NEUE SICHT AUF ALTE HELDEN?

Kriegerdenkmäler in Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern sind nach dem 2. Weltkrieg viele Denkmäler, mit zum Teil kriegsverherrlichenden Symbolen und Inschriften, zerstört worden. Aber immer noch sind heute viele hundert Kriegerdenkmäler dokumentiert. Etliche von diesen sind durch die Entfernung besonders militaristischer Darstellungen verändert worden. Gleichzeitig wurden vielerorts Tafeln zur Erinnerung an den 2.Weltkrieg mit deutlichen Friedensaufrufen angebracht. Vereinzelt, mit zunehmender Tendenz, wurden nach dem Ende der DDR alte Kriegerdenkmäler wieder aufgestellt, siehe zum Beispiel den »Soldaten« in Stolpe auf Usedom oder sogar Denkmäler für tote Wehrmachtssoldaten des 2.Weltkriegs neu aufgestellt, siehe Mueß.

Noch bestehende Denkmäler zum 1.Weltkrieg sind oft mit den bekannten Widmungen versehen: Unseren gefallenen Helden… Heldentod… Vaterland… auf dem Feld der Ehre... habt Dank ihr Krieger.

Wenn nicht anders angegeben stammen die Fotos von Matthias Hübner (www.dorfkirchen-in-mv.de) oder Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

 

 


I N H A L T

Das Denkmal
So sah es früher aus
Das Nationaldenkmal
Der »Schmachfrieden«
Ketten
Der Findlingsmythos
Das Eiserne Kreuz

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Hohenkirchen

Landkreis Nordwestmecklenburg

Der sehr gepflegte Denkmalsplatz für die toten Soldaten im 1. Weltkrieg des Kirchspiels liegt an einer Gabelung der Sackgasse »Maliante« und der Straße »Kirchberg«, die zur Kirche führt. Der Ortsname Hohenkirchen stammt von dieser hoch gelegenen Kirche, die schon von weitem zu sehen ist.

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Die kleine Denkmalsanlage ist von einer massiven Bruchsteinmauer umgeben, die das Geländegefälle ausgleicht. Den eingeebneten Sandplatz erreicht man über breite, flache Quadersteintreppen. Heute sieht man vier Stufen. Auf der Postkarte aus dem Jahr 1936 (siehe nächstes Kapitel) zählt man noch sechs. Das Bodenniveau um die Anlage herum ist wohl angehoben worden.

Der Denkmalplatz wird dominiert vom Hauptstein, einem Findling, der von vermauerten Feldsteinen abgestützt wird. Auf einer immergrün bewachsenen Böschung hinter dem Stein werden eng aneinander stehende Lebensbäume sorgfältig beschnitten. Man hat den Eindruck, als würden die Geister der toten Soldaten dort oben Spalier stehen.

Ringsum am Rand des Sandplatzes sind sechs Findlinge mit den Namen der toten Soldaten verteilt. Dazwischen stehen weitere beschnittene Lebensbäume und Eiben. Der Pflegeaufwand für diese Denkmalsanlage ist beträchtlich.

 

MP Hohenkirchen Denkmal web


Der große Findling trägt den Sinnspruch und die Widmung. Mehr zu Findlingen im Kapitel »Der Findlingsmythos«.

 

MP Hohenkirchen Hauptstein web


Oben auf dem Stein sehen wir das Flachrelief eines Eisernen Kreuzes im tiefergelegten Kreis. Dieses militärische Ehrenzeichen wird den toten Soldaten von den Denkmalstiftern kollektiv und posthum verliehen, egal wie sich der Einzelne verhalten hat. Der Kriegstod allein beweist ihre »Vaterlandstreue« und die »Tapferkeit vor dem Feind«. Mehr dazu im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

Durch die Gegebenheiten des Findlings rutscht nun die weitere Beschriftung etwas nach rechts:


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Wir lesen in einer zarten Serifenschrift:   
           
                          1914-18
Den Heldentod
fürs Vaterland starben
54 tapfere Krieger
unserer
Kirchgemeinde

Was sagen uns diese Wörter?

Der Heldentod fürs Vaterland:

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S.89: »Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege: »Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen.«

Kurt Tucholsky: »Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

Klingel, S.94: »Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33: »Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Telegraphist J. Croad, SMS »Broke«, Jütland 1916 (Deutsches Marinemuseum Wilhelmshaven): »Als wir etwas sehen konnten und Zeit zum Nachdenken hatten, wurde mir langsam klar, was für ein schreckliches Szenario sich hier abgespielt hatte. Wir dachten an Begriffe wie ›Ehre‹ und ›Ruhm‹, die so viele Menschen in ihrer Unwissenheit mit dem Krieg in Verbindung bringen. Sie hätten die Decks der SMS ›Broke‹ am 1. Juni 1916 um 4 Uhr morgens sehen sollen. Da hätten Sie gesehen, wie der ›Ruhm‹ und die ›Ehre‹ tatsächlich aussahen. Achtundvierzig unserer Männer waren gefallen und die meisten waren so zugerichtet, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen waren. Weitere vierzig waren sehr schwer verwundet. Ungefähr fünf Stunden lang versuchten wir, alle unsere toten Kameraden zu finden, sie von dem halbzerstörten Mannschaftsdeck zu schleifen und ihre Leichen über Bord zu werfen, damit sie in der tiefen See ihre letzte Ruhe finden konnten. Das waren die ›Ehre‹ und der ›Ruhm‹, die uns zuteilwurden. Es kommt einem vor wie ein Massenmord. Man fragt sich, wie die Menschen diese Kühnheit aufbringen konnten. Hätten wir nur einmal kurz überlegt, auf was wir uns da einlassen, wären wir niemals in den Krieg gezogen.«


Interessant bei dieser Inschrift auf dem Findling in Hohenkirchen ist, dass sich die Kirchgemeinde als Denkmalsstifterin zu erkennen gibt. Es wird also mit Sicherheit ein Pastor den Stein mit dieser Inschrift geweiht haben.

 

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Unter einem Schmuckelement »Strich - Punkt - Strich« lesen wir:

Den Gefallenen zum Gedächtnis
den Lebenden zur Anerkennung
den künftigen Geschlechtern
zur Nacheiferung

Diese Widmung entspricht den letzten drei Zeilen der Inschrift auf dem Nationaldenkmal von 1821. Der Text findet sich seitdem in Variationen, auch verkürzt auf die ersten beiden Zeilen, auf vielen Kriegerdenkmälern. Nach dem 1. Weltkrieg ist jedoch oft die Formulierung »den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung« als Forderung nach Revanche für den »aufgezwungenen Schmachfrieden von Versailles« dabei. Mehr dazu im Kapitel »Der ›Schmachfrieden‹«.

Nationaldenkmäler wurden zwischen dem ausgehenden 18. und dem Ende des 19. Jahrhunderts erbaut. Sie bedienen die neue Idee eines Kultes um die Nation. Mehr dazu im Kapitel »Das Nationaldenkmal«.


Eine Besonderheit in Hohenkirchen ist, dass das Denkmal in letzter Zeit renoviert wurde, wobei auch die eingemeißelten Inschriften erneut schwarz ausgemalt wurden ... aber nicht alle! Wenn man nicht genau hinsieht, bemerkt man die letzten beiden Zeilen mit der Aufforderung Revanche für den »Schmachfrieden« von Versailles zu nehmen gar nicht. Auf der alten Postkarte von 1936 weiter unten sind die vier Zeilen noch deutlich zu sehen.

 

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Links und rechts vom zentralen Hauptstein sind je drei mittelgroße Findlinge als Namenssteine aufgestellt worden. Sie stehen zwischen den gepflegten Büschen und benennen die toten Soldaten mit dem Initial ihrer Vornamen und den Nachnamen, ohne weitere Angaben. Sie sind geordnet nach ihren Heimatorten. Die Orte werden wie auf dem Hauptstein durch das Zierelement »Strich - Punkt - Strich« getrennt. Auf der rechten Seite beginnt die Aufzählung mit »Aus Heikendorf« mit zwei und »Aus Hohenkirchen« mit sieben Soldaten. Auf dem zweiten Stein folgen »Aus Gramkow« mit fünf und »Aus Wahrstorf« mit drei Soldaten.

 

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Der dritte Stein in der Reihe nennt »Aus Gr. Walmstorf« mit zwölf und »Aus Niendorf« mit drei Soldaten.

 

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Auf der linken Seite an der Sackgasse »Maliante« beginnt auf dem ersten Stein die Aufzählung mit »Aus Wohlenhagen« mit drei und »Aus Wohlenberg« mit zwei Soldaten. Weiter geht’s auf dem zweiten Stein mit »Aus Beckerwitz« mit neun und »Aus Hohenwieschendorf« mit einem Soldaten.

 

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Der letzte Stein nennt »Aus Manderow« mit vier und »Aus Jassewitz« mit drei Soldaten. Insgesamt werden aus dem Kirchspiel Hohenkirchen 54 tote Soldaten aufgezählt.

Wir danken Hannes Palm vom Heimatverein Klützer Winkel e.V. und vom Freundeskreis Alm (Archäologisches Landesmuseum e.V.) für alle Fotos der Denkmalsanlage in Hohenkirchen und für die vielen Informationen, die wir von ihm erhalten haben.

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So sah es früher aus

Auf der Postkarte aus dem Jahr 1936 führen noch sechs Stufen auf den Denkmalplatz. Vor dem Hauptstein sehen wir eine Kette, die an zwei Pfosten aufgehängt wurde. Mehr dazu im Kapitel »Ketten«.

 

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Deutlich ist zu sehen, dass der Sinnspruch aus vier Zeilen besteht. Die letzten beiden Zeilen »den künftigen Geschlechtern / zur Nacheiferung« waren 1936 eine wichtige Botschaft. Die Jugend wird auf den vorgezeichneten Krieg eingeschworen, der drei Jahre nachdem diese Karte verschickt wurde begann.

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Das Nationaldenkmal

Auf der höchsten Stelle einer Erhebung in Berlin legte König Friedrich Wilhelm III. am 19. September 1818 den Grundstein des deutschen Nationaldenkmals für die Siege in den Befreiungskriegen. Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 30. März 1821, dem Jahrestag der Erstürmung des Montmartre in Paris. Bei gleicher Gelegenheit erhielt der Hügel seinen heutigen Namen Kreuzberg. Die Widmungsinschrift verfasste im Auftrag des Königs der Altphilologe August Boeckh:

Der König dem Volke,
das auf seinen Ruf hochherzig
Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte.
Den Gefallenen zum Gedächtniß,
den Lebenden zur Anerkennung,
den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.

Der Text von 1821 findet sich seitdem in Variationen auf vielen Kriegerdenkmälern. Nach dem 1. Weltkrieg ist neben der Heldenverehrung meistens die Forderung nach Revanche für den »aufgezwungenen Schmachfrieden von Versailles« dabei.

»Wir Toten fordern als unser Recht, die alte Treue vom neuen Geschlecht«, so steht es auf dem Kieler Nordfriedhof und an zahlreichen anderen Orten, vielfach wurde der Spruch verkürzt auf die Formel »Treue um Treue«, wie in Kiel-Holtenau. Andernorts wurde offen die Revanche gefordert: »Möge aus ihren Gebeinen der Rächer erstehen« in Altenkirchen/Rügen oder in Hörnerkirchen: »Wir sind die Saat, von Deutschland ausgesät / mit bebender Hand. / Wollt ernten ihr, so gebt euch hin wie wir / dem Vaterland« und in Rümpel: »Der heranwachsenden Jugend zur Nacheiferung«.


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Der »Schmachfrieden«

»Am 28. Juni 1919 wurde der Versailler Friedensvertrag unterzeichnet.

In Deutschland wurde er als ›Diktat‹ oder auch ›Schandfrieden‹ verstanden. Vor allem die alleinige Schuld Deutschlands am Ausbruch des Ersten Weltkrieges galt als Demütigung – und wurde zur nationalistischen Instrumentalisierung genutzt. [...]

Sechseinhalb Monate später, am 10. Januar 1920, trat der Versailler Frieden völkerrechtlich in Kraft. Allein im territorialen Bereich gingen Deutschland über 70.000 Quadratkilometer verloren, über sieben der knapp 65 Millionen Einwohner waren nun keine deutschen Staatsbürger mehr. Vor allem jedoch: Die vertraglich fixierte deutsche Alleinschuld am Kriege galt partei- und generationsübergreifend als demütigend. [...]

Vor allem in den einstigen Hauptkampfgebieten in Frankreich gab es weder intakte Städte oder Dörfer noch eine irgendwie funktionierende Infrastruktur. Eine mit Munition kontaminierte, von menschlichen Überresten übersäte Mondlandschaft bestimmte für Jahrzehnte das Bild. In Deutschland wurde das kaum zur Kenntnis genommen oder mit den eigenen Leidenserfahrungen konterkariert. Einer nationalistischen Instrumentalisierung der Kriegsschuld Deutschlands war damit Tür und Tor geöffnet. Der diplomatisch erfahrene Harry Graf Kessler, einer der großen Beobachter seiner Zeit, vermerkte anlässlich des Inkrafttretens des Versailler Vertrags in seinem Tagebuch:
›Eine furchtbare Zeit beginnt für Europa, eine Vorgewitter-Schwüle, die in einer wahrscheinlich noch furchtbareren Explosion als der Weltkrieg enden wird. Bei uns sind alle Anzeichen für ein fortgesetztes Anwachsen des Nationalismus.‹«

Zitiert aus dem Archiv des Deutschlandfunks »Vor 100 Jahren«


Der komplette Beitrag
Der Versailler Vetrag auf LeMO


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• Germania und Reichsadler beschwören das deutsche Volk. Diese Postkarte wurde im Mai 1924 verschickt.

 

Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung werden die Parlamentsdebatten zum Versailler Vertrag beschrieben:

»In den folgenden Jahren nutzten fast ausschließlich NSDAP-Abgeordnete, wie Franz Stöhr, Wilhelm Kube und Gregor Strasser, den Begriff ›Schmachfrieden‹ und instrumentalisierten den Versailler Vertrag, um gegen die Republik und die Demokraten zu agitieren. Der Sozialdemokrat Kurt Löwenstein brachte es im Juni 1925 auf den Punkt: ›Die Herren von rechts (…) wollen (…) auf den Krücken des ›Schmachfriedens von Versailles‹ die schwärmerische Jugend im Geiste der Revanche erziehen und durchbilden.‹«

Link zum Beitrag


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Ketten

Die Pfeiler vor dem Denkmal waren mit Ketten verbunden, die an den Denkmalsanlagen nach dem 1. Weltkrieg die Fesselung Deutschlands an den Versailler »Schandvertrag« verkörpern sollten.

An manchen Orten wurde die Kette dann in späteren Jahren symbolträchtig vor Publikum von den Nationalsozialisten der Gemeinde durchgehauen.

MP Hohenkirchen Denkmal 1936 Detail web

 

Prof. Dr. Loretana de Libero beschreibt in ihrem Buch »Rache und Triumph« (Beiträge zur Militärgeschichte Band 73, De Gruyter, S.202/203) die Ketten am Ulanendenkmal in Demmin:

In Demmin ließ der Bund vaterlandstreuer Ulanen für die Gefallenen des ehemaligen 2. Pommerschen Ulanen-Regiments Nr. 9 im Jahr 1924 eine »Germanenanlage« anlegen. Für dieses »deutschvölkische« Projekt zeichnete der Berliner Bildhauer Fritz Richter-Elsner verantwortlich. Zwei örtliche Megalithgräber beraubte Richter-Elsner hierbei ihrer Steine und zerstörte damit bedenkenlos ihren archäologischen Verbund. Die Steine wurden mit Runen versehen und im Osten der Stadt bei den Sandbergtannen in Hanglage terrassenförmig neu aufgestellt. Ein Reiterstandbild krönte als zentraler Blickfang das obere Ende der Anlage. Am Eingang zu diesem Regimentsmal wurde über den Boden eine Kette gelegt, welche die Fesselung Deutschlands durch den Versailler Vertrag symbolisieren sollte. Inschriftlich wurde an den Betrachter appeliert, diesen Zustand der Knechtschaft zu beenden:

Deutscher / denke daran / wenn du / schreitest / über diese Ketten [linke Tafel am Tor]

Es gilt des / Vaterlandes / Ehre und Freiheit / zu retten [rechte Tafel am Tor]

Nachdem die Wehrpflicht wieder eingeführt und die Wiederaufrüstung mit dem »Gesetz für den Aufbau der Wehrmacht« vom 16. März 1935 nun ganz offen betrieben wurde, sprengten die Ulanenveteranen zusammen mit örtlichen Nationalsozialisten die alte Kette öffentlichkeitswirksam und befestigten das zerschlagene »Mahnmal der damaligen schmachhaften Wehrlosigkeit« beidseits des Eingangs. Die Stadt ließ die »deutschvölkische« Anlage 1995 in Teilen wiederherstellen.

Ulanendenkmal in Demmin


In der Wendtorfer Chronik wurde z.B. dieser »grüne Stimmzettel« abgebildet. Der Artikel erschien am 12. November 1933 im Ost-Holsteinischen Tageblatt: ... »Mit dem Einzeichnen des Kreuzes unter ›Ja‹ bekennst du dich zur Freiheits- und Friedenspolitik Adolf Hitlers. [...] Er will das deutsche Volk endlich frei machen von den Ketten von Versailles.«

 

SH Ost Holsteinische Tageblatt 12 11 1933 web


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der FindlingsMythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.


»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


In den Jahren danach steigert sich der Kult um die »germanischen Steine« noch beträchtlich.

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche«, Januar 1940.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. 

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und ganz aktuell: Die Redaktion des SPIEGEL illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

 

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

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Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll.«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia

 

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I N H A L T

Das Denkmal
Die Inschriften
Das Eiserne Kreuz
Der Bibelspruch
Die Geschichte

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Hohen Sprenz

Landkreis Rostock

An einer Straßengabelung entdeckt man auf dem Grünstreifen neben einer beeindruckenden Eiche und vor bzw. unter einer Blutbuche das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs im Kirchspiel Hohen Sprenz. Es steht an der Dorfstraße etwa 100 Meter südlich von der Dorfkirche.

 

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Auf einem Sockel aus Feldsteinen steht der große Denkmalstein, insgesamt ist das Denkmal etwa vier Meter hoch.

        

                 MP Hohen Sprenz hoch web

 

Direkt von der Straße aus kann man sich über zwei Bruchsteinstufen dem Denkmal nähern.

 

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Das Denkmal steht direkt an der Blutbuche. Von oben hängen die Zweige, von unten wächst Efeu über die Steine. Ein reizvoller Anblick.

 

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Die schwarze polierte Namenstafel ist eingelassen, steht aber wegen ihrer Größe oben über. Oben in der Mitte wurde ein Eisernes Kreuz gemeißelt. Man sieht oben die preußische Königskrone, in der Mitte das »W« für den preußischen König Wilhelm II., der 1914 in dritter Stiftung das Eiserne Kreuz als militärisches Ehrenzeichen erneuert hatte und einer Linie als Kontur. Rechts und links daneben stehen im gemeißelten Feld die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs.

