Natursteinmauer eingefasst wird. Auf den Abschlusspfeilern der Mauer steht je eine metallene Feuerschale mit verziertem Fuß. In die Mauer eingelassen sind drei Tafeln mit den kaum noch zu lesenden Namen der toten Soldaten. Auf dem Findling steht in weißer Schrift unter einem konturierten Eisernen Kreuz:

1914 / 1918
Unsern gefallenen Helden

MP Burg Stargard Ruchhoft Plau Wikimedia Commons Burg Stargard Kriegerdenkmal 1914 18

© Ruchhöft-Plau/Wikimedia Commons


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Der Findlingsmythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.

 

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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2003 auf dem Denkmalsberg

Im Oktober letzten Jahres trotteten 50 Neonazis mit Fackeln und Fahnen auf den Burg Stargarder Denkmalsberg, um dem Wehrmachtsgeneral Otto Ernst Remer zu gedenken. Der gebürtige Neubrandenburger wirkte an der Niederschlagung des Militäraufstandes vom 20. Juli 1944 mit und blieb bis in den Tod ein Nazi, der den Holocaust leugnete. Dessen Enkel im Geiste gaben sich richtig Mühe – offenbar putzten sie das Denkmal vorher und beeindruckten abends mit einem »Laienspiel« und dem »Absingen des Liedes Ein junges Volk steht auf!«. Dass der Stein an den 1.Weltkrieg erinnert, störte MAF[Mecklenburgische Aktionsfront]-AnhängerInnen dabei nicht. Die Inschrift »Unseren gefallenen Helden« reichte dem rechten Huldigungsdrang. In Teterow lockte am 22. November 2003 zusätzlich Freibier und Gratis-Glühwein zum Heldengedenken. Wiederum im Fackelschein schmückten hier etwa 50 Neonazis die Krypta des dortigen Ehrenmals mit ihren Flaggen. Am 25. April diesen Jahres versammelte sich die rechte Gemeinschaft erneut auf dem Burg Stargarder Denkmalsberg – allerdings diesmal als ungeplante Ersatzhandlung. Kurz zuvor hatten hundert Alt- und Neonazis versucht, bei Carpin ein Gräberfeld zu Ehren der Waffen-SS zu errichten, die vor 59 Jahren hier noch kurz vor Kriegsende gegen die Rote Armee kämpfte. Die Polizei zerstörte den Runenwald, den Mecklenburgische und Pommersche Aktionsfront offenbar gemeinsam geplant hatten. Gemeinsame Sache machten die beiden Nazi-Bündnisse auch gegen die Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht« in Peenemünde.

Deutsche als Opfer

Mit der Kampagne »Opa war in Ordnung« stellten sich die Nazis von heute nicht nur klar auf die Seite der Täter von gestern – sie konstruieren gar eine deutsche Opferrolle. So propagierte die Mecklenburgische Aktionsfront am 8.Mai diesen Jahres in Neubrandenburg, Burg Stargard, Neustrelitz und bis hinein nach Brandenburg die »Befreiungslüge«. Auf den Flugblättern, Plakaten, Transparenten und Aufklebern werden die Millionen Toten der NS-Herrschaft völlig vernachlässigt und die Deutschen, die das System mehrheitlich stützten, zu den Leidtragenden stilisiert. Dafür werden Verbrechen einiger Sowjetsoldaten und Angriffe der Alliierten als Beleg angeführt. Den Angriff der Briten und Amerikaner auf Dresden bezeichneten die Demagogen der MAF bei einem Aufmarsch gar als »Bombenholocaust«. Puren Revisionismus tragen die Neonazis auf einem anderen Transparent herum – die Aufschrift »Es ist kein Verbrechen, Volk und Vaterland zu schützen« verwandelt den mörderischen Aggressor in einen Beschützer.

        MP Burg Stargard Nazi1 web

        • Kranz für Otto Ernst Remer

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Verhüllungsaktion am 21.6.2004

Die Pressemitteilung:

Denkmal in Burg Stargard verhüllt: Deutsche Täter sind keine Helden! 

Kritik an Kriegsverherrlichung und Neo-Nazi-Treff

In Burg Stargard wurde heute um 10 Uhr ein Stein auf dem Denkmalsberg mit schwarzer Folie eingehüllt. Gleichzeitig wurde mit Blumen den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Antifaschist(inn)en aus Burg Stargard und Neubrandenburg wollen damit gegen die Inschrift des Steins und seine Nutzung durch örtliche Neonazis protestieren.


