I N H A L T
• Das Denkmal
• Historische Fotos
• Das Eiserne Kreuz
• Der Stahlhelm
• Kaiser Wilhelm I.
• 1915: Die Nagelung des Eisernen Kreuzes
• 1928: 600 Jahrfeier
• Die KZ-Gedenkstätte
• Der Todesmarsch
• Der neue Film »Verdrängen und Erinnern«
• Wegzeichen
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Ahrensbök, Kreis Ostholstein
Vor der Marienkirche, kein Kirchgänger kann es übersehen
Das Kriegerdenkmal ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet.
Foto: Genet / Wikimedia Commons
Ein großes dreidimensionales Eisernes Kreuz steht auf der Spitze des Denkmals aus hellem Granit.
Vom Weg zum Kirchportal führen Steinstufen zum Denkmal. Ein dreigliedriger flacher Sockel trägt die hohe eckige Säule.
Auf der Säule in tiefergelegten Feldern ist die Widmung zu lesen:
UNSEREN TOTEN
An den Seitenflügeln des Sockels stehen die Jahreszahlen der Weltkriege:
1914–1918 1939–1945
In der Mitte des Sockels in einem runden Medaillon ist ein Stahlhelm auf Eichenlaub im Relief zu sehen.
Das Eiserne Kreuz als militärische Ehrenzeichen und die Darstellung von Stahlhelm und ehrendem Eichenlaub lassen keinen anderen Schluss zu: mit »Unseren Toten« sind in Ahrensbök tote Soldaten gemeint.
In Deutschland starben im 1. Weltkrieg über 2 Millionen deutsche Soldaten und 700 000 Zivilisten.
Die Toten des 2. Weltkriegs: Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern, die meisten davon Zivilisten, u.a. 30 Millionen Sowjetbürger, 6 Millionen Polen, 2 Millionen Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen Juden, zu denen noch 1,3 Millionen ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen. Deutschland zählte etwa 6,3 Millionen Tote, darunter fast 5,2 Millionen Soldaten und 1,1 Millionen Zivilisten.
Bei unserem Besuch 2019 waren wir erstaunt über die vielen Blumen auf Kränzen und Gestecken und die privaten Worte auf den Schleifen (»Danke für Deine Liebe«). Wir erfuhren, dass es hier üblich ist, überzählige Trauerbezeigungen von Bestattungen am Kriegerdenkmal abzulegen. Ist das ein guter Brauch?
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Historische Fotos
Foto: Kirchenkreisarchiv Gleschendorf
Auf dem unteren Foto sieht man sehr schön den dreieckig gestalteten Aufgang zum Denkmal. Die Aufnahme ist vor der Erweiterung nach dem 2. Weltkrieg entstanden.
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Das Eiserne Kreuz
Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.
Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.
Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht.
• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust
»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«
Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl
DIE ZEIT, 5.6.2008
Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.
• Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017
Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:
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Der Stahlhelm
Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der neue Helm aus Stahl wurde entwickelt, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.
Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.
Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.
Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms M35 in sich vereinigen.
Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.
Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.
»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Vorstandsmitglied Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«
Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum
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Kaiser Wilhelm I.
Am 22. März 1897 feiert man überall im Deutschen Reich den 100. Geburtstag des Kaisers Wilhelm I., der wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung von Kaiser Wilhelm II. nun zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde. In Ahrensbök steht seine Bronzebüste auf einem hohen Granitsteinsockel.
Foto: Genet / Wikimedia Commons
Die Inschrift auf dem Steinsockel lautet:
Dem Andenken
unserer Kaisers
Wilhelm I.
1891.
Auf dem kleinen Sockel der Büste steht:
Ich habe
Keine Zeit mehr müde zu sein
Das soll Wilhelm I. im hohen Alter gesagt haben. Eine 1891 geschaffene Gruppe des Bildhauers Michel Lock zeigt den in einem Lehnstuhl sitzenden sterbenden Kaiser Wilhelm I. mit dem Todesengel. Michel Lock nannte sein Werk. »Ich habe keine Zeit müde zu sein«. Genau wie bei dem Denkmal in Ahrensbök steht der Spruch auf dem schmalen Sockel unter der Skulptur. Die Ahrensböker fügten ein »mehr« dazu.
