TRADITIONEN WERDEN GEPFLEGT

Kriegerdenkmäler in Schleswig-Holstein

»Die Auseinandersetzung mit den Denkmälern gehört zu unserer Erinnerungskultur. Dabei wird sichtbar, dass wir auch als Kirche lernen, die eigenen Verstrickungen in die Geschichte von Krieg und Gewalt kritisch zu beleuchten. Die Erinnerung ist notwendig, um in der Gegenwart Versöhnung zu leben und auch in Zukunft dem Frieden zu dienen.

Unter dem Motto: ›Erinnern – Erkennen – Gestalten‹ greift die Evangelische Akademie Hamburg einen Appell der Synode der Nordkirche auf, sich kritisch mit den vielen hundert Ehrenmalen im Lande auseinanderzusetzen.

Gerade die vielen öffentlichen Ehrenmäler zum ersten Weltkrieg zeigen den damals prägenden Einfluss nationalistischer und auch nationalsozialistischer Ideologie. Ehrenmale zum Zweiten Weltkrieg stehen nicht selten noch unter dem Einfluss der Formensprache jener Zeit.«

Gothard Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein


Die in den Dörfern und Städten Schleswig-Holsteins zahlreichen Kriegerdenkmäler sind oft im Zentrum des Ortes aufgebaut oder in eigene Grünanlagen integriert. Die häufig zu findenden Namenstafeln getöteter Soldaten, die der persönlichen Erinnerung dienen sollen, sind gleichwohl mit den verbreiteten Deutungen versehen: Verehrung der Soldaten als Helden, Verklärung ihres Todes als Opfer für König und Vaterland und Legitimation des Krieges bestimmen diese Denkmäler. Aufrufe zum Frieden und gegen Krieg finden sich eher selten. Soweit bekannt, werden diese Kriegerdenkmäler fast überall am Volkstrauertag für die traditionellen Rituale des Gedenkens genutzt. Einige sind weitgehend unbeachtet, zum Beispiel der überlebensgroße »Held« in Eckernförde und selbst Einheimischen nicht immer bekannt.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Ahrensburg   Bünningstedt   Hoisbüttel

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.

 

 

I N H A L T
Das Denkmal
Für uns
Für Deutschland gestorben
Aus der Geschichte

...................................................................................................

Haale,
Kreis Rendsburg-Eckernförde

Große baumbestandene Anlage

Eine gemauerte Treppe führt auf die Anhöhe. Das Denkmal für den 1.Weltkrieg ist ein aus Natursteinen aufgesetzter gestufter Kubus, auf der Spitze eine Kugel trägt. An allen vier Seiten sind Schrifttafeln aus hellerem Stein angebracht.

SH Haale ganz


Inschriften:

Jhren in den Weltkriegen 1914-1918, 1939-45 gefallenen Söhnen.
Die Gemeinde Haale.

Sie gaben ihr Alles ihr Leben ihr Blut. Sie gaben es hin mit heiligem Mut. Für uns!

Sie opferten Jugend und Jugend=Glück und kehren nie wieder zur Heimat zurück.

Sie waren unsern Herzen Licht im Leben und sind im Tod unser Stolz geblieben.

SH Haale Tafel1    SH Haale Tafel2

SH Haale Tafel3    SH Haale Tafel4


24 einzelne Findlinge mit den Namen der getöteten Soldaten des 1.Weltkrieges sind über die Anlage verteilt. Auf zwei schräg liegenden Steintafeln stehen die Namen der 58 Opfer des 2.Weltkrieges.

SH Haale Schatten

...................................................................................................

Für uns

Fern im Osten gähnt ein Grab (1915)

Fern, fern im Osten, da gähnt ein Grab
da senkt man zu tausend die Toten hinab
für uns!

Im Westen, da ragt manch Kreuz schlicht und klein
da liegen sie stumm in langen Reih’n
für uns

Und wo im Winde rauschet das Meer
da gaben sie freudig ihr Leben her
für uns

Sie opferten Zukunft und Jugendglück
sie kehren nie wieder zur Heimat zurück
für uns

Sie gaben ihr Alles, ihr Leben, ihr Blut
sie gaben es hin mit heiligem Mut
für uns

Und wir? wir können nur weinen und beten
für sie, die da liegen bleich, blutig, zertreten
für uns

Denn es gibt kein Wort, für das Opfer zu danken
und es gibt keinen Dank für sie, die da sanken
für uns

in: Neue Kriegslieder für den Schulgebrauch, Breslau 1916 , herausgegeben von Kreisschulinspektor Dr. J. Radtke. Bei einer Schulfeier für den im Osten gefallenen Lehrer eines Charlottenburger Gymnasiums wurde dieses Gedicht, das den Obertertianer Reinhold Samuelsohn zum Verfasser hat, das erste Mal vorgetragen.

...................................................................................................

Für Deutschland gestorben

... Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat. Reinhart Koselleck meint dazu: »Gestorben wird alleine, zum Töten des Anderen gehören zwei. Die Fähigkeit des Menschen, seinesgleichen umzubringen, konstituiert vielleicht mehr noch menschliche Geschichte als seine Grundbestimmung, sterben zu müssen.«

Zitat aus der Beitrag des Deutschlandfunks vom 18.11.2012 von Clemens Tangerding

...................................................................................................

Aus der Geschichte

Die 495 Haaler hielten es für ihre Pflicht, den 24 Gefallenen ein Denkmal zu setzen. Am 23. Februar 1920 bot der ehemalige Gemeindevorsteher Jürgen Kröger Land für die Anlage eines Ehrenhains an. Als den Einwohnern die Schenkungsurkunde vorgelesen wurde, spendeten sie 7000 Mark. Aber schon setzte die Inflationszeit verstärkt ein; das Geld »lief weg«. Im Sommer 1921 fehlten schon 12000 Mark für die Vollendung des Granitehrenmals an der Schulstraße. Sie wurden aus der Gemeindekasse bewilligt. Der Ehrenhain konnte am 23. Juni 1923 feierlich eingeweiht werden. Als »Wächter« wurde Johann Brammer gewonnen, ab 1933 sein Schwiegersohn Hans Sell.

• Zitiert aus »Haale – Chronik der Gemeinde« von Karl Heinz Vollstedt, Seite 86. © 1993 by Gemeinde 24819 Haale.

...................................................................................................

 

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
»Für’s Vaterland gefallen«
Aus der Geschichte
Die Kyffhäuser-Kameradschaft
Der Stahlhelm
Gartenbauarchitekt Harry Maasz
Das Eiserne Kreuz
»Lerne vom Militär«

...................................................................................................

Haffkrug, Kreis Ostholstein

An der Bahnhofsstraße, kurz vor der Strandallee

In einem kleinen gepflegten Park steht die Kriegerdenkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege von Haffkrug und Sierksdorf. Eingeweiht worden ist sie am 11. September 1921. Das zentrale Denkmal zum 1. Weltkrieg ist von der Kyffhäuser-Kameradschaft Haffkrug initiiert, geplant und erbaut worden. Bis 1945 war es Eigentum der Kameradschaft. Nach Kriegsende beschlagnahmten die Engländer das Denkmal und gaben es 1954 unversehrt über das Land Schleswig-Holstein in die Hände der Gemeinde Scharbeutz.

SH Haffkrug weit web


Hinter der Rasenfläche ist ein gepflasterter Platz angelegt mit Ruhebänken am Rand. Am Ende des Parks stehen in der Mitte das Monument zum 1. und an beiden Seiten die Steine zum 2. Weltkrieg. Rundherum stehen seit der Einweihung acht beschnittene Lindenbäume Spalier. Die Anlage ist nach einem Plan des bekannten und vielbeschäftigten Lübecker Gartenbauarchitekten Harry Maasz angelegt worden.

 

SH Haffkrug Anlage web


Korrekt beschnittene Hecken bilden einen Durchgang zum Höhepunkt der Anlage.

 

SH Haffkrug naeher web


Das zentrale Monument, kunstvoll aus bunten Granitblöcken gemauert, mit fast halbrundem Abschluss und geschwungenen Seiten, ist den Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet. Es ist nach einem Entwurf des Lübecker Bildhauers Emil Köhne vom Steinhauermeister Bunge aus Neustadt in Holstein ausgeführt worden. Auf den alten Fotos sieht man, dass das Monument früher ein Brunnen war, das Wasser sprudelte aus einem schwarzen Eisenrohr zwischen den Namenstafeln. Eine starke erbohrte Wasserader ließ den Brunnen ständig fließen. Im Frühjahr 2020 ist der Brunnen stillgelegt und im früheren Wasserbecken blühen Stiefmütterchen.

 

SH Haffkrug Widmung web


Aus dem großen Stein in der Mitte wurden das Relief eines Stahlhelms und die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs herausgehauen. Bei unserem Besuch sind diese Teile mit hellgrauer Farbe hervorgehoben:

1914 (Stahlhelm) 1918.

Darunter steht die Inschrift:

IHREN IM WELTKRIEGE
GEFALLENEN
DES KRIEGERVEREINS
DORFSCHAFT HAFFKRUG U SIERKSDORF

Im Anschluss an den Widmungsstein hält und schützt ein ausgehöhlter Stein das Wasserrohr.

 

SH Haffkrug Namen links web


Links und rechts sind rechteckige Steintafeln eingelassen, auf denen die Namen der toten Soldaten in drei Spalten aufgelistet sind. In militärischer Kameradschaftstradition werden abgekürzt die Dienstgrade und ohne Vornamen nur die Nachnamen genannt, dahinter stehen die Todestage. Fast durchgängig sind die Namen chronologisch nach diesen Todestagen geordnet.

SH Haffkrug Namen rechts web


Nach den 19 Soldaten aus Haffkrug beginnt in der Mitte der zweiten Tafel die Liste der neun Soldaten aus Sierksdorf.

     SH Haffkrug Stein links hoch web


Die beiden Gedenksteine zum 2. Weltkrieg stehen mit einigem Abstand rechts und links neben dem ersten Monument. Wir vermuten, dass es die zwei Hälften eines gespaltenen Findlings sind. Der glatte, helle Stein steht auf einem geschickt geformten Sockel aus grobem, dunklem Beton. Oben in der Mitte sehen wir auf beiden Steinen ein Eisernes Kreuz in Kontur. Dieses militärische Ehrenzeichen wird den toten Soldaten auf den Kriegerdenkmälern posthum und kollektiv verliehen, unabhängig davon wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

Weiter geht es mit der Inschrift:

1939 (Eisernes Kreuz) 1945
Für’s Vaterland gefallen
aus Sieksdorf

Es folgen 16 Namen, etwas laienhaft über zwei Spalten verteilt. Diesmal wird auch der Vorname genannt, allerdings ist er ohne sonst übliches Komma nachgestellt worden. Ein Ordnungsprinzip ist nicht zu erkennen. Am unteren Rand des hellen Steins werden dann noch vier Soldaten genannt unter Angabe ihres Heimatortes. Mit Stettin und 2x Pommern werden Orte in den früheren Ostgebieten des Deutschen Reichs genannt. Wir vermuten, dass die Angehörigen dieser Soldaten eine neue Heimat in Sierksdorf gefunden hatten.

 

     SH Haffkrug Stein rechts hoch web


Auf der rechten Seite lesen wir:

1939 (Eisernes Kreuz) 1945
Für’s Vaterland gefallen
aus Haffkrug

Wie schon bei den Namenssteinen zum 1. Weltkrieg: Haffkrug hat die größere Anzahl an toten Soldaten zu beklagen. Es werden 27 Namen aufgezählt.

 

SH Haffkrug schraeg hinten web


Hier kann man einen der beiden dunklen Betonsockel sehen, die die Findlinge halten.


SH Haffkrug hinten web


Auch das das mittlere Monument wird von hinten gestützt, zusätzlich ist es flächig verputzt worden.

 

SH Haffkrug schraeg web


Noch ein Blick auf die Linden, die im zeitigen Frühjahr ohne Laub ziemlich bizarr aussehen.

 

...................................................................................................

»Für’s Vaterland gefallen«

Die Trauer ist zurückgenommen, beherrscht durch die Annahme eines Trostes, die den Tod des Soldaten aus einer höheren Bestimmung heraus erklären will. »Für’s Vaterland gefallen« steht auf den Denkmalssteinen in Haffkrug zum 2.Weltkrieg – als ob das Sterben die Bestimmung eines Soldatenlebens, die Erfüllung des militärischen Auftrags ist.


»Der Gefallenenkult wurde zu einem zentralen Bestandteil nationaler Selbstdarstellung und entwickelte besonders in Deutschland eine gewaltige politische Wirkung.

Das Ideal der Kameradschaft wurde auf die ganze Nation ausgedehnt. Die Gedächtnisfeiern an den Ehrenmälern auf öffentlichen Plätzen betonten den Vorbildcharakter der Gemeinschaft der Frontsoldaten. Im besiegten Deutschland wurde die ›Volksgemeinschaft‹, aus der heraus die Nation zu neuer Stärke erwachen sollte, zum Vermächtnis, das die Gefallenen den Überlebenden hinterlassen hatten.

Die allerorts errichteten Denkmäler trugen dazu bei, diesen Sinn, der dem Soldatentod beigelegt wurde, in die Öffentlichkeit zu tragen und im Bewusstsein zu erhalten.

Die von den Nationalsozialisten angestrebte Volksgemeinschaft ist ohne das idealisierte Vorbild der Frontkameradschaft des Ersten Weltkriegs nicht vorstellbar. Der Gefallenenkult erlebte im nationalsozialistischen Deutschland dann auch seine äußerste Steigerung.«

Christian Lopau, 2017, Vortrag im Ratzeburger Dom im Begleitprogramm der Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945?«

www.nordkirche-nach45.de


Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern – u.a. 30 Millionen Sowjetbürger, 6 Millionen Polen, 2 Millionen Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen Juden, zu denen noch 1,3 Millionen ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen.


»Ende der 60er, Anfang der 70er gibt es in Deutschland einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Es kommen jüngere Historiker und jüngere Offiziere in verantwortliche Positionen [...], die auch ganz andere Fragen an die Vergangenheit stellen und an die entsprechenden Repräsentationen der Vergangenheit. Die sich fragen: Ist es noch zeitgemäß Erinnerungen zu pflegen, die Ausdruck von Aggression, Imperialismus und Hybris ist?«

Michael Epkenhans, Historiker, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam


»Bedenkt man, dass die damals bei der Denkmalserrichtung Beteiligten fast ausnahmslos den Krieg, in welcher Form auch immer, selbst miterlebt hatten, ist es nachvollziehbar, dass ein Projekt zur Ehrung der gefallenen Soldaten Unterstützung fand. Dieses Festhalten am militärischen Gedenken wie auch die Selbstwahrnehmung der Soldaten als Opfer war seinerzeit schlüssig, doch für uns ist es heute ›angesichts rechtsextremer Tendenzen unter den Veteranen und des aufwühlenden Streits um den verbrecherischen Charakter des nationalsozialistischen Krieges‹ (Thomas Kühne, Zwischen Vernichtungskrieg und Freizeitgesellschaft, S.92) erschreckend. So waren die Veteranen, ihre Kriegserfahrungen, Erzählungen und Denkweisen, in den ersten Jahren des Wiederaufbaus noch integraler Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Je ziviler und pluralistischer sich diese in den nächsten Jahrzehnten entwickeln sollte, desto isolierter würden viele Veteranen der Wehrmacht mit ihrer Weltsicht werden.

Der kalte Krieg stellte zunächst die Voraussetzung für das kollektive Vergessen der kriegerischen Extreme dar. Doch spätestens im Jahr 1995, mit Eröffnung der Wanderausstellung ›Verbrechen der Wehrmacht‹ und der fotografischen Dokumentation der Kriegsverbrechen wurde mit dem Mythos der ›Sauberen Wehrmacht‹ aufgeräumt. Indem die Täter der Wehrmacht ins Zentrum rückten, traten die persönlichen Opfer und Entbehrungen, die viele Soldaten zweifelsohne erlebt hatten, in den Hintergrund. Die polarisierte Sichtweise ist inzwischen differenzierter geworden. Heute ist bekannt, dass unter den Soldaten sowohl überzeugte Kämpfer, Mitmarschierer, Freiwillige, aber auch an die Front Gezwungene waren.«

Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt, Aschendorff Verlag 2018, S.93f

 

...................................................................................................

Aus der Geschichte

Die Vaterstädtischen Blätter, Jahrgang 1921, aus Lübeck berichten:

»Am 11. September wurde in Haffkrug an der Lübecker Bucht die von dem dortigen Kriegerverein geschaffene Ehrenstätte für die im Weltkrieg gefallenen Kameraden eingeweiht. Der Ehrenplatz ist Eigentum des Kriegervereins Haffkrug, der ihn schon Anfang 1916 für den beabsichtigten Zweck erworben und nach dem Plan des Stadtgärtners Maaß=Lübeck hat herrichten lassen. Besondere Erwähnung verdient, daß der Platz nicht zum geringsten Teil seine Entstehung der eigenen Arbeit der Vereinsmitglieder verdankt, welche, und zwar alt und jung, selbst mit Hand angelegt, Hunderte von Wagen Sand, Kies und Steinen gefahren und bei der Aufhöhung und Bepflanzung des Platzes tatkräftig geholfen haben. Das Denkmal selbst, ein aus Granitblöcken ausgeführter Brunnen ist nach dem Entwurfe des Bildhauers E. Köhne=Lübeck vom Steinhauermeister Bunge=Neustadt i. H. ausgeführt. Besonders fällt die kunstvolle und saubere Art auf, in der die Felsen behauen und zusammengesetzt sind und die Inschrift mit dem Stahlhelm aus dem großen Findling in der Mitte herausgehauen ist. Die Namen aller Gefallenen der Dorfschaft sind in die Felsen eingeschnitten. Eine starke erbohrte Wasserader läßt den Brunnen ständig fließen. Derselbe wird im Halbkreis von 8 Lindenbäumen umgeben, und wenn diese erst in einigen Jahren ihre Äste dicht über den Brunnen breiten werden und das Rauschen der Blätter sich mit dem Rauschen des Brunnens vereinigt, dann wird die Schönheit des Platzes erst ganz offenbar werden.«


...................................................................................................

Die Kyffhäuser-kameradschaft

Für 700 Reichsmark kaufte die Kyffhäuser-Kameradschaft Haffkrug 1916 das Grundstück für den Denkmalspark an der Bahnhofsstraße. 1921 war das Denkmal dann gebaut, am 11. September wurde es eingeweiht und war bis 1945 im Besitz der Kameradschaft.

 

SH Haffkrug Blatt zur Denkmalseinweihung web


Zur Einweihung wurde dieses Blatt gedruckt. Auf dem linken Foto fließt noch das Wasser ...

 

SH Haffkrug Einweihung web


... und über dem Denkmal weht die schwarz-weiß-rote Fahne des Wilhelminischen Kaiserreichs. Die Farben haben später die Nationalsozialisten für ihre Hakenkreuzfahne übernommen. Die Flagge der Weimarer Republik mit den »republikanischen« Farben Schwarz-Rot-Gold mochten sie nicht. Heute ist die alte Fahne mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot Erkennungszeichen von Neonazis.

 

SH Haffkrug nach der Ergaenzung web


Eine üppige Kranzniederlegung in späterer Zeit: die Gedenksteine zum 2. Weltkrieg stehen schon.

 

Zur 100-Jahrfeier am 24. Mai 1997 gab die Kyffhäuser-Kameradschaft Haffkrug eine Broschüre heraus, aus der wir zitieren:

Zu den derzeitigen Aufgaben der Kameradschaft wird u.a. ausgeführt: »Förderung der Verteidigungsbereitschaft sowie Eintreten für die Ehre, das Ansehen und die Anerkennung des deutschen Soldaten in Vergangenheit und Gegenwart«.

 

Kyffhaeuser Logo 100Jahre web

 

Aus der Geschichte wird berichtet: »Am 11. April 1959 wurde durch Bischof Kieckbusch die neue Fahne geweiht.« Die Lübecker Nachrichten schreiben: »Unter reger Anteilnahme der Bevölkerung wurde am Sonntag in Haffkrug die neue Fahne der Kyffhäuserkameradschaft – Haffkrug und Umgebung von Landesprobst Kieckbusch im Rahmen einer Feierstunde geweiht.«

SH Haffkrug Fahnenweihe Kieckbusch Luebecker Nachrichten 1959 web
Foto: Lübecker Nachrichten


»Der Landesprobst hob in seiner Festrede den Wert der guten Kameradschaft, die im Kyffhäuserbund von jeher gepflegt worden sei, besonders hervor. [...] Nachdem Landesprobst Kieckbusch die Fahne geweiht hatte, formierte man sich zu einem Trauermarsch, der zum Ehrenfriedhof führte.«

Wir danken Karin Bühring, vom Archiv der Museums für Regionalgeschichte in Pönitz für Ihre Hilfe und die historischen Fotos.

Zur Geschichte der Kriegervereine:

»Nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 erfuhren Vereine und Organisationen, in denen das Andenken an den Deutsch-Französischen Krieg wachgehalten werden sollte, enorme Popularität. 1896 wurde durch Sammlung der Kriegervereine auf dem thüringischen Kyffhäuser-Berg ein Mahnmal zum Andenken an die deutsche Einheit eingeweiht. Der vier Jahre später gegründete ›Deutsche Reichskriegerbund Kyffhäuser‹ umfaßte als Dachverband schon bald nahezu sämtliche Kriegervereine des Kaiserreichs. In der Weimarer Republik bildete der formell unpolitische Kyffhäuserbund einen fruchtbaren Boden für die Verherrlichung des Ersten Weltkriegs und die Verbreitung der Dolchstoßlegende sowie der behaupteten Kriegsschuldlüge.

Die etwa 29.000 lokalen Kriegervereine im Deutschen Reich pflegten neben einer intensiven Kameradschaft und der Fürsorge für Kriegsversehrte den Mythos des Frontkämpfertums. Zumeist waren sie die Initiatoren für den Bau von Kriegerdenkmalen, die nach 1918 in nahezu jeder deutschen Gemeinde zu finden waren und deren größtes das Tannenberg-Denkmal in Ostpreußen war. Dem kollektiven Gedenken an die Kriegserlebnisse dienten auch die ab 1925 alle zwei Jahre stattfindenden Reichskriegertage, an denen sich neben Kriegervereinen Wehrverbände wie der Stahlhelm beteiligten.

1932 rief der Kyffhäuserbund seine ca. zwei Millionen Mitglieder auf, ihre Stimme bei der bevorstehenden Reichspräsidentenwahl seinem seit 1919 amtierenden Ehrenpräsidenten Paul von Hindenburg zu geben. Für seinen Gegenkandidaten, den ehemaligen Frontsoldaten Adolf Hitler, eine allzu schmerzliche Erfahrung. Vier Jahre nach der Machtübernahme der NSDAP verfügte er 1937 die Umbenennung des traditionsbewußten Kyffhäuserbunds in ›NS-Reichskriegerbund‹, der 1943 aufgelöst wurde.«

Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum, Text: CC BY NC SA 4.0

Link zum Beitrag

 

»Am 3. März 1943, einen Monat nach der Niederlage in der Schlacht von Stalingrad, löste Adolf Hitler den Kyffhäuserbund auf Reichsebene auf. Das Vermögen wurde der NSDAP übertragen und die weiter bestehenden lokalen Vereine, die in der Endphase des Zweiten Weltkriegs den Grundstock für die Volkssturm-Einheiten bildeten, der Partei unterstellt.

Nach 1945: Durch Kontrollratsgesetz Nr. 2 (Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen) vom 10. Oktober 1945 wurden alle Organisationen und Einrichtungen, die der nationalsozialistischen Herrschaft gedient haben, ›abgeschafft und für ungesetzlich erklärt‹, so unter anderem auch der NS-Reichskriegerbund.

1952 begann die Wiedergründung des Verbandes mit allen Landesverbänden. Heute betont er seine Rolle als Reservisten- und Schießsportverband. Ein Spiegel-Artikel aus dem Jahr 1990 legte nahe, dass er sich am rechten Rand des politischen Spektrums bewegt. Der Verband sieht sich durch die ›Kyffhäusertreffen‹ der Partei ›Alternative für Deutschland‹ (AfD) unbegründet mit dieser Partei assoziiert und betont die Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit und Grundgesetz als zentrale Aufgaben des Verbandes.«

• Nach Wikipedia, abgerufen am 14. Juli 2020


2006 beantwortete die Bundesregierung die kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu Traditionsverbänden, Kameradschaftsvereinen und dem Rechtsextremismus.

Deutscher Bundestag Drucksache 16/1282


...................................................................................................

Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde der Symbolwert des Stahlhelms noch weiter gesteigert. Auf dem Verwundetenabzeichen, das 1939 eingeführt wurde, war ein Stahlhelm zu sehen, obwohl offensichtlich seine Schutzwirkung nicht ausgereicht hatte:

SH Haffkrug Verwundetenabzeichen in Silber web


Adolf Hitler hatte die Verordnung über die Stiftung des Verwundetenabzeichen am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls der Deutschen Wehrmacht auf Polen, erlassen.

Hitlers Verwundetenabzeichen auf Wikipedia

 

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt. Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018, S.65)

     EK 1940 Die Woche 360px web

Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web

... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


...................................................................................................

Gartenbauarchitekt Harry Maasz

Harry Maasz, geboren am 5. Januar 1880 in Cloppenburg, gestorben am 24. August 1946 in Lübeck, war von 1912 bis 1922 Leiter des Lübecker Gartenbauamts und bezeichnete sich selbst gerne als Gartenbaukünstler.

SH Harry Maasz webArchiv für Architektur und Ingenieurbaukunst Schleswig-Holstein, Bestand Harry Maasz, Sign. 233 Fo


»Sein früher Tod und Defizite in der Aufbereitung der Landschaftsarchitektur in der NS-Zeit mögen dazu beigetragen haben, dass seine nationalsozialistische Vergangenheit, die scheinbar im Gegensatz zu seinen künstlerischen Hauptwerken steht, bis heute nicht aufgearbeitet ist.«

www.historischegaerten.de


»Der Ehrenhain als besondere Form des Gedenkens und der Würdigung der im Krieg gefallenen Soldaten gewann erstmals zu Beginn des Ersten Weltkrieges an Bedeutung. Jedem Kriegstoten wurde das Recht auf ein eigenes Gedächtnismal zugesprochen. Das Preußische Innenministerium sah es als eine nationale Aufgabe an und veröffentlichte einen Erlass zur Förderung der Ehrenhaine. Dem Berufsstand des Landschaftsarchitekten kam die besondere Aufgabe zu, die Planung und Umsetzung von Gedächtnisstätten auszuführen. Harry Maasz (1880-1946) gehörte zu den wichtigsten norddeutschen Vertretern, die sich mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt haben. Insgesamt plante er fast 40 Anlagen zur Kriegerehrung. Neben Ehrenfriedhöfen und Ehrengrabstätten waren dies auch Kriegergedächtnisstätten und Ehrenmale, zum Teil ohne Gräber, da die Gefallenen und Vermissten in fremdem Boden fern der Heimat lagen. Die Anlage Ehrenhain der Gefallenen des Ersten Weltkrieges, Riesebusch in Bad Schwartau, Kreis Ostholstein, ist eine der frühesten dieser Art und bis heute eine der am Besten erhaltenen im Land Schleswig-Holstein.«

Gartendenkmalpflegerisches Gutachten der Landschaftsarchitektin Gudrun Lang, 2010 - 2011, Projekt »Ehrenhain« Bad Schwartau


...................................................................................................

»Lerne vom Militär«

Wir lesen auf dem Kriegerdenkmal in Haffkrug vor den Namen der toten Soldaten: Obgf., Msk., Utfz., Artt. usw.

Die Dienstgrade, die uns wie böhmische Dörfer vorkommen, kannte damals jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.

MP Zehlendorf Kinderkarte web


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45


...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
Das Denkmal zum 2. Weltkrieg
Der Stahlhelm
Das Schwert
Das Eiserne Kreuz
Die Skagerrak-Schlacht
Findlinge
Die Inschriften
Ein historisches Foto
Militärische Dienstgrade
Die Kirchenfenster von Erich Klahn
Elisabeth Haseloff, die erste Pastorin in Deutschland
Die Kirche in Hamberge 1927

...................................................................................................

Hamberge, Kreis Stormarn

Am Ende des Friedhofs hinter der Kirche

Die Kirchengemeinde Hamberge ist durch eine gemeinsame Pfarrstelle mit der Gemeinde Klein Wesenberg verbunden. Einerseits ist das Terrain der »Ehrenfriedhöfe« der beiden Gemeinden sehr ähnlich: sie liegen beide hinter Kirche und Friedhof auf einer Anhöhe neben dem Travetal und sollen die toten Soldaten beider Weltkriege »ehren«. Andererseits könnte der Umgang mit dem Gelände unterschiedlicher nicht sein. In Klein Wesenberg wurde die Anlage für 74 000 Euro, davon 42 700 Euro aus EU-Mitteln, aufwendig renoviert. Das Ergebnis können Sie hier sehen:

»Ehrenfriedhof« Klein Wesenberg


In Hamberge haben die Gemeindevertreter eine andere Einstellung zum Kriegsgedenken: die Anlage ist naturbelassen und baufällig, deshalb ist sie mit Flatterband abgesperrt. Stand: Januar 2020.

SH Hamberge 1WK quer web


Vom Friedhof aus guckt man auf den hohen Findling zum 1. Weltkrieg.

 

SH Hamberge Helm Schwert


In der Spitze ist ein Stahlhelm im Relief in den Stein gearbeitet. Darunter teilt ein Bajonett im Relief die Jahreszahlen des Krieges. 1914 und 1918 stehen erhaben in der tiefer gelegten Fläche.

 

SH Hamberge 1WK Hinten web


Auf der Rückseite ist ein schlichtes, großes Eisernes Kreuz in Kontur eingemeißelt.

 

SH Hamberge 1WK Inschrift Hinten web


Darunter die Inschrift, mittig gesetzt:

Dem Gedächtniss
=  der für uns   =
=  Gefallenen   =

Die zweite und dritte Zeile werden durch Doppellinien links und rechts auf die Breite der ersten Zeile gebracht.

 

SH Hamberge Mauer Treppe web


Eine Bruchsteinmauer stützt das abfallende Gelände nach hinten, rechts und links davon führen Steintreppen auf die tiefere Ebene.

 

SH Hamberge 1WK Kirche web


Der Findling ist von Eichen umstanden. Dort ist der höchste Punkt des Geländes, die Wege auf dem Friedhof sind abschüssig, deshalb sieht man von hier auch nur die Spitze des modernen Kirchturms, der 1958 zur alten Dorfkirche von 1328 gestellt wurde.

 

SH Hamberge Steinreihe web


Bei Hamberge ist das Traveufer sehr hügelig, dadurch ist der Fluß gezwungen, dort einen scharfen Knick zu machen. Auf dem beherrschenden Hügel liegt die Kirche auf der windgeschützten Terrassenseite, der »Ehrenhain« liegt am Westabhang. Man ahnt auf dem Foto den Rundweg, der an den Namenssteinen der toten Soldaten des 1. Weltkriegs vorbeiführt. Man schreitet gewissermaßen »die Front der Gefallenen ab«.

 

SH Hamberge 1WK Stein1 web


Auf vielen Steinen sind die Angaben nicht mehr zu entziffern. Bei lesbarer Schrift erfährt man den militärischen Dienstgrad, Vor- und Nachnamen, Sterbedatum und -ort des toten Soldaten. Da die Namen auch in der Kirche aufgezählt werden, nämlich auf den von Erich Klahn als Kriegerdenkmal gestalteten Kirchenfenstern, ist anzunehmen, dass hier 36 Namenssteine liegen.

 

SH Hamberge 1WK Stein2 web


Paul Martens ist in der Skagerrak-Schlacht zu Tode gekommen. Die Skagerrak-Schlacht vom 31. Mai 1916 bis zum 1. Juni 1916 in den Gewässern vor Jütland gilt als die größte Seeschlacht der Geschichte.

 

SH Hamberge 1WK Stein EK web


Otto Harnack ist 1919 an den Folgen des Krieges gestorben, so steht es auf seinem Stein. Hinzugefügt wurde das militärische Ehrenzeichen Eisernes Kreuz und die Zeile:

Inhaber des Eis. Kreuzes

Musste hier seinem Tod im Lazarett noch der Hinweis auf die erwiesene Tapferkeit im Kampf hinzugefügt werden?

 

SH Hamberge Steine 2WK web


Hier sieht man die andere Seite des Rundwegs mit den Namenssteinen und gleichzeitig den Denkmalsstein für den 2. Weltkrieg von hinten.

 

...................................................................................................

Das Denkmal zum 2. Weltkrieg

Zwischen zwei Rhododendronbüschen in der Mitte der Anhöhe steht der hochrechteckige Granitstein.

 

SH Hamberge 2WK versteckt web


Von hinten ist die helle Platte noch gut zu sehen, von vorne ist sie von den Rhododendren fast zugewachsen.

 

SH Hamberge 2WK hoch web2    


Beim Nähertreten blickt man auf eine verwirrende Anordnung von aufgesetzten Großbuchstaben und Ziffern aus Bronze. Unter der Widmung sind die Vor- und Nachnamen der toten Soldaten nach Heimatort geordnet und darin alphabetisch fortlaufend von der linksbündigen Spalte zur rechtbündigen springend. Die Orte, mittig gesetzt und meist von Zierbalken flankert, heißen:

HAMBERGE (26 tote Soldaten)
HANSFELDE (24)
[Gut] ROGGENHORST (1)
[Gut] PADELÜGGE (12)

 

SH Hamberge 2WK Inschrift web


Die Widmung lautet:

DEN GEFALLENEN u. VERMISSTEN
DER KIRCHENGEMEINDE HAMBERGE
DES WELTKRIEGES
1939 [Eisernes Kreuz] 1945
ZUM EHRENDEN GEDENKEN

 

...................................................................................................

Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web4    

 Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

...................................................................................................

Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web5    

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

...................................................................................................

Die Skagerrak-Schlacht

Die Skagerrak-Schlacht vom 31. Mai 1916 bis zum 1. Juni 1916 in den Gewässern vor Jütland gilt als die größte Seeschlacht der Geschichte, an der 112 deutsche und 150 britische Schiffe beteiligt waren. Trotz der Übermacht der »Home Fleet« waren die Verluste auf britischer Seite erheblich größer als auf deutscher.


Hamburgische Lazarett Zeitung 1916 07 01 Skagerrak web2    

• Karikatur auf dem Titel der Hamburger Lazarett-Zeitung vom 1. Juli 1916 zur Erbauung der kriegsverletzten Soldaten: der bekrönte deutsche Reichsadler holt den hässlichen Engländer aus seinem kleinen Holzruderboot – Neptun staunt.

Die Deutschen feierten den Ausgang der Schlacht als taktischen Sieg und 2 551 ertrunkene deutsche Seemänner als »Helden«. Für die Reichsmarine war es »der größte Ruhmestag ihrer Geschichte«, der fortan alljährlich gefeiert wurde. Dieser »Ruhmestag« änderte natürlich nichts an der Übermacht der britischen Flotte und dem Kriegsverlauf.

Für die damalige Zeit bezeichnend wurde die Gedenkkultur für propagandistische Zwecke instrumentalisiert, den Menschen im nationalsozialistischen Deutschland wurde bedingungsloser Gehorsam gegenüber dem »Vaterland« abverlangt.

Der Soldatentod sollte als heldenhafte Aufopferung erscheinen und der wahre Grund für das tausendfache Sterben verschleiert werden.

...................................................................................................

Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

...................................................................................................

Die Inschriften

»Gedächtniss«, Gedenken:
Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.29

 

»Gefallene«:
... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...]

An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd., S.22, 62

 

»Zum ehrenden Gedenken«:
Keiner Ärztin im Krisengebiet, keinem Kriegsreporter, keinem zivilen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft würde nach ihrem Tod ehrend gedacht. Die »Ehre« scheint dem Soldatentod vorbehalten zu sein. Auf Denkmälern wie diesem wird sie kollektiv erteilt, obwohl wir wissen, dass Soldaten auch Täter gewesen sein können. Hartmut Häger schreibt dazu in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« auf Seite 33:

»Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung [...] und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

 

...................................................................................................

Ein Historisches Foto

Der »Ehrenfriedhof« im Jahr 1925: die Eichen sind noch nicht gepflanzt, die Sandwege ordentlich, eine Bank lädt zum Verweilen ein.

 

SH Hamberge Karte 1925 sw web

 

...................................................................................................

Militärische Dienstgrade

Auf den Namenssteinen werden die Dienstgrade der toten Soldaten des 1. Weltkriegs genannt. Die militärischen Dienstgrade kannte damals jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.

MP Zehlendorf Kinderkarte web


Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: »Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.« In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

»Lerne vom Militär!« – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe »mit einem einzigen Ruck zu geschehen« und müsse »klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade«, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im »Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt« müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und »zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren«.

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

...................................................................................................

Die Kirchenfenster von erich Klahn

1928 wurden sechs Kirchenfenster in Hamberge durch den Glasmaler Erich Klahn als Kriegerdenkmal für den 1. Weltkrieg gestaltet. Auf jedem Fenster sind sechs Soldatennamen, in Kreuzform angeordnet, verewigt. Diese christliche Analogie soll dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben und ihn als »Opfertod« verklären.

