NEUE SICHT AUF ALTE HELDEN?

Kriegerdenkmäler in Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern sind nach dem 2. Weltkrieg viele Denkmäler, mit zum Teil kriegsverherrlichenden Symbolen und Inschriften, zerstört worden. Aber immer noch sind heute viele hundert Kriegerdenkmäler dokumentiert. Etliche von diesen sind durch die Entfernung besonders militaristischer Darstellungen verändert worden. Gleichzeitig wurden vielerorts Tafeln zur Erinnerung an den 2.Weltkrieg mit deutlichen Friedensaufrufen angebracht. Vereinzelt, mit zunehmender Tendenz, wurden nach dem Ende der DDR alte Kriegerdenkmäler wieder aufgestellt, siehe zum Beispiel den »Soldaten« in Stolpe auf Usedom oder sogar Denkmäler für tote Wehrmachtssoldaten des 2.Weltkriegs neu aufgestellt, siehe Mueß.

Noch bestehende Denkmäler zum 1.Weltkrieg sind oft mit den bekannten Widmungen versehen: Unseren gefallenen Helden… Heldentod… Vaterland… auf dem Feld der Ehre... habt Dank ihr Krieger.

Wenn nicht anders angegeben stammen die Fotos von Matthias Hübner (www.dorfkirchen-in-mv.de) oder Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

 

 


I N H A L T
Das Denkmal
Nach der »Wende« wieder hergerichtet

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Usedom

Landkreis Vorpommern-Greifswald

Im Wald am Ortsausgang in Richtung Stolpe befindet sich das sogenannte Ehrenmal. Am Zufahrtsweg ist ein Hinweisschild aufgestellt. Das Denkmal hat die Form einer flachen Stufenpyramide. Die Spitze bildet ein übergroßer Altar, der 180 cm hoch, 370 cm breit und 240 cm tief ist. Insgesamt wirkt die Anlage wie eine germanische Thingstätte. Sie wurde 1923 von einem pommerschen Architektenteam entworfen.

MP Usedom gesamt

MP Usedom seitlich

An die mittlere Stufe sind drei Steintafeln gelehnt.

MP Usedom Tafel1  

Den Heimattreuen
die treue Heimat

in unauslöschlicher Dankbarkeit
den Gefallenen
der Stadt Usedom und der
Gemeinden Amtswiek, Paske
Ostklüne, Welzien und Wilhelmshof
zum Gedächtnis

MP Usedom Tafel2  

Niemand hat grössere Liebe
denn die,
dass er sein Leben lässet
für seine Freunde.

MP Usedom Tafel3 

Wir vergehen -

Deutschland, unser Vater=
und Kinderland
muss bestehen.


An der untersten Stufe ist nachträglich eine Tafel angebracht worden.

Gewidmet allen Opfern
von Gewaltherrschaft
Unterdrückung und Krieg

Sie war kaputt, als diese Fotos entstanden sind.

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Nach der »Wende« wieder hergerichtet

»Seit der ›Wende‹ 1989 gab und gibt es vielfältige Bestrebungen Denkmäler abzureißen, aber auch wieder andere zu errichten. ... Auch erst in den letzten Jahren wieder hergerichtet ist die Denkmalsanlage am Ortsausgang von Usedom auf Usedom. Hierbei handelt es sich um eine vorwiegend gartenkünstlerische Anlage, in deren Zentrum eine Art übergroßer Altartisch gleich einer Thingstätte steht. Ca. 1923 wurde die Anlage von einem pommerschen Architektenteam geschaffen, deren Namen leider nicht überliefert sind. ABM-Kräfte reinigten die Anlage und unterhalten sie derzeit.«

• Zitiert aus dem Vortrag von Margrit Schimanke, gehalten auf einer Konferenz der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung, April 1996, S.5

Im Jahr 2015 kann man viele Kriegerdenkmäler aufzählen, die nach der »Wende« wieder hervorgeholt worden sind, zum Beispiel:
Stolpe
Alt Rehse

oder ihre entfernten Bestandteile wieder bekommen haben:
Adler in Neukalen
Helm Pasewalk
Schwert in Liepgarten
Helm Friedland

Was motiviert die Menschen dazu?

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Kreuze zum 2. Weltkrieg
Die Schlachten
»Einsicht an einem Sommertag«
Das Eiserne Kreuz
Der Stahlhelm
Die Dorfkirche von Vipperow

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Vipperow

Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Auf der höher liegenden Wiese an der Dorfkirche steht das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Vipperow, abgesperrt durch eine niedrig angebrachte Eisenkette.

MP Vipperow 1WK Denkmal web


Ein dreistufiger Sockel aus vermauerten Granitquadern trägt einen großen, abgerundeten Findling.

 

MP Vipperow 1WK EK web


Oben aufgesetzt ist ein, wahrscheinlich aus Beton gegossenes, massives Eisernes Kreuz auf kleinem Sockel. Es ist doppelt konturiert und trägt die Symbole der 2. Stiftung der militärischen Ehrung vom preußischen König Wilhelm II.: Krone und »W« für Wilhelm. Die Krone ist mit einem Kreuz als Spitze dargestellt. Es zeigt die enge Verbindung von Kirche und Staat nach Napoleon. Vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. bis Kaiser Wilhelm II. waren die weltlichen Herrscher auch die Oberhäupter der Evangelischen Kirche. Erst 1918, mit der Abdankung von Wilhelm II., wurde die Trennung von Staat und Kirche eingeleitet.

Ungewöhnlich ist, dass unten im Eisernen Kreuz die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs 1914 und 1918 angegeben sind. Üblich ist, dass dort nur 1914 für das Stiftungsjahr des Ordens steht.

 

MP Vipperow 1WK Inschrift web


Im obersten Teil des Findlings lesen wir die Inschrift:

Im Weltkriege (rund gesetzt)
1914-18
fielen für das Vaterland
unsere tapferen Helden

Vier Jahre waren die Soldaten bei zunehmender Technisierung des Krieges vor allem für das maschinelle Töten zuständig. Soldaten beider Seiten harrten im Schlamm in den Schützengräben aus und mussten den Tod als etwas jederzeit Mögliches, Alltägliches hinnehmen. Diese Abstumpfung des Einzelnen thematisiert die Inschrift nicht – im Gegenteil: sie glorifiziert den heldenhaften Kampf.

 

»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S.89

 

»Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann, sondern [...] nur der für Gott und seine Liebesbotschaft, für die Zuneigung zum Nächsten und den Frieden in der Welt; dass also ein christlicher Kampf genau das Gegenteil von dem ist, was damals über Europa gebracht wurde.«

kommunal.blogspot.de / Region Aschaffenburg-Miltenberg

 

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«
Kurt Tucholsky

 

MP Vipperow 1WK Namen web


Es folgen die elf Namen der toten Soldaten mit Geburts- und Sterbetag. Die Geburtstage sind mit einem kräftigen Stern markiert, den Sterbetagen ist ein »gef.« vorangestellt, zweimal ein »verm.« nachgestellt. Sechs Soldaten sind in den zwei ersten Kriegsjahren gestorben.

In der Liste ist kein Ordnungsprinzip zu entdecken.

MP Vipperow 1WK links unten web


Dem großen Findling an die Seite gestellt sind vier kleinere, kantige Feldsteine. Darauf werden Namen von Schlachtorten im 1. Weltkrieg genannt. Auf der linken Seite Tannenberg in Ostpreußen und Verdun in Frankreich.

 

MP Vipperow 1WK rechts unten web


Auf der rechten Seite Arras in Frankreich und Lemberg in Galizien.

 

MP Vipperow 1WK Helm web


Zwischen den Schlachten-Steinen liegt auf der zweiten Sockelstufe ein steinernes Kissen, auf dem ein Stahlhelm aus Granit liegt. Auf der Frontseite steht:

Das dankbare Vipperow

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«
Ralph Giordano, Die zweite Schuld

 

MP Vipperow 1WK hinten links web


Das Denkmal von hinten: die Rückseite des Sockels ist glatt.

 

MP Vipperow beide web


Hier sieht man schon die Gedenkanlage zum 2. Weltkrieg zwischen Findling und Kirche.


MP Vipperow Karte ca1941 web


Das Denkmal ca. 1941. Diese Postkarte hat uns die Vipperower Dorfchronistin Hanni Fabisch zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

 

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Die Kreuze zum 2. Weltkrieg

Drei Steinstufen führen zum erhöhten Kirchengrundstück.

MP Vipperow 2WK weit web


Wir erblicken ein übermächtiges Eisernes Kreuz, das militärische Ehrenzeichen soll an die 41 toten Wehrmachtssoldaten aus Vipperow und Solzow erinnern. Rechts und links stehen schlichte Holzkreuze, die sind – so sagen es die Initiatoren – den deutschen Menschen gewidmet, die bei Flucht, Vertreibung oder in Kriegsgefangenschaft ihr Leben ließen.

 

MP Vipperow 2WK web


Das Eiserne Kreuz trägt in weißer Schrift die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs:

1939 – 1945

Es steckt auf einem Metallgestell, an dem auch ein Kranz mit weißen Plastikblumen angebracht ist.

 

MP Vipperow 2WK EK web


Das Kreuz ist aus Holzplatten zusammengesetzt und braun angemalt worden.

 

MP Vipperow 2WK Widmung web


Ebenso ein Brett, bodennah unter dem Kranz. Dort steht, wieder in weißer geschwungener Schrift:

Wir gedenken der Opfer

Wer ist mit den »Opfern« gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch?

Die Darstellung eines übergroßen Eisernen Kreuzes als militärisches Ehrenzeichen in Vipperow lässt allerdings keinen anderen Schluss zu: mit »Wir gedenken der Opfer« sind die toten Soldaten gemeint. Das verursacht Unbehagen in der heutigen Zeit, in der man von den Verbrechen der deutschen Wehrmacht weiß. Ist die Interpretation, mit »Opfer« seien alle Kriegsopfer, nicht nur Soldaten, gemeint, die Lösung? Der Historiker Klaus Latzel lehrt an der Technischen Universität Braunschweig. Er meint dazu in ZEITGeschichte 4/2018:

»Nach diesem Krieg und nach der erneuten Niederlage war an eine positive Sinnstiftung oder gar Verklärung des Kriegstodes, den zudem nun auch viele Zivilisten gestorben waren, nicht mehr zu denken. Die bundesdeutsche Erinnerung behalf sich mit einem abermaligen Rückgriff auf die Opferidee: Der ›Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft‹ zu gedenken wurde allmählich zur Standardformel. [...] Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden.«


Diese Anlage wurde am Volkstrauertag 2006 eingeweiht. Tischlermeister Arnold Mahncke hatte die Initiative ergriffen und 29 Namen von toten Wehrmachtssoldaten aus Vipperow und 12 aus Solzow gesammelt, die dann bei der Einweihung auch verlesen wurden. Eine Namenstafel ist entgegen ersten Plänen noch nicht erichtet worden, da die Namen vor Veröffentlichung noch überprüft werden müssen.

»Arnold Mahncke, heute Tischlermeister im Ruhestand, und seine Altersgenossen erlebten den zweiten Weltkrieg als Kinder. Zu Jugendlichen und Erwachsenen wuchsen sie in einer Welt heran, die das Deutschsein schwer machte. Wo selbst die Lebenden diskriminiert wurden, erinnerte sich in der Öffentlichkeit niemand der Opfer von Krieg und Vertreibung. In der Bundesrepublik fand das Gedenken an die Toten bald den erforderlichen Platz. Die DDR untersagte öffentliches Erinnern – die russischen Sieger taten dies sowieso. Arnold Mahncke, in Vipperow, einstiger kindlicher Zeitzeuge, schüttelte das lange erduldete und eingeredete Schuldgefühl ab. ›Wir haben das Grauen miterlebt und wollen endlich reden. Die heutige Generation soll über die schlimme Zeit und ihre Opfer informiert werden.‹« So beginnt ein Artikel im Anzeigenkurier, einer Beilage des Nordkuriers, vom 19. November 2006 zur Einweihung der Gedenkkreuze zum 2. Weltkrieg.

MP Vipperow 2006 11 19 Anzeigenkurier Beilage des Nordkurier web
Foto: W. Tilegant, Anzeigenkurier, Beilage des Nordkuriers vom 19.11.2006


Volkstrauertag 2006: Einweihung der Gedenkkreuze zum 2. Weltkrieg mit etwa 100 Bürgern. Die Röbeler Blaskapelle spielte »Ich hatt’ einen Kameraden«.


Artikel vom 19. November 2006 im Nordkurier

 

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Die Schlachten

Die drei Schlachten mit Beteiligung des deutschen Heeres enden mit einem Sieg und zwei unentschiedenen Gefechten. Die deutsche Propaganda feiert die tapferen Soldaten!

 

MP Vipperow 1WK Tannenberg web


Tannenberg: Anders als der 2. Weltkrieg, so liest man oft, habe der 1. Weltkrieg das Deutsche Reich im Osten kaum berührt. Doch das ist falsch: 1914/15 wurde Ostpreußen schrecklich verwüstet. [...]

Dem Schlieffen-Plan gemäß blieb Ostpreußen im Zweifrontenkrieg nur schwach verteidigt; erst sollte Frankreich rasch niedergeworfen werden, dann wollte man sich nach Osten wenden. [...]

Zum Schutz ist allein die 8. Armee unter Generaloberst Maximilian von Prittwitz vorgesehen. Damit stehen insgesamt 173 000 Deutsche einer Übermacht von 485 000 Russen gegenüber. Am 17. August kommt es zum ersten größeren Gefecht bei Stallupönen. Drei Tage später überlässt Prittwitz den Russen bei Gumbinnen voreilig das Feld und ordnet den Rückzug an. Schon kursiert das Gerücht, er habe die gesamte Provinz preisgegeben. Rasch entbindet Generalstabschef Helmuth von Moltke den glücklosen Prittwitz von seinen Aufgaben und schlägt dem Kaiser als Nachfolger den 67-jährigen Paul von Hindenburg und den ehrgeizigen, 49-jährigen Erich Ludendorff vor. [...]

Bis zum 30. August gelingt es Hindenburgs Truppen, die Armee Samsonows im Raum von Tannenberg zu umzingeln. Binnen weniger Tage zwingt er die Russen zur Aufgabe – das westliche Masuren ist wieder frei. [...]

Hindenburg weiß den Sieg gut zu nutzen – vor allem für sich selbst. Nach der ersten großen Niederlage im Westen, dem Desaster an der Marne, nur wenige Tage nach Tannenberg, braucht die deutsche Seele dringend einen Helden. Er bietet sich an. [...]

Mit dem Hindenburg-Kult gelingt es den rechten Feinden der Demokratie, die Abneigung gegen die deutsche Republik dauerhaft zu verfestigen. Zum zehnten Jahrestag der Schlacht wird in Tannenberg eine monumentale, Stonehenge-ähnliche Denkmalanlage eröffnet. Die Nationalsozialisten inszenieren hier bald große Auftritte. [...]

Durch diese fatale Überhöhung wurde Ostpreußen zu einem germanischen Bollwerk stilisiert, unbezwingbar im weiten slawischen Osten. Es war ein folgenschwerer Mythos, der dann im 2. Weltkrieg noch einmal beschworen wurde. So hofften im Winter 1944/45 viele Ostpreußen auf ein neues Tannenberg: Doch diesmal blieb die Rettung aus. Deutschlands östlichste Provinz versank in den Trümmern des »Dritten Reiches«.

• Zitiert nach www.zeit.de vom 13.2.2014

Der Mythos von Tannenberg

 

MP Vipperow 1WK Verdun web


Verdun: Der Ort Verdun steht für eines der blutigsten Kapitel des 1. Weltkriegs. Ganze Armeen fielen im Kampf um wenige hundert Meter Boden. Bis heute ist das sinnlose Massensterben an den Fronten des Städtchens Verdun, 240 Kilometer vor Paris, ein Symbol für das menschenverachtende Antlitz des 1. Weltkrieges. [...]

1914 versuchten die deutschen Streitkräfte, in einem schnellen Aufmarsch im Westen die französischen Armeen einzukesseln und vernichtend zu schlagen. Der Versuch scheiterte, die alliierten und die deutschen Heere standen sich auf einer Frontlänge von rund 700 Kilometern von der belgischen Küste bis zur Schweiz gegenüber. [...]

Nachdem im Jahr 1915 die alliierten Streitkräfte wiederholt vergeblich versucht hatten, an einem begrenzten Frontabschnitt die deutsche Linie niederzuwalzen, ging die Oberste Heeresleitung im Frühjahr 1916 zur groß angelegten Offensive bei der französischen Maasfestung Verdun über. Verdun, herausragender Eckpfeiler der französischen Frontlinie, lag strategisch wichtig auf den Höhen über der Maas am östlichen Ende der französischen Grabenlinie. Verdun war darüber hinaus ein Symbol der französischen Widerstandskraft. [...]

Trotz des in seinem Ausmaß bis dahin einmaligen Einsatzes von Menschen und Waffen führte das mörderische Ringen auf keiner der beiden Seiten zu irgendeinem strategischen oder taktischen Vorteil. [...] Abertausende der eigenen Männer fielen in diesem sinnlosen Kampf für eine Handvoll unbedeutender Geländegewinne – ein Kampf, der längst irrationalen Charakter angenommen hatte und bald darauf vielfach heroisiert und mythisch verklärt wurde.

