TRADITIONEN WERDEN GEPFLEGT

Kriegerdenkmäler in Schleswig-Holstein

»Die Auseinandersetzung mit den Denkmälern gehört zu unserer Erinnerungskultur. Dabei wird sichtbar, dass wir auch als Kirche lernen, die eigenen Verstrickungen in die Geschichte von Krieg und Gewalt kritisch zu beleuchten. Die Erinnerung ist notwendig, um in der Gegenwart Versöhnung zu leben und auch in Zukunft dem Frieden zu dienen.

Unter dem Motto: ›Erinnern – Erkennen – Gestalten‹ greift die Evangelische Akademie Hamburg einen Appell der Synode der Nordkirche auf, sich kritisch mit den vielen hundert Ehrenmalen im Lande auseinanderzusetzen.

Gerade die vielen öffentlichen Ehrenmäler zum ersten Weltkrieg zeigen den damals prägenden Einfluss nationalistischer und auch nationalsozialistischer Ideologie. Ehrenmale zum Zweiten Weltkrieg stehen nicht selten noch unter dem Einfluss der Formensprache jener Zeit.«

Gothard Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein


Die in den Dörfern und Städten Schleswig-Holsteins zahlreichen Kriegerdenkmäler sind oft im Zentrum des Ortes aufgebaut oder in eigene Grünanlagen integriert. Die häufig zu findenden Namenstafeln getöteter Soldaten, die der persönlichen Erinnerung dienen sollen, sind gleichwohl mit den verbreiteten Deutungen versehen: Verehrung der Soldaten als Helden, Verklärung ihres Todes als Opfer für König und Vaterland und Legitimation des Krieges bestimmen diese Denkmäler. Aufrufe zum Frieden und gegen Krieg finden sich eher selten. Soweit bekannt, werden diese Kriegerdenkmäler fast überall am Volkstrauertag für die traditionellen Rituale des Gedenkens genutzt. Einige sind weitgehend unbeachtet, zum Beispiel der überlebensgroße »Held« in Eckernförde und selbst Einheimischen nicht immer bekannt.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von 

Ahrensburg   Bünningstedt   Hoisbüttel

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.


I N H A L T
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Das Denkmal
Historische Fotos
Das Eiserne Kreuz
Der Stahlhelm
Kaiser Wilhelm I.
1915: Die Nagelung des Eisernen Kreuzes
1928: 600 Jahrfeier
Die KZ-Gedenkstätte
Der Todesmarsch
Der neue Film »Verdrängen und Erinnern«
Wegzeichen

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Ahrensbök, Kreis Ostholstein

Vor der Marienkirche, kein Kirchgänger kann es übersehen

Das Kriegerdenkmal ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet.

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Foto: Genet / Wikimedia Commons

Ein großes dreidimensionales Eisernes Kreuz steht auf der Spitze des Denkmals aus hellem Granit.

 

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Vom Weg zum Kirchportal führen Steinstufen zum Denkmal. Ein dreigliedriger flacher Sockel trägt die hohe eckige Säule.

 

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Auf der Säule in tiefergelegten Feldern ist die Widmung zu lesen:

UNSEREN TOTEN

An den Seitenflügeln des Sockels stehen die Jahreszahlen der Weltkriege:

1914–1918        1939–1945

 

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In der Mitte des Sockels in einem runden Medaillon ist ein Stahlhelm auf Eichenlaub im Relief zu sehen.

Das Eiserne Kreuz als militärische Ehrenzeichen und die Darstellung von Stahlhelm und ehrendem Eichenlaub lassen keinen anderen Schluss zu: mit »Unseren Toten« sind in Ahrensbök tote Soldaten gemeint.

In Deutschland starben im 1. Weltkrieg über 2 Millionen deutsche Soldaten und 700 000 Zivilisten.

Die Toten des 2. Weltkriegs: Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern, die meisten davon Zivilisten, u.a. 30 Millionen Sowjetbürger, 6 Millionen Polen, 2 Millionen Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen Juden, zu denen noch 1,3 Millionen ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen. Deutschland zählte etwa 6,3 Millionen Tote, darunter fast 5,2 Millionen Soldaten und 1,1 Millionen Zivilisten.

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Bei unserem Besuch 2019 waren wir erstaunt über die vielen Blumen auf Kränzen und Gestecken und die privaten Worte auf den Schleifen (»Danke für Deine Liebe«). Wir erfuhren, dass es hier üblich ist, überzählige Trauerbezeigungen von Bestattungen am Kriegerdenkmal abzulegen. Ist das ein guter Brauch?

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Historische Fotos

SH Ahrensboek Kirche KK Archiv web2Foto: Kirchenkreisarchiv Gleschendorf

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Auf dem unteren Foto sieht man sehr schön den dreieckig gestalteten Aufgang zum Denkmal. Die Aufnahme ist vor der Erweiterung nach dem 2. Weltkrieg entstanden.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:

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Der Stahlhelm

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der neue Helm aus Stahl wurde entwickelt, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


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Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms M35 in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.

Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.

»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Vorstandsmitglied Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«

Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum


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Kaiser Wilhelm I.

Am 22. März 1897 feiert man überall im Deutschen Reich den 100. Geburtstag des Kaisers Wilhelm I., der wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung von Kaiser Wilhelm II. nun zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde. In Ahrensbök steht seine Bronzebüste auf einem hohen Granitsteinsockel.

SH Ahrensboek Kaiser Wilhelm I Denkmal Genet WC webFoto: Genet / Wikimedia Commons


Die Inschrift auf dem Steinsockel lautet:

Dem Andenken
unserer Kaisers
Wilhelm I.
1891.

SH Ahrensboek Wilhelm Spruch web

Auf dem kleinen Sockel der Büste steht:

Ich habe
Keine Zeit mehr müde zu sein

Das soll Wilhelm I. im hohen Alter gesagt haben. Eine 1891 geschaffene Gruppe des Bildhauers Michel Lock zeigt den in einem Lehnstuhl sitzenden sterbenden Kaiser Wilhelm I. mit dem Todesengel. Michel Lock nannte sein Werk. »Ich habe keine Zeit müde zu sein«. Genau wie bei dem Denkmal in Ahrensbök steht der Spruch auf dem schmalen Sockel unter der Skulptur. Die Ahrensböker fügten ein »mehr« dazu.

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Das Modell war 1896 auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt worden. Lock wurde dafür von Kaiser Wilhelm II. mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet. Die Jahreszahl 1891 in der Inschrift auf dem hohen Sockel in Ahrensbök bezieht sich dann wohl auf das Entstehungsjahr der Skulptur von Michel Lock und hat nicht direkt mit Wilhelm I. zu tun.

Überall im Land wurden Kaiser Wilhelm I. zu Ehren Denkmäler enthüllt, zum Beispiel auch in Trittau. Dort hat die Stiftung Geschichtskultur ein erläuterndes Schild aufgestellt:

»Wilhelm I.
• Geboren am 22.3.1797 als Sohn von König Friedrich-Wilhelm III. von Preußen und Königin Luise
• Niederschlagung der Revolution 1848 (›Kartätschenprinz‹)
• König von Preußen 1861 - 1888
• Deutscher Kaiser 1871 - 1888
• Gestorben 1888. Ihm folgt Friedrich III. (99-Tage-Kaiser) und im gleichen Jahr Wilhelm II. (1888 - 1918)

Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck haben ihr Jahrhundert geprägt. Um beide entstand nach ihrem Tod eine kultische Verehrung. Kaiser Wilhelm II. förderte den Kult um seinen Großvater, für den zu dessen 100. Geburtstag das riesige Nationaldenkmal in Berlin, etwa 350 Denkmäler in deutschen Städten und zahlreiche Gedenksteine, [...], eingeweiht wurden.«

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Ausschnitt einer alten Postkarte aus den ersten Jahren des Wilhelm-I.-Denkmals. Sie wird im Heimatmuseum von Ahrensbök gezeigt.


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In späteren Jahren sehen wir Kaiser Wilhelm I. mit repräsentativem Aufgang, der sich nicht bis heute erhalten hat.


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... und zum Schluss noch der Blick von oben nach unten!


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1915: Die Nagelung des Eisernen Kreuzes

Klaus Zutz beschreibt die Nagelung: »Man beauftragte den in Ahrensbök ansässigen Kunstmaler Wilhelm Krützfeld ein großes Bild zu malen, worauf er eine Ansicht Ahrensböks mit der Umsetzung des Namens (Adler und Buche) sowie das Eiserne Kreuz mit Wappenschild darstellte. Während eines Festes unter der Friedenseiche auf dem Lornsenplatz in Ahrensbök am 26. September 1915 wurde das Bild der Bevölkerung vorgestellt; gleichzeitig sollte durch die Einnahmen des Nagelverkaufs für die Nagelung des Eisernen Kreuzes den Verwundeten geholfen werden.

Pastor Namenhauer berichtete damals in der Kirchenchronik: ›Die Feier nahm am 26. September [1915] 3 1/2 Uhr mit einem Feld- und Festtagsgottesdienst auf dem Lornsenplatz ihren Anfang. Nachdem die hiesigen Vereine und Körperschaften sowie auch die Schulkinder mit ihren Fahnen um die Friedenseiche Aufstellung genommen hatten, erklang unter Musikbegleitung von Musikern der Kieler Marinekapelle als Einleitung des Gottesdienstes das Niederländische Dankgebet über den Platz hinaus. Dann betrat Pastor Namenhauer das Podium unter der Eiche und hielt (...) die Festpredigt. (...) Gemeinschaftlicher Gesang, Gebet und Segen beendeten die stimmungsvolle Feier. Nach einer kleinen Pause brachte zunächst Herr Fabrikant Hartmann als Vorsitzender des Bürgervereins ein Hurra auf unser Heer und Flotte, unsere Heerführer, unsere Bundesfürsten und S. Majestät den Kaiser aus. Dann begann die Nagelung. Das von Herrn Wilh. Krützfeld hierselbst für diesen Zweck erstellte und künstlerisch ausgeführte Bild fand allgemeine Anerkennung. Es zeigt das Wahrzeichen Ahrensböks, die alte Buche mit einem Aar (Adler) auf einem Ast sitzend, auf einem Schild das Eiserne Kreuz: im Hintergrund sieht man unsere Marienkirche und unsere Volksschule.

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Den ersten Nagel schlug Herr Fabrikant Hartmann als Vorsitzender des Bürgervereins ein mit den Worten: Heil und Sieg unserer Armee und unserer Flotte. Dann folgte Herr Pastor Namenhauer mit den Worten: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein, hierauf Herr Forstassessor Hayessen für den Flottenverein, Herr Ratsherr Jungclaussen für unsere Stadtvertretung. Dann folgten die verschiedenen Vereine mit ihren Vertretern und Privatpersonen. Die meisten Nägel wurden mit hübschen Sinnsprüchen eingeschlagen und viele Anwesende nahmen freudig Anteil an der Bestätigung vaterländischer Liebe und Dankbarkeit gegen unsere Krieger und spendeten gerne ihr Scherflein. In kurzer Zeit waren 2.000 Mark für die Nagelung gezeichnet.‹«

Klaus Zutz fasst ergänzend aus der Kirchenchronik zusammen: »Nägel à 10 Mark, 1 Mark und 50 Pfennige konnten auf dem Lornsenplatz gekauft werden. Gegen 6 Uhr leerte sich der Platz, nachdem noch die Schulkinder verschiedene Lieder gesungen hatten. Abends fand eine Nachfeier im Hotel Germania statt, wobei wiederum die Kieler Marinekapelle mitwirkte. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Bis in späte Stunde wurde gefeiert.

Der Ertrag aus der Nagelung wird nach Abzug der Unkosten an die Blinden- und Krüppelheime für unsere Soldaten abgeführt, beschloß der Bürgerverein. Dieses alte Bild, von einer Größe von ca. 1,80 Meter Höhe und etwa 1 Meter Breite auf Holz gemalt, war lange Jahre in unserer Kirche eingelagert gewesen, bis der Förderverein Heimatmuseum der Großgemeinde Ahrensbök es als Dauerleihgabe von der Kirchengemeinde erhielt.«


Unser Dank geht an Klaus Zutz für seinen Bericht.


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1928: 600 Jahrfeier

Pfingsten 1928 feierte Ahrensbök sein 600-jähriges Bestehen. Pastor Dahm erstellte dafür ein »Büchlein«. Wir zitieren daraus:

»Inzwischen ist der Sturm weltgeschichtlicher Ereignisse von neuem auch über unseren Ort gebraust. Die Namen der im Weltkriege Gefallenen auf den Ehrentafeln in unserer Kirche zeigen, daß auch unser Ort das Seine dazu beigetragen hat, die Heimat vor einem Krieg auf heimatlicher Erde zu bewahren. Nach dem Krieg ist wieder eine neue Zeit gekommen. Neue Gedanken und neue Ziele kamen wie mächtige Naturgewalten auch über unser stilles Land. Das fühlen wir alle: Etwas Neues ist im Werden. Aus dem Trümmerfeld der alten baut sich eine neue Weltgeschichte auf. Und wenn im Sommer die Flugzeuge über unserem Ort ihre Bahnen ziehen, – ganz gewiß, sie muten uns wirklich an, wie Prediger einer neuen Zeit.

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Was aber tut uns not in einer Zeit, die so, wie unsere jetzt, im Werden ist? – Ich denke ein Geschlecht, daß das alles nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich erlebt, nicht nur mit den Augen und Ohren, sondern auch mit Herz und Seele. Es gibt aber nichts, was den Blick für die gestaltenden Kräfte der Gegenwart so sehr schult, wie das Forschen und Nachsinnen über die Kräfte, die die Vergangenheit gestaltet haben. Das aber wissen wir weithin nicht mehr. Es gibt wenige Zeiten, die so sehr der geschichtlichen Lehre bedürfen wie die unsere, und wenige, die so viel Neigung verraten sich davon abzuwenden wie die, in der wir leben.«

• Wir danken Herrn Schmütz vom Kirchenkreisarchiv Ostholstein in Gleschendorf für seine Hilfe bei unserer Recherche.