Am 24.1.1951 stand in einem Erlass der Ev.-Luth. Landeskirche Schleswig-Holsteins: »Grundsätzlich gehört eine Gedächtnisstätte mit den Namen der Opfer des Krieges nicht in den Kirchenraum. In der Kirche gilt nur ein Name, der Name Christi! Es geht nicht an, dass unsere Kirchen durch die vielen Kriegerehrungen zu Weihehallen umgestaltet werden«. Viele Kirchengemeinden in Schleswig-Holstein ignorierten diesen Erlass und behielten die Ehrentafeln für die toten Soldaten in ihren Kirchenräumen.

Auf dem folgenden Foto aus dem Jahr 1962 sind rechts und links vom Altar zwei der Klahnschen Kirchenfenster zu sehen.

SH Hamberge KAS Fenster 1962 Leute web

Kirchweihe nach der Renovierung mit Bischof Wilhelm Halfmann, Propst Carl Friedrich Jaeger und einigen Pastoren der Nachbargemeinden, darunter die erste Pastorin Deutschlands Elisabeth Haseloff in der ersten Reihe links, zweite von rechts.

Foto (bearbeitet): Kreisarchiv Stormarn, 4.0 >internationale Lizenz


Erich Klahn: Karen Meyer-Rebentisch berichtete 2017 in der Akademie Sankelmark von Pastor Mildenberg, »ein kaisertreuer Patriot mit einer ausgeprägt paternalistischen Ader«, dessen Konfirmand Erich Klahn in der Lübecker Luthergemeinde war. Einen seiner ersten Aufträge erhielt der junge Erich Klahn denn auch 1922 an der Luthergemeinde: er sollte ein dreiteiliges Glasfenster als Kriegerdenkmal gestalten. Pastor Mildenberg prophezeite am 24. Februar 1929 im Lübecker Generalanzeiger: »das Wunder einer neuen Zukunft unseres Volkes, wenn wir Jesu Kreuz sich erneuern sehen im tausendfachen Opfertod unserer Brüder. Ihr Opferblut ist Brunnenquell neuen Lebens! Ihre Glaubenskraft an ihre welterlösende vaterlandsbefreiende Großtat der Treue bis zum Tod ist wie Lebenswasser!«. 

Vortrag Meyer-Rebentisch, 2017
 

Aus einem Beitrag im Deutschlandfunk vom 3. September 2015:
Künstler mit zweifelhafter NS-Vergangenheit

Der 1978 gestorbene Lübecker Maler Erich Klahn ist in der Kulturszene mehr als umstritten: Er gilt als völkischer, antidemokratischer Künstler, der sich für die Ziele der Nationalsozialisten einsetzte. [...] Thomas Vogtherr, Vorsitzender der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen: »Ein Künstler, der sich Laufe der Zeit, zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten in einer Art und einem Ausmaß hat instrumentalisieren lassen, das ziemlich beeindruckend ist – negativ beeindruckend, um es hinzuzusetzen.«

Hier können Sie den Beitrag lesen 


2014 wurden die Glasfenster im Rahmen einer Kirchensanierung restauriert.

Bericht von LNonline am 24.1.2014


...................................................................................................

Elisabeth Haseloff

Die erste Pastorin in Deutschland

Erst mit dem westdeutschen Gesetz zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, das am 1. Juli 1958 in Kraft trat, ermöglichten die Landeskirchen nach und nach Frauen den Weg in den Pastorinnenberuf. Als Erste verabschiedete 1958 die Lübecker Landeskirche ein Gesetz, das die Errichtung einer Planstelle für die übergemeindliche Frauenarbeit gestattete. Sie sollte mit einer unverheirateten Theologin besetzt werden. Elisabeth Haseloff erhielt die Planstelle, außerdem war sie für einen Gemeindebezirk von St. Matthäi in Lübeck zuständig. Sie war die erste Frau, die in Deutschland als evangelisch-lutherische Pastorin »im Sinne des Gesetzes« tätig war. Die Besetzung einer Pastorenstelle mit einer Frau erregte bundesweit Aufsehen, was die Landeskirche zur Feststellung veranlasste, dass dies keineswegs grundsätzlich geschehen solle.

SH Hamberge KAS Elisabeth Haseloff 1962 web

1962 war Elisabeth Haseloff als Lübecker Pastorin bei der Kirchweihe in Hamberge dabei.


SH Hamberge Haseloff Kanzel web
Foto: privat

»Der Herr Pastor ist – eine Frau. Ein Ereignis von gar nicht abschätzbarer Bedeutung«, schrieb die Illustrierte Quick 1959 zu diesem Foto von Elisabeth Haseloff auf der Kanzel.

Biografietafel in der Wanderausstellung »Neue Anfänge nach 1945?«


...................................................................................................

Die Kirche in Hamberge 1927

Die Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck beschreiben sie in der Ausgabe vom 20. Juni 1927:

»Uralt ist die kleine Kirche, der ein hölzener Glockenturm vorgebaut ist. Von außen bietet ihr Anblick nichts Besonderes, wenn es nicht der Reiz des Idyllischen ist, den man auf sich wirken lassen kann.

 

SH Hamberge Kirche 1925 web


Drinnen ist die Kirche jetzt zu einer Sehenswürdigkeit geworden, die imstande ist, den Kunst= und Altertumsfreund stark zu fesseln. Sie ist nämlich ausgemalt worden, und zwar in Ergänzung der ursprünglichen Bemalung, die unter dem Kalk verborgen war, mit dem man seit dem Rokoko in Deutschland alle Kirchen gleichmäßig weißte. Unter dem Kalk hatten sich die Malereien farbig frisch gehalten, auch die Zeichnung war klar zu erkennen, sodaß man die Bemalung ganz im alten gotischen Stil wieder ausführen konnte. Der Lübecker Kunstmaler Asmus Jessen, der in Hamberge ansässig ist, fand hier seiner Kunst würdigen Gegenstand.

SH Hamberge Vaterstaedtische Blaetter Luebeck 20 Juni 1927 web


Er umspann das Innere des Kirchleins über und über mit grünen Weinranken, wie eine Laube. So hat der Kirchenraum früher einmal ausgesehen in der farbenfrohen Zeit des Mittelalters.«

...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
Ihr seid nicht umsonst gefallen!
Das Eiserne Kreuz
Findlinge
Volkstrauertag 2019
Die Deutsche Eiche

...................................................................................................

Hamfelde, Kreis Stormarn

Kleine, gepflegte Anlage in der Schulstraße

Umgeben von den Gärten der Wohnhäuser wird der Platz mit Hecken, Rhododendren und einer Holzwand als Sichtschutz begrenzt.

SH Hamfelde Zaun web


Zur Straße schließt er mit einem graugrünen Metallzaun ab, der zur Straßenlaterne und auch zu den Nachbarzäunen rechts und links passt. Neben den Denkmalssteinen sehen wir auf dem Foto den Stamm eine großen Eiche. Oft wurde nach dem 1. Weltkrieg zu den Kriegerdenkmälern eine »Deutsche Eiche« gepflanzt.

 

SH Hamfelde Denkmal web


Ein Weg aus lose gesetzten Katzenkopfsteinen führt zum großen Denkmalsstein, der den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet ist. Der Platz ist großflächig mit schwarzer Erde ausgelegt, rechts und links vom Weg sind Zuckerhutfichten gepflanzt worden, wie kleine Torwächter stehen sie da.

 

SH Hamfelde nah web


Am gerundeten Findling mit behauender Vorderfront stehen auf einem flachen Steinsockel zwei Töpfe mit verschiedenen immergrünen Zweigen, dazwischen liegt an diesem Novembertag 2019 der Kranz der Gemeinde Hamfelde.

 

SH Hamfelde Inschrift web


Die schwarze Inschrift auf dem Stein lautet:

Ihr seid nicht umsonst gefallen!
Unseren Gefallenen 1914 – 1918
1939 – 1945
Die dankbare Gemeinde Hamfelde

 

SH Hamfelde Stein web


Rechts und links vom Hauptstein sind jeweils fünf hübsch geformte Feldsteine aufgereiht.
Sie nennen abgekürzt den Dienstgrad, Vor- und Nachnamen, Geburts- und Todesdatum, Todesort und – das haben wir so noch nicht gesehen – die Kriegsauszeichnung der zehn Soldaten die aus Hamfelde im 1. Weltkrieg gestorben sind.

 

SH Hamfelde links web


Auf der linken Seite werden aufgeführt: Musketier Heitmann ist mit 20 Jahren in Laon gestorben, Musketier Scharnberg mit 22 Jahren in Biala, Musketier Hüttmann mit 19 Jahren in Brubieres b. Dovai, Landsturmmann Kaiser mit 29 Jahren in Flandern und Leutnant d. Res. mit 30 Jahren in Frankreich.

Zwei Soldaten haben das Eiserne Kreuz II erhalten.

 

SH Hamfelde rechts web


Auf der rechten Seite haben einen Stein erhalten: San. Vizefeldw. Prahl ist mit 29 Jahren im Houthoulster Wald gestorben, Landsturmmann Vokuhl mit 30 Jahren in Metz, Jäger Vokuhl mit 31 Jahren auf dem Balkan, Musketier Willhöft mit 18 Jahren in Laon und Musketier Prahl 21 Jahren in Hochberg.

Auch hier sind zwei Soldaten mit dem Eisernen Kreuz II geehrt worden.

3701 Solinger fielen »auf dem Felde der Ehre«, wie es damals hieß. Zusammen mit fast zehn Millionen anderen jungen Männern sinnlos geopfert von einer Clique machtverwöhnter Aristokraten und Politiker, denen es – so weiß man heute – völlig egal war, wer da für sie starb.

Uli Preuss im Solinger Tageblatt, 9. November 2018

...................................................................................................

Ihr seid nicht umsonst gefallen!

Der Historiker Gerhard Schneider, bis 2008 Professor für Geschichtsdidaktik an der Universität Hannover, schreibt dazu:

»Der Kriegsausgang hatte im Hinblick auf die Entwicklung der Kriegerdenkmäler und des Gefallenengedenkens einschneidende Konsequenzen. Der siegreiche Verlauf des Krieges von 1870/71, die Verwirklichung der langersehnten Reichseinigung und die Aufrichtung des Kaisertums ließen den Gefallenentod in diesem Krieg als sinnvoll erscheinen. Das mit jenem Krieg neugewonnene und durch entsprechende Gesinnungsakte immer wieder erneuerte nationale Prestige und das Gefühl, einer aufstrebenden Großmacht anzugehören, waren hinreichender Trost für die Hinterbliebenen.

Nach dem ersten Weltkrieg konnten sich dergleichen hohe und tröstliche Gefühle nicht einstellen. Die Erfahrung des Massensterbens an der Front, die noch lange nachwirkenden Eindrücke des Stellungskrieges im Westen und der neuen Kampfmittel, dann der für die meisten Menschen überraschende und niederschmetternde Kriegsausgang, die unbegreifliche Niederlage, das Bekanntwerden der immensen Zahl an Kriegsopfern und schließlich die trostlose Perspektive, die das ›Versailler Diktat‹ dem Deutschen Reich eröffnete, verlangten geradezu nach einer Sinngebung des Gefallenentodes. das ›Ihr-seid-nicht-umsonst-gefallen‹, das jede Denkmalseinweihung und jede Kriegergedächtnisfeier begleitete, war als Trotzreaktion der Überlebenden immer auch eine Drohung, daß mit diesem Kriegsausgang das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Kriegerdenkmäler waren in ihrer Formensprache ein bildhafter Ausdruck der uneingestandenen Niederlage. Dem Künstler, der den Auftrag erhielt, ein Kriegerdenkmal zu entwerfen, stellte sich die schwierige Aufgabe, dem Gefühl Ausdruck zu verleihen, man habe zwar den Krieg verloren, fühle sich aber nicht und gelte auch nicht als besiegt. [...]

Die politische Funktionalisierung und Instrumentalisierung des Gefallenentodes durch Denkmalgestalt, Einweihungsfeier und Denkmalsnutzung wurden in dem Maße stärker, wie die Trauer der Hinterbliebenen mit der Zeit abklang oder eine pietätvolle Rücksichtnahme auf die Betroffenheit dieser Personengruppe nicht mehr notwendig erschien. Man gedachte des ›Opfers‹ der Gefallenen in der Absicht, die ›zukünftigen Geschlechter‹ auf bestimmte Werthaltungen und kämpferische Charaktereigenschaften, die den Gefallenen angeblich zu eigen gewesen seien, einzuschwören. In Kreisen des Militärs, der Veteranenorganisationen und der vaterländischen Verbände verband man damit die Absicht, dadurch die unerwünschte pazifizierende Kraft der Trauer neutralisieren zu können. Der Opfertod der Gefallenen behalte nur dann seinen Sinn, wenn das deutsche Volk den Gefallenen im Geiste der Opferbereitschaft und im Geiste der Frontkameradschaft nachzufolgen bereit sei.«

Gerhard Schneider in »erinnern, vergessen, verdrängen«, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1998, S.339f


Fünf Jahre nach Kriegsende und vier Jahre nach dem Versailler Frieden ging es bei dem neuen Ehrenmal wahrlich nicht um die Ehrung der Soldaten oder Trauer um die Gefallenen. Es war der Gedanke an Rache und Revanche, der oberste Priorität hatte: Das Sterben der Kameraden dürfe nicht umsonst gewesen sein.

Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt, Aschendorff Verlag 2018, S.60

Gefallen:
»... verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...]

An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 22 und 61


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

...................................................................................................

Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.«

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen«?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

...................................................................................................

Volkstrauertag 2019

»Zum Gedenken« steht auf der Kranzschleife der Gemeinde Hamfelde.

SH Hamfelde Kranz web


»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324]«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29


...................................................................................................

Die deutsche Eiche

»Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Das Eichenlaub ist ein politisches und militärisches Symbol sowie eine Figur in der Heraldik, das den gelappten Laubblättern von in Mittel- und Südeuropa heimischen Eichenarten nachempfunden ist. Die Blätter können getrennt oder an einem Zweig angeordnet dargestellt sein.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Aus diesem Grund findet man Eichenlaub oft auf Orden, Symbolen und Münzen, so beispielsweise als Erweiterung des Ordens Pour le Mérite sowie auf dem Eisernen Kreuz. Während des Zweiten Weltkrieges gab es zudem das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub. Seit 1957 ist es Vorschrift, dass Orden aus der Zeit des Nationalsozialismus nur noch ohne das damals – bis auf wenige Ausnahmen – obligatorische Hakenkreuz getragen werden dürfen. Dieses wurde daher beim Eisernen Kreuz sowie dessen Erweiterungsstufen – wie bei den ersten Eisernen Kreuzen aus der Zeit der Befreiungskriege – durch drei Eichenblätter ersetzt.«

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019


»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525

 

MP Sagard Eisernes Kreuz web2


Das Eiserne Kreuz auf dem Denkmal zur Völkerschlacht bei Leipzig in Sagard auf Rügen.

Den Anlass der Ordensstiftung gaben die beginnenden Befreiungskriege gegen die Vorherrschaft des napoleonischen Frankreich in Mitteleuropa, zu denen Friedrich Wilhelm III. kurz zuvor mit seiner am 17. März 1813 gleichfalls in Breslau erlassenen Proklamation »An mein Volk« aufgerufen hatte. Auf Grundlage einer Zeichnung des Königs wurde Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer entsprechenden Reinzeichnung beauftragt. Wörtlich heißt es dazu:

»Se. Königl. Maj. haben beschlossen, für die Dauer des jetzigen Krieges eine eigenthümliche Auszeichnung des Verdienstes eintreten zu lassen. Sie soll in einem schwarzen in Silber gefaßten Kreuz aus Gußeisen bestehen, und dessen Vorderseite ganz glatt und ohne alle Inschrift bleiben, die Kehrseite aber zu oberst den Namenszug FW mit der Krone, in der Mitte drey Eichenblätter, unter die Jahreszahl 1813 enthalten. Se. Maj. haben allerhöchstselbst die anliegende Zeichnung davon entworfen, und wünschen eine sauber ausgeführte Zeichnung.«

 

MP Zehlendorf LeipzigOperDDR Wikimedia Commons Concord web
Foto: Wikimedia Commons / Concord

Das Emblem der DDR mit Eichenlaub über dem Eingang zum Opernhaus in Leipzig.

...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
Die Widmung
Volkstrauertag 2019
Die Geschichte
Propst Schütt
Das Eiserne Kreuz
Die Bäume

...................................................................................................

Hammoor, Kreis Stormarn

Kleine, gepflegte Anlage an der Hauptstraße

Die aus verschiedenformatigen Buckelquadern errichtete Denkmalswand ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet.

SH Hammoor Fahnenstangen web


Eine dazu passende niedrige Mauer umgibt die Anlage an drei Seiten. Innerhalb der Anlage stehen Fahnenmasten und rechts und links der Denkmalsmauer zwei ungewöhnlich hohe Säuleneichen.

 

SH Hammoor naeher web


Eine Pflasterung aus Bruchplatten in amorpher Form führt zum Denkmal und zu einem Podest für Kränze auf der rechten Seite. Eine Buchenhecke führt die Mauer an den Seiten optisch fort. Vor der Mauer wurde für ein Pflanzenbeet eine vorspringene niedrige Mauer angefügt.

 

SH Hammoor Tafel Spruch web


In der Mitte der Mauer ist eine schmale, grauschwarze Granittafel eingelassen. Die Buchstaben der Widmung und die Umrandung sind schwarz poliert hervorgehoben.

An ein Eisernes Kreuz in der linken oberen Ecke der Tafel schließt sich der Text an:

DEN
TOTEN
ZUR
EHRE
DEN
LEBENDEN
ZUM
TROST
DER
NACHWELT
ZUR
MAHNUNG

Das Eiserne Kreuz zeigt uns, dass es hier ausschließlich um die Ehrung von Soldaten geht.

 

SH Hammoor Tafel1 web


Auf einer gleichartigen Tafel beginnt auf der linken Seite der Denkmalsmauer die Aufzählung der toten Soldaten. Es werden Vor- und Nachnamen, Geburts- und Sterbejahr genannt. Wobei das Todesdatum entweder mit einem Eisernen Kreuz, als militärisches Ehrung, oder einem »V« für »vermisst« versehen ist. Die Namen sind chronologisch nach Sterbejahr geordnet. Die Liste fängt mit 16 Namen von toten Soldaten des 1. Weltkriegs an. Wir sehen, dass allein sechs im Jahr 1915 gestorben sind. Unter den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs 1939 – 1945 setzt sich die Liste mit 15 Namen fort. In den ersten vier Kriegsjahren ist jeweils ein toter Soldat verzeichnet, aber dann geht es mit hohen Zahlen weiter ...

 

SH Hammoor Tafel2 web


Auf der zweiten Tafel auf der rechten Seite stehen 32 Namen: 1943 sind es 13, 1944 ebenfalls 13 und 1945 sind es 17 Namen.

SH Hammoor Tafel Frauennamen web


Wir entdecken auf der Liste im Jahr 1945 ein vierjähriges Mädchen, einen vermissten 52-jährigen Mann und eine 19-jährige Frau gleichen Namens, vielleicht seine Tochter. Es wird also auf dieser Tafel auch ziviler Toten aus Hammoor gedacht, obwohl auch hier das Todesjahr der nicht Vermissten mit einem Eisernen Kreuz vor dem Todesjahr gekennzeichnet ist.

Zum Schluss gibt es noch zwei polierte Zeilenstreifen für eventuelle Nachmeldungen.

SH Hammoor Feuerschalen web


Vor der Denkmalsmauer entdecken wir kleine, eiserne Feuerschalen.

 

SH Hammoor Schale web


Es sind wohl die ausgebrannten Fackeln von der Feier zum Volkstrauertag 2019, die übrig geblieben sind.

...................................................................................................

Die Widmung

DEN TOTEN ZUR EHRE
DEN LEBENDEN ZUM TROST
DER NACHWELT ZUR MAHNUNG

Die Widmung in Hammoor erinnert im Duktus »Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft« an die Inschrift am Nationaldenkmal für die Befreiungskriege auf dem Kreuzberg in Berlin.

Auf der höchsten Stelle der Erhebung legte König Friedrich Wilhelm III. am 19. September 1818 den Grundstein des deutschen Nationaldenkmals für die Siege in den Befreiungskriegen. Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 30. März 1821, dem Jahrestag der Erstürmung des Montmartre. Bei gleicher Gelegenheit erhielt der Hügel seinen heutigen Namen Kreuzberg.

Die Widmungsinschrift verfasste im Auftrag des Königs der Altphilologe August Boeckh:

»Der König dem Volke,
das auf seinen Ruf hochherzig
Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte.
Den Gefallenen zum Gedächtniß,
den Lebenden zur Anerkennung,
den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.«

Die zweite Hälfte dieses Textes war die gängige Vorlage für Kriegerdenkmäler beider Weltkriege, teilweise nur geringfügig verändert.

Hartmut Häger schreibt in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« über den Begriff »Ehre« auf Kriegerdenkmälern: »Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. [...] im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt. [...]

Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

...................................................................................................

Volkstrauertag 2019

Auf der rechten Seite des Denkmals sind die Bruchsteinplatten in Fortsetzung der Pflasterung zu einem Podest aufgeschichtet worden.

SH Hammoor Denkmal Kranz web


In fünf Stufen füllt es die Ecke aus, die dort von der Buchenhecke gebildet wird.

SH Hammoor VTT 2019 web


Hier wurde zum Volkstrauertag 2019 der Kranz der Gemeinde Hammoor abgelegt.

SH Hammoor 2019 Kranz Schleife


»Euer Tod ist uns Mahnung« steht auf der Schleife. Diese Aussage zum Tod der Soldaten der Reichswehr im 1. Weltkrieg und der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg ist doppeldeutig, auch Nazis und Reichsbürger befürworten sie heute, allerdings mahnen die vermutlich mit anderen Zielen.

...................................................................................................

Die Geschichte

So sah das erste Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus. Im Lauf des Jahres 1960 wurde an gleicher Stelle ein neues Denkmal errichtet. Die beiden folgenden Fotos sind Anfang des Jahres 1960 entstanden.

SH Hammoor 1960 StA2 web2


Die Säuleneichen, rechts und links vom Denkmalsfindling, haben schon eine stattliche Größe erreicht. Hinter der kleinen Anlage stand damals die Schulbaracke von Hammoor. Eine niedige, fast runde Steinmauer umschloss den zentralen Findling. Die Mauerpfeiler waren mit einer Eisenkette verbunden, die oft an den Denkmalsanlagen nach dem 1. Weltkrieg die Fesselung Deutschlands an den Versailler »Schandvertrag« verkörpern sollte. Manchen Orts wurde die Kette dann in späteren Jahren symbolträchtig von den Nazis der Gemeinde durchgehauen.

Der Versailler Vertrag auf LeMO

 

SH Hammoor 1960 StA web2


Am 30. Oktober 1960 berichten die Lübecker Nachrichten: »Im Auftrage der Gemeinde wird zur Zeit das Ehrenmal an der Hammoorer Hauptstraße vor der Schulbaracke gründlich umgestaltet. Der alte Findling wurde abgerissen, weil die bisherige Anlage keine organische Lösung für eine Erweiterung für die Gefallenen des letzten Krieges zuließ.

Auf einem gemauerten Sockel werden nun zwei Granittafeln mit den Namen der Opfer beider Weltkriege aufgestellt. In die Mitte kommt eine Steinplatte mit einer Gedenkinschrift.«

SH Hammoor Einweihung web2


Am Volkstrauertag, den 13. November 1960 um 14.30 Uhr, wird das neue Denkmal eingeweiht.

Der Männergesangsverein Hammoor übernimmt einen Part der musikalischen Untermalung, die Sänger sind dem Anlass entsprechend in Uniform erschienen und haben ihre Vereinsfahne mitgebracht.

SH Hammoor Einweihung StA 1 web


Auch Angehörigen legen Kränze nieder.

SH Hammoor Einweihung StA 2 web

SH Hammoor Einweihung StA 3 web


Die Lübecker Nachrichten berichten am Morgen des 13. November, dass erst am Vortag die drei neuen Platten angebracht wurden und dass am Nachmittag fast die ganze Bevölkerung von Hammoor zur Einweihung erwartet wird.

SH Hammoor 1963 StA web2


Ein Foto von 1963. In diesem Jahr beging Hammoor die 700-Jahr-Feier. Die Lübecker Nachrichten kündigen an: »Um 6 Uhr wird durch die Feuerwehrkapelle geweckt, damit alles zur Stelle ist, wenn um 10 Uhr am Ehrenmal ein Kranz niedergelegt wird. Dort hält Propst Schütt auf Plattdeutsch eine Ansprache.« Lesen Sie mehr über Propst Schütt im nächsten Kapitel.

SH Hammoor StA web


Eine Postkarte ohne Datierung: Unter dem »Ehrenmal« können wir einen ungewohnten Blick auf die A1 werfen.


Alle Fotos: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0


...................................................................................................

Propst Schütt

Peter Friedrich Wilhelm Schütt, geboren 1894 auf Fehmarn, war von 1931 bis 33 Pastor in Kiel und als solcher Mitglied bei den Deutschen Christen. Die Deutschen Christen (DC) waren eine rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus, deren Mitglieder sich an die Ideologie des Nationalsozialismus angleichen wollten. Schütt war ausserdem Mitglied der SA und Gaureferent für die Deutschen Christen für Schule und Erziehung.

SH Hammoor Schuett 44 45 web


Von 1933 bis 1946 war Peter Schütt Propst in Altona. 1946 beantragte er seine Entlassung, bevor sein Entnazifizierungsverfahren begann. Vermutlich mit Unterstützung seines Schwagers und Freundes Bischof Wilhelm Halfmann erhielt er eine Pfarrstelle in Bargteheide, wo die Entnazifizierungsverfahren schon abgeschlossen waren. So arbeitete er ab 1947 bis 1960 als Pastor in Bargteheide und war zugleich Landeskirchlicher Beauftragter für den Kindergottesdienst. Mit dieser Beauftragung war es möglich, ihm weiter sein Propstengehalt auszuzahlen. Öffentlich ließ er sich weiterhin als Propst ansprechen, siehe den Artikel der Lübecker Nachrichten zur 700-Jahr-Feier in Hammoor, ebenso übrigens in 30 weiteren Artikeln, die man im Stormarner Kreisarchiv einsehen kann. Wie wir im Artikel der LN oben auch gelesen haben, hielt er volkstümliche Predigten in Plattdeutsch. Ausserdem verfasste er plattdeutsche Texte für Kirchenlieder, einige sind bis heute im »Plattdeutschen Gesangbuch« der Nordkirche enthalten.

SH Hammoor Schuett Todesanzeige web


Die Todesanzeige Schütts im Kirchlichen Gesetz- und Verordnungsblatt von 1969.


Kapitel über Propst Schütt in »Fehlanzeige« von Stephan Linck

Propst Schütts Rücktrittsschreiben an Bischof Halfmann


...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurück gekommen ist, erhält ihn nicht.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen gezeigt, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:

HH Uhlenhorst EK auf Auto web2

 

...................................................................................................

Die Bäume

Die beiden Säuleneichen standen schon an den Seiten des früheren Denkmals und hielten die »Ehrenwache«, siehe das Kapitel zur Geschichte des Denkmals weiter oben.

SH Hammoor Baeume web


Dieses Foto entstand 2019, die Eichen sind riesengroß geworden.

Die Eiche gilt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
Die Stele
Historische Postkarten
Gedenken an die Zwangsarbeiter
Der deutsch-Französische Krieg 1870/71
Das Kaiserdenkmal
Die unvergessene Heimat im »deutschen Osten«
Familie Treplin
Brand und Wiederaufbau
Der Kaiseradler

...................................................................................................

Hanerau-Hademarschen, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Auf dem kirchlichen Friedhof von St. Severin

Links vom Hauptweg, eingebettet in eine großzügige Rasenfläche, liegt die Gedenkanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege.

SH Hanerau Hademarschen Denkmal web


Über einen Sandweg erreicht man eine niedrige Natursteinmauer, in deren Mitte eine breite dreistufige Treppe zum Denkmalsplatz hinauf führt. Eine massive dreiseitige Mauer beschließt den Platz, sie besteht aus bunten unterschiedlich geformten Natursteinen und ist oben mit einer glatten Steinreihe abgedeckt.

SH Hanerau Hademarschen Denkmal naeher web


In die Mauer sind fünf helle Steinplatten eingelassen, je zwei paarweise an den Seiten und eine allein in der Mitte. Vor der Mauer liegt schräg aufgestellt eine große mittelgraue Steinplatte.

SH Hanerau Hademarschen Denkmal Fuer Euch web


Aus dem Stein sind aus der tiefergelegten Fläche ein großes Eisernes Kreuz und die beiden Wörter

FÜR EUCH

herausgearbeitet worden. Es ist ein schlichtes Eisernes Kreuz, ohne die Zusätze, die nach dem 1. Weltkrieg üblich waren: Preußische Königskrone, W für Wilhelm II. und 1914 für das Jahr der 2. Ordensstiftung. Das spricht für einen Aufbau der Denkmalsanlage nach dem 2. Weltkrieg. Diese Annahme wird sich bewahrheiten, wenn wir gleich die Namenstafeln in der Mauer betrachten.

Das Eiserne Kreuz wird auf Kriegerdenkmälern posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird von den Denkmalsstiftern als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird ihnen der militärische Orden kollektiv zugedacht. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält ihn nicht.

»FÜR EUCH« verbreitet die Botschaft, die Toten hätten mit ihrem Leben für die Gemeinschaft eingestanden. Sie hätten ihr Leben für »uns«, für die »Heimat«, für das »Vaterland« gegeben. Keine Tafel erläutert hier, dass die Soldaten nicht »für uns«, sondern für Macht, Einflusssphären, Kolonien, Absatzmärkte oder Rohstoffe gestorben sind.

Kerstin Klingel formuliert es in ihrem Buch ›Eichenkranz und Dornenkrone‹ so: »Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«

Das gilt umso mehr für den verbrecherischen 2. Weltkrieg.

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« schreibt Ralph Giordano in ›Die zweite Schuld‹.


SH Hanerau Hademarschen Denkmal Do Tafel links web


Auf der ersten Tafel an der Steinmauer beginnt die Aufzählung der Soldatennamen ohne weiteren Sinnspruch mit der Angabe des ersten Kriegsjahres im 1. Weltkrieg eingefasst von zwei Eisernen Kreuzen in Buchstabenhöhe. So geht es fortlaufend ohne Zwischenräume über alle fünf Tafeln weiter: Das Kriegsjahr mit Eisernen Kreuzen mittig gesetzt beginnt, ab der nächsten Zeile folgen die Namen der toten Soldaten in diesem Jahr, in etwa geordnet nach Todestag. Dem Todestag ist jeweils ein christliches Kreuz vorangestellt. Der Blocksatz der Zeilen wird mit verschieden langen waagrechten Linien zwischen den Namen ausgeglichen. Auf der ersten Tafel sind die Jahre 1914 bis 1917 dokumentiert.

SH Hanerau Hademarschen Denkmal Tafel links 18 39 40 web


Und jetzt wird es interessant: Die zweite Tafel beginnt mit der Fortsetzung von 1917 und 1918, und nun folgt übergangslos das erste Jahr des 2. Weltkriegs: 1939. Diese fünf Tafeln sind also nach dem 2. Weltkrieg erstellt worden. Die zweite Tafel endet mit den vier ersten Namen des Kriegsjahres 1942.


SH Hanerau Hademarschen Denkmal Tafel mitte web


Auf der einzelnen Tafel in der Mitte der Mauer geht es weiter mit den Namen der toten Soldaten von 1942 bis 1944.


SH Hanerau Hademarschen Denkmal Do Tafel rechts web


Die vierte Tafel dokumentiert weitere Namen aus den Jahren 1944 bis 1945, die letzte Tafel nennt Namen aus 1945. Am Ende der Liste stehen die 43 vermissten Soldaten, für die zwar teils ein Todesjahr mit Monat, teils sogar ein Todestag angegeben wird, für die aber wohl trotzdem der Status »Vermisste« gilt.

Weil wir gleich noch das gegenüberliegende Denkmal zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 zeigen, soll an dieser Stelle einmal die Zahl der toten Soldaten aus dem Gebiet des »Kirchspiels« Hanerau-Hademarschen in den verschiedenen Kriegen angegeben werden:

Deutsch-Französischer Krieg 1870/71: 5 tote Soldaten

1. Weltkrieg 1914/18: 83 tote Soldaten

2. Weltkrieg 1939/45: 192 tote Soldaten


SH Hanerau Hademarschen Kranz Gem web


Zum Volkstrauertag 2020 hat die Gemeinde Hanerau-Hademarschen am Stein »FÜR EUCH« einen Kranz niedergelegt. Auf der Schleife steht:

»Den Toten / zur Ehre / den Lebenden / zur Mahnung«

Abgesehen davon, dass man die Soldaten der Deutschen Wehrmacht nicht per se ehren kann, hat diese Formulierung ein »Gschmäckle«, wurde sie doch nach dem 1. Weltkrieg dafür verwendet die junge Generation in revanchistischer Absicht in die Pflicht zu nehmen.


SH Hanerau Hademarschen beide web


Auf diesem Foto sieht man noch einmal die Gedenkanlage zu den Weltkriegen und rechts daneben die neue Stele, die wir im folgenden Kapitel beschreiben.

 

...................................................................................................

Die Stele

Seit 2014 ist dem Kriegerdenkmal eine Stele zur Seite gestellt, auf der die Namen von 140 bisher nicht genannten Toten des 2. Weltkriegs stehen. Die Stele ist aus einem Projekt der Theodor-Storm-Dörfergemeinschaftsschule hervorgegangen.


SH Hanerau Hademarschen Stele vorne web


Der Text: »Gegen das Vergessen

Diese Gedenkstätte erinnert an 140 Opfer des Zweiten Weltkrieges: 93 Flüchtlinge, 6 durch Waffeneinwirkung verunglückte Kinder und junge Menschen und 41 vom NS-Regime Verfolgte, darunter jüdische KZ-Häftlinge und viele Zwangsarbeiter aus Polen, der Ukraine, Russland, Weißrussland, Lettland, Litauen und Tschechien.

75 der hier bestatteten Kriegsopfer sind in einem Hilfskrankenhaus in Schafstedt verstorben. Sie alle wurden zwischen 1939 und 1949 auf diesem Friedhof beerdigt. Ihre Gräber wurden in den Folgejahren neu belegt.

2014 haben sich Schülerinnen und Schüler der Theodor-Storm-Dörfergemeinschaftsschule in einem Projekt mit Hilfe des Kirchenamtsregisters ihrer Schicksale angenommen. Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft wurden so ihre Namen zurückgegeben. An diesem Ort soll ihrer gedacht werden.«

Unter dem Text ist die Zeichnung eines Gingkoblatts hinzugefügt. Das deutsche »Kuratorium Baum des Jahres« hat zum Jahrtausendwechsel den Ginkgo biloba zum Mahnmal für Umweltschutz und Frieden und zum Baum des Jahrtausends erklärt.


SH Hanerau Hademarschen Stele Fluechtl1 web


Auf der linken und der Rückseite der Stele werden nun unter der Überschrift »Flüchtlinge« in jeweils zwei Spalten die Namen von 93 deutschen Männer und Frauen aller Altersstufen aufgezählt.


SH Hanerau Hademarschen Stele Fluechtl2 web


Zu jedem Namen wird der Geburts- und der Todestag genannt. Sie sind nach dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens alphabetisch geordnet.


SH Hanerau Hademarschen Stele Ki Verfolgte web

Auf der rechten Seite stehen oben sechs Namen unter der Überschrift »Verunglückte Kinder«. Dem Namensblock sind abgeknickte Rosen zur Seite gestellt. Die drei Mädchen und drei Jungen sind zwischen fünf und 23 Jahre alt geworden. Das Geschwisterpaar Peters ist am gleichen Tag gestorben

Darunter folgen 41 »Verfolgte und Zwangsarbeiter«. Die Namen sind wieder alphabetisch geordnet, die meisten Männer und Frauen sind im Jahr 1945 gestorben. Wenn wir die Vornamen und Daten richtig interpretieren waren es 24 Männer, 14 Frauen/Mädchen und 3 Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen. Der älteste Mann starb mit 58 Jahren.

...................................................................................................

Historische Postkarten

So sah das Denkmal vor der Umgestaltung nach dem 2. Weltkrieg aus: In der Mitte erhob sich ein kirchturmartiger Bau mit großem Kreuz auf der Kuppel. Auf den Treppenstufen davor schützte eine halbrunde Bruchsteinmauer die »heilige« Mitte. Was sich in der Nische des Turms befand, wissen wir nicht. Auf den je zwei großen Tafeln an den Seiten standen vermutlich die Namen der toten Soldaten des 1. Weltkriegs, die dann später auf anderthalb Tafeln passen mußten. Denn das Denkmal wurde nach 1945 für beide Weltkriege passend gemacht: Turm und Schutzmauer wurden abgerissen, die seitlichen Nischen wurden für die neuen Namenstafeln benutzt, eine gleich hohe Nische für eine fünfte Tafel kam in die Mitte, siehe oben.

SH Hademarschen1929 web

1929

SH Hademarschen 1939 web

1939, der 2. Weltkrieg beginnt.