1914     1918

Darunter, ebenfalls im Feld, die Widmung:

Dem Andenken unserer gefallenen Söhne u. Brüder

Es folgen in drei Spalten mit Zwischenlinien die Namen der 74 toten Soldaten. Aufgeführt sind sie mit meist abgekürztem Vornamen, Nachnamen und Sterbetag. Sie sind nach Herkunft innerhalb des Kirchspiels Hohen Sprenz geordnet und innerhalb der Dörfer alphabetisch bezogen auf den Nachnamen. Die Dorfnamen stehen jeweils mittig im gemeißelten Feld: 1. Spalte: Hoh. Sprenz: 27; 2. Spalte: Kl. Sprenz: 6, Neu-Mistorf: 4, Siemitz: 8, Sabel: 5; 3. Spalte: Kankel: 7, Striesdorf: 11, Dolgen: 4, Friedrichshof: 2. Sechs Soldaten sind als verm. (vermisst) gekennzeichnet.

 

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Die Tafel schließt unten in der Mitte mit einem Schriftfeld ab:

Ev. Joh. 15.13

Johannes-Evangelium 15,13: »Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.«

 

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Der massige Stein von hinten. Es folgen zwei Fotos, die Matthias Hübner (www.dorfkirchen-in-mv.de) im Winter gemacht hat.

 

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                  MP Hohen Sprenz Huebner2 web

 

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Die Inschriften

Dem Andenken unserer gefallenen Söhne u. Brüder

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100


»Gefallenendenkmal« verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd. S. 60/61


Gefallen/Gefallener: Dieser Begriff wird benutzt, um den Tod von Kombattanten zu beschreiben, die während Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind. Er befindet sich häufig auf den entsprechenden Denkmälern und ist seit 2008 (seit dem Verteidigungsminister Jung ihn verwendet hat) wieder im politischen Sprachgebrauch in Deutschland zu finden. Es ist dabei zu erörtern, in wie fern eine Beschönigung des gewalttätigen Todes vorliegt, so dass er in der öffentlichen Wahrnehmung als weniger folgenschwer und damit akzeptierter als andere Todesarten angesehen wird. Außerdem bleibt durch die universelle Verwendung von »gefallen« der tatsächliche (schreckliche) Todesgrund verborgen (verblutet, erschossen, zu Tode gefoltert usw.).

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege 


Die häufig verwendete Bezeichnung »Söhne« [oder auch Brüder] stellt eine Vertrautheit her, die getöteten Soldaten werden familiär vereinnahmt, denn familiäre Bindung verpflichtet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg


Erstaunlich ist es, dass nicht im Namen der Witwen auch der Männer und im Namen der Kinder der Väter gedacht wird.

 

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

     EK 1940 Die Woche 360px web

Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

 

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Der Bibelspruch

»Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.« So spricht Jesus am Ende des Johannes-Evangeliums (15,13). Es heißt natürlich nicht: »... dass er in den Krieg zieht und tötet für seine Freunde.« Dies Zitat auf einem Kriegerdenkmal ist eine pseudo-biblische Legitimation des Soldatentods.

Das Zitat aus dem Johannes-Evangelium gehört zu der Ansprache, die Jesus zum Abschied an seine Jünger richtet. [...] Jesus kennt seinen Auftrag und hat ihn angenommen. Ohne seinen Tod gibt es keine Erlösung. Sein Leiden und Sterben ist das Opfer, das für die Erlösung der Menschen gebracht werden muss. Einen größeren Beweis der Liebe zu den Menschen – den Freunden, die ihm in Liebe verbunden sind – gibt es nicht.
Der Kriegstod erfährt mit diesem Zitat eine Sinngebung, die ihn in den Rang eines Erlösungsopfers erhebt, die ihn als größtmöglichen Liebesbeweis wertet und als bewusste Entscheidung, als bereitwillige Hingabe ›für seine Freunde‹ darstellt. Die ›Freunde‹ haben durch ihn überlebt, sie sollen Trost darin finden, den Tod so zu sehen. Bei Jesus war der Weg zum Kreuz, zur Auferstehung und Himmelfahrt vorbestimmt und heilsnotwendig. Wer dies auf den Kriegstod überträgt, nimmt ihn als gottgegeben an, zu dem es keine Alternative gibt.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 148. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

 

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Die Geschichte

Vor dem DDR-Zaun, siehe unten, gab es schon mal einen Lattenzaun mit abgerundeter Pforte, der ein ziemlich großes Areal zu umfassen schien, wie auf der Postkarte vom Ende der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts zu sehen ist.

 

MP Hohen Sprenz 1938 web

 

In Hohen Sprenz werden kleine Brötchen gebacken. Das Geld ist knapp, aber es sei wiederum gelungen den Finanzhaushalt für dieses Jahr ausgeglichen zu gestalten, berichtet Bürgermeisterin Angelika Exler. Noch verfüge die Gemeinde über eine kleines Polster. Außerdem halte man die Wünsche klein. Alle wirklich wichtigen Projekte seien über das Bodenordnungsverfahren in den vergangenen Jahren erledigt. Die Gemeindevertretung beschloss auf ihrer jüngsten Sitzung den Gemeindehaushalt 2014.

»Es bleiben Kleinigkeiten«, sagt Exler und nennt an erster Stelle das Kriegerdenkmal mitten im Dorf. Das sei an sich in Ordnung, lediglich der Zaun – noch aus DDR-Zeiten – sorge nicht eben für ein freundliches Bild. »Wir wollen hier als Umrandung Findlinge und Sträucher setzen«, berichtet Exler. Rund 1000 Euro sollten für das Material reichen. Abbau des Zaunes und Pflanzung wolle man selbst realisieren.

Regina Mai auf www.svz.de, 28. Februar 2014

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Der Adler
1946: Der Befehl Nr. 30
»Treue um Treue«
Das Eiserne Kreuz
Die Kirche
Und zum Schluß eine historische Postkarte

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Hohen Viecheln

Landkreis Nordwestmecklenburg

Rechts neben dem Aufgang zur Dorfkirche, gegenüber dem Feuerwehrhaus, befindet sich die kleine Anlage für das Kriegerdenkmal. Hier soll der 73 toten Soldaten von Hohen Viecheln aus dem 1. Weltkrieg gedacht werden.

MP Hohen Viecheln gesamt web


Eine fast halbrunde Feldsteinmauer grenzt den ungepflasterten Denkmalsplatz auf Straßenniveau vom höher gelegenen Kirchhof ab. Am rechten und linken Ende der Mauer stehen quadratisch gemauerte Feldsteinpfeiler, die von einer aufgesetzten Steinkugel gekrönt werden. Die ovale Anlage ist mit immergrünen Gehölzen bepflanzt. Zur Straße hin wird sie seitlich von je drei kleinen Granitpfeilern begrenzt, die mit Eisenketten verbunden sind. Ein breiter Zugang zum zentralen Denkmal bleibt frei. Vor dem Granitpfeiler ganz links steht eine Informationstafel zur Kirche, das Kriegerdenkmal wird nicht erwähnt.

 

     MP Hohen Viecheln ganz web


Vor der Mitte der Feldsteinmauer steht auf einem gemauerten Feldsteinsockel ein großer Findling mit der Inschrift. Davor sind in drei Reihen kleine Feldsteine für ein Beet angeordnet.

 

MP Hohen Viecheln Adler web


Auf dem Findling thront ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen und aggressiver Pose. Er ist detailreich gearbeitet, besonders die kräftigen Beine sind eindrucksvoll.

Nach 1945 ist der Adler auf Befehl Nr. 30 der Alliierten Kontrollbehörde abgebaut worden.

 

MP Hohen Viecheln Inschrift web


Unter dem militärischen Ehrenzeichen, dem Eisernen Kreuz in Kontur steht die Inschrift:

Unsern im Weltkriege
1914–1918
gebliebenen Helden
zum Gedächtnis!
Die dankbare Kirchengemeinde
Hohen Viecheln
Treue um Treue!

 

MP Hohen Viecheln Tafeln web


Rechts und links vom Hauptstein sind je zwei Namenstafeln aus teils poliertem schwarzen Granit eingelassen. Jeweils mittig darunter eine an die Mauer gelehnte, steinerne Sitzbank.

 

MP Hohen Viecheln Tafel web


Die Namen der 73 toten Soldaten sind nach Kriegs- bzw. Nachkriegsjahren geordnet. Als Beispiel hier eine der Tafeln: sie führt 16 Soldaten auf, die 1918/19 gestorben sind. Die Jahreszahlen stehen in der Mitte über einem Kreuz, das in dieser Form von der griechisch-orthodoxen Kirche verwendet wird. Hier in Hohen Viecheln sollte wohl eher eine Synthese von Eisernem und christlichen Kreuz dargestellt werden. Rechts und links davon stehen mittig die Soldatennamen.

 

MP Hohen Viecheln hinten web


Auf der Rückseite kann man noch einmal die Lage der Denkmalsanlage am Hang und den startenden Adler erkennen. Die Eiche, deren Stamm hier zu sehen ist, wurde vermutlich mit Errichtung des Denkmals gepflanzt.

 

MP Hohen Viecheln mit Ketten web


Hier noch einmal die symetrische Anordnung der immergrünen Gehölze in der gepflegten Anlage.

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Die Inschrift

Unsern im Weltkriege 1914 - 1918 gebliebenen Helden: Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

Gebliebenen: Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge.

 zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte.

Ebd. S. 60/61


Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl. Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: »für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.« (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.

Ebd. S.78

Auf welchem dieser steinernen oder metallenen »Ehrenmale« wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.

Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324


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Der Adler

Der Adler ist als »der mächtigste König im Luftrevier« (Anfang des »Seeräuberlied«, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes.

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137


Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die »Deutsche Tageszeitung« vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge »vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.« Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen [Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: »Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet«. Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: »Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.« Auch dort die Kranzschleife des »Bundes der Jagdflieger« am Tag der Einweihung: »Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!«]

Loretana de Libero, »Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne«, De Gruyter Oldenbourg. Beiträge zur Militärgeschichte. Band 73. S. 95f

 

MP Hohen Viecheln 2008 11 13 Nightshift Wikimedia Commons web
Foto: Nightshift / Wikimedia Commons


Nach der »Wende« war der Reichsadler in Hohen Viecheln wieder erwünscht. Auf dem Kriegerdenkmal steht er nun wieder stolz, zum Abflug bereit, auf der Spitze des Denkmals. Im Dorf erzählt man sich, dass es der Pastor war, der den Adler über die Jahre unter seinem Bett versteckt hatte. Dieses Foto ist am 13. November 2008 gemacht worden.

 

MP Hohen Viecheln Adler hinten web


Die Klauen haben beim Ab- und Wiederaufbau gelitten. Sie mussten mit Hilfe eines Brettchens stabilisiert werden.

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1946: Der Befehl Nr. 30

... Die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone gibt am 5. 5. 1946 die Richtlinien für die Beseitigung faschistischer und militärischer Denkmäler heraus. Danach müssen alle Denkmäler militärischen Charakters beseitigt werden, sofern sie nicht besonderen künstlerischen Wert besitzen.

Ein gesondertes Kapitel befasst sich mit den Kriegerdenkmälern, darin heißt es:

»Da sie als Erinnerung für die Gesamtheit der in den Kriegen Gefallenen gelten, muss jeder Eingriff mit starken Rückwirkungen auf die Bevölkerung rechnen. Zu beseitigen sind auch hier all jene Denkmäler usw. die Aufforderungen zur Rache, zum erneuten Kriegseinsatz, Verherrlichungen des Krieges usw. enthalten. Dies trifft nicht zu für Kriegerdenkmäler, die vor 1860 entstanden sind, da sie fast immer bescheiden in der Haltung sind und fast ausnahmslos einigen künstlerischen Wert besitzen. Kriegerdenkmäler nach 1918 sind fast ausnahmslos wertlos. Ihre Beseitigung ist anzuregen, falls nicht in Sonderfällen künstlerischer Rang vorliegt. Denkmäler mit künstlerischem Wert sind einem Museum zu übergeben. Die Säuberungsaktion soll als Willensausdruck breiter Schichten des Volkes vorgenommen werden.« Infolge der Richtlinien sind zunächst Listen zu erstellen gewesen. ...

Am 13. Mai 1946 wird der Befehl Nr. 30 der Alliierten Kontrollbehörde herausgegeben. Das ist eine Woche nach dem Rundschreiben der Deutschen Zentralverwaltung. Hier heißt es im Abschnitt Kriegerdenkmäler:
»Bei ihnen ist eine verbotene Absicht im Sinne des Befehls dort gegeben, wo durch angebrachte Inschriften, Embleme oder bildhafte Darstellungen über den Charakter des Totenmals hinaus dem Denkmal usw. ein militärischer Sinn gegeben wird. Als solche Inschriften gelten z.B. ›Vorwärts für Kaiser und Reich‹, ›Im Felde unbesiegt‹, ›Unseren siegreichen Helden‹, ›Ihr habt doch gesiegt‹ u.ä.m., als Darstellungen gleichen Inhalts sind anzusehen z.B. Darstellungen von Soldaten, die stürmen, marschieren, Handgranaten werfen, eine Fahne hochhalten, mit einem Ungeheuer ringen, Darstellungen, in denen ein Soldat an einen anderen eine Waffe weitergibt, u.ä.m. Auch einfache Wiedergabe von Waffen und Ausrüstungsgegenständen kann hierzu gezählt werden.« Ebenfalls wird eine Erstellung von Listen zur Erfassung aller Kriegerdenkmäler, bevor an deren Beseitigung herangegangen wird, gefordert.

Auf Grundlage des Befehls Nr. 30 der Alliierten und der Richtlinien der Deutschen Zentralverwaltung sind die schon erwähnten Listen der Jahre 1946/47 entstanden.

Deren Auswertung ist bis zum heutigen Tage noch nicht vollständig abgeschlossen. Es lässt sich aber feststellen, dass ca. 900 - 1000 Ehrenmale erfasst sind. Dazu kommen dann die bereits vor dem II. Weltkrieg vernichteten Kriegerdenkmäler und sicher auch noch ein Teil kleinerer Denkmäler die aus den verschiedensten Gründen nicht erfasst wurden.

Ende der 40er Jahre sind also fast alle Adler, Stahlhelme, Schwerter etc. von den Denkmälern verschwunden. Einzelne, vor allem figürliche Denkmäler sind vernichtet oder magazinisiert worden. Im nächsten Jahrzehnt erfolgte eine Welle der Umwidmungen. Ehemalige Weltkriegsdenkmäler oder auch nur ihre stehengebliebenen Sockel werden zu VVN-, OdF- oder personellen Denkmälern.

Zitiert aus dem Vortrag von Margrit Schimanke gehalten auf einer Konferenz der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung, April 1996, Seite 4-5


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»Treue um Treue«

Traditionelle Tugendbegriffe wie »Ehre« und »Treue« oder auch »Kameradschaft«, »Gehorsam« usw. sind in der Sprache des Militärs reichlich enthalten. 

»Treue« war zum Beispiel innerhalb der SS-Ideologie ein widerspruchsloser Gehorsam. Durch die Gleichsetzung der Begriffe »Treue« und »Ehre« wurde ein Treuebruch zu einem Ehrverlust. Der Begriff »Ehre« verlor dadurch seinen traditionellen moralischen Inhalt. Denn die Ehre eines Soldaten etwa, der sich aus Ehrgefühl weigern könnte, an einem Kriegsverbrechen teilzunehmen, spielte im Ehrbegriff der SS keine Rolle mehr. Es zählte allein der blinde Gehorsam.

Die Projektion der Tugendbegriffe auf den Führer hin war notwendig, um den bedingungslosen Gehorsam auch bei verbrecherischen Befehlen zu erreichen. Dies konnte man nicht durch ein Gesetz erzwingen. Es bedurfte der Freiwilligkeit des Soldaten, die durch Umdeutung traditioneller Tugendideale erreicht wurde.

nach Wikipedia, abgerufen am 16.2.2014


Im Internet können Nazi-Freunde unter dem Stichwort »Fun-Bekleidung« folgendes Hemd kaufen:

MP Hohen Viecheln Hemd web


»Im Verantwortungsbereich der DSK [Division Schnelle Kräfte] wird der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ zur Ehrung für die gefallenen Bundeswehrsoldaten vom ›Karfreitagsgefecht‹ des 02. April 2010 innerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr genutzt. Darüber hinaus findet der Wahlspruch u.a. in Dienstgebäuden oder auch auf diversen Trinkbechern in Form einer Gravur Verwendung.

In Anlehnung an die Weisung FüSK II 4 [Abteilung Führung Streitkräfte im Verteidigungsministerium] und als Ergebnis der durch den InspH [Inspekteur des Heeres] beauftragten Untersuchung des Wahlspruches durch bundeswehreigene und externe Institutionen wird festgestellt, dass der Ausdruck nicht geeignet ist, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen und in diesem Zusammenhang Treuepflicht zu symbolisieren.

In heutiger Wahrnehmung und in der Geschichte deutscher Streitkräfte ist der Wahlspruch im Wesentlichen durch die Verwendung als Motto der Fallschirmjägertruppe der Wehrmacht geprägt worden und mit dieser verbunden.
Es ist davon auszugehen, dass seine Verwendung in der Bundeswehr und insbesondere bei den Fallschirmjägern in der öffentlichen Wahrnehmung auch als Bekenntnis zu einer Traditionslinie Wehrmacht – Bundeswehr aufgefasst wird.
Mit Entscheidung des InspH vom 06. Mai 2014 wird die Nutzung des Wahlspruches ›Treue um Treue‹ für das Deutsche Heer im dienstlichen Umfeld in jeglicher Form verboten.«

Die im Erlass genannte Weisung aus dem Ministerium, datiert vom 26. Februar 2013, verbietet ausdrücklich diesen Spruch für die Gedenktafeln für gefallene Bundeswehrsoldaten:
»Im Einsatzgebiet AFG enthalten zwei Gedenktafeln für Gefallene der Bundeswehr die Inschrift ›Treue um Treue‹. (…) Hierzu ist festzustellen: Die Inschriften sind nicht geeignet, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen oder die den Soldaten der Bundeswehr abverlangte Tapferkeit und Treuepflicht zu symbolisieren. Vielmehr ist absehbar, dass die Inschriften zu Missverständnissen führen können, die einem würdigen Gedenken an die Gefallenen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abträglich sind. Der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ ist daher auf Gedenktafeln für die Gefallenen der Bundeswehr nicht zu verwenden.«

Erlass von Heeresinspekteur Bruno Kasdorf vom 6. Mai 2014, in Kraft gesetzt am 20. Mai

 

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

     EK 1940 Die Woche 360px web

Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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Die Kirche

Der dreischiffige Bau erhebt sich über einem Grundriss von etwa 33 Metern Länge und 12 Metern Breite. Die hochgotische Hallenkirche von drei etwa gleich breiten Jochen wurde um 1310/20 in Backstein errichtet. Für die ländliche Gegend ist der Bau durchaus imposant.

Einer Sage nach soll der Ritter Helmold von Plesse 1178 seiner Frau gleich nach seiner Ankunft in Mecklenburg versprochen haben, sieben Plessenkirchen zu bauen. Das waren die Kirchen in Hohen Viecheln, Müsselmow, Holzendorf, Herzberg, Wamckow, Bibow und Brüel. Auch die Kirche in Tempzin soll durch sein Zutun entstanden sein.

Helmold zog nach Jerusalem, als man mit dem Bau der Kirchen begann. Für den Fall seiner unversehrten Rückkehr aus dem Krieg sollte die Kirche in Hohen Viecheln stehen, in der er 1186 auch bestattet wurde.

