I N H A L T
• Das Denkmal
• »Unseren Helden ...«
• »... zum Gedächtnis«
• Das Eiserne Kreuz
• Findlinge
• Blutbuchen
• Die Dorfkirche
...................................................................................................
Grebbin
Landkreis Ludwigslust-Parchim
Die frühgotische Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert steht auf einem großen Kirchhof, der zu einem eher kleinen Teil auch der Friedhof von Grebbin ist. Das zur Straße leicht erhöhte Gelände ist von einer lockeren Feldsteinmauer umgeben.

Am rechten Rand des Fotos kann man schon das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs sehen.

Für das Denkmal und die Friedhofseinfahrt ist die Feldsteinmauer durch ein kunstvoll geschwungenes Gitter mit Eingangspforte unterbrochen.

Eine sechsstufige freie Betontreppe führt zum Denkmal hinauf. Dicht dahinter steht eine Blutbuche, wie wir auf einem Sommerfoto des Kirchhofs gesehen haben.

Der Denkmalstein ist ein hoher Granitfindling, in dessen abgeplattete Frontseite die Widmungstafel eingelassen wurde.

Die dünne, rechteckige Platte war ursprünglich grau – wir vermuten, dass sie aus Gusseisen ist, denn die Buchstaben und Ziffern sind erhaben. Die Platte wurde in der Fläche schwarz eingefärbt, heute blättert die Schicht an vielen Stellen ab. Die geschwungene und gezackte Kontur ist weiß aufgemalt worden, Buchstaben, Ziffern, Eisernes Kreuz und Zierelemente sind ebenfalls weiß eingefärbt.
Die Namensliste der toten Soldaten ist dreigeteilt. Für alle Teile gilt: die Namen sind chronologisch nach Todestag geordnet, zu jedem Soldaten ist der Heimatort angegeben, Woeten, Wozinkel oder Grebbin. Die Liste beginnt mit 20 Soldatennamen, es folgen die Namen von sechs vermissten Soldaten, denen aber auch ein Todestag zugeordnet wurde. Zuletzt werden vier Soldaten genannt, die »AN DEN FOLGEN DES KRIEGES GESTORBEN« sind, drei davon nach Ende des Krieges.

Über der Namensliste steht die Widmung:
1914–1918
UNSEREN HELDEN
ZUM GEDÄCHTNIS

Unter der Liste, aufgehoben in einem weißen Zierelement aus Linien und kleinen Quadraten, sehen wir ein zierliches Eisernes Kreuz. Das militärische Ehrenzeichen wurde allen Soldaten auf der Namensliste posthum und kollektiv für die von den Denkmalsstiftern angenommene Treue und Tapferkeit verliehen, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

Von der Seite sieht man den gewaltigen Sockel, der den Findling erhöht und stützt.

Er ist aus vielen sehr unterschiedlichen Feld- und Bruchsteinen aufgemauert worden.
...................................................................................................
»Unseren Helden ...«
Vier Jahre waren die Soldaten bei zunehmender Technisierung des Krieges vor allem für das maschinelle Töten zuständig. Soldaten beider Seiten harrten im Schlamm in den Schützengräben aus und mussten den Tod als etwas jederzeit Mögliches, Alltägliches hinnehmen. Diese Abstumpfung des Einzelnen thematisiert die Inschrift nicht – im Gegenteil: sie glorifiziert den heldenhaften Kampf.
»Unseren Helden zum Gedächtnis« steht dann auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten des 1. Weltkriegs für die Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.
»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«
• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S.89
»Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«
• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33
»Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann, sondern [...] nur der für Gott und seine Liebesbotschaft, für die Zuneigung zum Nächsten und den Frieden in der Welt; dass also ein christlicher Kampf genau das Gegenteil von dem ist, was damals über Europa gebracht wurde.«
• kommunal.blogspot.de / Region Aschaffenburg-Miltenberg
»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«
• Kurt Tucholsky
...................................................................................................
»... zum Gedächtnis«
»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter.«
• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29
»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«
• Ralph Giordano, Die zweite Schuld
...................................................................................................
Das Eiserne Kreuz
Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.
Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II. dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.
Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, erneuerte Adolf Hitler das Eiserne Kreuz in 4. Stiftung und machte das ehemals preußische Ehrenzeichen zu einem nationalsozialistischen Kriegsorden. Dabei profitierte er vom hohen moralischen und symbolischen Wert der traditionsreichen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm Königs Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt. Heute ist das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz in der Mitte ein verfassungsfeindliches Propagandamittel.

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust
»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«
Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl
DIE ZEIT, 5.6.2008
Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.
• Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017
Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.
...................................................................................................
Findlinge
Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...]
Findlinge sind große (Granit-)Steine aus der heimatlichen Landschaft. Die Denkmalstifter holten sie oft selbst aus der Heide oder aus dem Harz mühevoll herbei. Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.
• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134
...................................................................................................
Blutbuchen
Nach Eichen sind es oft die Bäume mit »Blut« im Namen, die zu den Kriegerdenkmälern gepflanzt werden. Hier in Grebbin ist es eine Blutbuche. Meinhold Lurz, Autor des 6-bändigen Standardwerks zu den Kriegerdenkmälern in Deutschland, schreibt zu einer Anlage in Hamburg-Lokstedt:
»Besonders bemerkenswert sind hier zudem die Bäume: die Anlage wurde mit Blutahornbäumen bepflanzt, als Zeichen für das für das ›Vaterland‹ vergossene Blut.«
• Meinhold Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Bd 4, Heidelberg 1985, S.143
...................................................................................................
Die Dorfkirche
Die frühgotische Feldsteinkirche wurde im 13. Jahrhundert errichtet, leider ist sie in einem schlechten Bauzustand. Der Baubeauftragte der Kirchenkreisverwaltung Rüdiger Liedtke schätzt die Sanierungskosten für den Turm aktuell auf 300 000, die der Kirche auf 100 000 Euro. »Um das zu stemmen, ist ein langer Atem vonnöten«, sagt Liedtke. In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalschutz sollen jetzt Zielvorgaben für ein Sanierungskonzept erarbeitet werden.

...................................................................................................
<<< schließen