...................................................................................................

Gedenken an Zwangsarbeiter

Dreizehn im 2. Weltkrieg aus osteuropäischen Ländern verschleppte Frauen und Männer sind in Hanerau-Hademarschen in den Jahren 1943 bis 1945 ums Leben gekommen.


SH Hanerau Hademarschen KirchlFriedhof Russ 2 web


Der Halbkreis ihrer Namenssteine ist von Rhododendronbüschen umgeben. Am Weg ist inmitten einer beschnittenen Buchsbaumhecke ein Baum gepflanzt worden. Die Erde um die Steine ist im November 2020 mit Tannengrün abgedeckt – es ist eine gepflegte Anlage.

 

SH Hanerau Hademarschen KirchlFriedhof Russ 3 web


Der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wird mit je einem schwarzen Granitstein gedacht, auf dem Vor- und Familienname, Geburts- und Sterbetag genannt werden.


SH Hanerau Hademarschen KirchlFriedhof Russ 4 web

Am Rand hinter den Namenssteinen ist ein orthodoxes Kreuz aus Holzbalken aufgestellt. Am oberen Querbalken steht in kyrillischen Buchstaben INUI. Diese Abkürzung kennen wir als INRI, sie steht für »Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum«, das heißt übersetzt: »Jesus von Nazareth, König der Juden«. Unter dem Kreuz liegt ein Stein mit einem Foto im ovalen Medaillon ohne weitere Aufschrift. Links daneben, fast verdeckt von Rhododendronzweigen liegen zwei Steine mit Namen von Zwangsarbeitern aus dem 1. Weltkrieg.

 

»Ende 1944 arbeiteten mehr als 7,5 Millionen ausländische Arbeitskräfte, davon ein Drittel Frauen, für geringe Bezahlung oder auch ohne Lohn in fast allen Bereichen der deutschen Wirtschaft. Nur so konnte die NS-Führung der deutschen Bevölkerung bis Kriegsende einen relativ hohen Lebensstandard sichern und den massenhaften Einsatz von deutschen Frauen in der Wirtschaft lange vermeiden. Ohne den Arbeitseinsatz von Millionen Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und Häftlingen aus den Konzentrationslagern (KZ) wäre die Weiterführung des Kriegs für das Deutsche Reich spätestens ab 1942 nicht möglich gewesen. Während der Kriegsjahre wurden Zehntausende KZ-Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen beim Bau unterirdischer Fabrikanlagen und in der Rüstungsproduktion eingesetzt.«

• Arnulf Scriba, Deutsches Historisches Museum Berlin, 13. August 2015, Text: CC BY NC SA 4.0


Mehr auf LeMO, Deutsches Historisches Museum

 

...................................................................................................

Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71

»Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Trotzdem fand sich die französische Regierung erst im Februar 1871, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe Reparationen sowie die Abtretung Elsaß-Lothringens durch Frankreich vorsah.

Nach dem Deutsch-Dänischen und dem Deutschen Krieg von 1864 und 1866 gilt der Konflikt mit Frankreich als dritter und letzter der deutschen Einigungskriege. Noch während seines Verlaufs traten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich mit Wirkung vom 1. Januar 1871 Deutsches Reich nannte. Der preußische König Wilhelm I. nahm den Titel ›Deutscher Kaiser‹ an, Otto von Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Frankreich hatte der Krieg nicht nur die endgültige Abschaffung der Monarchie zur Folge. Vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.«

nach Wikipedia, abgerufen am 9. 12. 2017

 

SH Hanerau Hademarschen 70 71 web


Auf dem Friedhof von St. Severin in Hanerau-Hademarschen steht auf der rechten Seite vom Hauptweg, dem Denkmal zum 1. und 2. Weltkrieg gegenüber das kleine Monument zum Deutsch-Französischen Krieg, gestiftet wurde es zum 2. September 1875. Am 2. September 1870 hatte die französische Armee nach der verlorenen Schlacht bei Sedan kapituliert. In den folgenden Jahren wurde an diesem Tag mit Einweihungen von Siegesdenkmälern etc. der »Sedantag« gefeiert, bis er in der Weimarer Republik staatlicherseits absichtsvoll in Vergessenheit geriet.

Die Schlacht bei Sedan auf LeMO, Deutsches Historisches Museum


Das Monument ist ein Pylon, ein massiver Bau mit quadratischem Grundriss und abgeschrägten Seitenwänden, der mit bunten Bruchsteinen aufgemauert wurde. Er trägt ein gußeisernes schwarzes Kleeblattkreuz, dessen drei Enden die Form eines dreiblättrigen Kleeblatts haben. Sie werden als Zeichen für die Dreifaltigkeit gedeutet und stehen damit für Gottvater, Sohn und Heiliger Geist. Jedes Blatt ist mit einem hellgrauen Stern geschmückt.

Der Bibelspruch auf dem Querbalken lautet:

Der Herr ist mein Fels und meine Burg
und mein Erretter.
2 Sam 22 V.2.

Dieser Text wird König David zugeschrieben. Er hat ihn notiert, nachdem sein Erzfeind Saul gestorben ist und auch die anderen Feinde besiegt sind.


SH Hanerau Hademarschen 70 71 Tafel web


An zwei Seiten des Pylon sind große gusseiserne Tafeln angebracht – schwarz mit hellgrauer Schrift. Oben lesen wir:

Mit Gott für König und Vaterland!

Darunter ein Eisernes Kreuz mit preußischer Königskrone, W für Wilhelm II. und 1914 für das Jahr der 2. Ordensstiftung. Umgeben ist es von gewaltig großen Eichenblättern. Es folgt der Satz:

Es fanden den Tod im Kriege
gegen Frankreich;
Anno
1870-1871:

Fünf Namen von toten Soldaten mit Angabe ihrer Heimatgemeinde schließen sich an. Sie kamen aus Hademarschen, Thaden, Beltorf und 2x Bendorf.

 

SH Hanerau Hademarschen 70 71 2Tafel web


Die zweite Tafel ist oben mit einem Flügel schwingenden Reichsadler geschmückt, über seinem Kopf schwebt die preußische Königskrone. Darunter steht die Widmung:

Seinen
für das Vaterland
gefallenen Söhnen
widmet
dieses Denkmal
das
Kirchspiel Hademarschen.

Sept. 2                      1875

 

...................................................................................................

Das Kaiserdenkmal

Dier Obelisk neben dem Denkmal zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 ist zwei deutschen Kaisern gewidmet.

SH Hanerau Hademarschen WundF web


Ganz oben steht die Büste von Kaiser Wilhelm I.


SH Hanerau Hademarschen Wilh web

Kaiser Wilhelm I. wurde wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung verehrt und 1897 von Kaiser Wilhelm II. zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt. Dieses Denkmal für ihn und seinen Sohn und Nachfolger Kaiser Friedrich III. wurde in Hanerau-Hademarschen 1889 aufgestellt.


Büsten dieser Art gibt es einige im Land, z.B. in Ahrensbök.

Unsere Dokumentation können sie hier ansehen


SH Hanerau Hademarschen Friedr web


Das Portrait von Kaiser Friedrich III. im Profil ist aus dem Granitobelisk herausgearbeitet worden.

Noch als Kronprinz erkrankte Friedrich III. an Kehlkopfkrebs, übernahm aber nach dem Tod seines Vaters Wilhelm I. trotz seiner Erkrankung 57-jährig die Regierungsgeschäfte. Nur 99 Tage später starb er in Potsdam. Sein Sohn folgte ihm als Wilhelm II. auf den Thron. Das Jahr 1888 ging als »Dreikaiserjahr« in die Geschichte ein.

Mehr über Friedrich, der mit seinen liberalen Ansichten bei seinem Vater und bei Ministerpräsident Otto von Bismarck aneckte:

Friedrich III. zum Vertiefen: Dorlis Blume für das DHM


SH Hanerau Hademarschen Widm web


Im Sockel ist in kunstvoller Schrift und ebensolcher Verzierung eingraviert:

Gewidmet
vom
Kirchsp: Hademarschen


SH Hanerau Hademarschen 1889 web


1889, Wilhelm II. ist schon deutscher Kaiser, wird das Denkmal eingeweiht. Der Künstler hat an den Seiten seine Signatur hinterlassen. Links sein Name:

Petersen

Rechts sein Heimatort:

Heide

...................................................................................................

Die unvergessene Heimat im »deutschen Osten«

Auf der gegenüber liegenden Seite des Kirchbaus steht eine Gedenkstätte vom »Bund der Vertriebenen«. In der Mitte erhebt sich ein hölzernes Hochkreuz auf einem gemauerten Steinsockel.


SH Hanerau Hademarschen Heimat komplett web

 

An den Seiten des Kreuzes liegen je drei Findlinge mit den Wappen und Namenszügen von Ostpreußen, Westpreußen, Ostbrandenburg, Schlesien, Danzig und Pommern.


SH Hanerau Hademarschen Heimat OBrand web


Beispiel Ostbrandenburg: Der Wappenadler der ehemaligen deutschen Provinz Brandenburg mit Zepter und Schwert, die Umrandung und die Buchstaben sind einzeln auf dem Findling angebracht.

SH Hanerau Hademarschen Heimat Schild web


Auf dem gusseiserne Schild am Kreuzsockel ist zu lesen:

Der unvergessenen Heimat
fern im deutschen Osten

Damit sind offenbar die Gebiete gemeint, aus denen Deutsche 1945 fliehen mussten.

Je mehr sich die Vertriebenen in die westdeutsche Gesellschaft integrierten, umso fragwürdiger wurde der formelhaft wiederholte Anspruch auf die verlorene Heimat jenseits von Oder und Neiße. »Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein und werden; im Innern und nach außen«, sagte Willy Brandt in seiner Regierungserklärung vom Oktober 1969. Ein gutes Jahr später, im Dezember 1970, besuchte der Kanzler Polen, um den Warschauer Vertrag zu unterzeichnen, mit dem die Bundesrepublik die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens anerkannte.

Spätenstens seit 1970 ist also die Formulierung von der unvergessenen Heimat »fern im deutschen Osten« unmöglich.

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Sprachgebrauch in der DDR, hier wurde von »Umsiedlern« geredet. Friedemann Schreiter schreibt in seinem Buch »Musterdorf Mestlin« (Christoph Links Verlag Berlin, 2017, S.39): »... denn das Wort ›Vertriebene‹ hätte die von Deutschen heimgesuchten Völker, hätte Tschechen, Polen, Russen zu mutwilligen ›Vertreibern‹ erklärt und damit die Erstschuld des deutschen Überfalls- und Vernichtungskrieges kaschiert.«

Karen Meyer-Rebentisch entgegnet: »Auch wenn Deutschland beim 2. Weltkrieg der Agressor war, rechtfertigt das nicht die gewaltsame erzwungene Auswanderung (das wäre m.E. so, als würde man die Vergewaltigung von deutschen Frauen mit dem Angriffskrieg rechtfertigen) – Vertreibung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und deshalb völkerrechtswidrig. ›Umsiedler‹  verharmlost das, weil man nicht mit dem ›Großen  Bruder‹ in Konflikt kommen wollte. Ich finde auch nicht, dass man mit der Benennung der Vertreibung als Unrecht die Rolle Deutschlands im 2. Weltkrieg oder den Holocaust o.ä. relativiert. Es ist nun mal so, dass wir es gerne hätten, dass alles eindeutig schwarz oder weiß ist (das war ja auch im Kalten Krieg ein  mächtiger Motor), aber so ist es eben nicht.«

Dr. Karen Meyer-Rebentisch ist Leiterin der Gedenkstätte Lutherkirche Lübeck und Mitinitiatorin des Netzwerks Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche


...................................................................................................

Familie Treplin

Der Stein, der ausserhalb des Friedhofs neben der Kirche liegt, ist der Familie Treplin gewidmet, die zwei Pröpste hervorgebracht hat. Die Liste der Familienmitglieder führen Propst August Treplin (1840 - 1917, 25 Jahre Propst der Propstei Rendsburg, von 1892 - 1917) und seine Frau Louise Treplin an. Sie hatten 10 Kinder, die hier nicht alle aufgeführt sind. Weiter unten steht dann einer ihrer Söhne Propst Hans Treplin (1884 - 1982, Propst der Propstei Rendsburg von 1947 - 1954). Er ist die Hauptperson der folgenden Dokumentation.

SH Hanerau Hademarschen Treplin web

Aus der Geschichte von Hanerau-Hademarschen bei Wikipedia: »Als 1955 Pastor Hans Wilhelm Treplin (1884–1982) in den Ruhestand ging, dessen Vater bereits langjähriger Pastor des Ortes gewesen war, ging in Hademarschen eine Ära vorüber: 83 lange Jahre, ununterbrochen seit 1872, hatte ›ein Pastor Treplin‹ in der Kirche gepredigt und Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten und Trauerfeiern begleitet.«

Auch heute ist die Adresse des Kirchenbüros: Probst-Treplin-Weg 6.

Der Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen« fügte die Christkirchengemeinde bei der Station in Rendsburg ein Lokales Fenster über Hans Treplin hinzu:

Hans Treplin – ab 1947 erster Nachkriegspropst in Rendsburg

Der Hademarscher Pastor Hans Treplin hatte anfänglich durchaus Sympathien für den Nationalsozialismus. In einer Ansprache zum Massenaufmarsch der NSDAP 1931 sagte er: »›das deutsche Vaterland von den gottlosen und kommunistischen Mordbanden zu befreien‹, dazu seien die Nationalsozialisten vom Herrgott berufen.« (zit. n. Hoch)

Nach kurzer Zeit wandelte sich seine Einstellung und er sah insbesondere die verheerende Wirkung der nationalsozialistischen Glaubensbewegung »Deutsche Christen« (DC). Ab 1934 war Treplin an der Gründung der Bekennenden Kirche (BK) in Schleswig-Holstein aktiv beteiligt und wurde Mitglied im Landesbruderrat. 1943 wurde er dessen Vorsitzender.

Das »lokale Fenster« Rendsburg bestand aus 2 Vitrinen mit Gegenständen und Fotos aus dem Heimatmuseum Hademarschen, dem Wohn- und Arbeitsort von Hans Treplin, sowie aus einer großen Stelltafel.

PDF der Stelltafel

Fotos der Vitrinen


Zur Basisausstellung gehört auch die Biografietafel von Hans Treplin:

Biografietafel, getextet von Pastor Lars Klehn

 
Ausserdem hat Lea Stotz, Schülerin der 10. Klasse des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Heide/Holstein, mit ihrem Beitrag über Hans Treplin im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2016/2017 einen Preis als Landessiegerin erhalten. Gratulation!

Ihr Beitrag: »Pastor Treplin und Hademarschen im Kirchenkampf«

...................................................................................................

Brand und Wiederaufbau

Die mittelalterliche Feldsteinkirche St. Severin brannte in der Nacht zum 27. Dezember 2003 bis auf die Grundmauern nieder und wurde dabei völlig zerstört. Untersuchungen ergaben, dass der Brand in dem kurz vorher erneuerten Sicherungskasten entstanden war. Die alte, mit schönen Verzierungen versehene Bronzeglocke, 1780 vom Glockengießermeister Beseler in Rendsburg gegossen, die den Hademarschern mehr als 200 Jahre lang zur Andacht, allen Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, aber auch in Kriegszeiten geläutet hatte, hing, von weit her gespenstisch anzusehen, noch für eine Weile rotglühend im Turm, bis die gesamte hölzerne Dachkonstruktion kollabierte und alles andere mit sich in das lodernde Feuer riss.

Beim Wiederaufbau konnten die aus großen Findlingen bestehenden Grundmauern wieder verwendet werden; man erhöhte diese jedoch durch eine zweiseitige Fenstergalerie beträchtlich und erhielt somit, auch durch einen zusätzlich erhöhten Dachfirst, einen deutlich höheren Innenraum. Zudem wurde ein kleiner spitzer Turm als Dachreiter gesetzt, mit neuer Turmuhr, der, wenn auch viel moderner, an das Gesamtbild der alten abgebrannten Kirche erinnern soll. Neben der Kirche wurde ein separater Glockenturm errichtet. 2007 wurde die neue Hademarscher Kirche eingeweiht.


SH hademarschen kirche Wikimedia commons jan tappenbeck webFoto: Wikimedia Commons / Jan Tappenbeck

Der Wiederaufbau von St. Severin im Oktober 2012


Bereits 2008 zeigten sich erste Mauerrisse, die zu Bedenken wegen der Bausicherheit führten. Im September 2013 wurde die Kirche daher ganz geschlossen und das Hauptportal zugemauert. Gottesdienste der Kirchengemeinde finden seitdem in der 1962 erbauten St. Johanneskirche in Gokels statt. 2014 wurde festgestellt, dass der falsch verwendete Mörtel zu der Rissbildung geführt hatte. Die Kirchengemeinde prozessierte seitdem gegen die für den Neubau Verantwortlichen. Unterstützt wird sie vom 2014 gegründeten Kirchenbauverein Hanerau-Hademarschen. Seit die Kirchengemeinde 2018 den Prozess gewann, finden Notsicherungsmaßnahmen statt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 19. April 2021


Auf der Website des Architekturbüros wird der Wiederaufbau nach dem Brand unter der Überschrift »Phönix aus der Asche« präsentiert. Beim voran gegangenen Wettbewerb war dieser Entwurf als Sieger prämiert worden. 2009 erhielt der Bau den 1. Holzbaupreis Schleswig-Holstein, 2011 den BDA-Preis Schleswig-Holstein als »Vorbildlicher Bau«. Auf der Website werden Fotos des Brands, der Ruine und des Wiederaufbaus veröffentlicht.

www.ppp-architekten.de

Das Drama auf nordkirche.de

...................................................................................................

Der Kaiseradler

Einer von vier »Kaiseradlern«, die zu Ehren von Kaiser Wilhelm II. beiderseits der Tragepfeiler der Grünenthaler Hochbrücke angebracht worden waren, steht nach Abriss der Brücke 1988 an der Ecke Bergstraße / Hafenstraße in Hademarschen. Die Grünenthaler Hochbrücke wurde 1891/92 über den im Bau befindlichen Kaiser-Wilhelm-Kanal (seit 1948 heißt er Nord-Ostsee-Kanal) gebaut. Kaiser Wilhelm II. hatte die Brücke am 9. Oktober 1892 persönlich eingeweiht.

SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler ganz web


Auf einem passenden Ziegelsteinsockel ist der »Kaiseradler« vor einer immergrünen Blätterwand aufgestellt worden. Er stellt das Wappen Kaiser Wilhelms II. dar.


SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler Stein web


Ein Stein zu Füßen des Adlers erklärt seine Herkunft.


SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler 1 web


Er ist aus drei 70 cm starken Oberkirchener Sandsteinplatten zusammengesetzt.


SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler 2 web


Wie die drei anderen ist er insgesamt 4,33 m hoch und 2,10 m breit. Die vier Adler sind an unterschiedlichen Orten zu besichtigen: je einer an der großen und der kleinen Brunsbütteler Schleuse und der vierte an der Nordseite der abgerissenen Brücke auf einer Besucherplattform.


SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler 3 web


Die Arbeit der Steinmetzen und der Bildhauer wurde 1892 auf der Baustelle in Grünenthal erbracht.


SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler Info web


Informationen erhält man über die nebenstehende Info-Tafel und den abgebildeten QR-Code, er führt zur Website

www.kulturwegweiser.kreis-rd.de

 

SH Hanerau Hademarschen Bruecke Detail der Infotafel web

Ein Detail der Infotafel: das Foto der alten Hochbrücke: »Die zwei gemauerten Brückenturmpaare an beiden Enden waren, von der Fahrbahn gemessen, 16 Meter hoch. Für den Dammbau der Straße und Eisenbahntrasse wurden fast zwei Millionen Kubikmeter Erdmassen herangeschafft. Im Dezember 1892 konnte die Eisenbahn die neue Brücke erstmals passieren. Während des Kanalbaus vom 3. Juni 1887 bis 20. Juni 1895 erlebte das Dorf Hademarschen einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Der eine Grund waren die im Bauabschnitt des Kirchspiels beschäftigten Arbeiter, die zum Teil aus weit entfernten Teilen des Reiches stammten und sich im Ort mit ihrem gesamten Bedarf an Kleidung und Lebensmitteln eindeckten, welches große Umsatzsteigerungen für die ansässigen Handwerker und Kaufleute bedeutete. Der andere Grund waren die vom Staat an die lokalen Bauern gezahlten, teilweise recht hohen Entschädigungen für das für den Kanalbau hergegebene Land.«

• Nach Wikipedia, abgerufen am 18.4.2021


SH Hanerau Hademarschen Kaiseradler Platz web


Rechts neben dem Kaiseradler wird auch noch ein Teil der genieteten Bogenkonstruktion der alten Grünenthaler Hochbrücke ausgestellt.

...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Für Volk und Vaterland
Das Eiserne Kreuz
Das Schwert
Die Schrift

...................................................................................................

Haselau, Kreis Pinneberg

Auf dem Friedhof an der Heiligen Dreikönigskirche

In einer stillen Ecke steht dort das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege.

 

SH Haselau Kirche web


Auf dem Foto schemenhaft am linken Bildrand ist es links unter der Blutbuche zu erkennen.

 

SH Haselau Ketten web


Es besteht aus der mittleren Steinplatte, die den toten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet ist und zwei kleineren Steinplatten an den Seiten und einer Bodenplatte für die Wehrmachtsangehörigen, die im 2. Weltkrieg zu Tode kamen.

 

SH Haselau gesamt web


Durch die Art der Aufstellung erinnert das Denkmal an ein Triptychon. Laut Wikipedia werden dreigeteilte Gemälde oder dreiteilige Relieftafeln als Triptychon bezeichnet, die sich insbesondere als Andachts- oder Altarbild finden. Triptychen bestehen aus einer Mitteltafel und zwei meist schmaleren Flügeln, manchmal ergänzt durch einen Sockel unter dem Mittelteil.

 

     SH Haselau IWK web


Auf der hellen Marmorplatte mit dem angehauenen Rand ist oben die Widmung fein herausgearbeitet, die erste Zeile ist im Bogen gesetzt:

Ihren gefallenen Söhnen
1914  (Eisernes Kreuz) 1920.
Die Gemeinde Haselau.

SH Haselau oben web


Das Eiserne Kreuz trägt die Kaiserkrone, das »W« für Kaiser Wilhelm II und »1914« für die in diesem Jahr erfolgte erneute Stiftung des Ordens durch Wilhelm II.

 

SH Haselau Reliefs web


Die Namen der 33 toten Soldaten sind im großen oberen Teil in zwei Spalten gesetzt und werden dort durch ein lorbeerbekränztes Schwert getrennt.

Die Namen, teilweise mit abgekürzten Vornamen, werden in kleinerer Schrift ergänzt durch Geburts- und Todesdatum, dazu ist der Sterbeort gesetzt.

 

SH Haselau Helm web


Unten endet die Liste mit einem Namen in der Mitte, rechts und links ergänzt durch Zierreihen aus Quadraten. Darunter folgen rechts und links noch zwei Namen, die durch einen Stahlhelm auf Lorbeerlaub getrennt werden.

Die Namen sind nach Todestagen geordnet, der erste Soldat ist am 16.9.14 in Frankreich ums Leben gekommen, der letzte am 4.9.18 in Neumünster. Ein Soldat wird als vermisst aufgeführt.

Wieso die Jahreszahlen auf dem Stein mit 1914 und 1920 angegeben sind, erschließt sich nicht.

 

     SH Haselau gesamt von oben web


In die Bodenplatte aus rötlichem Granit sind 30 Namen von vermissten Wehrmachtsangehörigen graviert. Sie sind in drei Spalten gesetzt.

 

SH Haselau Platte web


Es konnte nur das Geburtsdatum angegeben werden, danach sind die Namen geordnet. Die kleinen Ziffern sind teilweise nicht mehr zu lesen. Die Zahl der Vermissten, von 79 Haselauer Wehrmachtsangehörigen sind 30 ohne Todestag angegeben, ist erstaunlich hoch. Oder kannte man diese Daten nicht?

 

     SH Haselau links web


Auch die beiden rötlichen Granitplatten an den Seiten haben rauh gehauene Ränder, an den oberen Außenecken sind die Steine grob abgerundet. Beide Steine haben oben die Inschrift, die erste Zeile wurde wieder im Bogen gesetzt:

Für Volk u. Vaterland
1939 (Eisernes Kreuz) 1945

Es folgen die 49 Namen der getöteten Soldaten mit Geburts- und Sterbedatum, wieder geordnet nach Todestag. Der erste Soldat von den 25 Genannten auf der linken Platte ist am 17.9.39 zu Tode gekommen.

 

Die Formulierung »Für Volk und Vaterland« läßt vermuten, dass sich die Denkmalsstifter auch nach dem 2. Weltkrieg noch anhaltend mit dem Begriff der »Volksgemeinschaft« identifiziert haben.

»Das Ziel nationalsozialistischer Politik lag in der Herstellung der ›Volksgemeinschaft‹, einer Gesellschaftsordnung, der nur die ›erbbiologisch wertvollen‹ und ›rassereinen‹ Deutschen angehören und aus der die ›Fremdvölkischen‹ und ›Gemeinschaftsfremden‹, allen voran die Juden, ausgeschlossen werden sollten.«

Michael Wildt, Bundeszentrale für politische Bildung, 2012

Mehr dazu auf www.bpb.de

 

     SH Haselau rechts web


Auf der rechten Granitplatte werden in ebenso schwarzer Schrift weitere 24 tote Soldaten aufgeführt. Der zuletzt Gestorbene ist am 13.11.1947 ums Leben gekommen. Nach Kriegsende in Deutschland am 8. Mai 1945 sind insgesamt noch fünf Soldaten gestorben.

...................................................................................................

Die Geschichte

Das Denkmal für die Soldaten des 1. Weltkriegs stand ursprünglich an der Dorfstraße, erhöht neben der Friedenseiche und war umgeben und gestützt von großen Findlingssteinen.

SH Haselau historisch web


Dieses Bild aus dem Jahr 1934 stammt aus der Haselauer Chronik. Einen Teil dieser Chronik »Unter dem Hakenkreuz« hat der Haselauer Bürgermeister Rolf Herrmann dankenswerterweise auf die Gemeindewebsite gestellt.

Er schreibt: »Geschichte muss aufgearbeitet, bewältigt und den Menschen erklärt werden, die diese Zeit nicht miterleben mussten. Aus diesem Grunde habe ich die Seiten aus der Haselauer Chronik über die Zeit von 1933 bis 1945 in diese Website der Gemeinde Haselau gestellt.«


Gemeindechronik Haselau »Unter dem Hakenkreuz«


...................................................................................................

Für Volk und Vaterland

Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl. Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: »für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.« (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 78

Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet. 

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

»Ihren gefallenen Söhnen« ... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

• zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29


Ende der 60er, Anfang der 70er gibt es in Deutschland einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Es kommen jüngere Historiker und jüngere Offiziere in verantwortliche Positionen, die vieles von dem was vor 1914 bis 1918 war hinterfragen, die auch ganz andere Fragen an die Vergangenheit stellen und an die entsprechenden Repräsentationen der Vergangenheit. Die sich fragen: Ist es noch zeitgemäß Erinnerungen zu pflegen, die Ausdruck von Aggression, Imperialismus und Hybris ist?

Michael Epkenhans, Historiker, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

...................................................................................................

Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf. 

Ab 1980 wurde die Symbolkraft des Schwertes umgekehrt: Wer »Schwerter zu Pflugscharen« macht, schafft Frieden. »Schwerter zu Pflugscharen« ist ein Teilzitat aus der Bibel beim Propheten Micha, das zur Redewendung geworden ist. Es drückt das Ziel des Völkerfriedens durch weltweite Abrüstung und Rüstungskonversion aus. Es wurde der Slogan staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR, den auch Teile der westdeutschen Friedensbewegung übernahmen.


Schwerter zu Pflugscharen bei Wikipedia


...................................................................................................

Die Schrift

     MP Alt Rehse Schrift web       

Aus der Werbeschrift einer Satzanstalt im »Dritten Reich«

...................................................................................................

 

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschriften
Historische Postkarte
Die Luthereiche
Der Stahlhelm
Das Schwert
Das Eiserne Kreuz

...................................................................................................

Haseldorf, Kreis Pinneberg

Im Schlosspark neben der Kirche St. Gabriel

Zwei Kriegerdenkmäler sind dicht am Weg durch den Park für die toten Soldaten beider Weltkriege aufgestellt worden.

     SH Haseldorf IWK web


Die an den Kanten unregelmäßig bearbeitete graue Steinplatte ist den 56 toten Soldaten der Gemeinde und des Gutsbezirks Haseldorf gewidmet. Das Denkmal wurde Mitte Oktober 1921 eingeweiht. Vor einigen Jahren war die Fläche vor den beiden Denkmälern noch mit Zementplatten gepflastert. Als diese Fotos 2018 entstanden, war Rasen angesät worden. Schmale Sandwege führen jetzt zu einer eingefassten Sandfläche vor den Steinen.

 

SH Haseldorf oben web


Über der Widmung sehen wir einen Stahlhelm auf gekreuzten Eichenzweigen im Relief. Darunter steht:

Gemeinde und Gutsbezirk Haseldorf
ihren gefallenen Helden
Weltkrieg 1914 – 1918.

 

SH Haseldorf Schwert web


Ein gesenktes, detailreich dargestelltes Schwert teilt die Namensliste in zwei Spalten. Von oben nach unten windet sich eine stilisierte Lorbeerranke um das Schwert. Die 56 Vor- und Nachnamen, gefolgt von Geburts- und Sterbedatum sind in einer Frakturschrift mit Schmuckinitialen graviert und schwarz ausgemalt. Sie sind ohne Bündigkeit gesetzt. Die genannten Monate sind ausgeschrieben bzw. abgekürzt. Die Angaben »geb.« und »gef.« stehen nur in der jeweils ersten Zeile, darunter werden sie durch Wiederholungszeichen ersetzt. Die Namen sind nach Sterbedatum geordnet. Am Ende der Liste liest man von einem am 22. Juli 19 Gestorbenen = gest., er ist also nicht im Kampf »gefallen«. Darunter werden noch drei vermisste Soldaten genannt. Seltsamerweise werden sie auf den Tag genau am 24. Juni 15, am 23. Juni 16 und am 11. Mai 17 vermisst. Auf Höhe der Parierstange des Schwertes müssen die Angaben zu einem Soldaten Platz machen und werden dort in zwei Zeilen aufgeteilt

 

     SH Haseldorf IWK Seite web


Von vorne sieht der Stein mächtig aus, aber das Denkmal ist eine relativ schmale Steinplatte.

 

SH Haseldorf IWK Hinten web


Auf der Rückseite der Steinplatte steht:

Stein und Platz sind gestiftet
von der Gemeinde und Gutsbezirk Haseldorf
1921.

 

SH Haseldorf beide web


Links daneben steht die kleinere Steinplatte für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs, ebenfalls mit natürlichen Kanten.

 

SH Haseldorf IIWK web


Oben ein großes Eisernes Kreuz mit einer starken Außen- und einer dünnen Innenkontur. Darunter versetzt die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs. In kleinerer serifenlosen Schrift:

Ihr seid unvergessen

 

SH Haseldorf IIWK Seite web

 

...................................................................................................

Die Inschriften

Fachleute definieren Begriffe, die auf den Denkmalstafeln in Haseldorf genannt werden:

Gefallene: ... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

• Pastor Ulrich Hentschel, Studienleiter für Erinnerungskultur in der Ev. Akademie der Nordkirche

Unvergessen: Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

• zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29

...................................................................................................

Historische Postkarte

So sah die Denkmalsanlage im Schlosspark vor dem 2. Weltkrieg aus. Der große Stein stand auf einer kreisrunden Rasenfläche mit symmetrischer Bepflanzung dicht am Stein. Durch eine hohe schmiedeeiserne Pforte, aufgehängt an schmalen kugeltragenden Pfeilern, betrat man die Anlage und konnte den Denkmalstein auf einem breiten Sandweg umrunden.

SH Haseldorf alte Karte web


...................................................................................................

Die Luthereiche

Als Luthereichen werden Eichen bezeichnet, die im Gedenken an Martin Luther gepflanzt wurden oder in direktem Zusammenhang mit dem Wirken des Reformators stehen sollen. Häufig handelt es sich um Bäume der Art Stieleiche. Am bekanntesten ist die Luthereiche in der Lutherstadt Wittenberg, an deren Standort Luther 1520 sein Exemplar der päpstlichen Bannandrohungsbulle Exsurge Domine verbrannt hat.

Im Jahr 1883 wurden anlässlich des 400. Geburtstags von Martin Luther in vielen, in der Regel mehrheitlich evangelisch-lutherischen Orten Luthereichen gepflanzt. Diese Bäume stellen heute die größte Gruppe der Luthereichen; oftmals stehen sie auf Plätzen vor Kirchen oder sonstigen zentral gelegenen Standorten. Vergleichbar sind sie mit den Bismarckeichen, die an den Reichskanzler Otto von Bismarck erinnern, und den Kaisereichen. Zur Pflanzung weiterer Luthereichen kam es vereinzelt im Jahr 1917 anlässlich des 400. Jubiläums der Reformation.

Als in den 1980er und 1990er Jahren befürchtet wurde, dass die Wittenberger Luthereiche einginge, wurden bei verschiedenen Anlässen Eicheln des Baumes verteilt, um durch die Sämlinge das Überleben an anderen Orten zu sichern. So erhielt 1997 der Heimatverein Unna-Mühlhausen/Uelzen bei der Verleihung des Umweltpreises der Evangelischen Kirche von Westfalen ein paar Eicheln überreicht. Im Jahr 1999 pflanzte man eine aus diesen Eicheln gezogene junge Eiche vor dem evangelischen Gemeindehaus in Lünern und gab ihr den Namen Luther-Eiche.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 16. 3. 2019

 

     SH Haseldorf Luthereiche web


Zum 500. Jubiläum der Reformation wurde auch im Haselauer Schlosspark neben der Kirche und den Kriegerdenkmälern eine Luthereiche gepflanzt. Ob sie wohl auch von der Wittenberger Luthereiche abstammt? Auf alle Fälle passt sie gut zum Eichenlaub, das die toten »Helden« des 1. Weltkriegs ehrt.

 

....................................................................................................

Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

....................................................................................................

Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf. 

Ab 1980 wurde die Symbolkraft des Schwertes umgekehrt: Wer »Schwerter zu Pflugscharen« macht, schafft Frieden. »Schwerter zu Pflugscharen« ist ein Teilzitat aus der Bibel beim Propheten Micha, das zur Redewendung geworden ist. Es drückt das Ziel des Völkerfriedens durch weltweite Abrüstung und Rüstungskonversion aus. Es wurde der Slogan staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR, den auch Teile der westdeutschen Friedensbewegung übernahmen.


Schwerter zu Pflugscharen bei Wikipedia


...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Deutsch-Französischer Krieg 1870/71
Historische Postkarten
Im Sommer 2018
Theodor Körner
Begriffsklärung
Das Eiserne Kreuz

...................................................................................................

Hassendorf, Kreis Ostholstein

An der Dorfstraße in der Ortsmitte

Das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege: eine gepflegte Anlage, mit Felssteinmauern in verschiedenen Abstufungen an drei Seiten eingefasst, vorne ein Eisenzaun mit Pforte.

SH Hassendorf gesamt web


Über drei breite Steinstufen erreicht man den Kiesvorplatz, ringsherum sind Beete angelegt.

 

SH Hassendorf ganz web


Das Denkmal besteht aus drei Mauerteilen, die durch zwei ebenso gemauerte Pfeiler getrennt werden. Die Seitenflügel sind nach aussen erhöht. Pfeiler und Seitenflügel sind mit überstehenden Steinplatten abgedeckt, sie werden mit je einer großen Granitkugel auf den Pfeilern und je einer kleinen in der Mitte der Seitenflügel geschmückt.

 

     SH Hassendorf Mitte web


Das hohe, nach oben zulaufende Mittelteil trägt in der Spitze das Relief eines großen Eisernen Kreuzes, darunter die Widmungs- und Namenstafel der toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Unter der Tafel sind nach dem 2. Weltkrieg zwei Zeilen mit Buchstaben aus Metall angebracht worden:

ZU EHREN
DER TOTEN

Darunter sind im Mittelteil drei hervorstehende Steine als Kranzhalter eingemauert.


     SH Hassendorf Tafel web


Die Steintafel zum 1. Weltkrieg ist seitlich eingefasst von Steinwulsten, rechts als Lorbeer-, links als Eichenlaubgirlande gearbeitet.

Die Inschrift beginnt mit dem Satz:

VERGESST DIE
TREUEN TOTEN NICHT

Das ist die Abwandlung eines Aufrufs von Theodor Körner:

»Und stehst du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke
in deiner Vorzeit heilgem Siegerkranz,
vergiß die treuen Toten nicht und schmücke
auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!«

Theodor Körner, 1791-1813, war ein deutscher Dichter, der mit seinen Kriegsliedern zur patriotischen Identifikationsfigur wurde – bis heute! Lesen Sie weiter unten mehr darüber.