Von einem hochgotischen Grabmal ist eine lebensgroße Holzskulptur »Ritter von Hohen Viecheln« vom frühen 14. Jahrhundert erhalten, sie stellt möglicherweise den Ritter Helmold III. von Plesse (im 17. Jahrhundert in Plessen umbenannt) dar, oder es ist sein Sohn Helmhold IV von Plesse. Sie dürfte als Liegefigur für sein Grab angefertigt worden sein und ist damit nach der Grabfigur der Königin Margarete im Doberaner Münster die zweitälteste profane Plastik in Mecklenburg.

Nach Wikipedia, abgerufen am 20. 5. 2019

 

MP Hohen Viecheln Kirche web


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... und zum Schluß eine historische Postkarte

MP Hohen Viecheln Vor45 web2

... schon mit dem Kriegerdenkmal!

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Der Adler
Das Eiserne Kreuz
Findlinge
Dorfkirchen in Not

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Iven

Landkreis Vorpommern-Greifswald

Auf dem Kirch- und Friedhof steht das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Die Anlage ist sehr gepflegt.

MP Iven mit Pforte web


Von der Eingangspforte aus gesehen, steht es genau vor der Dorfkirche im Schatten eines großen immergrünen Baumes.

 

MP Iven Denkmal web


In der Mitte des kleinen runden Sandplatzes steht ein großer, aufgerichteter Findling auf einem stützenden Steinsockel. Drumherum wurden kleinere Steine im Kreis gelegt. Auf dem Denkmalstein werden keine Namen genannt und auch auf den kleinen Steinen konnten wir keine Namensinschriften entdecken – das kann man bei manchen Findlingsdenkmälern sehen. Vielleicht entspricht die Menge der Steine der Anzahl der toten Soldaten?

 

MP Iven Adler web


Oben aufgesetzt ist ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen und kräftigen Beinen zum Abflug bereit.

 

MP Iven Adler hinten web


Auch die Rückseite ist das Federkleid detailreich gearbeitet.

 

MP Iven Eisernes Kreuz web


Die Inschrift, die Lettern sind mit schwarzer Farbe ausgefüllt, lautet:

Weltkrieg
1914 (Eisernes Kreuz) 1918

 

MP Iven Fuer Dich web


Iven
seinen Gefallenen
Für Dich!

Für die letzte Zeile hat man eine klare, stärkere Schrifttype gewählt, die Wörter davor sehen verspielter aus. Die Buchstaben der Zeile Für Dich! sind ausserdem größer und die Zeile hat ein Ausrufezeichen. Ihr wird Bedeutung zugemessen.

 

MP Iven hinten web


Die Anlage von hinten, an einem grauen, verregneten Herbsttag. Matthias Hübner, www.dorfkirchen-in-mv.de, dem wir viele Fotos verdanken, hatte mehr Glück, siehe unten.

 

MP Iven Denkmal Huebner web

 

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Die Inschrift

Gefallen:
... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...]

An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22 und 61. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100


Für Dich!:

Diese mit Ausrufezeichen versehene Aussage macht betroffen und verpflichtet die Lebenden zu Dankbarkeit und würdigem Gedenken. Dadurch erhalten auch die Kriegshandlungen und der Krieg selbst eine Rechtfertigung.

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Der Adler

Der Adler ist als »der mächtigste König im Luftrevier« (Anfang des »Seeräuberlied«, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes. In der griechischen Mythologie ist er ein Attribut des Gottes Zeus. Als heraldisches Symbol diente er von 1433 bis 1806 den Kaisern des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen sowie deutschen Königen, Herzögen und Markgrafen als Wappenbild.

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137

MP Iven Adler vorne web

 

Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die »Deutsche Tageszeitung« vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge »vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.« Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen [Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: »Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet«. Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: »Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.« Auch dort die Kranzschleife des »Bundes der Jagdflieger« am Tag der Einweihung: »Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!«]

Loretana de Libero, »Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne«, De Gruyter Oldenbourg. Beiträge zur Militärgeschichte. Band 73. S. 95f

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Findlinge

Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...]

Findlinge sind große (Granit-)Steine aus der heimatlichen Landschaft. Die Denkmalstifter holten sie oft selbst aus der Heide oder aus dem Harz mühevoll herbei. Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 134. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

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Dorfkirchen in Not

MP Iven Dorfkirche innen Siebert web
Foto: Siebert / Deutsche Stiftung Denkmalschutz

 

Die Ausstattung der Dorfkirche in Iven sucht in dieser Form ihresgleichen in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Kirche auf der Website: Deutsche Stiftung Denkmalschutz

 

Wir möchten an dieser Stelle auf einen Verein hinweisen, der ehrenamtlich, politisch unabhängig und überkonfessionell arbeitet: Dorfkirchen in Not in Mecklenburg und in Vorpommern e.V. – Gemeinnütziger Verein zur Rettung und zum Erhalt des kulturellen Erbes.


Dorfkirche Iven


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege
Der Adler
Das Eiserne Kreuz
Soldatenprofil 1929
Die Erweiterung
Die Dorfkirche

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Japenzin

Gemeinde Spantekow, Landkreis Vorpommern-Greifswald

Das massive turmartige, aus Bruchsteinen gemauerte Monument ist das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs in Japenzin und Rehberg. Daneben liegt ein Findling mit einer Edelstahltafel aus heutiger Zeit.

MP Japenzin beide web


Die Denkmalsanlage steht auf dem Kirch- und Friedhof von Japenzin und ist von der Straße aus durch eine zweiflügelige Holzpforte zu betreten.

 

MP Japenzin Adler EK web


Das mehrstufige Monument verjüngt sich nach oben und wird gekrönt von der Skulptur eines Adlers mit kräftigen Beinen und ausgebreiteten Schwingen. Besonders dynamisch und zum Abflug bereit wirkt er durch die überstehenden rechten Krallen. Die Abflugrichtung ist eindeutig nach rechts.

Darunter ist ein großes Eisernes Kreuz aus Gusseisen eingesetzt. Sehr schön und detailreich sind die Schmuckkontur, die preußische Königskrone, das »W« für König Wilhelm II., der in dritter Stiftung das Eiserne Kreuz als militärisches Ehrenzeichen 1914 erneuert hatte.

 

     MP Japenzin Namen web

Im langen Mittelteil des Monuments ist tief die gusseiserne Widmungs- und Namenstafel eingesetzt. In erhabenen Lettern einer kräftigen Serifenschrift ist zu lesen:

Fürs Vaterland liessen ihr Leben.
Weltkrieg 1914–1918.

MP Japenzin Namen Detail web


Darunter stehen mit großzügigem Zeilenabstand und wohlgeordnet 12 Namen. Jeweils mit abgekürztem militärischen Dienstgrad, Vor- und Nachnamen, Sterbedatum und Sterbeort bzw. -land. Die Namen sind nach dem Sterbedatum sortiert. Es ist zu lesen: Vier der Soldaten sind in Lazaretten gestorben, das ist eine eher ungewöhnliche Angabe; in den ersten beiden Jahren starben die Soldaten im Osten, in den letzten Jahren in Frankreich und Flandern; der Zwölfte auf der Liste starb 1919 »in der Heimat«.

 

MP Japenzin Gefallene1 web


Vorne im sockelartigen Teil unter der Namenstafel und an den Seiten in gleicher Höhe sind kleine gusseiserne Tafeln eingesetzt mit zusammenhängenden Widmungssprüchen in gleicher Schrift. Unter der Namenstafel der toten Soldaten steht in der Zeitebene Vergangenheit:

Den Gefallenen
zum Gedächtnis.

MP Japenzin Lebende2 web


Es folgt die Zeitebene der Gegenwart:

Den Lebenden
zur Mahnung.

MP Japenzin Jugend3 web


Die Reihe endet mit der Zeitebene Zukunft:

Der Jugend
zur Nacheiferung.

Eine Aufforderung an die nachfolgende Generation, die militärische Niederlage nach dem deutschen Angriffskrieg und die »Schmach« des Versailler Friedensvertrages zu rächen.

 

MP Japenzin Kopf mit Umfeld web


Auf Höhe des Eisernen Kreuzes auf der Vorderseite sind an den Seiten zwei Steine hohe Reliefs eines Soldatenkopfes mit Stahlhelm aus Gusseisen eingelassen, jeweils über den kleinen Widmungstafeln im Sockel.

 

MP Japenzin Kopf1 web


Ebenso wie die Angabe »im Lazarett« gestorben nicht auf eine militärische Deutung eines im Kampf »gefallenen« Soldaten hinweist, ist dieses Relief untypisch für ein Soldatenprofil in dieser Zeit und schon gar nicht vergleichbar mit den Darstellungen der kantigen Gesichtern der Soldaten im 2. Weltkrieg. Man könnte meinen, ein eingezogener Bewohner von Japenzin habe Modell gestanden.

 

MP Japenzin Kopf2 web


Auf der Wetterseite des Denkmals hat das Relief etwas gelitten. Es entspricht der Platte auf der Gegenseite, ist nur spiegelverkehrt gegossen worden.

 

MP Japenzin hinten web


Die Anlage von schräg hinten: die Spitze eines der beiden massiven Pfeiler des Eingangs ist zu sehen und zwei der Granitstelen, die im Halbkreis um das Monument aufgestellt worden sind.

 

MP Japenzin Stelen web


Hier sehen wir drei weitere Stelen, der Halbkreis der Stelen endet bei der Feldsteinmauer, die den Kirch- und Friedhof begrenzt.

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Die Inschriften

Fürs Vaterland liessen ihr Leben:
Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl.

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 78

Auf welchem dieser steinernen oder metallenen »Ehrenmale« wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.

Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324

Gefallene:
Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

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Das Nationaldenkmal

Die Japenziner Widmung: »Den Gefallenen zum Gedächtnis. Den Lebenden zur Mahnung. Der Jugend zur Nacheiferung.« erinnert an die Inschrift am Nationaldenkmal für die Befreiungskriege auf dem Kreuzberg.

Auf der höchsten Stelle der Erhebung legte König Friedrich Wilhelm III. am 19. September 1818 den Grundstein des deutschen Nationaldenkmals für die Siege in den Befreiungskriegen. Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 30. März 1821, dem Jahrestag der Erstürmung des Montmartre. Bei gleicher Gelegenheit erhielt der Hügel seinen heutigen Namen Kreuzberg.
Die Widmungsinschrift verfasste im Auftrag des Königs der Altphilologe August Boeckh:

»Der König dem Volke,
das auf seinen Ruf hochherzig
Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte.
Den Gefallenen zum Gedächtniß,
den Lebenden zur Anerkennung,
den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.«

Die zweite Hälfte dieses Textes war die gängige Vorlage für Kriegerdenkmäler beider Weltkriege, teilweise nur geringfügig verändert.


... Es handelt sich hierbei um die Inschrift des so genannten Kreuzberg-Denkmals in Berlin, das 1821 aus Anlass der Befreiungskriege durch eine Stiftung Friedrich Wilhelms III. errichtet wurde. Diese Wendung kommt, abgewandelt oder verkürzt, immer wieder auf Kriegerdenkmälern vor, selbst bis in die 1960er Jahre. In dieser ursprünglichen, sich auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beziehenden Form steht die Aufforderung an die nachkommenden Generationen zur Nachfolge als letztes und wird auf diese Weise hervorgehoben: die letzte Wendung bleibt im Gedächtnis. Es geht bei dieser Inschrift in erster Linie darum, die Jugend für den Kriegseinsatz zu gewinnen.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Kriegerdenkmäler in Hamburg, S. 87

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Der Adler

Der Adler ist als »der mächtigste König im Luftrevier« (Anfang des »Seeräuberlied«, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes. In der griechischen Mythologie ist er ein Attribut des Gottes Zeus. Als heraldisches Symbol diente er von 1433 bis 1806 den Kaisern des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen sowie deutschen Königen, Herzögen und Markgrafen als Wappenbild.

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137


MP Japenzin Gegenlicht web

 

Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die »Deutsche Tageszeitung« vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge »vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.« Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen [Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: »Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet«. Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: »Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.« Auch dort die Kranzschleife des »Bundes der Jagdflieger« am Tag der Einweihung: »Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!«]

Loretana de Libero, »Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne«, De Gruyter Oldenbourg. Beiträge zur Militärgeschichte. Band 73. S. 95f

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Soldatenprofil 1929


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929


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Die Erweiterung

In heutiger Zeit wurde das Monument zum 1. Weltkrieg ergänzt. Sicher wurde die Botschaft, die das Kriegerdenkmal auf dem Kirchhof, besonders an die »Jugend«, aussendet als kommentierungsbedürftig angesehen. Spätestens seit der Friedensbewegung in den 80er Jahren besteht auch in der Kirche ein weitgehender Konsens darüber, dass die Botschaft dieser Denkmäler mit dem biblischen Friedensauftrag unvereinbar ist. Die Jahreslosung im Jahr 2019, Psalm 34,15: »Suche Frieden und jage ihm nach!« gibt den Zeitgeist der Evangelischen Kirche in Deutschland wieder.

 

MP Japenzin Stein Opfer web


Diese Tafel ist also gut gemeint. Auch wenn die Intention der Ergänzung vermutlich darauf abzielte, die Botschaft des Kriegerdenkmals zu relativieren, bewirkt sie doch das Gegenteil. Die Millionen Opfer des Nationalsozialismus werden in eine Reihe gebracht mit den Soldaten, die am Verbrechen des Zweiten Weltkriegs beteiligt waren.

Inschrift auf der Tafel:

JESUS CHRISTUS SPRICHT:
»ICH LEBE UND
IHR SOLLT AUCH LEBEN!«
(JOH 4,13)

(ein großes, aber zartes Kreuz, dem Opferkreuz Jesu nachempfunden)

ZUM GEDENKEN AN
ALLE OPFER
VON
KRIEG,
FLUCHT UND VERTREIBUNG
1939 - 1945

Wer ist mit den »Opfern« gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch? Waren eben alle Opfer der »Bestie Krieg«, die ausgebrochen ist, von niemandem verschuldet und von niemandem gewollt? Nicht erfasst werden hierbei auch die Opfer des Deutschen Faschismus vor dem Krieg: Jüdinnen und Juden, die Menschen im Widerstand, Sinti und Roma, sogenannte Behinderte ...
 

MP Japenzin Tafel Opfer web

 

Die »Opfer« gelten als solche von »Krieg und Gewaltherrschaft«. Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden. Was aber könnte an dessen Stelle treten? Denkmäler, so wird heute oft gefordert, sollten die paradoxe Botschaft ausdrücken, dass ihr Sinn gerade darin bestehe, keinen Sinn für den Tod bieten zu können. Die Schwierigkeit, dieser Anforderung gerecht zu werden, liegt letztlich in den Dimensionen des zu erinnernden Tötens und Sterbens selbst begründet. Die »postheroische« Gesellschaft der Bundesrepublik ist ein Kind der Erfahrung, dass sich alle Versuche der Verherrlichung von Krieg und Tod 1945 endgültig desavouriert hatten.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 101

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Die Dorfkirche

Die alte Feldsteinmauer umschließt den Kirchhof der spätmittelalterlichen Dorfkirche von Japenzin.

 

MP Japenzin Kirche web

 

Die drei Glocken der Kirche sind alle restauriert; zwei stammen aus dem Jahr 1366, eine andere wurde um 1400 gegossen. Sie gelten als das älteste Glockenensemble in Vorpommern.

Hier können Sie ihren Klang hören

 

MP Japenzin Auto web


Die Einfahrt auf den Kirchhof: ein seltsamer Anblick!


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I N H A L T

Das Denkmal
Die Einweihung
Das Cap-Arcona-Gedenken
Was geschah am 3. Mai 1945?
Der 70. Jahrestag
Der Obelisk vor der Kirche
Die Tafel zu den Weltkriegen
Das Turnerkreuz
Theodor Körner
Der Deutsch-Französische Krieg
Die deutsche Eiche
Das Eiserne Kreuz

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Klütz

Landkreis Nordwestmecklenburg

Wir besuchen die hohe, schlanke Stele für die im 1.Weltkrieg ums Leben gekommenen »Turnbrüder« des MTV (Männer Turnverein) in Klütz. Am 25. Juni 1922 wurde das Denkmal eingeweiht.

MP Kluetz 1WK Stele Supermarkt web


Auf dem Foto sehen wir, dass das »Turnerdenkmal« heute unmittelbar am Zaun zum Lidl-Supermarkt an der Boltenhagener Straße steht. Im ansteigenden Gelände, dem ehemaligen großen Klützer Schützen- und Sportplatz, wurde die Fläche für Supermarkt und Parkplätze auf das Niveau der Boltenhagener Straße eingeebnet. Schützenvereine waren in der DDR nach dem Ende des 2. Weltkriegs verboten worden und so war auch der Schützenplatz nicht mehr der Ort für Aktivitäten wie z.B. das früher durchgeführte dreitägige Schützen- und Heimatfest und das Gelände verwilderte über die Jahre.


MP Kluetz Turnerdenkmal Abhang web2Foto: Hannes Palm, Heimatverein Klützer Winkel e.V.

Nun winden sich die Reste des ehemaligen Sportplatzes um das Supermarkgelände und das Turnerdenkmal steht nah am Abhang.

 

MP Kluetz 1WK Stele ganz web


Die Stele aus hellgrauem Granit hat eine gerade Frontseite, auf der eine Fläche für ein hohes, oben abgerundetes Schriftfeld geglättet wurde.

 

MP Kluetz 1WK Stele Spitze web


Oben sehen wir das eingemeißelte Logo der Turner – das Turnerkreuz. Es besteht aus vier horizontal und vertikal gespiegelten »F« in Versalien, die den Turner-Wahlspruch »Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei« aufgreifen. Mehr dazu im Kapitel »Das Turnerkreuz«.

 

MP Kluetz 1WK Stele Widmung web


Darunter folgt in einer zarten Serifenschrift, mittig gesetzt, die Widmung:

Zu Ehren
seiner lieben
im Kriege
1914 – 1918
gefallenen
Turnbrüder


»An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.60/61

 

MP Kluetz 1WK Stele Namen web


Es folgen die 18 Namen der »Turnbrüder« alphabetisch geordnet von Rudolf Arph bis August Zierow, aber ohne weitere Angaben. Über die letzten Namen auf der Liste und die Nennung des Männerturnvereins als Denkmalsstifter am Ende des Schriftfeldes sind in unserer Zeit schwarze Buchstaben gesprüht worden. Ob die Sprayer »Hitler« schreiben wollten, wissen wir nicht.

 

MP Kluetz 1WK Stele unten web


Als Denkmalsstifter fungiert am Ende:

Männer
Turnverein
Klütz.

 

MP Kluetz 1WK Stele Eichen web


Hinter der Stele waren 1922 vier Eichen im Halbkreis gepflanzt worden. Davon stehen heute noch die beiden mittleren. Mehr dazu im Kapitel »Die Deutsche Eiche«.

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Die Einweihung

Dieses Foto muss 1922 um den Einweihungstag herum entstanden sein. Die Stele ist von angehäuften Feldsteinen umgeben und mit einem großen Kranz, Tannenzweigen und verschiedenen Pflanzen in Töpfen geschmückt. Die vier jungen Eichen stecken noch in Kübeln.