• zitiert nach www.planet-wissen.de

Entscheidungssuche an der Westfront


Wie die meisten Schlachten wurde auch der Kampf vor Verdun nach dem verlorenen 1.Weltkrieg nicht als wirkliche Niederlage der deutschen Armee gedeutet. Dies wurde vor allem gestützt durch die von den nationalen Kräften in Deutschland verbreitete Dolchstoßlegende.

»Nach der Niederlage [im 1. Weltkrieg], die im Nachhinein durch die so genannte ›Dolchstoßlegende‹ von vielen Deutschen bereitwillig uminterpretiert wurde, und dem Versailler Vertrag entwickelte sich zu Beginn der 1920er Jahre in vielen Köpfen eine Trotz-Haltung, ein ›Jetzt erst recht‹-Gedanke, der Kritik an der deutschen Kriegspolitik nicht zuließ.

Die ›Dolchstoßlegende‹ ist eine Verschwörungstheorie der damaligen politisch Rechten, die 1919 von Feldmarschall Paul von Hindenburg, der unfähig war, sich das eigene Versagen bei der Kriegsführung im Ersten Weltkrieg einzugestehen, zusätzlich genährt wurde. Sie besagt, dass das deutsche Heer ›im Felde unbesiegt‹ war, aber die Heimat ihm durch die Agitationen der politischen Linken und die Revolution 1918 in den Rücken gefallen sei. Diese Theorie entbehrt jeder berechtigten historischen Grundlage, sie stieß jedoch bei vielen Deutschen auf offene Ohren und trug, von den Nationalsozialisten bereitwillig aufgegriffen, schließlich auch zum Scheitern der Weimarer Republik bei. (Vgl. Helmut M. Müller, Schlaglichter der deutschen Geschichte. Bonn 2002.)«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

 

MP Vipperow 1WK Arras web2


Die Schlacht bei Arras in Frankreich vom 9. April bis 16. Mai 1917 war ein Teil der Frühjahrsoffensive der Entente (Frankreich, England, Russland, Kanada, Australien). Dabei gelang es britischen und kanadischen Truppen, den deutschen Soldaten einen strategischen Höhenzug bei Vimy abzunehmen, ohne jedoch einen entscheidenden Erfolg zu erringen. Die Deutschen mussten in verschiedenen Stellungen Geländeverluste hinnehmen, ein entscheidender Durchbruch der britischen Verbände wurde jedoch verhindert. Die Verluste waren aufgrund der ausgebauten deutschen Verteidigungslinien sehr hoch.

MP Vipperow Arras Imperial War Museum web

Verletzte oder toten englische Soldaten warten am 14. April in der Nähe von Arras auf den Abtransport ins Lazarett. Foto: Imperial war Museum

 

Ende Mai wurde die Offensive eingestellt. Damit war das strategische Ziel der Entente, einen Durchbruch und damit ein mögliches Kriegsende zu erzielen, fehlgeschlagen.

Lesen Sie mehr bei LeMO, Deutsches Historisches Museum, Berlin

 
In der deutschen Heimat festigte die offizielle Propaganda daraufhin den Glauben an die militärische Kraft der deutschen Soldaten, die nationale Geschlossenheit und die Siegesgewissheit wurden gestärkt. Die brutale Realität des Krieges wurde dabei natürlich ausgespart. Und so traf der niederschmetternde Kriegsausgang, die unbegreifliche Niederlage Deutschlands die meisten Menschen völlig unvorbereitet ... und da haben wir sie wieder die Dolchstoßlegende:

»Der ›Dolchstoß‹ als Begründung des deutschen Zusammenbruchs 1918 gehörte während der gesamten Weimarer Republik zum Standardrepertoire der nationalen Rechten. Für viele Deutsche – Militärs wie Zivilisten – war die Legende eben keine: Ungläubig hatten sie die Niederlage der noch immer tief in Feindesland stehenden deutschen Soldaten als Schock wahrgenommen, und sie bezweifelten anschließend keine der Behauptungen über eine im Felde unbesiegte Armee. Insbesondere in Kreisen der Weltkriegsteilnehmer diente der Dolchstoßvorwurf der Aufwertung des Selbstwertgefühls. Zugleich gab er dem eigenen Opfer und dem massenhaften Tod der Kameraden auf dem Schlachtfeld trotz der Niederlage zumindest einen kleinen Sinn, denn der Sieg wäre ohne den Verrat durch ›vaterlandslose Sozialdemokraten‹ und ›jüdische Geschäftemacher‹ zum Greifen nahe gewesen, so die Überzeugung in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung.«

LeMO, Deutsches Historisches Museum, Berlin


Kompletter Beitrag auf LeMO, Lebendiges Museum Online

 

MP Vipperow 1WK Lemberg web2


In der Schlacht von Lemberg 1914 kämpften keine deutschen Verbände. Inwiefern Vipperower Männer beteiligt waren, wissen wir nicht.

Die Schlacht von Lemberg war eine Entscheidungsschlacht zwischen dem Russischen Reich und Österreich-Ungarn während der Frühphase des Ersten Weltkrieges 1914. Die k.u.k. 3. Armee wurde von der russischen 3. Armee in mehreren Kämpfen empfindlich geschlagen. Die Schlacht von Lemberg, ein Abschnitt der Schlachten in Galizien, bezeichnet mehrere Phasen von Operationen im östlichen und später westlichen Vorfeld der Stadt, die für die k.u.k. 3. Armee alle unglücklich endeten. Am 2. September musste die k.u.k. 3. Armee Lemberg räumen.

Das deutsche Luftschiff S.L.II hatte zwar für Aufklärungsfahrten zur Verfügung gestanden. Dringende Appelle an den deutschen Bündnispartner um weitere Verstärkungen hatten aber nichts gebracht.

Bis zum 11. September waren an der Gesamtfront 130.000 k.u.k. Soldaten von den Russen gefangen genommen worden oder liefen freiwillig zum Sieger über, weitere 190.000 Mann wurden getötet oder verwundet, 450 Geschütze und gewaltige Materialmengen waren verloren. Damit hatte die österreichisch-ungarische Armee an der Nordostfront fast die Hälfte ihrer Truppen eingebüßt und die Initiative vollständig an die Russen verloren, die nun mehr als 150 km tief bis an die Karpaten vorstoßen konnten.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. 9. 2020

 

»Die militärischen Lenker der Doppelmonarchie um Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf waren siegesgewiss gegen Serbien und Russland in den Krieg gezogen. Ihre Überheblichkeit und schlechte Truppenführung kostete allein in den ersten zehn Kriegsmonaten mehr als 180 000 Armeeangehörigen das Leben. 1914 lag die Zahl der Verluste – Tote, Verletzte, Kranke und Gefangene – wohl bei mehr als einer Million Soldaten.

Es war ein Aderlass, von dem sich Österreich-Ungarn nicht mehr erholen sollte. Um eigene Inkompetenz zu überspielen, lasteten die Führer der k. u. k. Streitkräfte die Verantwortung für Rückschläge mitunter tschechischen Einheiten an, so auch bei den Kämpfen in Galizien 1914, die sich zur militärischen Katastrophe für Österreich-Ungarn auswuchsen.

Generalstabsoffizier Theodor Ritter von Zeynek behauptete etwa, die besonders bittere und blutige Niederlage bei Lemberg und Grodek sei durch das Versagen einer Division verschuldet worden, die einen besonders hohen Anteil an Tschechen aufwies.

Die Schlacht von Lemberg und Gródek war eines der furchtbarsten Gemetzel in dieser frühen Phase des Krieges. ›Sterbende Krieger, die wilde Klage Ihrer zerbrochenen Münder‹, dichtete Georg Trakl über das Grauen, das er als österreichischer Sanitätsleutnant in Gródek sehen musste. Vor seinem Feldlazarett hingen die Leichen von Ukrainern von den Bäumen – die Österreicher hatten sie verdächtigt, gemeinsame Sache mit den Russen zu machen. Im Lazarett musste Trakl dem Sterben tatenlos zusehen. Wegen fehlender Medikamente konnte er die Schmerzen der tödlich Verwundeten nicht lindern und die leichter Verletzten nicht retten.«

• Menschen im Krieg, Europas Katastrophe 1914-1918, Süddeutsche Zeitung Edition


Georg Trakl im September 1914:

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldenen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarzer Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunklen Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.

 

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»Einsicht an einem Sommertag«

Ein Mahnmal mahnt so wenig wie

ein Denkmal denkt und ein Grabmal gräbt

man wollte sie nicht vergessen, die Burschen

man wollte allerdings vergessen die Tränen

der Frauen, Geliebten, der Eltern, Geschwister
verdrängen das Ende: zerschossen, zerfetzt
verhungert, erfroren, von Krankheiten dahin-
gerafft. Neue Kriege, neue Tote, neue

Ehrenmale. Bis heute geht es weiter. Bis heute
erinnert man sich an Johann, Harm und Cornelius,
ihre Namen bleiben, in Stein konserviert.

Sie sollen bleiben. Nicht aber der Satz,

der niemals stimmte: Nicht vor hundert oder
tausend Jahren, nicht in Reich und Republik.

Erklär mir diese Ehre mal!

Der Satz, er prangt am Ehrenmal

wo der Soldaten Tod verbrämt wird

zur Großtat. Gefallen, heißt es verhüllend,
doch wer fällt, kann wieder aufstehn.

Sie bleiben liegen. Es ist noch nicht vorbei.
Opfer für Mars, Indra und den Gott Kapital.
Meißelt ihn weg, er verdummt das Volk,

er bedroht unsere Jugend, der Satz:

Sie starben fürs Vaterland.

Vaterland stirbt, Muttersprache verstummt.
Sie starben ohne Sinn.

Georg Schwikart, Jahrgang 1964, Theologe, Religionswissenschaftler und Autor


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II. dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, erneuerte Adolf Hitler das Eiserne Kreuz in 4. Stiftung und machte das ehemals preußische Ehrenzeichen zu einem nationalsozialistischen Kriegsorden. Dabei profitierte er vom hohen moralischen und symbolischen Wert der traditionsreichen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt. Heute ist das Eiserne Kreuz mit Hakenkreuz in der Mitte ein verfassungsfeindliches Propagandamittel.

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

 

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente / Schleswig-Holstein benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

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Die Dorfkirche von Vipperow

1178 taucht Vipperow erstmals in einer Urkunde auf, in der das Bistum Schwerin von Papst Alexander III. bestätigt wurde. Damit ist das ursprünglich slawisch besiedelte Dorf das älteste in der gesamten Region um die Müritz. Vipperow war Ende des 12. Jahrhunderts als Mittelpunkt der »terra Veperowe« bedeutender als die heutigen Zentren Waren (Müritz) oder Röbel/Müritz. Hier gefundene Keramikteile gaben dem elbslawischen Keramikstil den Namen Vipperower Keramik. Im Dreißigjährigen Krieg verlor das Dorf zwei Drittel seiner Einwohner und erholte sich danach nur langsam.

MP Vipperow Dorfkirche Mauerwerk web

Das Mauerwerk der Dorfkirche: Feldsteine, Bruch, Mörtel und Backsteine


Die Vipperower Dorfkirche entstand um 1300 und ist die älteste der Region. Im Pfarrhaus (errichtet 1819) fand sich 1988 der »Vipperower Friedenskreis« unter Leitung des Pfarrers Markus Meckel, des späteren (letzten) Außenministers der DDR-Regierung, zusammen.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. 9. 2020

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Vorgeschichte
Die Einweihung
Die Geschichte in Bildern
Der Adler
Das Schwert
Der Lorbeerkranz
Ein Ort der Trauer?
»Der deutsche Soldat«
»Stadt und Land«

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Waren

Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Das Monument in der Parkanlage am Kietz für die toten Soldaten beider Weltkriege wurde am 26. Juni 1932 eingeweiht. Es ist in der Form einem Hünengrab nachempfunden, ganz im Geist des deutschen Nationalismus und Germanenkults. In trutziger Größe steht es 6 Meter breit, 3 Meter tief und 3 Meter hoch an einem sehr schönen und belebten Platz am Ufer der Müritz.

 

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Für den Bau wurden 70 behauene Granitblöcke verwendet, die aus dem Fichtelgebirge herbeigeschafft worden waren.

 

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Für den zweistufigen Unterbau einschließlich der acht Einzelsteine in der Mitte war der Warener Steinmetzmeister C. Scheinpflug zuständig, für die Form des sarkophagähnlichen Oberbaus und die heute nicht mehr vorhandenen aufgesetzten Skulpturen aus Granit der Warener Bildhauer Erwin Nindel.

 

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Das frühere Bronzeschwert und die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs fertigten die Schlossermeister Gebr. Stolzenburg. 1945 wurde das Denkmal demontiert, der aufgesetzte Adler auf dem liegenden Lorbeerkranz zerschlagen, Schwert und Jahreszahlen gestohlen. 1956 durfte das Denkmal, allerdings ohne Adler, wieder hergerichtet werden.

 

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Der neue Lorbeerkranz wurde von einer Berliner Bildhauerei gefertigt, Schwert und Zahlen kostenlos von der Warener Kunstschlosserei Meden. Die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs, 1939 – 1945, wurden zum Volkstrauertag am 15. November 1992, also nach der »Wende«, hinzugefügt. »Der Antrag wurde 1992 durch die Warener Mitglieder des Verbandes der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermißten-Angehörigen Deutschlands gestellt«, lesen wir im Heft 18 des Warener Museums- und Geschichtsvereins.

 

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Durchblick: der »Sarkophag« steht auf acht Granitfüßen.

 

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Hier sieht man die schöne Lage des Denkmals im Park an der Müritz, rechts die Schiffsanlegestelle der Seenfahrten.

 

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Die schweren Granitsteine sind perfekt zusammengefügt. Tiefergelegte Wasserablaufrinnen verhindern stehende Pfützen.

 

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Hier das Monument von der Seite. Von Anfang an war vor dem Denkmal nur ein relativ kleiner gepflasteter Platz vorgesehen. An drei Seiten ist es von Rasen umgeben.

 

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Die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs wurden 1956 halb im Granit versenkt, 1992 wurden die Zahlen des 2. Weltkriegs der Einfachkeit halber aufgesetzt.

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Die Vorgeschichte

Oberst a.D. Roethe vom Warener Denkmalsverein sagte bei der Einweihung am Sonntag, den 26. Juni 1932, zur Geschichte des Denkmals:

»Sie ist lang, aber in kleinem Rahmen ein Spiegelbild unserer Deutschen Zerrissenheit und des inneren Widerstreites der Meinungen. Schon im Frühjahr 1920 gewann der Gedanke an ein Kriegerdenkmal im Schoße unserer Militärvereine Leben. Er führte zu Verhandlungen mit den andern Schichten der Bevölkerung und erbrachte zunächst ein Ergebnis, das nicht befriedigen konnte. Der Friedenshain auf dem Bungenberge dient wohl dem Andenken an die Toten des Weltkrieges und der Revolution, ist aber nicht geeignet für die Pflege der Erinnerung an deutsches Heldentum, an Tapferkeit, Treue, Vaterlandsliebe und deutschen Kampfeszorn.