Darunter sind die Namen von 14 toten Soldaten aufgeführt, sechs mit Dienstgrad. Die Vornamen sind bis auf Karl und Otto abgekürzt. Am Ende jeder Zeile steht das Sterbedatum. Die Namen sind nach dem Sterbedatum chronologisch geordnet. Der erste starb am 22.10.1914, der letzte am 31.10.18. Nur die erste Datumsangabe hat eine vierstellige Jahreszahl.

Mit den »treuen Toten« sind hier eindeutig Soldaten gemeint und keine zivilen Opfer. Da die Widmung, die nach dem 2. Weltkrieg angebracht wurde, diese Bezeichnung in »Zu Ehren der Toten« aufnimmt, ist zu vermuten, dass auch hier nicht der zivilen und der Toten unter den Zwangsarbeitern im Dorf gedacht werden soll.

SH Hassendorf links web

 
Am linken Seitenflügel ist nach dem 2. Weltkrieg eine Zeile mit Ziffern aus Metall, analog zu der Widmung im Mittelteil, angebracht worden:

1914 - 18

Die Jahresangabe zur Dauer des 1. Weltkriegs steht über dem Stein, in den bei der Errichtung des Denkmals das Anfangsjahr des 1. Weltkriegs graviert war. In Fortsetzung der Steine vom Mittelteil sind hier in gleicher Höhe vier Kranzhalter eingemauert.

 

SH Hassendorf rechts web


Auf dem rechten Seitenflügel das gleiche Bild, diesmal mit der Jahresangabe zur Dauer des 2. Weltkriegs und darunter der Stein mit dem letzten Jahr des 1. Weltkriegs. Weitere vier Kranzhalter sprechen für die Annahme, dass in früheren Zeiten – als vor dem 2. Weltkrieg Soldatentreue und ehrenvoller Tod im Felde wieder hoch im Kurs standen? – die Anzahl der angehängten Kränze höher war als heute.

 

SH Hassendorf seitlich web


...................................................................................................

Deutsch-Französischer Krieg 1870/71

In der Nachbarschaft der Denkmalsanlage ist auch ein schlichter Findling zum Deutsch-Französischem Krieg aufgestellt worden.

SH Hassendorf beide web


Nur getrennt durch die Auffahrt zu zwei Bauernhöfen.

 

SH Hassendorf 70 71 Eiche web


Dahinter eine deutsche Eiche, die bei Aufstellung des Steins gepflanzt worden sein könnte.

 

SH Hassendorf 70 71 web


1870 – 71 Der Stein hatte 2018 eine frische geweißte Fläche auf der die schwarzen Zahlen zur Dauer des Krieges gut zur Geltung kommen.

 

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Trotzdem fand sich die französische Regierung erst im Februar 1871, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe Reparationen sowie die Abtretung Elsaß-Lothringens durch Frankreich vorsah.

Nach dem Deutsch-Dänischen und dem Deutschen Krieg von 1864 und 1866 gilt der Konflikt mit Frankreich als dritter und letzter der deutschen Einigungskriege. Noch während seines Verlaufs traten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich mit Wirkung vom 1. Januar 1871 Deutsches Reich nannte. Der preußische König Wilhelm I. nahm den Titel „Deutscher Kaiser“ an, Otto von Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Frankreich hatte der Krieg nicht nur die endgültige Abschaffung der Monarchie zur Folge. Vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.

nach Wikipedia, abgerufen am 9. 12. 2017


...................................................................................................

Historische Postkarten

Aus dem Jahr 1936:

SH Hassendorf Postkarte ca 1936 sw web

 

Ca. 1955:

SH Hassendorf Postkarte ca 1955 web

SH Hassendorf Postkarte sw web


...................................................................................................

Im Sommer 2018

SH Hassendorf Sommer2018 Muell web

Ein vielseitig zu nutzendes Gelände ...

...................................................................................................

Theodor Körner

Carl Theodor Körner, geboren am 23. September 1791 in Dresden; im Gefecht gestorben am 26. August 1813 im Forst von Rosenow bei Gadebusch war ein deutscher Dichter und Dramatiker. Berühmt wurde er vor allem durch seine Lieder in den antinapoleonischen Befreiungskriegen. Nachdem er als »Sänger und Held« im Lützowschen Freikorps gefallen war, wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur.

Körners teils stürmische, teils gefühlvolle Lyrik entsprach der ebenso romantischen wie vaterländisch kampfbereiten Gesinnung der Generationen in einem Deutschland, das auch nach den Befreiungskriegen noch lange Zeit in viele Einzelstaaten zersplittert war. Körners Sterben als Lützower Jäger erhob ihn zur vorbildhaften Gestalt. Die glaubwürdige Übereinstimmung von Dichtung und Leben empfahl seine Werke für die Lehrpläne erst des Deutschen Bundes, später des Deutschen Reichs. Körners Gedichte aus seinem Buch »Leyer und Schwert« wurden zum Vorbild für Kriegslyrik späterer Zeit.

Aber auch die Nationalsozialisten haben Theodor Körner für sich reklamiert. Das Gelände um die Grabstätte Körners und seiner Familie in Wöbbelin wurde 1938 aufwendig zur »nationalen Weihestätte« umgebaut und diente als Kulisse für Aufmärsche und Vereidigungszeremonien. Die Zeile »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« aus dem Gedicht »Männer und Buben« lieferte Joseph Goebbels die Textvorlage für die Phrase »Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los!«, das Finale der Sportpalastrede.

Nach 1945 wurde Theodor Körner in der BRD kritisch beleuchtet, in der DDR wurde er hingegen als patriotischer »Heldendichter« verehrt. Im 21. Jahrhundert werden ihm von Rechtsradikalen Verse unterschoben, die er nie geschrieben hat: »Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, / vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. / Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, / dann richtet das Volk und es gnade euch Gott.« Dieser Spruch wird über das Internet verbreitet und u. a. bei Kundgebungen und Demonstrationen der Pegida eingesetzt. Am 23. September 2016 publizierte »Der Flügel«, eine von Björn Höcke geführte AfD-nahe Gruppierung, Körners Satz »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« fälschlicherweise mit dem obigen Spruch.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 28. November 2018

SH Hassendorf Koerner Fenster web

Foto: Ulrich Witt, Friedland; 2005 / Wikimedia Commons

Glasfenster nach einem Gemälde von Rudolf Eichstaedt im Haus einer Göttinger Studentenverbindung: Theodor Körner, am 26. August 1813, eine Stunde vor dem Angriff auf einen französischen Tross, trägt seinen Kameraden das von ihm gedichtete »Schwertlied« vor. Bei dem folgenden Gefecht im Forst von Rosenow bei Gadebusch wurde Theodor Körner getötet.

...................................................................................................

Begriffsklärung

Die treuen Toten:
»Trauer, Trost, Treue – das sei die deutsche Totenfeier!« So fasste Pastor Maulhardt seine Predigt zum Volkstrauertag 1926 zusammen. Die Treue der Gefallenen wird auf Denkmälern oft beschworen. [...] Sie verspricht den Toten damit »ewiges Gedenken«, ein Gedenken, das – wie die Liebe – den Tod transzendiert. Der Mythos der Treue, der Führer und Gefolgschaft zusammenschweißt und deshalb oft mit dem Attribut »heilig« in Verbindung gebracht wird, verpflichtet nun die Mit- und Nachwelt. Die Treue sei das Maß, an dem wir gemessen werden, meinte der Präsident des Deutschen Jagdbundes anlässlich der Gedenkveranstaltung des 8. Bundestreffens auf dem Hildesheimer Ehrenfriedhof. Treue sei aber nicht denkbar ohne Disziplin und ohne den Glauben an Gott. Kaum ein Begriff ist so anfällig gegen Missbrauch wie dieser.

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 53. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


Ehren:
Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. Eine solche Form der Ehrung ist im zivilen Bereich mit der Verleihung von Ehrenbezeichnungen, Urkunden, Ehrenringen oder -plaketten oder auch Orden verbunden, im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert.

ebd. S. 33

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

...................................................................................................

<<< schließen

 

I N H A L T
Das Denkmal
Vor der Umgestaltung in den 50er Jahren
Die Errichtung

...................................................................................................

Hattstedt, Kreis Nord-
friesland

Auf dem Kirchhof von St. Marien

Eine Denkmalsanlage am Rande des Friedhofs. Eine erhöhten Fläche wird hinten von einer halbrunden einsteinigen Feldsteinmauer begrenzt, darauf steht in der Mitte ein großer, kantiger graumarmorierter Findling mit einem Eisernen Kreuz als Relief im Kreis und darunter die Inschrift:

Der Tod ist verschlungen in den Sieg
1. Kor. 15, 55

Der Vers aus dem 1. Korintherbrief postuliert den Sieg des Lebens über den Tod durch die Auferstehung der Toten. Dieses biblische Zitat soll wohl den Angehörigen der getöteten Soldaten Trost spenden, soll dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben. Man hat die Luther-Übersetzung des 1. Korintherbriefs benutzt, um am Soldatentod die christliche Überzeugung von der Überwindung des Todes durch Jesus Christus zu bezeugen.

Man könnte auch meinen, dass durch den Gebrauch des Wortes »Sieg« in diesem Zusammenhang eher die Niederlagen der deutschen Armeen verdrängt werden sollen.
 

SH Hattstedt gesamt web

 

SH Hattstedt Hauptstein web

Rechts und links stehen auf gemauerten Feldsteinsockeln kleinere Findlinge, jeder mit einem christlichen Kreuz und darüber die Jahreszahlen der beiden Weltkriege.

1914/18
1939/45

Vor jedem Findling steht eine Blumenschale. Neben den schmalen Gehwegen zu den Steinen sind niedrige Bodendecker gepflanzt.
Wie man weiter unten an den Schaubildern des Denkmalentwurfs sehen kann, sind die zwei Findlinge später dazu gesetzt worden.

 

             SH Hattstedt 14 18 web

 

             SH Hattstedt 39 45 web


Auf der Vorderseite der Anlage ist in die Mitte der umfassenden Mauer eine Tafel eingefügt mit der Widmung:

Ihren gefallenen Söhnen zum Dank
Hattstedt · Hattstedtermarsch · Horstedt · Wobbenbüll
1914 -18  1939-45

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Opfer, als Helden, als Brüder, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

SH Hattstedt Inschrift web

Weiter eingefügt sind 15 Tafeln mit den 61 Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs und den 170 Namen des 2. Weltkriegs. Es ist ungewöhnlich, dass die toten Soldaten nach ihrem Sterbeort und Zusatzinformationen geordnet sind: im Westen, im Osten, auf See, i. d. Heimat verst., Italien, vermisst Balkan, Afrika / Italien, i. d. Gefsch. verst., in Polen usw. Innerhalb des gleichen Sterbeorts sind die Toten nach ihren Heimatgemeinden aufgezählt. Manchmal sind Geburts- und Sterbedatum aufgeführt, manchmal nur eins von beiden, manchmal erhalten die an der Kriegsfront Getöteten ein Eisernes Kreuz vor ihrem Sterbetag.

SH Hattstedt Namen2 web

...................................................................................................

Vor der Umgestaltung in den 50er Jahren

SH Hattstedt 1925 web

Aus dem Jahr 1925


SH Hattstedt 1954 web

Im Jahr 1954 wurden die Findlinge an den Seiten ergänzt.

Als später auch die Namen der toten Soldaten des 2. Weltkriegs aufgezählt werden sollten, wurde die Denkmalsanlage durch einen erhöhten halbrunden Platz erweitert. Nicht nur die Hattstedter, auch die toten Soldaten der Heimatvertriebenen werden jetzt auf den Frontplatten aus Granit genannt.

Die Fotos haben wir von Johann Carstensen vom Dorfarchiv Hattstedt erhalten. Herzlichen Dank.

...................................................................................................

Die Errichtung

Zuerst wurden die »Ehrentafeln« in der Kirche St. Marien zu Hattstedt aufgehängt. Im Herbst 1919 gab Pastor Martensen die Gedenktafeln aus Holz bei der Kunstgewerblichen Fachschule in Flensburg in Auftrag. Ab dem 22. Dezember 1919 ist der Schriftverkehr von Pastor Martensen mit der Fachschule und der Provinzialberatungsstelle für Kriegerehrung in Schleswig-Holstein, Geschäftsstelle Flensburg dokumentiert. Wie aus einem Brief hervorgeht, war die Fachschule mit der Provinzialberatungsstelle verbandelt, Schuldirektor Huber war auch Vorstandsmitglied bei der Beratungsstelle. Die Ausführung des Auftrags verzögerte sich, es wurde um Schriftgrößen und -farben verhandelt, die Schule wurde mit Aufträgen dieser Art überhäuft und Direktor Huber wanderte zu allem Überfluss nach Dortmund ab und der 1. Lehrer Herr Weddig musste sich neu einarbeiten. Am 28. September 1920 kamen die Tafeln dann endlich »bahnamtlich angerollt«. 

SH Hattstedt RechnungTafeln web


Auf der Rechnung notierte Pastor Martensen die Überweisung am 18. Oktober und die Zusammensetzung der Einnahmen:
Von der Sammlung  3980 M
Von der Sparkasse   1500 M

Dem voraus ging ein Disput über die Höhe der Rechnung. Herr Weddig führte u.a. aus, dass die Arbeitslöhne seit Auftragsvergabe um 100% gestiegen seien, jeder Buchstabe müsse jetzt M 2,- kosten, M 1,- sei der reine Selbstkostenpreis: »Aus vorstehenden Gründen bitte ich Sie auch unsere Rechnung gütigst anerkennen zu wollen.«

Das Kriegerdenkmal

In einem Brief vom 11. Juli 1919 riet die Provinzialberatungsstelle noch von der Errichtung eines Kriegerdenkmals auf dem Kirchhof von St. Marien ab:

» ... ist der Ansicht, dass von einem Denkmal auf einem neben dem Kirchhof gelegenen und jetzt für die Kirchhoferweiterung gekauften Stück Land besser Abstand genommen wird. Da der Grund und Boden der Kirche gehört, so erscheint es fraglich, ob die kirchliche Aufsichtsbehörde ihre Zustimmung geben wird, sofern die Planung zu irgendwelchen Bedenken Anlass gibt. Die Provinzialberatungsstelle rät im allgemeinen von der Anlage besonderer Denkmäler ab, da diese nur in den seltensten Fällen künstlerisch gelingen. Falls die Gemeinde unbedingt an dem Plane, ein Denkmal aufstellen zu wollen, festhält, so empfielt die Provinzialberatungsstelle als Architekt Herrn Carl Andresen, Flensburg, Südergraben 62 für die Aufstellung einer würdigen Planung.«

Mit Architekt Andresen trat Pastor Martensen daraufhin tatsächlich in Kontakt und vereinbarte ein Treffen, nachdem Architekt Andresen schrieb, dass er keinesfalls Vorschläge machen könne, ohne den Platz und die Steine gesehen zu haben. Er bat darum die Steine, die anscheinen schon vorhanden waren, freizulegen, damit er sie vermessen könne. Am 15. September 1919 wurde der Entwurf abgeschickt, der Preis für die Errichtung des Kriegerdenkmals wurde mit 8057,- M angegeben.

Bildhauer Andreas Treede aus Flensburg in seinem Kostenvoranschlag:

SH Hattstedt Bildhauer web

 

Viele Einzelheiten wurden schriftlich und mündlich geklärt und Möglichkeiten, den Preis durch Beauftragung von einheimischen Gewerken oder Eigenarbeit der Gemeindemitglieder niedriger zu halten, erwogen. Geld war wohl knapp und auch wenn ein »Ehrenmal« erbaut werden sollte: es musste gefeilscht werden!

Am 2. Oktober schrieb Pastor Martensen an Architekt Andresen, dass an eine Ausführung seines Entwurfes nicht zu denken sei. Architekt Andresen schickte daraufhin die Kostenrechnung für seinen Entwurf und argumentierte mit verschiedenen Vorschlägen für eine weitere Kostenreduzierung. Pastor Martensen möge sich doch noch einmal bei der Gemeinde für die Ausführung seines Entwurfs verwenden. Nach langem Hin und Her schaltete Architekt Andresen die Provinzialberatungsstelle ein und Pastor Martensen erhielt folgenden Brief vom 28. November 1919:

»Durch Herrn Architekt Andresen Flensburg erfährt die Provinzialberatungsstelle in Flensburg soeben, dass der Kirchenvorstand von der Aufstellung des Denkmals, für welches Herr Andresen eine Zeichnung entworfen hat, vorläufig Abstand nehmen will und dass später vielleicht ein kleiner Stein gesetzt werden soll. Da Herr Andresen darauf hinweist, dass die zur Verfügung stehenden Mittel mit seinem vorgesehenen Denkmal nicht überschritten werden und da es in Hattstedt Schwierigkeiten macht, eine wirklich gute Lösung der Kriegerehrungen zu finden, so möchte ich dem Kirchenvorstand dringend empfehlen, dass er die sehr gute Planung, welche Herr Andresen entworfen hat, doch zur Ausführung bringt.«

Was für ein Sinneswandel! Auch in einem zweiten Brief wurde beteuert, dass die Provinzialberatungsstelle unternehmen wird was sie kann, um die »Angelegenheit so sehr wie möglich« zu fördern. Es gab neue Ideen: mit Mauer, ohne Mauer, Treppe, Pfeiler usw.

SH Hattstedt Zeichnung sw web

SH Hattstedt Zeichnung farbig web


Zwei »Schaubilder« der unterschiedlichen Entwürfe von Zeichner Max Böttcher aus dem Jahr 1920. 915 M hat er für alle seine Zeichnungen schließlich bekommen.

Schließlich wurde das Kriegerdenkmal doch noch errichtet. Am 13. November 1920 musste dann schon die Spedition Nicolaysen aus Husum die Rechnungslegung für den Transport der Steine und Platten rechtfertigen.

An den Summen in der Schlußabrechnung sieht man: Pastor Martensen hat überall gekürzt! Und das zähe Verhandeln hat sich gelohnt: die Bilanz für die Tafeln in St. Marien und dem Denkmal auf dem Kirchplatz lautete:

 

SH Hattstedt Bilanz web

...................................................................................................

Wir bedanken uns herzlich bei Albert Panten vom Kirchenkreisarchiv Nordfriesland in Breklum und Johann Carstensen vom Dorfarchiv Hattstedt für die Informationen und die Dokumente.

<<< schließen


I N H A L T

Die zentrale Denkmalsanlage
Volkstrauertag 2020
Volkstrauertag 2021: Kritik an der Gedenkkultur
Das Denkmal zum 1. Weltkrieg
Wo ist es geblieben?
Das Schulprojekt
Die geplante Umgestaltung
AKTUELL: ... und ein Kommentar dazu
Sowjetische Kriegsgräberstätte
Opfer des Nationalsozialismus
»Der Kriegsheimkehrer«
Der Bildhauer Willi Schwinghammer
Schwarz-Rot-Gold

...................................................................................................

Heide, Kreisstadt von Dithmarschen

An der Österweide im Park am Wasserturm

An der großflächigen zentralen Gedenkanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege befinden sich keine kriegsverherrlichenden Inschriften und Symbole. Auch die Namen der in den Weltkriegen ums Leben gekommenen Heiderinnen und Heider finden sich dort nicht. Die Anlage arbeitet lediglich mit den Jahreszahlen der Weltkriege, vorrangig des 2. Weltkriegs. Im Zentrum steht eine Skulptur. Am 15. November 1964 ist sie in der damals neu erbauten Gedenkanlage enthüllt worden.

SH Heide Denkmal von links web2


Man betritt die Anlage vom Park am Wasserturm aus. Drei Waschbetonmauern umgeben die sieben langen, flachen Stufen aus kleinen Granitpflastersteinen.

SH Heide Denkmal ohne Kr Gaul web


Von rechts gehen an jeder Stufe Mauerstreifen ab, die jeweils eine Jahreszahl des 2. Weltkriegs tragen.

SH Heide Skulptur web


Am linken Ende der Mauer erhebt sich ein Sockel mit einer Figurengruppe aus Bronze des Bildhauers Siegfried Assmann. Dargestellt ist eine Mutter, die sich zwar in Verzweiflung von ihren Kindern abwendet, sie aber trotzdem zwischen ihren Beinen beschützt.

Siegfried Assmann auf nordkirche.de


SH Heide Skulptur 2 web


Das größere Kind schaut zur Mutter, die sich gefährlich weit über den Rand des Sockels lehnt.

SH Heide Fuesse


Man sieht die Füße des kleineren Kindes hinter dem Grablicht und dem Rosensträußchen.

SH Heide Skulptur Kinder web


Die Kinder halten sich aneinander fest. Sie müssen die Mutter ihrem Schmerz überlassen.

SH Heide Skulptur Schild web


Die nachträglich ausgefüllte Vertiefung auf der Frontseite lässt vermuten, dass dort eine Tafel mit Inschrift bzw. den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs entfernt worden ist.

SH Heide linke Seite ZOB Gaul web


Einzelne Segmente der Pflasterung in der Anlage sind bepflanzt. Der Blick über die Mauer geht zum gerade stillgelegten Busbahnhof und zur Straße, die zum Marktplatz führt. Die beiden Bilder vom Frühling 2019 hat Claus-Peter Kock fotografiert. Er ist mit Dr. Volker Gaul Leiter des Schulprojekts zu Gefallenendenkmälern im Werner-Heisenberg-Gymnasium.

SH Heide Jahreszahlen web


An der linken Begrenzungsmauer aus Waschbeton sind über Eck die Jahreszahlen beider Weltkriege angebracht.

1914 – 1918
1939 – 1945

Auf den 1. Weltkrieg wird nur an dieser Stelle hingewiesen, die Jahreszahlen sind der übriggebliebene Rest des Denkmals zum 1. Weltkrieg, dessen Figurengruppe aus Betonguss vom Sockel am ursprünglichen Platz im Oesterweider Park genommen und 1964 in die neue Anlage eingegliedert wurde. Am 21. März 1990 wurde die Zerstörung der Figurengruppe im Heider Stadtarchiv aktenkundig. Seitdem galt sie als verschollen. Die Lehrer Dr. Volker Gaul und Claus-Peter Kock begaben sich im Verlauf des Schulprojekts zu Gefallenendenkmälern auf die Suche nach den Resten und entdeckten im Dezember 2020 die teilweise restaurierte Figurengruppe »Die Wacht« auf dem städtischen Bauhof.

 

SH Heide Wasserturm web


Die Denkmalsanlage liegt am Ende des Parks am Wasserturm. Der 1903 erbaute und im Jahre 2004 vollständig sanierte Wasserturm mit Trauzimmer des Standesamtes ist ein weithin sichtbares Wahrzeichen von Heide.

Der Verzicht auf Text sticht bei der Anlage heraus. Dass es sich um ein Gedenken an die Toten beider Weltkriege handelt, zeigen die kombinierten Jahreszahlen auf, die Konzentration auf den 2. Weltkrieg, die Herausstellung der einzelnen Kriegsjahre. In der Summe ist damit das Gedenken auf die Weltkriege beschränkt. Eine Thematisierung des Nationalsozialismus hätte in dieser Konzeption die Jahreszahlen ab 1933 einschließen müssen. Dadurch wird die Figurengruppe der Trauernden mit Kindern assoziativ in dem Kontext des Krieges und seiner Folgen von Elend, Flucht und Vertreibung belassen. Wir nehmen sie automatisch als »Kriegerwitwe« wahr. Das Vermeiden von Text und Deutung in der Anlage schließt in dieser Präsentation die Opfer des Nationalsozialismus, die Verfolgung und Ermordung des europäischen Judentums nicht ein.

 

...................................................................................................

Volkstrauertag 2020

An der zentralen Gedenkstätte in Heide wird in erster Linie an den 2. Weltkrieg erinnert. Sie ist, so der Volksmund, eine »Kranzabwurfstelle«. Das hat sich auch am Volkstrauertag 2020 wieder gezeigt.

SH Heide gesamt web


An den bronzenen Jahreszahlen des 2. Weltkriegs und an der Abschlussmauer haben wir insgesamt 15 Kränze gezählt.

SH Heide 1939 web


An der Mauer mit der »1939« ist der Kranz vom »Sozialverband Deutschland, Ortverband Heide« ohne weitere Worte niedergelegt worden.

SH Heide 1940 web


Bei der »1940« wird es wortreicher, die »Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen Heide« gedenkt und nahbei liegt der Kranz vom »Verband deutscher Soldaten Ortsverband Heide«, der unter dem militärischen Ehrenzeichen »Eisernes Kreuz« in einem Satz seinen Kranz den toten Soldaten der Deutschen Wehrmacht »Unseren gefallenen Kameraden« und den »Opfern von Krieg und Gewalt« widmet.

Dazu schreibt der Historiker Klaus Latzel, TU Braunschweig, in ZEITGeschichte 4/2018: »Die ›Opfer‹ gelten als solche von ›Krieg und Gewaltherrschaft‹. Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden.«

SH Heide 1941 web


Weiter geht’s mit dem Kriegsjahr »1941«. Die Bronzezahl wird verdeckt von den Kränzen mit Logo des »MTV von 1860: In stillem Gedenken« und der »Freiwilligen Feuerwehr Heide Stadt«, die sich zu einem »ehrenden Gedenken« bekennt.

SH Heide 1942 web


Weit auseinander liegen die Kränze von »Norderegge Süderegge Österegge«, die auf pattdeutsch »Ton Gedenken« auf die Schleife schreiben ...

SH Heide 1942 1 web


und der Kranz »Die Kolpings-familie – In stillem Gedenken« an der Mauer mit der »1942«.

SH Heide 1943 web


Bei der »1943« liegt alleine der Kranz »Deutsches Rotes Kreuz Ortverein Heide« mit Logo.

SH Heide 1944 web


Ebenfalls mit Logos auf den Schleifen geht es bei der »1944« weiter: Das Technische Hilfswerk »THW« und der »Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge« haben sich statt weiterer Worte für eine Schleifenseite in Schwarz-Rot-Gold entschieden.

SH Heide 1945 web


Die »1945« steht für das Kriegsende, für die Befreiung »von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft« so Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Plenarsaal des Deutschen Bundestages. Dort liegen die Kränze vom »SPD Ortsverein Heide – Den Opfern von Terror und Gewaltherrschaft« und vom »CDU Ortsverband Heide – Zum Gedenken«.

SH Heide Skulptur Mauer web


An der großen Schlussmauer folgen nun die prominenten Kränze, von rechts nach links: »Die Bundes-ministerin der Verteidigung – den Toten zum Gedenken« in Schwarz-Rot-Gold. Daneben der »Kreis Dithmarschen« ohne Worte aber mit Wappen. Beschreibung auf dem offiziellen Kreisportal: »In Rot auf silbernem galoppierenden Pferd mit goldenem Sattel, goldenem Zaumzeug und blauer Satteldecke ein golden gerüsteter, ein silbernes Schwert über dem Kopf schwingender Reiter mit silbernem Helmbusch.« Und zuletzt der Kranz der »Stadt Heide und Patenstadt Naugard – Ihren Toten« und dem Wappen der Stadt Heide mit dem Ritter St. Georg, dem Drachentöter. Naugard ist der deutsche Name der polnischen Stadt Nowogard. Der 2. Weltkrieg begann mit dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen. Es ist sehr großherzig von den Bürgern der polnischen Stadt Nowogard, dass sie am Denkmal für die Deutschen Wehrmachtssoldaten der Toten beider Länder gedenken.


...................................................................................................

Volkstrauertag 2021: Kritik an der Gedenkkultur

SH Heide VTT Buesing DLZ web
Foto: Büsing

• Auf dem zentralen Gedenkplatz wird schon mal gekärchert


»Hurra-Patrioten und Nazis kollektiv hinterherzutrauern, ist mehr als fragwürdig. Genau das aber geschieht am Volkstrauertag. Der Tag dient der Nation, kollektiv zu gedenken. Das Kollektiv namens Wehrmacht ist zweimal jubelnd in Kriege mit zu verurteilenden Zielen gestürzt. Individuelle Schicksale und vereinzelte, vielleicht sogar kritische Einstellungen zu den Regimen, stehen auf einem anderen Blatt – aber der Volkstrauertag dient nicht individueller Trauer. Er steht in der Tradition, einer ehrenwerten Sache zu huldigen.« Das schreibt Burkhard Büsing in seinem Beitrag zum Volkstrauertag in der Dithmarscher Landeszeitung/Boyens Medien. Er hat dazu auch die Meinungen der unterschiedlichen Akteure eingeholt. 

Lesen Sie hier den kompletten Artikel


...................................................................................................

Die Einweihung

Am 15. November 1964 wurde an der neuen zentralen Denkmalsanlage in Heide die Plastik von Siegfried Assmann eingeweiht. Bürgermeister Dr. Wilkens enthüllte sie in Anwesenheit einer großen Zahl von Mitgliedern der Bürgerschaft. Im Bericht der Dithmarscher Landeszeitung vom 16. November wird die Anlage »Kriegsopfer-Ehrenmal« genannt.

SH Heide Einweihung 1WK 1 web2


Die Stadt Heide und die polnische Partnerstadt Nowogard (in der Dithmarscher Landeszeitung von 1964 wie auch auf der heutigen Kranzschleife zum Volkstrauertag wird der frühere deutsche Name Naugard verwendet), der Kreis, Kameradschaften, Bundeswehr und eine ganze Reihe von weiteren Organisationen legten Kränze nieder ...

SH Heide Einweihung 1WK 2 webQuelle: Stadtarchiv Heide. Dithmarscher Landeszeitung, Nr. 268, 16.11.1964


... das geschah auch am alten revanchistischen Denkmal zum 1. Weltkrieg, das ohne seinen früheren Steinsockel in die neu gestaltete Anlage umgezogen war. In dieser neuen Inszenierung sah der Krieger mit Stahlhelm, Kurzschwert und Adler hinüber zur verzweifelt trauernden Kriegerwitwe und ihren Kindern. Ab 1990 sehen wir an dieser Stelle nur noch die übriggebliebenen Jahreszahlen.


...................................................................................................

Das Denkmal zum 1. Weltkrieg

Das Denkmal zum 1. Weltkrieg an seinem ursprünglichen Standort vor dem Heider Wasserturm an einem Gedenktag im Jahr 1925 mit reichlich Männerbesuch.

SH Heide 1925 sw web

Die Plastik auf einem hohen Sockel mit Eisernem Kreuz besteht aus einem fast nackten Krieger und einem sitzenden Adler. Der Krieger ist nur mit einem Stahlhelm und einem Lendentuch bekleidet, in der linken Hand hält er ein aufgestelltes Kurzschwert.


SH Heide Soldat web1

Postkarte ohne Datum. Widmung unter dem Eisernen Kreuz:

ZUM GEDÄCHTNIS / DER OPFER DES / WELTKRIEGES / 1914 1918

 

Spandau 1WK Schreitmueller Original webFoto: Wikimedia Commons / sec11


Das Denkmal schuf der Bildhauer August Schreitmüller (1871 -1958) für die über 4000 toten Soldaten des Garde-Grenadier-Regiments Nr. 5 in Berlin-Spandau (siehe Foto oben aus dem Jahr 2004). Dort ist es am 21. Mai 1922 enthüllt worden. Angehörige des Regiments hatten sich bei der Mobilmachung 1914 versprochen, dass die Überlebenden den toten Kameraden ein angemessenes Denkmal setzen würden. Schon während des Krieges wurde dafür gesammelt.

Schreitmüller hat das Denkmal »Die Wacht« genannt, nach dem patriotischen Lied »Die Wacht am Rhein«, das im Deutschen Kaiserreich ab 1871 die Funktion einer inoffiziellen Nationalhymne hatte. Bis nach dem 2. Weltkrieg wurde das Lied benutzt, um Frankophobie und Hass auf den westlichen Nachbarn zu schüren. Die sogenannte deutsch-französische Erbfeindschaft war immer wieder Vorwand für kriegerische Auseinandersetzungen. Im 1. Weltkrieg wurden massenweise Postkarten mit dem hetzerischen Liedtext und entsprechenden Bildmotiven gedruckt und verschickt (siehe PDF am Ende dieses Kapitels).

Neben dem Krieger sitzt ein Adler. Prof. Loretana de Libero schreibt in ihrem Buch ›Rache und Triumph‹ über seine Symbolkraft in Zeiten des Revanchismus: »Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die ›Deutsche Tageszeitung‹ vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge ›vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.‹ Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen – Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: ›Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet‹; Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: ›Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.‹ Auch dort die Kranzschleife des ›Bundes der Jagdflieger‹ am Tag der Einweihung: ›Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!‹.«

SH Heide Soldat 1914 18 sw web


Nach demselben Modell entstanden weitere Abgüsse aus Beton, die als Kriegerdenkmäler in Heide (Holstein) ...

 

SH Heide 1WK Diepholz web


... in Diepholz,

SH Heide 1WK Bielefeld web


... in Bielefeld im Stadtteil Heepen, in Volmarstein und Wünsdorf errichtet wurden.


Das Lied zum Denkmal: »Die Wacht am Rhein« in Text und Bild


...................................................................................................

Wo ist es geblieben?

Am 21. März 1990 wurde die Zerstörung des Denkmals zum 1. Weltkrieg im Heider Stadtarchiv aktenkundig. Seitdem war die Figurengruppe verschollen. Die Lehrer Dr. Volker Gaul und Claus-Peter Kock begaben sich im Verlauf des Schulprojekts zu Gefallenendenkmälern des Werner-Heisenberg-Gymnasiums auf die Suche nach den Resten und entdeckten im Dezember 2020 die teilweise restaurierte Figurengruppe »Die Wacht« in einer Ecke des städtischen Bauhofs.

SH Heide Bauhof Kopf web


Ganz unheroisch von Gittern eingehegt und mit Efeuranken bekleidet sehen wir hier den Krieger.

SH Heide Bauhof von hinten web


Fast eine Inszenierung als Gegendenkmal möchte man meinen.

SH Heide Bauhof Adler web


Der Adler mit Restaurierungsnaht am Hals – zur deutschen Geschichte kann man einiges in der Bauhofecke lernen!


Alle Fotos hat Claus-Peter Kock gemacht. Herzlichen Dank!


...................................................................................................

Das Schulprojekt

»Aus dem Unterricht in den öffentlichen Diskurs: Gedenkstätten stellen in der Regel eine Randerscheinung in unserer Gesellschaft dar, die lediglich an bestimmten Tagen aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden. Als Teil einer kollektiven Erinnerungskultur taugen sie jedoch nur, wenn sie in ihrer Bedeutung und Aussage den jungen Menschen heute noch etwas zu sagen haben und nicht – wie so oft – als Stätten des sogenannten dark tourism dienen sollen. [...] Auch in unserer Stadt sind im Umfeld eines Gefallenendenkmals leider erste Spuren rechtsradikalen Wirkens zu erkennen. SchülerInnen des 11. und 12. Jahrgangs am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Heide störte das und sie wollten darüber diskutieren. [...]

Das spornte die SchülerInnen an, sich zu engagieren, und sie bewarben sich erfolgreich bei ›Denkmal aktiv‹ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, um mehr fachkundige Unterstützung zu erhalten.«

SH Heide GruppeSchueler Gaul web


Das Projektteam des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Heide.

»Gefallenendenkmale – zeitgemäß oder veraltet?«, so heißt das Projekt bei denkmal-aktiv.de. »Die Schülerinnen und Schüler nehmen das in Schulnähe gelegene Kriegerdenkmal genauer unter die Lupe. Sie erforschen seine Entstehungsbedingungen und seine Gestaltung, recherchieren dazu im Kreis- und im Zeitungsarchiv und lernen die Arbeitsweise und den Auftrag des Denkmalamtes kennen. In kreativer Umsetzung des Gelernten erarbeitet das Team Ideen für das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Geschichte der eigenen Schule, die 1933 bis 1945 Adolf-Hitler-Schule war.«

Die geplante Umgestaltung des Fensters im Gedenkraum der Schule ist der zweite Teil des Projekts. Genaueres steht im Bericht der Schule (PDF zum Downloaden am Ende des Kapitels).

 

SH Heide Schuelerfoto Hakenkreuz web


»Während der Wasserturm als Heider Wahrzeichen sein Umfeld dominiert, wirkt das Gefallenendenkmal unauffällig und durch Pflanzenbewuchs, Schmutz, ein Hakenkreuz« – erste Spuren rechtsradikalen Wirkens? – »in unmittelbarer Nähe vernachlässigt.«

 

SH HeideProjektpraesentation web


»25.09.2019: Das »denkmal aktiv«-Team am Werner-Heisenberg-Gymnasium bringt erste Ergebnisse des Projekts in die Entscheidungsprozesse der Kommune ein: Vor dem Ausschuss für Kultur, Soziales und Senioren stellt es seine Ideen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Heide vor – die einstimmig angenommen und zur Weiterverfolgung durch die Gremien der Stadt empfohlen werden.«


Schulprojekt Werner-Heisenberg-Gymnasium auf denkmal-aktiv.de

Der Bericht zum Wettbewerb: Gegen Vergessen und für Demokratie

 
Texte und Fotos von den Lehrern und Projektleitern Dr. Volker Gaul und Claus-Peter Kock in diesem Kapitel haben wir der Website denkmal-aktiv.de und dem Bericht der Schule zum Wettbewerb entnommen. Vielen herzlichen Dank!

...................................................................................................

Die geplante Umgestaltung

Der Zentrale Omnibusbahnhof neben der Gedenkanlage ist umgezogen, auf dem freigewordenen Platz soll ein Hotel gebaut werden. Werner Stelling, der Hamburger Investor, wird auch die Kosten für die geplante Umgestaltung der Gedenkanlage übernehmen.