Auch die Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck berichten über die 600 Jahrfeier, illustriert mit einem Foto der Zuschauer am erhöhten Kaiser-Wilhelm-Denkmal, die auf den Festumzug warten.

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»Die Stadt selbst repräsentierte sich an den Festtagen in einem herrlichen Festkleide. Fahnen über Fahnen wehten von den Häusern und die Straßen selbst waren mit frischem Grün, mit Fahnen und kleinen Fähnchen festlich geschmückt. Nach einem feierlichen Festgottesdienst in der Frühe des 2. Pfingsttages und einer sich daran anschließenden erhebenden Gefallenenehrung erfolgte am Nachmittag des Tages der Marsch des Festzuges durch die Stadt, der einewn imposanten Eindruck auf die Bevölkerung und die Gäste machte.«

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Die KZ-Gedenkstätte

Vom 3. Oktober 1933 bis zum 9. Mai 1934 befand sich auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte Ahrensbök das wilde KZ Ahrensbök. Die Gedenkstätte Ahrensbök wurde am 8. Mai 2001 in dem einzigen in Schleswig Holstein erhaltenen Gebäude eröffnet, in dem 1933 ein frühes KZ bestand. An Beispielen aus der Region werden Anfang, Alltag und Ende der nationalsozialistischen Diktatur zwischen 1933 und 1945 thematisiert.

Kaum zu glauben, dass alles mit einer Konfirmandenstunde im Frühjahr 1996 begann. Der damalige Ahrensböker Pastor Michael Schwer sprach mit den Jugendlichen darüber, dass Jesus jüdisch war. Als eine Konfirmandin keifte, was Scheißjuden in einer deutschen Bibel zu suchen hätten und andere Jugendliche nickten, erkannte Schwer eine Aufgabe. Er unternahm mit seinen Konfirmanden einen Kreuzweg zu Stätten des Nationalsozialismus in Ahrensbök, besuchte dabei eine Fabrik, in der Zwangsarbeiter gelebt, gearbeitet und gelitten hatten, stieß schließlich auf ein marodes Gebäude am Ortsrand, das 1933 ein frühes KZ beherbergt hatte.

SH Ahrensboek Gedenkstaette Genet Wikimedia Commons web


Heute wird in fünf Dauerausstellungen in Bildern und Texten gezeigt, dass Terror und Kriegsfolgen zwischen 1933 und 1945 nicht nur in fernen Orten stattfanden. Auch in Gemeinden wie Ahrensbök regierte der nationalsozialistische Terror. Diese Kleinstadt steht exemplarisch für den schwierigen Versuch, die Erinnerung daran vor Ort auf eine feste Grundlage zu stellen. Mit den Ausstellungen in dieser Gedenkstätte soll das allzu lang Vergessene und Unterdrückte öffentlich gemacht werden.

Gedenkstätte Ahrensbök


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Der Todesmarsch

Am 19. Januar 1945 begann im Auschwitz-Außenlager Fürstengrube in Oberschlesien die Evakuierung des Lagers, bedingt durch die herannahenden Truppen der Roten Armee. Fehlende Ernährung, Krankheiten, Erschöpfung, Misshandlungen und Morde forderten auf diesem Todesmarsch von Januar bis Mai 1945 mit mehreren Zwischenstationen zahlreiche Opfer.

Der Todesmarsch erfolgte unter Leitung des letzten Lagerleiters SS-Oberscharführer Max Schmidt aus Neuglasau.

Vom Zeitpunkt der Evakuierung an befanden sich noch 1283 Gefangene, meist jüdischer Herkunft, in Fürstengrube. Davon wurden etwa 250 erschossen und die verbliebenen rund 1000 Gefangenen auf einen Todesmarsch nach Gleiwitz getrieben, dort in offenen Bahnwaggons deportiert und innerhalb von 14 Tagen über Mauthausen in Österreich nach Nordhausen am Harz in das KZ Mittelbau transportiert. Bei dem Transport erfroren viele Häftlinge, die unzureichend gekleidet, ungeschützt und geschwächt durch die Lagerhaft einer Witterung von minus 20° nicht mehr standhalten konnten. Die Toten, die während der Fahrt starben, wurden zum Teil bereits auf der Fahrt kurzerhand aus dem Zug geworfen. Ihre Leichen fand man entlang der Bahnschienen und bestattete sie auf den angrenzenden Friedhöfen.

Nach der Ankunft der wenigen Überlebenden dieses Transportes wurden die Häftlinge in der unterirdischen Waffenfabrik der Oda-Werke in Blankenburg eingesetzt, einem Außenlager des KZ Mittelbau, wo sie die so genannten V-Waffen V1 und V2 in Zwangsarbeit herstellen mussten.

Nach vier Wochen im KZ Mittelbau wurden 200 überlebende Häftlinge gesammelt und nach Magdeburg getrieben. Auf dem Weg dorthin traf die Kolonne auf eine Gruppe von 300 Häftlingen – mehrheitlich sowjetische Kriegsgefangene sowie Holländer, Franzosen und Belgier – die gemeinsam weitergetrieben wurden.

Die Häftlinge wurden am 9. April 1945 auf einen offenen Schleppkahn verladen und über die Elbe nach Lauenburg und den Elbe-Lübeck-Kanal nach Lübeck transportiert, wo sie am 12. April 1945 im Industriehafen Lübeck-Vorwerk eintrafen.

Von dem Industriehafen Lübeck-Vorwerk aus wurden die Häftlinge am 13. April 1945 17 km weit über Bad Schwartau (dort wurden 3 Menschen erschossen), Pohnsdorf, Curau (auf dem Weg dorthin wurden 20 Menschen erschossen) nach Ahrensbök getrieben, das sie am 14. April 1945 erreichten. Dort wurden die Häftlinge in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe wurde in eine vier Kilometer entfernte Feldscheune bei Siblin, die andere sechs Kilometer in eine Scheune bei Glasau/Sarau getrieben.

Die Häftlinge verblieben dort bis zum 30. April 1945. Während dieser Zeit wurden weitere Häftlinge erschossen. Die aus Westeuropa stammenden Häftlinge wurden Ende April vom Schwedischen Roten Kreuz unter Graf Folke Bernadotte gerettet, bekannt als die Rettungsaktion der Weißen Busse.

Anfang Mai mussten die Häftlinge über Süsel nach Neustadt in Holstein marschieren. In Süsel wurden am Abend des 1. Mai 1945 14 oder 15 Häftlinge in einer Scheune erschossen.

In Neustadt wurden die verbliebenen Häftlinge auf die Cap Arcona verschifft. Durch einen Angriff von Jagdbombern der Royal Air Force, der am 3. Mai 1945 zur Versenkung der Cap Arcona führte, kamen die meisten der 4600 Häftlinge, die sich zur Zeit des Angriffes auf dem Schiff befanden, um.

Die Toten sind auf dem Waldfriedhof der Gemeinde Timmendorfer Strand, auf dem Ehrenfriedhof Cap Arcona in Neustadt und auf dem Ehrenfriedhof für die Toten der Cap Arcona- und Thielbek-Katastrophe bei Haffkrug begraben.

Nach Wikipedia, abgerufen am 28. März 2019


Eine ausführliche Dokumentation mit vielen Fotos und Landkarten finden Sie auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök.

Gedenkstätte Ahrensbök

Mehr zu den Todesmärschen auf LeMO


1998 erschien Gerhard Hochs Buch »Von Auschwitz nach Holstein. Die jüdischen Häftlinge von Fürstengrube«.

Lesen Sie über die Bedeutung von Gerhard Hoch für seine Heimat Holstein auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök:

Anstifter der ersten Stunde

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Der neue Film »Verdrängen und Erinnern«

Zum 20jährigen Bestehen der Gedenkstätte Ahrensbök hat der beeindruckende Film »Verdrängen und Erinnern – eine Kindheit im Nationalsozialismus« von Martina Fluck Premiere.

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Zeitzeugen und Protagonisten sind die Ahrensböker Hans Otto Mutschler und Dr. Jörg Wollenberg.

Link zum Film auf YouTube


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Wegzeichen

Seit dem 1. September 1999 markieren zwölf Stelen – frei und aufrecht stehende Platten aus Beton mit eingelassenen Tontafeln und Tonfiguren – die Wegstrecke, auf der im April 1945 etwa 500 Häftlinge aus den Konzentrationslagern Auschwitz-Fürstengrube und Mittelbau-Dora von Lübeck über Bad Schwartau, Pohnsdorf, Curau, Bokhof, Dunkelsdorf, Ahrensbök, Siblin, Sarau, Süsel bis nach Neustadt i.H. marschieren mussten, wo die meisten auf Häftlingsschiffen in der Lübecker Bucht während eines britischen Bombardements ihr Leben verloren.


SH Ahrensboek Stele Genet Wikimedia Commons web2Foto: Genet / Wikimedia Commons

• Die Stele in der Lübecker Straße bei der Marienkirche

Die Wegzeichen sind das Werk von 15 jungen Menschen aus Polen, Tschechien, Weißrussland und aus Deutschland. Während eines gemeinsamen internationalen Sommerlagers – initiiert von der Gruppe 33, einer Bürgerinitiative, die sich als Arbeitsgemeinschaft zur Zeitgeschichte in Ahrensbök organisiert hatte – und in Zusammenarbeit mit der international aktiven Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste – arbeiteten sie 14 Tage unter Anleitung des Berliner Künstlers Wolf Leo.

SH Ahrensboek Tafel Genet Wikimedia Commons web

Nicht an Schuld, so Leo, sollen die Stelen erinnern, sondern an die Verantwortung der Nachgeborenen.

Lesen Sie mehr auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök unter »Wegzeichen erinnern und mahnen«

Wegzeichen

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> Weiße Wäsche – Kunstaktion 2014

 


I N H A L T
Das Denkmal
Aus den Archiven
Volkstrauertag 2013
Historische Postkarten

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Ahrensburg, Kreis Stormarn

Feldsteinobelisk an der Kastanienallee

SH Ahrensburg

Das Denkmal in der Parkanlage hinter dem Ahrensburger Schloß trägt eine geweißte Gussbetontafel für die getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs. Darunter ist eine Messingtafel für die Opfer der Weltkriege und des Nationalsozialismus angebracht. Das Denkmal hat an jeder Seite ein aus Natursteinen gemauertes Eisernes Kreuz als Relief.

Inschriften:
Tafel aus Gussbeton mit Stahlhelm umgeben von Lorbeerzweigen als Relief: Gewidmet / den im Weltkriege 1914-18 / gefallenen Söhnen der / Gemeinde Ahrensburg.
Darunter: Wer sein Leben lässt für seine Brüder / ist der Liebe seiner Heimat wert
Messingtafel: Den Opfern der Weltkriege und des Nationalsozialismus

SH Ahrensburg Detail

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Aus den Archiven

Aus der Akte DOK 494 (16. Dezember bis zum 18. August 1950)

Das Denkmal enthielt fünf Bronzeplatten; vier mit Namen von Gefallenen aus Ahrensburg und eine mit Namen vom Kremerberg. Diese Platten wurden »seinerzeit im Zuge einer Mobaktion abmontiert und eingeschmolzen« (18. März 1948). Nach dem Kriege wurde geplant neue Platten gießen zu lassen. Letztendlich wird daraus nichts, da z. B. eine Firma mit anderen (wichtigeren) Aufträgen zu tun hat. Am 11. Juli schreibt der Pastor, er behalte das Problem weiter im Auge; »das Projekt ist aber wegen der Kosten der Bevölkerung nicht zu vermitteln«.

Bauamt 41 38 00 (2. Januar 1989 bis heute)

Es wird der Diebstahl zweier Gedenktafeln bemerkt:


1. Tafel »Den Ahrensburger Opfern des Nationalsozialismus«.
1 m x 0,4 m; Bronze; Rechnung vom 1982.


2. Tafel »Den Opfern der Weltkriege 1914 – 1918 1937 – 1945« (dreizeilig). Ca. 1 m x 0,8 m;
über der 1. Tafel (keine Rechnung oder Herstellungsdatum).

Der Magistrat entscheidet sich am 4. September 1989 für eine Tafel mit dem Text »Den Opfern der Weltkriege und des Nationalsozialismus«.

Fazit: Wann das Denkmal errichtet wurde und wer der Initiator und Finanzier war, ließ sich nicht feststellen. Aus den Unterlagen ergibt sich jedoch, dass das Denkmal mehrfach umgestaltet wurde.

Ursprünglich ist die gesamte Anlage mit der umlaufenden Feldsteinmauer, mit den zwei Durchbrüchen für den Fußweg und den Obelisken.

Original am Obelisken sind:

● Das leicht erhabene Eiserne Kreuz aus Feldstein im oberen schmaleren Teil, von einem umlaufenden Sims abgeteilt.

● Die helle Steinplatte (im unteren Viertel des Obeliskenmittelteils) mit einem leicht erhabenen Stahlhelm, links und rechts von einem Eichenzweig flankiert.

● Die erhabene Schrift (darunter), dreizeilig, links- und rechtsbündig in Großbuchstaben »Gewidmet den im Weltkrieg 1914 – 18
 gefallenen Söhnen der
 Gemeinde Ahrensburg«.

● Die ebenfalls erhabene Schrift (darunter), zweizeilig, links- und rechtsbündig in Großbuchstaben »Wer sein Leben läßt für seine Brüder ist der Liebe der Heimat wert«. 
Unbekannten Datums, jedoch nach 1945, sind die beiden identischen Zeitangaben aus Metall im 2. Viertel von oben des mittleren Teils: »1914 – 18« und »1939 – 45«. 