Das Modell war 1896 auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt worden. Lock wurde dafür von Kaiser Wilhelm II. mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet. Die Jahreszahl 1891 in der Inschrift auf dem hohen Sockel in Ahrensbök bezieht sich dann wohl auf das Entstehungsjahr der Skulptur von Michel Lock und hat nicht direkt mit Wilhelm I. zu tun.
Überall im Land wurden Kaiser Wilhelm I. zu Ehren Denkmäler enthüllt, zum Beispiel auch in Trittau. Dort hat die Stiftung Geschichtskultur ein erläuterndes Schild aufgestellt:
»Wilhelm I.
• Geboren am 22.3.1797 als Sohn von König Friedrich-Wilhelm III. von Preußen und Königin Luise
• Niederschlagung der Revolution 1848 (›Kartätschenprinz‹)
• König von Preußen 1861 - 1888
• Deutscher Kaiser 1871 - 1888
• Gestorben 1888. Ihm folgt Friedrich III. (99-Tage-Kaiser) und im gleichen Jahr Wilhelm II. (1888 - 1918)
Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck haben ihr Jahrhundert geprägt. Um beide entstand nach ihrem Tod eine kultische Verehrung. Kaiser Wilhelm II. förderte den Kult um seinen Großvater, für den zu dessen 100. Geburtstag das riesige Nationaldenkmal in Berlin, etwa 350 Denkmäler in deutschen Städten und zahlreiche Gedenksteine, [...], eingeweiht wurden.«
Ausschnitt einer alten Postkarte aus den ersten Jahren des Wilhelm-I.-Denkmals. Sie wird im Heimatmuseum von Ahrensbök gezeigt.
In späteren Jahren sehen wir Kaiser Wilhelm I. mit repräsentativem Aufgang, der sich nicht bis heute erhalten hat.
... und zum Schluss noch der Blick von oben nach unten!
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1915: Die Nagelung des Eisernen Kreuzes
Klaus Zutz beschreibt die Nagelung: »Man beauftragte den in Ahrensbök ansässigen Kunstmaler Wilhelm Krützfeld ein großes Bild zu malen, worauf er eine Ansicht Ahrensböks mit der Umsetzung des Namens (Adler und Buche) sowie das Eiserne Kreuz mit Wappenschild darstellte. Während eines Festes unter der Friedenseiche auf dem Lornsenplatz in Ahrensbök am 26. September 1915 wurde das Bild der Bevölkerung vorgestellt; gleichzeitig sollte durch die Einnahmen des Nagelverkaufs für die Nagelung des Eisernen Kreuzes den Verwundeten geholfen werden.
Pastor Namenhauer berichtete damals in der Kirchenchronik: ›Die Feier nahm am 26. September [1915] 3 1/2 Uhr mit einem Feld- und Festtagsgottesdienst auf dem Lornsenplatz ihren Anfang. Nachdem die hiesigen Vereine und Körperschaften sowie auch die Schulkinder mit ihren Fahnen um die Friedenseiche Aufstellung genommen hatten, erklang unter Musikbegleitung von Musikern der Kieler Marinekapelle als Einleitung des Gottesdienstes das Niederländische Dankgebet über den Platz hinaus. Dann betrat Pastor Namenhauer das Podium unter der Eiche und hielt (...) die Festpredigt. (...) Gemeinschaftlicher Gesang, Gebet und Segen beendeten die stimmungsvolle Feier. Nach einer kleinen Pause brachte zunächst Herr Fabrikant Hartmann als Vorsitzender des Bürgervereins ein Hurra auf unser Heer und Flotte, unsere Heerführer, unsere Bundesfürsten und S. Majestät den Kaiser aus. Dann begann die Nagelung. Das von Herrn Wilh. Krützfeld hierselbst für diesen Zweck erstellte und künstlerisch ausgeführte Bild fand allgemeine Anerkennung. Es zeigt das Wahrzeichen Ahrensböks, die alte Buche mit einem Aar (Adler) auf einem Ast sitzend, auf einem Schild das Eiserne Kreuz: im Hintergrund sieht man unsere Marienkirche und unsere Volksschule.