Die Militärvereine sahen sich gezwungen, die Idee eines neuen, eigenen Ehrenmals ins Auge zu fassen.«


In der Schriftenreihe des Warener Museums- und Geschichtsvereins, Heft 18 aus dem Jahr 1999, wird die Geschichte des Friedenhains auf dem Bungenberge weitererzählt:

»Da die Vorstände der Warener Kirchen mit der ›roten‹ Widmung des Friedenhains auf dem Bungenberg für die Opfer von Weltkrieg und Revolution nicht einverstanden waren, entstanden in beiden Warener Kirchen eigene Gedenktafeln.«

»Noch im Jahr der Machtübernahme 1933 ließen die Nationalsozialisten nur das Wort ›Friedenshain‹ auf dem Gedenkstein stehen. Die Widmung ›Den Opfern des Weltkrieges und der Revolution‹ ließen sie entfernen. In der Zeit der DDR fühlte sich zunächst das in Waren ansässige Landbaukombinat für den Bungenberg verantwortlich. Dann verwilderte der Ehrenhain fast völlig. Erst nach 1994 wurde die Anlage wieder hergerichtet und der Hauptstein befestigt.«

 

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Die Einweihung

Am 19. Juni 1928 hatte der Warener Denkmalverein mit einem Aufruf an die Bevölkerung begonnen durch Spendensammlungen, Vereinsbeiträge, Lotterien, Blumen- und Kartenverkauf Geld für den Bau des gewünschten Denkmals einzunehmen. Der Entwurf stammte von Stadtbaurat Pries. Erst im Februar 1932 beauftragte der Verein den Steinmetzmeister C. Scheinflug und den Bildhauer Erwin Nindel, beide aus Waren, den Entwurf auszuführen. Am 17. März wurden die Arbeiten begonnen, am 19. Juni – 14 Jahre nach Kriegsende und sieben Jahre vorm nächsten Weltkrieg – wurde das Denkmal für die 432 toten Soldaten der Stadt Waren im 1. Weltkrieg mit einem großen Festakt unter Teilnahme einer Reichswehrabordnung eingeweiht. Am Nachmittag fand im Anschluß an die Feierlichkeiten mit Festgottesdienst vor dem Denkmal ein dreistündiges Militärkonzert statt. Die Warener Zeitung schreibt am 28. Juni 1932 über den Vorabend der Einweihung: »Mit einem Zapfenstreich und Fackelzug wurde die Feier der Denkmalsweihe am Sonnabend abend eingeleitet. Ein schier unabsehbarer Zug bewegte sich im Lichte hunderter von lodernden Fackeln von der Dampfmühle durch die Stadt nach dem Turnplatze, wo nach einer markigen Ansprache des Vorsitzenden der militärischen Arbeitsgemeinschaft, Herrn Dr. Hinkel, die Fackeln zusammengeworfen wurden.«

MP Waren 1932 Einweihung Stadtarchiv web


»Die Warener Kurkapelle intonierte das Niederländische Dankgebet, das die Festversammlung barhäuptig und stehend anhörte, worauf Herr Pastor Lic. Voßberg den Festgottesdienst hielt.«


MP Waren 1932 Einweihung Rede Stadtarchiv web


Verschiedene Ansprachen folgten: Regierungsbaurat Pries, der Entwurf und Bauleitung verantwortete, übergab dem Vorsitzenden des Denkmalvereins Oberst Roethe das Denkmal mit den Worten: »Heilig sei uns dieser Stein und diese Stätte!«

Worauf Oberst a.D. Roethe zu folgender Festrede ansetzte (dokumentiert in der Warener Zeitung): »Hochansehnliche Festversammlung! Meine Damen und Herren! Liebe Kameraden! Es ist und soll heute ein Tag der vaterländischen Begeisterung sein und das fröhlich machende Bild, das ich hier vor meinen Augen habe, der Anblick so vieler gesammelter Kraft und lebensfrischer Jugend legt Zeugnis dafür ab, daß die germanische Volksseele nach wie vor für die vaterländischen Ideale glüht. [...] Daß unter ihnen das liebe Feldgrau unserer Kämpfer des Weltkrieges, das sonst der Stahlhelm zeigt, nur in wenigen Vertretern zu sehen ist, begründet sich damit, daß der Stahlhelm heute seiner vaterländischen Aufgabe, der Wehrhaftmachung unserer Jugend, an anderer Stelle genügen muß. [Der ›Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten‹ war ein Wehrverband zur Zeit der Weimarer Republik, der kurz nach Ende des 1. Weltkrieges gegründet wurde. Er galt als bewaffneter Arm der demokratiefeindlichen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).]«

Das Denkmal wurde enthüllt und von Pastor Ribcke geweiht. Nach Gebet und Gesang des Liedes »Ein feste Burg ist unser Gott« übergab Oberst Roethe das Denkmal dem Bürgermeister der Stadt: »Ich tue es mit dem Wunsche, daß bis in die ferne Zukunft das Denkmal dem Willen seiner Schöpfer zufolge der Stadt zur Zierde, den lebenden und kommenden Generationen zur Erhebung und zum Ansporn, den gefallenen Helden zum ehrenden Gedächtnis gereichen möge ...«

 

MP Waren 1932 Kraenze Stadtarchiv web


Nach dem Bürgermeister hielt der Vorsitzende der Militärischen Arbeitsgemeinschaft, Herr Dr. Hinkel, die Schlußansprache. Die Warener Zeitung fasst zusammen: »... Über die Einstellung zum Staat, zum Vaterland, zum deutschen Volksgenossen darf es kein Debattieren geben, diese Begriffe müssen festliegen, es darf kein in Klassen und Parteien gerissenes Volk mehr geben, wenn Deutschland leben will. Wir sind auf dem besten Wege, die Einigkeit der Staatsgesinnung zu erkämpfen, es geht aufwärts mit unserem Volk und das ist an diesem Tage die Freude und Genugtuung der Lebenden, daß sie den toten Kampfgenossen zurufen können: Euer Ehrenschild, den ihr rein aus dem Kampfgetümmel brachtet und den ein von allen guten Geistern verlassenes Gesindel mit Schmutz beworfen hat, wird wieder rein werden, euer Frontgeist setzt sich durch und führt unser Volk zu Licht und neuen Höhen!«

 

MP Waren 1932 Illustration Stadtarchiv web


Ein Erinnerungsblatt aus dem Jahr der Einweihung 1932, die Zeichnung wurde auch in der Warener Zeitung abgedruckt.

 

Sehen Sie hier die Zeitungsseiten im Original:

Warener Zeitung vom 28. Juni 1932, Seite 1

Seite 2


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Die Geschichte in Bildern

Es folgen Ansichtskarten aus verschiedenen Jahrzehnten aus der Sammlung des Stadtgeschichtlichen Museums in Waren:

MP Waren 1935 PK2 Stadtarchiv web


1935: Der Adler auf dem Lorbeerkranz ist fast zwei Meter hoch. Die Warener Zeitung schreibt 1932 zur Einweihung: »... auf diesem steht ein aufwärts blickender, vorwärts schreitender, die Flügel zum Flug erhobener und mit der rechten Klaue einen Stahlhelm umkrallender, gleichsam schützender Adler.«

 

MP Waren 1935 Park Stadtarchiv web


1935: Das Denkmal mit Kranz, davor Ruhebänke und spielende Kinder.

 

MP Waren 1935 PK5 Stadtarchiv web

 
1935: Die mächtigen Schwingen des Adlers von hinten.

 

MP Waren 1975 Stadtarchiv web


1975: Das Denkmal nach der Rekonstruktion mit neuem Schwert, Jahreszahlen des 1. Weltkriegs und Lorbeerkranz, aber ohne Adler mit Stahlhelm.

 

MP Waren 1999 Stadtarchiv web


1999: Die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs waren sieben Jahre zuvor angebracht worden. Schwert und Zahlen sind nun bronzefarben.

 

MP Waren 2008 Stadtarchiv web

2008: Das Schwert ist nun, wie auch heute noch, silbern eingefärbt. Am Denkmal werden am Volkstrauertag Kränze niedergelegt.


Alle historischen Bilder, die Seiten der Warener Zeitung vom 28. Juni 1932 von der Einweihung und die Informationen zur Geschichte verdanken wir Jürgen Kniesz, dem Leiter des Stadtgeschichtlichen Museums in Waren. Er war so freundlich und hat uns diese Schätze aus der Sammlung zur Verfügung gestellt.

Wer sich über die Denkmäler im Landkreis informieren möchte, kann im Museum das Heft 18 der Schriftenreihe des Warener Museums- und Geschichtsvereins »Denkmäler zur politischen Geschichte im Landkreis Müritz« erwerben.

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Der Adler

Oberst a.D. Roethe vom Warener Denkmalsverein beschrieb ihn in der Festrede vor der Enthüllung des Denkmals am Sonntag, den 26. Juni 1932 folgendermaßen:

»Der Adler des Steins, der nun sogleich vor Ihren Augen erscheinen wird, er ist das Bild des Adlers der Deutschen, das Sinnbild von Deutschlands Macht und Herrlichkeit. Noch verkrampft sich die rechte Klaue auf dem am Boden liegenden Stahlhelm, dem Zeichen der deutschen Wehrhaftigkeit. Aber schon sieht er in der Ferne das Morgenrot des kommenden Tages, schon regt er die Flügel.

So gebe der allmächtige Lenker der Geschicke der Völker, der uns diese Prüfungszeit auferlegt hat, daß gar bald der Adler des Deutschen Volkes die mächtigen Schwingen breite zum stolzen kühnen Fluge der Sonne entgegen in die ferne glückhafte Zukunft unseres Volkes. Und daß wir bald die Gelegenheit finden, das stolze Lied in die Lüfte zu jubeln, das der Dichterherold unserer Väter ihnen mitgab in die Kämpfe und Märsche nach Paris, wo sie sich die Kaiserkrone und das einige mächtige Reich holten – das Lied:

Flieg, Adler, flieg! Wir folgen nach
Ein Einig Volk in Waffen.
Wir folgen nach, ob tausendfach
Des Todes Pforten klaffen.
Und fallen wir: Flieg, Adler, flieg!
Aus unserm Blute wächst der Sieg.
V o r w ä r t s ! «

Sieben Jahre später flog er dann wieder, der Adler: der 2. Weltkrieg begann mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Polen.

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Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

 

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Der Lorbeerkranz

Der Lorbeerkranz ist ein Symbol und ein Insigne für eine besondere Ehre oder Auszeichnung, insbesondere für einen Sieg oder einen besonderen Erfolg. Daher wird er auch als Siegerkranz bezeichnet.

Im Deutschen Reich wurden nach militärischen Siegen Ehrenmale mit dem Motiv der Göttin Victoria (lat. für Sieg) errichtet. Dabei wird diese oft mit erhobenem rechten Arm dargestellt, einen Lorbeerkranz haltend. In Berlin erhebt die Victoria auf der Siegessäule einen Lorbeerkranz.

Zahlreiche Abbildungen, Abzeichen, Orden wie zum Beispiel der Nationalorden der französischen Ehrenlegion, Rüstungen und andere Militaria zeigen Lorbeerkränze.

Nach Wikipedia, abgerufen am 14. November 2019


MP Sehlen Lorbeer Rode Allegorie Friedrich Fuerstenbund 1786 web

Allegorie über Friedrich den Großen mit Lorbeerkranz auf dem Kopf als Gründer des deutschen Fürstenbundes 1785, Gemälde von Bernhard Rode  (1725–1797)

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Ein Ort der Trauer?

Warum gedenken wir bis heute an den Kriegerdenkmälern überall im Land der toten Soldaten und legen Kränze nieder? Immer wieder hören wir das Argument, dass die Menschen einen Ort der Trauer um ihre toten Männer, Söhne und Brüder brauchten und brauchen – auch von Pastoren und Pastorinnen. Lesen wir, was Oberst a.D. Roethe vom Warener Denkmalsverein zur Einweihung des Denkmals 1932 sagte:

»Das Denkmal, vor dessen Hülle wir hier stehen, soll nicht der Trauer dienen. [...] die Toten mahnen uns zur Mannestat, zum Streiten mit unserer ganzen Kraft und allem was wir haben. Denn der Kampf, der in den Augusttagen des Jahres 1914 anhub, ist noch nicht beendet, er wird nur mit anderen Methoden weiter geführt. [...]

Die Toten mahnen auch zum stolzen Selbstbewußtsein und zur Nacheiferung. Was die deutschen Soldaten, und unter ihren unsere Mecklenburgischen Landsleute, in den 4 1/2 Jahren des Weltbrandes vollbracht haben, gehört zum Gewaltigsten, was die Phantasie sich nur ersinnen kann, und die einstige Sage und Geschichtserzählung wird in dem Gesang vom deutschen Helden des Weltkrieges weniger der strategischen Führung des Ganzen als der Tapferkeit und Zähigkeit des Einzelnen gedenken.

[...] das verkörperte Pflichtgefühl, das Pflichtgefühl, das die deutschen Könige und Fürsten in jahrhunderte langer Arbeit der deutschen Seele eingeimpft, das die harte Schule unseres herrlichen Heeres ihr zur zweiten Natur gemacht hatte.

Und du, Du deutsche Jugend, beuge Dein Haupt vor der stillen Heldengröße dieser Männer und bete zu Gott, dem Stärker der Seelen, daß er Dir die Fähigkeit und Kraft verleihe, es einst, wenn Deine Stunde schlägt, es ihnen gleich zu tun.«


Und auch Pastor Lic. Voßberg ist die »wehmütigstolze Erinnerung« nur einen Halbsatz in seiner Predigt wert: »Mit dem, was uns in diesem Augenblick bewegt, wollen wir – vor allem anderen – erst einmal vor Gott treten. Das ist nicht allein die Freude über die Fertigstellung des Denkmals für unsere Gefallenen, sondern die wehmütigstolze Erinnerung an sie und darüber hinaus das Bewußtsein, auch in der Gegenwart ein Volk in Bedrängnis und Kampf zu sein. Es geht um die Entscheidung, ob es überhaupt einen deutschen Staat geben soll oder ob das deutsche Volk der Zersplitterung anheim fällt und fremdstämmige Mächte die Herrschaft über es ausüben sollen. Zwar ist die deutsche Volksseele aufgewacht, aber die Zeichen der Zeit stehen auf Sturm. In dieser Lage richten wir uns an dem Wort der Verheißung auf, daß der Herr seinem Volke Kraft und dadurch Frieden geben will.«

 

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»Der deutsche Soldat«

Oberst a.D. Roethe vom Warener Denkmalsverein: »... überall ist der deutsche Soldat der gleiche geblieben: der tapfere Kämpfer mit dem festen Herzen, der Dulder von unerschütterlicher Zähigkeit, der treue Wächter vor den Toren der Heimat. Nicht an Lohn und Nachruhm dachte er, nur vielleicht in den wenigen stillen Stunden an Weib und Kind, von denen er den Schrecken des Krieges abhalten, an das liebe Heimatstädtchen oder an Haus und Hof, die er vor den plündernden Händen brutaler Kosakenfäuste oder den noch schlimmeren Krallen afrikanischer und indischer Bestien bewahren wollte.«


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»Stadt und Land«

Unter dieser Überschrift meldete die Warener Zeitung am 28. Juni 1932 noch zwei Vorkommnisse:

»Politische Schlägerei. Im Verlaufe einer Schlägerei zwischen politischen Gegnern wurden am Sonnabend abend 2 Nationalsozialisten anscheinend mit harten Gegenständen im Gesicht erheblich verletzt.«

»Die NSDAP, deren gestriger SA-Aufmarsch einen imposanten Verlauf nahm, macht durch Inserat bekannt, daß die heutige Sonnenwendfeier nicht an der Veißneck, sondern an der Gleiwitz stattfindet.«


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I N H A L T
Das Denkmal
»Im grossen Kriege«
»... auf dem Felde der Ehre«
Der Treueeid der Soldaten
»Der Findling ...
Das Eiserne Kreuz

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Welzin

Landkreis Nordwestmecklenburg

Am Ortsausgang Richtung Reppenhagen steht neben dem Abzweig in einen Feldweg dieser graue Findling.

MP Welzin Denkmal web


Er ist das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs, die hier geehrt werden sollen. Der kantige Findling ist auf der Frontseite sehr gerade geschliffen worden, die feine Serifenschrift ist so gut lesbar. Sie ist typisch für die Kriegerdenkmäler im Klützer Winkel, wir haben sie schon in Hohenkirchen und Klütz gesehen. Die Buchstaben und Ziffern werden eingemeißelt und dann schwarz ausgemalt.

Mehr dazu im Kapitel: »Der Findling ...

 

MP Welzin EK Inschrift web


Die Botschaften auf dem Stein beginnen mit einem Eisernen Kreuz als Flachrelief im tiefergelegten Kreis. Dieses militärische Ehrenzeichen wird den toten Soldaten posthum und kollektiv von den Denkmalsstiftern zugesprochen.

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f

 
Mehr dazu im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.


Es folgt die Inschrift:

Im grossen Kriege
1914-1918
blieben auf dem Felde
der Ehre

Mehr im Kapitel »Im grossen Kriege«

Mehr im Kapitel »... auf dem Felde der Ehre«

Mehr zur Vaterlandstreue im Kapitel »Der Treueeid der Soldaten«

 


MP Welzin Namen Widmung web


Es folgen wieder mittig gesetzt die Namen der acht toten Soldaten aus der Gemeinde. Sie werden mit Vor- und Nachnamen genannt und mit Sterbedatum, nach dem sie auch geordnet sind. Ein Soldat gilt ohne Sterbedatum als »vermisst«.


Danach lesen wir die Widmung der Denkmalstifter:

In Dankbarkeit gewidmet
Gemeinde
Welzin-Reppenhagen


Obwohl der 1. Weltkrieg so viele Menschenleben forderte und der Krieg verloren wurde, wird der Kriegstod in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäler als sinnvoll interpretiert, für den man den Soldaten danken muss. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungs- und Dankespflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf und denen man dankbar sein muss.

Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.


MP Welzin Pflaster web

Der bescheidene ländliche Denkmalsplatz aus Feldsteinen.


Wir danken Hannes Palm vom Heimatverein Klützer Winkel e.V. und vom Freundeskreis Alm (Archäologisches Landesmuseum e.V.) für die Fotos des Denkmals.


MP Welzin mit Bank web


Hier noch einige Zeilen aus einem Gedicht von Georg Schwikart, die man lesen kann, wenn man an einem Sommertag auf der Bank neben dem Findling sitzt: 


... Ein Mahnmal mahnt so wenig wie

ein Denkmal denkt und ein Grabmal gräbt

man wollte sie nicht vergessen, die Burschen

man wollte allerdings vergessen die Tränen

der Frauen, Geliebten, der Eltern, Geschwister
verdrängen das Ende: zerschossen, zerfetzt
verhungert, erfroren, von Krankheiten dahin-
gerafft. Neue Kriege, neue Tote, neue

Ehrenmale. Bis heute geht es weiter. Bis heute
erinnert man sich an Johann, Harm und Cornelius,
ihre Namen bleiben, in Stein konserviert.

Sie sollen bleiben. Nicht aber der Satz,

der niemals stimmte: Nicht vor hundert oder
tausend Jahren, nicht in Reich und Republik.

Erklär mir diese Ehre mal!

Der Satz, er prangt am Ehrenmal

wo der Soldaten Tod verbrämt wird

zur Großtat. Gefallen, heißt es verhüllend,
doch wer fällt, kann wieder aufstehn.