Wir danken Angela Behrens und Klaus Tim für die Recherche.

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Volkstrauertag 2013

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Foto: Dorothea Benedikt

● Viele Kränze am Obelisken – Volkstrauertag 2013

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Historische Postkarten

           SH Ahrensburg Altes Foto web


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            SH Ahrensburg Karte web

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Kunst-Aktion zur 700-Jahr-Feier

Am Kriegerdenkmal Ahrensburg in der Kastanienallee


Präsentation durch die Künstler: am Freitag, den 29. August 2014 um 11:00 Uhr. Eine öffentliche Diskussion über die Kunstaktion, das Denkmal und mögliche Umgestaltungen fand am Mittwoch, 1. Oktober 2014 um 19:30 Uhr im Kulturzentrum Marstall am Schloss, Lübeckerstraße 8, statt.

Die Intention der Kunstaktion

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Gut 30 Interessierte hatten sich in der Remise des Kulturzentrums Marstall eingefunden, um die Meinung der Podiumsteilnehmer kennenzulernen. Die Ansichten waren sehr kontrovers, zum Teil sich widersprechend. Der früheren Bürgermeisterin von Ahrensburg, Frau Pepper, ist es aber in ihrer Moderation gelungen, die Vertreter der unterschiedlichen Meinungen gut zu Wort kommen zu lassen, sodass die Denkansätze deutlich wurden. Das Publikum hat sich lebendig und engagiert beteiligt; es gab kluge, durchweg konstruktive Diskussionsbeiträge. Ob das Gespräch über das Kriegerdenkmal weitergehen wird?


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Die Aktion beginnt

Freitag, 29. August 2014, 11:00 Uhr

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● Axel Richter vom KunstHaus am Schüberg in Aktion.

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● Trotz Regen finden sich interessierte Ahrensburger ein.

SH Ahrensburg Aktion5

● Pressetermin mit den beiden Künstler und Pastor Ulrich Hentschel.


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Und so sieht das Medienecho aus:

In der neuen Online-Zeitung: 
Stormarn kulturell – Magazin für Kunst, Theater, Musik und Literatur

erschien am 29. August 2014 der Beitrag: »Kunst eröffnet neue Sicht auf das Ehrenmal« 

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Am 26. August 2014 konnte man den Artikel »Weiße Wäsche als provokantes Gegenbild zu Kriegerdenkmälern« lesen.

Hamburger Abendblatt, Ausgabe Stormarn

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Am Tag der Installation hat sich der Journalist dann selbst ein Bild gemacht. Sein Bericht erschien in der Sonnabendausgabe des Hamburger Abendblatts – Ausgabe Stormarn am 30./31. August 2014.

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Ein einstimmiger Beschluss

Auf Vorschlag von Bürgermeister Michael Sarach hat der Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss der Stadt Ahrensburg am 30. Juni der temporären Kunst-Aktion am Kriegerdenkmal in der Kastanienallee (in Sichtweite des Schlosses) zugestimmt, und zwar mit den Stimmen aller Fraktionen. Das ist eine gute Voraussetzung für die Arbeit von Axel Richter, dem Leiter des nahegelegenen KunstHaus am Schüberg, der auch schon mit der Skulptur »Über-See« von Roger Rigorth im Ahrensburger Stadtzentrum präsent  und darum bekannt ist. In der Begründung für den Beschluss heißt es: »Die Kunstaktion soll das Denkmal, das sonst zumeist unbeachtet bleibt und nur am Volkstrauertag als Ort des Gedenkens und der Erinnerung Aufmerksamkeit findet, in den Focus einer breiteren Öffentlichkeit rücken. Durch die mit der Kunstaktion für einige Tage erzeugte In-Frage-Stellung sollen vor allem auch jüngere und bis dahin weniger interessierte Bürgerinnen und Bürger angesprochen werden. Wichtig ist dabei die öffentliche Debatte: Was bedeutet uns heute die Erinnerung an die Toten, Soldaten, Zivilisten, Opfer der Schlachten des 1. Weltkriegs (und dabei auch die des 2. Weltkriegs)? Dazu gibt es natürlich verschiedene Deutungen und Einstellungen, in historischer, gesellschaftlicher und religiöser Hinsicht. Unser Ziel ist, diese miteinander in einen Dialog zu bringen. Dabei kann es auch zu neuen Formen der Gestaltung und der traditionellen Rituale kommen.«


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Ahrensburg24.de web

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I N H A L T
• 
Das Denkmal
Die Inschrift
»Sie fanden eine bessere Heimat«
Historische Fotos
Das Eiserne Kreuz
Deutsche Eichen
Findlinge

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Ahrensfelde, Kreis Stormarn

Auf einem Rasenplatz in der Mitte des Dorfes

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Acht stattliche Eichen umstehen die kleine Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege.

 

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Eine mit »Katzenkopf«-Steinen gepflasterte Fläche führt vom Fuß- und Radweg zur Pforte der Anlage. Um das vieleckige Begrenzungsmäuerchen aus Bruchsteinen wachsen immergrüner Kirschlorbeer und Rhododendren.

 

SH Ahrensfelde Denkmal2 web


Zum leicht erhöhten Denkmalsplatz kommt man über eine Steinschwelle und eine Steinstufe. Die Begrenzungsmauer ist an der Vorderseite höher, die Pfosten der Pforte sind massiv gemauert. Von den Pfosten ausgehend läuft ringsherum eine Eisenkette über Steinstelen an den Ecken in der niedrigeren Mauer.

 

SH Ahrensfelde Pforte web


Durch diese einflügelige, schmiedeeiserne Pforte betritt man die Anlage nun seit fast 100 Jahren. In der abgerundeten Form in der Mitte wächst ein zartes Blümchen mit Blatt. Die zwei wellenförmigen Streben jeweils rechts und links davon enden in einem Efeublatt.

Die Bedeutung von Efeublättern
Als Hinweis auf treue Verbundenheit und ewiges Leben ist die besonders häufige Darstellung von Efeublättern auf frühchristlichen Sarkophagen und Katakomben-Fresken zu verstehen. Efeu bedeutet, dass die Seele lebt, wenn auch der Körper tot ist. Es wird berichtet, dass die ersten Christen gläubige Verstorbene auf Efeu, die Nichtbekehrten auf Zypressen legten. Wer in Christo getauft sei, der sei unsterblich, die Ungetauften aber seien ohne Hoffnung auf Auferstehung, gleich den Zypressen, die einmal gefällt, nie mehr nachwachsen. Wenn heute Grabstätten häufig mit Efeu bepflanzt werden, so ist das eine meist unbewusste Nutzung des Symbols vom ewigen Leben. »Wie im Leben so im Tod« steht als Inschrift auf manchem alten efeuumschlungenen Grabstein.

Da der Efeu nicht bestehen kann, ohne sich anzuschmiegen, ist er seit alters her auch Sinnbild für Freundschaft und Treue. Schon im Altertum war diese immergrüne Pflanze Sinnbild der Treue und des ewigen Lebens, im alten Griechenland erhielt ein Brautpaar einen Efeuzweig als Symbol immerwährender Treue.

nach Wikipedia, abgerufen am 17.12.2019

 

SH Ahrensfelde Stein web


Die Inschrift auf dem großen gelblichen Findling lautet:

Den teuren Gefallenen
1914 (großes Eisernes Kreuz) 1918
1939                                     1945
zum ewigen Angedenken

Über der rund gesetzten ersten Zeile ist ein kreisrundes Loch zu sehen. Was mag es bedeuten?

 

SH Ahrensfelde bessere Heimat web


Auf der Rückseite, wieder mit rund gesetzter ersten Zeile steht:

Sie fanden eine
bessere Heimat!

Ein Ausrufungszeichen unterstreicht die Bedeutung dieser Aussage. Was mag in der Zeit damals die bessere Heimat gewesen sein? Eine Heimat ohne das »Schanddiktat« von Versailles, ein während der Weimarer Republik geprägter politischer Kampfbegriff, mit dem vor allem konservative, deutschnationale, völkische und rechtsextreme Politiker gegen den 1919 geschlossenen Friedensvertrag von Versailles polemisierten?

Versailler Diktat bei Wikipedia


Eine Heimat ohne Verräter, wie es die »Dolchstoßlegende« suggerierte? Sie besagte, das deutsche Heer sei im Weltkrieg »im Felde unbesiegt« geblieben und habe erst durch oppositionelle »vaterlandslose« Zivilisten aus der Heimat einen Dolchstoß von hinten erhalten.

Dolchstoßlegende bei Wikipedia

 
Wir finden in der Chronik von Quern ein Gedicht, das Claus Hoeck sen. dort zur Einweihung des Denkmals 1914-1918 gesprochen hat. Wir zitieren zwei Strophen:

»Wehmutsvoll ruht unser Auge
Auf der Namen lange Reih’n,
Deren Träger sich geopfert
Für des Vaterlandes Sein.
Treu erfunden bis zum Tode,
Für Heimat und Vaterland —
Ruh’n sie nun in fremder Erde
Namenlos und unbekannt.

Doch sie sind uns unverloren,
Ihr Gedächtnis lebet fort;
Treue Liebe sucht und findet
Sie an einem schönren Ort —
Wo sie fern vom Kriegsgetümmel
Und befreit von Erdenleid
Nunmehr ruh’n in Gottes Himmel,
Lichtgekrönt in Seligkeit.«

Vielleicht ist es so einfach: Gottes Himmel ist die bessere Heimat.

 

     SH Ahrensfelde Stein links web


Nach dem 2. Weltkrieg wurden dem großen Hauptstein zwei kleinere schmale Steine an die Seite gestellt. Auf die geglätteten Frontseiten wurden große gusseiserne Platten aufgesetzt, die teilweise über den Stein hinausragen.

 

     SH Ahrensfelde Tafel Vermisste web


Die linke, kupferfarbene Platte nennt in erhabenen Großbuchstaben die elf vermissten Soldaten:

VERMISSTE IM WELTKRIEG
1939 – 1945

Es folgen die Nachnamen mit nachgestelltem Vornamen, das Geburts- und das Vermisstendatum auf den Tag genau. Nur der Elfte ist eine Ausnahme:

Werner Zillmann   1889    1944

Die Namen sind nach Vermisstendatum geordnet: 1941 ein Soldat, 1944, zwei Soldaten, 1945 sieben Soldaten, alle sieben in den letzten vier Kriegsmonaten.

 

     SH Ahrensfelde Stein rechts web


Die bläulich-anthrazitfarbene Tafel auf der rechten Seite nennt die »Gefallenen«:

GEFALLENE IM WELTKRIEG
1939 – 1945

 

     SH Ahrensfelde Tafel Gefallene web


Auch hier wieder: Nachname, nachgestellter Vorname, Geburts- und Sterbedatum. Die Namen sind nach Sterbesatum geordnet: 1942 fünf Soldaten, 1943 zwei Soldaten, 1944 drei Soldaten und 1945 sechs Soldaten. Der letzte stirbt drei Tage vor der Kapitulation Deutschlands. Der jüngste Soldat war 20, der älteste 59 Jahre alt.

 

SH Ahrensfelde Steine 1WK 0 web


Um die großen Steine herum sind die Namenssteine für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aufgestellt. Sie sind heute fast alle schwer bis gar nicht zu lesen.

 

SH Ahrensfelde Steine 1WK 1 web


Den Stein oben rechts kann man gerade noch entziffern. Er soll uns als Muster für die anderen dienen:

Jäger Hans Schilling
Res. Jäg. Battl. Nr.9, 2. Comp.
geb. 16. 12. 1886   gest. 7. 10. 1913
im Laztt. z. Nojon; verw. b. Chauni

 

SH Ahrensfelde Steine 1WK 6 web

 

SH Ahrensfelde Steine 1WK 8 web

 

SH Ahrensfelde links web


Die niedrige Begrenzungsmauer, die Steinpfosten mit der Eisenkette von innen. Der erhöhte Platz um die Denkmalssteine ist mit dunkler Erde aufgefüllt.

 

SH Ahrensfelde rechts web


Ein paar Löwenzahnpflanzen hoffen auf ein Bleiberecht.

 

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Die Inschrift

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

»Gefallenendenkmal« verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...] Die deutsche Sprache bevorzugt auch dafür einen schönfärbenden Ausdruck: »im Felde gefallen« oder »auf dem Felde der Ehre gefallen«. Nicht auf ein »Gefallenendenkmal« gehörten demnach alle, die beim Beschuss der Unterkunft, im Lazarett, auf dem Transport oder in Gefangenschaft ums Leben kamen.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22, Gerstenberg, 2006


Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd. S. 60/61

 

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Die Inschrift erinnert an die letzten Zeilen eines Gedichts von Theodor Körner, die manchmal auf Kriegerdenkmälern – auch in der Variation »die teuren Toten« – zitiert werden. Körner war ein Dichter zur Zeit der Freiheitskriege. Nach seinem Kriegstod wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur für nachfolgende Generationen. Dies ist die letzte Strophe des Gedichts:  

Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen!
Drauf, wack'res Volk! Drauf! ruft die Freiheit, drauf!
Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen.
Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen?
Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf!
Doch stehst du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke,
In deiner Vorzeit heil'gem Siegerglanz:
Vergiß die treuen Toten nicht und schmücke
Auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!

Theodor Körner: Leyer und Schwerdt. Berlin, 1814.

 
Zum ewigen Angedenken:
Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324]

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29, Gerstenberg, 2006

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Historische Fotos

Der »Ehrenhain Ahrensfelde« auf einer Postkarte aus dem Jahr 1926. Der mit einer Eichenlaubgirlande geschmückte Findling und die vielen Kränze drumherum lassen vermuten, dass hier die Einweihung abgebildet ist.