MP Kluetz Turnerdenkmal Heimatverein 1922 web


In der Fest-Zeitung zum 25-jährigen Stiftungsfest des Männer-Turn-Vereins (MTV) Klütz, verbunden mit dem Turn- und Spielfest des 3. Bezirks Travegau D. T. in Klütz, stand folgender Bericht zur Einweihung der Stele:

»62 Mitglieder des MTV Klütz standen unter Waffen, von denen 16 [18] ihr Leben fürs Vaterland opferten. Der Verein unterstützte während dieser schweren Zeit seine Mitglieder nach Möglichkeit durch Geld und Liebesgaben. Den Gefallenen aber zum Gedächtnis errichtete er auf dem neuen Sportplatz einen Gedenkstein aus Granit, mit dem Wahrzeichen der D.T. [Deutschen Turner] und den Namen der Gefallenen.

Am 25. Juni 1922 wurde das Denkmal unter Anteilnahme fast sämtlicher Vereine geweiht ...«


Wir danken Hannes Palm vom Heimatverein Klützer Winkel e.V. und vom Freundeskreis Alm (Archäologisches Landesmuseum e.V.) für das Foto aus dem Jahr 1922 und für die vielen Informationen, die wir von ihm erhalten haben.


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Das Cap-Arcona-Gedenken

Auf dem kirchlichen »Alten Friedhof« an der Wismarschen Straße besuchen wir die neu gestaltete, kleine Gedenkstätte.

 

MV Kluetz Cap Arcona Anlage aussen web


An einer abgerundeten Buchenhecke ...

 

MV Kluetz Cap Arcona Schild web

.... weist uns ein Schild den Weg.

 

MV Kluetz Cap Arcona Anlage innen web


Auf dem Sandplatz mit altem Baumbestand und einfachen Holzbänken gibt es zuerst rechts den großen Tafelstein aus DDR-Zeiten, mit ihm wurde 1970 die Gedenk- und Grabstätte für 16 Opfer der Cap-Arcona-»Katastrophe« eingeweiht.

 

MV Kluetz Cap Arcona DDR Stein web


Unter der Überschrift:

DEN TOTEN ZUR EHRE – DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG
CAP ARCONA

lesen wir den Text: »Am 3. Mai 1945 versenkten britische Bomber die ›Cap Arcona‹ und die ›Thielbeck‹ in der Lübecker Bucht. Von 7600 Häftlingen aus 24 Nationen, die die Faschisten nach der Räumung des KZ Neuengamme und anderer Lager auf diesen Schiffen gefangen hielten, fanden 7000 wenige Tage vor Beendigung des Krieges den Tod. 16 Opfer fanden hier ihre letzte Ruhestätte.«

Der große Granitstein ist mit dem für DDR-Gedenksteine typischen Symbol des »Roten Winkel« versehen, ursprünglich das Symbol für politische Häftlinge in der NS-Zeit.

Unter der Überschrift »Erinnerung an die NS-Opfer« im Beitrag »Erinnerungskultur in der DDR« schreibt Birgit Müller für die Bundeszentrale für politische Bildung:

»Unmittelbar nach Beendigung des Krieges galt die Erinnerung in der sowjetischen Besatzungszone allen Opfergruppen. Es war unerheblich, ob es sich um Widerstandskämpfer kommunistischer, bürgerlicher oder christlicher Couleur handelte oder ob die Verfolgung aus rassistischen Gründen erfolgte. Kurz nach Kriegsende 1945 wurden als ›Opfer des Faschismus‹ diejenigen bezeichnet, die ››unter der Hitlerdiktatur heldenmütig für die Freiheit des deutschen Volkes‹ gekämpft hatten, sowie die ›Hinterbliebenen der von den Faschisten ermordeten Helden des deutschen Freiheitskampfes‹‹. Die Weiterführung des Zitats verdeutlicht jedoch, dass eine Hierarchisierung der Opfergruppen im Interesse der kommunistischen Erinnerungskultur und des Geschichtsbewusstseins vorgenommen wurde. Denn es heißt weiter: ››Opfer des Faschismus‹ sind die Juden, die als Opfer des faschistischen Rassenwahns verfolgt und ermordet wurden, sind die Bibelforscher und Arbeitsvertragssünder. Aber so weit können wir den Begriff ›Opfer des Faschismus‹ nicht ziehen. Sie haben alles geduldet und Schweres erlitten, aber sie haben nicht gekämpft.‹‹ […]

›Der Historiker Olaf Groehler resümiert: ›Höchst zielstrebig wurde in den zu Nationalen Gedenk- und Mahnstätten erklärten Objekten die Absicht verfolgt, sie von Orten des Leidens und der Verfolgung zu Gedenkstätten der antifaschistischen Kämpfer und Helden umzufunktionieren, letztere damit letztlich auch zu Siegern der Geschichte zu verklären, wobei die wirklichen Toten vergessen wurden.‹ Die Hierarchisierung der Opfergruppen wurde auch in der Denkmalsarchitektur deutlich, so war das Symbol des ›Roten Winkel‹ für die politischen Häftlinge überall präsent. Zudem erinnerten zahlreiche Gedenktafeln, Straßenschilder und Mahnmale vornehmlich an kommunistische Widerstandskämpfer oder generalisierend an die ›Opfer des Faschismus‹«.

Der ganzer Beitrag »Erinnerungskultur in der DDR«


Im Sommer 2020 wurde der Gedenkplatz umgestaltet. Er wurde erweitert und bietet nun Platz für Veranstaltungen und Gruppenbesuche, z.B. von Schulklassen. Ausserdem wurden zwei Informationsstelen und ein Kunstwerk aus Cortenstahl aufgestellt, das ist ein Stahl mit Rostoberfläche, der im Moment weit verbreitet ist. Zusätzlich wurde der alte Gedenkstein von 1970 restauriert.

MV Kluetz Cap Arcona 1 Infoschild web

Ein Großteil der Texte kann auch auf Englisch gelesen werden. Unter der Überschrift »Wir gedenken« lesen wir an der ersten Stele: »Willkommen auf dem Klützer Friedhof, auf dem sich eine der CAP-ARCONA-Gedenkstätten, entlang der Lübecker Bucht, befindet.

Wir gedenken hier den Opfern, die der Cap-Arcona-Katastrophe vom 3. Mai 1945 zum Opfer fielen. 16 Opfer wurden nach der Bergung hier auf dem Friedhof bestattet.

Im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten wurde ab 1933 ein Netz von 24 Konzentrationslagern (KZ), ca. 42.500 Neben- und sieben Vernichtungslagern errichtet. Die KZ-Lager dienten der Inhaftierung, Absonderung und Ausbeutung, der Erniedrigung und Einschüchterung.

Am 19. April 1945 beginnen SS-Einheiten das KZ Neuengamme und seine Außenlager zu räumen. Die Transporte finden unter den Augen der Öffentlichkeit statt.

Bis zum 26. April transportiert die SS etwa 10.000 Häftlinge in Güter- und Viehwaggons nach Lübeck. Die Gefangenen werden auf drei, in der Lübecker Bucht ankernde, fahruntüchtige Schiffe gebracht: das Passagierschiff CAP ARCONA sowie die beiden Frachtdampfer THIELBEK und ATHEN.«

Darunter steht ein Zitat von Dr. William Wolff, Landesrabbiner Mecklenburg-Vorpommern, aus dem Jahr 2005:

Vergessen ist die letzte Grausamkeit,
die wir den Opfern antun können.

 

MV Kluetz Cap Arcona 2 Infoschild web


Auf der zweiten Tafel lesen wir unter der Überschrift »Die Katastrophe«: Am 3. Mai 1945 greifen gegen 14.30 Uhr britische Jagdbomber in mehreren Wellen die CAP ARCONA und die THIELBEK in der Lübecker Bucht an. Bomben- und Raketentreffer führen zum Untergang der nicht gekennzeichneten Schiffe.

Mehr als 7.000 Menschen aus 24 Ländern finden am 3. Mai 1945 den Tod. Nur etwa 450 Häftlinge der CAP ARCONA und 50 Häftlinge der THIELBEK überleben das Inferno. Einen Tag später, am Abend des 4. Mai 1945, unterschreibt der deutsche General Hans-Georg von Friedeburg im Hauptquartier des englischen Oberbefehlshabers Bernard Montgomery die Kapitulationsurkunde. Für die 7.000 Opfer der Lübecker Bucht kommt das Kriegsende nur um Stunden zu spät.

Etwa 4.000 Leichen werden bis in die 1970er Jahre an die Strände der Lübecker Bucht in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern angeschwemmt. Von fast 3.000 Toten fehlt bis heute jede Spur. Ihr Grab ist die Ostsee.


MP Kluetz Cap Arcona brennt Royal Airforce Wikimedia Commons web2Foto: Royal Air Force / Wikimedia Commons
Die brennende Cap Arcona kurz vor dem Untergang

 
Auch hier folgt ein Zitat, dieses ist vom polnischen Häftling Mieczyslaw Chemielewski:

Ich kann mich noch entsinnen, wie neben mir auf dem Deck
ein (...) Mithäftling mit außerhalb des Körpers liegenden
Eingeweiden lag. (...) Er war vollkommen bei Sinnen und bat
mit natürlicher Stimme seine Kameraden um Hilfe, welche ihm
niemand erteilen konnte.

 

MV Kluetz Cap Arcona Kunstwerk web


Wenn man die Texte auf den Informationsstelen liest, hat man das Kunstwerk im Rücken. Man muss es wohl als Darstellung einer Zielscheibe interpretieren, nah am Mittelpunkt sind stilisierte hellgraue Schiffsformen angebracht, die in oranger Feuerfarbe die Namen CAP ARCONA und TIELBEK tragen.

 

MV Kluetz Cap Arcona Kunstwerk Spruch1 web


Auf dem äußeren Ring lesen wir wieder das Zitat von Landesrabbiner Dr. William Wolff:

Vergessen ist die letzte Grausamkeit, ...
 

MV Kluetz Cap Arcona Kunstwerk Spruch2 web


... die wir den Opfern antun können.


Rund 6400 der etwa 7000 KZ-Häftlinge auf der Cap Arcona und der Thielbek verbrannten, ertranken oder wurden erschossen. media.offenes-archiv.de dokumentiert Berichte von Überlebenden. Auch den von Erwin Geschonneck, später einer der populärsten Schauspieler der DDR. Er war u.a. der Hauptdarsteller in der Dokumentation »Der Mann von der Cap Arcona« aus dem Jahr 1982. Der Film gibt einen Teil seiner Lebensgeschichte wieder. Der Berliner, Arbeitersportler und seit 1929 KPD-Mitglied, war mit einer linken jüdischen Theatergruppe nach der NS-Machtübernahme in die Tschechoslowakei, nach Polen und in die Sowjetunion emigriert. Aus der UdSSR wurde er 1937 ausgewiesen, in der Tschechoslowakei faßten ihn die Nazis. Erwin Geschonneck war Häftling in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme. Er überlebte den Untergang der Cap Arcona als einer von 400.

Berichte auf media.offenes-archiv.de (45KB)

 

MP Kluetz Friedhof Kreuz 2WK web


Etwas entfernt von der Cap Arcona-Gedenkstätte steht ein schwarzes Steinkreuz auf einem hohen Podest, in der Art gibt es mehrere auf Gräbern des kirchlichen Friedhofs. Dieses Kreuz steht ganz allein, etwas verloren da. Es ist den Opfern des 2. Weltkriegs gewidmet.

Im Querbalken des Kreuzes steht »Ich lebe«. Das ist ein Teil des Bibelspruchs aus dem Johannesevangelium (Joh. 14,19): »Jesus Christus spricht: Ich lebe und ihr sollt auch leben«. Warum hier auf den zweiten Teil des Bibelspruchs mit der tröstlichen Aussicht auf eine Wiederauferstehung nach dem Tod verzichtet wurde, können wir nicht deuten.

Auf dem Sockel steht:

ALLEN OPFERN
1939 – 1945

Da könnte man viele Opfergruppen aufzählen. Welche hier gemeint sind, erfahren wir nicht.

MV Kluetz Cap Arcona Hinweisschild web2


Am Ausgang sehen wir das Hinweisschild:

Cap Arcona
Ehrengedenkstätte auf dem Friedhof

Der Begriff »Ehrengedenkstätte« wirkt etwas aus der Zeit gefallen, sicher: wir wollen dieses unvorstellbare Inferno wenige Stunden vor dem Ende eines grausamen, von Deutschland verschuldeten Krieges und seine Opfer nicht vergessen, aber ob wir die Opfer »ehren« wollen?

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Was geschah am 3. Mai 1945?

Der Rückzug der deutschen Truppen führte ab Sommer 1944 dazu, dass die in Frontnähe geratenen Konzentrationslager mit ihren zahlreichen Außenlagern aufgelöst wurden. Beim Herannahen der Roten Armee beziehungsweise der westalliierten Truppen begannen mit der Räumung der Lager von Auschwitz im Januar 1945 die »Todesmärsche« und Transporte in offenen Viehwaggons der Gefangenen. Zuletzt wurden vom KZ Neuengamme bei Hamburg aus Mitte April 1945 mehr als 10.000 Gefangene von der SS nach Lübeck gebracht. Dort wurden sie auf drei Frachtschiffe verladen, auch das Kreuzfahrtschiff »Cap Arcona« nahm mehrere tausend auf. Die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal, viele verhungerten und verdursteten.

Am 3. Mai griffen britische Flugzeuge die Schiffe an, die sie für deutsche Truppentransporter hielten. Auch die »Cap Arcona« geriet in Brand und kenterte. Die Gefangenen hatten kaum eine Chance, sich zu retten. Viele, die das Land schwimmend erreichten, wurden dort von SS-Männern erschossen. Insgesamt über 7.000 verloren am 3. Mai, wenige Stunden vor ihrer möglichen Befreiung, das Leben.

Mehr dazu auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

»Der Untergang der Cap Arcona« auf www.ndr.de


Pastorin Almuth Jürgensen, Gedenkstättenbeauftragte im Kirchenkreis Ostholstein und Koordinatorin des »Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken«, schreibt im Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche:

Update: Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken

Der komplette Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur


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Der 70. Jahrestag

»Im Gedenken an die Cap-Arcona-Katastrophe vor 70 Jahren wurde für den 7. Mai 2015 von der Stadt Klütz, dem Literaturhaus ›Uwe Johnson‹ und der Regionalen Schule Klütz eine Filmvorführung organisiert.

Bürgermeister Guntram Jung zitierte in seiner Begrüßungsrede unter anderem Hugo Rübesamen, einen Sprecher des Förderkreises Cap-Arcona-Gedenken, indem er davon sprach, dass es sich nicht um eine Katastrophe, sondern um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe. Dr. Anja-Franziska Scharsich schilderte sehr eindrucksvoll, dass sich auch Uwe Johnson in seinem Roman ›Jahrestage‹ mit dem schrecklichen Geschehen um die Häftlinge auf der Cap Arcona auseinandergesetzt hatte. Der gezeigte, im Vorfeld teils umstrittene Film ›Der Mann von der Cap Arcona‹ (DDR-Produktion, 1982) regte in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an und sorgte für Betroffenheit.

MP Kluetz 70Jahre Cap Arcona webFoto: Dr. Anja-Franziska Scharsich

Die Schüler und Lehrer der Regionalen Schule bedanken sich für die entgegengebrachte Anerkennung bezüglich der Ausgestaltung der Räumlichkeiten im Literaturhaus für diesen Abend.«

Website der Schloßstadt Klütz


Auch das Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken schreibt im Wort Cap-Arcona-»Katastrophe« Katastrophe in Anführungszeichen. Eine Katastrophe ist ein großes, schweres Unglück, das als Unwetter, Überschwemmung, Vulkanausbruch etc. über die Menschen hereinbricht. Dieses Inferno am 3. Mai 1945 war menschengemacht, aber war es ein Kriegsverbrechen? Wer hat es begangen?


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Der Obelisk vor der Kirche

Auf dem Foto vom Hinweisschild haben wir im Hintergrund schon die Marienkirche gesehen. Hier steht das nächste Denkmal, das wir betrachten wollen.

 

MP Kluetz Kirche Obelisk 1884 Platz web


Vor der Südseite der Kirche ist ein flacher Hügel aufgeschüttet worden. Darauf steht das Denkmal genau vor dem Kircheneingang auf einer Rasenfläche. Auf einem breiten Sandweg kann man den Obelisken umrunden. Diese klassische Denkmalsform hat sich bis in die Zeit des Nationalsozialismus als Kriegerdenkmal erhalten. Sie ist eine sich nach oben verjüngende, vierkantige Säule mit einer Pyramide als Spitze. Als meistgewählte Form wurde sie jedoch seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, besonders in Norddeutschland, vom Findling abgelöst.

 

MP Kluetz Kirche Obelisk 1884 ganz web


Es ist ein steinerner Obelisk auf einem vielstufigen Sockel. Nahe der Spitze ist ein Eisernes Kreuz eingemeißelt. Das militärische Ehrenzeichen ist hier ohne weitere Symbole dargestellt. Es wurde den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern postum und kollektiv zugedacht. Der Soldatentod reichte als Grund für die symbolische Verleihung.

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, Hamburg, S. 44f


Mehr zur Geschichte des Ordens im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

 

MP Kluetz Kirche Obelisk 1884 Widmung web


Das Kriegerdenkmal wurde 1884 vom Kriegerverein Klütz den toten Soldaten des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 gewidmet. Mehr dazu im Kapitel »Der Deutsch-Französische Krieg«.


Auf einer weißen Marmortafel mit ausgestellten Ecken lesen wir den Sinnspruch:

Vergesset
die treuen Todten nicht

Er erinnert an die Zeile eines Gedichts von Theodor Körner, die manchmal auf Kriegerdenkmälern zitiert wird – oft mit verstärkendem Ausrufezeichen!


Theodor Körner war ein Dichter zur Zeit der Freiheitskriege. Nach seinem Kriegstod wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur für nachfolgende Generationen. Mehr im Kapitel »Theodor Körner«.

Dies ist die letzte Strophe seines Gedichts:  

Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen!
Drauf, wack'res Volk! Drauf! ruft die Freiheit, drauf!
Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen.
Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen?
Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf!
Doch stehst du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke,
In deiner Vorzeit heil'gem Siegerglanz:
Vergiß die treuen Toten nicht und schmücke
Auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!

Theodor Körner, Leyer und Schwerdt. Berlin, 1814.


Unter dem Sinnspruch und einer mittig gesetzten Linie folgt auf der Denkmalstafel die Widmung:

Seinen gefallenen (im tiefergelegten Zierfeld)
Kameraden gewidmet
vom Kriegerverein
zu Klütz

1884.

»Militärische Vereine spielten früher im gesellschaftlichen Leben eine weit größere Rolle als heute! Geachtet war nur der Mann, der ›gedient‹ hatte. Im Zivilleben konnte man durch die Mitgliedschaft in einem Militärverein am Ansehen, dass der Soldatenstand genoß, weiter teilhaben. So wurden die ›Kriegervereine‹, wie sie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts genannt wurden, die mitgliederstärkste Vereinsform in Deutschland. Am Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte ihr Zusammenschluß zum ›Kyffhäuserbund‹. Neben allgemeinen Kriegervereinen bildeten sich Kameradschaften bestimmter Regimenter oder Waffengattungen. [...]
In engem Zusammenhang mit dem Kriegsvereinswesen stehen viele Denkmäler in Stadt und Land: Die Vereine regten ihre Errichtung an, spendeten Geld dafür und marschierten bei ihrer Einweihung auf.«

Ludwig Arndt, Militärvereine in Norddeutschland, BOD, Werbetext zum Buch, 2008

 

MP Kluetz Kirche Obelisk 1884 hinten web


Die Rückseite des Obelisken. Hier fehlt die Marmorplatte, die tiefergelegte Fläche auf der Hauptsockelfläche, wieder mit ausgestellten Ecken, weist darauf hin, dass es eine gegeben hat. 