Sie bleiben liegen. Es ist noch nicht vorbei.
Opfer für Mars, Indra und den Gott Kapital.
Meißelt ihn weg, er verdummt das Volk,

er bedroht unsere Jugend, der Satz:

Sie starben fürs Vaterland.

Vaterland stirbt, Muttersprache verstummt.
Sie starben ohne Sinn. ....


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»Im grossen Kriege«

»Was diesen Krieg in den Augen der Mitlebenden ›groß‹ werden ließ, war die Tatsache, dass der Erste Weltkrieg ein ›industrialisierter Massenkrieg‹ war, in welchem individuelle Opfer millionenfach gefordert und scheinbar bereitwillig entrichtet wurden. Allein die ungemein blutigen ›Grenzschlachten‹ in Elsass-Lothringen zu Beginn des Krieges brachten höhere Verluste an Soldaten als der gesamte Deutsch-Französische Krieg von 1870/71. Von den zwischen August 1914 und November 1918 weltweit eingesetzten mehr als 60 Millionen Soldaten verloren nahezu zehn Millionen ihr Leben: Auf den Tag gerechnet waren dies 6.000 Soldaten. [...]

Was bedeutete der ›Große Krieg‹ für die Soldaten? Die zu Beginn des Weltkrieges weithin propagierten Ideale der individuellen Tapferkeit und des selbstlosen Einsatzes für das Vaterland wurden rasch obsolet; gefragt waren stattdessen Leidensfähigkeit und Durchhaltevermögen unter extremen und widrigsten Verhältnissen. Der heldenhafte Kampf unter den Bedingungen des Stellungskrieges reduzierte sich auf die Erfahrung von Kälte, Schlamm und Nässe, auf das Ertragen von Ungeziefer und Krankheiten und die verzweifelten Versuche, dem feindlichen Artillerie- und Schrapnellbeschuss zu entkommen. Angesichts des weithin anonymen Massensterbens verlor der Tod des Einzelnen seine ihm zugeschriebene Sinnhaftigkeit, nicht nur deshalb, weil die Körper der Gefallenen häufig bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt waren.

Bemerkenswerterweise stellte grade diese Vorstellung für die Soldaten häufig genug eine traumatische Perspektive dar. ›Durch die Kugel zu sterben, scheint nicht schwer; dabei bleiben die Teile unseres Wesens unversehrt; aber zerrissen, in Stücke gehackt, zu Brei gestampft zu werden, ist eine Angst, die das Fleisch nicht ertragen kann‹ – so lautete die entlarvende Mitteilung eines deutschen Soldaten in einem Feldpostbrief an seine Familie. [...]

Aus der Beliebigkeit des Massentodes entstand eine neue, ungeheuerliche Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben, die fürchterliche Konsequenzen zeigte. Die totalitären Systeme der 1920er und 1930er Jahre mit ihrer Verachtung und Negierung des Individuums, mit ihren wahnwitzigen Zukunftsvorstellungen und technokratischen Visionen waren direkte Folgen dieser elementaren Kriegserfahrung der Zufälligkeit des Überlebens und Sterbens in militärischen Planungszusammenhängen. [...]

Charakteristisch für den Ersten Weltkrieg war aber vor allem die zunehmende Entgrenzung der Kriegführung durch eine weitgehende Missachtung des Kriegsvölkerrechts und die immer wieder festzustellende Aufhebung der Grenzen zwischen Militär und Zivilbevölkerung.«

Zitiert aus dem Beitrag von Gerhard Hirschfeld »Der Große Krieg« für den Deutschen Kulturrat

Kompletter Beitrag auf www.kulturrat.de


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»... auf dem Felde der Ehre«

»Hundert Jahre nach Beginn des großen Schlachtens auf den Feldern, die angeblich die Ehre, wahrhaftig aber Elend und Tod bedeuten, steht der großdeutsche Heldenkitsch noch immer an den Mauern des Franziskanerklosters. Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann, sondern – zumal aus Sicht der Franziskaner – nur der für Gott und seine Liebesbotschaft, für die Zuneigung zum Nächsten und den Frieden in der Welt; dass also ein christlicher Kampf genau das Gegenteil von dem ist, was damals über Europa gebracht wurde.«

kommunal.blogspot.de / Region Aschaffenburg-Miltenberg

 

MP Welzin Kaiser W Feld der Ehre web


1914 stieg die Bildpostkarte zum zentralen Propagandamittel auf. Die Deutschen machten mit - und verschickten zehn Milliarden Exemplare. Kaiser Wilhelm II war sich nicht zu schade als »Posterboy« bei der Kriegswerbung mitzumachen. Beim Motiv »Auf dem Felde der Ehre« steht er allerdings schon am Soldatengrab. Mangels Siegen musste dort »stolze Trauer« ausgedrückt und der Heldenmut der Toten gepriesen werden.

 

MP Welzin Kaiser W Ich habe es nicht gewollt web


Das gleiche Motiv mit neuem Text: »Ich hab es nicht gewollt«. Hört sich nach naiver Reue an, hat aber nichts daran geändert, dass an den Kriegerdenkmälern offen zu Rache und Revanche aufgerufen wurde.

 
Das Feld der Ehre?

Als wir etwas sehen konnten und Zeit zum Nachdenken hatten, wurde mir langsam klar, was für ein schreckliches Szenario sich hier abgespielt hatte. Wir dachten an Begriffe wie »Ehre« und »Ruhm«, die so viele Menschen in ihrer Unwissenheit mit dem Krieg in Verbindung bringen. Sie hätten die Decks der SMS »Broke« am 1. Juni 1916 um 4 Uhr morgens sehen sollen. Da hätten sie gesehen, wie der »Ruhm« und die »Ehre« tatsächlich aussahen. Achtundvierzig unserer Männer waren gefallen und die meisten waren so zugerichtet, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen waren. Weitere vierzig waren sehr schwer verwundet. Ungefähr fünf Stunden lang versuchten wir, alle unsere toten Kameraden zu finden, sie von dem halbzerstörten Mannschaftsdeck zu schleifen und ihre Leichen über Bord zu werfen, damit sie in der tiefen See ihre letzte Ruhe finden konnten. Das waren die »Ehre« und der »Ruhm«, die uns zuteil wurden. Es kommt einem vor wie ein Massenmord. Man fragt sich, wie die Menschen diese Kühnheit aufbringen konnten. Hätten wir nur einmal kurz überlegt, auf was wir uns da einlassen, wären wir niemals in den Krieg gezogen.

• Telegraphist J. Croad, SMS »Broke« in Seeschlacht ohne Sieger, Skagerrak – Jutland 1916. Deutsches Marinemuseum Wilhelmshaven, HG. Stephan Huck


Auf welchem dieser steinernen oder metallenen »Ehrenmale« wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.

Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324


Frank Brendle verfolgt »Das Feld der Ehre« in der deutschen Geschichte für die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.

Drei Zitate: »Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Bedingungen für solche ›heroischen‹ Denkmale denkbar ungeeignet. Die Bundeswehr sucht seit nunmehr zehn Jahren nach Symbolisierungen, die einen ›opferreichen‹ Krieg wie in Afghanistan als ›sinnvoll‹ legitimieren könnten.«

»Besonders ›anfällig‹ ist Kriegspolitik dort, wo sie sich ihrem Kern nähert: Wo sie Tote und Verletzte produziert. Hier muss sie begründen, warum der Krieg ›trotzdem‹ oder ›erst recht‹ sinnvoll sei. Dies geschieht in beträchtlichem Ausmaß mit symbolischen Mitteln: Bundesregierung und Militärs suchen nach geeigneten Zeichen, die dem Töten und Sterben einen (scheinbaren) Sinn verleihen sollen. Prozesse einer solchen Remilitarisierung von Militär und Gesellschaft lassen sich dementsprechend bei Ordensverleihungen, Ehrenmälern und Totenritualen feststellen.«

»Der heroische Extremismus der Nazis hat allerdings für einen Bruch gesorgt. Das zeigt sich in der offiziösen Gedenkformel der BRD ›Für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft‹ ebenso wie in jener der DDR für ›Opfer von Faschismus und Militarismus‹. Beide Formeln wurden auf ganz unterschiedliche Weise ideologisch aufgeladen, aber beide waren sich darin gleich: Deutsche Soldaten haben keine Opfer für irgendetwas Positives gebracht, sondern sie wurden, sofern sie nicht gar Täter waren, Opfer von Gewalt. Das ist kein Ansporn, es ihnen nachzutun und in neue Kriege zu ziehen.«

Krieg um die Köpfe. Das Feld der Ehre (PDF)


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Der Treueeid der Soldaten

Hartmut Häger hat in seinem Buch ›Kriegstotengedenken in Hildesheim‹ (Gerstenberg 2006, S.53f) die Formeln des Fahneneids von 1914 bis heute zusammengestellt:

»Preußische Armee
›Ich (Vor- und Zuname) schwöre zu Gott dem Allwissenden und Allmächtigen einen leiblichen Eid, daß ich seiner Majestät dem König der Preußen Wilhelm II., meinem allergnädigsten Landesherren, in allen und jeden Vorfällen, zu Land und zu Wasser, in Kriegs- und Friedenszeiten und an welchen Orten es immer sei, getreu und redlich dienen, Allerhöchstdero Nutzen und Bestes befördern, Schaden und Nachteil aber abwenden, die mir vorgelesenen Kriegsartikel und die mir erteilten Vorschriften und Befehle genau befolgen und mich so betragen will, wie es einem rechtschaffenen, unverzagten, pflicht- und ehrliebenden Soldaten eignet und gebühret. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum und sein heiliges Evangelium!‹
(Jüdische Soldaten: ›So wahr mir Gott helfe!‹)

Reichswehr
›Ich schwöre Treue der Reichsverfassung und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Deutsche Reich und seine gesetzmäßigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und meinen Vorgesetzten Gehorsam leisten will‹ (bis 2. August 1934)

Wehrmacht
›Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des deutschen heiligen Reiches, Adolf Hitler, dem Obersten Befehlshaber der Wehrmacht, unbedingt Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.‹ (ab 2. August 1934)

Bundeswehr
›Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.‹

Nationale Volksarmee
›Ich schwöre: Der Deutschen Demokratischen Republik, meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen.
Ich schwöre: An der Seite der Sowjetarmee und der Armeen der mit uns verbündeten sozialistischen Länder als Soldat der Nationalen Volksarmee jederzeit bereit zu sein, den Sozialismus gegen alle Feinde zu verteidigen und mein Leben zur Erringung des Sieges einzusetzen.
Ich schwöre: Ein ehrlicher, tapferer, disziplinierter und wachsamer Soldat zu sein, den militärischen Vorgesetzten unbedingten Gehorsam zu leisten, die Befehle mit aller Entschlossenheit zu erfüllen und die militärischen und staatlichen Geheimnisse immer streng zu wahren.
Ich schwöre: Die militärischen Kenntnisse gewissenhaft zu erwerben, die militärischen Vorschriften zu erfüllen und immer und überall die Ehre unserer Republik und ihrer Nationalen Volksarmee zu wahren.
Sollte ich jemals diesen meinen feierlichen Fahneneid verletzen, so möge mich die harte Strafe der Gesetze unserer Republik und die Verachtung des werktätigen Volkes treffen.‹«


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»Der Findling ...

... kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


In den Jahren danach steigert sich der Kult um die »germanischen Steine« noch beträchtlich.

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


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Das Eiserne Kreuz

Anlass der Ordensstiftung war der Beginn der Befreiungskriege gegen die Vorherrschaft des napoleonischen Frankreich in Mitteleuropa, zu denen Friedrich Wilhelm III. kurz zuvor mit seiner am 17. März 1813 gleichfalls in Breslau erlassenen Proklamation An Mein Volk aufgerufen hatte. Auf Grundlage einer Zeichnung des Königs wurde Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer entsprechenden Reinzeichnung beauftragt. [...]

Friedrich Wilhelm III. stiftete 1813 in Deutschland mit dem Eisernen Kreuz eine »Auszeichnung des vaterländischen Verdienstes, das in dem jetzt ausbrechenden Kriege, entweder im Kampf mit dem Feinde oder ausserdem im Felde oder daheim, jedoch in Beziehung auf diesen grossen Kampf um Freiheit und Selbstständigkeit erworben wird«. Damit sollten erstmals alle Preußen dieselbe Auszeichnung ohne Rücksicht auf Stand, Herkunft, Dienstgrad und militärischen Rang erhalten. Unterstützend zu der beginnenden Verleihungspraxis kam hinzu, dass mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht alle Standesunterschiede gefallen waren. [...]

MP Welzin Brandenburger Tor Wikimedia Commons Aleph webFoto: Wikimedia Commons / Aleph

• Eine Nahaufnahme der Quadriga auf dem Brandenburger Tor. Die Göttin Victoria hält im Lorbeerkranz das Eiserne Kreuz.


Das Material dieses Ordens, das Eisen, war symbolträchtig. Im Gegensatz zu vielen anderen üblichen Militärorden dieser Ära wurde beim Eisernen Kreuz bewusst auf wertvolle Materialien verzichtet. Die Auszeichnung aus einfachem schwarzen, mit Silber eingefassten Gusseisen stand für die ritterliche Pflichterfüllung und Zurückhaltung eines preußischen Soldaten und sollte außerdem auf das Eiserne Zeitalter der antiken Mythologie anspielen, das mit dem neuen Krieg beginnen sollte. Der preußische Staat sammelte seit dem 31. März 1813 von wohlhabenden Bürgerinnen und Adeligen Goldgeschmeide im Tausch gegen einfachen Eisenschmuck (»Gold gab ich für Eisen«; »Gold zur Wehr, Eisen zur Ehr«). Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler sieht außerdem einen Bezug zum 1812 entstandenen Vaterlandslied des patriotischen Dichters Ernst Moritz Arndt, das mit den Worten beginnt: »Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte…«

Auch die Form des neuen Ehrenzeichens war symbolisch aufgeladen. Bewusst wurde die Anlehnung an das Balkenkreuz des Deutschen Ordens gesucht: ein schwarzes Tatzenkreuz mit sich verbreiternden Balkenenden auf einem weißen Mantel, wie ihn die Deutschritter schon seit dem 14. Jahrhundert tragen. [...]

Die dritte Stiftung des EK nahm Wilhelm II. beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs am 5. August 1914 vor. [...]

Im Zweiten Weltkrieg führte Hitler das Eiserne Kreuz als Kriegsauszeichnung wieder ein. Etwas dicker gefertigt, erhielt es die Jahreszahl 1939 auf die Vorderseite (1813 kam auf die Rückseite) und in die Mitte das Hakenkreuz. Es wurde nun nicht mehr wie nach preußischer Tradition am schwarz-weißen Band, sondern an einem (von außen nach innen gesehen) schwarz-weiß-roten Band getragen. Die Stiftungen von 1813, 1870 und 1914 schlossen sowohl »Tapferkeit vor dem Feind« als auch Verdienste ohne Kampfeinsatz in die Verleihungsbestimmungen ein. Die Stiftung von 1939 schloss Nicht-Kombattanten erstmals von der Verleihung aus; für sie und für Kombattanten [Kampfteilnehmer] im rückwärtigen Frontgebiet bzw. an der »Heimatfront« wurde das Kriegsverdienstkreuz gestiftet. [...]

 

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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Seit 1945 kam es nicht zur Stiftung einer Kriegsauszeichnung durch einen Bundespräsidenten. [...]

Im Frühjahr 2007 wurde im Deutschen Bundestag eine Petition zur Wiedereinführung des Eisernen Kreuzes als Tapferkeitsauszeichnung der Bundeswehr für die Auslandseinsätze initiiert. Diese Petition wurde innerhalb der vorgeschriebenen Zweimonatsfrist von mehr als 5.000 Personen unterzeichnet. [...]

Der Präsident des Reservistenverbandes, Ernst-Reinhard Beck (CDU), schlug vor, für den Orden die Form des Eisernen Kreuzes zu verwenden. [...] Dies stieß aufgrund seiner Wiedereinführung durch das nationalsozialistische Regime weitgehend auf Ablehnung. Am 6. März 2008 billigte der damalige Bundespräsident Horst Köhler den Vorschlag des Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) zu einem Orden für »außergewöhnlich tapfere Taten«. An eine Wiederbelebung des Eisernen Kreuzes sei aber nicht gedacht, vielmehr an eine Erweiterung des vorhandenen Ehrenzeichens der Bundeswehr. Als Resultat wurde am 10. Oktober 2008 das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit gestiftet. [...]

Andreas Gabalier besang in Mein Bergkamerad »eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt, wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht.« Michael Fischer vom Zentrum für Populäre Kultur und Musik bezeichnete das als »gewollte Provokation«, die kaum ein naiver Zufall sein könne.

Die Agentur für soziale Perspektiven konstatiert: Das Eiserne Kreuz sei neben dem Thorshammer »das am häufigsten gezeigte Symbol der extremen Rechten«. Zwar sei es je nach Kontext »kein explizit rechtes Bekenntnis, doch stets ein Symbol für Militarismus und martialische Männlichkeit.«

Wikipedia, abgerufen am 16.3.2023


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Das Denkmal
Historische Fotos
Tafel in der Kirche St. Georg

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Wiek

Auf Rügen, Landkreis Vorpommern-Rügen

Von vier Seiten kann man über drei Stufen den Denkmalsplatz vor der Kirche St. Georg betreten. Das Denkmal mit viereckigem Grundriss ist aus behauenen Natursteinen nach oben spitz zulaufend gemauert, auf der Spitze sitzt eine steinerne Kugel auf einem stilisierten Eichenkranz. 