Die Lehrer Dr. Volker Gaul und Claus-Peter Kock haben als Verteter der »Gedenkstättengruppe« des Werner-Heisenberg-Gymnasiums Mitte Dezember 2020 der Öffentlichkeit ihr Konzept vorgestellt: Die Erinnerung soll mehr umfassen als die Weltkriegsjahre 1914-18 und 1939-45. Besonders wichtig ist es, auf das Jahr 1933 hinzuweisen, den Beginn staatlicher Ausgrenzung, Verfolgung und der Ermordungen in der NS-Diktatur.

SH Heide 2020 12 22 Modell web3

Ihr Modell zeigt die Idee eines sich vertiefenden Runds. So soll die Zeit symbolisiert werden, »in der es bergab ging«. Ein gewollter Gegensatz zur bestehenden Denkmalsanlage, bei der »ein Aufstieg zu einer Art Opferaltar« dargestellt ist. Auf der dreieckigen Säule in der Mitte soll ein Zitat des Philosophen George Santayana zu lesen sein: »Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen.«


...................................................................................................

... und ein Kommentar dazu 

Georg Friedrich Gerchen von der Initiative »Blumen für Gudendorf« hat ihn im Gegenwind 401, Februar 2022, veröffentlicht und er macht einen Vorschlag für die Österweide in Heide:

»... Es reicht absolut nicht aus, die Vergangenheit zu kennen. Auch wer die Vergangenheit kennt, aber dazu keine Position bezieht, ist zur Wiederholung verdammt. Deshalb sollte ein Mahnmal gegen Krieg und Gewaltherrschaft konkret und auch provozierend Stellung beziehen, es formuliert, was gelernt werden soll. [...]

Groß und auch von Weitem gut lesbar die Aussagen:

›Die Waffen nieder‹
›Aufrüstung tötet auch ohne Krieg‹
›Es gibt keinen gerechten Krieg‹

Die zentrale Skulptur zeigt liegende, teilweise zerborstene Weltkriegsstahlhelme, darunter aus Brechts Kriegsfibel die Zeilen:

›Seht diese Hüte von Besiegten! Und
Nicht als man sie vom Kopf uns schlug zuletzt
War unserer bitteren Niederlage Stund.
Sie war, als wir sie folgsam aufgesetzt.‹«


Artikel im Gegenwind (3 Seiten)

Website »Blumen für Gudendorf«


...................................................................................................

Sowjetische Kriegsgräberstätte

Im Westermoorweg

Auch die Erweiterung der Gedenkstätte für sowjetische Kriegsgefangene, die als Zwangsarbeiter nach Heide verschleppt wurden, ist im Schulprojekt einer 12. Klasse des Werner-Heisenberg-Gymnasiums mit Unterstützung der »Stiftung gegen Extremismus und Gewalt in Heide und Umgebung« entstanden. Auf der Website der Stiftung erfahren wir etwas über diesen Ort: »Vor rund 60 Jahren hielten die Züge mit russischen Kriegsgefangenen an der sogenannten Schweineweide an. Man öffnete die Türen der Viehwaggons und zog die toten Gefangenen heraus. Sie wurden an Ort und Stelle verscharrt. Diese Menschen verloren noch im Tod ihre Würde.«

 

SH Heide Westermoorweg Weg quer NIK web


Vor einem großen orthodoxen Kreuz steht ein Gedenkstein mit kyrillischem Text. Die Form des Kreuzes wiederholt sich in den gepflasterten Wegen zum Gedenkplatz.


Im Frühjahr 2011 haben die Schülerinnen und Schüler die Namen von über 60 toten Russen ermittelt und sie erarbeiteten den Text dieser Gedenktafel am Eingang zur Anlage. Alle deutschen Texte sind für russische BesucherInnen übersetzt worden.

SH Heide Westermoorweg Tafel1 NIK 9499 web


»Auf dieser ehemaligen städtischen Schweineweide sind in den Jahren 1941 bis 1945 Schätzungen zufolge die Leichen von mehreren Dutzend sowjetischer Kriegsgefangener vergraben worden. Sie wurden aus Jarrenwisch, Neuenkirchen, Wellinghusen, Wennemannswisch, Wöhrden und Heide zu diesem Massengrab gebracht. [...] Zur Geschichte der Gedenkstätte: Ab Ende November 1941 trafen aus dem Ostfeldzug die Transporte sowjetischer Kriegsgefangener in Heide ein. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der widrigen Bedingungen eine große Anzahl der Gefangenen bereits während des Transportes verstarb. Da die Heider Bevölkerung die Toten nicht sehen sollte, hielten die Züge vor Heide in der Nähe der städtischen Schweinekoppel, wo die Leichen direkt in dem dort vorbereiteten Massengrab vergraben wurden. Die überlebenden Kriegsgefangenen wurden zunächst in dem Durchgangslager auf der Heider Rennbahn untergebracht und dann meist auf die umliegenden Gemeinden als Erntehelfer verteilt. Die meist jungen und bei ihrer Gefangennahme relativ gesunden Männer waren durch die schlechten Lebensbedingungen so stark geschwächt, dass sie in der Regel nur 2 bis 6 Monate in Dithmarschen überlebten. [...] Im Zuge der Öffnung russischer Militärarchive ab 1991 können jetzt einige der bisher anonymen Opfer namentlich identifiziert werden.

Wir wollen den Opfern, die in diesem
Massengrab verscharrt wurden, ihre Namen
zurückgeben.«

SH Heide Westermoorweg Kreuz NIK web


Auf dem Gedenkstein am orthodoxen Kreuz aus Holzbalken steht der Text in kyrillischen Buchstaben.

 

SH Heide Westermoorweg Schild NIK web


Auf einem Schild am Boden steht die deutsche Übersetzung:

Hier sind begraben
80 - 100
sowjetische Bürger
die umgekommen sind
in faschistischer Gefangenschaft
in den Jahren
1941 - 1945

 

SH Heide Westermoorweg Tafel2 NIK web
Alle Fotos der Gedenkstätte: Nightflyer / Wikimedia Commons. Vielen Dank!

Auf einer zweiten Glastafel nahe dem Kreuz stehen die Namen und das Alter der 13 russischen Opfer, die hier anonym verscharrt wurden und die von den SchülerInnen identifiziert werden konnten. Darunter stehen weitere 46 Namen von russischen Opfern. Die SchülerInnen konnten ihre Namen und ihren Einsatzort ermitteln, aber ihre Gräber wurden nicht gefunden.

Die SchülerInnen schreiben: »Wir erinnern auch an die vielen bisher noch nicht namentlich identifizierten Opfer.«


Das Werner-Heisenberg-Gymnasium unterhält seit vielen Jahren einen Schüleraustausch mit Minsk/Weißrussland.

SH Heide Schuelerinnenarbeit web
Foto: »Stiftung gegen Extremismus und Gewalt in Heide und Umgebung«

2017 haben weißrussische und deutsche SchülerInnen den Kriegsgräberplatz Westermoorweg gepflegt. Die Aktivitäten 2011 und 2017 des Werner-Heisenberg-Gymnasiums werden unterstützt von der »Stiftung gegen Extremismus und Gewalt in Heide und Umgebung«.

Website der Stiftung


Wenn Sie auf dieser Website bis zum Jahr 2011 scrollen, dann können Sie diese ausführliche Broschüre als PDF downloaden:

SH Heide Broschuere Zwangsarbeiter web


Die Stiftung schreibt dazu:»Wir hoffen, dass die Beiträge in dieser Broschüre den fast vergessenen Kriegsgräberplatz wieder in das Bewusstsein der Heider Bevölkerung rücken. Wir alle sollten uns erinnern und uns mit Respekt vor den Toten verneigen.«


Schon 2008/2009 hatte sich eine Projektgruppe des Werner-Heisenberg-Gymnasiums mit den Gräbern von osteuropäischen Zwangsarbeitern auf dem Südfriedhof beschäftigt. Ein Jahr lang haben die Schüler und Schülerinnen in Literatur und den Archiven recherchiert, haben Zeitzeugen in Deutschland und in der Ukraine befragt und eine Ausstellung konzipiert.

Wenn Sie auf der Website der Stiftung noch weiter bis »Kriegsgräberprojekt Heide« scrollen, dann können Sie auch diese Broschüre als PDF downloaden:

 
SH Heide Broschuere Schulprojekt Kriegsgraeber 2008 web2


Wir finden: Die Stadt Heide kann sich glücklich schätzen, dass sie so engagierte Lehrer und SchülerInnen hat und eine Stiftung vor Ort, die diese Projekte unterstützt!

 

...................................................................................................

Opfer des Nationalsozialismus

Am geschichtsträchtigen Postelheim ist diese verschwindend kleine und dazu durch die Gestaltung kaum wahrnehmbare Tafel angebracht.

Zum Gedenken
an die Opfer des
Nationalsozialismus
in der Stadt Heide

SH Heide NS Opfer web
Welche Opfer es speziell in der Stadt Heide gegeben hat, erfahren wir hier nicht. Vom – auch durch ein Schulprojekt des Werner-Heisenberg-Gymnasiums erarbeiteten – Gedenken an die zu Tode gekommenen sowjetischen Zwangsarbeiter konnten wir gerade lesen.

Heide war eine frühe Hochburg des Nationalsozialismus. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP in Heide 12,6%. Nach der von den Nazis so genannten »Blutnacht von Wöhrden« verzeichnete die Heider Ortsgruppe der NSDAP einen starken Mitgliederzuwachs. Am 7. März 1929 war es nach einer verbotenen SA-Versammlung in dem Dithmarscher Dorf zu einem blutigen Konflikt zwischen Kommunisten und SA-Männern gekommen. Es gab drei Tote. In der propagandistische Aufbereitung der NSDAP wurde die »Blutnacht von Wöhrden« überregional bekannt.

Die »Blutnacht von Wöhrden« bei Wikipedia


Bei den Kommunalwahlen 1929 kam die NSDAP in der Folge dieser Ereignisse auf 14%. Bei der Reichstagswahl 1930 wählten 33,3% der Wähler in Heide die NSDAP, bei der Reichstagswahl Juli 1932 50,8%.

SH Heide NS Opfer Haus web


Wilhelmine Sophie Postel (1844 - 1933) hat das Postelheim der Stadt Heide vermacht. 1893 hatte sie das prächtige Haus am Südermarkt bauen lassen. Zur Kaiserzeit gehörte es für die Honoratioren der Stadt und die Offiziere der Garnison zum guten Ton, beim Empfang am »Kaiser-Geburtstag« im Postelheim zu erscheinen. Heute residiert hier die Volkshochschule.

 

...................................................................................................

»Der Kriegsheimkehrer«

Die Skulptur des Bildhauers Willi Schwinghammer steht sehr prominent im Kirchgarten der St. Jürgen Kirche auf dem Marktplatz. Das Denkmal für die Kriegsheimkehrer ist 1952 errichtet worden.

 

SH Heide Schwinghammer Kriegsheimkehrer 1 web


Die weiße Figur steht auf einem zweistufigen Klinkersockel. Jeweils an der Frontseite der Stufen ist auf einer eingelassenen grauen Granitplatte eine Inschrift eingemeißelt. Direkt unter der Figur:

DUERFEN WIR HOFFEN
IM LICHTE DES FRIEDENS
DIE ERDE DER HEIMAT
WIEDERZUSEHEN

Unter dem Podest mit der Blumenschale steht:

HERR BRINGE WIEDER
UNSERE GEFANGENEN

 

SH Heide Schwinghammer Kriegsheimkehrer 2 web
Beide Fotos: sh-kunst.de


Die Website sh-kunst.de beschreibt den dargestellten Mann: »Nichts Heldenhaftes ist an ihm. Eingefallen wirkt das Gesicht, abgemagert der Körper, zerrissen die Kleidung. Die Figur zeigt deutlich, welche Leiden dieser Mann – stellvertretend für andere Kriegsgefangene – hinter sich hat. Das Denkmal für die Heimkehrer vor der St. Jürgen Kirche wurde 2003 saniert. Ein weiteres Heimkehrerdenkmal von Willi Schwinghammer steht in Meldorf.

 

SH Heide Kirche Mann Profil web


Das Modell für das Denkmal war Otto Mittag, der damals in derselben Straße wohnte wie Willi Schwinghammer.«

 

SH Heide Kirche Mann Stadt Heide web


Der Kranz der Stadt Heide zum Volkstrauertag 2020 soll den »Kriegsheimkehrer« ehren.

 

SH Heide Schwinghammer Kriegsheimkehrer 1950er web


Auf diesem Foto aus den 50er-Jahren ist der Sockel noch nicht umklinkert, er ist weiß wie die Skulptur. Die Schrift hebt sich klar vom Untergrund ab. Die dunkle Schale – vielleicht ist es damals eine Feuerschale – auf kleinem runden Sockel ist in das Denkmal integriert.

Das 1952 auf Kirchengrund errichtete Denkmal bezog sich auf die deutschen Kriegsgefangenen und Kriegsverbrecher, die zu diesem Zeitpunkt noch in der Sowjetunion inhaftiert waren. In einer Kampagne kämpfte die Evangelische Kirche Anfang der 1950er Jahre ausdrücklich auch für die Freilassung der inhaftierten deutschen Kriegsverbrecher.


SH Kleinsolt Kirche der Heimat 1950 web

• »Wie lange noch …«. Fünf Jahre nach Kriegsende forderte die Evangelische Kirche die Freilassung der kriegsgefangenen Soldaten ebenso wie der verurteilten Kriegsverbrecher. Kirche der Heimat vom April 1950, S. 2


Schon im Mai 1949 war unter dem Titel »Gebt die Kriegsgefangenen und Internierten frei! Die Evangelische Kirche in Deutschland an die Alliierten« in den kirchlichen Blättern ein Aufruf des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands abgedruckt worden, in dem es hieß: »Sorgt für die Freigabe der Internierten! Lasst ab von dem Sonderrecht gegen die Besiegten! Beendet die Auslieferung von Kriegsgefangenen für Kriegsverbrecherprozesse!«


Diese Vorgänge können sie detailliert nachlesen in Stephan Lincks Buch »Neue Anfänge? Der Umgang der evangelischen Kirche mit der NS-Vergangenheit und ihr Verhältnis zum Judentum. Die Landeskirchen in Nordelbien«, Band 1: 1945-1965, Lutherische Verlagsgesellschaft Kiel, S. 115 - 128:

 
1955 fuhr Konrad Adenauer schließlich nach Moskau, die Russen wünschten sich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Die Vertreter der Sowjetunion akzeptierten nach zähen Verhandlungen, dass »9626 Kriegsgefangene und eine größere Zahl von Zivilinternierten umgehend nach Deutschland zurückkehren würden, wenn der Bundeskanzler in die Aufnahme diplomatischer Beziehungen einwilligte und außerdem zusagte, dass Ermittlungen der deutschen Justiz gegen 450 der Überstellten, darunter auch KZ-Aufseher, aufgenommen würden« (Deutschlandfunk). Adenauer schlug ein und kehrte im Triumph nach Deutschland zurück.

...................................................................................................

Der Bildhauer Willi Schwinghammer

»Wilhelm Joh. („Willi“) Schwinghammer wurde am 27. Mai 1908 in Heide/Dithmarschen geboren. 1934–1936 besuchte er die Nordische Kunsthochschule in Bremen bei Hans Gross und Ernst Gorsemann für Bildhauerei und Keramik, um seine Ausbildung 1937–1938 mit einem Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei Kurt Wehlte (Maltechniken) und Arno Breker (Bildhauerei) abzuschließen. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er in Heide und wurde im regionalen Umfeld durch figürliche Skulpturen im öffentlichen Raum bekannt. Dabei spielten Motive von Kriegsgefangenen und Kriegsheimkehrern eine wesentliche Rolle. In seinen letzten Lebensjahren arbeitete er als handwerklicher Maler bei der Stadt, um parallel auf seine Kunstmalerei mit Themen von Landschaft und heimatlichen Motiven zurückkommen zu können. Willi Schwinghammer starb am 10. Februar 1983 in Heide.«

Text bei sh-kunst.de


Dazu ist zu bemerken, dass die Nordische Kunsthochschule in Bremen die einizige Gründung einer Kunsthochschule in der Zeit des Nationalsozialismus war. Ihr Professor Gorsemann hat 1934 die große Denkmalsanlage in Bremen Altmannshöhe entworfen. Dort ist auf einer Informationstafel der Stadt zu lesen: »Ernst Gorsemann war zur Zeit der Denkmalserrichtung vorübergehend Leiter der Nordischen Kunsthochschule Bremen, der nationalsozialistisch geprägten Kunstakademie. Er war kein NSDAP-Mitglied, seine damalige Nähe zum Nationalsozialismus ist jedoch unumstritten.«

Von 1937-1938 studierte Willi Schwinghammer bei Arno Breker, dessen rasanter Aufstieg zum prominentesten Bildhauer des »Dritten Reiches« 1936 begann. NSDAP-Mitglied war er seit 1937. 

»Nach künstlerischer Prägung und frühen Erfolgen in Frankreich, entwickelte er sich ab 1936 in Deutschland zu einem der prominentesten Künstler des nationalsozialistischen Staats, protegiert unmittelbar durch Adolf Hitler. In dessen Auftrag wirkte er vor allem am Skulpturenwerk für die geplante Welthauptstadt Germania. Brekers markanter Stil wurde prägend für die Ästhetik des NS-Systems. 1944 ließ Hitler seinen Namen in eine Liste ›gottbegnadeter‹ Künstler aufnehmen.«

Lesen Sie weiter bei Wikipedia


...................................................................................................

Schwarz-Rot-Gold

In der Woche nach dem Volkstrauertag 2020 war sogar ein Geschäft am Markt – mit 4,7 Hektar unbebauter Fläche der größte Marktplatz Deutschlands – mit den Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold dekoriert.

 

SH Heide Schwarz Rot Gold web

Der Marktplatz wurde früher auch für andere Zwecke genutzt: Hier wurden Piraten hingerichtet und er diente als Aufmarschplatz für das Militär. Noch heute legen viele Soldaten auf dem Platz ihr Gelöbnis ab. Zuletzt am 27. November 2019. Die Bundeswehr schreibt dazu auf ihrer Website: »Das Gelöbnis auf dem Marktplatz in Heide war dank Fackeln, Feuerschalen und der Kulisse des Wintermarktes stimmungsvoll.«

Website der Bundeswehr / Öffentliches Gelöbnis in Heide


...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Der Adler
Großadmiral Dönitz
Die Dönitz-Affäre: ein Schulprojekt
Kapitänleutnant Günther Prien
»Sauberer« U-Boot-Krieg?
Der Volksbund
Die EU-Förderung
2014: Antimilitaristische Stadtrundfahrten

...................................................................................................

Heikendorf, Kreis Plön

Am Ostufer der Kieler Förde

Text folgt

SH Heikendorf Klaas Ole Kuertz Wikimedia Commons web

SH Heikendorf Wikipedia Commons Eduard47 Web

 

SH Moeltenort alles seitlich web

SH Moeltenort Ehrenmal Schild web

SH Moeltenort Hoher Sockel web

 

SH Moeltenort Adler Logo vorne web

 

SH Moeltenort Schild Gedenkstaette web

 

SH Moeltenort Lageplan ohne Legende web


SH Moeltenort Schild Ehrenhallen web

 

SH Moeltenort Halle Buch web

SH Moeltenort Halle Kraenze web

 

SH Moeltenort Tafel Kranzraum web

 

SH Moeltenort Halle Kraenze Besen web

 

SH Moeltenort Schleifen web

 

SH Moeltenort Runde Anfang web

 

SH Moeltenort Runde 1 Tafel web

SH Heikendorf Wikipedia Commons Holger web


SH Moeltenort Runde 2 web

 

 

SH Moeltenort Runde Nachtrag2012 web

 

SH Moeltenort Runde Blumen web

 

SH Moeltenort Runde Privatblumen web

 

SH Moeltenort Runde Adler web

 

 

SH Moeltenort Runde Ende Blick zurueck web

 

SH Moeltenort Runde Ende web


SH Moeltenort Runde Ende Anker Chile web


SH Moeltenort Runde Ende Verband web

 

 

SH Moeltenort Ende Spendenkasten web


SH Moeltenort Runde Ende Schleife Ich hatt web

 

SH Moeltenort Ende Tuer web

 

SH Moeltenort Blaue Tafel 1 web


Auf dem Vorplatz sind 12 blaue Schautafeln zum »Ehrenmal« und zu Einzelschicksalen aufgestellt. Sechs am Eingang zur nördlichen »Ehrenhalle«, sechs am Ausgang der südlichen »Ehrenhalle«.


PDF der 12 Schautafeln

 

...................................................................................................

Die Geschichte

Text folgt

SH Heikendorf Einweihung 1930 web

Text folgt

Texte aus der Festschrift zur Einweihung Juni 1930



SH Moeltenort 1930 web

 

SH Moeltenort 1932 web


SH Moeltenort 4 1932 web


SH Moeltenort 3 1932 web


Text folgt

Text aus der Festschrift zur Einweihung Juni 1938


Text folgt

 

SH Heikendorf Hakenkreuz Karte web

 

 

 

 

...................................................................................................

Der Adler

Text folgt

 

 

SH Moeltenort Adler u Symbol web

 

SH Moeltenort Schenkung web

...................................................................................................

Grossadmiral Dönitz

Text folgt

...................................................................................................

Die Dönitz-Affäre: ein Schulprojekt

2011 gewann eine Projektgruppe des Otto-Hahn-Gymnasiums in Geesthacht mit ihrer Arbeit »Die Dönitz-Affäre – Der große Admiral und die kleine Stadt« den 1. Preis des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten, den sie im Schloss Bellevue entgegen nahmen.

Am 22. Januar 1963 war der Hitler-Nachfolger Großadmiral Dönitz auf Initiative des damaligen Schülersprechers Uwe Barschel zu einer »Geschichtsfragestunde« in das städtische Gymnasium eingeladen worden. Geschichtslehrer und CDU-Ratsherr Dr. Heinrich Kock hatte Dönitz auf einem Treffen des Heimkehrerverbandes kennen gelernt und war so auf die Idee der »Geschichtsfragestunde« in seiner Schule gekommen. Nachdem die Veranstaltung später durch Presseberichte ans Licht der deutschen und ausländischen Öffentlichkeit kam, brach ein Sturm der Entrüstung los ...

»Die Dönitz-Affäre – Der große Admiral und die kleine Stadt« auf der Website des Otto-Hahn-Gymnasiums

 

...................................................................................................

Kapitänleutnant Günther Prien

Text folgt

SH Heikendorf Wikipedia Commons Holger Prien


...................................................................................................

»Sauberer« u-Boot-Krieg?

Text folgt

 

...................................................................................................

Der Volksbund

Text folgt

SH Moeltenort Volksbundlogo web

 

SH Moeltenort Volkbund 100 Jahre web

 

...................................................................................................

Die EU-Förderung

Text folgt

 

SH Moeltenort Foerderschild web

...................................................................................................

2014: Antimilitaristische Stadtrundfahrten

Aus einer breiten Bewegung gegen den Irak-Krieg war 2003 das Antikriegsbündnis Kiel entstanden. Dazu gehörten u.a. SchülerInnen, GewerkschafterInnen, MigrantInnen, Menschen aus dem kirchlichen Bereich sowie politische Gruppen. 2014 organisierte das Bündnis die Antimilitaristischen Stadtrundfahrten um sich die lokalen Gegebenheiten anzuschauen: den Militär- und Rüstungsstandort Kiel.

Broschüre »Militär und Rüstung in Kiel«


...................................................................................................

<<< schließen

 

I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Die Geschichte
Historische Postkarten
Das Schwert
Die Deutsche Eiche
Das Eiserne Kreuz
Die Stadtkirche
Der Erzengel Michael

...................................................................................................

Heiligenhafen, Kreis Ostholstein

Denkmal an zentralem Ort im Stadtpark

Die hohe Stele, gemauert aus bunten Quaderfeldsteinen, steht auf einem erhöhten quadratischen Platz, den man ringsherum über fünf Stufen erreicht. Sie ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet. Der Bildhauer Karl Friedrich Langfeldt aus Heiligenhafen hat die Stele 1924/25 entworfen. Am 17. Mai 1925 wurde sie eingeweiht. Nach 1954 ist sie dann mit den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs 1939 - 1945 ergänzt worden. Der Geist, der aus den Inschriften und den Reliefs spricht, lebt in Heiligenhafen auch nach nationalsozialistischem Terror, Weltherrschaftsphantasien und erneut verlorenem Angriffskrieg unwidersprochen weiter.

SH Heiligenhafen gesamthinten web

Die Stele hat zwei parallel gestaltete Seiten, oben hat sie jeweils einen halbrunden gefächerten Abschluss. Unter dem Halbrund und über den Haupttafeln am unteren Rand der Stele sind jeweils kleinere Reliefsteine eingelassen.

SH Heiligenhafen hinten web2         
Auf der Seite mit dem Hauptrelief sehen wir oben ein erhobenes Schwert flankiert von Eichenzweigen, unten ein Kreuz im großen Strahlenkranz.

Siehe dazu auch die Kapitel »Das Schwert« und »Die deutsche Eiche«.

SH Heiligenhafen Soldat web2         
Direkt anschließend folgen die Relief- und Schrifttafel. Das Relief zeigt einen durch einen schwungvollen podestartigen Aufbau erhöhten Drachentöter. Hier wird jedoch nicht der Erzengel Michael abgebildet, wie im Kirchenfenster der Stadtkirche (siehe weiter unten), hier trägt der Drachentöter Stahlhelm, Uniform und Schaftstiefel. Darunter lesen wir den Sinnspruch:

Und wenn die Welt
voll Teufel wär

Es muss uns
doch gelingen

Das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein stellt in seiner Datenbank Beschreibungen der geschützten Denkmäler zur Verfügung. Hier ein Auszug zur Stele in Heiligenhafen: »Das Hauptrelief zeigt in Umwidmung der kirchlichen Darstellungen des Erzengels Michael einen Soldaten, der mit dem Schwert einen feuerspeienden Drachen bezwingt. Der darunter befindliche Spruch ›Und wenn die Welt voll Teufel wäre. Es muss uns doch gelingen‹ zitiert in leicht abgewandelter Form zwei Zeilen aus dem Kirchenlied Martin Luthers ›Eine feste Burg ist unser Gott‹. Dieses Lied – wie auch Martin Luther an sich – erfuhren im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine politische deutschnationale Aufladung. Das Lied wurde als Kampflied instrumentalisiert und sollte Zuversicht ausdrücken, im Vertrauen auf Gott über die Gegner zu triumphieren.«

Die Beschreibung des Landesamtes  Lizenz CC BY-SA 4.0

 

SH Heiligenhafen Schwert web


Das kleine Relief unter dem halbrunden oberen Abschluß der Stele zeigt ein erhobenes Schwert. Dazu ein Zitat aus der Urkunde, die im Grundstein des Kriegerdenkmals zum 1. Weltkrieg am Pinneberger Bahnhof eingelassen worden ist: »Das Ehrenmal wird an der Vorderseite ein aufrechtes Schwert tragen. Hiermit soll die Mannhaftigkeit und der Wehrwille des deutschen Mannes vor aller Welt bekundet werden.«


SH Heiligenhafen gesamt web2       
Auf der stadtzugewandten Seite der Stele ist das obere Reliefbild nicht mehr zu erkennen. Darunter stehen auf Feldsteinquadern die Jahreszahlen 1939 – 1945 (nachträglich angebracht) und darunter 1914 – 1918. Es folgt ein Eisernes Kreuz, das Ehrenzeichen des Militärs, im Strahlenkranz und direkt darunter die eingelassene Namens- und Widmungstafel zum 1. Weltkrieg. Es werden 95 Namen, Geburts- und Sterbetage von toten Soldaten aus Heiligenhafen, Dazendorf, Neu-Rathjensdorf, Kembs und Sulsdorf aufgezählt.

Siehe dazu auch die Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

SH Heiligenhafen Inschrift web

Die sich anschließende Mahnung lautet:

Sie alle starben für’s
Vaterland

O Volk sei
deiner Helden wert


...................................................................................................

Die Inschrift

Die Zeilen unter dem gegen ein Ungeheuer kämpfenden Soldaten stammen aus dem Kirchenlied »Ein feste Burg ist unser Gott«, dessen Text von Martin Luther wohl vor 1529 geschrieben wurde. Das Lied ist für den Protestantismus von großer Symbolkraft. Der Text ist angelehnt an den Psalm 46, »Gott ist unsre Zuversicht und Stärke«.

SH Heiligenhafen Teufel web

»Ein feste Burg ist unser Gott« erfuhr beginnend mit den Befreiungskriegen Anfang des 19. Jahrhunderts eine nationale Aufladung als Kampflied über den engeren religiösen Sinn hinaus. Davon zeugen die Einbindung in national-deutsch ausgerichtete Feiern wie das Wartburgfest 1817 oder die Einweihung des Lutherdenkmals in Worms 1868. Einen Höhepunkt erreichte die national-militaristische Instrumentalisierung während des Ersten Weltkriegs, als insbesondere die Zeilen »Ein feste Burg ist unser Gott« sowie »Und wenn die Welt voll Teufel wär« weite Verbreitung fanden (beispielsweise auf Kriegsansichtskarten). In diesem Kontext stand das Lied für das Selbstbild des von allen Seiten bedrohten Deutschland, das im Vertrauen auf Gott jedoch über alle Gegner dieser Welt triumphieren würde.

3. Strophe: Und wenn die Welt voll Teufel wär / und wollt uns gar verschlingen, / so fürchten wir uns nicht so sehr, / es soll uns doch gelingen.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 20. Februar 2017

...................................................................................................

Die Geschichte

Schon seit den 1920er Jahren wollten ein Militärverein und eine Kampfgenossenschaft die Erinnerung an die getöteten Soldaten aus Heiligenhafen und den Nachbargemeinden wachhalten. Ab 1924 nimmt die Planung Fahrt auf, es gibt Aufrufe zur Mitarbeit und Veranstaltungen, um Geld einzuwerben. Die Baufirma Prüß und der Architekt Johann Boller übernehmen die Bauausführung, der Bildhauer Langfeldt aus Heiligenhafen ist für die künstlerische Gestaltung zuständig. Ende 1924 gehört dann auch die Vereinigung Stahlhelm zum Denkmalsausschuss. Am 17. Mai 1925 wird das Kriegerdenkmal eingeweiht.


• Hier können Sie einen Beitrag im Jahrbuch für Heimatkunde – Oldenburg / Ostholstein, 58. Jahrgang 2015 lesen. Geschrieben hat ihn der fast 90-jährige Senior der Rats-Apotheke am Markt Bendix Grasshoff. Wir danken Herrn Grasshoff, Herrn Hinrich Scheef, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde Oldenburg / Ostholstein e.V. und Frau Anja Pohle, Leiterin der Stadtbücherei für die Recherche.

Bendix Grasshoff, 2015

...................................................................................................

Historische Postkarten


SH Heiligenhafen ca 1920 web

• aus dem Jahr 1920

SH Heiligenhafen 1939 web

• aus dem Jahr 1939

SH Heiligenhafen 1943 web

• aus dem Jahr 1943


...................................................................................................

Das Schwert

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter von heilig gesprochenen Helden, die gegen das Böse kämpften oder die der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind.

...................................................................................................

Die deutsche Eiche

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre. Darum findet man es oft auf Orden, z.B. auf dem Ritterkreuz in der Zeit des Nationalsozialismus. Wie kam es zu dieser Symbolkraft?


Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de


SH Oldesloe Bundesarchiv Bild 146 1974 160 13A Theodor Eicke web
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes.

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Heute ist das Eiserne Kreuz das »nationale Erkennungszeichen der Bundeswehr‹.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web3


• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg – nachdem sie noch Massaker an der Zivilbevölkerung Belgiens begangen hatten – zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

...................................................................................................

Die Stadtkirche

Bei unserem Besuch im Sommer 2015 betraten wir die Stadtkirche über einen Nebenraum, der als Erinnerungsort für beide Weltkriege fungiert. An der Aussenwand fiel uns das bunte Glasfenster ins Auge. Bei der Renovierung nach unserem Besuch wurde das Fenster entfernt, der Raum wurde umgestaltet.

SH Heiligenhafen Kirche4 web2        
Hier war der zweite Drachentöter in Heiligenhafen abgebildet, diesmal mit Heiligenschein, Flügeln und Lanze – der Erzengel Michael.

SH Heiligenhafen Kirche1 web2        
Unter einem Eisernen Kreuz und über den Namen der getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs lasen wir im Querbalken eines hölzernen Kreuzes:

Unseren teuren, tapferen Helden
in Liebe, Dankbarkeit und treuem Gedenken
gewidmet von der Kirchengemeinde.
Für unser Vaterland starben im Weltkriege
1914–1918

Hier folgen wieder die 95 Namen der toten Soldaten.

SH Heiligenhafen Kirche2 web

SH Heiligenhafen Kirche3 web

An der Längsseite des Raumes waren einzeilig in Überkopfhöhe bronzene Lettern angebracht:

* WO SIE AUCH RUHEN IN MEER UND LAND
SIE SIND GEFALLEN IN GOTTES HAND
*

Dieser Sinnspruch ähnelt den ersten Zeilen eines Gedichts von Siegfried Goes, der Soldat im 2. Weltkrieg war, den er nicht überlebt hat. Diese Anrufung Gottes steht auf dem Kriegerdenkmal in Grundhof:

All, die gefallen in Meer und Land
sind gefallen in Deine Hand 

alle • die kämpften auf weitem Feld
sind auf Deine Gnade gestellt

alle • die weinen in dunkler Nacht
sind von Deiner Güte bewacht.

Gib uns Augen • dass wir es sehn
wie Deine Hände mit uns gehn

Gib uns Herzen • die Deine Gnad
gläubig ergreifen früh und spat

Gib uns das Leben durch Deinen Sohn
uns und den Toten vor Deinem Thron.


Unsere Dokumentation des Denkmals in Grundhof

................................................................................................... 

Der Erzengel Michael

»Während des 1. Weltkriegs galt der Erzengel Michael als Führer und Schirmherr der Deutschen. Dabei vereinte seine Wiedergabe Relikte verschiedenster Herkunft ... Im Resultat ergab die Mixtur einen jugendlich-strahlenden Kämpfer, einen Siegfried als Schutzheiligen des deutschen Heeres. ... Das in diesen Darstellungen liegende Siegesbewußtsein, bei gleichzeitigem Gottvertrauen und der Gewißheit des gerechten Kampfs, kam auch in gleichzeitigen Gedichten zum Ausdruck:

Jetzt, Michel, zeig’ dich treu und groß,
Gürt’ nur dein altes gutes Schwert! ...
und zeig’ dem Feind in Ost und West,
wie deine Klinge zischt und loht ...

In einem 1915 zum Jahrestag des Kriegsausbruchs verfassten ›Lied vom deutschen Michel‹ von Cäsar Flaischlen heißt es über den Zustand nach dem erhofften Sieg:

Unserem Herrgott / Preis und Ehr! / Im übrigen aber / wie vorher: / Deutsche Kanonen, / zu Hütern bestellt, / bleiben der sicherste / Frieden der Welt!

Für die Situation am Kriegsende, die in der Weimarer Republik nachwirkte, ist ein Büchlein von 1918 symptomatisch. Der Verfasser Adolf Hauffen, Professor an der deutschen Universität in Prag, rekonstruierte darin die germanische Vergangenheit der Michaelsfigur, die auch das Ende der Siegesgewißheit noch unbeschadet überlebte.«


• Zitiert aus Meinhold Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 3, Esprint-Verlag, 1985, S.96-97

...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal zum 1. Weltkrieg
Das Kreuz
Der Gedenkort in der Turmhalle
Das Eiserne Kreuz
Aus Helgolands Geschichte
Die Stolpersteine
Konteradmiral Rolf Johannesson
Carl Peters
Auch die Nordsee mahnt

...................................................................................................

Helgoland

Die Insel in der Nordsee gehört zum Kreis Pinneberg

Auf einem kleinen Rasenstück neben dem Glockenturm der Kirche St. Nicolai liegt das Kriegerdenkmal zum 1. Weltkrieg.

SH Helgoland Kreuz Bodenplatten1WK web


Wir wissen nicht, ob diese schwarzen, teilweise zerbrochene Granitsteine früher mal zu einem stehenden Denkmal gehörten. Die Form bietet sich für diesen Gedanken an.

SH Helgoland 1WK web


Jetzt liegen die Teile, wie in einem Puzzle zusammengesetzt, im Boden versenkt.

SH Helgoland 1WK Oben web


Der »Dachstein« trägt in der abgerundeten Spitze ein Eisernes Kreuz. Das militärische Ehrenzeichen sagt uns, dass es hier um tote Soldaten geht. Es wird den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern posthum und kollektiv verliehen, egal, wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat. Allein der Soldatentod ist ein Beleg für Tapferkeit und Vaterlandstreue.

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006, S.44f

Mehr dazu im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«

 

Darunter folgt die Widmung, mittig gesetzt:

DIE LANDGEMEINDE HELGOLAND
IHREN IM KRIEGE 1914–1918
GEFALLENEN SÖHNEN.

Der »Dachstein«, wie auch der Namenstein darunter, haben eine polierte Umrandung.