Den ersten Nagel schlug Herr Fabrikant Hartmann als Vorsitzender des Bürgervereins ein mit den Worten: Heil und Sieg unserer Armee und unserer Flotte. Dann folgte Herr Pastor Namenhauer mit den Worten: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein, hierauf Herr Forstassessor Hayessen für den Flottenverein, Herr Ratsherr Jungclaussen für unsere Stadtvertretung. Dann folgten die verschiedenen Vereine mit ihren Vertretern und Privatpersonen. Die meisten Nägel wurden mit hübschen Sinnsprüchen eingeschlagen und viele Anwesende nahmen freudig Anteil an der Bestätigung vaterländischer Liebe und Dankbarkeit gegen unsere Krieger und spendeten gerne ihr Scherflein. In kurzer Zeit waren 2.000 Mark für die Nagelung gezeichnet.‹«
Klaus Zutz fasst ergänzend aus der Kirchenchronik zusammen: »Nägel à 10 Mark, 1 Mark und 50 Pfennige konnten auf dem Lornsenplatz gekauft werden. Gegen 6 Uhr leerte sich der Platz, nachdem noch die Schulkinder verschiedene Lieder gesungen hatten. Abends fand eine Nachfeier im Hotel Germania statt, wobei wiederum die Kieler Marinekapelle mitwirkte. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Bis in späte Stunde wurde gefeiert.
Der Ertrag aus der Nagelung wird nach Abzug der Unkosten an die Blinden- und Krüppelheime für unsere Soldaten abgeführt, beschloß der Bürgerverein. Dieses alte Bild, von einer Größe von ca. 1,80 Meter Höhe und etwa 1 Meter Breite auf Holz gemalt, war lange Jahre in unserer Kirche eingelagert gewesen, bis der Förderverein Heimatmuseum der Großgemeinde Ahrensbök es als Dauerleihgabe von der Kirchengemeinde erhielt.«
Unser Dank geht an Klaus Zutz für seinen Bericht.
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1928: 600 Jahrfeier
Pfingsten 1928 feierte Ahrensbök sein 600-jähriges Bestehen. Pastor Dahm erstellte dafür ein »Büchlein«. Wir zitieren daraus:
»Inzwischen ist der Sturm weltgeschichtlicher Ereignisse von neuem auch über unseren Ort gebraust. Die Namen der im Weltkriege Gefallenen auf den Ehrentafeln in unserer Kirche zeigen, daß auch unser Ort das Seine dazu beigetragen hat, die Heimat vor einem Krieg auf heimatlicher Erde zu bewahren. Nach dem Krieg ist wieder eine neue Zeit gekommen. Neue Gedanken und neue Ziele kamen wie mächtige Naturgewalten auch über unser stilles Land. Das fühlen wir alle: Etwas Neues ist im Werden. Aus dem Trümmerfeld der alten baut sich eine neue Weltgeschichte auf. Und wenn im Sommer die Flugzeuge über unserem Ort ihre Bahnen ziehen, – ganz gewiß, sie muten uns wirklich an, wie Prediger einer neuen Zeit.
Was aber tut uns not in einer Zeit, die so, wie unsere jetzt, im Werden ist? – Ich denke ein Geschlecht, daß das alles nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich erlebt, nicht nur mit den Augen und Ohren, sondern auch mit Herz und Seele. Es gibt aber nichts, was den Blick für die gestaltenden Kräfte der Gegenwart so sehr schult, wie das Forschen und Nachsinnen über die Kräfte, die die Vergangenheit gestaltet haben. Das aber wissen wir weithin nicht mehr. Es gibt wenige Zeiten, die so sehr der geschichtlichen Lehre bedürfen wie die unsere, und wenige, die so viel Neigung verraten sich davon abzuwenden wie die, in der wir leben.«
• Wir danken Herrn Schmütz vom Kirchenkreisarchiv Ostholstein in Gleschendorf für seine Hilfe bei unserer Recherche.
Auch die Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck berichten über die 600 Jahrfeier, illustriert mit einem Foto der Zuschauer am erhöhten Kaiser-Wilhelm-Denkmal, die auf den Festumzug warten.
»Die Stadt selbst repräsentierte sich an den Festtagen in einem herrlichen Festkleide. Fahnen über Fahnen wehten von den Häusern und die Straßen selbst waren mit frischem Grün, mit Fahnen und kleinen Fähnchen festlich geschmückt. Nach einem feierlichen Festgottesdienst in der Frühe des 2. Pfingsttages und einer sich daran anschließenden erhebenden Gefallenenehrung erfolgte am Nachmittag des Tages der Marsch des Festzuges durch die Stadt, der einewn imposanten Eindruck auf die Bevölkerung und die Gäste machte.«
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Die KZ-Gedenkstätte
Vom 3. Oktober 1933 bis zum 9. Mai 1934 befand sich auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte Ahrensbök das wilde KZ Ahrensbök. Die Gedenkstätte Ahrensbök wurde am 8. Mai 2001 in dem einzigen in Schleswig Holstein erhaltenen Gebäude eröffnet, in dem 1933 ein frühes KZ bestand. An Beispielen aus der Region werden Anfang, Alltag und Ende der nationalsozialistischen Diktatur zwischen 1933 und 1945 thematisiert.