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Die niedrige Bepflanzung erkennt man im Inneren der Begrenzungsmauer. Um die Mauer herum liegt Sand und die Eichen sind noch nicht gepflanzt. Die angelehnten Namenssteine stehen sehr gleichmäßig, es scheinen weniger zu sein als heute. Die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs auf dem Findling und die beiden kleineren spitzen Steine mit den Tafeln zum 2. Weltkrieg fehlen natürlich. Aber sonst ist alles geblieben, sogar die schmiedeeiserne Pforte.

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1935, immer noch vor dem 2. Weltkrieg: Die Bepflanzung ist üppig gewachsen, die Eichen sind gepflanzt und auf dem gepflegten Dorfanger rundherum sind Gänse mit ihrer kleinen Hüterin und einem ebenso kleinen Hütehund unterwegs.


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Ein großer Zeitsprung: 1985 – der wachsende Autoverkehr beansprucht Raum. Die Straße ist fast bis zur Denkmalsanlage verbreitert worden.

 

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Die Gedenksteine für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs sind nun dazugestellt, die Jahreszahlen sind ergänzt. Dier Platz um die Denkmalssteine ist mit hellem Sand aufgefüllt.

 

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Volkstrauertag 1994: Bürgervorsteherin Helma Schuhmacher und Bürgermeister Klaus Boenert vor den niedergelegten Kränzen.

 

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2009 sind die beiden letzten Bilder fotografiert worden. Eine Bank ist dazugekommen, um die Denkmalsanlage wachsen jetzt schon üppig immergrüner Kirschlorbeer und Rhododendren, auch der Efeu rankt sich schon um die Steine. Vor den Denkmalssteinen sind bunte Eisbegonien und Farne gepflanzt.

 

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Bis auf die erste Postkarte sind alle Fotos (bearbeitet) vom Kreisarchiv Stormarn, lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 >internationale Lizenz


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

 

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deutsche Eichen

Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Das Eichenlaub ist ein politisches und militärisches Symbol sowie eine Figur in der Heraldik, das den gelappten Laubblättern von in Mittel- und Südeuropa heimischen Eichenarten nachempfunden ist. Die Blätter können getrennt oder an einem Zweig angeordnet dargestellt sein.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Aus diesem Grund findet man Eichenlaub oft auf Orden, Symbolen und Münzen, so beispielsweise als Erweiterung des Ordens Pour le Mérite sowie auf dem Eisernen Kreuz. Während des Zweiten Weltkrieges gab es zudem das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub. Seit 1957 ist es Vorschrift, dass Orden aus der Zeit des Nationalsozialismus nur noch ohne das damals – bis auf wenige Ausnahmen – obligatorische Hakenkreuz getragen werden dürfen. Dieses wurde daher beim Eisernen Kreuz sowie dessen Erweiterungsstufen – wie bei den ersten Eisernen Kreuzen aus der Zeit der Befreiungskriege – durch drei Eichenblätter ersetzt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 

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Das Eiserne Kreuz auf dem Denkmal zur Völkerschlacht bei Leipzig in Sagard auf Rügen.

Den Anlass der Ordensstiftung gaben die beginnenden Befreiungskriege gegen die Vorherrschaft des napoleonischen Frankreich in Mitteleuropa, zu denen Friedrich Wilhelm III. kurz zuvor mit seiner am 17. März 1813 gleichfalls in Breslau erlassenen Proklamation »An mein Volk« aufgerufen hatte. Auf Grundlage einer Zeichnung des Königs wurde Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer entsprechenden Reinzeichnung beauftragt. Wörtlich heißt es dazu:

»Se. Königl. Maj. haben beschlossen, für die Dauer des jetzigen Krieges eine eigenthümliche Auszeichnung des Verdienstes eintreten zu lassen. Sie soll in einem schwarzen in Silber gefaßten Kreuz aus Gußeisen bestehen, und dessen Vorderseite ganz glatt und ohne alle Inschrift bleiben, die Kehrseite aber zu oberst den Namenszug FW mit der Krone, in der Mitte drey Eichenblätter, unter die Jahreszahl 1813 enthalten. Se. Maj. haben allerhöchstselbst die anliegende Zeichnung davon entworfen, und wünschen eine sauber ausgeführte Zeichnung.«

 

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Foto: Wikimedia Commons / Concord

Das Emblem der DDR mit Eichenlaub über dem Eingang zum Opernhaus in Leipzig.

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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschriften
Der Obelisk

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Appen, Kreis Pinneberg

In einem gepflegten Park an der Hauptstraße

Der schwarze Obelisk in der Ortsmitte hat einen aus Natursteinen gemauerten Sockel und einen Unterbau mit quadratischem Grundriss auf dem auf allen vier Seiten die Namen, Geburts- und Sterbedaten der toten Soldaten des 1. Weltkriegs eingraviert sind, dreimal 14 und einmal 13.

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Jede Seite des Obelisken trägt eine Inschrift:

Weltkrieg 1914-19

Glücklicher, der du die Sonne noch siehst, o grüss uns die Heimat, die wir getreu bis zum Tod mehr als das Leben geliebt

Niemand hat grössere Liebe denn die, dass er sein Leben lässet für seine Brüder

Ihren gefallenen Helden die dankbare Heimat

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Auf zwei Seiten ist unter der Inschrift ein Lorbeerkranz eingraviert.

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Die Inschriften

Glücklicher, der du die Sonne noch siehst,
o, grüß uns die Heimat, die wir, getreu bis zum Tod,
mehr als das Leben geliebt

Der Text wurde von den Spartanern 480 v. Chr. dem tapferen König Leonidas und seinen 300 Männern im Pass der Thermophylen auf ihre Grabsäule gesetzt. Die mehrtägige Schlacht bei den Thermopylen fand zu Beginn des Zweiten Perserkrieges, vermutlich um den 11. August 480 v. Chr., statt.

Die Thermopylen, der Engpass zwischen Kallidromos-Gebirge und dem Golf von Malia, waren seit jeher von hoher strategischer Bedeutung. In der Antike maß der durchschnittlich 15 Meter breite Durchgang an den beiden engsten Stellen nur wenige Meter. Infolge von Versandung hat er sich bis heute auf mehrere Kilometer ausgedehnt.

480 v. Chr. stand ein großes persisches Heer unter König Xerxes I. vor diesem Durchgang. Das Kommando über die Truppen hatte der spartanische König Leonidas. Erst ein Verrat erlaubte es den Persern, die griechischen Linien zu umgehen und die griechischen Truppen einzukesseln. Leonidas hatte dieses Manöver in Betracht gezogen und einen Teil seiner Truppen mit der Bewachung des Umgehungspasses beauftragt. Als diese die Perser herankommen sahen, zogen sie sich in eine nahegelegene Befestigungsanlage zurück. Dessen ungeachtet führten die Perser ihr Umgehungsmanöver weiter durch.

Am Morgen des dritten Tages erreichten Spähläufer Leonidas' Lager, die ihm von der Umgehung berichteten. Leonidas handelte von nun an in dem Bewusstsein, dass ein vollkommener Rückzug die Vernichtung durch die persische Reiterei nach sich ziehen würde. Er beschloss, mit seinen 300 Spartanern den Engpass zu halten, um den Abzug des griechischen Hauptheers zu decken.

Die Thermopylenschlacht wurde später als Beispiel singulären Heldenmutes dargestellt und gefeiert. Auch in der Neuzeit wurde sie immer wieder als Beispiel für einen heroischen Opfertod in Anspruch genommen:

In unmittelbarem Bezug auf den Schauplatz sagte Thomas Mann in einer BBC-Ansprache über diese Thermopylenschlacht von 1941: »Ein Grieche steht gegen sechs oder sieben von euch. Daß er es wagt, daß er den Engpaß der Freiheit mit seinem Leibe deckt, ist erstaunlich – nicht, daß ihr siegt. Ist euch ganz wohl bei der Rolle, in die das Spiel der Geschichte euch drängt – wenn nun das Menschheitssymbol der Thermopylen an Ort und Stelle sich wiederholt? Die Griechen sind’s wieder – und wer seid ihr?«

nach Wikipedia, abgerufen am 10. Mai 2018


Niemand hat grössere Liebe denn die, dass er sein Leben lässet für seine Brüder

So spricht Jesus am Ende des Johannes-Evangeliums (15,13). Es ist ein Beispiel für die pseudo-biblische Legitimation des Soldatentods. Christliche Analogien sollen dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben und ihn als »Opfertod« verklären. 


Ihren gefallenen Helden die dankbare Heimat

Obwohl der Erste Weltkrieg so ungleich viel mehr Menschenleben forderte und der Krieg verloren wurde, interpretierten die Stifter in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäler den Kriegstod als sinnvoll. Das anonyme Massensterben wurde ignoriert, stattdessen heroisierte man die Soldaten und stilisierte ihr Schicksal.

Die häufigste Bezeichnung für die Gefallenen ist das Wort »Helden«. Dieser Begriff macht die toten Soldaten zu Vorbildern.

Der Begriff »Gefallener« für die getöteten Soldaten [...] suggeriert, dass der Soldat im Kampf stehend, oder besser vorwärts stürmend von einer Kugel getroffen wurde und dann tot zu Boden fiel. Dass der reale Kriegstod zumeist weitaus brutaler ist, wird in diesem Begriff verschleiert.

Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

nach Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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Der Obelisk

Der Obelisk ist eine ebenso klassizistische wie klassische Denkmalsform, die bis ins Dritte Reich hinein immer wieder für Kriegerdenkmäler gewählt wurde. Diese Bezeichnung meint eine vierkantige Säule, die sich nach oben verjüngt und eine Pyramide als Spitze trägt. Die Errichtung eines Obelisken lässt sich als formale »Mode« weder einer bestimmten Zeit noch einem bestimmten Stifterkreis zuordnen, der Obelisk war seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert eine gängige, überall, auch in der zivilen Grabmalskunst, gebräuchliche Denkmalsform.

Gerade die kleineren Gemeinden entschieden sich nach dem 1870/71er Kriege bis zu den 1890er Jahren häufig für die Errichtung eines Obelisken. Im späteren 19. Jahrhundert wurde diese klassizistische Form dann aber meist von den germanisierenden Findlingen verdrängt.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Stein zum 2. Weltkrieg
Aus der Geschichte
Die Widmung
Der Sinnspruch
Schloss Ascheberg
Das Eiserne Kreuz

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Ascheberg, Kreis Plön

Denkmalsanlage an der Hauptstraße zur Seeseite

Das Kriegerdenkmal steht in einer hinten abgerundeten Anlage am Uferwäldchen des Plöner Sees.

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Halbhohe Mauern aus Bruchsteinen begrenzen die eher kleine Anlage, über Durchgänge rechts und links kann man sie betreten.


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Als wir die Anlage nach drei Jahren im Frühjahr 2020 erneut besuchten, waren in der Zwischenzeit drei Kranzhalter vor der Anlage installiert worden.

 

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Der Gedenkstein für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs steht hinten auf dem höchsten Teil der Mauer. Es ist ein Naturstein über einem Konstrukt aus zwei hohen senkrechten und einem waagerechten Granitstein, das ihn von unten stützt. Damit könnte der Eingang zu einem Felsengrab gemeint sein, wie zum Beispiel in Trittau. Bei diesem Denkmal ist die gewollte Assoziation: Karfreitag, Grabkammer Jesu Christi, die Auferstehung. Wer sich mit dieser Idee anfreunden kann, dem sei noch mitgeteilt, dass über dem Denkmal, im Osten, die Sonne aufgeht.

Unser Kommentar dazu: »Der Tod der Soldaten wird so mit dem Opfertod Jesu gleichgesetzt, auf der Tür zur Grabkammer sind zusätzlich die Namen der toten Soldaten aufgelistet. In der Symbolsprache der Zeit wird die nächste Generation dann auf(er)stehen und den Tod der »im Felde unbesiegten« Soldaten rächen. Den aufgezwungenen Friedensvertrag, den »Schandvertrag von Versailles« hinwegfegen.«

Mehr zum Denkmal in Trittau



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Unter einem eingravierten Eisernen Kreuz in Kontur, dem militärischen Ehrenzeichen, steht die Widmung:

Dem Andenken der Gefallenen
1914 - 1918


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Darunter der Sinnspruch:

Heldentum und Menschenliebe,
lebe, strebe du neuem Leben zu:
Ascheberg-Langenrade.

Diese Formulierung stützt die These vom Eingang zum Felsengrab als Symbol der Auferstehung.


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Das Innere der Anlage ist mit Kies bedeckt. Um den Findling in der Mitte liegt Tannengrün.

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In die Mauer sind über der Abschlusskante am Boden unterschiedlich geformte Steine mit 37 Namen zu sehen.

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Es sind die Vor- und Nachnamen von Männern in einer zarten Schrift, die fast wie eine Handschrift wirkt. Dass es die Namen von toten Soldaten sind, erfährt man nur über die Inschrift auf dem Denkmalsstein und das Eiserne Kreuz, dem militärischen Ehrenzeichen. Über Geburts- und Sterbedatum, Dienstgrad der Männer – die oft auf Kriegerdenkmälern angegeben werden – werden wir nicht informiert.

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Auf dem Detailfoto sehen wir, wie es zu dem Schriftband ringsherum in der Mauer kommt. Es wurden in etwa gleich hohe Streifen in die Steine gefräst.

       

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Der Stein zum 2. Weltkrieg

In der Mitte der Anlage liegt ein großer heller Granitfindling für die Toten des 2. Weltkriegs mit folgender Inschrift:


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Den Opfern des Krieges (Kreuz)
Totensonntag 1949

Es ist ungewöhnlich, dass dieser Stein aus dem Jahr 1949 mit der so unmilitärischen Inschrift so prominent in der Mitte der Anlage aufgestellt worden ist. Häufig wird an den bestehenden Kriegerdenkmälern nur verschämt eine kleine Tafel für die Opfer des 2. Weltkrieges angebracht. Dass als Aufstellungstag der Totensonntag und nicht der Volkstrauertag genannt wird, ist ein weiteres Indiz für die friedensstiftende Absicht der Gedenksteinsetzer.