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Foto: Andreas Steinhoff / Wikipedia Commons

Kunstvoll herausgearbeitete Muster und ein Eisernes Kreuz im geschmückten Lorbeerkranz sind auf der Vorderseite zu sehen. Auf umlaufenden Bändern die Inschriften:

1914-1918
für Euch

Den Lebenden zum Vermächtnis,
Den Toten zum Gedächtnis
In ehrender Dankbarkeit,
die Kirchengemeinde Wiek


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Foto: Andreas Steinhoff / Wikipedia Commons

Die eingefügte Tafel auf der Vorderseite trägt unter einem Eisernen Kreuz die Inschrift:

In den Weltkrieg / zogen / aus unserer Mitte / für das Vaterland / in Kampf und Tod:

An den drei anderen Seiten sind die Namenstafeln eingelassen.

                MP Wiek Tafel 

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Historische Fotos

Früher war die umlaufende Inschrift schwarz eingefärbt und auf der Rasenfläche hinter dem Denkmal befand sich der Friedhof. Wir sehen hier das Denkmal ohne umstehende Bäume ...

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... und vor der Renovierung:


MP Wiek vor der Renovierung

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Tafel in der Kirche St. Georg

 

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Im Kirchenraum an der Säule gegenüber der Kanzel hängt eine Holztafel mit der Aufschrift:

Pastor Ernst Thimm
geb. am 18. Feb. 1905
gefallen am 17. Sept. 1941
im Osten als Leutnant an der Spitze seiner Kompanie


                MP Wiek Tafel Kirche web


Eingerahmt wird der Text oben von einem christlichen und unten von einem Eisernen Kreuz.

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Das Denkmal
Den »gefallenen Helden«
»Opfer von Krieg und Gewalt«
Das Gedicht
Das Eiserne Kreuz
Der Obelisk

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Wittenförden

Landkreis Ludwigslust-Parchim

Auf dem hoch gelegenen Kirchplatz steht das Denkmal für 39 tote Soldaten des 1. Weltkriegs.

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Es steht nahe dem Backsteinkirchbau, ist aber über eine eigene Treppe von der Straße aus zu erreichen.

 

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Sechs unterschiedliche Steinstufen führen zum Obelisken aus Granitgestein.

 

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Die Inschriften sind nicht immer gut zu lesen. Es ist wohl schwer Buchstaben und Eisernes Kreuz dauerhaft haltbar auf dem glatten Gestein auszumalen.

 

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Die Gestaltung der Frontseite des Obelisken beginnt mit dem militärischen Ehrenzeichen eines Eisernen Kreuzes in doppelter Kontur. Darunter stehen die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:

1914 – 18.

 

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Darunter lesen wir die Widmung:

Ihren im Weltkriege
gefallenen Helden
zum Gedächtnis

Gemeinde
Wittenförden.


Vermutlich nach Ende des 2. Weltkriegs eingefügt, folgen nun die Zeilen:

Gedenkt der Opfer
von Krieg und Gewalt!

 

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Der Granitsockel trägt die zweite Strophe eines Gedichts aus dem 1. Weltkrieg, das in unterschiedlichen Varianten benutzt wurde und wird. Hier in Wittenförden lautet es:

Helden gefallen im Ringen um
Deutschlands Ehre und Sein
nie soll ihr Name verklingen
der Nachwelt wolln wir ihn weihn


Das sind starke Sätze! Treffender wäre vielleicht die Feststellung, dass sie gestorben sind in einem mörderischen Angriffskrieg Deutschlands.

Ralph Giordano schreibt: »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

 

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Den Obelisken umgibt ein Beet mit viel immergrünem, niedrigem Gebüsch. Das Ganze steht auf einem dreistufigen, quadratischen Sockel aus Betonquadern.

 

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An den drei weiteren Seiten des Obelisken werden die Namen und die Todestage der toten Soldaten aufgeführt. Die Listen sind chronologisch nach Sterbedatum geordnet – nach Jahren und innerhalb der Jahre nach Tagen. Manche Familiennamen tauchen mehrfach auf. Ein Soldat von den 39 Genannten wurde vermisst.

 

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Nach den Anfangsjahren des Kriegs 1914 und 1915 mit 15 Namen auf der ersten Seite, folgen nun 1916 und 1917 mit 12 Namen.

 

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Im letzten Kriegsjahr 1918 sind 11 Soldaten zu Tode gekommen, der Elfte sechs Tage nach Kriegsende. Auch der Letztgenannte ist nach Kriegsende am 13. April 1919 gestorben.

 

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Das Denkmal steht in einem wunderbaren Umfeld: große Fachwerkbauernhäuser, ein Teich mit parkähnlichem Gelände und Ruhebänken. Wittenförden ist ein schöner Ort: nur fünf Kilometer von Schwerin entfernt, zwischen den Naturschutzgebieten Grambower Moor und Neumühler See!

 

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Den »gefallenen Helden«

Hartmut Häger schreibt in seinem Buch ›Kriegstotengedenken in Hildesheim‹: Gefallene »... verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.«

»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet«, so sagt es Kerstin Klingel in ›Eichenkranz und Dornenkrone‹.


»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Kriege getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg«, das hat Kurt Tucholsky festgestellt.

 

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»Opfer von Krieg und Gewalt»

Wer ist mit den »Opfern« gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch? Waren eben alle Opfer der »Bestie Krieg«, die ausgebrochen ist, von niemandem verschuldet und von niemandem gewollt? 

Am gleichen Ort, im gleichen Atemzug, der Opfer und der Täter, der potentiellen Mörder, zu gedenken in eine Missachtung der Opfer.

Historiker Klaus Latzel, TU Braunschweig, schreibt in ZEITGeschichte 4/2018: »Die ›Opfer‹ gelten als solche von ›Krieg und Gewaltherrschaft‹. Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden. Was aber könnte an dessen Stelle treten? Denkmäler, so wird heute oft gefordert, sollten die paradoxe Botschaft ausdrücken, dass ihr Sinn gerade darin bestehe, keinen Sinn für den Tod bieten zu können. Die Schwierigkeit, dieser Anforderung gerecht zu werden, liegt letztlich in den Dimensionen des zu erinnernden Tötens und Sterbens selbst begründet. Die ›postheroische‹ Gesellschaft der Bundesrepublik ist ein Kind der Erfahrung, dass sich alle Versuche der Verherrlichung von Krieg und Tod 1945 endgültig desavouriert hatten.«

 

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Das Gedicht

Es steht in leicht veränderten Varianten, oft auch nur die zweite Strophe, auf einigen Kriegerdenkmälern, z.B. in Puchheim/Bayern, in Schellbach/Sachsen-Anhalt oder in Münster/Westfalen. Es findet sich in Kriegsromanen wie z.B. in »Die Opferschale« von 1916 und auf Websites von Neo-Nazis.

Hier eine Fassung, die Heldenverehrung steigert durch Heiligsprechung:

Deutscher entblöße Dein Haupt,
Du stehst an heiligem Orte,
Namen gemeißelt in Stein,
Verkünden gewaltige Worte.

Helden gefallen im Ringen,
um Deutschlands Ehre und Sein,
Nie wird Ihr Name verklingen
Geheiligt soll er uns sein. 

Wir haben den Dichter bis jetzt nicht ausfindig machen können.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Heute sehen wir auf fast jedem Kriegerdenkmal ein Eisernes Kreuz. Es wird hier den toten Soldaten posthum und kollektiv verliehen. Nach Meinung der Denkmalsstifter hat der Kriegstod die Treue und Tapferkeit der Toten bewiesen, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg – nachdem sie noch Massaker an der Zivilbevölkerung Belgiens begangen hatten – zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Der Obelisk

Ein Obelisk ist ein freistehender hoher, nach oben verjüngter Steinpfeiler, der eine pyramidenförmige Spitze hat. Der Obelisk stellte im Alten Ägypten, wie die Pyramide, die steingewordenen Strahlen des Sonnengottes dar und war die Verbindung zwischen der hiesigen und der Götterwelt.

Hartmut Häger schreibt: »Der Obelisk verweist als historisierende Form auf ägyptische, babylonische und assyrische Vorbilder, die als Kultsymbole des Sonnengottes errichtet wurden. Sie galten als Symbol ewigen Lebens. Im 19. Jahrhundert stand er [als Form für ein Kriegerdenkmal] in Konkurrenz zum Findling.«


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I N H A L T
Das Denkmal
Das Vaterland
Der Stahlhelm
Der Friedhof im Wald
Das Schloss
Von Wrangel

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Wrangelsburg

Landkreis Vorpommern-Greifswald

Die Gemeinde Wrangelsburg wird vom Amt Züssow verwaltet. Sie liegt südöstlich der Kreisstadt Greifswald, hat 216 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2015) und ist flächenmäßig die kleinste Gemeinde im Amt.

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Schloss Wrangelsburg ist ein Herrenhaus in Wrangelsburg. Es wurde 1880 errichtet und ist seit 2017 in Privatbesitz. Der Park, der sich entlang des Südufers des Sees hinter dem Schloss erstreckt, wurde Ende des 19. Jahrhunderts zum englischen Landschaftspark erweitert.

Etwas versteckt, rechts vom Hauptweg, steht das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs von Wrangelsburg.

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Es ist ein schlicht aufgestellter, kantiger Findling mit einer geglätteten Frontseite.

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Unter einem Stahlhelm ist dort eine gußeiserne Platte eingelassen.

MP Wrangelsburg Stahlhelm web


Als Symbol für die toten Soldaten wurde ein Stahlhelm mit kräftigem Kinngurt gewählt. Er ist als Relief im tiefergelegten Kreis gearbeitet.

 

     MP Wrangelsburg Tafel ganz web

Auf der Platte mit schmalem Rahmen liest man von zehn toten Wrangelsburger Soldaten. Auf Mitte gesetzt wird jeweils in einer Zeile der Dienstgrad, Vor- und Nachname und die Einheit genannt. Dienstgrad und Einheit in kleinerer Schrift, in den üblichen Abkürzungen. In der vierten Zeile steht:

Ltn.   Hans Henning v. Kameke   Kür. Regt. 2

Da das Herrenhaus erst 1929 durch Erbschaft in den Besitz der Familie von Kameke kam, ist zu vermuten, dass das Denkmal erst nach 1929 errichtet wurde.

 

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Die Überschrift der Namensliste lautet:

AUS WRANGELSBURG STARBEN FÜRS
VATERLAND IM WELTKRIEGE:

Darunter ist ein waagerechtes Schmuckelement eingefügt.

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Ein Foto der Rückseite des Steins zeigt noch einmal, wie versteckt er liegt. Bewohner erzählten uns, dass der Stein früher einen anderen Standort hatte, direkt an der Fahrstraße, näher am Herrenhaus.

 

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Wappen oder Kriegssymbol auf der Rückseite – es ist nicht mehr zu erkennen.

 

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Das Vaterland

Aus Wrangelsburg starben fürs Vaterland: ... verbreitet die Botschaft, die Toten hätten mit ihrem Leben für die Gemeinschaft eingestanden. Sie hätten ihr Leben für das »Vaterland«, für die »Heimat«, für »uns« gegeben:


Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl. Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: »für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.« (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S.78

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

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Der Friedhof im wald

Wenn man weitergeht, erreicht man im Wald, fast am Ende des Sees, die Grabstätte der Familien von Homeyer und von Kameke.

 

MP Wrangelsburg Friedhof Assenmacher Wikimedia Commons web
Foto: Assenmacher / Wikimedia Commons

Ein Neffe des Wolgaster Getreidehändlers August Wilhelm Homeyer erwarb 1862 das Gut Wrangelsburg. Der 1865 in den Adelsstand erhobene Carl Leopold von Homeyer ließ um 1880 das neue Herrenhaus erbauen. Es soll auf dem mittleren Teil des Wrangelschen Schlosses errichtet worden sein. Über dem Obergeschoss des Herrenhauses befindet sich auch heute noch das Wappen der Homeyers: eine Getreidepflanze. 1929 fiel das Herrenhaus dann durch Erbschaft an die Familie von Kameke.

 

MP Wrangelsburg Kreuz web


Auf der anderen Seite des Weges, direkt am Seeufer, steht das Grabkreuz eines Ehepaares. Albrecht Eduard von Kameke / General Landschafts Direktor von Pommern / * 15.4.1831  + 30.5.1897 und Luise von Kameke / geb. von Heydebreck / * 9.11.1834 + 30.7.1898 ist es gewidmet.

Vermutlich hat der Generallandschaftsdirektor von Pommern am Ende des 19. Jahrhunderts den Schlossgarten zum englischen Landschaftspark erweitert.

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Das Schloss

Der damals noch Vorwerk genannte Ort wurde 1426 der adligen Familie von Neuenkirchen als Lehen übergeben. Nach nicht völlig gesicherten Überlieferungen geschah dies zum Dank dafür, dass Rolef von Neuenkirchen, der Herzog Wartislaw VIII 1393 auf einer Pilgerreise nach Jerusalem begleitet hatte, diesem aus einer finanziellen Notlage geholfen haben soll. Nach einem Brand ließ Christoph von Neuenkirchen um 1600 ein vierflügeliges Renaissanceschloss errichten, das im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde. Nach dem Aussterben der männlichen Linie der Familie von Neuenkirchen kam Vorwerk 1643 in den Besitz von Feldmarschall Hermann Wrangel, Generalgouverneur von Livland. Er stammte aus dem alten baltischen Adelsgeschlecht Wrangel. Zweige der Familie bestehen bis heute in Deutschland und im Baltikum.

Sein Sohn Carl Gustav Wrangel, Generalgouverneur von Schwedisch-Pommern, ließ ab 1652 auf den Resten des inzwischen verfallenen Gebäudes ein Barockschloss errichten und nannte es ab 1653 Wrangelsburg. Für den Bau engagierte er den Erfurter Baumeister Casper Vogel.

Während des Schwedisch-Brandenburgischen Krieges wurde das Schloss 1677 beschädigt. Weiteren Schaden richtete 1686 ein Brand an. Das von Wrangels Erben, den Familien Wittenberg und Brahe, nicht mehr instandgesetzte Gebäude kam mit dem Gut 1769 an Malte Friedrich von Putbus. Dieser ließ die brauchbaren Dekorationen des Hauses und des Parks nach Putbus holen und Teile des Schlosses niederbrechen.

Das Schloss wechselte in der Folgezeit mehrfach die Besitzer und das Aussehen.

MP Wrangelsburg 1910 web
Foto: Pommersches Landesmuseum Greifswald

Die Westfassade von Schloss Wrangelsburg mit dem turmartigen Aufbau, 1910.

1929 kam das Herrenhaus schließlich durch Erbschaft in den Besitz von Karz von Kameke. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Besitzer entschädigungslos enteignet und das Gebäude Quartier der Sowjetischen Militäradministration.

nach Wikipedia, abgerufen am 20. März 2019

MP Wrangelsburg Erell Wikimedia Commons 2007 web
Foto: Erell / Wikimedia Commons


1946 wurde es Altersheim und von 1950 bis 1957 war hier ein Jugendwerkhof untergebracht. Anschließend diente es bis 1958 als Pflegeheim. Danach wurde es bis 1997 als Kinderheim genutzt.

Im Jahr 1999 wurde das Gebäude von der Gemeinde gekauft und bis 2012 genutzt, um einem weiteren Verfall entgegenzuwirken. Das Foto oben ist im Jahr 2007 entstanden. In dieser Zeit wurde mit einer Sanierung begonnen. Im Jahr 2012 erwarb der Energiekonzern EWE Schloss Wrangelsburg von der Gemeinde, weil geplant war, nahe Züssow einen großen unterirdischen Gasspeicher zu errichten. Das Haus wollte der Konzern für seine Mitarbeiter nutzen. Dazu kam es aber nicht.

MP Wrangelsburg Renov1 web


Daraufhin kaufte ein Neubrandenburger Unternehmer das Bauwerk für einen siebenstelligen Betrag und lässt es seit dem Sommer 2017 aufwändig sanieren. 


MP Wrangelsburg Renov2 web


Der Park soll weiterhin teilweise öffentlich zugänglich bleiben. Der ursprünglich vorhandene Turm wurde 2018 rekonstruiert und am 5. Juli 2018 auf das Gebäude gesetzt. Diese spektakuläre Aktion kann man sich in einem Film ansehen. Da staunt das Volk!

Film der Dachspitzenmontage


Die deutsche Steuergesetzgebung bevorzugt die Reichen. Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, in dem Vermögen nicht besteuert wird. 1997 wurde die Anwendung der Vermögenssteuer nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ausgesetzt. Die Richter hatten die Methode beanstandet, mit der sie erhoben wurde, nicht die Steuer selbst. Doch es wurde keine veränderte Vermögenssteuer eingeführt. Die Vermögen bis ins kleinste Detail zu erfassen und gerecht zu besteuern ist schwierig. Der Gesetzgeber hat sich für die größere Ungerechtigkeit entschieden und besteuert Vermögen in Deutschland überhaupt nicht mehr. Das Ergebnis? Der Soziologe Sighard Neckel sagt dazu: »Was wir erleben ist eine Refeudalisierung der Gesellschaft.« Deutschland hat wieder einen Adel: den Geldadel!