MP Burg Stargard Aktion1 web

• Beide Berichte stehen auf der Website www.links-lang.de

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Wer war Otto Ernst Remer?

        MP Burg Stargard Nazi Bundesarchiv Bild 183 2004 0330 500 Otto Ernst Remer web

             © Das Bundesarchiv / Wikimedia Deutschland

• Generalmajor Remer mit Orden und Ärmelband im Januar 1945

Otto Ernst Remer, geboren am 18. August 1912 in Neubrandenburg war ein deutscher Wehrmachtsoffizier. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 war er an der Niederschlagung des Umsturzversuchs beteiligt. Nach dem 2. Weltkrieg trat er als rechtsextremistischer Politiker und Publizist hervor und wurde wiederholt wegen Volksverhetzung verurteilt.

Im April 1933 trat Remer in die Reichswehr ein. Im April 1942 wurde er als Hauptmann zur Division Großdeutschland versetzt. Im Mai 1943 erhielt er für seine militärischen Leistungen das Ritterkreuz verliehen, im November des gleichen Jahres als 325. Soldaten der Wehrmacht das Eichenlaub zum Ritterkreuz.

Nach einer schweren Verwundung wurde Remer Anfang 1944 als Kommandeur zum Wachbataillon »Großdeutschland« nach Berlin versetzt.

Das Wachbataillon vom Berliner Stadtkommandanten Paul von Hase, einem der Beteiligten am Umsturzversuch des 20. Juli 1944, war dafür vorgesehen, während der »Operation Walküre« das Regierungsviertel abzusperren und u. a. Joseph Goebbels zu verhaften. Remer führte diesen Besetzungsbefehl zunächst aus.

Einer der Offiziere des Wachbataillons bekam Zweifel, ob Hitler tatsächlich tot sei. Er schlug vor, sich bei Goebbels zu erkundigen. Der Propagandaminister verband den Offizier telefonisch mit Adolf Hitler, der Remer telefonisch den Befehl erteilte, den Putsch niederzuschlagen.

Remer, ein überzeugter Anhänger des Diktators, verhaftete daraufhin seinen Vorgesetzten Paul von Hase und trug damit zum Scheitern der »Operation Walküre« bei.Nach der Niederschlagung beförderte ihn Hitler zum Oberst. Die Propaganda feierte ihn als Helden.

Nach seiner Gefangennahme 1945 wurde Remer von den US-Amerikanern an die Briten übergeben, die ihn bis 1947 internierten. Anschließend wohnte er in Varel und erlernte das Maurerhandwerk.

Remer betätigte sich in den folgenden Jahrzehnten als rechtsextremer Politiker und Publizist und wurde in der Folge in mehreren Gerichtsverfahren verurteilt. So z. B.:

• 1951 wegen übler Nachrede gegen Personen des öffentlichen Lebens (Bundeskanzler und -minister) durch das Landgericht Verden zu einer viermonatigen Haftstrafe, die er verbüßte.

• 1952 wegen übler Nachrede und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener durch das Landgericht Braunschweig (Remer-Prozess) zu drei Monaten Freiheitsentzug, dem er sich durch Flucht ins Ausland entzog. Er war dann mehrere Jahre lang als Militärberater des ägyptischen Präsidenten Nasser sowie in Syrien tätig.

• 1985 wegen übler Nachrede und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener durch das Amtsgericht Kaufbeuren zu 50 Tagessätzen. Er hatte ein Flugblatt mit Schmähungen gegen Widerstandskämpfer des 20 Juli verteilt.

• 1986 wegen übler Nachrede und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener durch das Landgericht Kempten zu drei Monaten zur Bewährung. Er hatte Videokassetten des französischen Holocaustleugners Robert Faurisson vertrieben.

• 1992 wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass durch das Landgericht Schweinfurt.

• 1993 wird die Revision dagegen vom Bundesgerichtshof abgewiesen.

• 1994 Flucht vor der 22-monatigen Haftstrafe nach Spanien.

• 1997 Tod in einem Ort bei Marbella/Spanien.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 16.9.2015

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