 

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Die Tafel zu den Weltkriegen

In der Klützer Kirche St. Marien ist eine Wand dem Gedenken an beide Weltkriege gewidmet. Über den sechs steinernen Namenstafeln sind Metallbuchstaben angebracht:

UNSEREN GEFALLENEN      1914-1918
UND ALLEN OPFERN           1939-1945

»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019

 

MP Kluetz Kirche Tafel 1u2WK web


Wir vermuten, dass die sechs Namenstafeln ursprünglich Bestandteil eines Kriegergedenkens zum 1. Weltkrieg waren. Die 133 Namen der toten Soldaten sind nach 17 verschiedenen Heimatorten geordnet: Arpshagen, Boltenhagen, Bothmer, Christinenfeld, Gantenbeck, Goldbeck, Grundshagen, Hofzumfelde, Klein-Prantshagen, Klütz, Niederklütz, Oberhof, Oberklütz, Redewisch, Tarnewitz, Tarnewitzerhagen und Wichmannsdorf. Mehr erfahren wir nicht. Einschlägige Quellen ordnen die genannten Soldaten dem 1. Weltkrieg zu.

 

MP Kluetz Kirche Tafel 1u2WK Detail web


Wir sehen in diesem Detailfoto die mittig gesetzten Namen und die größeren Versalien der Ortschaften. Einzelne Buchstaben sind eigenwillig, z.B. ist das große »W« ein offenes Quadrat mit einem christlichen Kreuz in der Mitte.

Die erste und die letzte Tafel zeigen am unteren Ende das militärische Ehrenzeichen, ein Eisernes Kreuz in Kontur. Mehr dazu im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

Könnte es sein, dass der Zeilenfall bewusst gewählt ist?

UNSEREN GEFALLENEN      1914-1918
UND ALLEN OPFERN           1939-1945

»Unsere Gefallenen« sind die 133 genannten Männer im 1. Weltkrieg. ... »und allen Opfern« meint die Opfer des 2. Weltkriegs? Das st eine durchaus übliche, aber inhaltslose Ergänzung der alten Kriegerdenkmäler. Denn wer ist mit »Opfern« gemeint? Die toten Soldaten der Deutschen Wehrmacht, der SS, der Polizei oder auch die zivilen Opfer, die in den KZs Ermordeten, die verschleppten Zwangsarbeiter:innen, die Opfer der »Euthanasie«-Morde ... womöglich auch die toten Soldaten der von Deutschland überfallenen Länder? Wir erfahren es nicht.

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Das Turnerkreuz

Das Turnerkreuz ist eine graphisch gestaltete Bildmarke, die im Jahr 1844 von dem Kupferstecher und Drucker Johann Heinrich Felsing (1800–1875) aus Darmstadt entwickelt wurde.

Es steht noch heute als Symbol für das Turnen. Das Original-Logo gemäß Deutschem Turner-Bund ist heute immer quadratisch und formt ein achsengleiches griechisches Kreuz. Es besteht aus vier Exemplaren des horizontal und vertikal gespiegelten Buchstabens F in Versalien, die den Turner-Wahlspruch »Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei« aufgreifen.


                 SH Ellerhoop Turnerkreuz 1968 Turnfest web

»Den Spruch in seinen vier Anfangsbuchstaben habe ich zusammengestellt in 4 F. Ich habe sie zum Zeichen vereint, […] sie bilden wie die Turnerschaft – gleiche Kraft, gleiche Form, gleiche Stärke nach allen Seiten, es ist das Viereck überall gleich stark, fest in den vier Ecken stehend, nehmt’s, wie ihr wollt: es ist das F aus dem FF. Vergeßt mir nicht, daß es auch das Christenzeichen ist« schrieb Johann Heinrich Felsing 1846.

Der Spruch steht in seiner Urfassung »Frisch, Frei, Fröhlich, Fromm« an der Giebelseite des letzten Wohnhauses von »Turnvater« Friedrich Ludwig Jahn in Freyburg an der Unstrut, das heute das Friedrich-Ludwig-Jahn-Museum beherbergt.

Jahn hat den Turner-Wahlspruch nicht erfunden, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit einen studentischen Spruch aus dem 16. Jahrhundert übernommen. In seinem Buch »Die deutsche Turnkunst« hat Jahn den Wahlspruch »Frisch, Frei, Fröhlich, Fromm« im Kapitel »Turngesetze« dann gleichsam manifestiert.

Jahn hat sich stets gegen eine Umstellung der vier F-Begriffe gewandt, so zum Beispiel 1846: »In den vier Worten ist die Steigerung unverkennbar, jede Umstellung verändert den Sinn und verschwächt ihn. Der Spruch ist Inschrift eines Ringes um das turnerische Leben. Das Weglassen nur eines Wortes macht den Reifen brüchig. Selbst die Verwandlung des ›fröhlich‹ in ›froh‹ entstellt die Sinnschrift, weil, so nahe verwandt, sich auch beide Worte fügen, froh mehr die innere Stimmung bezeichnet und das Wirkende, fröhlich hingegen das Offenbarwerden in äußerer Erscheinung […], fröhlich muß mitteilen, gemeinsam empfinden […], bedarf der Gesellschaft«.

Dennoch wurde die Aneinanderreihung der vier Begriffe über »Frisch, Fromm, Froh, Frei« zum heute gebräuchlichen »Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei« verändert. 1933 entstand im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 1936 von Berlin eine Diskussion darüber, ob das Turnerkreuz oder die olympischen Ringe für die Olympiade in Berlin Verwendung finden sollten. Die Entscheidung fiel zugunsten der fünf Ringe.

Nach Einführung des Reichsflaggengesetzes vom 15. September 1935 übernahmen alle deutschen Turnvereine das von den Nationalsozialisten gebrauchte Hakenkreuz als einziges Symbol.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand man auf Vereinsebene sehr rasch wieder zum Turnerkreuz zurück, zumal die historischen Vereinswappen und -fahnen dieses zumeist beinhalteten. Demgegenüber benötigten die Verbände dazu längere Zeit. Beim Deutschen Turnfest in München 1958 fand es in der offiziellen Festzeitung noch keinerlei Verwendung, eine aus diesem Anlass herausgegebene Briefmarke der Deutschen Bundespost griff es hingegen wieder auf.

Nach Wikipedia, abgerufen am 25. Mai 2018


MP Kluetz 1WK Stele Turnerkreuz web


Das Turnerkreuz auf dem Kriegerdenkmal in Klütz

 

Angehörige der Wissenschaftlichen Dienste arbeiten Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu. Lesen Sie hier einen Text aus der Zusammenfassung der Ausarbeitung »Die Entwicklung der Deutschen Turnerschaft von 1933 bis zu ihrer Auslösung 1936« aus dem Jahr 2005:

»Der Deutsche Turner-Bund weist im Rahmen seiner Selbstdarstellung im Internet unter dem Punkt »Turngeschichte beim Turnfest 2005 in Berlin« auf die jüngsten historischen Aufarbeitungsbemühungen hin: »Der Deutsche Turner-Bund hat das internationale Deutsche Turnfest 2005 in Berlin auch zu einer historischen Betrachtung der Turnbewegung genutzt. Schließlich befindet sich die Hasenheide als traditioneller Turnplatz Friedrich Ludwig Jahns, von dem 1811 das Turnen seinen Anfang nahm, mitten in Berlin. Mit Berlin, der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, verbindet sich auch das dunkelste Kapitel der Turnbewegung: die Durchsetzung des ›Arierparagraphen‹ in vorauseilendem Gehorsam durch die Deutsche Turnerschaft. Vor diesem Hintergrund und angesichts der aktuellen Gedenkveranstaltungen um den 8. Mai 2005 zum Kriegsende vor 60 Jahren inklusive der Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Berlin eine Woche vor dem Turnfest wollte das Präsidium des Deutschen Turner-Bundes ganz bewusst Zeichen setzen im Umgang mit der Geschichte des eigenen Verbandes.« Auf der wissenschaftlichen Tagung auf dem Turnfest 2005 wies der amtierende Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB), Rainer Brechtken, auch auf die kritische Auseinandersetzung mit der historischen Figur des »Turnvater« Jahns hin: »Wir haben unsere Geschichte aufgearbeitet und sind immer noch dabei, (...) es gibt da für uns keinen Schlussstrich.«

Vollständige Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienst


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Theodor Körner

Carl Theodor Körner, geboren am 23. September 1791 in Dresden; im Gefecht gestorben am 26. August 1813 im Forst von Rosenow bei Gadebusch war ein deutscher Dichter und Dramatiker. Berühmt wurde er vor allem durch seine Lieder in den antinapoleonischen Befreiungskriegen. Nachdem er als »Sänger und Held« im Lützowschen Freikorps gefallen war, wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur.

Körners teils stürmische, teils gefühlvolle Lyrik entsprach der ebenso romantischen wie vaterländisch kampfbereiten Gesinnung der Generationen in einem Deutschland, das auch nach den Befreiungskriegen noch lange Zeit in viele Einzelstaaten zersplittert war. Körners Sterben als Lützower Jäger erhob ihn zur vorbildhaften Gestalt. Die glaubwürdige Übereinstimmung von Dichtung und Leben empfahl seine Werke für die Lehrpläne erst des Deutschen Bundes, später des Deutschen Reichs. Körners Gedichte aus seinem Buch »Leyer und Schwert« wurden zum Vorbild für Kriegslyrik späterer Zeit.


Postkarte 1WK Theodor Koerner web


Dies ist eine von vielen Propagandapostkarten, die im 1. Weltkrieg gedruckt und verschickt wurden. Ein Soldat verliest vor dramatischer Kulisse das Gebet »Vater ich rufe Dich!« von Theodor Körner:

»Brüllend umwölkt mich der Kampf der Geschütze,
Sprühend umzucken mich rasselnde Blitze,
Lenker der Schlachten ich rufe Dich,
Vater, Du führe mich!

Vater, Du führe mich!
Führ mich zum Siege, führ mich zum Tode!
Herr, ich erkenne Deine Gebote;
Gott, ich erkenne Dich!

Gott, ich erkenne Dich!
So im herbstlichen Rauschen der Blätter, –
Als im Schlachtendonnerwetter, –
Urquell der Gnade erkenn’ ich Dich!
Vater, Du segne mich!

Vater, Du segne mich!
In Deine Hände befehl’ ich mein Leben!
Du kannst es nehmen, Du hast es gegeben!
Zum Leben, zum Sterben segne mich!
Vater, ich preise Dich!

Vater, ich preise Dich!
’s ist ja kein Kampf für die Güter der Erde. –
Das heiligste schützen wir mit dem Schwerte!
Drum fallend und singend preis’ ich Dich!
Gott, Dir ergeb’ ich mich!

Gott, Dir ergeb’ ich mich!
Wenn mich die Donner des Todes begrüßen,
Wenn meine Adern geöffnet fließen: –
Dir, mein Gott, Dir ergeb ich mich!
Vater ich rufe Dich!

 

Auch die Nationalsozialisten haben Theodor Körner für sich reklamiert. Das Gelände um die Grabstätte Körners und seiner Familie in Wöbbelin wurde 1938 aufwendig zur »nationalen Weihestätte« umgebaut und diente als Kulisse für Aufmärsche und Vereidigungszeremonien. Die Zeile »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« aus dem Gedicht »Männer und Buben« lieferte Joseph Goebbels die Textvorlage für die Phrase »Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los!«, das Finale der Sportpalastrede.

Nach 1945 wurde Theodor Körner in der BRD kritisch beleuchtet, in der DDR wurde er hingegen als patriotischer »Heldendichter« verehrt. Im 21. Jahrhundert werden ihm von Rechtsradikalen Verse unterschoben, die er nie geschrieben hat: »Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, / vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. / Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, / dann richtet das Volk und es gnade euch Gott.« Dieser Spruch wird über das Internet verbreitet und u. a. bei Kundgebungen und Demonstrationen der Pegida eingesetzt. Am 23. September 2016 publizierte »Der Flügel«, eine von Björn Höcke geführte AfD-nahe Gruppierung, Körners Satz »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« fälschlicherweise mit dem obigen Spruch.

• Text nach Wikipedia, abgerufen am 28. November 2018

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Der Deutsch-Französische Krieg

... war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation web

• Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


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Die deutsche Eiche

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre. Darum findet man es oft auf Orden, z.B. auf dem Ritterkreuz in der Zeit des Nationalsozialismus. Wie kam es zu dieser Symbolkraft?


Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de


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Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes.

 

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu  d e m  deutschen Orden.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web4
    

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle ...

HH Uhlenhorst EK auf Auto web2

... oder als Statement am Auto und ganz aktuell: Die Redaktion des SPIEGEL illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz:

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web


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I N H A L T

Das Denkmal
Ein historisches Foto
Der Sinnspruch
Das Vaterland
Das Schwert
Schwertgeschichten
Theodor Körner
»Lerne vom Militär!«

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Krakow am See

Landkreis Rostock

Das Denkmal für die 144 toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Krakow und acht umliegenden Ortschaften steht in einem kleinen Park neben dem Bahnhof und dem ZOB von Krakow am See.


MP Krakow am See Bahnhof weit web


Die hohe Stele wurde aus Beton gegossen, sie steht vor einer Gruppe von Eichen.


MP Krakow am See Bahnhof naeher web


Die Wege und die zwei Plätze in der Rasenfläche sind mit gelben Klinkersteinen gepflastert.

MP Krakow am See Bahnhof Denkmal web


Der Platz mit vier Ruhebänken hinter dem Denkmal liegt inmitten der Eichen. Die helle Stele auf dem Platz davor steht auf einem vierstufigen etwas dunkleren Betonsockel. Sie hat einen rechteckigen Grundriss, die breite Vorder- und Rückseite sind an drei Kanten vierfach abgestuft. Dadurch entstehen tiefergelegte schmale Innenflächen für die Gestaltung. Oben hat die Stele eine zusätzliche Dachfläche mit einer Kupferabdeckung erhalten.


MP Krakow am See Bahnhof Schwert web


Auf der Frontseite ist ein schmales, nach unten gerichtetes Schwert angebracht. Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.


MP Krakow am See Bahnhof Widmung web


Es folgt die falunrote (ochsenblutfarbene) Widmung, mittig gesetzt:

1914 – 1918
Unseren
im Weltkriege
Gefallenen.

Hartmut Häger schreibt in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim«: »An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Ein weiteres Zitat: »Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.

Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.« meint Klaus Latzel in ZEITGeschichte 4/2018.


MP Krakow am See Bahnhof Inschrift web


In gleicher Farbe steht weiter unten wieder mittig gesetzt die Aufforderung:

Vergiss mein Volk
die teuren Toten nicht

Sie wird Theodor Körner, 1791-1813, zugeschrieben. Er war ein deutscher Soldat und Dichter, der mit seinen Kriegsliedern zur patriotischen Identifikationsfigur in allen Kriegen seit den sogenannten »Befreiungskriegen« wurde.

 

MP Krakow am See Bahnhof Gesteck web


Der Aufforderung wird auch auf der Stelle mit einem bunten Gesteck Folge geleistet.


MP Krakow am See Bahnhof seitlich web


An den drei weiteren Seiten der Stele werden nun die Namen der toten Soldaten aufgelistet.

MP Krakow am See Bahnhof Vaterland Namen web


Auf den Seiten stehen die Namen der Soldaten aus Krakow. Die Liste hat den Titel:

Für ihr Vaterland starben:

Die Namen sind nach Sterbejahr geordnet, hier auf der linken Seite sind es die Jahre 1914 bis 1916. Sehr ungewöhnlich ist, dass in Krakow am See die weitere Sortierung innerhalb eines Kriegsjahres nach Rangordnung erfolgt. Der Ranghöchste geht voran, die Liste endet jeweils mit den einfachen Dienstgraden.

Fast jedes Kriegerdenkmal ist gebaut worden, um den Militarismus zumindest indirekt zu stützen und zu fördern. Mit der hier erfolgten militärischen Werteskala geht es verstärkt nicht um Trauer um den Menschen, sondern um die Bedeutung des Soldaten.

 

MP Krakow am See Bahnhof hinten web


Auf der schmalen Rückseite werden die toten Soldaten der umliegenden Ortschaften genannt: von Zietlitz-Dobbin, Ahrenshagen, Dobbin, Glave, Möllen, Alt-Sammit, Neu-Sammit und schließlich Tessin mit dem ranghöchsten Vizefeldwebel Paul Hamel.

 

MP Krakow am See Bahnhof 17 18 web


Auf der letzten Seite folgen die toten Krakower Soldaten der Jahre 1917 und 1918, ohne Todesjahrangabe die Vermißten und ...

 

MP Krakow am See Bahnhof Folgen web


... zum Schluß, die an den Folgen des Krieges starben. Das sind immerhin 16 von insgesamt 144 Soldaten.


MP Krakow am See Bahnhof Baenke web


Der schattige Rastplatz hinter dem Kriegerdenkmal.

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Ein historisches Foto

Die Postkarte aus dem Jahr zeigt das Kriegerdenkmal kurz nach seiner Einweihung. Es wird hier als »Ehrenmal« bezeichnet.


MP Krakow am See Bahnhof alt web

Das Denkmal scheint seit über 100 Jahren unverändert zu sein.

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Der Sinnspruch

Vergiss mein Volk
die teuren Toten nicht

Er ist die Abwandlung eines Aufrufs von Theodor Körner:

»Und stehst du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke
in deiner Vorzeit heilgem Siegerkranz,
vergiß die treuen Toten nicht und schmücke
auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!«

Theodor Körner, 1791-1813, war ein deutscher Dichter, der mit seinen Kriegsliedern zur patriotischen Identifikationsfigur wurde – bis heute! Lesen Sie weiter unten mehr darüber.

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Das Vaterland

Das Vaterland forderte bedingungslose Treue:

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld

 

»Der Erste Weltkrieg war eine Materialschlacht – auch in der Propaganda. Für alle kriegerischen Auseinandersetzungen gilt, dass Objektivität und Ausgewogenheit den eigenen Interessen zumeist entgegenlaufen. Wenn das vermeintliche Wohl und die Zukunft des Staates auf dem Spiel stehen, ist es das Ziel einer jeden Regierung, den Fluss unabhängiger Informationen so weit es geht zu unterbinden und eine geschlossene Meinungsfront aufzubauen, um einen möglichst großen Teil der Bevölkerung hinter sich zu vereinen und Zustimmung für das eigene Handeln zu erhalten. Gleichzeitig gilt es, die Bevölkerung zu mobilisieren und keinen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidungen und am glücklichen Ausgang des Konfliktes aufkommen zu lassen. In der national aufgeladenen, zum Teil hysterische Züge tragenden Atmosphäre sich überbietender Vaterlandsliebe bedurfte es keiner staatlichen Einflussnahme, um im Sommer 1914 Millionen Deutsche geistig für den Kampf zu mobilisieren.«

• Arnulf Sriba, LeMO, Lizenz »Namensnennung 4.0 international«.


Mehr bei »Lebendiges Museum online« (LeMO), Deutsches Historisches Museum, Berlin

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Das Schwert

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf.