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Von Wrangel

Ein Nachfahre der alten deutschbaltisch-schwedisch-pommerschen Offiziersfamilie Wrangel ist der preußische Generalfeldmarschall Friedrich Freiherr von Wrangel, ab 1864 Graf von Wrangel, geboren am 13. April 1784 in Stettin, gestorben am 1. November 1877 in Berlin.

Weniger als Heerführer – der Historiker Hans-Ulrich Wehler nennt ihn in Bezug auf den Feldzug von 1864 »völlig inkompetent« – denn als Berliner »Original« mit »drastischem Witz«, um das sich zahlreiche Anekdoten ranken, ging er in der preußischen Restaurationszeit nach 1849 ins kollektive Gedächtnis ein. Dabei wird häufig übersehen, dass er zeitlebens einen strikt militärischen, gegenrevolutionären Standpunkt vertrat und sich durch die Niederschlagung der Revolution von 1848 historisch profilierte. Der liberale dänische Literat Georg Brandes, ein feiner Beobachter der gesellschaftlichen Verhältnisse Preußen-Deutschlands in der Gründerzeit, kam so zu folgender Bewertung des alten Feldmarschalls:

»Wenn man hört, dass sich Kaiser Wilhelm bei der Enthüllung des Goethe-Denkmals zurückhielt, bei der des Wrangel-Denkmals aber einfand – Wrangel, dieser alte gestiefelte Kater, der immer mit Bonbons in den Taschen herumlief und die Berliner Straßenjugend hinter sich herzog und der nur merkwürdig war mit seinen neunzig Jahren und seinem unglaublich naiven und ungrammatikalischen Deutsch –, dann ist das allgemeinmenschlich gesehen schockierend, vom Standpunkt der deutschen Militärmonarchie ist es logisch. [...] Diesem alten Wrangel, der ein Haudegen und kein Heerführer war, wohnte der Geist inne, der Preußen groß gemacht hat. Als sein Sohn als junger Offizier in seinem Leichtsinn Schulden gemacht und schließlich den Namen des Vaters unter einen Wechsel gesetzt hatte, ging er in seiner Verzweiflung zu ihm und bat um Hilfe. Da antwortete der Alte: ›Du hast dich ehrlos betragen; ich betrachte dich nicht mehr als meinen Sohn‹. Als der Sohn fragte, was er denn jetzt noch habe, lautete die Antwort: ›Du hast deine Pistolen‹. Der Sohn ging hin und erschoss sich. Wie die deutsche Monarchie eingerichtet ist, trug in der Tat der Geist des alten Wrangel mehr als Goethes dazu bei, sie zusammenzuzimmern und ihr diese eigentümliche Atmosphäre zu verleihen.«

nach Wikipedia, abgerufen am 20. März 2019


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I N H A L T
Das Denkmal
»Fürs Vaterland fielen ...«
Die Tafeln zum 2. Weltkrieg
Aus der Geschichte
»1919 - Allen Opfern - 1989«
Das »Kriegspaket«
»Die Söhne des Ortes«
Ritterkreuzträger
Das Eiserne Kreuz

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Wredenhagen

Kreis Mecklenburgische Seenplatte

An der Hauptstraße vor der weißgeputzten Kirche von 1802 steht, in die Böschung hneingebaut, die kleine Denkmalsanlage für die toten Soldaten des 1., mit einer Ergänzung zum 2. Weltkrieg.

MP Wredenhagen Kirche web


Eingerahmt von hohen Buchsbäumen wölbt sich eine geschwungene Stützmauer aus bunten Bruchsteinen hinter den Gedenksteinen. Drei flache Stufen führen zu dem leicht erhöhten Denkmalsplatz. Jeweils zwei Granitpfosten, mit Eisenketten verbunden, begrenzen die Treppe.

 

MP Wredenhagen weit web


Der zentrale Stein ist ein großer, abgeflachter Findling. Er steht auf einem zweistufigen, mehreckigen Sockel, der aus rötlichen Granitplatten konstruiert worden ist.

 

MP Wredenhagen Denkmal web


Der Findling überragt die Stützmauer, sodass die aufgesetzte Skulptur vor der weißen Kirchenmauer gut zu sehen ist.

 

MP Wredenhagen oben mit EK web


Die Steinskulptur besteht aus allerlei Kriegsgerät und einem Stahlhelm, sozusagen als Krönung. Weiter unten können Sie weitere Ansichten dieser Bildhauerarbeit betrachten.

 

MP Wredenhagen Widmung web


Gleich darunter sehen wir ein weiß konturiertes Eisernes Kreuz auf schwarzem Quadrat. Das militärische Ehrenzeichen wird den Soldaten hier posthum und kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist, nach Meinung der Denkmalsstifter, die durch den Tod besiegelte besondere Treue und Tapferkeit.


»Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg, 2006, S.33

Das Eiserne Kreuz in Wredenhagen ist eingerahmt von den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs. Darunter lesen wir die Inschrift:

FÜRS VATERLAND FIELEN
AUS WREDENHAGEN-NEUKRUG

Es folgen 32 Namen von Soldaten mit ihrem Todestag.

MP Wredenhagen Namen web


Die Namen sind chronologisch nach Todestag geordnet. Fast gleichmäßig über die Kriegsjahre verteilt, ergeben sich folgende Zahlen: die letzten vier Monate des Jahres 1914 = 4, 1915 = 9, 1916 = 7, 1917 = 5 und 1918 = 7 tote Soldaten. Die Vermissten sind mit einem großen »V.« gekennzeichnet, auch für sie ist ein genauer Todestag angegeben.

 

MP Wredenhagen 19 89 web


An der oberen Stufe lesen wir die Inschrift:

1919 – Allen Opfern – 1989
von Krieg und Gewalt

Diese große Zeitspanne ist sehr ungewöhnlich, umfasst sie doch die Zeit der Weimarer Republik, den Nationalsozialismus mit dem 2. Weltkrieg und, mit der Jahreszahl 1989, noch ein Staatssystem, das der DDR. Eine gleichmachende Aneinanderreihung erscheint uns doch sehr gewagt.

 

MP Wredenhagen beide web


Hier sehen wir schon die vier schwarzen Steinplatten zum 2. Weltkrieg, sie werden weiter unten beschrieben.

 

MP Wredenhagen seitlich web


Die Anlage von der Seite. Sie ist in den Abhang hineingebaut.

 

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»Fürs Vaterland fielen ...«

»Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

 

»›Gefallenendenkmal‹ verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.22

 

»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100


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Die Tafeln zum 2. Weltkrieg

Bei der bisher letzten Erweiterung der Denkmalsanlage wurden die Plastersteine des Platzes und die Treppe erneuert. Dem Findling wurden versetzt jeweils zwei schlichte schwarze Steinplatten zur Seite gestellt.

 

MP Wredenhagen 2WK links web


Die Kopfzeilen sind auf jeder Seite gleich:

Zum Gedenken
1939

2. Weltkrieg
1945

Darunter werden über die vier Tafeln verteilt in alphabetischer Reihenfolge 64 Namen aufgelistet. In einer klaren weißen Schrift sind sie mittig gesetzt worden.

 

MP Wredenhagen 2WK rechts web


Es werden 59 Männer und 5 Frauen genannt. Ob die Frauen zivile Todesopfer sind – womöglich sind dann auch männliche zivile Opfer darunter? – oder Kriegsbeteiligte wie Lazarettschwestern oder Ähnliches, erfahren wir nicht. Was wir sagen können: es sind deutsche Namen. Keine toten Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter aus anderen Nationen, die es womöglich in Wredenhagen auch gab.


»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld

 

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Aus der Geschichte

2012 sah die Gedenkanlage noch ganz anders aus. Die schwarzen Steinplatten zum 2. Weltkrieg waren noch nicht aufgestellt, allerdings wurde bereits auf dem rötlichen Granitsockel der Opfer bis 1989 gedacht, man schloss also Opfer der SED-Regierung ein. 

MP Wredenhagen 2012 web

 

An der Kante zum Denkmalsplatz lehnten damals rechts und links zwei Steinplatten. Darauf wurde jeweils an zwei Orte von bedeutenden Schlachten des 1. Weltkriegs erinnert:

Tannenberg   Lemberg
Arras   Verdun

Steine mit denselben Namen sind bis heute am Denkmal neben der Kirche in Vipperow zu sehen. In unserer Dokumentation können Sie Näheres über die Bedeutung dieser Schlachten erfahren. Vipperow liegt auch im Kreis Mecklenburgische Seenplatte.

Kriegerdenkmal zum 1. Weltkrieg in Vipperow


Es ist also zu vermuten, dass in Wredenhagen nach der »Wende« der Findling in einem ersten Schritt auf den zweistufigen Granitsockel mit der weißen Inschrift gesetzt wurde und in einem zweiten die Steinplatten zum 2. Weltkrieg aufgestellt und die Steine mit den Schlachten entfernt wurden.


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»1919 - Allen Opfern - 1989

... von Krieg und Gewalt

Diese große Spanne ist sehr ungewöhnlich, wir wissen nicht, was sich die Wredenhagener dabei gedacht haben, siehe oben. Wir beziehen uns deshalb mit unserem Kommentar auf den 2. Weltkrieg und fragen: Wer ist mit den »Opfern« gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch? Waren eben alle Opfer der »Bestie Krieg«, die ausgebrochen ist, von niemandem verschuldet und von niemandem gewollt?

Die Aussage »Allen Opfern von Krieg und Gewalt« zu Füßen eines Kriegerdenkmals mit dem militärischen Ehrenzeichens eines Eisernen Kreuzes, Kanonen, Stahlhelm usw. verursacht Unbehagen in der heutigen Zeit, in der man von den Verbrechen der deutschen Wehrmacht weiß. Ist die Interpretation, mit »Opfer« seien alle Kriegsopfer, nicht nur Soldaten, sondern auch die Opfer des deutschen Faschismus vor dem Krieg: Jüdinnen und Juden, die Menschen im Widerstand, Sinti und Roma, sogenannte Behinderte ... gemeint, die Lösung? Der Historiker Klaus Latzel lehrt an der Technischen Universität Braunschweig. Er meint dazu in ZEITGeschichte 4/2018:

»Nach diesem Krieg und nach der erneuten Niederlage war an eine positive Sinnstiftung oder gar Verklärung des Kriegstodes, den zudem nun auch viele Zivilisten gestorben waren, nicht mehr zu denken. Die bundesdeutsche Erinnerung behalf sich mit einem abermaligen Rückgriff auf die Opferidee: Der ›Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft‹ zu gedenken wurde allmählich zur Standardformel. [...] Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden.«

 

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Das »Kriegspaket«

Allerlei Kriegsgerät, Kanonenrohre, Torpedos, Trümmer und Stoffbahnen sind zu einem wirren Haufen zusammengepackt.

 

MP Wredenhagen Skulptur hinten web


Wenn der Stoff nicht wäre, könnte man meinen, die Teile hätten sich bei einem gewaltigen Feuer miteinander verbunden.

 

MP Wredenhagen Skulptur2 web


Wie auf einem weichen Kissen liegt das martialische Paket auf dem Findling.

 

MP Wredenhagen Skulptur3 web


Obenauf, als wollte er auch noch die Kriegsreste schützen, liegt ein Stahlhelm. Neben dem militärischen Ehrenzeichen ›Eisernes Kreuz‹ ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern.

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Laut dem Historiker Jürgen Kraus konnten nun die Soldaten »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.«

Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

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»Die Söhne des Ortes«

Wikipedia nennt unter dem Stichwort »Wredenhagen« die »Söhne und Töchter des Ortes«. Töchter gab es dann keine, aber drei Söhne:

• Hans von Passow (1827 – 1896), preußischer General
• Gottfried v. Lücken (1883-1976), Archäologe u. Universitätsprofessor
• Fritz Christen (1921-1995), Angehöriger der Waffen-SS


Wir wissen nicht, ob sich die Wredenhagener mit ihm und seiner schrecklichen Geschichte auseinandergesetzt haben. Wir wollen ihn aber hier vorstellen – es ist eine »Geschichtsstunde« über die SS:

Die Schutzstaffel (SS) war eine nationalsozialistische Organisation in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus, die der NSDAP und Adolf Hitler als Herrschafts- und Unterdrückungsinstrument diente. In ihren Verantwortungsbereich fielen ab 1934 Betrieb und Verwaltung von Konzentrations-, ab 1941 auch von Vernichtungslagern, sie war sowohl an der Planung wie an der Durchführung des Holocausts und anderer Völkermorde vorrangig beteiligt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 27.12.2019

Lesen Sie hier mehr

 
»Fritz Christen (29. Juni 1921 in Wredenhagen - 23. September 1995 in Neusorg, Oberpfalz) war ein SS-Oberscharführer der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg. Er war der erste Ritterkreuzträger der Waffen-SS aus den Reihen der Mannschaftsdienstgrade.

Der Sohn eines Forstarbeiters und gelernte Schmied Christen trat 1940 als Freiwilliger in die Waffen-SS ein. Im Rang eines SS-Sturmmannes gehörte Christen beim Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 im Bereich der Heeresgruppe Nord zur 2. Kompanie der SS-Panzerjäger-Abteilung der SS-Division Totenkopf, wo er als Richtschütze einer 5-cm-PaK 38 zum Einsatz kam. Während der Abwehrschlacht bei Lushno nördlich von Demjansk (24. September bis 29. September 1941) schoss er am ersten Tag einer sowjetischen Offensive sechs Panzer im Nahkampf ab. Bei einem neuerlichen Angriff von zehn sowjetischen Panzern am nächsten Tag wurde die gesamte übrige Geschützbedienung getötet. Christen überlebte schwer verwundet, setzte sieben weitere Panzer außer Gefecht und tötete fast einhundert sowjetische Soldaten, was den Durchbruch der gegnerischen Verbände nach Demjansk verhinderte. Auf Vorschlag des Divisionskommandeurs Theodor Eicke wurde Christen daraufhin am 20. Oktober 1941 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Adolf Hitler nahm die Auszeichnung persönlich vor. Die nationalsozialistische Propaganda zeigte den jungen Ritterkreuzträger in der 588. Wochenschau (10. Dezember 1941) beim Besuch der Eltern und inszenierte Christen als Vorbild des ›heroischen‹ und zugleich ›bodenständig‹ gebliebenen SS-Kämpfers. Von November 1941 bis Februar 1942 absolvierte er eine Unterführerausbildung zum SS-Unterscharführer an der SS-Unterführerschule Radolfzell. Als SS-Oberscharführer kam er an die SS-Unterführerschule Lauenburg und später zurück in seine Stammeinheit. Als Angehöriger der 3. SS-Panzer-Division ›Totenkopf‹ geriet er im Mai 1945 zunächst in amerikanische, später in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1955 entlassen wurde.«

Wikipedia, abgerufen am 14. September 2020

 

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Ritterkreuzträger

»Am Tag des deutschen Überfalls auf Polen erneuerte Adolf Hitler am 1. September 1939 die Stiftung des Eisernen Kreuzes, welches als preußisch-deutsche Tapferkeitsauszeichnung in 2. und 1. Klasse von 1813 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 an deutsche Soldaten verliehen wurde und dessen Mitte nunmehr ein Hakenkreuz prägte. Mit der Erneuerung 1939 wurde als höchste Auszeichnung des Eisernen Kreuzes das Ritterkreuz neu eingeführt, das in Form und Gestaltung den beiden ersten Klassen glich, in der Abmessung jedoch etwas größer ausfiel. Getragen wurde es als Halsorden am Band in den alten monarchischen Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot.

Die Verleihungsberechtigung des Ritterkreuzes für herausragende Tapferkeit und erfolgreiche Kampfführung lag bei Hitler persönlich. Verliehen werden konnte es unabhängig vom Dienstgrad, Voraussetzung war allein der Besitz des Eisernen Kreuzes 2. und 1. Klasse. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Ritterkreuz insgesamt 7.313 Mal an Angehörige von Wehrmacht und Waffen-SS verliehen. [...]

Die NS-Propaganda wurde nicht müde, den Ritterkreuzträgern als Vorbild für deutsche Tapferkeit und selbstlosen Kampfeinsatz zu huldigen. Im NS-Regime genossen sie ein Höchstmaß an Ansehen und Popularität mit eigenen Autogrammkarten.«

Arnulf Scriba für das Deutsche Historische Museum

Lesen Sie hier den kompletten Text

 

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SS-Division Totenkopf

In den Nürnberger Prozessen 1946 wurde die NSDAP mit allen Untergliederungen, also auch der SS, zur »verbrecherischen Organisation« erklärt.

SS-Mann oder Staffelmann war die Sammelbezeichnung für alle vollberechtigten Mitglieder der Schutzstaffel bis einschließlich des Reichsführer SS. Der SS-Mann der Allgemeinen SS versah seinen Dienst dort ehrenamtlich und freiwillig, wobei das Prinzip der Freiwilligkeit generell für alle Organisationsbereiche der SS galt.

Fritz Christen war Mitglied der SS-Division Totenkopf, die 1942/43 unter dem SS-Obergruppenführer Theodor Eicke an der Kesselschlacht von Demjansk beteiligt war.