 
SH Helgoland 1WK web2


Es werden die Namen von 23 toten Soldaten genannt, sie sind ohne weitere Angaben alphabetisch geordnet und durch Komata verbunden. Der 23. Name endet mittig unter zwei Spalten mit je 11 Namen durch einem Punkt.

SH Helgoland 1WK Unterzeilen web

Unter der Namensliste steht der markige Spruch:

SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLAND
IN ERFÜLLUNG IHRER PFLICHT.

Die Soldatentugenden Pflichterfüllung, wie auch Ehre und Treue helfen seit Jahrhunderten dabei, nationale Interessen gewaltsam durchzusetzen.

»... das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld

 

SH Helgoland Bodenplatten Schollmeyer web


Um das liegende Denkmal herum sind helle Steinplatten eingelassen, siehe erstes Foto. Auf ihnen werden Soldaten geehrt, die nicht auf schwarzen Granitdenkmal genannt werden. Jeweils unter einem Eisernen Kreuz stehen Vor- und Nachnamen in zwei Zeilen und – wenn bekannt – das Geburtsdatum.

SH Helgoland Bodenstein Hansen web


Da das Sterbedatum auf keiner der Platten genannt wird, wissen wir nur, dass es Soldaten waren, aber nicht ob sie im Krieg gestorben sind.

SH Helgoland Bodenplatten leer web


Eine Platte ist vor nicht allzu langer Zeit durch eine Grassode ersetzt worden.

 

SH Helgoland Bodenstein Frotz web


Wendelin Frotz’ Geburtsdatum war wohl nicht bekannt.

 

SH Helgoland Bodenstein Loosen web

 

...................................................................................................

Das Kreuz

Text folgt

SH Helgoland Kreuz Kirchturm hoch web


SH Helgoland Kreuz Kirchturm web

SH Helgoland Kreuz Kirchturm Sinnspruch web

SH Helgoland Kreuz Kirchturm 1945 web

 

...................................................................................................

Der Gedenkort in der Turmhalle

Text folgt

SH Helgoland Tafel Turmraum web

SH Helgoland Kranz Turmraum web

SH Helgoland Kranzschleife Turmraum web

 

SH Helgoland Tafel Turmraum 14 18 bis 42 web

 

SH Helgoland Tafel Turmraum 43 44 web

 

SH Helgoland Namen ab 45 web

 

SH Helgoland Turmraum Ehepaar web

 
Der Gedenkstein auf der linken Seite des Gedenkorts gilt Erich Friedrichs, der am frühen Morgen des 18. April 1945 als Mitglied einer Widerstandsgruppe verhaftet und in der darauffolgenden Nacht nach Cuxhaven überführt wurde. Am 21. April wurde er – zweieinhalb Wochen vor Kriegsende – in Cuxhafen Sahlenburg hingerichtet. Dort wurde er auch beerdigt.

Bei zwei Angriffswellen am 18. und am 19. April 1945 warfen 1000 Flugzeuge der britischen Royal Air Force etwa 7000 Bomben ab. Danach war die Insel nicht mehr bewohnbar. Die Mehrheit der Bewohner hatte in den Luftschutzbunkern überlebt und wurde noch von Deutschen auf’s Festland evakuiert. Therese Friedrichs starb 1968 auf Helgoland.

Erich Friedrichs sterbliche Überreste wurden Jahrzehnte später auf den St. Nicolai-Friedhof seiner Heimatinsel Helgoland überführt. Vermutlich wurde zeitgleich dieser Gedenkstein errichtet und da darauf auch seiner Witwe gedacht wird, glauben wir, dass er – wie der Gedenkort im Turmraum insgesamt – nach 1968 errichtet wurde.

Mehr zum Schicksal der Helgoländer Männer im Widerstand im Kapitel »Die Stolpersteine«.

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt. Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

SH Helgoland 1WK EK web2

• Das Eiserne Kreuz auf Helgoland trägt die üblichen Symbole: oben die preussische Königskrone in der Mitte das »W« für Wilhelm II. und unten die Jahreszahl 1914 für das Jahr der Stiftung im ersten Kriegsjahr.


Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018, S.65)

     EK 1940 Die Woche 360px web

Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web

... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


...................................................................................................

Aus Helgolands Geschichte

Text folgt

SH Helgoland Briefmarke 50Jahre Deutsch web

 

 

SH Helgoland 1950 Info Invasion web2

SH Helgoland Infopyramide 1951 web

SH Helgoland Infopyramide Heimkehr web

 

...................................................................................................

Die Stolpersteine

Text folgt

SH Helgoland Gedenkstein Sahlenburg Stadtarchiv Cuxhaven

SH Helgoland Stolperstein Pruess web

 

 

SH Helgoland Stolperstein Braun web

SH Helgoland Stolperstein Erich Paul Jansen Friedrichs web

SH Helgoland Stolperstein Fnouka web

SH Helgoland Stolperstein Pester web

 

SH Helgoland Stolperstein Wachtel web


SH Helgoland Wehrmachtkirchliche Bestattung web2

 

...................................................................................................

Konteradmiral Rolf Johannesson

Text folgt

 

...................................................................................................

Carl Peters

Text folgt

SH Helgoland Peters Bueste web

 

SH Helgoland Peters Tafel web

• Die Informationstafel mit einem Foto des Denkmals, das für Daressalam (heute eine Stadt im afrikanischen Staat Tansania, bis zum 1. Weltkrieg die Hauptstadt der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika) bestimmt war. Das Denkmal kam zwar am Ort an, wurde aber verpackt eingelagert. Die Briten ließen es 1921 wieder zurückbringen, wo es dann 1931 auf Helgoland aufgebaut wurde. Im 2. Weltkrieg wurde es – bis auf den Kopf – eingeschmolzen. Der Kopf wurde als Büsten-Denkmal dann 1966 wieder aufgestellt, verschwand aber 1997 im Museum.

 

»Wer war Hänge-Peters?« fragt und erklärt Kerstin Hilt auf www.planet-wissen.de:

Der deutsche Kolonialist und Rassist Carl Peters bekam 1896 den Schimpfnamen »Hänge-Peters«, als bekannt wurde, wie gewalttätig er die einheimische Bevölkerung in den deutschen Kolonien behandelte.

1884 hatte sich Peters eigenmächtig nach Afrika aufgemacht, um sich dort in fragwürdigen Verhandlungen Ländereien in der Nähe des Kilimandscharo anzueignen.

Wenig später stellte Reichskanzler Otto von Bismarck diese Gebiete, die inzwischen Deutsch-Ostafrika genannt wurden, unter deutschen Schutz. Bismarck berief Peters zu ihrem Reichskommissar – eine Position, die der cholerische Machtmensch gewissenlos ausnutzte.

Zum Politikum geriet schließlich die Affäre um sein schwarzes Dienstmädchen Jagodia, die ihm wohl auch sexuell zu Willen sein musste. Als sie sich Peters' Diener zuwandte, ließ er ihre Heimatdörfer dem Erdboden gleichmachen und beide erhängen – deshalb »Hänge-Peters«.

SH Helgoland Ostafrika Kolonial web 

• Die deutschen Kolonialherren gingen in Deutsch-Ostafrika äußerst brutal vor

Die einheimische Bevölkerung reagierte mit einem Aufstand. 1892 wurde Peters aus Deutsch-Ostafrika abberufen. 1896 schließlich griff August Bebel von der SPD die Vorgänge in einer berühmt gewordenen Rede vor dem Reichstag wieder auf.

Bebel wählte dabei eine geschickte Strategie: Er zitierte genüsslich aus Peters eigenen Heldenschilderungen, in denen er einige seiner Entgleisungen minutiös ausgemalt hatte. Deren brisante Mischung aus Gewalt, Erotik und kolonialen Machtphantasien machte »Hänge-Peters« zum Stadtgespräch – und stellte damit letztlich den Kolonialismus insgesamt in Frage.

»Wenn Ihre Kolonialpolitik solche Folgen gebiert«, wandte sich Bebel damals im Reichstag an die Regierung, »dann haben Sie alle Ursache, so rasch als möglich dem ganzen Afrika den Rücken zu kehren und Ihre Zivilisations- und Kulturarbeit hier in Deutschland zu vollenden.«

Das geschah zwar nicht, aber immerhin wurde Peters ein Jahr später unehrenhaft aus dem Reichsdienst entlassen. Adolf Hitler hob dieses Urteil allerdings 1937 wieder auf. Denn während des Nationalsozialismus wurde Peters als Prototyp des deutschen »Herrenmenschen« gefeiert – unter anderem in einem Kinofilm mit Hans Albers.

...................................................................................................

Auch die Nordsee mahnt

SH Helgoland Nordsee mahnt web

 

...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Historische Fotos
Begriffsklärung
Die sterbenden Helden
Das Eiserne Kreuz

...................................................................................................

Hetlingen, Kreis Pinneberg

Am Rand eines großen Platzes vor der Kapelle St. Gabriel

Eingebetttet in die gärtnerische Anlage des Hofes stehen auf Steinplatten in verschiedenen Abstufungen die beiden Gedenksteine für die toten Soldaten der Weltkriege.

SH Hetlingen gesamt web


Auf dem Weg zur Kapelle kommt man an Ihnen vorbei.

 

SH Hetlingen beide web


Es sind zwei verschieden geformte Sandsteinplatten ähnlicher Art. Der höhere Gedenkstein auf der linken Seite ist den toten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet.


SH Hetlingen oben web


An der oberen Kante sind die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs, getrennt von der Kontur eines Eisernen Kreuzes, graviert.

 

SH Hetlingen Tafel web


Auf der großen eingelassenen schwarzen Granittafel mit Dekorecken liest man:

Die Gemeinde Hetlingen
ihren unvergesslichen Gefallenen:

Es folgen die Vor- und Nachnamen von 36 toten Soldaten, die in zwei Spalten und in den Spalten auf Mitte gesetzt worden sind. Zu jedem Namen wird das Geburts- und das Todesdatum genannt. Die Liste ist nach dem Todesdatum 1914 bis 1918 geordnet. Nur die beiden am Ende genannten Soldaten sind seit dem 25. 9. 1915 und dem 8.8. 1916 vermisst, erstaunlicherweise weiß man das auf den Tag genau. Ausser den Vermissten = verm., gibt es noch eine weitere Unterscheidung bei der Nennung des Todesdatums. Gefallen = gef. für im Kampf getötet und gestorben = gest. für im Lazarett, in Gefangenschaft etc. zu Tode gekommen. 27 Hetlinger Soldaten sind gefallen, 7 sind gestorben – so wird auf der Gedenktafel die Todesart gewichtet.

 

SH Hetlingen Tafel unten web

 

Die Namensspalten werden durch eine an den Enden verzierte Linie getrennt. Darunter lesen wir den Spruch:

Es wieget eines viele Taten auf – das ist,
um des Vaterlandes Not, der Heldentod.

Was ist in diesem Zusammenhang mit den Taten gemeint, die der Heldentod aufwiegen soll? Das Morden auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs, der von Deutschland begonnen wurde?

Diese Zeilen sind zitiert aus einer Ballade von Ludwig Uhland. Weiter unten können Sie die vollständige Ballade lesen.

 

SH Hetlingen IIWK web


Auf der schlichten Steinplatte an der rechten Seite sehen wir wieder ein Eisernes Kreuz in Kontur, darunter lesen wir:

1939 – 1945
Für unsere Heimat

 

SH Hetlingen Kirche web


Eingang und Vorplatz der 1971 erbauten Kapelle St. Gabriel der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Haseldorf-Hetligen. Auf dem Foto sind rechts die Kriegerdenkmäler zu sehen.

...................................................................................................

Historische Fotos

SH Hetlingen Karte2 web

SH Hetlingen Karte1 web

Die Kriegerdenkmäler sind immer dabei: anderer Eingang, mehr Tannengün als üppiger Rhododendron und ein Vorplatz, wahrscheinlich in den 60er Jahren. Die Kapelle St. Gabriel wurde erst später gebaut.

...................................................................................................

Begriffsklärung

Vaterland: Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet. 

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl. Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: »für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.« (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 78

Gefallene: ... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

• Ebd., S. 22

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

Unvergessen: Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

• zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29

...................................................................................................

Die sterbenden Helden

Eine Ballade von Ludwig Uhland

Der Dänen Schwerter drängen Schwedens Heer
Zum wilden Meer.
Die Wagen klirren fern, es blinkt der Stahl
Im Mondenstrahl.
Da liegen sterbend auf dem Leichenfeld
Der schöne Sven und Ulf, der graue Held.

Sven:
O Vater! daß mich in der Jugend Kraft
Die Norne rafft!
Nun schlichtet nimmer meine Mutter mir
Der Locken Zier.
Vergeblich spähet meine Sängerin
Vom hohen Turm in alle Ferne hin.

Ulf:
Sie werden jammern, in der Nächte Graun
Im Traum uns schaun.
Doch sei getrost! bald bricht der bittre Schmerz
Ihr treues Herz.
Dann reicht die Buhle dir bei Odins Mahl,
Die goldgelockte, lächelnd den Pokal.

Sven:
Begonnen hab ich einen Festgesang
Zum Saitenklang
Von Königen und Helden grauer Zeit
In Lieb und Streit.
Verlassen hängt die Harfe nun, und bang
Erweckt der Winde Wehen ihren Klang.

Ulf:
Es glänzet hoch und hehr im Sonnenstrahl
Allvaters Saal,
Die Sterne wandeln unter ihm, es ziehn
Die Stürme hin.
Dort tafeln mit den Vätern wir in Ruh,
Erhebe dann dein Lied und end es du!

Sven:
O Vater! daß mich in der Jugend Kraft
Die Norne rafft!
Noch leuchtet keiner hohen Taten Bild
Auf meinem Schild.
Zwölf Richter thronen hoch und schauerlich,
Die werten nicht des Heldenmahles mich.

Ulf:
Wohl wieget eines viele Taten auf –
Sie achten drauf –,
Das ist um deines Vaterlandes Not
Der Heldentod.
Sieh hin! die Feinde fliehen; blick hinan!
Der Himmel glänzt, dahin ist unsre Bahn!

Johann Ludwig Uhland, geboren 26. April 1787 in Tübingen; gestorben 13. November 1862 ebenda, war ein deutscher Dichter, Literaturwissenschaftler, Jurist und Politiker. Er hat bedeutende Beiträge zur Erforschung des Mittelalters geleistet und war Abgeordneter im ersten gesamtdeutschen Parlament, der Frankfurter Nationalversammlung. Sein Gedicht »Ich hatt einen Kameraden« wird als Lied vertont noch heute am Volkstrauertag an manchem Kriegerdenkmal vorgetragen.

Besier kritisierte auch, dass am Volkstrauertag häufig noch das Lied »Ich hatt einen Kameraden« gesungen werde. Der Text sei nicht mit dem christlichen Menschenbild vereinbar, das Lied habe vor allem in einem Gottesdienst nichts verloren. Menschen könnten im normalen Leben bessere Freundschaften als im Schützengraben finden.

Der pfälzische Pfarrer Detlev Besier, Leiter der landeskirchlichen Arbeitsstelle Frieden und Umwelt, am Volkstrauertag 2018

Die Ballade »Die sterbenden Helden« wird von Uhland – ganz typisch für ihn – ins Mittelalter, hier nach Skandinavien, verlegt und der nordischen Mythologie zugeordnet: mit Odin als Göttervater und seiner Himmelsburg Walhall, wo die Helden bewirtet und ausgezeichnet werden. Wiederum handelt es sich um einen Dialog zwischen Vater und Sohn. Wiederum ist es Nacht. Und wiederum steht die Existenz der beiden auf dem Spiel: dieses Mal aber unmittelbar! Gegenüber aller Vergänglichkeit ist auch jetzt der Himmel Ort der Dauer, der Belohnung und des Wiedersehens. Der Vater ist hier freilich im Angesicht des Todes ein Tröstender und möchte seinem Sohn das Sterben leichtmachen.

Hartmut Löffel, Jessenins Blick zu Hebbel und Uhland

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Der frühere Standort
Die Geschichte
Der Bildhauer Heinrich Missfeldt
Notgeld aus dem Jahr 1922
Historische Postkarten

...................................................................................................

Hörnerkirchen, Kreis Pinneberg

In der Ecke des Kirchhofs

Es [Das Kriegerdenkmal] besteht aus drei Schrifttafeln und einem Relief aus hellem Stein, das in der linken Ecke einen toten Soldaten zeigt, dessen Helm auf einem Podest liegt. Neben ihm stehen fünf Frauen in langen Umhängen und Lorbeerkränzen in den Händen. Ein Mann weist mit erhobener Hand eine von ihnen an, den Helm mit ihrem Kranz zu schmücken. Oben aufgesetzt ist ein Kreuz. Das Denkmal wird flankiert von zwei Tafeln mit den Namen der Toten.

Nachdem ein Feuer die Kirche am 20. September 1934 bis auf die Außenmauern zerstört hatte, wurde nordöstlich der Kirche am Rande des ehemaligen »Kirchhofes« eine neue Kriegerdenkmalsanlage errichtet, in die das alte Denkmal integriert ist.

Informationen von Helmut Trede, Autor des Buches: »Die Hörner Dörfer« Husum, 1989.


1921 wurde dem Entwurf des Berliner Bildhauers Heinrich Mißfeldt, geboren 1872, vom Denkmalsausschuß des Kirchspiels zugestimmt. In den Elmshorner Nachrichten vom 1.8.1921 wird erläutert: »Das Denkmal, das sich unmittelbar an die Südseite der Kirche lehnt, so daß es von der Straße aus in voller Front gesehen wird, stellt in seinem Mittelbilde in Reliefform 5 trauernde Frauengestalten dar, die ihren Kranz auf den »Altar des Vaterlandes« legen. Diese Frauengestalten verkörpern die fünf Gemeinden des Kirchspiels. Neben dem Altar steht die Gestalt der Hoffnung, deren erhobene Hand auf ein Kreuz weist, das nach oben hin das Mittelbild abschließt.« (Zitiert nach Claudia Eisert-Hilbert, 1987. Lesen Sie weiter im PDF weiter unten)

Am 25. Juli 1922 hielt der ehemalige Gemeindevorsteher aus Westerhorn Sandkamp die Weiherede. Zuvor hatte Pastor Fehrs einen Gottesdienst zur Denkmalseinweihung abgehalten.

SH Brande H Mitte

SH Brande H gesamt


Für den 1. Weltkrieg: 
Seinen im Weltkriege gefallenen Söhnen zum Gedächtnis! Das Kirchspiel Hörnerkirchen 

Linke Tafel:
 1914 - 1918

(im Eisernen Kreuz mit Eichenlaub und Lorbeerzweig)

Wir sind die Saat, von Deutschland ausgesät mit bebender Hand
und die Namen von toten Soldaten aus dem Kirchspiel

SH Brande H Tafel42

Rechte Tafel:
 1914 - 1918
(im Eisernen Kreuz mit Eichenlaub und Lorbeerzweig)

Wollt ernten ihr, so gebt euch hin wie wir dem Vaterland
und die Namen von toten Soldaten aus dem Kirchspiel

SH Brande H Tafel1

Für den 2. Weltkrieg
Auf beiden Außentafeln:
 1939 (Eisernes Kreuz) 1945
und jeweils die Namen von toten Soldaten aus dem Kirchspiel

...................................................................................................

Der frühere standort

SH Brande Hoernerkirchen alt

Vor dem Brand am 19. September 1934 stand der mittlere Teil des jetzigen Kriegerdenkmals in einer Fensternische der Kirche, die beiden Steintafeln mit den Namen der getöteten Soldaten des 1.Weltkriegs hingen rechts und links daneben an der Kirchenmauer. Dieser Ort verstärkte die Symbolik im Mißfeldschen Relief vom »Altar des Vaterlandes«. Das Foto ist von Osten her aufgenommen. Die Kirche brannte damals bis auf die Umfassungsmauern nieder, beim Wiederaufbau wurde das Denkmal von der Außenwand gelöst und an den Kirchhofsrand versetzt, wo man nach 1945 das Gedenken an die toten Soldaten des 2. Weltkriegs hinzufügte. In der Kirche erinnert heute nur noch ein Messing-Lorbeerblatt-Kranz am Leuchter über der sogenannten Bläserecke links vom Altar daran, dass dort eine »Heldennische« eingerichtet werden sollte. Dazu kam es nicht und es sind auch keine Pläne erhalten.

• Wir danken Pastor Dr. Palmer für die Ablichtung und die Informationen.


SH Hoernerkirchen Karte


Das »Ehrenmal« war in dieser Zeit auch ein Postkartenmotiv. Die vier Bäumchen sind augenscheinlich hineinretuschiert worden.

...................................................................................................

Die geschichte

Das Kapitel Hörnerkirchen aus Claudia Eisert-Hilberts Examensarbeit (1987): »Denkmäler für Soldaten und andere Kriegsopfer seit dem Ersten Weltkrieg im Kreis Pinneberg« können Sie hier lesen. Unser Dank gilt der Verfasserin.

Eisert-Hilbert: Hörnerkirchen


...................................................................................................

Der Bildhauer Heinrich Missfeldt

Er wurde am 20. Dezember 1872 in Suchsdorf bei Kiel geboren und starb am 27. Oktober 1945 in Torgau.

               SH Missfeldt 280 web


Seine Eltern waren der Ziegeleibesitzer Detlef Missfeldt und Elsabe Sinn. Nach einer Lehre als Holzbildhauer in Kiel ging er zum Studium nach Berlin. Viele Kriegerdenkmäler in Schleswig-Holstein wurden in seinem Berliner Atelier entworfen. Zum Beispiel das in Bad Segeberg, Glückstadt, Bad Bramstedt, Bokel (zum Teil abgetragen), Garding, Husum, Kappeln und Kiel.

1936 entwarf er Reliefbilder vom Kopf Hermann Görings und Adolf Hitlers, 1937 wurden sie in der Lehrgießerei des Lautawerks der Vereinigte Aluminium-Werke AG hergestellt – Sandguss, Aluminium, poliert.

...................................................................................................

Notgeld aus dem Jahr 1922

Auf dem 60-Pfg-Schein der Gemeinde Brande-Hörnerkirchen werden schon die Inschriften des Kriegerdenkmals von 1922 zitiert. Auf dem 40-Pfg-Schein steht: Uns Markplatz, grot und schön den ziert en witten Steen. Dor kannst Bescheid di hahlen wat uns de Weltkrieg stahlen. Frei übersetzt ins hochdeutsche: Unsern Marktplatz, groß und schön, den ziert ein weißer Stein. Dort kannst Bescheid Dir holen, was der Weltkrieg uns gestohlen.

Auf dem Notgeld ist das frühere Denkmal, erbaut 1874, für die toten Soldaten der Kriege im 19. Jahrhundert abgebildet. Es stand in den 1920er Jahren auf dem Marktplatz. Seit es 1936 abgebaut wurde, ist das Denkmal bei der Kirche das einzige in Hörnerkirchen.

SH Hoernerkirchen Notgeld web


SH Hoernerkirchen Notgeld2 web

...................................................................................................

Historische Postkarten

SH Hoernerkirchen Alte Karte1916 web


Ganz links oben das Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz, in der Mitte ein Bild der Kirche – noch ohne das neue Kriegerdenkmal in der Fensternische. Die Karte ist ca. 1915 verkauft worden.

SH Hoernerkirchen alte Postkarte web


Postkarte ohne Datum, aber nach dem Brand am 19. September 1934: Das Denkmal ist umgezogen und steht an seinem heutigen Platz am Rand des Kirchhofs.

...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Ein Kommentar zur Inschrift
Die Geschichte
Der Findling
Die Bergung
Die Anlage
Die Einweihung

...................................................................................................

Hörnum, Kreis Nordfriesland

Auf der südlichen Spitze der Insel Sylt

In Hörnum weist ein Schild »Kriegsgräberstätte« den Weg: Das Kriegerdenkmal für die Toten beider Weltkriege steht in einer kleinen Anlage im »Grünen Tal«. Architekt Tadsen, selbst Kriegsteilnehmer an der Ostfront, hat sie gestaltet, am 13. November 1966 ist sie eingeweiht worden.

 

SH Hoernum weit web


Ein tiefergelegtes rechteckiges Areal mit Bänken ist seitlich umschlossen von einer Feldsteinmauer. An der Stirnseite erreicht man über zwei abgerundete breite Stufen eine entgegengesetzt abgerundete Ziegelmauer. Der ovale Platz ist mit unterschiedlich geformten Steinplatten gepflastert. An der Mauer sind vier Steintafeln mit den Namen der Toten angebracht.

SH Hoernum gross web


Hinter der Mauer, auf Bodenhöhe, steht ein 12 Tonnen schwerer heller Findling mit der Inschrift in schwarz:

Den Tagesbefehlen nicht,
Dem unbekannten Appell
Gehorchend, löstet das
Leben Ihr ein

1914 – 1918 (Eisernes Kreuz) 1939 – 1945

Gott allein kennt euch alle


Darüber ist ein christliches Kreuz graviert, der Spitze des Steins angepasst. Der Findling wurde 1966 am Wenningstedter Strand geborgen und unter größten Anstrengungen von vielen freiwilligen Helfern und der Bundeswehr in den Süden der Insel transportiert.

 

SH Hoernum mit Tafeln web


Auf den vier Tafeln werden 36 Namen genannt, mit Geburts- und Sterbedatum. Auch der Sterbeort und die Todesumstände werden aufgeführt. Die in Kriegshandlungen getöteten Soldaten erhielten als Ehrenzeichen ein Eisernes Kreuz vor ihr Sterbedatum, auf der Flucht Gestorbene ein einfaches christliches Kreuz. Die Vermerke »verm.« (= vermisst, fünf Namen) und »verschleppt« (zwei Namen) ersetzen ein wie immer geartetes Kreuz.

 

SH Hoernum Tafel1 web


Zwei Soldaten sind im 1. Weltkrieg, einer in Verdun, der andere in Rußland getötet worden. Damals bestand Hörnum nur aus wenigen Häusern. Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 hatte Hörnum dann etwa 30 Einwohner. Die anderen Soldaten, die auf dem Stein genannt werden, waren vor ihrem Kriegseinsatz auf Hörnum stationiert. Willi Lund, am 14. August 1945 im Feldlazarett Auschwitz gestorben, betrieb vor dem Krieg eine Bäckerei. Er ist der einzige »echte Hörnumer« auf den Tafeln. 

In Hörnum und List waren vor und im 2. Weltkrieg viele hundert Soldaten stationiert, etwa 1000 alleine in List. Die Soldaten sollten den »Westwall« verteidigen, den die Organisation Todt (OT), ein paramilitärischer Bautrupp, mit Bunkern und Verteidigungsanlagen von der gesamten deutsch-französischen Grenze bis Jütland errichtet hatte. Sylt war zur Festung gegen England ausgebaut worden.

Wikipedia, Organisation Todt


SH Hoernum Tafel2 web
Alle Fotos von Joachim Weiß

Wir zeigen hier zwei von den insgesamt vier Namenstafeln.

...................................................................................................

Ein Kommentar zur Inschrift

Wir baten Prof. Dr. Loretana de Libero, Historisches Institut an der Universität Potsdam und tätig an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg, Fakultät Politik, Strategie und Gesellschaftswissenschaften um eine Interpretation der für uns rätselhaften Inschrift. Ihre Antwort:

»Zwar hatte die Bundeswehr sich vor allem in ihren Anfangsjahren sehr um das Gefallenengedenken mit Bezug auf die Weltkriege bemüht, das lag an den vielen ehemaligen Wehrmachtssoldaten in der jungen Armee, doch ist die Inschrift sicher nicht auf die Bundeswehr oder das damals auf Sylt stationierte Bataillon zurückzuführen.
Der Wortlaut klingt m.E. eher nach dem Hörnumer Gemeindepfarrer (vgl. auch die selbstbewuste Versicherung: ›Gott allein kennt euch alle‹, so etwa auch von der brandenburgischen Kirchengemeinde Liebenwalde, Gedenkbuch für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges, Nachwendezeit, dort Volltext; auch in El Alamein; und zudem noch auf dem Hörnumer Gedenkstein das hohe Kreuz über der Inschrift).
Der ›unbekannte Appell‹ bezieht sich hier doch wohl auf Gott, wobei sehr eigenwillig verneint wird, dass die toten Soldaten keinen Tagesbefehlen (eben von Menschen) gehorcht hätten. Natürlich haben sie dieses getan. Ausgedrückt werden soll wohl, dass die Soldaten sich freiwillig für das Vaterland – aus eigenem, inneren Antrieb heraus (Patriotismus, Gewissen, Moral, Glaube etc.) –  geopfert hätten, und ihnen dies nicht befohlen zu werden brauchte.«

Loretana de Libero ist Verfasserin des Buches: »Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne«, De Gruyter Oldenbourg. Beiträge zur Militärgeschichte. Band 73.

...................................................................................................

Die Geschichte

»Das Ehrenmal wurde am Volkstrauertag, dem 13. November 1966, im ›Grünen Tal‹ unter Beisein eines Ehrenzuges des Marine-Sanitäts-Bataillons 901 in Hörnum sowie des Hörnumer Gemeindepfarrers und Standortgeistlichen eingeweiht. Es ist in freiwilliger Arbeit von Hörnumer Bürgern, Soldaten des Mar.-San. Bataillons 901 und mit einem Hilfseinsatz der Freiwilligen Ortsfeuerwehr errichtet worden.
Eine Haus- und Spendensammlung trug zur Deckung unumgänglicher Unkosten bei. Der Westerländer Architekt – selbst ehemaliger Soldat in Rußland – gab seine Dienste ohne Entgelt.«

Berichte und Mitteilungen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Kassel, Nr. 7/1971, S. 164/5


Im Archiv der Gemeinde Hörnum gibt es eine Notiz, dass die Gestaltung des »Ehrenhains« 1967 jetzt abgeschlossen werden konnte. Weiter gibt es einen Rechnungsbeleg von 1969, dass die »Buchstaben« für zwei weitere Namen bezahlt wurden.

Diese Informationen bekamen wir von Silke von Bremen, Autorin, Heimatforscherin und Gästeführerin auf Sylt. Herzlichen Dank!

...................................................................................................

Der Findling

Schulleiter Kuno Ehlfeldt war der Initiator für die Errichtung des Denkmals. Er war Vorsitzender des Arbeitsausschusses »Ehrenmal Hörnum« und der Ortsgruppe des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Zusammen mit Jürgen Ehmsen, Pastor der Hörnumer Kirche St. Thomas und Standortgeistlicher der Bundeswehr auf Sylt nahm er die Aufgabe in Angriff.

SH Hoernum Findling Spitze web

Hier erkundet Kuno Ehlfeldt den riesigen Findling, der 1966 am Wenningstedter Strand nur 25 cm herausragte.

     SH Hoernum Findling Hammer1 web

Im Flutbereich arbeitete sich der Findling höher. Kuno Ehlfeldt prüft mit dem »Lehmann« seine Verwendbarkeit.

SH Hoernum Findling Hammer2 web


Kuno Ehlfeldt hatte im 2. Weltkrieg an der Ostfront gekämpft. Pastor Ehmsen beschreibt ihn im Jahr 2018 als Nationalisten, aber er sei kein »NS-Mann«, er sei Ernst Jünger-Anhänger mit »Vaterlandsdenken« gewesen. Ehlfeldt wurde 1912 geboren, er starb 1977 mit 65 Jahren.

»Zäh praktizierter Idealismus«, so überschrieb Kuno Ehlfeldt die erste Geschichte über die Entstehung des Kriegerdenkmals für Hörnum 21 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs. Die Ehrung der toten Soldaten lag ihm am Herzen, das kann man aus jeder Zeile lesen, die er in enthusiastischen Berichten über das Kriegerdenkmal im Sylter Tageblatt veröffentlicht hat.

Sylter Tageblatt, 19. Mai 1966


...................................................................................................

Die Bergung

Im Mai 1966 begann die Bergung. Beteiligt waren Soldaten des Hörnumer Stadortbataillons, eine große Planierraupe, die Hörnumer Feuerwehr samt Motorpumpe, der 34-t-Kranwagen des Flugplatzes Westerland, der Lastzug einer Baufirma und zwei Hörnumer Bataillon-Lastkraftwagen mit je 9-t-Seilzugwinden.

SH Hoernum viele graben web


Schulleiter Kuno Ehlfeldt schreibt: »Es gab kritische Momente, Augenblicke, in denen man drauf und dran war, aufzugeben. Stimmen begannen sich zu mehren, die die Arbeit sinnlos schalten. Die gefährlichen Untiefen der Verzagtheit konnten überwunden werden. Der Glaube hat einen Steinberg versetzt. Aber nicht der Glaube allein. Begeistert draufgängerisches Zupacken, das sich an der Naturkraft zu messen suchte, [...] allem voran aber der Einsatz der Soldaten bei der Arbeit am Stein unter dem kameradschaftlichen Vorbild seines unermüdlichen Führers kamen dem Glauben zu Hilfe.«


SH Hoernum Bergung Laster web


Die Kette der Winde wird heruntergelassen.


     SH Hoernum Bergung Kliff web


Der Stein wird die 30 Meter hohe Steilküste am Wenningstedter Kliff hinaufgezogen ...


SH Hoernum Bergung Bagger web


... und zum Transport nach Hörnum zu einem Kranwagen geschleppt.

...................................................................................................

Die Anlage

Kuno Ehlfeldt beschreibt im Sylter Tageblatt am 25. Mai 1966 die Ankunft des Findlings in Hörnum: »Das friedliche Bild [...] wurde jäh unterbrochen durch das feldgraue Ungetüm eines 35 Tonnen schweren Kranwagens, der vom Hafen her den Straßenverkehr warnungblitzend durchschnitt und sich – angeführt von dem Kommandowagen des Chefs der 1. Kompanie des Standortbataillons – vorsichtig über den Heideboden ins Tal hinabrollte. Feldmarschmäßig ausgerüstete LKW waren gefolgt. Zwei zivile Hörnumer »Kadetten« umflitzten den Konvoi bald hier, bald da – und ein grauer, inselhauptstädtischer Mercedes mit einem Architekten und seinem »Leibadjutanten« tastete sich hinzu. [...] Endstation Ehrenmal, ein Zeichen, aufgerichtet für Kämpfen und Sterben in zwei Kriegen, die Weltkriege heißen.«

Sylter Tageblatt, 25. Mai 1966

     SH Hoernum Stein web


Der Findling wird auf ein vorbereitetes Fundament herabgelassen. Danach begann die Gestaltung der Anlage.

SH Hoernum Anlagenbau web


Schulleiter Ehlfeldt, rechts, wie immer aktiv dabei das »Grüne Tälchen« umzugestalten.


SH Hoernum Buergermeister web


Auch der Hörnumer Bürgermeister Sepp Springer, im Foto mit Krawatte, läßt sich vor Ort die Aktion beschreiben.


SH Hoernum Gruppe vor Auto web


Freude nach getaner Arbeit: Schulleiter Ehlfeldt mit seinem »Lehmann« in der Mitte.

...................................................................................................

Die Einweihung

Vor der Einweihung, die am Volkstrauertag stattfinden sollte, startete Kuno Ehlfeldt noch eine Spendenaktion unter dem Motto: »Wir waren eins in der Liebe zur Heimat und haben ihr alles gegeben, Bruder – wie klein ist Dein Streit«.

Die Einwände einiger Bürger, wieso man nach so langer Zeit noch ein »Ehrenmal« errichten wolle, beantwortete er dabei mit: »21 Jahre sind – gemessen an der Selbstverleugnung und dem Opfermut, dem Blut und den Tränen jener Jahre – eine kurze Zeit.«

Der Stein sei Mahnung: »Er ist aber auch Anruf. Ist stummer Händedruck mit dem Kameraden, der damals neben Dir fiel, – gleich ob an der Front des Glaubens an Deutschland oder an der bitteren Front des inneren Widerstandes.«

Das Mal, das »für unsere Zeit ein Bekenntnis zum gemeinsamen geschichtlichen Schicksal unseres Volkes und unserer Nation ist in Glück und Unglück, – in Glanz und Erniedrigung.«


Spendenaufruf am 25. August 1966 im Sylter Tageblatt



SH Hoernum Einweihung web


Einweihung am Volkstrauertag, 13. November 1966. Im Oval vor den Namenstafeln stehen von rechts nach links: der Standortälteste des Sanitätsbataillons 901 Oberstabsapotheker Danker (mit Redemanuskript), ein Matrose, in zivil: Pastor Jürgen Ehmsen und Kuno Ehlfeldt.

Am 18. November erschien dann im Sylter Tageblatt ein Bericht


»Ich hatt’ einen Kameraden« wurde intoniert als die Hülle fiel, unter leisem Trommelwirbel wurden die Namen verlesen. Die trotz aller Beteuerungen, alle Opfer des Krieges seien gemeint, die Namen toter Soldaten sind. Bürgermeister Springer nahm das »Ehrenmal« in seine Obhut und dankte der evangelischen Kirche, dass »sie bis heute der Totenehrung einen Platz gewährt habe.«

Pastor Ehmsen suchte in seiner Weihepredigt Antwort auf die Frage: »Was ist der Mensch, der in einen solchen mörderischen Strudel der Geschichte gerät und darin scheinbar sinnlos untergeht? [...] Wo ist der Sinn? Die Bibel weiß die Antwort: Gott ist in allem, auch in dem, was uns Unheil scheint, auch in menschlicher Schuld, die immer wieder Unheil zeugt.«

SH Hoernum Anlage1966 web


Die Denkmalsanlage in Hörnum im »Grünen Tälchen« kurz nach der Fertigstellung. 1974 setzte sich Kuno Ehlfeldt für ein anderes Hörnumer Projekt ein: für das erste Zentrum der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt. Später erhielt die Schutzstation, die ehemalige »Norweger-Kirche«, den Namen Kuno-Ehlfeldt-Haus.