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Schwertgeschichten

Die Legende vom Schwert Excalibur hat alles, was man nach dem 1. Weltkrieg für einen »Ehrenmal« brauchte: einen schwertschwingenden, kraftvollen Helden, der für die gerechte Sache kämpfte, einen edlen Ritter, »gefallen« durch eine böse List nach blutigem Gefecht – doch sein Schwert wartet darauf, wieder zum Einsatz zu kommen.

Vom mythischen Zauberer Merlin war das Schwert Caliburn durch einen Stein bzw. Amboss getrieben worden, wird in der Legende erzählt. Es hieß, nur der wahre künftige Herrscher könne es wieder herausziehen. Nachdem zahlreiche Ritter und Adelige an dieser Aufgabe gescheitert waren, gelang es Artus (Arthur), dem Sohn des englischen Königs, das Schwert mühelos zu befreien, was ihn zum rechtmäßigen König machte.

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Foto: Eduardo Otubo/Wikimedia Commons

Als Artus das Schwert Caliburn in einer Schlacht zerschlagen hatte, schenkte die »Herrin vom See« dem jungen König als Ersatz Excalibur, damit er sein Königreich schützen könne.

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Der Legende nach gab Excalibur seinem Besitzer übermenschliche Kräfte, und seine Scheide machte jeden, der sie bei sich trug, unverwundbar. Artus’ Halbschwester Morgan LeFay raubte durch eine List die Scheide, sodass Artus bei Verletzungen wieder gefährdet war. Excalibur blieb ihm erhalten.

Nachdem Artus in einer Schlacht schwer verletzt wurde, brachte man ihn nach Avalon. Ein bis heute sagenumwobener Ort des Interesses, siehe beispielsweise den Fantasy-Roman »Die Nebel von Avalon«. Stirbt er dort oder ruht er nur? In Anspielung auf den christlichen Glauben an Auferstehung wird seine Rückkehr in Aussicht gestellt. Sir Bedivere, einer der zwölf Ritter der Tafelrunde von König Artus, warf Excalibur zurück in den See, wo es die »Herrin vom See« wieder annahm. Dort soll es der Sage nach noch immer ruhen.

Im 12. Jahrhundert machte Richard Löwenherz die Artus-Sage zum Werkzeug seiner Propaganda und behauptete, sein Schwert sei Excalibur.

Nach Wikipedia, abgerufen am 24.5.2020

»Die fantasievolle Erzählung indes macht den Helden zur Projektionsfläche des jeweiligen Zeitgeistes späterer Jahrhunderte. Die vermeintliche Aktualität schuf eine Glaubwürdigkeit, die historische Wahrheit ersetzte.«

Lesen Sie weiter auf www.spiegel.de

 

Ab 1914 wurden in Deutschland zunehmend national gestimmte Gedichte verfasst. Einzelne Verse wurden von der Kriegspropaganda aufgegriffen und erreichten eine enorme Popularität. Eine Zeile aus dem »Haßgesang gegen England« wurde während des Krieges ein Schlachtruf des deutschen Heeres – »Gott strafe England«. Eine eigene Grußformel entstand: »Gott strafe England«, Erwiderung des Grußes: »Er strafe es«.

SH Bad Schwartau Gott strafe England web2


Hier eine Postkarte aus dem Jahr 1915 mit der bekannten Zeile aus dem »Haßgesang«. In dem Bild ist das Schwert in eine Ansicht von England gerammt, während ein christliches Kreuz es von hinten überstrahlt – ein Kreuz, das in diesem Fall natürlich die Unterstützung einzig des Deutschen Reichs durch Gott symbolisiert, entsprechend der Behauptung des deutschen Kaisers und seiner Soldaten: »Gott mit uns«.

SH Bad Schwartau Soldat am Schwert web2

Hier sehen wir ein Schwert, das im Boden steckt. Es soll der Eindruck erweckt werden, als sei der Hügel Golgatha gemeint, auf dem den neutestamentlichen Evangelien zufolge Jesus von Nazaret gekreuzigt wurde. Das Kreuz steht für den christlichen Glauben, dass im Opfertod Jesu Gott den Menschen heilend nahegekommen ist. Hier wird nun ein Soldat an einem Schwert hängend abgebildet, umgeben von einem göttlichen Strahlenkranz. »Ihr habt für uns euch hingegeben / Ihr seid gestorben, damit wir leben«: Der Opfertod Jesu wird dem Kriegstod der Soldaten gleichgestellt. Diese Analogie findet sich oft auf Kriegerdenkmälern. Die kleinen Bilder mit verschiedenen Motiven wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Siehe auch das Kapitel »Die Widmung« weiter oben.

Von Siegfrieds Schwert »Balmung« erzählt das Nibelungenlied aus dem 13. Jahrhundert. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es wiederentdeckt und galt im 19. und 20. Jahrhundert als Nationalepos der Deutschen, wobei Siegfried der Drachentöter zu einem deutschen Nationalhelden umgedeutet wurde.

Im Nationalsozialismus feierte man die Wiederkehr der germanischen Größe und des Heldentums, der germanischen Gefolgstreue und des männlichen Rittertums und unterlegte die Idee des deutschen Volkstums mit diesen »germanischen Tugenden«. Man berief sich auf die schöpferischen Kräfte der Germanen, denen das Dritte Reich wieder Lebensmöglichkeiten gebe. Das Nibelungenlied wurde so als Vehikel nationaler Ideen instrumentalisiert und missbraucht, wie zum Beispiel von Hermann Göring, der die Lage der deutschen Soldaten im Kessel von Stalingrad mit der Lage der Nibelungen im brennenden Saal verglich (»Wir kennen ein gewaltiges heroisches Lied …«).

nach Wikipedia, abgerufen am 30. November 2020

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Theodor Körner

Carl Theodor Körner, geboren am 23. September 1791 in Dresden; im Gefecht gestorben am 26. August 1813 im Forst von Rosenow bei Gadebusch war ein deutscher Dichter und Dramatiker. Berühmt wurde er vor allem durch seine Lieder in den antinapoleonischen Befreiungskriegen. Nachdem er als »Sänger und Held« im Lützowschen Freikorps gefallen war, wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur.

Körners teils stürmische, teils gefühlvolle Lyrik entsprach der ebenso romantischen wie vaterländisch kampfbereiten Gesinnung der Generationen in einem Deutschland, das auch nach den Befreiungskriegen noch lange Zeit in viele Einzelstaaten zersplittert war. Körners Sterben als Lützower Jäger erhob ihn zur vorbildhaften Gestalt. Die glaubwürdige Übereinstimmung von Dichtung und Leben empfahl seine Werke für die Lehrpläne erst des Deutschen Bundes, später des Deutschen Reichs. Körners Gedichte aus seinem Buch »Leyer und Schwert« wurden zum Vorbild für Kriegslyrik späterer Zeit.


Postkarte 1WK Theodor Koerner web


Dies ist eine von vielen Propagandapostkarten , die im 1. Weltkrieg gedruckt und verschickt wurden. Ein Soldat verliest vor dramatischer Kulisse das Gebet »Vater ich rufe Dich!« von Theodor Körner:

»Brüllend umwölkt mich der Kampf der Geschütze,
Sprühend umzucken mich rasselnde Blitze,
Lenker der Schlachten ich rufe Dich,
Vater, Du führe mich!

Vater, Du führe mich!
Führ mich zum Siege, führ mich zum Tode!
Herr, ich erkenne Deine Gebote;
Gott, ich erkenne Dich!

Gott, ich erkenne Dich!
So im herbstlichen Rauschen der Blätter, –
Als im Schlachtendonnerwetter, –
Urquell der Gnade erkenn’ ich Dich!
Vater, Du segne mich!

Vater, Du segne mich!
In Deine Hände befehl’ ich mein Leben!
Du kannst es nehmen, Du hast es gegeben!
Zum Leben, zum Sterben segne mich!
Vater, ich preise Dich!

Vater, ich preise Dich!
’s ist ja kein Kampf für die Güter der Erde. –
Das heiligste schützen wir mit dem Schwerte!
Drum fallend und singend preis’ ich Dich!
Gott, Dir ergeb’ ich mich!

Gott, Dir ergeb’ ich mich!
Wenn mich die Donner des Todes begrüßen,
Wenn meine Adern geöffnet fließen: –
Dir, mein Gott, Dir ergeb ich mich!
Vater ich rufe Dich!

 

Aber auch die Nationalsozialisten haben Theodor Körner für sich reklamiert. Das Gelände um die Grabstätte Körners und seiner Familie in Wöbbelin wurde 1938 aufwendig zur »nationalen Weihestätte« umgebaut und diente als Kulisse für Aufmärsche und Vereidigungszeremonien. Die Zeile »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« aus dem Gedicht »Männer und Buben« lieferte Joseph Goebbels die Textvorlage für die Phrase »Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los!«, das Finale der Sportpalastrede.

Nach 1945 wurde Theodor Körner in der BRD kritisch beleuchtet, in der DDR wurde er hingegen als patriotischer »Heldendichter« verehrt. Im 21. Jahrhundert werden ihm von Rechtsradikalen Verse unterschoben, die er nie geschrieben hat: »Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, / vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. / Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, / dann richtet das Volk und es gnade euch Gott.« Dieser Spruch wird über das Internet verbreitet und u. a. bei Kundgebungen und Demonstrationen der Pegida eingesetzt. Am 23. September 2016 publizierte »Der Flügel«, eine von Björn Höcke geführte AfD-nahe Gruppierung, Körners Satz »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« fälschlicherweise mit dem obigen Spruch.

• Text nach Wikipedia, abgerufen am 28. November 2018

SH Hassendorf Koerner Fenster web

Foto: Ulrich Witt, Friedland; 2005 / Wikimedia Commons

Glasfenster nach einem Gemälde von Rudolf Eichstaedt im Haus einer Göttinger Studentenverbindung: Theodor Körner, am 26. August 1813, eine Stunde vor dem Angriff auf einen französischen Tross, trägt seinen Kameraden das von ihm gedichtete »Schwertlied« vor. Bei dem folgenden Gefecht im Forst von Rosenow bei Gadebusch wurde Theodor Körner getötet.


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»Lerne vom Militär«

Sergeant, Grenadier, Füsilier, Musketier und Dragoner ...

Das sind einige der Dienstgrade, die auf der Stele genannt werden. Sie kommen uns heute wie böhmische Dörfer vor, früher kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.

MP Zehlendorf Kinderkarte web


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45


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I N H A L T
Das Denkmal
In höchster Pflichterfüllung
»Treue um Treue«
Deutsche Turnerschaft
Wanderer neige dein Haupt ...
Das Turnerkreuz
Die Geschichte der Synagoge

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Krakow am See

Landkreis Rostock

In Krakow am See steht eine der wenigen erhaltenen Synagogen des Landes. Sie wurde 1866 erbaut. 1920 konnte die jüdische Gemeinde die Unterhaltungskosten nicht mehr aufbringen und verkaufte sie an die Stadt Krakow mit der Auflage, das Gebäude für öffentliche Zwecke zu nutzen.

In den 1920er Jahren zieht der deutsche Arbeiter- und Sportverein »Fichte Krakow« in die ehemalige Synagoge und nutzt das Gebäude für Trainingszwecke und Wettkämpfe als Turnhalle. 1927 errichtet der Turnverein für seine »gefallenen Turnbrüder« im 1. Weltkrieg direkt vor der Synagoge ein Denkmal.

MP Krakow am See Synagoge fern web


So kam es zu der erstaunlichen Tatsache, dass vor dem seit 1996 wieder als Synagoge restaurierten Gebäude ein »Ehrenmal« für tote Soldaten des 1. Weltkriegs steht.

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Das kleine Monument auf einem dreistufigen Sockel hat einen quadratischen Grundriss. Oben wurde nach zwei Zierkanten ein kleinerer Stein mit pyramidenförmigen Abschluss aufgesetzt.

MP Krakow am See Synagoge FFFF web


Auf der Frontseite sehen wir ein großes Turnerkreuz im Relief (Erklärung siehe weiter unten) und lesen die Inschrift:

In höchster Pflichterfüllung
starben für das Vaterland
unsere Turnbrüder

Es folgen die meist abgekürzten Vornamen und Familiennamen der 11 Turnbrüder die im 1. Weltkrieg als Soldaten ihr Leben verloren haben.

 

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Auf dem Weg zur Eingangstür der Synagoge kommen wir an einem kunstvoll herausgearbeiteten Eichenkranz mit kantigem Schleifenband vorbei. Er soll die treuen Soldaten ehren.

Treue um Treue

steht unter dem Kranz.

 

MP Krakow am See Synagoge Kranz14 18 web2


Im Kranz die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:

1914
bis
1918

 

MP Krakow am See Synagoge hinten web


Auf der Rückseite in einem großen, ovalen Medallion: das Logo der Deutschen Turnerschaft.

 

MP Krakow am See Synagoge Seite2 web


Auf der vierten Seite wieder ein Kranz, darunter die Inschrift:

Wanderer neige das Haupt
in Ehrfurcht
vor Tod und Tapferkeit

 

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Hier ist es ein Lorbeerkranz mit Schleife. Laut Wikipedia ist ein Lorbeerkranz ein Symbol und ein Insigne für eine besondere Ehre oder Auszeichnung, insbesondere für einen Sieg oder einen besonderen Erfolg.

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In höchster Pflichterfüllung

... starben für das Vaterland

Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 33. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


Das »Vaterland« forderte – vor allem im Zweiten Weltkrieg – bedingungslose Treue und ließ keine Frage nach der Rechtmäßigkeit des Krieges, der Befehlshaber oder der Befehle zu. Die absolute Treue wiegt die Schmach der Niederlage auf – man ist wenigstens treu geblieben, dem Eid, dem Vaterland, einer Idee, sich selbst ...

• Ebd, S. 54


Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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»Treue um Treue«

Der Wahlspruch der Waffen-SS hieß »Unsere Ehre heißt Treue«. Der SS-Wahlspruch oder Abwandlungen davon sind in einigen Ländern strafbar, in Deutschland durch das Strafgesetzbuch, § 86a StGB, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

»Treue« war innerhalb der SS-Ideologie ein widerspruchsloser Gehorsam. Durch die Gleichsetzung der Begriffe »Treue« und »Ehre« wurde ein Treuebruch zu einem Ehrverlust. Der Begriff »Ehre« verlor dadurch seinen traditionellen moralischen Inhalt. Denn die Ehre eines Soldaten etwa, der sich aus Ehrgefühl weigern könnte, an einem Kriegsverbrechen teilzunehmen, spielte im Ehrbegriff der SS keine Rolle mehr. Es zählte allein der blinde Gehorsam.
Die Projektion der Tugendbegriffe auf den Führer hin war notwendig, um den bedingungslosen Gehorsam auch bei verbrecherischen Befehlen zu erreichen. Dies konnte man nicht durch ein Gesetz erzwingen. Es bedurfte der Freiwilligkeit des Soldaten, die durch Umdeutung traditioneller Tugendideale erreicht wurde.
• nach Wikipedia, abgerufen am 16.2.2014

MP Krakow am See Synagoge Treue um Treue web


Erlass von Heeresinspekteur Bruno Kasdorf vom 6. Mai 2014, in Kraft gesetzt am 20. Mai:
»Im Verantwortungsbereich der DSK [Division Schnelle Kräfte] wird der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ zur Ehrung für die gefallenen Bundeswehrsoldaten vom ›Karfreitagsgefecht‹ des 02. April 2010 innerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr genutzt. Darüber hinaus findet der Wahlspruch u.a. in Dienstgebäuden oder auch auf diversen Trinkbechern in Form einer Gravur Verwendung.
In Anlehnung an die Weisung FüSK II 4 [Abteilung Führung Streitkräfte im Verteidigungsministerium] und als Ergebnis der durch den InspH [Inspekteur des Heeres] beauftragten Untersuchung des Wahlspruches durch bundeswehreigene und externe Institutionen wird festgestellt, dass der Ausdruck nicht geeignet ist, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen und in diesem Zusammenhang Treuepflicht zu symbolisieren.
In heutiger Wahrnehmung und in der Geschichte deutscher Streitkräfte ist der Wahlspruch im Wesentlichen durch die Verwendung als Motto der Fallschirmjägertruppe der Wehrmacht geprägt worden und mit dieser verbunden.
Es ist davon auszugehen, dass seine Verwendung in der Bundeswehr und insbesondere bei den Fallschirmjägern in der öffentlichen Wahrnehmung auch als Bekenntnis zu einer Traditionslinie Wehrmacht – Bundeswehr aufgefasst wird.
Mit Entscheidung des InspH vom 06. Mai 2014 wird die Nutzung des Wahlspruches ›Treue um Treue‹ für das Deutsche Heer im dienstlichen Umfeld in jeglicher Form verboten.«
Die im Erlass genannte Weisung aus dem Ministerium, datiert vom 26. Februar 2013, verbietet ausdrücklich diesen Spruch für die Gedenktafeln für gefallene Bundeswehrsoldaten:
»Im Einsatzgebiet AFG enthalten zwei Gedenktafeln für Gefallene der Bundeswehr die Inschrift ›Treue um Treue‹. (…) Hierzu ist festzustellen: Die Inschriften sind nicht geeignet, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen oder die den Soldaten der Bundeswehr abverlangte Tapferkeit und Treuepflicht zu symbolisieren. Vielmehr ist absehbar, dass die Inschriften zu Missverständnissen führen können, die einem würdigen Gedenken an die Gefallenen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abträglich sind. Der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ ist daher auf Gedenktafeln für die Gefallenen der Bundeswehr nicht zu verwenden.«

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Deutsche Turnerschaft

 

MP Krakow am See Synagoge DT web

Angehörige der Wissenschaftlichen Dienste arbeiten Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu. Lesen Sie hier die Zusammenfassung der Ausarbeitung »Die Entwicklung der Deutschen Turnerschaft von 1933 bis zu ihrer Auslösung 1936« aus dem Jahr 2005:

Die Deutsche Turnerschaft als Dachverband der bürgerlichen Turnvereine in Deutschland war 1933 die größte Organisation der deutschen Turn- und Sportbewegung. Ihre Verbandsstruktur wie auch die ihrer Vereine war demokratisch organisiert. Die Deutsche Turnerschaft nahm eine kritische und ablehnende Haltung zur Weimarer Demokratie ein. Ihre Verbandsführung – wie auch zahlreiche Verbandsuntergliederungen – begrüßte die politische Machtübertragung an die Nationalsozialisten unter Reichskanzler Adolf Hitler am 30. Januar 1933. Die gewaltsame Ausschaltung der Republik wurde auch von der Deutschen Turnerschaft ohne Widerspruch hingenommen. Sie bekannte zu den politischen Zielen und zur Ideologie des NS-Staates. Ihre wichtigste Führungspersönlichkeit, Theodor Neuendorff, war bereits 1932 Mitglied der NSDAP geworden. Er führte zusammen mit anderen nationalsozialistisch und antidemokratisch gesinnten Verbandsmitgliedern die Deutsche Turnerschaft aus freien Stücken in den nationalsozialistischen Staat. Dabei hatte er schon Anfang der dreißiger Jahre erste Annäherungen an die Nationalsozialisten in die Wege geleitet. Ab 1933 verfolgte die Deutsche Turnerschaft das Ziel, als eigener Dachverband der bürgerlichen Turner auch im Nationalsozialismus fortbestehen zu können und als größter Verband eine wichtige Führungsrolle im nationalsozialistischen Staat im Bereich der Leibesübungen übernehmen zu können. Die Idee der Deutschen Turnerschaft, die bürgerlichen Turner neben SA und Stahlhelm als weiteren Wehrverband zu verankern, besaß keine Chance bei den nationalsozialistischen Machthabern. Von der im Jahr 1933 einsetzenden Gleichschaltungspolitik der Nationalsozialisten war auch die gesamte deutsche Turn- und Sportbewegung in Deutschland betroffen. Die Deutsche Turnerschaft unter Führung Neuendorffs hat sich politisch als auch organisatorisch selbst und aus freien Stücken dem nationalsozialistischen Regime durch Selbstgleichschaltung untergeordnet. Dabei gehörte sie vom Zeitpunkt her zu den ersten Organisationen im Bereich des Turn- und Sportwesens überhaupt, die diesen Weg einschlug. Sie war kein Opfer einer von außen angeordneten Gleichschaltungsaktion durch die Nationalsozialisten. Zur Abschaffung der eigenen demokratischen Verbandsstrukturen und zur Integration in das nationalsozialistische Herrschaftssystem gehörte unter anderem die Ausgrenzung von jüdischen Mitgliedern (»Arierparagraph«) und von Anhängern demokratischer Parteien sowie die Einführung des »Führerprinzips« und die Verankerung des Wehrgedankens in der turnerischen Arbeit. Viele dieser Maßnahmen hatte Neuendorff bereits Anfang der dreißiger Jahre in seinen Funktionen beim »Wandervogel e.V.« und der Deutschen Turnerschaft gefordert. Widerstand gegen diese Politik der eigenen Verbandsführung als auch gegen das nationalsozialistische System insgesamt ist von Seiten der Deutschen Turnerschaft nichtbekannt. Die Maßnahmen der Verbandsführung entsprachen offenbar auch der Erwartungshaltung vieler Mitglieder. Allerdings war die Deutsche Turnerschaft bei der von ihr selber eingeleiteten Annäherung an die Nationalsozialisten nicht davon ausgegangen, dass am Ende dieses Prozesses die eigene Auflösung und damit die völlige Bedeutungslosigkeit stehen würde. In den ersten Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich der DTB als Nachfolgeorganisation der Deutschen Turnerschaft mit der eigenen Geschichte im Zeitraum von 1933 bis 1945 nur bedingt auseinandergesetzt. Mit Beginn der achtziger Jahre hat sich diese Position allmählich gewandelt. Ein Beispiel dafür ist die 1987 gestiftete Flatow-Medaille zum Gedenken an die ermordeten Flatow-Brüder. Auch viele turnorientierte Vereine in der Bundesrepublik, die ihre Wurzeln in der Deutschen Turnerschaft haben, setzten sich verstärkt im Rahmen eigener Forschung mit der Vergangenheit ihres Vereins auseinander. Allerdings hat die Verbandsführung des DTB noch in den neunziger Jahren die Deutsche Turnerschaft auch als Opfer der Gleichschaltungspolitik der Nationalsozialisten gesehen. Das Jahr 2005 kann als bisheriger Höhepunkt einer intensiven und kritischen Beschäftigung des DTB mit der eigenen Verbandsgeschichte bezeichnet werden. Auf dem Internationalen Turnfest in Berlin hat sich der DTB seiner Verantwortung für die deutsche Turnbewegung und ihrer Repräsentanten, zu der auch die Phase des Nationalsozialismus gehört, offensiv gestellt.

Vollständige Ausarbeitung

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Wanderer neige dein Haupt ...

Dort, wo klassische Zitate verwendet werden, wird versucht, dem Kriegstod eine Überzeitlichkeit zu verleihen, ihn also zu einem Geschehen zu machen, das naturgemäß immer wiederkehren muss. Am Denkmal vor der Synagoge in Krakow am See findet sich die Inschrift »Wanderer neige in Ehrfurcht dein Haupt vor dem Tod und der Tapferkeit.«



Dieses Zitat ist angelehnt an eine Inschrift von Simonides von Keos auf einem Gedenkstein im antiken Sparta, die von Friedrich Schiller folgendermaßen aus dem Griechischen übersetzt wurde: »Wanderer, kommst du nach Sparta, so verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.« Der Gedenkstein wurde nach der Ersten Schlacht bei den Thermopylen 480 v. Chr. während der Perserkriege errichtet. Die Schlacht ging aus Sicht der Griechen verloren, viele Spartaner starben, aber die Kämpfer sollen sich bis zum Letzten gewehrt haben und damit rücksichtslos ihrem Befehl gefolgt sein. Diese militärische Leistung wurde als Beispiel für den heldenhaften Opfertod im Laufe der Geschichte immer wieder herangezogen. Die Wandsbeker Paraphrase des Zitats benennt den Kriegstod und die Tapferkeit als vorbildhafte Tugenden.

• aus Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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Das Turnerkreuz

Das Turnerkreuz ist eine graphisch gestaltete Bildmarke, die im Jahr 1844 von dem Kupferstecher und Drucker Johann Heinrich Felsing (1800–1875) aus Darmstadt entwickelt wurde.

Es steht noch heute als Symbol für das Turnen. Das Original-Logo gemäß Deutschem Turner-Bund ist heute immer quadratisch und formt ein achsengleiches griechisches Kreuz. Es besteht aus vier Exemplaren des horizontal und vertikal gespiegelten Buchstabens F in Versalien, die den Turner-Wahlspruch »Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei« aufgreifen.


                 SH Ellerhoop Turnerkreuz 1968 Turnfest web

»Den Spruch in seinen vier Anfangsbuchstaben habe ich zusammengestellt in 4 F. Ich habe sie zum Zeichen vereint, […] sie bilden wie die Turnerschaft – gleiche Kraft, gleiche Form, gleiche Stärke nach allen Seiten, es ist das Viereck überall gleich stark, fest in den vier Ecken stehend, nehmt’s, wie ihr wollt: es ist das F aus dem FF. Vergeßt mir nicht, daß es auch das Christenzeichen ist« schrieb Johann Heinrich Felsing 1846.

Der Spruch steht in seiner Urfassung »Frisch, Frei, Fröhlich, Fromm« an der Giebelseite des letzten Wohnhauses von »Turnvater« Friedrich Ludwig Jahn in Freyburg an der Unstrut, das heute das Friedrich-Ludwig-Jahn-Museum beherbergt.

Jahn hat den Turner-Wahlspruch nicht erfunden, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit einen studentischen Spruch aus dem 16. Jahrhundert übernommen. In seinem Buch »Die deutsche Turnkunst« hat Jahn den Wahlspruch »Frisch, Frei, Fröhlich, Fromm« im Kapitel »Turngesetze« dann gleichsam manifestiert.

Jahn hat sich stets gegen eine Umstellung der vier F-Begriffe gewandt, so zum Beispiel 1846: »In den vier Worten ist die Steigerung unverkennbar, jede Umstellung verändert den Sinn und verschwächt ihn. Der Spruch ist Inschrift eines Ringes um das turnerische Leben. Das Weglassen nur eines Wortes macht den Reifen brüchig. Selbst die Verwandlung des ›fröhlich‹ in ›froh‹ entstellt die Sinnschrift, weil, so nahe verwandt, sich auch beide Worte fügen, froh mehr die innere Stimmung bezeichnet und das Wirkende, fröhlich hingegen das Offenbarwerden in äußerer Erscheinung […], fröhlich muß mitteilen, gemeinsam empfinden […], bedarf der Gesellschaft«.

Dennoch wurde die Aneinanderreihung der vier Begriffe über »Frisch, Fromm, Froh, Frei« zum heute gebräuchlichen »Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei« verändert. 1933 entstand im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 1936 von Berlin eine Diskussion darüber, ob das Turnerkreuz oder die olympischen Ringe für die Olympiade in Berlin Verwendung finden sollten. Die Entscheidung fiel zugunsten der fünf Ringe.

Nach Einführung des Reichsflaggengesetzes vom 15. September 1935 übernahmen alle deutschen Turnvereine das von den Nationalsozialisten gebrauchte Hakenkreuz als einziges Symbol.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand man auf Vereinsebene sehr rasch wieder zum Turnerkreuz zurück, zumal die historischen Vereinswappen und -fahnen dieses zumeist beinhalteten. Demgegenüber benötigten die Verbände dazu längere Zeit. Beim Deutschen Turnfest in München 1958 fand es in der offiziellen Festzeitung noch keinerlei Verwendung, eine aus diesem Anlass herausgegebene Briefmarke der Deutschen Bundespost griff es hingegen wieder auf.

Nach Wikipedia, abgerufen am 25. Mai 2018

 

Der Deutsche Turner-Bund weist im Rahmen seiner Selbstdarstellung im Internet unter dem Punkt »Turngeschichte beim Turnfest 2005 in Berlin« auf die jüngsten historischen Aufarbeitungsbemühungen hin: »Der Deutsche Turner-Bund hat das internationale Deutsche Turnfest 2005 in Berlin auch zu einer historischen Betrachtung der Turnbewegung genutzt. Schließlich befindet sich die Hasenheide als traditioneller Turnplatz Friedrich Ludwig Jahns, von dem 1811 das Turnen seinen Anfang nahm, mitten in Berlin. Mit Berlin, der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, verbindet sich auch das dunkelste Kapitel der Turnbewegung: die Durchsetzung des ›Arierparagraphen‹ in vorauseilendem Gehorsam durch die Deutsche Turnerschaft. Vor diesem Hintergrund und angesichts der aktuellen Gedenkveranstaltungen um den 8. Mai 2005 zum Kriegsende vor 60 Jahren inklusive der Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Berlin eine Woche vor dem Turnfest wollte das Präsidium des Deutschen Turner-Bundes ganz bewusst Zeichen setzen im Umgang mit der Geschichte des eigenen Verbandes.« Auf der wissenschaftlichen Tagung auf dem Turnfest 2005 wies der amtierende Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB), Rainer Brechtken, auch auf die kritische Auseinandersetzung mit der historischen Figur des »Turnvater« Jahns hin: »Wir haben unsere Geschichte aufgearbeitet und sind immer noch dabei, (...) es gibt da für uns keinen Schlussstrich.«

Noch einmal zitiert aus der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste »Die Entwicklung der Deutschen Turnerschaft von 1933 bis zu ihrer Auslösung 1936« aus dem Jahr 2005

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Die Geschichte der synagoge

Jürgen Gramenz und Sylvia Ulmer haben sie im Jahr 2015 so beschrieben:

Schon im Jahr 1865 sah sich die Gemeinde durch die zwischenzeitlich eingegangenen Spenden in der Lage, den Bau einer neuen Synagoge zu beschließen. Eigens dazu kaufte sie vom Magistrat das 16 Quadratruten große Grundstück Plauer Straße Nr. 7, das heute als Schulplatz 1 bekannt ist. Der eigentlich Bau wurde noch 1866 erfolgreich beendet, so dass diese am 12. Dezember 1866 durch den Landesrabbiner Dr. Salomon Cohn und im Beisein von 110 Gemeindemitgliedern eingeweiht werden konnte. Die Synagogenbau war allerdings ohne eigene Mikwe errichtet worden. Ob und gegebenenfalls wo die jüdischen Gemeindemitglieder im Anschluss ihr Ritualbad vollzogen, ist derzeit ungeklärt.

Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es durch die schrumpfenden Gemeindebeiträge aufgrund der seit den 1850er Jahren einsetzenden Abwanderung und Emigration zu erheblichen Problemen bei der Erhaltung der Synagoge. So bat 1891 der Gemeindevorstand das Innenministerium um einen Zuschuss zur Erhaltung der Synagoge und zur Bezahlung des Kultusbeamten. (...)

Schon 1890 war die Gemeinde mit ihren 65 Mitgliedern nicht mehr in der Lage, die Unterhaltungskosten für das Gebäude aufzubringen. 1911 fand zum letzten Mal ein Gottesdienst zum jüdischen Neujahrsfest statt. Mit der 1919 schließlich eingetretenen Überschuldung der Israelitischen Gemeinde von Krakow musste das Synagogengrundstück veräußert werden. Der Verkauf erfolgte dann am 31. Mai 1920 an die Stadt Krakow am See, allerdings mit der Auflage, das Gebäude für öffentliche Zwecke zu nutzen. Die Stadt Krakow wurde daraufhin am 29. Oktober 1920 als Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Die vormals in der Synagoge befindlichen Reliquien wurden an die Gemeindemitglieder zur Verwahrung gegeben.

Ab 1921 nutzte die Schuljugend und der Arbeiter-Turn-Verein den mittlerweile umgebauten Betsaal als Turnhalle. 1927 fanden nochmals größere Umbauten statt. Von 1924 bis 1937 war die Turnhalle zusätzlich sonntags von der katholischen Gemeinde zum Gottesdienst genutzt worden. Da die ehemalige Synagoge im Eigentum der Stadt stand blieb die Synagoge zur Reichsprogromnacht 1938 unangetastet. 1945 wurde der Turnsaal für Sportunterricht vergrößert.

Mit der 1966 erfolgten Dacherneuerung wurde die Fassade des Gebäudes geringfügig verändert. Im Jahr 1981, wurde die Synagoge in die Kreisdenkmalliste eingetragen und wurde bis 1985 weiter als Turnhalle genutzt. Im gleichen Jahr beschloss die Stadt, das nunmehr leerstehende Gebäude für kulturelle Zwecke zu nutzen, was jedoch nicht mehr umgesetzt wurde.

Nach der Wiedervereinigung konnten 1991 mit Mitteln der Stadtbauförderung wieder denkmalpflegerische Arbeiten am Gebäude vorgenommen werden. Erneute, 1994 begonnene Renovierungsarbeiten wurden 1996 endgültig zum Abschluss gebracht, so dass in diesem Jahr das Gebäude als Gedächtnisstätte und Kulturzentrum an die Öffentlichkeit übergeben werden konnte. Bis heute erfolgt die Nutzung durch das Kulturamt der Stadt Krakow und den Kulturverein »Alte Synagoge Krakow am See«. Auf der ehemaligen Frauenempore wird in einer Dauerausstellung an das jüdische Leben in Krakow gedacht.

MP Krakow am See Synagoge innen web


»Juden in Mecklenburg: Geschichte der Synagoge«


»Ehemaliges jüdisches Leben in Krakow am See«


Erstmals nach 99 Jahren wird in der ehemaligen Synagoge in Krakow am See wieder ein jüdischer Gottesdienst gefeiert. Am Dienstag, 8. Oktober, und Mittwoch will die unabhängige Synagogengemeinde Berlin Bet Haskala dort den höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, begehen, wie die Gemeinde am Mittwoch mitteilte. Dazu soll der Bau als temporäre Synagoge geweiht werden.

Artikel in rtl.de vom 4. Oktober 2019

Jüdisches Leben online: »Min oll lütt Vaderstadt«

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschriften
Das Grab
Die Direktive Nr. 30 des Alliierten Kontrollrats
Das Eiserne Kreuz
Der Stahlhelm

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Krien

Landkreis Vorpommern-Greifswald

Sehr prominent steht die Denkmalsanlage für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs am Rand des Kirch- und Friedhofs der Dorfkirche von Krien.

MP Krien fern web


Sie ist auch von der Straße über eine dreistufige Steintreppe zu betreten. Zwischen zwei mit einer Steinkugel gekrönten Pfeilern geht man durch eine schwarze geschwungene Eisenpforte auf die Anlage.

 

MP Krien mit Pforte web


Das Denkmal ist ein klassischer Obelisk: eine vierkantige Säule, die sich nach oben verjüngt und eine Pyramide als Spitze hat. Er steht auf einem breiten gemauerten Felssteinsockel und neigt sich deutlich zur Seite.

 

     MP Krien Denkmal web

Der Obelisk ist aus mehreren Steinblöcken, im unteren Bereich mit kleinen Abstufungen, zusammengesetzt. Die Inschriften zeigen zur Straße.

MP Krien Helm web


Oben sieht man, dass ein dort angebrachtes Relief eines Stahlhelms auf Eichenlaub vor kurzer Zeit entfernt worden ist. Vier Bohrlöcher zeigen die Befestigungsart. Wir erfahren, dass der Helm mit Eichenlaub gestohlen worden ist. Die Anzeige bei der Polizei hat kein Ergebnis gebracht.

 

MP Krien Widmung web


Die Inschrift darunter, in einer klassischen serifenlosen Schrifttype, lautet:

DEN
DEUTSCHEN KRIEGERN

1914         1918

 

MP Krien Namen web


Auf dem großen unteren Steinblock werden unter der Überschrift:

Es fielen den Heldentod fürs Vaterland

die Namen der 31 toten Soldaten werden in drei Spalten aufgeführt, getrennt durch Spaltenlinien. Sie wurden mit Vornamen, teilweise abgekürzt, von 1914 bis 1920 nach Sterbedatum geordnet. 

     MP Krien Pfosten web

Die Steinpfeiler an der Eingangspforte haben ausser der Kugel auf einer leichten Erhöhung, ein tiefergelegtes Relief aus einem Eisernen Kreuz umgeben von Eichenlaub im viereckigen Rahmen.


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Die Inschriften

Den deutschen Kriegern

Das erste idelogische Moment des politischen Totenkults wird in historischen Untersuchungen selten angesprochen, so selbstverständlich ist es offenbar: Der tote Feind gilt nichts. Totengedenken und nationale Feindschaft gehen Hand in Hand. Die Rechtfertigung des eigenen Tötens bleibt ausgeblendet, ist immer nur implizit anwesend, als unbefragte Voraussetzung. Explizit handelt der Totenkult allein vom Sinn des Sterbens, des Sich-Opferns.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 98

Krieg ist ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind. Ziel der beteiligten Kollektive ist es, ihre Interessen durchzusetzen. Der Konflikt soll durch Kampf und Erreichen einer Überlegenheit gelöst werden. Die dazu stattfindenden Gewalthandlungen greifen gezielt die körperliche Unversehrtheit gegnerischer Individuen an und führen so zu Tod und Verletzung.

Wikipedia, abgerufen am 2. November 2019

 

Es fielen den Heldentod fürs Vaterland
Das ist eine sehr ungewöhnliche Formulierung, man kennt besser die Bezeichnungen »Gefallene« oder »gefallene« Soldaten.

Dieser Begriff wird benutzt, um den Tod von Kombattanten zu beschreiben, die während Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind. Er befindet sich häufig auf den entsprechenden Denkmälern und ist seit 2008 (seit dem Verteidigungsminister Jung ihn verwendet hat) wieder im politischen Sprachgebrauch in Deutschland zu finden. Es ist dabei zu erörtern, in wie fern eine Beschönigung des gewalttätigen Todes vorliegt, so dass er in der öffentlichen Wahrnehmung als weniger folgenschwer und damit akzeptierter als andere Todesarten angesehen wird. Außerdem bleibt durch die universelle Verwendung von »gefallen« der tatsächliche (schreckliche) Todesgrund verborgen (verblutet, erschossen, zu Tode gefoltert usw.).

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

»Gefallenendenkmal« verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd. S. 60/61


»Sie starben den Heldentod« steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

Ebd. S. 33


Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese »Opferhelden« werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, »Vaterlandsliebe«, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die »Leistung für das Gemeinwesen« anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. W.K. bei). »Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.« (Kurt Tucholsky)

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege

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Das Grab

Die gepflegte kleine Denkmalsanlage auf geharktem Sandplatz wird von einer Buchsbaumhecke begrenzt.

MP Krien beide web


Doch was sieht man innerhalb dieses Areals?