»SS-Division Totenkopf« ist der Name des Frontverbandes, der seinen Ursprung in den 1933/34 aufgestellten KZ-Wachverbänden hatte, die seit 1936 unter dem Namen »SS-Totenkopfverbände« zusammengeschlossen waren und deren Aufgabe der Betrieb und die Bewachung der Konzentrationslager war. Die Totenkopf-Division der Waffen-SS wurde wesentlich aus den Wachmannschaften der KZs rekrutiert.

Weitere Informationen auf Wikipedia:

SS-Division Totenkopf

SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Theodor Eicke

Kesselschlacht von Demjansk


1955 wurde Fritz Christen aus sowjetischer Gefangenschaft entlassen. Er gehört somit zu der Gruppe der Kriegsgefangenen, deren Freilassung Konrad Adenauer bei einem Besuch in Moskau erreicht hatte.

Lesen Sie mehr darüber in einem Betrag des Deutschlandfunks


Schon fünf Jahre nach Kriegsende, 1955, hatte die Evangelische Kirche die Freilassung der Kriegsgefangenen wie auch der verurteilten Kriegsverbrecher gefordert:

MP Wredenhagen Kirchenforderung 1950 web
Landeskirchliches Archiv Kiel


Eugen Gerstenmeier, Theologe, bis 1951 Leiter des Evangelischen Hilfswerks und 1954-1969 Bundestagspräsident gratulierte und dankte Adenauer nach seiner Rückkehr:

»Innenpolitisch war Adenauer der Gewinner der Moskauer Reise. Seine Popularitätswerte erreichten nie gekannte Höhen, seine Ankunft am Kölner Flughafen am 14. September wurde als Triumph inszeniert. Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier war der erste Gratulant:

›Herr Bundeskanzler, ich bin sicher, im Namen des ganzen deutschen Volkes zu sprechen, wenn ich Ihnen als Präsident des Deutschen Bundestages den herzlichen Glückwunsch und den Dank des deutschen Volkes dafür ausspreche, dass Sie die Kriegsgefangenenfrage im Osten glücklich gelöst haben. Wir danken Ihnen!‹«

Deutschlandfunk, Kalenderblatt vom 13.9.2015


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Der Adler
1946: Der Befehl Nr. 30 der Alliierten Konrollbehörde
Historisches Foto
Erinnerung an Bruno Jackley
Der Kapp-Putsch
Der Bildhauer Hans Kies
Wo ist die Bronzefigur heute?
Die Initiative von Edgar Offel

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Wusterhusen

Landkreis Vorpommern-Greifswald

Auf einer großzügigen Grünfläche an der Wolgaster Straße befindet sich die Denkmalsanlage für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus dem Kirchspiel Wusterhusen. Der Mittelpunkt ist ein vier Meter hoher mehrstufiger Obelisk aus unterschiedlichem Gestein.

MP Wusterhusen Rund web


Der Obelisk erhebt sich in einem lockeren Kreis aus Heckenbuchen. Im inneren Kreis stehen 10 Stelen mit den Namen der toten Soldaten.

MP Wusterhusen gesamt web


Der Obelisk steht erhöht auf einem Erdhügel, der mit Feldsteinen befestigt wurde. Feine, schmale Steinplatten kombiniert mit grob gerundeten, breiten Granitplatten sind unter und über dem Widmungssockel übereinander gelegt.

 

MP Wusterhusen Widmung web


Die Inschrift lautet:

Unsern im
Weltkriege 1914-18
gefallenen Helden
die dankbare Heimat.

Kirchspiel Wusterhusen

 

MP Wusterhusen Spitze web


Die Spitze des Obelisken aus rötlich-gelben Granit ist raffiniert gedreht und trägt oben die Sitzplatte des flügelschwingenden Adlers.

 

MP Wusterhusen links web


Um das Denkmal herum sind 12 flache Steine aufgestellt, jeweils 115 cm hoch und 57 cm breit.

 

MP Wusterhusen rechts web


Auf den Steinen werden die Namen und Sterbedaten der Soldaten des Kirchspiels Wusterhusen aufgezählt, geordnet nach den einzelnen Ortschaften. Wir zeigen hier beispielhaft drei Steine.

 

     MP Wusterhusen Stein1 web

     MP Wusterhusen Stein2 web

     MP Wusterhusen Stein3 web


Die Ortschaften heißen außer Wusterhusen: Lubmin, Stilow, Brünzow, Pritzwald, Katzow, Nonnendorf, Gustebin, Kräpelin und Gahlkow.

 

MP Wusterhusen hinten web


Das ist der Blick von der alten Schule von schräg hinten auf das Kriegerdenkmal. Hinter der Schule liegt die Johanneskirche mit dem Friedhof. Auf der anderen Seite der Wolgaster Straße, dem Denkmal gegenüber, befindet sich das denkmalgeschützte Ensemble der Pastoratshäuser: das Pfarrhaus mit Scheune und Brunnen und das Pfarrwitwenhaus mit Stall. 

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Foto: Wikimedia Commons / Assenmacher

Das Denkmal im schneereichen Winter 2013.

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Die Inschrift

Unsern gefallenen Helden: Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

»Gefallenendenkmal« verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. Ralph Giordano rät deshalb, »gefallen« durch »umgebracht« zu ersetzen.
Neben diesem offenkundigen Euphemismus schränkt der Begriff »Gefallener« den Inhalt auf den Bedeutungsbereich ein, der im Englischen mit »killed in action« bezeichnet wird. Die deutsche Sprache bevorzugt auch dafür einen schönfärbenden Ausdruck: »im Felde gefallen« oder »auf dem Felde der Ehre gefallen«. Nicht auf ein »Gefallenendenkmal« gehörten demnach alle, die beim Beschuss der Unterkunft, im Lazarett, auf dem Transport oder in Gefangenschaft ums Leben kamen.

 zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd. S. 60/61


Die dankbare Heimat: Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland [die Heimat] von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl. Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: »für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.« (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.

Ebd. S.78

Auf welchem dieser steinernen oder metallenen »Ehrenmale« wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.

Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324

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Der Adler

Der Adler ist als »der mächtigste König im Luftrevier« (Anfang des »Seeräuberlied«, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes. In der griechischen Mythologie ist er ein Attribut des Gottes Zeus. Als heraldisches Symbol diente er von 1433 bis 1806 den Kaisern des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen sowie deutschen Königen, Herzögen und Markgrafen als Wappenbild.

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137


1946 wird der Befehl Nr. 30 der Alliierten Konrollbehörde herausgegeben, nach dem kriegsverherrlichende Botschaften und Symbole auf deutschen »Ehrenmälern« zu entfernen sind. Ende der 40er Jahre sind also fast alle Adler, Stahlhelme, Schwerter etc. von den Denkmälern in der Sowjetischen Besatzungszone verschwunden. Die älteren Wusterhusener erzählen, dass »ihr« Adler in einem der Dorfteiche liegt. 1990, nach der »Wende«, war der Reichsadler in Wusterhusen wieder erwünscht. Ein Katzower Künstler bekam den Auftrag ihn herzustellen. Auf dem Kriegerdenkmal steht er nun stolz, in aufrechter Haltung auf der Spitze des Obelisken. Die Schwingen sind in senkrechter Stellung geöffnet.

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1946: Der Befehl Nr. 30

... Die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone gibt am 5. 5. 1946 die Richtlinien für die Beseitigung faschistischer und militärischer Denkmäler heraus. Danach müssen alle Denkmäler militärischen Charakters beseitigt werden, sofern sie nicht besonderen künstlerischen Wert besitzen.

Ein gesondertes Kapitel befasst sich mit den Kriegerdenkmälern, darin heißt es:

»Da sie als Erinnerung für die Gesamtheit der in den Kriegen Gefallenen gelten, muss jeder Eingriff mit starken Rückwirkungen auf die Bevölkerung rechnen. Zu beseitigen sind auch hier all jene Denkmäler usw. die Aufforderungen zur Rache, zum erneuten Kriegseinsatz, Verherrlichungen des Krieges usw. enthalten. Dies trifft nicht zu für Kriegerdenkmäler, die vor 1860 entstanden sind, da sie fast immer bescheiden in der Haltung sind und fast ausnahmslos einigen künstlerischen Wert besitzen. Kriegerdenkmäler nach 1918 sind fast ausnahmslos wertlos. Ihre Beseitigung ist anzuregen, falls nicht in Sonderfällen künstlerischer Rang vorliegt. Denkmäler mit künstlerischem Wert sind einem Museum zu übergeben. Die Säuberungsaktion soll als Willensausdruck breiter Schichten des Volkes vorgenommen werden.« Infolge der Richtlinien sind zunächst Listen zu erstellen gewesen. ...

Am 13. Mai 1946 wird der Befehl Nr. 30 der Alliierten Kontrollbehörde herausgegeben. Das ist eine Woche nach dem Rundschreiben der Deutschen Zentralverwaltung. Hier heißt es im Abschnitt Kriegerdenkmäler:
»Bei ihnen ist eine verbotene Absicht im Sinne des Befehls dort gegeben, wo durch angebrachte Inschriften, Embleme oder bildhafte Darstellungen über den Charakter des Totenmals hinaus dem Denkmal usw. ein militärischer Sinn gegeben wird. Als solche Inschriften gelten z.B. ›Vorwärts für Kaiser und Reich‹, ›Im Felde unbesiegt‹, ›Unseren siegreichen Helden‹, ›Ihr habt doch gesiegt‹ u.ä.m., als Darstellungen gleichen Inhalts sind anzusehen z.B. Darstellungen von Soldaten, die stürmen, marschieren, Handgranaten werfen, eine Fahne hochhalten, mit einem Ungeheuer ringen, Darstellungen, in denen ein Soldat an einen anderen eine Waffe weitergibt, u.ä.m. Auch einfache Wiedergabe von Waffen und Ausrüstungsgegenständen kann hierzu gezählt werden.« Ebenfalls wird eine Erstellung von Listen zur Erfassung aller Kriegerdenkmäler, bevor an deren Beseitigung herangegangen wird, gefordert.

Auf Grundlage des Befehls Nr. 30 der Alliierten und der Richtlinien der Deutschen Zentralverwaltung sind die schon erwähnten Listen der Jahre 1946/47 entstanden.

Deren Auswertung ist bis zum heutigen Tage noch nicht vollständig abgeschlossen. Es lässt sich aber feststellen, dass ca. 900 - 1000 Ehrenmale erfasst sind. Dazu kommen dann die bereits vor dem II. Weltkrieg vernichteten Kriegerdenkmäler und sicher auch noch ein Teil kleinerer Denkmäler die aus den verschiedensten Gründen nicht erfasst wurden.

Ende der 40er Jahre sind also fast alle Adler, Stahlhelme, Schwerter etc. von den Denkmälern [in der SBZ] verschwunden. Einzelne, vor allem figürliche Denkmäler sind vernichtet oder magazinisiert worden. Im nächsten Jahrzehnt erfolgte eine Welle der Umwidmungen. Ehemalige Weltkriegsdenkmäler oder auch nur ihre stehengebliebenen Sockel werden zu VVN-, OdF- oder personellen Denkmälern.

Zitiert aus dem Vortrag von Margrit Schimanke gehalten auf einer Konferenz der Geschichtswerkstatt Rostock e.V. in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung, April 1996, Seite 4-5

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Historisches Foto

In früheren Zeiten betrat man die Denkmalsanlage durch eine zweiflügelige weiße Holzpforte. Ein Sandweg führte zum Denkmal, und auch der runde Platz war bis zu den Namensstelen mit Sand bedeckt. Die Stelen überragten die Buchenhecke.

 

     MP Wusterhusen Alt web

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Erinnerung an Bruno Jackley

Zitiert aus »Bestandsaufnahme politischer Memoriale des Landes Mecklenburg-Vorpommern«, Dr. Wolf Karge, Hugo Rübesamen, Dr. Andreas Wagner, 1998, S. 478:

Auf dem Friedhof von Wusterhusen ruht Bruno Jackley. Während des Kapp-Putsches hatten sich die Landarbeiter von Wusterhusen bewaffnet, um die Republik zu verteidigen. Auf die Nachricht der Ermordung von fünf Greifswalder Arbeitern hin beschloß das Aktionskomitee in Wusterhusen, das Greifswalder Wasserwerk in Dietrichshagen zu besetzen, um die städtischen Arbeiter im Streik zu unterstützen. Doch ihr Angriffsplan war verraten worden, so daß es am 21. März 1920 zu einem erbitterten Gefecht kam. Mehrere Landarbeiter gerieten in Gefangenschaft und wurden von den Putschisten mißhandelt. Der 18jährige Landarbeiter Bruno Jackley war durch einen Unterleibsschuß schwer verletzt und wurde durch Gewehrschläge auf den Kopf ermordet.

Der Deutsche Landarbeiterverband setzte Bruno Jackley einen schlichten Grabstein. Auf dem Dorfplatz stellte man in der DDR eine Plastik des Berliner Künstlers Hans Kies auf, die nach 1990 abgebaut wurde. An das Denkmal erinnert nur noch eine fast unscheinbare Gedenktafel (34 mal 50 cm) auf dem Boden. Die Inschrift lautet:

Zu Ehren / der heldenhaften Kämpfer / gegen den Kapp-Putsch / und zur Erinnerung an / Bruno Jackley

 

MP Wusterhusen Tafel web

Foto: Wikimedia Commons / Assenmacher

Bei unserem Besuch in Wusterhusen 2018 trafen wir ehemalige Bewohner, die ihrem Geburtsort einen Besuch abstatteten. Sie waren empört darüber, dass der Adler 1990 wieder auf das Kriegerdenkmal gesetzt und gleichzeitig die Plastik für Bruno Jackley entfernt worden war.


... und so sah die Bronzefigur »Bewaffneter Arbeiter« von Hans Kies, 1966/70, signiert »Kies, Guss, Lauchhammer 1967« aus:


     MP Wusterhusen Skulptur Hans Kies web

Foto aus: Gedenkstätten der Arbeiterbewegung im Bezirk Rostock, Herausgeber: Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung bei der Bezirksleitung Rostock der SED und vom Bezirksvorstand Rostock der Gesellschaft für Sport und Technik.
Zweite von der Kommission örtliche Arbeiterbewegung überarbeitete Auflage 1973. S. 28

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Der Kapp-Putsch

Der Kapp-Putsch, auch Kapp-Lüttwitz-Putsch, vom 13. März 1920 war ein nach 100 Stunden gescheiterter, konterrevolutionärer Putschversuch gegen die nach der Novemberrevolution geschaffene Weimarer Republik. Anführer war General Walther von Lüttwitz mit Unterstützung von Erich Ludendorff, während Wolfgang Kapp mit seiner »Nationalen Vereinigung« nur eine Nebenrolle spielte.

Der Putschversuch brachte das republikanische Deutsche Reich an den Rand eines Bürgerkrieges und zwang die sozialdemokratischen Mitglieder der Reichsregierung zur Flucht aus Berlin. Die meisten Putschisten waren aktive Reichswehrangehörige oder ehemalige Angehörige der alten Armee und Marine, insbesondere der Marinebrigade Ehrhardt, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in reaktionären Freikorps organisierten, sowie Mitglieder der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Einen großen Anteil am Scheitern des Putsches hatte, neben der bewaffneten Gegenwehr der Proletarier und Uneinigkeit der Militärs über die eigentliche Zielsetzung des Putsches, unzweifelhaft der Generalstreik – der größte in der deutschen Geschichte.

Gründe für den Putsch waren die Republikfeindlichkeit sowie die Frustration vieler früherer Soldaten, die nun in etwa 120 Freikorps organisiert waren. Konkreter Auslöser war am 29. Februar die Verfügung von Reichswehrminister Gustav Noske, die Marinebrigade Ehrhardt aufzulösen, da am 10. Januar 1920 der Versailler Friedensvertrag in Kraft getreten war, welcher das deutsche Heer auf 100 000 Mann sowie die Marine auf 15 000 Mann beschränkte. Dies bedeutete einen massiven Personalabbau der etwa 400 000 Mann starken Reichswehr von 1919, die meisten der damaligen Freikorps sollten aufgelöst werden. In diesem Punkt spielten aber die Führer der Freikorps nicht mit; die politischen Generäle waren nicht gewillt, auf die Instrumente ihrer politischen Macht zu verzichten und so kam es zu dem militärischen Staatsstreich vom 13. März 1920.

nach Wikipedia, abgerufen am 6. August 2018

 

MP Wusterhusen Bundesarchiv Bild 119 1983 0025 Kapp Putsch Berlin web

Foto: Bundesarchiv 119-1983-0025

• März 1920: Einzug der Marinebrigade Ehrhardt in Berlin, Berlin wird besetzt. Die Soldaten der Brigade pausieren mit der Kriegsflagge der Kaiserlichen Marine.


Lesen Sie mehr bei:

Gelsenzentrum

Wikipedia

Lebendiges Museum online


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Der Bildhauer Hans Kies

Hans Kies, geboren am 4. Dezember 1910 in Kolberg; gestorben am 4. Juni 1984 in Berlin, war ein deutscher Bildhauer und Politiker (KPD, SED). Er lernte nach dem Besuch der Volksschule in Berlin den Beruf des Maschinenschlossers. Als Arbeiter besuchte er eine Abendschule und gehörte einem Zirkel von Arbeiterzeichnern an. 1926 wurde er Mitglied des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes. Später trat er der Revolutionären Gewerkschafts-Opposition bei. Er wurde 1929 Mitglied der KPD.