Es wird zwar nicht präzisiert, wer mit den Opfern gemeint ist, aber wir gehen einmal davon aus, dass hier mit den »Opfern des Krieges« auch die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht, die verhungerten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter und die Opfer des Naziterrors, Jüdinnen und Juden, die Menschen im Widerstand, sogenannte Behinderte ... gemeint sind.

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Aus der Geschichte

Wir zitieren aus dem Buch: »Ascheberg am Großen Plöner See. Eine Dorfchronik«, 2006, S.156.

»Das Denkmal wurde am Sonntag, dem 29. Mai 1921, durch Pastor Lamp im Rahmen eines Festaktes eingeweiht. Zimmermeister Banck übergab das geweihte Denkmal im Namen des Denkmalausschusses den Gemeinden Ascheberg und Langenrade. Der Kampfgenossen- und Kriegerverein, die Langenrader freiwillige Feuerwehr, der Vaterländische Frauenverein, das Personal der Ascheberger Post- und Bahnstationen, die Plöner Kirchengemeinden, der Ringreiterverein Langenrade, der Gesangsverein ›Unverzagt‹ und die Liedertafel ließen Kränze niederlegen. Auch mehrere Redner, beide Gesangsvereine sowie gemeinsames Singen gaben der Veranstaltung, die mit dem Lutherlied ›Ein feste Burg‹ und dem ›Schleswig-Holstein-Lied‹ endete, einen würdigen Rahmen.«

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Postkarte des Kampfgenossen- und Kriegerverein Ascheberg zum Volkstrauertag.


»Im Mai und Juli 1949 beschlossen der Geschäfsausschuss und der Rat der Gemeinde Ascheberg auf Anregung des Ministeriums des Inneren vom 13.04.1949 den Opfern des 2. Weltkrieges einen Gedenkstein zu setzen. Die Kosten wurden über Spenden und aus dem Haushalt gedeckt. Der Findling fand inmitten des vorhandenen Ehrenmals Platz.«

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Postkarte aus dem Jahr 1962.


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Die Widmung

Dem Andenken der Gefallenen

»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S.100


»Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 60/61

»›Gefallenendenkmal‹ verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...] Die deutsche Sprache bevorzugt auch dafür einen schönfärbenden Ausdruck: ›im Felde gefallen‹ oder ›auf dem Felde der Ehre gefallen‹. Nicht auf ein ›Gefallenendenkmal‹ gehörten demnach alle, die beim Beschuss der Unterkunft, im Lazarett, auf dem Transport oder in Gefangenschaft ums Leben kamen.«

Ebd., S.22

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Der Sinnspruch

Heldentum und Menschenliebe,
lebe, strebe du neuem Leben zu

»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese ›Opferhelden‹ werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, ›Vaterlandsliebe‹, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die ›Leistung für das Gemeinwesen‹ anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. W.K. bei). ›Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.‹ (Kurt Tucholsky)«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege

»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33

So wird das Heldentum, das neuem Leben zustreben soll, 1921 auf einem Gutschein interpretiert, der den Kriegswitwen und Kriegswaisen Spendengeld einbringen soll:

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Diese Gutscheine wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Am 14. Dezember 1918 erschien die erste Ausgabe der »Hamburger Warte«, eine »politische Kampfschrift« gegen Marxismus und Judentum. Herausgeber war Friedrich Carl Holtz (1882 - 1939), ein deutscher, nationalistischer und antisemitischer politischer Schriftsteller und Verleger.

Holtz war zunächst als Beamter im hamburgischen Staatsdienst tätig, schied aber per 31. Dezember 1913 wegen des Vorwurfs der Unterschlagung aus. Nachdem er als Freiwilliger bereits 1900/1901 in Tientsin am Chinafeldzug teilgenommen hatte und kriegsuntauglich zurückgekehrt war, meldete er sich zu Beginn des 1. Weltkrieges erneut freiwillig an die Front. Ende 1918 kehrte er in seine Heimatstadt Hamburg zurück. In seiner Zeitung »Hamburger Warte« wandte er sich u.a. im März 1919 in einer Sonderausgabe mit einer Anklageschrift gegen den »Diktator Heinrich Laufenberg« als Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrates. 1922 erfolgte auf der Grundlage des Republikschutzgesetzes wegen eines Hetzartikels zum Rathenau-Mord das Verbot der Hamburger Warte. Holtz wich daraufhin nach München aus und gab dort den »Fridericus« als neue zentrumsfeindliche, antipazifistische und antisemitische Wochenzeitung heraus. Daneben gründete er in Berlin »Die Fackel« als zweite »vaterländische Wochenschrift«. 1929 war er in Hamburg beteiligt an der Gründung der Gewerkschaft Deutsche Hilfe, »damit den Gewerkschaften der Roten die Spitze geboten werde«. Holtz blieb seiner deutschvölkischen und antisemitischen Tradition verbunden und begrüßte mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten das »neue Deutschland«.

nach Wikipedia, abgerufen am 15. 12. 2017


Nach der militärischen Niederlage im 1. Weltkrieg galten die Soldaten als »im Felde unbesiegt«. Auf den Kriegerdenkmälern wurden darum Heldentum und Wehrhaftigkeit der nächsten Soldatengeneration, dem neuen Leben, beschworen, um den »schmachvollen« Frieden von Versailles zu rächen.

Die Dolchstoßlegende erklärt vom Deutschen Historischen Museum

 

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Schloss Ascheberg

Auf den Namenssteinen zum 1. Weltkrieg sind auch zwei Bewohner des Schlosses aufgeführt. Sehr unspektakulär als zwei unter 37:

Thilo Graf von Brockdorff-Ahlefeldt
Carl-Lorenz Graf von Brockdorff-Ahlefeldt

Ihr Vater, Graf von Brockdorff-Ahlefeldt, hat das Grundstück der Gedenkanlage und den Findling gespendet.


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Seit dem 13. Jahrhundert existierte in Ascheberg ein Rittersitz, der um die Mitte des 15. Jahrhunderts von der Familie Rantzau erworben wurde. 1739 begann Hans Graf zu Rantzau, der auf Schloss Ascheberg wohnte, als erster Gutsherr in Holstein die Leibeigenschaft seiner Bauern aufzuheben. Der Graf teilte die Felder des Besitzes auf, überließ den Bauern das Land und erhob dafür von ihnen einen Zins. Zu dieser Zeit war ein großer Umbau der Anlage im barocken Stil geplant, die Pläne wurden aber nicht umgesetzt. Im 19. Jahrhundert kam das Schloss an die Familie der Grafen Brockdorff-Ahlefeld. Das heutige Ascheberger Schloss, ein schlichter klassizistischer Bau aus dem 19. Jahrhundert, wird als christliche Jugendfreizeit- und Erholungsstätte genutzt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 20. Mai 2015

 

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


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Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über das Kolonialsoldatendenkmal können Sie hier sehen: bei YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T
Das Denkmal
2020: Grafitti
»Vergangenheit, die nicht vergehen will?«
Die Geschichte
Der Bildhauer
AKTUELL: Spurensuche von Lothar Neinass
Historische Fotos
Paul von Lettow-Vorbeck
Der LevoPark
www.sachsenwald.de
Das Grab in Pronsdorf

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Aumühle, Kreis Herzogtum Lauenburg

Im Garten des Bismarckschen Hotels »Waldesruh am See«

Das »Deutsch-Ostafrika-Ehrenmal« aus Muschelkalk für die »Schutztruppe« in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg steht im Sachsenwald. Es fand seinen Platz im Garten des Restaurants und Hotels in »Adelsbesitz«, so die Bismarcksche Eigenwerbung. Die Figurengruppe verbindet rassistische Klischees mit der Verklärung deutscher Kolonialherrschaft. Der Bildhauer Walter von Ruckteschell, Adjudant von General Paul von Lettow-Vorbeck, hat es geschaffen. 1955 stellte die Familie Bismarck dem Denkmal, nach dessen Odysee durch Deutschland, diesen Platz nahe dem Wanderweg zum Mühlenteich zur Verfügung. Ganz im Geiste der Kolonialzeit wurde es hier mit prominenter Beteiligung ausgerechnet am 8. Mai 1955, 10 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation von Nazi-Deutschland, eingeweiht. Es soll die deutschen Offiziere und deren rekrutierte einheimische Hilfstruppen, die Askari, im 1. Weltkrieg ehren.

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In der Mitte ist der Kommandeur der deutschen »Schutztruppe« in Afrika, Paul von Lettow-Vorbeck, zu sehen, er dominiert die Dreiergruppe. Der General ist detailreich mit typischer Uniform, Gewehr, Bajonett und Patronentaschen am Koppel dargestellt.

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Er beschattet die Augen, um mit Weitsicht in die Ferne gucken zu können. Er trägt kurze Hosen, seine Unterschenkel sind von den Schuhen bis zu den Knien mit Binden umwickelt – so war es üblich.

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Rechts hinter ihm steht ein kleinerer offensichtlich afrikanischer Soldat ebenso detailreich in Askari-Uniform, auch bewaffnet und am Geschehen beteiligt. Er macht den Offizier auf etwas aufmerksam.

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Auch auf der Rückseite kann man viele Details erkennen: Am Gürtel des deutschen Offiziers hängt eine Tasche mit Trinkflasche, am Bajonett eine Quaste oder eine Kapsel. Der Askarisoldat trägt eine zusammengerollte Matte (hier nicht im Bild).

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Auf der anderen Seite kauert ein einheimischer Lastenträger barfuß mit gewickeltem Turban und nur mit einem knielangen Tuchrock bekleidet, er schaut nach unten, gestützt auf eine gerollte Matte, wohl die für den deutschen Offizier. Abgewandt von den beiden Soldaten macht er einen traurigen, eher lethargischen Eindruck. Sein Gesicht ist teilweise zerstört worden.

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Eine dem Sockel vorgesetzte Steintafel trägt die Inschrift:

Deutsch-Ost-Afrika 1914 - 19   


Mehr zu den Kriegen des Deutschen Reichs in seinen afrkanischen Kolonien können Sie in unserer Dokumentation zum so genannten »Tansania-Park« in Jenfeld erfahren. Dort stehen zwei Denkmäler, die in der Zeit des Kolonialrevisionismus der Nationalsozialisten entstanden sind. Beide Denkmäler wurden am selben Tag im August 1939 eingeweiht, beim »Schutztruppen-Ehrenmal« waren Paul von Lettow-Vorbeck, der ehemalige Kommandeur der »Schutztruppe« in Deutsch-Ostafrika und führende Nationalsozialisten anwesend.

Dokumentation »Tansania-Park«

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2020: Grafitti

In diesem Sommer wurde das »Ehrenmal« nicht besonders aussagekräftigt kommentiert.

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Man muss das Grafitti vielleicht als Hinweis zur kritischen Beachtung sehen.

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»Vergangenheit, die nicht vergehen will?«

Das »Deutsch-Ostafrika-Ehrenmal« in Aumühle

Eingeweiht am 8. Mai 1955, zeigt diese spätexpressionistische Plastik den behelmten Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck (1870-1964), flankiert von einem Soldaten der ostafrikanischen Hilfstruppen (links) sowie einem sitzenden indigenen Träger (rechts). Das kolonialrevisionistisches Denkmal mystifiziert die vermeintliche Treue tansanischer Afrikaner während des Ersten Weltkriegs zu den deutschen Kolonialtruppen. Tatsächlich aber beruhte Lettow-Vorbecks militärisches Vorgehen auf Terror und Zwang, wie die wissenschaftliche Forschung nachgewiesen hat. Er selbst, der seit einem Freikorpseinsatz in Hamburg im Jahr 1919 mit den Bismarcks in Friedrichsruh bekannt war, hatte sich an die Familie gewandt, die einen Standort nahe des Restaurants Waldesruh zur Verfügung stellte – an eine Aufstellung dieses Denkmals (das Mitte der 1930er-Jahre in Auftrag gegeben worden war) in einer Großstadt war 1955 schon lange nicht mehr zu denken. Die Figurengruppe steht weiterhin am östlichen Rand des Sachsenwaldes. Der verwickelte Entstehungszusammenhang, die einseitige Botschaft sowie der zunächst kolonial- und später auch zeitgeschichtliche Hintergrund des unkritisch an den Kolonialismus erinnernden Denkmals erschließen sich nicht ohne Kommentierung. (Recherche: Dr. Ulf Morgenstern)

Veranstaltung der Otto-von-Bismarck-Stiftung »Vergangenheit, die nicht vergehen will? 135 Jahre deutsche Kolonialgeschichte« am 19. September 1919


Mehr Informationen auf www.bismarck-stiftung.de


Die Bismarck-Stiftung ist eine von sieben Politikergedenkstiftungen in Deutschland, wie z.B. die ›Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung‹ oder die ›Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus‹. Die Familie Bismarck hat hier nichts zu bestimmen, die Stiftung untersteht der Bundeskulturbeauftragten, seit Dezember 2021 ist das Claudia Roth. »Bismarck war kein Demokrat, sondern Monarchist, aber es war die Zeit, als die Demokratie das Laufen lernte, und so verorten wir uns mit unserer historisch-politischen Bildungsarbeit«, so wird Natalie Wohlleben, die Sprecherin der Stiftung in einem Artikel von Frank Keil in Hinz&Kunzt September 2022 zitiert.