Zum Volkstrauertag 1976 schrieb Kuno Ehlfeldt für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Ortsgemeinschaft Hörnum an seine Mitstreiter:
Sehr geehrte Herren, vor nun 10 Jahren wehten im »Grünen Tal« die Fahnen unseres Landes zum ersten Mal auf halbmast, hatten wir uns aus eigener Kraft eine Gedenkstätte geschaffen, mit der wir uns – im Zeichen ungeheueren menschlichen Leids – mit unserem Volk und seinem geschichtlichen Schicksal sichtbar verbanden.
Wie hätte es auch anders sein können? [...] Major Kosin wird am Ehrenmal nach der Kranzniederlegung eine Gedenktafel für die Gefallenen des 2. Weltkrieges im Sanitätsdienst einweihen und sie in seinen Dienstgebäuden der Traditionstafel des 1. Weltkrieges hinzufügen. [...]
Ist es verwunderlich, wenn ich Ihnen heute für die große Selbstverständlichkeit danken möchte, mit der wir uns in einer Zeit der Diskussion und Selbstbezweifelung ein Jahrzehnt am Volkstrauertag zusammenfanden?«

Brief von Kuno Ehlfeldt vom 6. November 1976

Wir danken Pastor Jürgen Ehmsen für seine ausführliche Dokumentation. Er lebt jetzt, auch nach 20 Jahren »Ruhestand« immer noch sehr aktiv, in Kiel.

...................................................................................................

<<< schließen

 
I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2021
Aus der Geschichte
»Die Blutzeugen der Bewegung«
... und heute?
Der Helm
Findlinge
Das Eiserne Kreuz

...................................................................................................

Hohenfelde, Kreis Plön

An der Dorfstraße in der Nähe der alten Wassermühle

Das Denkmal in der kleinen Parkanlage ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet. Das Denkmal ist bemerkenswert: Wir kennen kein Denkmal, das zwischen den Kriegen als NS-Denkmal inszeniert wurde. Nähere Erklärungen gibt es ab dem Kapitel »Aus der Geschichte«.

SH Hohenfelde mit Strasse web


Eine niedrige Bruchsteinmauer mit Pfeilern und Eisengittern umschließt das Gelände. Über zwei Quadersteinstufen erreicht man die geometrisch gestaltete, zweiflügelige Eingangspforte.

SH Hohenfelde Pforte web2


Eine große ovale Rasenfläche dominiert den Platz, drumherum führt auf beiden Seiten ein Kiesweg zur Denkmalsmauer.

SH Hohenfelde Anlage web


Eine halbrunde Bruchsteinmauer bildet den repräsentativen Hintergrund für den zentralen Gedenkstein. Der um eine Steinreihe erhöhte Denkmalsplatz ist erdig ungepflegt, einige Trittplatten sind eingelassen.

SH Hohenfelde Denkmal web


Ein großer rundlicher Granitfindling steht in der Mitte auf einem etwas vorstehenden Steinsockel. Die beiden Kränze vom Volkstrauertag im November 2021 sind im Februar noch gut erhalten.

SH Hohenfelde Helm web


Oben ist ein Stahlhelm mit Kamm aufgespießt. Mehr dazu im Kapitel »Der Helm«.

SH Hohenfelde EK Zahlen web


Darunter sehen wir ein Eisernes Kreuz in Kontur, das militärische Ehrenzeichen wurde den Soldaten posthum verliehen. Es folgen die Jahreszahlen der Kriege:

1914 — 1918
1939 — 1945 (nachträglich hinzugefügt)

Namen werden nicht genannt.

SH Hohenfelde Seitlich web


Von der Seite sieht man, dass der Findling flacher ist als es von vorne den Anschein hat.

...................................................................................................

Volkstrauertag

Der Kranz der Gemeinde Hohenfelde mit DRK und der Freiwilligen Feuerwehr sieht fast aus wie ein Lorbeerkranz, das Symbol für Sieg und Ehre. In Ermangelung von echten Lorbeerblättern wurde beheimateter Kirschlorbeer verarbeitet. »Unseren Toten zum Gedenken« steht auf der Schleife. Die Bundesministerin der Verteidigung kommt nicht aus Hohenfelde, sie ließ auf ihre schwarz-rot-goldenen Schleife: »Den Toten zum Gedenken« schreiben.

SH Hohenfelde Kraenze 2020 web

 
»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.29
 

...................................................................................................

Aus der Geschichte

Bei unserem Besuch im Februar 2022 wundern wir uns über eine tiefer gemeißelte Fläche unter den Jahreszahlen der Kriege – ein auf der Spitze stehendes Quadrat.

SH Hohenfelde Raute web


Wir können uns keinen Reim auf die Bedeutung dieser Fläche machen. Bis ... 

SH Hohenfelde Karte ganz web


... wir diese alte Postkarte aus »Hohenfelde in Holstein« fanden: die gleiche Mauer, der gleiche Findling, oben der Helm ...

SH Hohenfelde Karte 1933 web


In der NS-Zeit haben die Hohenfelder Nazis auf ihrem »Ehrenmal« zum 1. Weltkrieg ein Hakenkreuz und die Jahreszahl 1933 ergänzt. Als dies später wieder weggemeißelt wurde (werden musste?), entstand das tiefergelegte Viereck, das bis heute zu sehen ist.

Im nächsten Kapitel wird die Ergänzung zum Jahr 1933 erklärt.

...................................................................................................

»Die Blutzeugen der Bewegung«

Da die Nationalsozialisten sich selbst als »Bewegung« verstanden, wurden die im politischen Kampf Getöteten »Gefallene der Bewegung« oder »Blutzeugen der Bewegung« genannt. Das erste Mal wurden die 16 Teilnehmer des Hitler-Ludendorff-Putsches in München so genannt, die am 9. November 1923 beim Zusammenstoß mit der Bayerischen Landespolizei getötet worden waren. Hitler widmete ihnen den 1. Band seines Buchs »Mein Kampf«, wo sie namentlich im Vorwort genannt wurden. In seiner ersten großen Rede am 27. Februar 1925 wurden die, »die am 9. November gefallen sind«, als Kronzeugen für seine Bemühungen, das völkische Lager zu einen, angerufen. In seiner Rede am 2. März 1925 sprach Hitler davon, dass die nationalsozialistische Bewegung durch den Putsch »die Bluttaufe empfangen« habe.

Einen weiteren Impuls erhielt der Kult um die im Kampf getöteten Anhänger des Nationalsozialismus durch Hitlers Anordnung vom 4. November 1925, dass von den NS-Ortsgruppen künftig alljährlich am 9. November Gedenkfeiern abzuhalten seien, in die schließlich die Getöteten des 1. Weltkrieges einbezogen wurden, womit suggeriert wurde, dass die Putschisten im Grunde für dieselbe Sache gestorben wären wie die im Weltkrieg Gefallenen: für das Vaterland.

SH Hohenfelde Wikipedia Bundesarchiv Bild 183 S11292 Muenchen Ehrenmal in der Feldherrenhalle webFoto: Bundesarchiv, Bild 183-S11292 / CC-BY-SA 3.0

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde an der Feldherrnhalle in München ein »Ehrenmal« samt Tafel mit den Namen dieser 16 Männer angebracht. Die Widmung lautete: »Am 9. Nov. 1923 fielen vor der Feldherrnhalle sowie im Hof des Kriegsministeriums folgende Männer im treuen Glauben an die Wiederauferstehung ihres Volkes.« SS-Männer hielten Wache und jeder Passant, der an der Tafel vorbeikam, war verpflichtet, sie mit dem Hitlergruß zu ehren. Einige Münchner Bürger entschlossen sich daraufhin auf dem Weg zur Innenstadt einen Umweg über eine kurze Quergasse zu machen, die an der Rückseite der Feldherrnhalle vorbeiführt – und in der Folge den Spottnamen »Drückebergergasse« erhielt.


SH Hohenfelde Wikipedia Bundesarchiv Bild 183 S22310 Muenchen Koenigsplatz Ehrentempel webFoto: Bundesarchiv, Bild 183-S22310 / CC-BY-SA 3.0
Einer der Ehrentempel auf dem Königsplatz am 9. November 1936

1935 wurden auf dem Königsplatz in München zwei »Ehrentempel« als eine gemeinsame Grabanlage für die Männer errichtet. Die sechzehn Toten wurden von ihren bisherigen Gräbern auf den Königsplatz überführt und in bronzenen Sarkophagen erneut beigesetzt, wo sie bis 1945 in den nationalsozialistischen Kult einbezogen wurden.

»Die Bewegung ist auch schon deshalb mit München unzertrennbar verbunden, weil dort die Bewegung begründet wurde und weil dort die ersten Opfer für die Bewegung gefallen sind. Deshalb ist diese Stadt für mich und auch für die Bewegung geheiligter Boden.« (Hitler, Reden, Band 1, 116). Mehr zu München als »Hauptstadt der Bewegung« auf:

www.historisches-lexikon-bayerns.de
www.zukunft-braucht-erinnerung.de


...................................................................................................

... und heute?

Bis in die Gegenwart verehren Nazis die »Toten der Bewegung« als »Helden« oder »Widerstandskämpfer gegen die Weimarer Republik«. Sie treiben einen Kult um sie, der sich in fragwürdigen Publikationen, in digitalen »Gedenkschreinen« im Internet, im Niederlegen von Kränzen an Gräbern dieser »Märtyrer« sowie in der Benennung rechtsextremer »Kameradschaften« nach ihnen ausdrückt. Diese Art der »Erinnerungskultur« wurde vom Verfassungsschutz jahrelang vernachlässigt.

Im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags NRW wurde 2016 als These für ein mögliches Muster der Tatorte des rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) erwogen, die Orte der Morde und Sprengstoffanschläge könnten vom NSU gewählt worden sein, weil sich in ihrer Nähe Todesorte oder Begräbnisstätten von vor 1933 getöteten Angehörigen der NS-Bewegung (»Blutzeugen«) befanden.

SH Hohenfelde Gedenkort Wikipedia web2Foto: Wikimedia Commons, Michael Schilling / CC-BY-SA 3.0

Gedenkstätte am Tatort der Erschießung Mehmet Kubaşıks in Dortmund


Solche Bezüge lassen sich für mehrere Tatorte der NSU-Mordserie finden, bei der zwischen 2001 und 2006 neun Männer mit Migrationshintergrund erschossen wurden. So befindet sich die Grabstätte des am 6. Dezember 1930 erschossenen SA-Mannes Adolf Höh nah beim Kiosk in der Dortmunder Mallinckrodtstraße in dem am 4. April 2006 Mehmet Kubasik ermordet wurde. Die rechtsextreme »Kameradschaft Dortmund« hatte sich 2002 in »Sturm 11/Adolf Höh« umbenannt.

In Kassel wurde am 6. April 2006 Halit Yozgat umgebracht. Auf dem Friedhof gegenüber dem Tatort liegt der SA-Mann Heinrich Messerschmidt begraben, der am 18. Juni 1930 bei einer Straßenschlacht nahe der Kneipe »Stadt Stockholm« getötet worden war.

In München wurde am 29. August 2001 Habil Kılıç wenige hundert Meter von einem Heldengedenkort der Nationalsozialisten und einem SA-Heim, das nach einem Blutzeugen benannt war, ermordet.

Der vom NSU verübte Bombenanschlag auf ein Geschäft in der Kölner Probsteigasse 2001 fand in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hansaplatz statt, auf dem 1933 der SA-Mann Walter Spangenberg erschossen worden. Später trug die neonazistische Kameradschaft in Köln den Namen »Kameradschaft Walter Spangenberg«.

...................................................................................................

Der Helm

Der Helm auf dem Findling in Hohenfelde ist vermutlich zusammen mit dem Hakenkreuz nach 1933 angebracht worden.

SH Hohenfelde Helm Historisch Neu

Dies ist ein Stahlhelm der Feuerwehr mit Stahlkamm, der in der Zeit des Nationalsozialismus getragen wurde.

SH Hohenfelde Feuerwehrmuseum Munchen Wikimedia webFoto: Wikimedia Commons, High Contrast, CC BY-3.0 SA DE

Ausstellungsstück des Feuerwehrmuseums München.


Die Stadt Braunschweig berichtet auf ihrer Website über die Geschichte der Feuerwehren in dieser Zeit:

»›Von den Feuerwehren wurde die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten ab dem 30. Januar 1933 zunächst noch positiv begrüßt. Es keimte die Hoffnung, dass ein einheitliches Feuerlöschwesen in Deutschland entstehen könnte. [...]

Der Kommandant war jetzt der Wehrführer, die Leitung der Feuerwehr nannte sich Führerrat und die Feuerwehrübungen und Haupversammlungen wurden zu Appellen. Schließlich bekam der Feuerwehrmann eine einheitliche Uniform mit Dienstgradabzeichen und trug den Stahlhelm.‹ (A. Polnik, Feuerwehr im 3. Reich, S.21f)

›Mittels Runderlass vom 13.Januar 1934 des Preußischen Ministers des Innern war eine vorgeschriebene Mustersatzung erlassen worden. Die Freiwilligen Feuerwehren erklärte man zu Vereinen, damit diese zu den Kreisfeuerwehrverbänden beitreten konnten, die jetzt zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts angehörten‹. (A. Polnik, Feuerwehr im 3. Reich, S.75)

›Durch die Unterstellung der Landespolizei unter das Heer ab dem 1. Oktober 1935 ist das bisherige Polizeisystem empfindlich gestört worden [...] 17.Juni 1936 wurde [...] Reichsführer SS, Heinrich Himmler zum Chef der Deutschen Polizei ernannt. [...] Durch die Ernennung Himmlers zum Chefs der Deutschen Polizei war dieser auch der oberste Dienstherr gegenüber den preußischen Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren aufgrund des Preußischen Feuerlöschgesetzes von 1933 ...‹ (A. Polnik, Feuerwehr im 3. Reich, S.93)«

www.braunschweig.de


Aus der Chronik des Nachbarortes Wendtorf: »Nach der Machtübernahme Hitlers im Januar 1933 folgte die ›Gleichschaltung‹, die auch die bestehende Zwangsfeuerwehr in Wendtorf nicht ausließ. Ihre Mitglieder wurden zu SA-Anwärtern und der SA in Laboe unterstellt. In regelmäßigen Abständen wurden Geländeübungen durchgeführt, bei denen z.B. mit einem Holzgewehr durch sumpfiges Gelände in der Nähe von Köhn herumgerobbt wurde.«


Wir danken Kay Nico Horn, Kreisarchivar in Plön, für den fachmännischen Hinweis zum Helm.


...................................................................................................

Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Häger, S.134


»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

EK 1940 Die Woche 360px web3    
Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.


Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
»Für die Heimat ließen ihr Leben«
Foto aus dem Jahr 1984
Findlinge
Die Verschwisterungen

...................................................................................................

Hohenfelde, Kreis Stormarn

Am Dorfrand hinter dem Gasthof

Mit einem kleinen grauen Findling, in der Form eines einfachen Grabsteins, gedenkt die Gemeinde der toten Soldaten beider Weltkriege.

SH Hohenfelde weiter web


Am Waldrand ist der Gedenkstein in eine lose, halbrunde Feldsteinmauer, parallel zur Straße, eingefügt. Das naturbelassene Areal wird zur Straße durch Steinpoller begrenzt.

 

SH Hohenfelde VTT 2019 web


Zum Volkstrauertag 2019 ist am Findling ein Kranz ohne Schleife niedergelegt worden.

 

SH Hohenfelde Stein web


Als Widmung wurde folgende Inschrift in den Stein gemeißelt. Die zarten Linien sind zunehmend schlecht lesbar.

Für die Heimat
ließen ihr Leben
1914 – 1918

Es folgen vier Namen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde darunter hinzugefügt:

1939 – 1945

Es folgen zwei Namen.

...................................................................................................

»Für die Heimat ließen ihr Leben«

 

SH Hohenfelde Inschrift web


Der bescheidene Stein kommt ohne militärische Ehrenzeichen und revanchistische Sprüche aus, das ist sympathisch. Trotzdem ist zu fragen, ob die Soldaten ihr Leben wirklich für die Heimat verloren haben.

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld

3701 Solinger fielen »auf dem Felde der Ehre«, wie es damals hieß. Zusammen mit fast zehn Millionen anderen jungen Männern sinnlos geopfert von einer Clique machtverwöhnter Aristokraten und Politiker, denen es – so weiß man heute – völlig egal war, wer da für sie starb.

Uli Preuss im Solinger Tageblatt, 9. November 2018

...................................................................................................

Foto aus dem Jahr 1984

Damals war die Inschrift noch sehr deutlich zu lesen. 35 Jahre liegen zwischen den Fotos.

SH Hohenfelde 1984 Johannes Spallek StA web
Quelle: Kreisarchiv Stormarn, lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 >internationale Lizenz

...................................................................................................

Findlinge

Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...]

Findlinge sind große (Granit-)Steine aus der heimatlichen Landschaft. Die Denkmalstifter holten sie oft selbst aus der Heide oder aus dem Harz mühevoll herbei. Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 134. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


...................................................................................................

Die Verschwisterungen

Eine gleichartige Ausbuchtung folgt hinter dem Denkmalsplatz. Dort beginnt das Dorf Hohenfelde.

 

SH Hohenfelde beide web


An diesem zweiten Platz sind die Bäume anlässlich der »Verschwisterung« mit Gemeinden aus Frankreich und Dänemark gepflanzt worden.

 

SH Hohenfelde Baumplatz web


Eine Bank läd zum Verweilen ein, grüne Schilder informieren. Bürgermeister Ulrich Meyer aus Hohenfelde vertritt bei beiden Baumpflanzungen das Amt Trittau.

 

SH Hohenfelde Frankreich Baum web


Verschwisterung mit dem französischen Canton Le Loroux-Bottereau, der bis 2015 in Westfrankreich bestanden hat. Die Eiche wurde 1972 gepflanzt.

 

SH Hohenfelde Blutbuche web


Die Blutbuche wurde 1987 gepflanzt. Auch die Skorbo Kommune fiel einer Verwaltungsreform zum Opfer, aber sicher werden die Verschwisterungen mit den französischen und dänischen Menschen weiter gepflegt. Die Hohenfelder scheinen sich passend zu ihrem bescheidenen Erinnerungsstein an die Weltkriege für grenzübergreifende Freundschaften einzusetzen.


...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
• 
Der »Ehrenhain«
Lockstedter Lager, eine Notgeld-Moritat von Ulf Evers
Die Siedler
Lockstedter Lager
1905: Sorge um die sittliche Bewahrung
Inszenierte Fotos
Gedenken an den Auszug 1917
Die SA-Berufsschule »Lola I«
Die Finnischen Jäger
»Siegfried Stellung«

....................................................................................................

Hohenlockstedt, Kreis Steinburg

Im »Ehrenhain« an der Finnischen Allee

Lockstedter Lager und Hohenlockstedt, das sind zwei Namen für dasselbe Gebiet. Oft werden dafür die Abkürzungen »Lola« und »Holo« verwendet. In den 50er Jahren wollte die Mehrheit der Bewohner von Lockstedter Lager den Begriff »Lager« loswerden. 1956 wurde daraufhin der Name in Hohenlockstedt geändert. Die Freiwillige Feuerwehr nennt sich bis heute FF Lockstedter Lager. In ihrer Chronik steht zwischen 1953 und 62 nichts von einer Namensänderung der Gemeinde. Zu den Jahren 1939 - 45 wird gemeldet: »Einsatz von LoLaner Feuerwehrmännern in Hamburg, Kiel, Neumünster und Elmshorn gegen die unmenschlichen Auswirkungen feindlicher Luftbombardements«.

SH Hohenlockstedt Finnische Allee Fahnenstangen web

An der Finnischen Allee, der Name erklärt sich weiter unten, weisen uns vier Fahnenmasten den Weg. Wir stehen am Eingang zum »Ehrenhain« mit akkurat geschnittenen Hecken und fünf verschiedenen Denkmälern. Wir beginnen mit dem Monument für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs:

SH Hohenlockstedt 1WK vorne web 

Es ist achteckig aus Sandsteinelementen zusammen gesetzt, unten und oben mit mehreren Abstufungen. Oben aufgesetzt ist ein Stahlhelm auf einem Eichenlaubkranz mit seitlichen Zierbändern. Die Inschrift auf der Frontseite lautet:

ZUR EHRE
DER HELDEN
VON
LOCKSTEDTER
LAGER
1914 – 1918

Am 10. Juli 1920 hatte in Lockstedter Lager »ein Sommerfest zu Gunsten des hier am Ort zu errichtenden Ehrenmals« stattgefunden. Mit dem Überschuss von 8240,60 Mark war die Finanzierung gesichert.

 

SH Hohenlockstedt 1WK Schleife web


Auf sieben weiteren Seiten werden 31 Namen von toten Soldaten aufgeführt, ohne erkennbare Ordnung. Vor- und Nachnamen, Todestag mit voran gestelltem Eisernen Kreuz und Todesort sind genannt.

SH Hohenlockstedt Helden blicken auf Jaegerdenkmal web


Der Name des letzten »Helden« steht alleine auf der Rückseite. Im Hintergrund sieht man den schwarzen Stein des »Jägerdenkmals«, es wird weiter unten beschrieben.

SH Hohenlockstedt 1WKam ehehemaligen Standort in der Kieler Strasse web


Noch ein Foto des Denkmals am ehemaligen Standort an der Kieler Straße. Als der »Ehrenhain« angelegt wurde, zog es dorthin um.

 

SH Hohenlockstedt 2WK Nightflyer Wikimedia Commons Lizenz3 0 web


Diese Rotklinkermauer steht im Norden des Geländes und ist den toten Soldaten von Lockstedter Lager im 2. Weltkriegs gewidmet. In der Mitte leicht vorspringend ist die Haupttafel aus braunem Granit eingelassen. Im breiten Rahmen ist eine Fläche grob ausgemeißelt, sie wirkt so fast weiß. Stehen geblieben ist der braune Granit:

1939 (Eisernes Kreuz) 1945
UNSEREN
TOTEN
(gekreuzte Eichenblätter)
LOCKSTEDTER
LAGER

Links und rechts sind je zwei kleinere Tafeln in der gleichen Machart verbaut mit den Namen der vier Lagerbereiche:

HUNGRIGER / WOLF und BÜCKEN (links)
HOHEN= / FIERTH und SPRING= / HOE (rechts)


SH Hohenlockstedt Flucht und Vertreibung web


Der Gedenkstein »Unseren Toten aus Flucht und Vertreibung« ist eine schlichte rechteckige Platte auf Klinkerfüßen. Von der Verantwortung Nazi-Deutschlands für diese Toten ist hier nichts zu lesen.


Das fünfte Denkmal im »Ehrenhain« gilt dem Auszug der Soldaten aus dem »Lockstedter Lager ins Feld« 1917. Es wird weiter unten beschrieben.


....................................................................................................

Lockstedter Lager,
eine Notgeld-Moritat

von unserem ehrenamtlichen Mitarbeiter Ulf Evers

Seinen Betrag mit den Anmerkungen / Fußnoten finden Sie hier


»Was nützen die schönsten und dringendsten Sprüche,
aufgemalt auf die verlockendsten Täfelchen,
wenn sie sich so rasch verbrauchen.« [1]

Mit Notgeld sollte eine »Not« behoben werden: sei es, weil gesetzliche Zahlungsmittel fehlten oder der Münzwert niedriger als der Materialwert war, aber es gab auch »Notgeld«, das sich von vornherein an Sammler richtete. In diese Kategorie gehörte das Lockstedter Lager Notgeld aus dem August 1921.

Dies wird auf der Vorderseite der Notgeldscheine mit dem Hinweis »Heb' sie auf« noch einmal hervorgehoben und ergibt sich auch daraus, dass es sechs verschiedene 50-Pfennig-Scheine gab. Wäre es um die Behebung eines Mangels gegangen, hätte ein Schein genügt. Hinzu kam, dass gesammeltes Notgeld nicht eingelöst wurde und somit als Gewinn verbucht werden konnte [2].

Die Motive auf dem Notgeld wurden von dem Kellinghusener Künstler Hans-Christian Delfs entworfen. Delfs erzählte auf den Scheinen die Geschichte der Gemeinde Lockstedter Lager, hob dabei stets die »ruhmreiche« Vergangenheit hervor und nützte jede Gelegenheit zur Verunglimpfung der Weimarer Republik.

SH Hohenlockstedt Notgeld vorne web2 
Dies beginnt auf der stets gleichen Vorderseite der Notgeldscheine: dem kriegerischen Adler des Kaiserreichs mit Bombe und blutigem Schwert steht ein Adler gegenüber, der die Papierrollen der Weimarer Verfassung in seinen Krallen hält.

In der Mitte der Vorderseite ist der 1901 fertig gestellte Wasserturm mit einem Signalmast an der Spitze zu sehen. An dem Mast konnte ein feuerroter Ball aufgezogen werden, um das Schießen mit scharfer Munition anzuzeigen und damit die Sperrung der Straße nach Springhoe [3]. Der auf der Abbildung heruntergelassene schwarze Ball ist auch als Verweis auf die im Versailler Vertrag verfügte Auflösung des Truppenübungsplatzes Lockstedter Lager zu sehen.

Die Rückseiten der Notgeldserie illustrieren »schönste und dringendste Sprüche«, die sich zum Teil verbraucht haben, weil ihre Bedeutung nicht mehr ohne weiteres geläufig ist.

 

Plus tard la revanche – die späte Rache

SH Hohenlockstedt Notgeld1 web2

Ab Juli 1870, also zeitgleich mit dem Beginn des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71), suchte eine preußische Kommission in Schleswig-Holstein ein für einen Schießplatz geeignetes Gelände. Technische Weiterentwicklungen hatten eine Reichweitenvergrößerung der Artillerie mit sich gebracht, für die vorhandene Schießplätze (etwa auf der Loher Heide bei Rendsburg) nicht ausgelegt waren. Fündig wurde man südlich von Lockstedt [4]; es wurden eine Schießbahn vermessen und der Bau eines Lagers ausgeschrieben. Mit dem Bau des Lagers wurde im Dezember 1870 begonnen: »in unglaublich kurzer Zeit während der strengsten Winterkälte [werden] über 60 Gebäude in Fachwerk aufgeführt« [5]. Ab Januar 1871 werden in dem Lager bis zu fünftausend französische Kriegsgefangene untergebracht. Die vorhandenen Pferdeställe wurden zu einem provisorischen Kriegsgefangenenlager [6]. Abgesehen von den Kranken wurden die Kriegsgefangenen bis April 1871 über Glückstadt wieder nach Frankreich transportiert [7]. Die offizielle Ortsbezeichnung lautet nun »Barackenlager bei Lockstedt« [8].

Der erste Notgeldschein erzählt also von den Anfängen und transportiert gleichzeitig die Botschaft, dass die im Versailler Vertrag festgelegte »Schleifung« [9] eine späte französische Rache ist – plus tard la revanche.

 

Kaiserparade

SH Hohenlockstedt Notgeld2 web2 
Im September 1881 wurde auf dem »Schießplatz Lockstedter Lager«, wie der Artillerieschießplatz seit 1872 offiziell hieß [10], Teile eines Kaisermanöver abgehalten. Der Kaiser und Vertreter aus »Bayern, Belgien, Frankreich, England, Japan, Italien, Österreich, Rußland, Sachsen, Serbien, Schweden, Spanien und Norwegen« [11] wohnten in Itzehoe. Der Kaiser reiste von dort mit »einer von vier Trakehner Rappenhengsten gezogenen Equipage« [12] zum Schießplatz. »Der ganz besonderen Zufriedenheit mit den Leistungen der Truppen lieh Se. Majestät an demselben Tage noch einmal Ausdruck und zwar bei dem im Rath- und Ständehause zu Itzehoe stattgefundenen s.g. Paradediner. Hier brachte nämlich der Kaiser einen Toast auf das brave IX. Armeecorps aus, und es war eine ergreifende, von dem besten Verhältnis zwischen Fürst, Armee und Volk zeugende Scene, daß, als diese Worte mit einem dreimaligen Hoch auf den Kaiser erwidert wurden, die vor dem Rathause versammelte, unzählige Volksmenge die Volkshymne ›Heil Dir im Siegerkranz‹ anstimmte.« [13] Auf dem Notgeldschein bringt Delfs dieses bei »prächtigem Kaiserwetter« [14] abgehaltene Ereignis zusammen mit einer Grundsatzrede Bismarcks zur Außenpolitik, die dieser im Februar 1888 hielt: »Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt (lebhaftes Bravo); und die Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben und pflegen läßt. Wer ihn aber trotzdem bricht, der wird sich überzeugen, daß die kampfesfreudige Vaterlandsliebe, welche 1813 die gesamte Bevölkerung des damals schwachen, kleinen und ausgesogenen Preußen unter die Fahnen rief, heutzutage ein Gemeingut der ganzen deutschen Nation ist, und daß derjenige, welcher die deutsche Nation irgendwie angreift, sie einheitlich gewaffnet finden wird, und jeden Wehrmann mit dem festen Glauben im Herzen: Gott wird mit uns sein!« [15]

Die »kampfesfreudige Vaterlandsliebe« führte zu einem weiteren Ausbau des Truppenübungsplatzes mit Anschluss an die Eisenbahnverbindung Itzehoe – Wrist [16]; 1899 wurde aus der ehemaligen Landgemeinde Ridders und dem Gutsbezirk Bücken der Gutsbezirk Lockstedter Lager (Truppenübungsplatz) gebildet [17].

 

Klingling, Bumbum, Tschingdada

SH Hohenlockstedt Notgeld3 web2 
In seinem 1883 entstandenem Gedicht »Die Musik kommt« [18] ahmt Detlev von Liliencron lautmalerisch »Klingling, Bumbum, Tschingdada« eine Militärkapelle nach. Um 1900 herum wurde das Gedicht von Oscar Straus [19] vertont. Sowohl Text als auch Vertonung können als zumindest leicht ironisch verstanden werden, deshalb ist in dieser Anspielung wohl in erster Linie eine lokalpatriotische Reminiszenz von einem Kellinghusener (Delfs) an den anderen Kellinghusener (Liliencron war Kirchspielvogt in Kellinghusen als er dieses Gedicht verfasste) zu sehen.

Ungleich ernster sind die beiden anderen geschichtlichen Bezüge.

Das Zitat »Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser« geht auf eine Rede Kaiser Wilhelm II. anläßlich der Eröffnung des Freihafens Stettins 1898 zurück und ist eng verbunden mit der Beauftragung des Großadmirals von Tirpitz, eine der britischen ebenbürtige deutsche Flotte aufzubauen [20].

Mit den »Chinatruppen« sind das 1. und 5. Ostasiatische Infanterieregiment gemeint, die im Lockstedter Lager zusammengestellt wurden. »Es waren Truppenteile des Seebataillons, dessen Chef Prinz Heinrich war. Der deutsche Generalfeldmarschall Graf Waldersee wurde Oberbefehlshaber der alliierten Truppen. Waldersee hielt sich um jene Zeit ebenfalls im Lockstedter Lager auf.« [21] Und von hier ist es nur eine vergleichsweise kurze Bahnfahrt vom Lockstedter Lager bis nach Bremerhaven wo der Kaiser am 27.7.1900 bei der Verabschiedung der Truppen die berüchtigte »Hunnenrede« hielt:

»Kommt Ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, daß es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!« [22]

 

Unser Erbe ist den Fremden zuteil geworden

Während des 1. Weltkrieges wurden in Lockstedter Lager ungefähr 115000 Soldaten jährlich ausgebildet [23]. Zu den Soldaten, die dort ausgebildet wurden, gehörte im Januar 1916 auch Ernst Barlach [24]. In Briefen/Karten beschreibt Barlach seinen Aufenthalt in Lockstedter Lager:

»Kaisers Geburtstag, Lockstedter Lager Liebe Mutter, Seit Montag wohnen wir hier in Baracken, schlafen auf dem Strohsack, 33 Mann in einer Stube, mir gefällt es sehr gut, der Dienst ist nicht schwer, nur das Wetter ist schlecht, die Straßen im Lager sind Sumpf. Abends stehe ich im Dunkeln im Schlamm bei der Pumpe und putze die Zähne, oder wasche die Stiefel, wenn ich dann zurück bin sind sie wieder voll Schmutz, es ist ein bisschen Dostojewski hier, wenn man den Blick dafür hat. ...

... Nach einer Woche Barackenleben: Schlafen auf dem Strohsack, Zusammensein mit 33 Kameraden, sind ein warmes Zimmer und Stille rundherum eines Sonntagnachmittags wunderbare Annehmlichkeiten. Doch hat es mir in Lockstedt gefallen, wir wären alle viel lieber dort geblieben, als hierher [Sonderburg; Barlach befand sich vom 24. bis 29.1.1916 zu Ausbildungszwecken in Lockstedter Lager] zurückzukehren, (...) Unser Hauptmann (Depotführer, d.h. Leiter des Rekrutendepots, aus dem wir demnächst heraus in die Kompanie kommen) ist Hagemann. Er hat uns heute zum zweiten Mal auftragsgemäß zu verstehen gegeben, vielmehr mitgeteilt, dass, wer bei einem feindlichen Gasangriff weicht, sofort erschossen wird. (...) Ich hätte nie geglaubt, dass man in der unausgesetzten, Tag und Nacht durch, Gesellschaft von zusammengewürfelten Leuten so einsam sein kann. Ich meine im guten Sinne, ungestört, unbelästigt. Ich habe mich diese Woche hindurch sehr glücklich gefühlt, gewissermaßen. Die Kameradschaft ist eine schnurrige Sache. Man putzt, schmiert, näht, redet dazwischen oder nicht, ganz ohne Rechenschaft zu schulden über Höflichkeit oder ihr Gegenteil, es gibt keinen Zwang außer dem zum allgemeinen Besten. Wer klug ist, teilt mit andern, nicht weil er dafür geliebt wird, sondern weil es stilgerecht ist, es ist die Form des Anstands, die hier gilt, wo sonst jeder nach seinen rüpelhaften oder ordinären Gewohnheiten lebt. Prachtvoll sind die Nächte, wenn sich die seufzenden Bedürftigen von ihrem Lager hochrecken wie Auferstehende, die tausend Jahre im Grabe gelegen haben. So schlurft es fast die ganz Nacht an den Füßen der Schlafenden vorbei wie eine Mischung von Dieben und Traumgestalten. Dann steht man draußen unterm Sternenhimmel und hat, was man sich vorgenommen hat. Über den niedrigen langen Barackendächern häufen sich die Sterne, dass man erschrickt. Fast den ganzen kaiserlichen Geburtstag habe ich in der Baracke zugebracht. Da drücken sich die Siebensachen, die man im Tornister mitschleppt, auf einem Regal, von dem einem ca. 75 cm zusteht, durcheinander, Brot, Butter, Wurst, Strümpfe, etwas Wäsche sonst, Stiefelputz- und Gewehrreinigungsdinge, Nähzeug, Seife, Handtuch, Zigarren, Zahnbürste na, kurz und gut, ich habe Aussicht, ein ordentlicher Soldat zu werden. Patrouillengehen im Stockfinstern wird wohl mein Talent sein, dafür habe ich eine Art Spürnase.« [25]

Auf einer Tafel am Museum in Hohenlockstedt wird an Barlachs Aufenthalt erinnert und dieser als bestimmend für sein weiteres Leben eingeordnet: »Aus diesem Erleben wuchs sein Widerstand gegen Krieg und Gewalt«.

Dass dies nicht allen so ging, zeigt der nächste Notgeldschein.