Ab 1931 studierte Hans Kies an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst (der späteren Staatlichen Hochschule für bildende Künste) in Berlin-Charlottenburg. Das Studium beendete er 1939. Anschließend ging er zum Militär, leistete seinen Dienst von 1940 bis 1945 und ging danach nach Usedom, wo er von 1945 bis 1950 Bürgermeister von Zinnowitz war. Nebenher arbeitete er als freier Künstler, ab 1950 freischaffend. 1958 wurde er Stadtverordneter von Berlin.

Hans Kies gehörte dem Künstlerkollektiv an, das von 1955 bis 1958 die Denkmäler im Konzentrationslager Buchenwald schuf. 1960 errichtete er am Friedhof der Märzgefallenen in Berlin-Friedrichshain das Denkmal »Roter Matrose«, welches an die Gefallenen der Novemberrevolution 1918 erinnern soll. Ebenfalls von ihm stammt die Karl-Marx-Gedenkstätte in Alt-Stralau von 1964. In Schwerin schuf er 1965 das Relief für die »Gedenkstätte verdienter Kämpfer für Demokratie und Sozialismus«. Von 1964 bis 1968 war er Zirkelleiter im Haus der jungen Talente in Berlin und im Kulturhaus der Automobilbauer in Ludwigsfelde.


MP Wusterhusen Bundesarchiv Bild 183 D0329 0013 001 Hans Kies web

Foto: Bundesarchiv_Bild_183-D0329-0013-001

• 1965 bei einer Ausstellungseröffnung. Von rechts: Prof. Otto Nagel, Vizepräsident der Deutschen Akademie der Künste, Bildhauer Hans Kies und Johanna Grotewohl

Ab 1969 wurde Hans Kies Dozent an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Hans Kies gehörte dem Präsidium des Verbandes Bildender Künstler der DDR an und war Vorsitzender des Bezirksvorstandes Berlin.

Nach Wikipedia, abgerufen am 6. August 2018


MP Wusterkusen Gedenktafel Kapp Putsch Wikimedia Commons OTFW Berlin web

Foto: Wikimedia Commons / OTFW, Berlin

Gedenktafel zum Kapp-Putsch in der Friedlander Straße 156, Berlin-Adlershof. Die Skulptur »Der Kämpfer« von Hans Kies wurde 1970 eingeweiht. Sie ist eine Kopie der Bronzefigur »Bewaffneter Arbeiter«, die 1967 für Wusterhusen gegossen wurde.

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Wo ist die Bronzefigur heute?

Auf der Website der Mecklenburger Antikdiele in Neustrelitz kann man sie unter dem Menüpunkt »Deko-Interieur« betrachten und für 22 000 Euro kaufen.

mecklenburger-antikdiele.de/grosse-bronzefigur-bewaffneter-arbeiter-von-hans-kies


MP Wusterhusen Angebot web
MP Wusterhusen Angebot text web


Im Begleittext auf der Website wird die Herkunft genannt:

MP Wusterhusen Angebot E Text web

 

Wie es aussieht, ist sie Anfang der 90-ern an einen Greifswalder »Kunsthändler« verkauft worden. Jedenfalls taucht sie in der Denkmalliste des Kreises Ostvorpommern von 1996 nicht mehr auf. Die  Landkreise hatten nach dem Denkmalschutzgesetz MV von 1991 die Aufgabe, bis 1996 alle Denkmäler zu erfassen. (Eine Liste der Denkmäler des DDR-Kreises Greifswald habe ich bisher nicht gefunden.)

zitiert nach dem Beitrag »Ein Denkmal taucht wieder auf« von Edgar Offel auf seiner Website:

wuhu.offelnet.de

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Die Initiative von Edgar Offel

Edgar Offel interessiert sich für die Denkmäler seiner Heimatstadt Wusterhusen.


Er schreibt dazu auf seiner Website

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Heldentod
Findlinge
Die Deutsche Eiche
Der Amtskurier

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Zehlendorf

Landkreis Rostock

Unter einer mächtigen Eiche steht ganz dicht am Stamm das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs.

MP Zehlendorf Eiche ganz web


Eiche und Denkmal stehen auf einem annähernd dreieckigen Rasenplatz in der alten Dorfmitte.

MP Zehlendorf Rieseneiche web


Sie waren einmal von einem Zaun umgeben, von dem jetzt nur noch die eisernen Pfeiler und Streben übrig geblieben sind.

MP Zehlendorf Denkmal web


Das Denkmal steht auf einer kleinen Erhöhung, drei Stufen führen zu den Findlingssteinen. Der untere, fast viereckige, ist ein perfekter Sockel, der obere, in Dreiecksform, steht gut darauf. Auf ihm sind die Inschrift und die Namen der Soldaten zu lesen.

Am großen Wirtschaftsgebäude im Hintergrund sieht man noch den Hausschatten der alten Busstation. Dort steht jetzt eine schicke neue aus Glas und schwarzem Stahl. Am Denkmalsplatz ist nämlich auch Zehlendorfs Bushaltestelle.

MP Zehlendorf Stein web


Die Inschrift und die Namen sind kaum noch zu lesen, aber da sie dokumentiert sind, können wir sie hier bekanntgeben.

 

MP Zehlendorf Spitze web


In der Spitze ist ein Eisernes Kreuz in Kontur abgebildet. Darunter die Inschrift:

Weltkrieg 19 14/18
Es starben den Heldentod

Die Jahreszahlen sind als Bruch dargestellt.

 

MP Zehlendorf Korrektur web


Darunter die Namen und der militärische Dienstgrad von sieben Soldaten aus Zehlendorf, die im Krieg zu Tode gekommen sind.

Ernst Burmeister    Res. Jäg. Bat. 14
Adolf Krüger          Res. Inf. Regt. 78
Karl Greve             Gren. Regt. 89
Paul Brümmer        Art. Regt. 9
Hans Peters           Inf. Regt. 402
Hermann Bohn       Gren. Regt. 89
Wilhelm Löscher     Landw. Inf. Regt. 31

Die Dienstgrade, die uns wie böhmische Dörfer vorkommen, kannte damals jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.

MP Zehlendorf Kinderkarte web


Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: »Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.« In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

»Lerne vom Militär!« – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe »mit einem einzigen Ruck zu geschehen« und müsse »klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade«, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im »Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt« müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und »zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren«.

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45


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Zurück nach Zehlendorf: 

MP Zehlendorf hinten web


Auf der Rückseite des Denkmals sieht man, wie perfekt der entstandene Raum zwischen den Findlingen ausgefüllt wurde.

 

MP Zehlendorf Dorfstrasse web2


Ein letzter Blick ins Dorf!

 

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Der Heldentod

»Sie starben den Heldentod« steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.


Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese »Opferhelden« werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, »Vaterlandsliebe«, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die »Leistung für das Gemeinwesen« anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. WK. bei). »Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.« (Kurt Tucholsky)

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden

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Findlinge

Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...]

Findlinge sind große (Granit-)Steine aus der heimatlichen Landschaft. Die Denkmalstifter holten sie oft selbst aus der Heide oder aus dem Harz mühevoll herbei. Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 134. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

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Die deutsche Eiche

Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Das Eichenlaub ist ein politisches und militärisches Symbol sowie eine Figur in der Heraldik, das den gelappten Laubblättern von in Mittel- und Südeuropa heimischen Eichenarten nachempfunden ist. Die Blätter können getrennt oder an einem Zweig angeordnet dargestellt sein.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Aus diesem Grund findet man Eichenlaub oft auf Orden, Symbolen und Münzen, so beispielsweise als Erweiterung des Ordens Pour le Mérite sowie auf dem Eisernen Kreuz. Während des Zweiten Weltkrieges gab es zudem das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub. Seit 1957 ist es Vorschrift, dass Orden aus der Zeit des Nationalsozialismus nur noch ohne das damals – bis auf wenige Ausnahmen – obligatorische Hakenkreuz getragen werden dürfen. Dieses wurde daher beim Eisernen Kreuz sowie dessen Erweiterungsstufen – wie bei den ersten Eisernen Kreuzen aus der Zeit der Befreiungskriege – durch drei Eichenblätter ersetzt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 

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Das Eiserne Kreuz auf dem Denkmal zur Völkerschlacht bei Leipzig in Sagard auf Rügen.

Den Anlass der Ordensstiftung gaben die beginnenden Befreiungskriege gegen die Vorherrschaft des napoleonischen Frankreich in Mitteleuropa, zu denen Friedrich Wilhelm III. kurz zuvor mit seiner am 17. März 1813 gleichfalls in Breslau erlassenen Proklamation »An mein Volk« aufgerufen hatte. Auf Grundlage einer Zeichnung des Königs wurde Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer entsprechenden Reinzeichnung beauftragt. Wörtlich heißt es dazu:

»Se. Königl. Maj. haben beschlossen, für die Dauer des jetzigen Krieges eine eigenthümliche Auszeichnung des Verdienstes eintreten zu lassen. Sie soll in einem schwarzen in Silber gefaßten Kreuz aus Gußeisen bestehen, und dessen Vorderseite ganz glatt und ohne alle Inschrift bleiben, die Kehrseite aber zu oberst den Namenszug FW mit der Krone, in der Mitte drey Eichenblätter, unter die Jahreszahl 1813 enthalten. Se. Maj. haben allerhöchstselbst die anliegende Zeichnung davon entworfen, und wünschen eine sauber ausgeführte Zeichnung.«

 

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Foto: Wikimedia Commons / Concord

Das Emblem der DDR mit Eichenlaub über dem Eingang zum Opernhaus in Leipzig.

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Der Amtskurier

Immerhin hat es das Zehlendorfer Denkmal 2016 auf die Titelseite des Amtskuriers geschafft ... und siehe da: das alte Bushäuschen! Hier steht es noch!

 

MP Zehlendorf Amtskurier web


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I N H A L T
Das Denkmal
Verwendete Begriffe
Der Stein für die Soldaten des 2. Weltkriegs
Die Holztafel in der Kirche
Die Kirche St.-Jacobus

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Zirchow

Auf Usedom, Landkreis Vorpommern-Greifswald,

St. Jakobus, die Feldsteinkirche in Zirchow, auf einem steil aufstrebenden Hügel mitten im Dorf gehört zu den ältesten Bauwerken auf der Insel Usedom. Eine eigene, fast überdiemsionierte Steintreppe führt über 17 Stufen zum Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs.

     MP Zirchow Auto web


Die Durchfahrtsstraße ist viel befahren, viele Blicke werden an den auffälligen Treppenstufen entlang zum Denkmal hochwandern.

 

     MP Zirchow Treppe web


Für das kleine Monument sind Feldsteine verschiedener Größen, Formen und Farben vermauert worden.

 

MP Zirchow Denkmal 1WK web


Es sieht ein bisschen aus wie eine russische Matruschka, die rundliche Form teilt sich in Kopf (Widmungstafel), Bauch (Namenstafel) und Füsse (Sockel).

 

MP Zirchow Denkmal 1WK Tafel oben web


Die eingelassene Granitplatte schmückt oben ein Eisernes Kreuz mit preußischer Königskrone, dem »W« für König Wilhelm II., der in dritter Stiftung das Eiserne Kreuz als militärisches Ehrenzeichen 1914 erneuert hatte. Darunter ein Halbkranz aus ehrendem Eichenlaub mit verspielter Schleife. Beides sind zarte, flache Reliefs aus Bronze.

Unten eingerahmt wird das Eichenlaub von den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:
1914       1918

Unten die Widmung:
Unseren
im Weltkrieg gefallenen
Helden
zum Gedächtnis

 

MP Zirchow Denkmal 1WK Tafel 2 web


Im Mittelteil ist eine weitere Granitplatte eingelassen auf der in zwei Spalten 16 Namen von toten Soldaten aufgezählt werden. Sie werden mit Vor- und Nachnamen und Todesdatum genannt. Geordnet sind sie auf den ersten Blick nach Todesdatum, aber ganz stimmt die Reihenfolge nicht. auch bei den Namen scheint etwas durcheinander geraten zu sein: aus Wilhelm Nahorn auf der »Ehrentafel« in der Kirche ist auf dem Denkmal Wilhelm Dahern geworden. Die wohl von Anfang an nicht sehr professionell gravierten Buchstaben haben beim Nachmalen teilweise ihre Form verloren.

 

     MP Zirchow seitlich web


Das Denkmal ist geschickt in den Hang hineingebaut. An der vorderen Seite sind an den Ecken größere Feldsteine eingebaut, die zwei weitere Namen tragen.

MP Zirchow Behn 1WK web


Albert Behn wird auch auf der »Ehrentafel« in der Kirche genannt.

 

MP Zirchow Buchholz 1WK web


Der tote Hermann Buchholz wurde wohl erst später gemeldet, in der Kirche wird er nicht genannt.

 

MP Zirchow von oben web


Der steile Berg von oben gesehen.

 

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Verwendete Begriffe

Helden / Heldentod:
»Sie starben den Heldentod« steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.


Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese »Opferhelden« werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, »Vaterlandsliebe«, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die »Leistung für das Gemeinwesen« anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. W.K. bei). »Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.« ( Kurt Tucholsky)

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden

Gedächtnis / Gedenken:
Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

Vaterland:
Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl.

• Ebd., S. 78

Auf welchem dieser steinernen oder metallenen »Ehrenmale« wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.

Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324

Für Krone und Vaterland:
»Mit Gott für König und Vaterland« ist ein preußischer Wahlspruch. Diese Postkarte aus dem Jahr 1917 bildet ihn ab: Krone und Vaterland, von Gott geschützt.

MP Zirchow Karte web


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Der Stein für die Soldaten des 2. Weltkriegs

Zwischen Denkmal und Kirchentür wurde auf einer kleinen gepflasterten Fläche ein kantiger heller Stein aufgestellt.

 

MP Zirchow beide web


Eine Eiche – vielleicht zu diesem Zweck gepflanzt? – beschattet die dunkle, locker aufgesetzte Bronzetafel. Oder: auf der Tafel werden vier Männer mit dem Nachnamen »Eichmann« genannt, vielleicht hat ihre Familie für sie die Eiche gepflanzt.

 

MP Zirchow 2WK web


In einer klassischen Serifenschrift mit erhabenen Buchstaben heißt es in der Widmung:

ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER
DES ZWEITEN WELTKRIEGES
UND DESSEN FOLGEN

 

     MP Zirchow Tafel 2WK web


Nun werden 34 Namen genannt. Wer erwartet, dass auch Frauen unter den Opfern des 2. Weltkriegs sind, sieht sich getäuscht: es sind 34 Männernamen.

Wer ist mit den »Opfern« gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch oder ausschließlich, wie es für diese Tafel in Zirchow vermutet werden kann? Waren alle Opfer der »Bestie Krieg«, die ausgebrochen ist, von niemandem verschuldet und von niemandem gewollt? Nicht erfasst werden hierbei auch die Opfer des Deutschen Faschismus vor dem Krieg: Jüdinnen und Juden, die Menschen im Widerstand, Sinti und Roma, Schwule und Lesben, sogenannte Behinderte ...

Und ist mit »... und dessen Folgen« die nationalsozialistische Gewaltherrschaft gemeint oder die Flucht und Vertreibung aus den sogenannten Ostgebieten? Bei beidem müssten auch Frauennamen auftauchen.
 

Die »Opfer« gelten als solche von »Krieg und Gewaltherrschaft«. Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden. Was aber könnte an dessen Stelle treten? Denkmäler, so wird heute oft gefordert, sollten die paradoxe Botschaft ausdrücken, dass ihr Sinn gerade darin bestehe, keinen Sinn für den Tod bieten zu können. Die Schwierigkeit, dieser Anforderung gerecht zu werden, liegt letztlich in den Dimensionen des zu erinnernden Tötens und Sterbens selbst begründet. Die »postheroische« Gesellschaft der Bundesrepublik ist ein Kind der Erfahrung, dass sich alle Versuche der Verherrlichung von Krieg und Tod 1945 endgültig desavouriert hatten.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 101

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Die Holztafel in der Kirche

Eine reich verzierte zweifarbige Holztafel ist dort für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aufgehängt worden. Es werden darauf nun für Zirchow 14 Namen genannt und insgesamt 31 für die Orte Corswandt, Dargen, Kutzow, Ulrichshorst, Bossin, Görke und Cachlin. Es gibt einige Unstimmigkeiten mit der Namensliste auf dem Denkmal vor der Kirche, aber das ist sicher der chaotischen Nachkriegszeit geschuldet. Die Namen auf der Kirchentafel sind jedenfalls perfekt nach Sterbedatum geordnet.

 

     MP Zirchow Tafel Kirche web

Oben ist die Tafel, zwischen den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs, mit einem stilisierten Kranz und Stahlhelm mit verschlungenem Kinnriemen geschmückt.

Unten lesen wir zwischen zwei Darstellungen von Eisernen Kreuzen:

SIE STARBEN DEN HELDENTOD
FÜR KRONE UND VATERLAND

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Die Kirche St.-Jacobus

Sie ist der älteste erhaltene Kirche auf Usedom. Auf dem Foto ist der gewaltige kirchenschiffsbreite Westturm zu sehen. Er hat ein Feldsteinuntergeschoss und einen eingezogenen, verbretterten Aufsatz mit schiefergedeckter Spitze.

MP Zirchow Sankt Jakobuskirche Wikimedia Commons Przykuta
Foto: Wikimedia Commons / Przykuta

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