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Die Geschichte

Das Denkmal wurde von Bildhauer Walter von Ruckteschell geschaffen. Es soll an den Kolonialkrieg in Deutsch-Ostafrika von 1914 bis 1918 erinnern sowie »an Altkanzler Fürst Otto von Bismarck, dessen diplomatisches Geschick Deutschland diese ehemalige Afrika-Kolonie einbrachte«, wie einem Zeitungsausschnitt vom 10. Mal 1955 zu entnehmen ist.

Im 2. Weltkrieg vergrub die Witwe des Künstlers das Werk ihres Mannes, das in Düsseldorf wieder aufgestellt werden sollte. Dazu kam es jedoch nicht. Schließlich fand das Denkmal seinen Platz im Sachsenwald nahe der Bille, wo es im Mal 1955 vom damaligen Ministerpräsidenten Kai-Uwe von Hassel und Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg enthüllt wurde. An der Feier nahmen auch über fünfhundert Angehörige der ehemaligen »Schutztruppe« Ostafrika teil. »General Paul von Lettow-Vorbeck, den die alten Afrikaner besonders ehren wollten«, konnte aus Krankheitsgründen nicht dabei sein.

Nach Auskunft von Dr. Andreas von Seggern von der Bismarck-Stiftung

»Das ›Deutsch-Ostafrikaner Ehrenmal‹, eine safari-romantische Darstellung der Kolonialzeit, steht heute versteckt im Park des Restaurants Waldesruh in Hamburg-Aumühle. Ursprünglich sollte das Denkmal in den 1930ern in Potsdam errichtet werden, wo es wegen der geringen künstlerischen Qualität jedoch abgelehnt wurde. Dann wurde ein Standort in Düsseldorf in Erwägung gezogen. Im Zweiten Weltkrieg unterblieb die Aufstellung an einem öffentlichen Platz. Paul v. Lettow-Vorbeck hat sich persönlich für den jetzigen Standort stark gemacht.«

afrika-hamburg.de


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Der Bildhauer

Walter Alexander Moritz von Ruckteschell (geboren 1882 in St. Petersburg als Sohn eines später in Hamburg amtierenden baltendeutschen Pfarrers, ertrunken auf einer militärischen Mission 1941 im Mittelmeer) war ein deutscher Offizier der »Schutztruppe« für Deutsch-Ostafrika, Illustrator, Bildhauer und Schriftsteller.

1913 ging er mit seiner Frau Clara in die deutsche Kolonie Deutsch-Ostafrika, wo Ruckteschell Denkmäler und Skulpturen für öffentliche Plätze und Einrichtungen entwarf. Er meldete sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zur »Schutztruppe« und wurde Adjudant von Paul von Lettow-Vorbeck. Ruckteschell verfasste als Ghostwriter einen Großteil von Lettow-Vorbecks erfolgreichem Buch »Heia Safari! Deutschlands Kampf in Ostafrika«, zu dem er offiziell nur die Illustrationen lieferte. Neben den vielen Illustrationen in der deutschen Kolonialliteratur, wendete sich Ruckteschell nach dem 1. Weltkrieg vornehmlich der Gestaltung von Kriegsdenkmälern zu.

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• Ankunft am Lehrter Bahnhof: Ganz rechts Walter von Ruckteschell, neben ihm Paul von Lettow-Vorbeck

Walter von Ruckteschell schuf das umstrittene »Deutsch-Ostafrika-Ehrenmal«, das 1938 eingeweiht und zu beiden Seiten des Eingangs der » Lettow-Vorbeck-Kaserne« in Hamburg-Jenfeld aufgestellt wurde. Es stand in der Tradition einer direkt nach dem 1. Weltkrieg einsetzenden Verehrung der deutschen Kolonial-Truppen, die zur Zeit der Nationalsozialisten kultartige Züge erlangte.

Nach Schließung der Kaserne, 1999, geriet auch die Aufstellung des Reliefs, im Rahmen einer Gedenkstätte für die Opfer der Kolonialzeit, in die Diskussion. Kritisiert wurde dabei, dass:

... ein Konzept, dass die historischen Bezüge erklärt [fehlt]. Das Askari-Relief zeigt eine Truppe afrikanischer Soldaten, die scheinbar treu ergeben ihrem weißen Offizier folgen. Dadurch werde der Blick auf die Herrschaftsverhältnisse des Kolonialreiches verwischt. Der Ausstellungsort ist problematisch. Die Lettow-Vorbeck-Kaserne wurde von den nationalsozialistischen Machthabern als zentraler Ort kolonialrevisionistischer Traditionspflege des Militärs eingerichtet. Zeitweise abgebaut, wurde das Relief 2003 im Rahmen des sogenannten »Tansania-Park«, unter Protesten, wiedererrichtet.

nach Wikipedia, 14. November 2017


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• Zehn Steinzeichnungen von Ostafrikanern der »Lettow-Mappe« von Walter von Ruckteschell. Veröffentlicht wurde die Mappe in der Nachkriegszeit, das Vorwort schrieb Lettow-Vorbeck


Lesen Sie hierzu auch unseren Bericht über das Ruckteschell-Heim in Hamburg Eilbek

Hamburg Eilbek


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Spurensuche von Lothar Neinass

»›Ein Spähtrupp der Schutztruppe Deutsch-Ostafrika durchstreift eine Busch- und Steppenlandschaft. Die Gruppe besteht aus einem deutschen Soldaten, einem Askari und einem Träger.‹ Die Rede ist von dem am 8. Mai 1955 im Sachsenwald bei Aumühle (Kreis Herzogtum Lauenburg) in einem großen Festakt feierlich eingeweihten ›Deutsch-Ostafrika-Gedächtnismal‹. Als Ehrengast sollte General Paul von Lettow-Vorbeck teilnehmen und das Denkmal enthüllen. Er sagte ab, weil er sich einer Augenoperation unterziehen musste. Die Festrede übernahm Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel, der in Gare in Deutsch-Ostafrika, im heutigen Tansania, geboren wurde und dort im Norden zunächst bis 1919 und dann von 1935 bis 1940 gelebt hat. Stellvertretend für General von Lettow-Vorbeck weihte Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg, der letzte Gouverneur von Togo-Westafrika, das Denkmal ein. Laut Zeitungsberichten nahmen an der Veranstaltung rund 500 Besucher teil, darunter zahlreiche Bewohner der ehemaligen deutschen Kolonien«. So beginnt Lothar Neinass seinen ausführlichen Bericht über Walter von Ruckteschells Spuren in Aumühle. Er ist im April 2023 als Sonderdruck in der »Lauenburgische Heimat«, Zeitschrift des Heimatbund und Geschichtsvereins Herzogtum Lauenburg e.V. erschienen.

SH Aumuehle Ehepaar Ruckteschell Kreisheimatpflege Landkreis Dachau webFoto: Kreisheimatpflege Landkreis Dachau

Clara und Walter von Ruckteschell nach ihrer Rückkehr aus Afrika an ihrem Wohnort in Dachau

Am 12. Mai 1955 widmete sich ein Artikel im Hamburger Abendblatt der Einweihungsfeier: »... Das schon vor 25 Jahren in Auftrag gegebene Gruppenstandbild eines Schutztrupplers, der von einem Askari und einem schwarzen Träger flankiert ist, konnte jetzt erst zur Aufstellung kommen, weil sein Schöpfer, Bildhauer Walter von Ruckteschell, im zweiten Weltkrieg gefallen ist, bevor das Werk vollendet war. Seine Gattin Clary bewahrte es nach Kriegsende durch Vergraben in ihrem Garten vor der Vernichtung und stellte es schließlich fertig. Auf einem Gelände, das Fürst Bismarck zur Verfügung gestellt hat, unweit der letzten Ruhestätte des ›Eisernen Kanzlers‹, des Begründers der deutschen Kolonien, hat das Gedächtnismal nun einen würdigen Platz gefunden. Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg widmete es dem ehrenden Gedenken aller, die fern der Heimat ihr Leben ließen.

Die Denkmalsweihe war verbunden mit einer Wiedersehensfeier ›alter Afrikaner‹. Sie hatten am Sonntagvormittag am Wißmann- und Dominik-Denkmal im Vorgarten der Universität Kränze niedergelegt. Dort hielt Universitätsprofessor Dr. Dammann an Stelle des erkrankten Generals Paul von Lettow-Vorbeck die Gedenkrede ...«.

Lothar Neinass beschreibt die Feier aus heutiger Sicht: »Das Wochenende vom 7. bis 9. Mai 1955 wurde für die ehemaligen Deutsch-Ostafrikaner zu einer großen Wiedersehensfeier, in deren Mittelpunkt die Enthüllung des Deutsch-Ostafrika-Denkmals in Aumühle stand. Eingeleitet wurde die Wiedersehensfeier mit einem Kameradschaftsabend im Hamburger Curio-Haus. Der 8. Mai begann mit einer Kranzniederlegung am Denkmal des ehemaligen Reichskommissars in der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Hermann von Wissmann, im Innenhof der Hamburger Universität. Inzwischen ist das Denkmal nach Protesten von Studenten entfernt und seit 1968 in Bergedorf im Keller der Sternwarte eingelagert.

Anschließend ging es mit einem Sonderzug von Hamburg nach Aumühle (Fahrpreis: 1,20 DM). Rund 500 Gäste waren zu der Veranstaltung gekommen, wie in einem Zeitungsartikel zu lesen war. Auch Clara von Ruckteschell gehörte zu den Ehrengästen. Für den erkrankten General Paul von Lettow-Vorbeck enthüllte der letzte Gouverneur von Togo-Westafrika, Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg, das Ehrenmal. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel hielt die Festansprache. Wie schon an anderer Stelle erwähnt, war er in Ost-Afrika geboren und hatte dort einige Jahre gelebt. In seiner Ansprache machte Kai-Uwe von Hassel deutlich, dass die Einweihung des Denkmales nicht als eine Forderung nach deutschen Kolonien zu verstehen sei: ›Wir sollten uns der grundlegenden Veränderungen in der Welt bewusst werden. Nur so können wir uns von dem Traum der Wiedererringung eines deutschen Kolonialreiches lösen‹. Weiter führte von Hassel aus, dass nach der langen Zeit des Umdenkens in Deutschland von 1918 bis heute niemand mehr glaubt, dass hinter diesem Denkmal etwa der drohende Ruf der Deutschen stünde: ›Gebt uns unsere Kolonien wieder‹.

Kai-Uwe von Hassel sagte weiter: ›Es ist heute eine Stunde des Gedenkens, das uns veranlasst, ein Denkmal für diejenigen zu weihen, die Deutschland fern ihrer Heimat verteidigten. Es ist ein Dank für eine Treue, den wir immer schuldig sind und von dem Zeugnis vor aller Öffentlichkeit abgelegt wird, und zwar nicht nur der Dank an den deutschen Soldaten und den deutschen Pflanzer, sondern auch an den eingeborenen Askari und den schwarzen Trägern, die immer viel mehr waren als die untertänigen Diener ihrer weißen Herren.‹ Statt auch auf die schrecklichen Menschenrechtsverletzungen durch die deutschen Offiziere in der Kolonialzeit einzugehen, verherrlichte von Hassel in seiner Ansprache General Paul von Lettow-Vorbeck als ›leuchtendes Vorbild‹.«

Wir danken Lothar Neinass für die Genehmigung seinen ausführlichen Bericht hier verlinken zu dürfen.

Download: Walter von Ruckteschells Spuren in Aumühle, 20,8 MB


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Historische Fotos

Als »Askari« wurden vor allem in Afrika einheimische Soldaten oder Polizisten in den Kolonialtruppen der europäischen Mächte bezeichnet. Foto aus der Zeit vor 1910.

HH Jenfeld Askaris vor 1910 web


Das Foto unten könnte fast als Vorbild für den Bildhauer gedient haben. Auch hier macht der Hilfssoldat wohl den deutschen Offizier auf etwas aufmerksam. Man kann genau die typische Kopfbedeckung mit Nackenschutz und die gewickelten Unterschenkel sehen.

 

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        Foto: Walther Dobbertin/Wikimedia Commons

Lesen Sie auch unsere Dokumentation des »Schutztruppenehrenmales« in Hamburg Jenfeld

Hamburg Jenfeld


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Paul von Lettow-Vorbeck

• Paul Emil von Lettow-Vorbeck (20. März 1870 in Saarlouis – 9. März 1964 in Hamburg-Othmarschen) war ein deutscher Offizier, zuletzt General der Infanterie sowie Kommandeur der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg.

Lettow-Vorbeck war laut seinem Biografen dem Historiker Uwe Schulte-Varendorff ein »Militarist, der im Soldatentum die höchste Form des menschlichen Dasein erblickte«. Im Krieg seien für ihn alle Mittel erlaubt gewesen, wie seine rücksichtslose Kriegsführung in Ostafrika zeige. Die für ihn rassisch minderwertigen Afrikaner habe er als reines »Menschenmaterial« betrachtet. Als »autoritärer Selbstdarsteller« und »absoluter Machtmensch« habe er sich in seinen »selbstverherrlichenden Schriften« seine eigene Wirklichkeit geformt.

In mehreren deutschen Städten waren und sind Straßen nach Paul von Lettow-Vorbeck benannt. Auch Schulen und Kasernen erhielten seinen Namen. Seit der Jahrtausendwende hat eine kritische Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands zu Debatten über diese Namenspraxis geführt. Infolgedessen wurden in einer Reihe von Orten nach Lettow-Vorbeck benannte Straßen und Einrichtungen umbenannt.

Nach Wikipedia, 15. Juni 2017

wikipedia.org/wiki/lettow-vorbeck


• Inzwischen hat das Bild vom Edelmann im ostafrikanischen Busch Risse bekommen. »Es gibt nichts an Lettow-Vorbeck, das heute noch verehrungswürdig wäre«, schreibt der Historiker Uwe Schulte-Varendorff in seiner Lettow-Vorbeck-Biografie »Kolonialheld für Kaiser und Führer«. Und manche, wie die »Süddeutsche Zeitung«, nennen ihn »wohl einen der größten Kriegsverbrecher« in der deutschen Geschichte.