Kaum zu glauben, dass alles mit einer Konfirmandenstunde im Frühjahr 1996 begann. Der damalige Ahrensböker Pastor Michael Schwer sprach mit den Jugendlichen darüber, dass Jesus jüdisch war. Als eine Konfirmandin keifte, was Scheißjuden in einer deutschen Bibel zu suchen hätten und andere Jugendliche nickten, erkannte Schwer eine Aufgabe. Er unternahm mit seinen Konfirmanden einen Kreuzweg zu Stätten des Nationalsozialismus in Ahrensbök, besuchte dabei eine Fabrik, in der Zwangsarbeiter gelebt, gearbeitet und gelitten hatten, stieß schließlich auf ein marodes Gebäude am Ortsrand, das 1933 ein frühes KZ beherbergt hatte.
Heute wird in fünf Dauerausstellungen in Bildern und Texten gezeigt, dass Terror und Kriegsfolgen zwischen 1933 und 1945 nicht nur in fernen Orten stattfanden. Auch in Gemeinden wie Ahrensbök regierte der nationalsozialistische Terror. Diese Kleinstadt steht exemplarisch für den schwierigen Versuch, die Erinnerung daran vor Ort auf eine feste Grundlage zu stellen. Mit den Ausstellungen in dieser Gedenkstätte soll das allzu lang Vergessene und Unterdrückte öffentlich gemacht werden.
Gedenkstätte Ahrensbök
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Der Todesmarsch
Am 19. Januar 1945 begann im Auschwitz-Außenlager Fürstengrube in Oberschlesien die Evakuierung des Lagers, bedingt durch die herannahenden Truppen der Roten Armee. Fehlende Ernährung, Krankheiten, Erschöpfung, Misshandlungen und Morde forderten auf diesem Todesmarsch von Januar bis Mai 1945 mit mehreren Zwischenstationen zahlreiche Opfer.
Der Todesmarsch erfolgte unter Leitung des letzten Lagerleiters SS-Oberscharführer Max Schmidt aus Neuglasau.
Vom Zeitpunkt der Evakuierung an befanden sich noch 1283 Gefangene, meist jüdischer Herkunft, in Fürstengrube. Davon wurden etwa 250 erschossen und die verbliebenen rund 1000 Gefangenen auf einen Todesmarsch nach Gleiwitz getrieben, dort in offenen Bahnwaggons deportiert und innerhalb von 14 Tagen über Mauthausen in Österreich nach Nordhausen am Harz in das KZ Mittelbau transportiert. Bei dem Transport erfroren viele Häftlinge, die unzureichend gekleidet, ungeschützt und geschwächt durch die Lagerhaft einer Witterung von minus 20° nicht mehr standhalten konnten. Die Toten, die während der Fahrt starben, wurden zum Teil bereits auf der Fahrt kurzerhand aus dem Zug geworfen. Ihre Leichen fand man entlang der Bahnschienen und bestattete sie auf den angrenzenden Friedhöfen.
Nach der Ankunft der wenigen Überlebenden dieses Transportes wurden die Häftlinge in der unterirdischen Waffenfabrik der Oda-Werke in Blankenburg eingesetzt, einem Außenlager des KZ Mittelbau, wo sie die so genannten V-Waffen V1 und V2 in Zwangsarbeit herstellen mussten.
Nach vier Wochen im KZ Mittelbau wurden 200 überlebende Häftlinge gesammelt und nach Magdeburg getrieben. Auf dem Weg dorthin traf die Kolonne auf eine Gruppe von 300 Häftlingen – mehrheitlich sowjetische Kriegsgefangene sowie Holländer, Franzosen und Belgier – die gemeinsam weitergetrieben wurden.
Die Häftlinge wurden am 9. April 1945 auf einen offenen Schleppkahn verladen und über die Elbe nach Lauenburg und den Elbe-Lübeck-Kanal nach Lübeck transportiert, wo sie am 12. April 1945 im Industriehafen Lübeck-Vorwerk eintrafen.