 

MP Krien beide von hinten web


Auf der Rückseite des Obelisken innerhalb der Denkmalsanlage befindet sich eine Grabstelle.

 

MP Krien 2WK Grab web


Sehr gepflegt, mit frischen Blumen wird hier an Albert Riehl gedacht, der nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, am 24. Mai 1945, gestorben ist.

 

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Das Symbol eines Eisernen Kreuzes zeigt, dass er als Soldat gestorben ist.

Unvergessen
Deine Frau

steht am Kreuz. In der SBZ und später in der DDR gab es keine »Ehrenmäler« für die Soldaten der Deutschen Wehrmacht. Durch diesen kleinen »Trick« seiner Frau, hat er nun im Schatten des Obelisken für die Helden des 1. Weltkriegs doch noch etwas Ehre abgekriegt.

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Die Direktive Nr. 30 des Alliierten Kontrollrats

In der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR war an deutsche Kriegerdenkmäler für 1939–1945 nicht zu denken. Stattdessen verfügte der Alliierte Kontrollrat in seiner Direktive Nr. 30 vom 31. Mai 1946 die Beseitigung aller deutschen Denkmäler und Museen militärischen Charakters:

»Von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Direktive an ist es untersagt und als gesetzwidrig erklärt die Planung, der Entwurf, die Errichtung, die Aufstellung oder die sonstige Zurschaustellung von Gedenksteinen, Denkmälern, Plakaten, Statuen, Bauwerken, Straßen- oder Landstraßenschildern, Wahrzeichen, Gedenktafeln oder Abzeichen, die darauf abzielen, die deutsche militärische Tradition zu bewahren oder die Erinnerung an die nationalsozialistische Partei aufrechtzuerhalten, oder ihrem Wesen nach in der Verherrlichung von kriegerischen Ereignissen bestehen […]«

In dieser Direktive wurde zugleich verlangt, bestehende Denkmale bis zum 1. Januar 1947 zu beseitigen, wobei Anlagen von wesentlichem Nutzen für die Allgemeinheit oder von großem architektonischen Wert ausgenommen waren. In einer am 12. Juli 1946 veröffentlichten Ergänzung dieser Verordnung wurden Gedenksteine, die zum Andenken an Verstorbene regulärer Einheiten errichtet wurden, als zu erhalten festgelegt, wobei Änderungen an der Gestaltung (z. B. durch Entfernung militaristischer Symbole und Inschriften) vorgeschlagen wurden. Entgegen diesen Festlegungen kam es jedoch vor allem in der unmittelbaren Nachkriegszeit zu »wilden« Beseitigungen von Kriegerdenkmalen ohne behördliches Mitwirken.

Vielerorts wurden hingegen Ehrenmale für sowjetische Soldaten errichtet. Erstes auf deutschem Boden war das am 25. November 1945 eingeweihte Sowjetische Ehrenmal in Dresden.

Wikipedia, abgerufen am 1. November 2019


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

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I N H A L T
Das Denkmal
Vergeßt die teuren Toten nicht
Nicht vergessen?
Historisches Foto
Der Volkstrauertag
Die Dorfkirche

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Kritzkow

Heute ein Ortsteil der Stadt Laage, Landkreis Rostock

Das Monument für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs steht am Rand des Kirch- und Friedhofs, inmitten einer beeindruckenden Baumkulisse.

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Die Denkmalsanlage ist von der Dorfstraße aus zu betreten.

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Über drei breite und drei schmaler werdende Stufen aus massiven Bruchsteinen gelangt man zum Monument. An den Seiten begrenzen Bruchsteinmauern die kleine Anlage.

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Das Monument besteht aus zwei aufeinandergesetzten Sandsteinblöcken. Unten steht ein breiter Sockel, oben ein Obelisk als Spitze. Beide Teile sind abwechslungsreich gestaltet.   

 

     MP Kritzkow Huebner gr Tafel web


Am oberen Teil ist eine bronzene Namenstafel in Fassform angebracht. In erhabenen Lettern werden 10 tote Soldaten mit Vor- und Nachnamen aufgezählt. Geordnet sind sie nach Sterbedatum, der 10. ohne Datum wird als vermisst gekennzeichnet. Über den Namen lesen wir:

IM WELTKRIEGE 1914/18 FIELEN
AUS DER GEMEINDE KRITZKOW

Darunter steht:

VERGESST DIE TEUREN TOTEN NICHT

 

MP Kritzkow Huebner kl Tafel web


Eine kleine rechteckige Bronzetafel ist am Sockel angebracht. Darauf steht:

AUS DUDINGSHAUSEN
Hermann Pott
gef. 3. 9. 16.

 

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Die Seitenmauern sind oben mit kleinen Kieselsteinen belegt.

 

MP Kritzkow Huebner Quer web


Ein Winterfoto von Matthias Hübner, www.dorfkirchen-in-mv.de, dem wir viele Fotos verdanken.

 

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Vergesst die teuren Toten nicht

Dieser Aufruf stammt aus einem Gedicht von Theodor Körner:

So betet, daß die alte Kraft erwache,
Daß wir dastehn, das alte Volk des Siegs,
Die Märtyrer der heil’gen deutschen Sache.
O ruft sie an als Genien der Rache,
Als gute Engel des gerechten Kriegs.
Luise schwebe segnend um den Gatten,
Geist unsers Ferdinands voran dem Zug!
Und all’ ihr deutschen freien Heldenschatten,
Mit uns, mit uns, und unsrer Fahnen Flug!
Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen!
Drauf! wakres Volk! drauf! ruft die Freiheit, drauf!
Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen,
Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen,
Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf! —
Doch stellst du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke,
In deiner Vorzeit heil’gem Siegerglanz,
Vergiß die treuen Todten nicht und schmücke
Auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!


Carl Theodor Körner, 23. September 1791 / Dresden bis 26. August 1813 / Forst Rosenow bei Lützow, war ein deutscher Dichter und Dramatiker. Berühmt wurde er durch seine Dramen für das Wiener Burgtheater und besonders durch seine Lieder in den antinapoleonischen Befreiungskriegen. Nachdem er als »Sänger und Held« im Lützowschen Freikorps gefallen war, wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur.

 

Theodor Körner wurde mit seinem frühen Tod schon von seinen Zeitgenossen zum Sänger und Helden stilisiert. Körner wusste seine romantische Lyrik mit patriotischer Kampfbereitschaft zu verbinden, die folgenden Generationen zum vaterländischen und opferbereiten Vorbild werden sollte.

Seine Werke standen auf den Lehrplänen des Deutschen Bundes und später des Deutschen Reichs. […]

Auch die Nationalsozialisten machten sich die Texte Körners zunutze. So diente Joseph Goebbels in der berühmten Sportpalastrede Körners »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« (aus Männer und Buben, 1813) als Vorlage für seine Aufforderung »Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los!«.

Gleichzeitig benutzte die Widerstandsbewegung des NS-Regimes Körners Texte. Den Aufruf »Frisch auf, mein Volk! Die Flammenzeichen rauchen.« (aus Aufruf, 1813) zitiert Kurt Huber 1943 im 6. Flugblatt der »Weißen Rose«.

Während Körner in der BRD kritisch diskutiert wurde, verehrte ihn die DDR als Heldendichter. Ab 1970 wurde etwa der Theodor-Körner-Preis verliehen, der für herausragende künstlerische Leistungen in Bezug auf die Stärkung und Förderung der Nationalen Volksarmee, in den Grenztruppen der DDR und den anderen bewaffneten Organen der DDR verliehen wurde.

Im 21. Jahrhundert werden Körners Texte allerdings auch mit rechtsradikaler Propaganda in Verbindung gebracht.


zitiert von der Website Wortwuchs.net


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Nicht Vergessen?

Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


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Historisches Foto

Nicht gut zu erkennen, aber eindeutig: auf der Spitze des Obelisken war, sehr wahrscheinlich vor 1945, ein freistehendes Eisernes Kreuz angebracht. Ein großer Kranz mit Schleife hängt am Denkmal, einiges spricht dafür, dass das Foto am Volkstrauertag bzw. am »Heldengedenktag« entstanden ist. Lesen Sie weiter unten die Geschichte dieses Gedenktages.

 

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Der Volkstrauertag

In Deutschland ein staatlicher Gedenktag, er wird seit 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen.

Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs vorgeschlagen. 1922 fand die erste Gedenkstunde im Reichstag statt. 1926 wurde entschieden, den Volkstrauertag regelmäßig am Sonntag Reminiscere (fünfter Sonntag vor Ostern) zu begehen.

Der Volkstrauertag wurde dann erstmals am 1. März 1925 begangen. Überall fanden Gedenkfeiern für die deutschen Gefallenen des 1. Weltkriegs statt. Die Cellesche Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 27. Februar 1926:

»Volkstrauertag! Der erste deutsche Volkstrauertag soll in erster Linie dem Ehrengedenken unserer im Weltkriege gefallenen Väter, Brüder und Söhne gewidmet sein. Es ist nur zu wünschen, daß sich diese ernste Feier recht tief und fest und feierlich, auch ohne viele Reden und Gesänge, aus dem ureigenen deutschen und menschlichen Empfinden heraus geltend macht in den Herzen des ganzen Volkes.«

Der Volksbund verband mit dem Volkstrauertag die Vorstellung, eine bei allen Deutschen einheitliche Erinnerung an das Leid des Krieges zu bewirken und so die Deutschen »über die Schranken der Partei, der Religion und der sozialen Stellung zusammen[zu]führen […], auf daß aus den Gräbern unserer fast zwei Millionen Gefallener uns Mut und Kraft zu segensreicher Arbeit an unseres Volkes und unseres Vaterlandes Zukunft erwachsen [kann].«

Nicht zu übersehen war auch der Versuch, aus der Erinnerung an den Krieg neben dem Appell an die Einigkeit des Volkes die Botschaft zu vermitteln, dass es das höchste Ideal sei, alles für das Wohl Deutschlands zu opfern und seine eigenen Ansprüche zurückzustellen. So sprach der Hamburger Pastor Jähnisch auf der zentralen Gedenkfeier auf dem Ohlsdorfer Friedhof 1926: »Unsere Toten mahnen. Und darauf kommt es an. Horche jeder auf den Geist der Toten und bekenne sich zu ihnen: Selber riefst du einst in Kugelgüssen: Deutschland muß leben und wenn wir sterben müssen!«

Nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 2. August 1934 übernahmen die Nationalsozialisten den Volkstrauertag und legten ihn als staatlichen Feiertag am zweiten Fastensonntag fest. Er wurde in Heldengedenktag umbenannt und sein Charakter vollständig geändert: Nicht mehr Totengedenken sollte im Mittelpunkt stehen, sondern Heldenverehrung. Träger waren die Wehrmacht und die NSDAP. Die Flaggen wurden nicht mehr wie bislang auf halbmast gehisst. Propagandaminister Joseph Goebbels erließ die Richtlinien über Inhalt und Durchführung. Die Propagandawirkung des Tages wurde so hoch eingeschätzt, dass alle entscheidenden Schritte der Kriegsvorbereitung bis einschließlich 1939 auf ein Datum in unmittelbarer Nähe zum Heldengedenktag gelegt wurden:

1936: Remilitarisierung des Rheinlands einen Tag vorher
1938: Einmarsch deutscher Truppen nach Österreich einen Tag vorher
1939: »Zerschlagung der Rest-Tschechei« drei Tage nachher

Am 25. Februar 1939 verlegte Hitler per Erlass den Heldengedenktag auf den 16. März, den Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fiel, andernfalls sollte er am Sonntag vor dem 16. März begangen werden. Damit wurde die Bindung an den kirchlichen Kalender aufgegeben.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges entstand 1946 in den drei westlichen Besatzungszonen eine Diskussion zur Durchführung und zum Datum eines Volkstrauertages. Wegen der zahlreichen Kriegstoten und Vermisstenschicksale bestand für viele eine Notwendigkeit für diesen Trauertag. In der DDR wurde ein »Internationaler Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg« eingeführt, der jährlich am zweiten Sonntag im September begangen wurde. 1950 fand die erste zentrale Veranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Bundestag in Bonn statt.

Seitdem liegt der Volkstrauertag am Ende des Kirchenjahres auf dem vorletzten Sonntag vor dem ersten Advent. Der Volkstrauertag ist jedoch in keinem Bundesland ein gesetzlicher Feiertag.

Nach Wikipedia, abgerufen am 9. November 2019

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Die Dorfkirche

Durch diese Holzpforte betreten die Besucher den Kirchhof.

MP Kritzkow Pforte web


Man kann hier den alten Baumbestand bewundern, besonders die Kirchlinde, ein mehrere hundert Jahre alter Baumveteran.

 

MP Kritzkow Kirche web


Ursprünglich war die Linde mit jetzt 8,62 Meter Umfang noch dicker. Nach einem Stammabruch neigt sie sich jetzt zur Seite und hat an der Abruchstelle eine Wand aus knorrigen Verwachsungen gebildet.


Siehe auch die Website von baumkunde.de

 

MP Kritzkow Linde web


Wir möchten an dieser Stelle auf einen Verein hinweisen, der ehrenamtlich, politisch unabhängig und überkonfessionell arbeitet:

Dorfkirchen in Not in Mecklenburg und in Vorpommern e.V. – Gemeinnütziger Verein zur Rettung und zum Erhalt des kulturellen Erbes.

Website des Vereins


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I N H A L T
Das Denkmal
»... starben den Heldentod«
Historische Fotos
Das Eiserne Kreuz
Findlinge

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Kuhs

Landkreis Rostock

Der Ort ist ein typisches Straßendorf entlang der B103, die im Dorf Rostocker Chaussee heißt.

MP Kuhs Strasse web


Die Hausnummer 39 gehört zum weitläufigen Gelände des »Landhotel Kuhs«. Dort steht heute das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs.

 

MP Kuhs Denkmal web


Das Denkmal besteht aus zwei Findlingen. Der Sockelstein ist im unteren Teil eingegraben, er trägt den gut austarierten Stein mit der Inschrift. Das Denkmal ist liebevoll dekoriert, vermutlich fühlen sich die Leute vom »Landhotel Kuhs« dafür verantwortlich.

 

MP Kuhs Detail web


Unter einem Eisernen Kreuz in Kontur beginnt die sehr ungewöhnliche Inschrift:

Im Feldzuge 1914/18
starben den Heldentod

Karl Nützmann  Reg. 265
Otto Köpke                 216
Fritz Lange                 241

         vermisst
Heinrich Alwardt          76
Heinrich Köpke           265

 

Bei Carl von Clausewitz (1780-1831), preußischer Generalmajor und Militärwissenschaftler heißt es: »Ob man […] Feldzug nennt, was in einem Jahr an kriegerischen Begebenheiten […] vorgekommen ist, so ist es doch gewöhnlicher und bestimmter gesprochen, die Begebenheiten eines Kriegstheaters darunter zu verstehen.« Ein Krieg konnte und kann also aus mehreren Feldzügen bestehen.

Wieso die Denkmalsstifter von Kuhs »Im Feldzuge 1914/18« in den Stein meißeln liessen, wissen wir nicht. Vielleicht klang es für sie militärischer, denn dass hier Militärfans am Werk waren, kann man auch an der Namensliste erkennen. Die fünf aufgeführten Männer sind jeder Individualität beraubt: kein Geburtsdatum, kein Sterbetag, kein Hinweis auf den Todesort, wo wahrscheinlich das Grab liegt. Lediglich die Nummer des Regiments, in dem sie gedient haben, wird genannt.

 

MP Kuhs Tafel 2WK web


Am Sockel wurde später eine Granittafel befestigt. Die Inschrift lautet:

Zum Gedenken
an unsere Gefallenen
im Kriege 1939 – 1945


Experten erklären die verwendeten Begriffe:

Zum Gedenken

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter.«

 • Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld

 

Unseren Gefallenen

»›Gefallenendenkmal‹ verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.22

»Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Ebd. S. 60/61


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.

Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

 

MP Kuhs hinten web


Der Gedenkstein von hinten. Das Foto erlaubt uns einen Blick auf einen Teil des Hotelgeländes.

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»... starben den Heldentod«

Vier Jahre waren die Soldaten bei zunehmender Technisierung des Krieges vor allem für das maschinelle Töten zuständig. Soldaten beider Seiten harrten im Schlamm in den Schützengräben aus und mussten den Tod als etwas jederzeit Mögliches, Alltägliches hinnehmen. Diese Abstumpfung des Einzelnen thematisiert die Inschrift nicht – im Gegenteil: sie glorifiziert den heldenhaften Kampf.

»Sie starben den Heldentod« steht dann auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten des 1. Weltkriegs für die Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S.89

»Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

• Kurt Tucholsky

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Historische Fotos

Früher stand das Denkmal neben der Schule in Kuhs, die später abgerissen wurde. Es war von einem Holzlattenzaun umgeben mit Pforte zur Straße.

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Rechts unten: das Denkmal in den 20er Jahren.

 

MP Kuhs Karte1939 web


... und in der Zeit des Nationalsozialismus.

 

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Ein Ausschnitt der Postkarte oben: Die Findlinge des Denkmals sind von Efeu überwachsen, nur die Inschrift ist zu sehen. Die weißen Sprossenfenster im Hintergrund gehören zur Schule. Nach Kirchhöfen waren Standorte von Kriegerdenkmäler zum 1. Weltkrieg neben Schulen sehr beliebt. So konnten die Schüler gleich auf die Verpflichtung der nachfolgenden Generation eingeschworen werden, die »Schmach von Versailles« im gleichermaßen heldenhaften Kampf zu tilgen.

Beispiele können Sie kennenlernen:

In Eutin

In Plön


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II. dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.


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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, erneuerte Adolf Hitler das Eiserne Kreuz in 4. Stiftung und machte das ehemals preußische Ehrenzeichen zu einem nationalsozialistischen Kriegsorden. Dabei profitierte er vom hohen moralischen und symbolischen Wert der traditionsreichen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt. Heute ist das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz in der Mitte ein verfassungsfeindliches Propagandamittel.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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Findlinge

Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...]

Findlinge sind große (Granit-)Steine aus der heimatlichen Landschaft. Die Denkmalstifter holten sie oft selbst aus der Heide oder aus dem Harz mühevoll herbei. Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Einweihung 1920
Fotos Mitte der 90er-Jahre
Das Schwert

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Kummer

Landkreis Ludwigslust-Parchim

Auf einem zentralen Platz in Kummer befinden sich Stele für die getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs und Findling für die Opfer des 2.Weltkriegs. Es wurde 1920 eingeweiht.

MP Kummer gesamt

Inschriften oben auf der Stele:
1914 -1918 / Ihren gefallenen / Helden / aus der Gemeinde / Kummer / in Dankbarkeit / gewidmet.

In der Spitze der Stele ein Medallion mit gesenktem Schwert umgeben von Lorbeerzweigen.

MP Kummer Schwert


Auf dem Sockel:
Helden,
gefallen im Ringen Deutschlands
um Ehre und Sein,
nie wird ihr Name verklingen
heilig soll er uns sein.

               MP Kummer Spruch

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Die Einweihung 1920

               MP Kummer 1920

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Fotos Mitte der 90er-Jahre

Die damalige Kunstgeschichtsstudentin Margrit Schimanke fuhr durch Mecklenburg-Vorpommern und fotografierte Denkmäler für ihre Promotionsarbeit. Auch dieses, vielen Dank dafür!

 

             MP Kummer2 1995 Schimanke web

             MP Kummer 1995 Schimanke web

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Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.


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