Spiegel.de, 27. September 2013

www.spiegel.de/lettow-vorbeck

SH Aumuehle Lettow Vorbeck Bundesarchiv Bild 183 H27605 Herbstmanover bei Celle 440px webFoto: Bundesarchiv-Bild-183-H27605
Paul von Lettow-Vorbeck (rechts) als Gast beim großen Truppenmanöver bei Celle im September 1935

 

Weitere Hintergrundtexte und viele Informationen aus den ehemaligen deutschen Kolonien auf der Website:

www.freiburg-postkolonial.de

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Der LevoPark

Von 1959 bis 1961 wurde in Bad Segeberg eine Kasernenanlage für die Bundeswehr errichtet. Zunächst wurde sie einfachheitshalber »Neue Kaserne« genannt, doch 1964 besann man sich auf die Möglichkeit einer Namensehrung und die Truppenunterkunft erhielt den offiziellen Namen »Lettow-Vorbeck-Kaserne«.

Als ab Ende der 1990er Jahre die Rolle von Paul von Lettow-Vorbeck als Befehlshaber der »Schutztruppe« für Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg sowie als kommandierender Offizier beim Kapp-Putsch kritisch hinterfragt wurde, regte sich Widerspruch – jedoch bis heute erfolglos, selbst nach der Schließung der Kaserne am 31. Dezember 2008 ...

 

SH Levo Kontrolle web


Seit 2011 heißt das Gelände, das private Investoren für gewerbliche Nutzung vermieten »LevoPark Bad Segeberg«. Die Ehrung für Lettow-Vorbeck hat sich in der Abkürzung seines Namens erhalten: An der ehemaligen Einlasskontrolle des Kasernengeländes, ...

SH Levo Schild1 web


... auf einem großen Willkommensschild, natürlich auf www.levo-park.de mit dem Motto »Der LevoPark  – Erfolg hat ein Konzept ...«

 

SH Levo Schild2 web


... und auf der Übersichtswand. Hier offenbart sich die anhaltende Sympathie für Militärisches: Die Straßen heißen Leopardstraße und Jaguarring.


Auf freitag.de lesen wir dazu in der Ausgabe 15/2033:

»Tiger, Panther, Leopard – Deutsche Panzer heißen wie Raubtiere. Aber wer hat’s erfunden? Die Nazis natürlich. Tiger und Panther verkörperten für sie unerbittliches Töten. Die Bundeswehr hat damit scheinbar kein Problem.

Wenn die Zoologie Einzug ins Politische hält, dient dies meistens dem Zweck, andere zu erniedrigen oder Eigenes zu überhöhen. Selten aber ist es bloß harmlose Namensgebung. Seit der Krieg in der Ukraine tobt, ist in Deutschland allerorten wieder von einem Tier die Rede, das es hierzulande eigentlich nur im Zoo gibt, vom Leoparden.«

Link zum Artikel


Nachtrag zu Paul von Lettow-Vorbeck: In seinem Kurzfilm zum »Deutsch-Ostafrika-Ehrenmal« in Aumühle nennt unser Studienleiter Dr. Stephan Linck ihn protofaschistisch, rechtsradikal und antidemokratisch.

Link zum Film


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www.sachsenwald.de

Gregor Graf von Bismarck, der diese Website betreibt, sieht das anders. Er beschreibt das Denkmal so:

»Skulptur von General Paul von Lettow Vorbeck
Lettow Vorbeck (geboren am 20. März 1870 in Saarlouis; gestorben 9. März 1964 in Hamburg) kämpfte im Ersten Weltkrieg als Generalmajor in Tanganjika, dem heutigen Tansania. Dies wurde in der Zeit von 1885 bis 1918 als Deutsch-Ostafrika bezeichnet und war die größte Kolonie des Deutschen Reiches.

Bei seinen Gegnern galt er als geschickter, großherziger und ritterlicher Soldat. Er bildete seine schwarzen Askari Truppen wie Preußische Offiziere aus. Als er in den 1950er Jahren nach Tansania reiste, um seinen Askaris ihren Lohn vom Ersten Weltkrieg zu bezahlen, wurde er wie ein Held empfangen. Vorbeck war ein Gegner der Nazis. Sein aufregendes Leben wurde in vielen verschiedenen, sehr lesenswerten Büchern veröffentlicht.«

SH Aumuehle Bismarck Website web

www.sachsenwald.de


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Das Grab in Pronsdorf

Lettow-Vorbecks Tochter heiratete einen Grafen zu Rantzau, den Gutsherrn von Pronsdorf am Wardersee in Ostholstein.

Dort ist Paul von Lettow-Vorbeck am 9. März 1964 begraben worden. Eine Ehrenkompanie der Bundesmarine war angetreten und Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel hielt die Grabrede.

              SH Aumuehle Grab Lettow Vorbeck 02 web

SH Aumuehle Grab Lettow Vorbeck 01 web


Lesen Sie hier Auszüge der Berichterstattung in der TAZ von 2013 zum Kampf der Angehörigen um seinen Ruf. Dabei geht es um Identität und Integrität, die Bewertung der Kolonialgeschichte und moralische Standards.

Auszüge/TAZ 2013


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Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über die Denkmalsanlage auf dem Waldfriedhof können Sie hier sehen: bei YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte des Denkmals
Die Grabplatte
Der Gedenkstein für die russischen Kriegsgefangenen
Die Umsetzung 2020
Das Grab von Karl Dönitz
Die Dönitz-Affäre: ein Schulprojekt
2012: Künstler gegen Rechtsextremismus
Der Waldfriedhof

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Aumühle, Kreis Herzogtum Lauenburg

Auf dem kirchlichen Waldfriedhof Aumühle-Wohltorf

Eine großzügige Anlage für die toten Soldaten beider Weltkriege. Über eine breite gepflasterte Fläche, auf der Denkmalsseite von einer halbhohen Mauer begrenzt, betritt der Besucher über zwei flache Stufen den halbrunden Denkmalsplatz.

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Der Block in der Mitte, wie die Mauer aus bunten Feldsteinen, steht vor einem hoch aufragenden christlichen Holzkreuz. Um den Fuß des Kreuzes läuft ein lichtes rundes Schriftband aus Metall mit dem Text:

DEN OPFERN DER KRIEGE 1914 - 1918 + 1939 - 1945

Die Architekten Bernhard Hopp und Rudolf Jäger aus Hamburg erhielten 1957 den Auftrag, das Denkmal von 1924 umzugestalten. Lesen Sie weiter unten über die wechselvolle Geschichte des Denkmals.

 

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Auf den drei eingelassenen Bronzetafeln auf der Frontseite des gemauerten Blocks sind in erhabenen Buchstaben 70 Namen von den toten Soldaten des 1. Weltkriegs zu lesen. Je eine Tafel für Friedrichsruh, Aumühle und Wohltorf. Sie wurden vom ursprünglichen Denkmal von 1932, siehe weiter unten, übernommen.

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Rechts neben dem Vorplatz steht jetzt der alte Denkmalstein: ein großer Findling mit dem Relief eines Stahlhelms mit Bajonett. Darunter steht:

1914:18


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Die Geschichte des Denkmals 


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Foto: Gemeindearchiv Aumühle

• Am Heldengedenktag 1932 wurden die drei Bronzetafeln mit den Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Aumühle, Friedrichsruh und Wohltorf angebracht.

»Die Errichtung eines Ehrenmales für die gefallenen Soldaten erschien den Bürgern in Aumühle und Wohltorf wichtig. In den beiden Gemeinden bildete sich ein Kriegerverein, der eine Erinnerungsstätte für die Gefallenen des Weltkrieges von 1914 bis 1918 schaffen wollte. Die Pläne sahen einen von einer Feldsteinmauer eingefassten runden Hof vor. In der Mitte sollte auf einem ebenfalls aus Feldsteinen gemauerten Sockel ein großer Findling stehen. In den Feldstein eingemeißelt waren ein Stahlhelm und ein Schwert sowie die Jahreszahlen 1914/18. Unterhalb des Findlings war auf einer Steintafel zu lesen:

Die Edelsten sind auf deiner Höhe erschlagen. Wie sind die Helden gefallen! 2. Sam. 1 Vers 19

In der Bibel lautet der Vers 19 vollständig:
›Die Edelsten in Israel [!] sind auf deiner Höhe erschlagen ...‹«

Zitiert aus dem Aufsatz von Lothar Neinass, dem wir sehr herzlich danken, dass wir seine Texte hier zur Verfügung stellen dürfen.

Lesen Sie die ganze wechselvolle Geschichte des Denkmals, in deren Verlauf der Findling auch schon mal vergraben worden war. Lothar Neinass hat sie für die Kirchengemeinde aufgeschrieben.


Die Geschichte des Denkmals


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Die Grabplatte

Am Weg links von der Denkmalsanlage kommt man an einer großen Grabplatte vorbei:

Georg Ritter v. Schönerer
Gutsherr zu Schloss Rosenau Nieder-Österreich 1842 - 1921.
Ein Kämpfer für Alldeutschland.

SH Aumuehle Alldeutschland web

Georg Heinrich Ritter von Schönerer war ein östereichischer Gutsherr und Politiker. Schönerer hatte von 1879 bis zur Jahrhundertwende Bedeutung als Führer zunächst der Deutschnationalen und später der Alldeutschen Vereinigung. Er war ein heftiger Gegner des politischen Katholizismus, ein radikaler Antisemit und übte starken Einfluss auf den jungen Adolf Hitler aus, der ihn als eines seiner Vorbilder ansah.

Er vertrat eine völkisch-germanische Ideologie, die mit einem radikalen Antisemitismus Hand in Hand ging, der bei ihm konsequent »rassisch« begründet wurde. Seine Alldeutsche Bewegung verlangte 1900 im Wiener Parlament, eine Prämie für jeden »niedergemachten« Juden auszusetzen. Schönerer verkündete damals völkisch-antisemitische Parolen wie: »durch Reinheit zur Einheit – Ohne Juda, ohne Rom / wird gebaut Germaniens Dom« oder »Die Religion ist einerlei / im Blute liegt die Schweinerei«.

• Nach Wikipedia, 4. Februar 2017


Katarina Holländer beschreibt in ihrem Beitrag »Wo Deutschland stirbt« auf www.republik.ch die Geschichte des Grabs:

»Jährlich pilgerte ab 1898 etwa Georg von Schönerer nach Friedrichsruh. Auf einer dieser Reisen starb zwar seine Frau, aber dem Führer der Deutsch­nationalen Bewegung, welche die Vereinigung der deutsch­sprachigen Gebiete Österreichs mit dem Deutschen Reich forderte, ging in Aumühle schließlich dennoch ein Herzens­wunsch in Erfüllung. Er verfügte testamentarisch, dass er mit seiner Gemahlin in Bismarcks Nähe beigesetzt werden wolle, und 1922, zu Bismarcks 107. Geburtstag, wurde der ›eiserne Kanzler‹ mit Schönerers feierlicher Beisetzung in einem Dauergrab auf dem Friedhof beschenkt.

Dass ›der Reichsgründer‹ den Rassisten, der 1888 wegen antisemitischer Ausschreitungen den Adelstitel einbüßte, zu seinen Lebzeiten nicht ausstehen konnte, war ein bald vergessener Wermuts­tropfen. Die Inschrift der Grabplatte hatte auch der Führer der Alldeutschen Bewegung Österreichs selber bestimmt [...]. Als der in seiner Zeit berühmteste ›völkische‹ Politiker Österreichs neben seinem Bismarck in die deutsche Erde gelegt wurde, war er bereits das große Vorbild des anderen deutsch­fanatischen Österreichers, der sich gerade im Großwerden übte [...].«

Wo Deutschland stirbt


Durch die Finanzierung eines Sponsors erhielt Georg von Schönerer auf dem Aumühler Friedhof sein »auf Dauer angelegtes Grab«.


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Der Gedenkstein Für die russischen Kriegsgefangenen

Einen weiteren Denkmalstein sieht man nicht unbedingt. Der Findling ist vom Weg aus nicht zu erkennen. Man muss sich schon auf die Rückseite der Anlage ins Gebüsch begeben, um ihn zu entdecken.
 

SH Aumuehle Stein total web


Der Gedenkstein ist russischen Kriegsgefangenen gewidmet, die im Sachsenwald Zwangsarbeit verrichten mussten und dort gestorben sind. Die Inschrift lautet:

In den Jahren 1941 – 1942
wurden mehr als 30
unbekannte russische
Kriegsgefangene auf dem
Friedhof in Aumühle beigesetzt.

Sie waren im Lager Ödendorf
untergebracht und arbeiteten
im Forst Sachsenwald.

Zwischen 1950 – 1960
wurden die meisten auf russische
Soldatenfriedhöfe umgebettet.

Die Inschrift auf dem Stein ist allerdings in mehrfacher Hinsicht falsch: Die toten russischen Kriegsgefangenen wurden nicht auf dem Friedhof, sondern außerhalb begraben. Einige von ihnen waren in einem Lagerhaus in Aumühle untergebracht und arbeitete offenbar auch gegen lächerliche Bezahlung für Privatleute in Aumühle.

SH Aumuehle Stein web


Der »Russenfriedhof«, er lag 1941/42 ausserhalb des Geländes des Aumühler Waldfriedhofs, wurde nach den Umbettungen 1960 eingeebnet. Bis 2001, als der Friedhofsausschuss den Gedenkstein initiierte, erinnerte nichts mehr an die Toten und auch nach Errichtung des Findlings hinter dem Kriegerdenkmal ist der Ort nur Eingeweihten bekannt.


Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Aumühle veröffentlichte 2012 einen ausführlichen Aufsatz von Lothar Neinass zur Geschichte des Waldfriedhofs. Lesen Sie hier das Kapitel zum Gedenkstein für die russischen Kriegsgefangenen, in dem zum Schluß auch ein geeigneterer Platz für den Stein angemahnt wird.

Gedenkstein Zwangsarbeiter


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Die Umsetzung 2020

Der Gedenkstein für die russischen Kriegsgefangenen ist an einen angemessenen Platz versetzt worden. Ein Radlader bewegte den circa 1,5 Tonnen schweren Findling an seinen neuen, frisch gepflasterten Platz auf der linken Seite der Kriegerdenkmalsanlage.

SH Aumuehle Zwangsarbeiterstein 2020 web
Foto: Wolfgang Metzner

Eine erneute Initiative eines Aumühler Bürgers hat diese längst überfällige Aktion bewirkt. Der Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz hat über die Geschichte der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter in Aumühle geforscht. Stephanie Rutke schreibt darüber in der Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts am 22. Oktober 2020: »›Am 27. Oktober 1941 erging ein Schnellbrief des Reichsinnenministers Wilhelm Frick an die Gemeinden in Deutschland, in dem Regularien für die Bestattung verstorbener sowjetischer Kriegsgefangener aufgelistet sind‹, sagt der Kulturwissenschaftler. Die Feststellung des Todes und der Leichentransport sollten möglichst durch die Wehrmacht erfolgen, die Bestattungen so unauffällig wie möglich entweder außerhalb der Friedhöfe oder in entlegenen Teilen durchgeführt werden. [...]

Zufällig lernte Nikolaj Müller-Wusterwitz eine ehemalige Aumühlerin kennen, die sich mit der Geschichte der Fremdarbeiter beschäftigt. Er erhielt über sie einen Plan, auf dem der Begräbnisplatz für die sowjetischen Kriegsgefangenen exakt verzeichnet ist. Das sei einer der Höhepunkte seiner Forschungsarbeit gewesen. Er hat die Stelle genau ausgemessen und markiert. Im kommenden Jahr möchte er ein kleines Holzkreuz zur Erinnerung setzen.«

Die Arbeit von Nikolaj Müller-Wusterwitz ist auch Thema in einem Artikel von Frank Keil in Hinz&Kunzt vom September 2022. Wir zitieren daraus:

»... während der NS-Zeit gab es im Sachsenwald drei Zwangsarbeiterlager, sowjetische Kriegsgefangene mussten im Forst und im Sägewerk arbeiten. Mehr als 30 von ihnen kamen ums Leben. Ihre Namen? Wüsste man nicht, hieß es behördlicherseits. Aber Müller-Wusterwitz ließ nicht locker und forschte weiter. Mittlerweile hat er 26 Namen ausfindig gemacht. Geplant ist eine Informationstafel, die davon berichten wird. Müller-Wusterwitz erzählt: ›Es gab eine Stelle, da konnte man sich für eine Reichsmark pro Tag einen Zwangsarbeiter besorgen. Die haben alles gemacht: Häuser gebaut, aufgeräumt, den Garten gepflegt.‹

Irgendwo weiter hinten im Schattigen liegt dann einer begraben, der dafür mitverantwortlich war: Karl Dönitz. U-Boot-Fahrer, Großadmiral und kurz vor Kriegsende Nachfolger von Adolf Hitler. Verurteilt zu gerade mal zehn Jahren Haft, die er in Berlin-Spandau absaß. Wie kam er hierher? ›Seine Frau hatte in Hamburg einen Sekretärinnen-Job, wohnte in Aumühle und so war Dönitz’ Entlassungsadresse ihre Anschrift‹, erzählt Müller-Wusterwitz.

Dönitz zog sich an den Rand des Sachsenwaldes zurück, schrieb diverse Bücher, die sich auf einen Satz reduzieren lassen: ›Ich habe mir nichts vorzuwerfen, ich würde alles wieder genauso machen.‹ Als Dönitz Weihnachten 1980 starb und Tage später hier auf dem Waldfriedhof beerdigt wurde, versammelten sich rund 5000 Trauergäste, darunter zahlreiche Alt- und Neonazis. Dönitz’ Grab wurde bald Pilgerstätte für ehemalige Marinesoldaten wie Rechtsradikale. Erst seit den 2010er-Jahren unterbinden die Behörden entsprechende Aufmärsche. [...]

Noch eine weitere NS-Größe ist verbunden mit dem Sachsenwald. Nach dem Kriegsende arbeitete im bismarckschen Sägewerk ein gewisser Karl Neumann. Der hieß in Wirklichkeit Richard Baer und war der letzte Kommandant des KZs Auschwitz; 1960 enttarnt, starb er noch vor seinem Prozess. Bis heute hat die Bismarckfamilie nicht erklärt, ob ihnen bekannt war, wer da bei ihnen Unterschlupf gefunden hatte und wem sie Lohn zahlte.«


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Das Grab von Karl Dönitz

Karl Dönitz, geboren am 16. September 1891 in Grünau bei Berlin; gestorben am 24. Dezember 1980 in Aumühle, war ein deutscher Marineoffizier – ab Januar 1943 Großadmiral, Nationalsozialist. NSDAP-Mitglied, enger Gefolgsmann Adolf Hitlers und letztes Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches.

Anfang 1936 wurde Dönitz »Führer der U-Boote« und war in der deutschen Kriegsmarine die treibende Kraft beim Aufbau der U-Boot-Waffe. Ende Januar 1943 zum Oberbefehlshaber der Kriegsmarine ernannt, wurde er in Hitlers politischem Testament vom 29. April 1945 zu dessen Nachfolger als Reichspräsident und Oberbefehlshaber der Wehrmacht ernannt.

Nach Hitlers Suizid am 30. April 1945 setzte Dönitz am 5. Mai 1945 eine bereits Ende April vorbereitete geschäftsführende Reichsregierung unter Lutz Graf Schwerin von Krosigk als Leitendem Reichsminister ein, die allgemein als »Regierung Dönitz« oder »Flensburger Regierung« bekannt ist. Ungefähr zwei Wochen nach der am 8. Mai erklärten bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht wurden am 23. Mai 1945 Dönitz, die hohen Generäle des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) und alle Mitglieder der Regierung verhaftet, die in der Marinesportschule auf dem Marinestützpunkt in Flensburg-Mürwik residierten.

Dönitz gehörte zu den 24 Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Er wurde wegen Führens von Angriffskriegen und Kriegsverbrechen schuldig gesprochen und am 1. Oktober 1946 zu zehn Jahren Haft verurteilt, die er bis zum 1. Oktober 1956 vollständig verbüßte.

• Nach Wikipedia, 4. Februar 2017

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Foto: Udo Grimmberg/Wikimedia Commons


Das Familiengrab Dönitz mit einer ungewöhnlich großen Skulptur von Jesus Christus am Kreuz aus dunklem Holz befindet sich ebenfalls auf dem Waldfriedhof. Auf den liegenden hellen Platten stehen die Namen und Daten von Karl Dönitz, seiner Frau und seinen im 2. Weltkrieg ums Leben gekommenen Söhnen, beide waren Marinesoldaten. Die verstörende Inszenierung mit dem gekreuzigten Jesus ist inzwischen abgebaut worden – unser zweiter Besuch fand 2020 statt.

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Noch in den neunziger Jahren gab es uniformierte Aufmärsche von Neonazis am Grab, mittlerweile geht es eher unauffällig zu beim »Heldengedenken« der rechten Szene. Die Kränze auf dem Farbfoto vom 4. Februar 2017 waren am 28. Dezember 2016, wohl aus Anlass des Sterbetages von Dönitz, von Neonazis niedergelegt worden, siehe Foto unten. Der Stahlhelm, den sie auf dem Foto vor den Kränzen plaziert hatten, war im Februar nicht mehr zu entdecken.

SH Aumuehle 28 Dez 2016 Nazis web

Ein Bericht aus dem Jahr 2011 von Volker Weiss, Frankfurter Rundschau:

»Von der Öffentlichkeit unbemerkt trafen sich dort knapp 30 Personen. In kleinen Grüppchen seien sie über den Friedhof gelaufen und hätten sich vor einer Ruhestätte versammelt, erinnert sich eine Anwohnerin. Ein Kranz der NPD wurde niedergelegt, ehe man zum Kriegerdenkmal weiterzog. Die Dame hatte ein ›Heldengedenken‹ norddeutscher Neonazis am Grab von Großadmiral a.D. Karl Dönitz beobachtet.

Schon bei der Beerdigung des letzten Oberbefehlshabers der deutschen Kriegsmarine vor dreißig Jahren war es auf dem Friedhof mit der Ruhe vorbei. Viertausend Trauergäste kamen, um Dönitz das letzte Geleit zu geben.
Die Presse listete die Kranzschleifen auf: Veteranenverbände der Marine, Wehrmacht und Waffen-SS, die ›Nationalzeitung‹ und Rudolf Hess rühmten den Verstorbenen. Die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger hielt die Ehrenwache, auch die heute verbotene Wiking-Jugend marschierte auf. Angehörigen der Bundeswehr war die Teilnahme an der Zeremonie in Uniform vom Verteidigungsministerium verboten worden ...«

 

Mit dem Projekt »Botschaften setzen – Gegen missbrauchtes Gedenken« organisierte der Lauenburgische Kunstverein in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg eine Plakatkunstaktion zum Volkstrauertag 2012, die sich mit der zunehmenden Instrumentalisierung des Volkstrauertages für rechtsextremistische Aktionen im Rahmen von sogenanntem »Heldengedenken« auseinandersetzen soll.

Tafel »Missbrauchtes Gedenken«


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Aktuell: Das Kreuz wurde entfernt

Als Stephan Linck im Oktober 2020 für die Produktion eines Kurzfilms das Dönitz-Grab aufsucht, ist das Kreuz nicht mehr zu sehen. Wie zu hören ist, war der Familie die Erhaltung und Pflege des Holzkreuzes zu viel geworden.

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Der Waldfriedhof Aumühle in unserer Kurzfilmreihe bei YouTube> oder bei Facebook>


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Die Dönitz-Affäre: ein Schulprojekt

2011 gewann eine Projektgruppe des Otto-Hahn-Gymnasiums in Geesthacht mit ihrer Arbeit »Die Dönitz-Affäre – Der große Admiral und die kleine Stadt« den 1. Preis des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten, den sie im Schloss Bellevue entgegen nahmen.

Am 22. Januar 1963 war der Hitler-Nachfolger Großadmiral Dönitz auf Initiative des damaligen Schülersprechers Uwe Barschel zu einer »Geschichtsfragestunde« in das städtische Gymnasium eingeladen worden. Geschichtslehrer und CDU-Ratsherr Dr. Heinrich Kock hatte Dönitz auf einem Treffen des Heimkehrerverbandes kennen gelernt und war so auf die Idee der »Geschichtsfragestunde« in seiner Schule gekommen. Nachdem die Veranstaltung später durch Presseberichte ans Licht der deutschen und ausländischen Öffentlichkeit kam, brach ein Sturm der Entrüstung los ...

»Die Dönitz-Affäre – Der große Admiral und die kleine Stadt« auf der Website des Otto-Hahn-Gymnasiums


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2012: Künstler gegen Rechtsextremismus

Zum Volkstrauertag startete der Lauenburgische Kunstverein (LKV) eine Plakataktion an 16 Kriegerdenkmälern und Gedenkstätten im Kreis Herzogtum Lauenburg unter dem Titel »Botschaften setzen – Gegen missbrauchtes Gedenken«. In Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg entwarfen elf Künstler:innen großformatige Plakate, deren Ausstellung durch Vorträge und Diskussionsveranstaltungen vor Ort ergänzt wurden.


SH Aumuehle Missbrauchtes Gedenken web

 

In der Veröffentlichung der Künstler:innen zu ihrer Plakataktion ist ein Foto vom Dönitz-Grab mit einem Kranz der NPD zu sehen.

»In den vergangenen Jahren ist es in der Nacht nach dem Volkstrauertag an verschiedenen Ehrenmälern und Ehrenfriedhöfen in der Region zu rechtsextremen Kundgebungen gekommen. Diese Aktionen sind für die rechte Szene von großer Bedeutung, stellen doch diese Friedhöfe und Ehrenmälern relativ geschützte Räume dar, in welche Neonazis ihr Weltbild in der Nacht ungestört ausleben können«, schreiben die Künstler:innen.

PDF zur Plakataktion


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Der Waldfriedhof

Seit März 1911 gibt es den
 Waldfriedhof in Aumühle. Die
 Witwe von Fürst Herbert von 
Bismarck, Marguerite von
 Bismarck, überließ im Namen
 ihres damals 12-jährigen Sohnes Otto der Kirchengemeinde Aumühle kostenlos ein Waldgelände von 18.000 qm für den Friedhof und weitere 17.000 qm für den Bau der Kirche und eines Gemeindehauses. In der Überlassungsurkunde für den Friedhof wurde beiden Kirchengemeinden, Aumühle und Wohltorf, das dauernde Nutzungsrecht übertragen.

Das Eigentum der Waldfläche für den Friedhof einschließlich der Bäume auf dem Gelände blieb bei der Familie von Bismarck.

Während die Anlage des Friedhofes bereits ab 1911 umgesetzt wurde, konnten die Kirchen in Aumühle und Wohltorf erst in den Jahren von 1928 bis 1930 gebaut werden.


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Foto: Matzematik/Wikimedia Commons

• Die Bismarck-Gedächtnis-Kirche neben dem Waldfriedhof


»Ein ungewöhnlicher Name. Kann ein Politiker, auch wenn er eine entscheidende Figur der deutschen und europäischen Geschichte war, Namenspatron einer Kirche sein?« fragt Pastor Georg Laitenberger 2017 auf der Website der Kirchengemeinde.

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