Von dem Industriehafen Lübeck-Vorwerk aus wurden die Häftlinge am 13. April 1945 17 km weit über Bad Schwartau (dort wurden 3 Menschen erschossen), Pohnsdorf, Curau (auf dem Weg dorthin wurden 20 Menschen erschossen) nach Ahrensbök getrieben, das sie am 14. April 1945 erreichten. Dort wurden die Häftlinge in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe wurde in eine vier Kilometer entfernte Feldscheune bei Siblin, die andere sechs Kilometer in eine Scheune bei Glasau/Sarau getrieben.
Die Häftlinge verblieben dort bis zum 30. April 1945. Während dieser Zeit wurden weitere Häftlinge erschossen. Die aus Westeuropa stammenden Häftlinge wurden Ende April vom Schwedischen Roten Kreuz unter Graf Folke Bernadotte gerettet, bekannt als die Rettungsaktion der Weißen Busse.
Anfang Mai mussten die Häftlinge über Süsel nach Neustadt in Holstein marschieren. In Süsel wurden am Abend des 1. Mai 1945 14 oder 15 Häftlinge in einer Scheune erschossen.
In Neustadt wurden die verbliebenen Häftlinge auf die Cap Arcona verschifft. Durch einen Angriff von Jagdbombern der Royal Air Force, der am 3. Mai 1945 zur Versenkung der Cap Arcona führte, kamen die meisten der 4600 Häftlinge, die sich zur Zeit des Angriffes auf dem Schiff befanden, um.
Die Toten sind auf dem Waldfriedhof der Gemeinde Timmendorfer Strand, auf dem Ehrenfriedhof Cap Arcona in Neustadt und auf dem Ehrenfriedhof für die Toten der Cap Arcona- und Thielbek-Katastrophe bei Haffkrug begraben.
• Nach Wikipedia, abgerufen am 28. März 2019
Eine ausführliche Dokumentation mit vielen Fotos und Landkarten finden Sie auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök.
Gedenkstätte Ahrensbök
Mehr zu den Todesmärschen auf LeMO
1998 erschien Gerhard Hochs Buch »Von Auschwitz nach Holstein. Die jüdischen Häftlinge von Fürstengrube«.
Lesen Sie über die Bedeutung von Gerhard Hoch für seine Heimat Holstein auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök:
Anstifter der ersten Stunde
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Der neue Film »Verdrängen und Erinnern«
Zum 20jährigen Bestehen der Gedenkstätte Ahrensbök hat der beeindruckende Film »Verdrängen und Erinnern – eine Kindheit im Nationalsozialismus« von Martina Fluck Premiere.
Zeitzeugen und Protagonisten sind die Ahrensböker Hans Otto Mutschler und Dr. Jörg Wollenberg.
Link zum Film auf YouTube
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Wegzeichen
Seit dem 1. September 1999 markieren zwölf Stelen – frei und aufrecht stehende Platten aus Beton mit eingelassenen Tontafeln und Tonfiguren – die Wegstrecke, auf der im April 1945 etwa 500 Häftlinge aus den Konzentrationslagern Auschwitz-Fürstengrube und Mittelbau-Dora von Lübeck über Bad Schwartau, Pohnsdorf, Curau, Bokhof, Dunkelsdorf, Ahrensbök, Siblin, Sarau, Süsel bis nach Neustadt i.H. marschieren mussten, wo die meisten auf Häftlingsschiffen in der Lübecker Bucht während eines britischen Bombardements ihr Leben verloren.
Foto: Genet / Wikimedia Commons
• Die Stele in der Lübecker Straße bei der Marienkirche
Die Wegzeichen sind das Werk von 15 jungen Menschen aus Polen, Tschechien, Weißrussland und aus Deutschland. Während eines gemeinsamen internationalen Sommerlagers – initiiert von der Gruppe 33, einer Bürgerinitiative, die sich als Arbeitsgemeinschaft zur Zeitgeschichte in Ahrensbök organisiert hatte – und in Zusammenarbeit mit der international aktiven Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste – arbeiteten sie 14 Tage unter Anleitung des Berliner Künstlers Wolf Leo.
Nicht an Schuld, so Leo, sollen die Stelen erinnern, sondern an die Verantwortung der Nachgeborenen.
Lesen Sie mehr auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök unter »Wegzeichen erinnern und mahnen«
Wegzeichen
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