 
SH Hohenlockstedt Notgeld4 web2


Unser Erbe ist den Fremden zuteil geworden ist ein Zitat aus dem »Gebet des Volks in tiefster Erniedrigung« [26]:

»1 Gedenke, HERR, wie es uns geht; schau und sieh an unsre Schmach! 2 Unser Erbe ist den Fremden zuteilgeworden und unsre Häuser den Ausländern. 3 Wir sind Waisen und haben keinen Vater; unsre Mütter sind wie Witwen. 4 Unser Wasser müssen wir um Geld trinken; unser eigenes Holz müssen wir bezahlen. 5 Die Verfolger sitzen uns im Nacken, und wenn wir auch müde sind, lässt man uns doch keine Ruhe. 6 Wir mussten Ägypten und Assur die Hand hinhalten, um uns an Brot zu sättigen. 7 Unsre Väter haben gesündigt und leben nicht mehr, wir aber müssen ihre Schuld tragen. 8 Knechte herrschen über uns und niemand ist da, der uns von ihrer Hand errettet. 9 Wir müssen unser Brot unter Gefahr für unser Leben holen, bedroht von dem Schwert in der Wüste. 10 Unsre Haut ist verbrannt wie in einem Ofen von dem schrecklichen Hunger. 11 Sie haben die Frauen in Zion geschändet und die Jungfrauen in den Städten Judas. 12 Fürsten wurden von ihnen gehenkt, und die Alten hat man nicht geehrt. 13 Jünglinge mussten Mühlsteine tragen und Knaben beim Holztragen straucheln. 14 Es sitzen die Ältesten nicht mehr im Tor und die Jünglinge nicht mehr beim Saitenspiel. 15 Unsres Herzens Freude hat ein Ende, unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt. 16 Die Krone ist von unserm Haupt gefallen. O weh, dass wir so gesündigt haben! 17 Darum ist auch unser Herz krank, und unsre Augen sind trübe geworden 18 um des Berges Zion willen, weil er so wüst liegt, dass die Füchse darüber laufen. 19 Aber du, HERR, der du ewiglich bleibst und dein Thron von Geschlecht zu Geschlecht, 20 warum willst du uns so ganz vergessen und uns lebenslang so ganz verlassen? 21 Bringe uns, HERR, zu dir zurück, dass wir wieder heimkommen; erneure unsre Tage wie vor alters! 22 Auch wenn du uns ganz verworfen hast und über uns so sehr erzürnt warst.«

Die Illustration greift weitere Inhalte des Gebets auf (die trauernde Witwe/Mutter, die vom Kopf gefallene Krone) und das zerbrochene Schwert veranschaulicht die »tiefste Erniedrigung«, die Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrages.

Und mit ein wenig Phantasie kann auch erahnt werden, dass die Bewohner von Lockstedter Lager ihre Situation in dem Gebet beschrieben sahen:

»In den vergangenen Tagen wurden die ehemaligen Soldaten in Arbeitsgruppen eingeteilt, welche die Vorarbeiten für die Urbarmachung leisten sollen. Ihnen wurden die Gebiete um Ridders und Neubücken, Hohenfiert und Springhoe, Bücken und Hungriger Wolf zugewiesen. Das Abbrennen größerer Flächen mit Heidekraut ist in vollem Gange, Bäume werden gefällt, Wurzeln und Buschwerk gerodet. Bald wird mit dem Pflügen des Heidebodens begonnen, dazu setzt man Dampfpflüge ein, die mit achtscharigen Kippflügen den Boden umbrechen, und danach kommen Lokomotiven, die mit großen Eggen den Boden gerade ziehen. Eine vordringliche Arbeit ist die Entwässerung der vorhandenen Feuchtgebiete am Füsilierwald und Hohenfiert. Die Arbeiter haben einen Arbeitsvertrag, in dem ihnen ein Stundenlohn von 70 Pfennig zugesichert wird – nicht zugesichert wird ihnen die Aussicht auf eigenes Land.« [27]

Wer sein Leben durch dieses Gebet beschrieben sieht und sich wünscht: »erneure unsere Tage wie vor alters!«, der sieht sich als Opfer, der denkt nicht über eigene Schuld und Verantwortung nach, der braucht Schuldige.

 

Licht aus! Messer raus! Blut rühren

Der Winter 1916/17 war gekennzeichnet durch große Lebensmittelknappheit und Engpässe bei der Brennstoffversorgung und ging als sogenannter »Kohlrübenwinter« in die Geschichte des 1. Weltkrieges ein. Ende März 1917 demonstrierten über 17000 Beschäftigte der Werften in Kiel, um auf die katastrophale Lebensmittelversorgung aufmerksam zu machen und legten ihre Arbeit nieder, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Forderungen der Arbeiter nach besserer Lebensmittelversorgung stießen in Kiel auf taube Ohren und auch eine nach Berlin entsandte Delegation blieb erfolglos. Noch bevor die Delegation aus Berlin zurück war, wurde in Kiel bereits wieder gearbeitet, auch weil die Gewerkschaft die Streikenden nicht unterstützte, ging es doch schließlich nicht um verbesserte Lohn- oder Arbeitsverhältnisse. Auf der Germaniawerft in Kiel wurden erstmals Flugblätter mit der Forderung nach Frieden und Freiheit gefunden [28].

Im Juli 1917 beschloss eine Reichstagsmehrheit  (SPD, Zentrum, Fortschrittliche Volkspartei) eine Resolution, die einen »Verständigungsfrieden« ohne territoriale Ansprüche anstrebt. Die Reichsregierung und die Oberste Heeresleitung lehnten dies ab und beharrten auf einem »Siegfrieden« [29].

Ende Januar 1918 legten in Kiel erneut Beschäftigte der Werften die Arbeit nieder und beschlossen auf einer Kundgebung mit etwa 30000 Teilnehmern auf dem Wilhelmplatz einen Forderungskatalog, der  neben einer »Reform der Volksernährung« auch die Resolution aus dem Juli 1917 aufnahm. Wieder brach der Streik ergebnislos in sich zusammen, auch weil weder Gewerkschaft noch (M)SPD die Streikenden unterstützten [30].

Im Oktober 1918 kam es zum offenen Aufstand und Befehlsverweigerungen der Matrosen auf der SMS »Helgoland« und der SMS »Thüringen«; im November 1918 kam es zu dem Arbeiter- und Matrosenaufstand in Kiel, der schließlich die zweimalige Ausrufung der Republik in Berlin am 9.11.1918 nach sich zog.

In dieser Zeit kam ein ›Gesellschaftstanz für Klavier‹ heraus, dessen Text mit dem Kehrreim »Licht aus! Messer raus!« beginnt [31]. Aus diesem Kehrreim soll sich der Schlachtruf »Licht aus! Messer raus! Blut rühren!« entwickelt haben. In seinem Roman »Schöne Aussicht« [32] erwähnt auch Walter Kempowski diese Parole in leicht abgewandelter Form:

»Licht aus! Messer raus!
Drei Mann zum Blutrühren!
Statt eines Novemberlings, den man wahrlich gern getroffen hätte,
sehen sie nur eine Katze.« [33]

So »gelesen« ist dieser Notgeldschein ein reaktionärer Blick auf die Novemberrevolution. Den disziplinlosen Marinesoldaten (Gewehr nach unten, rauchend, sich ereifernd, ihre Wachaufgaben verletzend) gegenübergestellt die bedrohliche, reaktionäre Parole.

SH Hohenlockstedt Notgeld5 web2


Und wer beobachtet die Szene da am Zaun? Ist es »Einer-muss-ja-den-Bluthund-machen-Noske«? Daran lässt eine andere von Helmut Heißenbüttel überlieferte Variante der Parole denken: »Licht aus Messer raus Noske schmeißt mit Handgranaten« [34].

Der Volksbeauftragte für Heer und Marine und spätere Reichswehrminister Gustav Noske setzte einerseits Freikorps ein (Januaraufstand 1919, Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, Märzkämpfe in Berlin 1919, Niederschlagung von Räterepubliken in München und Bremen) und veranlasste andererseits die Auflösung der Freikorps im Februar 1920 (was zum Kapp-Lüttwitz-Putsch führte).

Die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung berichtet, dass am 25.3.1920 die »Kieler Marinebrigade v. Loewenfeld, zirka 1200 Mann stark, mit wehenden Fahnen und unter den Klängen von ›Heil dir im Siegerkranz‹« in Lockstedter Lager eingerückt sei [35]. Der Zeitungsbericht ist ungenau, da es sich nicht um die vollständige Marinebrigade, sondern um das »Detachement Claasen der 3. Marinebrigade von Loewenfeldt« [36] handelte, welches sich geschlagen und um seiner Entwaffnung zu entgehen aus Kiel zurückgezogen hatte [37] [38].

Weiter wurden Teile der Brigade Ehrhardt in Lockstedter Lager zunächst zur Demobilisierung untergebracht und später angesiedelt. So heißt es in einem Bericht vom 5.4.1920:

»Es liegen hier zurzeit nur das Detachement Claasen (Löwenfeldt) [37] und das Vorkommando der Brigade Ehrhardt [39]. Weitere Ehrhardt Truppen sind noch nicht angekommen. Es hat sich in einigen Kreisen, besonders der Arbeiterschaft, eine gewisse Unruhe bemächtigt und man befürchtet ein erneutes Vorgehen der Löwenfelder gegen die Regierung. Uns gegenüber haben sich die Führer der genannten Truppen des Öfteren als durchaus verfassungstreu bezeichnet und man muss doch annehmen, dass selbst, wenn sie es nicht wären, ein neuer Streich doch von vorne herein zwecklos und außerordentlich dumm wäre.« [40]

 

Arbeit – Friede – Brot  - - -  eingelöste Versprechen?

SH Hohenlockstedt Notgeld6 web2 
Am 16. Mai 1920 war zu lesen:

»Die Freikorps sollten auf Anordnung des Reichswehrministers Noske am 29. Februar 1920 aufgelöst werden. Dem 3. Kurländischen Infanterieregiment [41], Anfang März in Munsterlager untergebracht, war zu diesem Zeitpunkt bereits mitgeteilt worden, dass die Freikorps definitiv aufgelöst würden, wer nicht in die Reichswehr übernommen werde, könne vom Landwirtschaftsministerium als Arbeiter übernommen werden, um dann nach Schleswig-Holstein ins Lockstedter Lager verlegt zu werden. Die nicht Übernommenen wurden aus dem Soldatenstatus entfernt und in den Arbeiterstatus mit Arbeitsvertrag vom Landwirtschaftsministerium übernommen. Am 14. und 15. Mai kamen Teile des ehemaligen 3. Kurländischen Infanterieregiments und der Maschinengewehr Kompanie Württemberg unter der Führung der Offiziere Kiewitz, Freiherr von Schleinitz und Graf von Schwerin im Lockstedter Lager an, insgesamt spricht man von 500 Mann. Die Männer waren vom Munsterlager zum Lockstedter Lager geschickt worden, ohne dass es eine vorherige Absprache zwischen den Kommandanturen gegeben hatte. Im Lockstedter Lager waren alle bewohnbaren Unterkünfte belegt, nur die verwanzten und verlausten Baracken der Kriegsgefangenen waren noch frei und in diese wurden die Baltikumer eingewiesen. Die Siedlergemeinschaft hat sich vorerst den Namen Siedlungsgemeinschaft ›Kiewitz‹ gegeben.« [42]

Der Dreiklang »Arbeit Friede Brot« des Notgeldscheins [43] könnte eine Erinnerung an ein am 29.12.1918 zwischen August Winnig und dem ersten lettischen Ministerpräsidenten Karlis Ulmanis getroffenes Abkommen sein, dessen zweideutige Klauseln als ein Versprechen ausgelegt wurden, jeder »Baltikumer« würde ein Stück Land für seinen Kampf gegen den Bolschewismus erhalten [44]. Mit dem Unterschied, dass es dieses Stück Land nun nicht in Lettland, sondern in Schleswig-Holstein [45] gab.

Der Dreiklang erinnert aber auch fatal an ein von der »Antibolschewistischen Liga« in hoher Auflage verbreitetes Flugblatt:

»Das Vaterland ist dem Untergang nahe. Rettet es! Es wird nicht von außen bedroht, sondern von innen: Von der Spartakusgruppe. Schlagt ihre Führer tot! Tötet Liebknecht! Dann werdet ihr Frieden, Arbeit und Brot haben. Die Frontsoldaten.« [46]

Die zunächst nach dem Hauptmann Werner Kiewitz [47] benannte Siedlungsgemeinschaft gab nur scheinbar ihre Truppenstruktur auf. Kiewitz unterstanden nicht mehr 4 Kompanien, sondern vier ›Arbeitsgemeinschaften‹. Auch als das Preußische Landwirtschaftsministerium eine genossenschaftliche Organisationsform einforderte, änderte sich nur dem Namen nach etwas. Die Siedler gründeten »eine Zentralgenossenschaft, den ›Soldatensiedlungsverband ›Holstein‹‹, dem die vier Soldatensiedlungsgenossenschaften (SSG) ›Bromberg‹ (Ortsteil Bücken), ›Thorensberg‹ (Ridders), ›Hungriger Wolf‹ (Hungriger Wolf) und ›Württemberg‹ (Springhoe) unterstanden« [48]. Der Zentralgenossenschaft stand der ehemalige Bataillonsführer Kiewitz vor, den Soldatensiedlungsgenossenschaften die ehemaligen Kompanieführer.

Nach außen hin begann ein ›normales‹ Leben. Am 7. Juni 1920 veranstaltete die Soldatensiedlungsgenossenschaft »Württemberg« z.B. in Kellinghusen einen Ball. »Es soll eine Gelegenheit sein junge Fauen kennenzulernen, da es sich herum gesprochen hat, dass man verheiratet sein sollte, mindestens aber verlobt, wenn man sich hier um eine Hofstelle bewirbt.« [49]

Andererseits wurden bei Durchsuchungen im Juni und August 1920 verbotene Waffen und Munition in Lockstedter Lager gefunden und nach einem Bericht des »Hamburger Echo« hatte Hauptmann Kiewitz in einer Rede erfreut festgestellt, »daß es gelungen sei Sozialdemokraten und Demokraten restlos aus dem Verbande herauszuschmeißen. Es sei so freie Bahn geschaffen, und wenn der Bolschewismus komme, sei der Tag des Eingreifens gekommen. Erste Aufgabe sei es dann Schleswig-Holstein zu schützen, und dann – nach Erreichung dieses Zieles – werde die militärische Operation über Schleswig-Holstein hinaus ins Reich getragen werden können, um dem Lande eine Regierung zu geben, die sie wünschten, und die ihren Wünschen und Forderungen geneigt wäre« [50].

Diese Vorgänge zogen eine Untersuchung durch das Preußische Landwirtschaftsministerium und  am 31.8.1920 einen Besuch des preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD) nach sich, durch die die Siedler sich entlastet sahen:

»Die tendenziösen Alarmnachrichrichten des Berliner Tageblattes, seiner Gefolgschaft und eines Teiles der linksstehenden Presse haben die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf eine Anzahl Männer gerichtet, die auf weltabgelegenen Ödlandstrecken harte Kultivierungsarbeit leisten. ... ... Dem Umfang der Presseberichte und der Leidenschaftlichkeit ihres Tones nach zu urteilen, müsste es sich hier um eine Riesenorganisation handeln, die bezweckte, im früheren Truppenlager Lockstedt ein Heer zu bilden, um damit von Schleswig-Holstein aus gegen Berlin vorzurücken und einen blutigen Kampf zu führen gegen alles, was Demokrat oder Sozialdemokrat ist. ... ... Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab die ganze Haltlosigkeit der Behauptung des Hetzartikels, insbesondere auch in der Frage der Waffen – gegen den Willen von Vorgesetzten – von entlassenen Soldaten mitgeführt worden, aber nur aus Sorge, auf dem Transport ebenso überfallen zu werden, wie es dem Bataillon des Hauptmanns Berthold im März in Harburg geschah.« [51]

Gleichwohl wurden eine Woche nach dem Besuch drei Soldatensiedler in Itzehoe festgenommen als sie vier schwere, zwei leichte Maschinengewehre und 22 Infanteriegewehre verkaufen wollten [52].

Immer wieder wurden Verbindungen von »Soldatensiedlern« zu illegalen Waffengeschäften aufgedeckt. So wurde im Herbst 1923 ein Waffenlager in Lockstedter Lager ausgehoben [53].

Anfang 1923 ließ sich der ehemalige Polzeihauptmann Herbert Selle als Gast- und Landwirt in Lockstedter Lager nieder. Ab April 1924 leitete er die Sportschule Lockstedter Lager, aus der sich später die SA-Berufsschule »Lola I« entwickelte [54].

Unter den 29 Teilnehmern, die sich am 1. März 1925 zur Gründungsversammlung der NSDAP in Neumünster zusammen fanden, war auch ein Vertreter aus Lockstedter Lager [55].

Im Sommer 1925 trat Heinrich Schoene, der ein kleines Baugeschäft in Lockstedter Lager betrieb, in die NSDAP ein [56]. Schoene gilt als Gründer der »SA der Nordmark« [57]. Die SA des Lockstedter Lager beschreibt  Bodo Uhse [58] in seinem autobiographischen Roman »Söldner und Soldat« [59] wie folgt:

»Wohler fühlte ich mich, wenn der große, trotz seiner Jugend kahlköpfige Hannes Niemand mich in rascher Motorradfahrt in das Lockstedter Lager hinausnahm, das früher ein Truppenübungsplatz gewesen war, auf dem die Verlegenheit der Republik nach dem Kapp-Putsch die Reste der Brigade Ehrhardt angesiedelt hatte. Da die Siedler während einiger Jahre zunächst als Arbeiter auf dem von Millionen Kommißstiefeln niedergetretenen Sandboden unter mancherlei Entbehrungen – einer von ihnen soll in dieser Zeit verhungert sein – die Siedlungen selbst hatten errichten müssen, so hatte eine aus gemeinsamer Kriegs-, Putsch- und Hungerzeit geschaffene Tradition eine Gemeinschaft von eigenartigem Charakter geformt, unduldsam, landsknechthaft und bäurisch-schwerfällig. Die SA des Lockstedter Lagers war die kampferprobteste und erfahrenste Truppe in der Provinz. Sie wurde überall eingesetzt, wo es hart auf hart ging.«

Ende der 1920er Jahre befand sich in Lockstedter Lager die stärkste NSDAP-Ortsgruppe des Kreises Steinburg. Mehr als 25 Träger des Goldenen Parteiabzeichens, das nur an frühe Mitglieder verliehen wurde, lebten in Lockstedter Lager [60].

Ab 1934 begannen Planungen für eine  Heeresmunitionsanstalt (MUNA) in Lockstedter Lager; mit dem Bau wurde 1935 begonnen. Um 1942 hatte das Muna-Gelände eine Ausdehnung von ca. 150ha [61]. Der immense Bedarf an Arbeitskräften wurde auch durch Zwangsarbeiter gedeckt [62].

Nach dem 2. Weltkrieg empfand man den Begriff »Lager« als zu belastet [63]. Es kam 1956 »nach erbitterter kommunalpolitischer Auseinandersetzung« [64] zu einer Umbennung der Landgemeinde Lockstedter Lager in Hohenlockstedt.

Dem Namenswechsel passte sich nach und nach die Präsentation der eigenen Geschichte an. Das heutige Hohenlockstedt verweist auf seine »überregionale Bedeutung« [65], die es während des 1. Weltkrieges durch die Ausbildung von 1930 Finnischen Jägern bekam, von denen ein Teil ab Mai 1916 als Königlich-Preußisches Jäger-Bataillon Nr. 27 an der Ostfront eingesetzt wurde. Dabei ging es allerdings »nicht um finnische, sondern allein deutsche Interessen« wie Fritz Treichel unter Bezug auf Ludendorff anmerkt [66]. Um etwas über die restliche Geschichte zu erfahren, muss ins Dunkle geblickt werden.


Ganz im Sinne der Schlußstrophe des Dreigroschenfilms:

»Denn die einen sind im Dunkeln
Und die andern sind im Licht.
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht.« [67]


• Wir danken Ulf Evers sehr herzlich für seine »Notgeld-Moritat«. Die Geschichte von Lager Lockstedt ist schon sein vierter Beitrag für unsere Website. Er hat die Denkmalsanlage auch fotografiert und uns alle Bilder zur Verfügung gestellt. Die ersten Orte, die Ulf Evers kommentiert hat, sind:

Langwedel

Bordesholm

Hohenweststedt


....................................................................................................

Die Siedler

Ulf Evers hat uns gerade die Geschichte der »Soldatensiedler« beschrieben. Im offiziellen Narrativ Hohenlockstedts wird der Fokus allerdings auf den erfolgreichen Kartoffelanbau gelegt.


SH Hohenlockstedt Siedler Nightflyer WikimediaCommons Lizenz4 0 web
Nightflyer / Wikimedia Commons. >internationale Lizenz 3.0

2014 wurde der Gedenkstein im Rathauspark von Nachkommen der Siedler und der Kartoffelkönigin von Hohenlockstedt enthüllt. Denn, so stand es bei shz.de, »die Menschen aus dem Lockstedter Lager haben die Grundlage für eines der bedeutendsten Kartoffelanbaugebiete in Schleswig-Holstein geschaffen.« Achim Jabusch vom Verein Kultur und Geschichte betonte: »Mit diesem Stein möchten wir an alle Siedler und deren Familien erinnern, die in den Jahren 1920 bis 1926 unter schwierigsten Umständen den ehemaligen Truppenübungsplatz urbar gemacht und zur landwirtschaftlichen Fläche umgestaltet haben.«


....................................................................................................

Lockstedter Lager

... war ein als Truppenübungsplatz genutzter Gutsbezirk in Holstein, aus dem dann 1927 eine gleichnamige Gemeinde gebildet wurde. Der Truppenübungsplatz erreichte seine größte Ausdehnung gegen Beginn des 1. Weltkriegs, als er eine Fläche von etwa 60 Quadratkilometern umfasste, auf der bis zu 18.000 Soldaten stationiert waren.

Lagerplan, abfotografiert im Museum Hohenlockstedt


Hier wurde 1900 das deutsche Truppenkontingent für die Bekämpfung des sogenannten Boxeraufstandes in China aufgestellt, das unter der Führung von Alfred Waldersee stand. Ein kleiner bewaldeter Geestrücken trägt in Erinnerung daran den Namen Waldersee-Höhe.

Lesen Sie mehr im Bundesarchiv, Teil 6 »Boxeraufstand«


1920 – der Truppenübungsplatz sollte eigentlich den Bestimmungen des Versailler Vertrages entsprechend aufgelöst sein – wurden im Gutsbezirk Lockstedter Lager Teile der Brigade Ehrhardt angesiedelt, die noch kurz zuvor beim Kapp-Lüttwitz-Putsch die reguläre Regierung angegriffen hatte. Die angestrebte Entwaffnung und Entpolitisierung der antirepublikanischen und antisemitischen Rechtsverbände gelang nicht vollständig. Es wurden immer wieder Waffen bei den rechtsradikalen Siedlern gefunden. Als für die Abgabe von Waffen eine Belohnung gezahlt wurde, lieferten die ehemaligen Angehörigen der Brigade Ehrhardt aus ihren Beständen große Mengen. Aber das waren nur Teile ihrer Vorräte. Noch 1923 wurden bei Siedlern des ehemaligen Freikorpsverbandes große Bestände an Militärwaffen gefunden. Zudem waren viele der ehemaligen Soldaten nicht besonders geeignet für das entbehrungsreiche Siedlerleben. In der Folge war der Gutsbezirk immer wieder ein Stützpunkt und Zufluchtsort antirepublikanischer Rechtsverbände in Steinburg und auch ganz Schleswig-Holstein.

Lockstedter Lager gilt als Wiege der schleswigholsteinischen SA.

Ab 1936 wurde auf dem Teilgelände »Hungriger Wolf« offiziell ein Flugplatz für die neu aufgestellte Luftwaffe eingerichtet. Schon 1934 war auf dem Gelände von Lockstedter Lager die Heeresmunitionsanstalt (Muna) eingerichtet worden. Dieser Betrieb dehnte sich ständig aus. 1944 waren dort 4.000 Arbeitskräfte eingesetzt, darunter auch Zwangsarbeiter.

Nach Wikipedia, abgerufen am 20.7.2020

 

SH Hohenlockstedt Kommandantenhaus heute Rathaus Nightflyer WikimediaCommons Lizenz3 0 web
Nightflyer / Wikimedia Commons. >internationale Lizenz 3.0

Das ehemalige Kommandantenhaus von Lockstedter Lager, heute Rathaus von Hohenlockstedt.

Schleswig Holstein Hohenlockstedt NIK 9020 web
Nightflyer / Wikimedia Commons. >internationale Lizenz 3.0


Tafel am Rathaus: Null Informationen zu der Zeit zwischen 1927 und 1956, kein Wort zum NS-Schulungsstandort Lockstedter Lager.

.................................................................................................... 

1905: Sorge um die sittliche Bewahrung

In den Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck erscheint 1905 Artikel über die Notwendigkeit sittlicher Bewahrung und geistiger Stärkung der Soldaten im Lockstedter Lager u.a. durch spielen (ohne Geld) und feiern (ohne Alkohol). Das soll durch den Bau eines Soldatenheims erreicht werden.

SH Hohenlockstedt Waschtag 1905 web

• Große Wäsche im Lager

Pastor von Bodelschwingh hält eine Rede vorm preußischen Abgeordnetenhaus: »Unsere Armee ist eine prachtvolle Schule der Zucht und der Ordnung, aber sie ist noch keine Hochschule der Sittlichkeit. Ich freue mich sehr, wie so tapfer Se. Majestät unser Kaiser jüngst wieder eingetreten ist gegen Soldatenmißhandlungen. Aber die Mißhandlungen, die mit der Faust geschehen, sind die schlimmsten nicht. Es gibt viel schlimmere. Mancher junge Sohn geht unter die Soldaten und hat ein frommes, keusches Herz mitgebracht, und wie kehrt er heim? Da müssen wir also auch kräftiger sorgen durch Soldatenheime, gute Bibliotheken und alles was dahin gehört.«

Vaterstädtische Blätter von 1905

 
....................................................................................................

Inszenierte Fotos

Auf der Website des Witzwort-Archivs fanden wir dieses Foto:

SH Hohenlockstedt Luftbild web


Dazu steht der Text: »Diese Postkarte stammt noch aus Friedenszeiten. Reservist Alberts schickt sie aus dem Lockstedter Lager am 16. April 1913 und schreibt: ›Die besten Grüße von einer Fahrt in den Lüften sendet Reservist Alberts‹.

Man ist zunächst verblüfft – ein aufwändiges Luftbild! Und das in einer Zeit, in der es noch keine Digitalfotografie und keine Bildbearbeitungsprogramme gab. Bei genauem Hinsehen erkennt man den Trick: Die untere Hälfte des Bildes ist vor ein Gerüst geklebt, auf dem die Männer stehen. Die obere Hälfte liegt hinter den Personen. Aus dem richtigen Blickwinkel fotografiert, entsteht so im Fotoatelier ein ›Luftbild‹.«

Leben im 1. Weltkrieg in Witzwort

Im Fotoalbum meiner Familie fand ich (Marlise Appel) diese Postkarten:

SH Hohenlokstedt Karte vorne 1913 web


Mein Opa Wilhelm (in der Mitte) war also im gleichen Friedensjahr im Lockstedter Lager zur soldatischen Ausbildung. Auf dem Foto wird eine gemütliche Biergartenrunde simuliert. »Gruß aus dem Luftkurort Lockstedter Lager 1913« lautet die ironische Botschaft. Er schrieb sie an seinen älteren Bruder Heinrich, der in Thorn, an der Ostgrenze des Reichs, stationiert war.


SH Hohenlokstedt Karte hinten 1912 web


Schon 1912 hatte er eine Karte an seinen jüngeren Bruder Otto geschrieben, der als Gefreiter in Ostpreußen lebte. »Soldatenkarte« steht über dem Poststempel. Dass keine Briefmarke nötig war, erklärt vielleicht die Flut von Postkarten, die von den Soldaten verschickt wurden. Und dann freute man sich natürlich über witzig inszenierte Fotos.

Otto kam 1915 an der Westfront ums Leben.

....................................................................................................

Gedenken an den Auszug 1917

»Ewig lebt der Toten Tatenruhm« – dieses Zitat aus dem nordischen Heldenepos »Edda« (76. Strophe der Hávamál) steht auf dem Gedenkstein zum Auszug der Soldaten »aus dem Lockstedter Lager ins Feld«. Vollständig heißt die Strophe: »Besitz stirbt, Sippen sterben. Du stirbst wie sie. Eins weiß ich, was ewig lebt: der Toten Tatenruhm.«

SH Hohenlockstedt 1WK Nightflyer Wikimedia Commons Lizenz3 0 web
Nightflyer / Wikimedia Commons. >internationale Lizenz 3.0

Das Zitat ist auch heute eines der beliebtesten bei Nazis, Burschenschaften und anderen rechten Gruppen. Es wird verwendet für Kranzschleifen zum Volkstrauertag, Sticker, Poster und T-Shirts, zu kaufen auf Websites von Neonazis bis Amazon. Ein martialisches Beispiel:

SH Hohenlockstedt Shirt web

 
.................................................................................................... 

Die SA-Berufsschule »Lola I«

Lockstedter Lager gilt als Wiege der schleswigholsteinischen SA (Sturmabteilung), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP. Ab 1929 gab es dort eine »Volkssportschule« für die SA und andere rechtsextreme Verbände, die mit Unterstützung des von General Kurt von Schleicher gegründeten Reichskuratoriums für Wehrertüchtigung als Wehrsportschule fungierte und im großen Umfang paramilitärische Ausbildung durchführte. Der Leiter dieser Wehrsportschule war der Offizier der Schwarzen Reichswehr Herbert Selle, der gleichzeitig der SA angehörte und schon 1920 in die NSDAP eingetreten war. In den 1930er Jahren ging die Schule auch offiziell in den Besitz der NSDAP über. Zuerst fungierte sie als Geländesportschule, ab 1935 nannte sie sich SA-Sportschule. Später kam eine »Umschulungseinrichtung« der SA dazu – das SA-Hilfswerklager Nordmark, später SA-Berufsschule. Neben diesen Maßnahmen zur Disziplinierung und Umerziehung von Andersdenkenden, politischen Gegnern und Langzeit-Arbeitslosen, absolvierten auch viele Funktionäre der schleswigholsteinischen Nationalsozialisten paramilitärische Kurse in Locksteder Lager.

SH Hohenlockstedt SA Schule web
Gemeinsames Archiv der Stadt Itzehoe und des Kreises Steinburg, Itzehoe

Schultor mit Wachhäuschen in der Nazizeit


Lesen Sie den ausführlichen Beitrag von Carsten Schröder »Der NS-Schulungsstandort Lockstedter Lager. Von der ›Volkssportschule‹ zur SA-Berufsschule ›Lola I‹«. Er ist 2000 im Heft 37 der Informationen zur schleswig-holsteinischen Zeitgeschichte (ISHZ) des AKENS (www.akens.org) erschienen. Wir danken Kay Dohnke für die Genehmigung, den Beitrag hier zur Verfügung stellen zu dürfen.

Carsten Schröder »Der NS-Schulungsstandort Lockstedter Lager«

.................................................................................................... 

Die Finnischen Jäger

»Das kaiserliche Deutschland versuchte inmitten des ersten Weltkrieges durch Ausbildung finnischer Unabhängigkeitskämpfer die russische Zarenherrschaft zu schwächen«, schreibt Martin Krieger in seinem opulenten Buch »Die Ostsee, Raum – Kultur – Geschichte«.

»Am 26. Januar 1915 fiel in Berlin eine denkwürdige Entscheidung: Um die ›Sympathie Deutschlands mit Finnland zu beweisen‹, sollte finnischen Jugendlichen ›aus guter Familie‹ die Möglichkeit geboten werden, nach Deutschland zu kommen, sich ›mit der Kulturhöhe und dem militärischen Geist Deutschlands‹ bekannt zu machen und die Fähigkeit zu erwerben, im Falle eines aktiven Vorgehens Schwedens gegen Russland oder eines selbständigen finnischen Aufstandes militärische Aufgaben zu erfüllen. Die Entscheidung, Finnen militärisch zu schulen, erfolgte auf Ersuchen des radikalsten Flügels der finnischen nationalen Bewegung, fügte sich aber auch nahtlos in das seit Kriegsbeginn von der Reichsleitung zielstrebig verfolgte Konzept, die inneren Widersprüche im russischen Imperium und im britischen Empire zu schüren und im Interesse der deutschen Kriegführung zu nutzen. Vor 1914 war von amtlicher deutscher Seite nicht das Geringste geschehen, um durch eine Intervention in Petersburg das Los der Finnen zu erleichtern. Auch der neue Kurs war kein uneigennütziger Sympathiebeweis, sondern ein unter Einsatz erheblicher Mittel betriebener Versuch, finnische Selbständigkeitsbestrebungen für die eigenen strategischen Zwecke einzuspannen.«

Preußische Jäger und finnische Generäle, Prof. Dr. Manfred Menger, Deutsch-Finnische Rundschau Nr.119, Dezember 2003, Seite 40f

 

Mit diesem Wissen betrachten wir nun das Denkmal für die finnischen Jäger und seine militaristische Traditionspflege bis heute. Es wurde vom Bildhauer und ehemaligen finnischen Jägerleutnant Lauri Leppänen gestaltet. Zunächst wurde es in Finnland der Öffentlichkeit vorgestellt und dann am 31. Mai 1939 – dem Jahrestag des Bataillons-Aufbruchs an die Ostfront – in Lockstedter Lager eingeweiht.


SH Hohenlockstedt Jaeger vorne web


Um das Relief eines Soldaten in kompletter Jägermontur steht die Inschrift:

DAS MÄCHTIGE DEUTSCHLAND NAHM FINNLANDS JUNGE MÄNNER AUF UND ERZOG SIE IN SEINEM RUHMREICHEN HEERE ZU SOLDATEN


SH Hohenlockstedt Finnen und 1WK2


Auf der Rückseite ist das Relief eines Jägers in finnischer Uniform auf Skiern zu sehen. Drumherum steht:

ZUR BEFREIUNG DES VATERLANDES ERHOB SICH FINNLANDS JUGEND ZU BEGINN DES WELTKRIEGES UND GING IN DIE FREMDE UM DORT DAS WAFFENHANDWERK ZU ERLERNEN


Auf der linken Seite ist eingraviert:

Zum Andenken an das Königl. Preussische Jägerbataillon 27, das 1915–16 im Lockstedter Lager aufgestellt und ausgebildet wurde und 1916–17 an der Ostfront Schulter an Schulter mit deutschen Truppen kämpfte, um dann entscheidend an dem finnischen Befreiungskrieg teilzunehmen errichtete diese Denkmal ITSENÄISYYDEN LIITTO (die Finnische Unabhängigkeitsliga)


SH Hohenlockstedt Finnen Wappen web2


Auf der rechten Seite steht auf finnisch unter dem finnischen Wappen, hier in der deutschen Übersetzung wiedergegeben:

Zum Gedenken an das Finnische Jägerbataillon wurde dieses Denkmal aufgestellt von der Finnischen Unabhängigkeitsliga



SH Hohenlockstedt Jaegerleutnant und Bildhauer Lauri Leppaenen Museum Hohenlockstedt web


Dieses Bild haben wir im Mueum Hohenlockstedt fotografiert. Die Beschreibung lautet: »Jägerleutnant Lauri Leppänen in seinem Atelier und auf dem Fahrrad als Marschführer seiner Kompanie« – eine etwas verwirrende Collage. Auf dem einkopierten Foto sind die zwei Soldatendarstellungen des »Jägerdenkmals« nebeneinander zu sehen.


1995 wurde die deutsch-finnische Reservistenverbindung gegründet. Auf der Website des Reservistenverbandes wird vom Treffen am »Finnentag« 2019 berichtet: »... bis in die frühen Morgenstunden wurden gemeinsam begleitet von Akkordeonklängen die alten Soldatenlieder gesungen ...«.

Link zur Reservistenseite: »Finnentag bei Kaiserwetter«


2019 im Februar wurde in Hohenlockstedt einmal mehr der »Finnentag« begangen. Prominente Gäste aus Finnland und Estland würdigten zusammen mit Vertretern aus der Region die jungen Finnen, die 1915 ihre militärische Ausbildung im Lockstedter Lager erhalten hatten. »Die Wiege der finnischen Armee liegt im Lockstedter Lager«, sagte Bürgermeister Wolfgang Wein, »aus der Gruppe der finnischen Jäger sind 50 Generäle und 850 Offiziere hervorgegangen«.

Hier der Link zum kompletten Beitrag auf JUNGLE.WORLD

 

Der Autor Georg Blum kritisiert die militaristische Traditionspflege an den »Finnentagen« in Hohenlockstedt, die offen ist für rechtsradikales Gedankengut. Er fordert den Kulturverein und das von ihm betreute Museum in Hohenlockstedt auf, sich der historischen Wahrheit zu stellen.

Georg Blum: »Traditionspflege für Bürgerkrieg und Massenmord«


.................................................................................................... 

»Siegfried Stellung«

Wilhelm Haase hat sein Leben im 1. Weltkrieg an der Siegfried Stellung verloren. Was ist damit gemeint?

SH Hohenlockstedt Siegfriedstellung web


Einige kennen vielleicht noch das Lied »We're Going to Hang out the Washing on the Siegfried Line« (deutsch: Wir hängen unsere Wäsche an der Siegfriedlinie raus). In dieser Parodie aus der Zeit des 2. Weltkriegs wurde die Verteidigungskraft der Deutschen Wehrmacht aufs Korn genommen. »Line« bedeutet im Englischen sowohl »Linie« als auch »Wäscheleine«. Siegfriedlinie nannten die Deutschen damals ein System aus Bunkern und Verteidigungsstellungen an der Westfront.

Im 1. Weltkrieg war der Name das erste Mal verwendet worden. Nach enormen Materialschlachten und hohen Verlusten an Soldaten waren die deutschen Armeen 1917 an der Westfront in eine bedrohliche Lage gekommen. Darum wurden die Truppenteile zusammengezogen und die Front zurückverlagert zu einer bereits 1916 angelegten Verteidigungslinie, der »Siegfried Stellung«. Sie wurde auf rund 150 km Länge ausgebaut. 510.000 Tonnen Kies und Schotter, 110.000 Tonnen Zement, 20.000 Tonnen Rundeisen, 12.500 Tonnen Stacheldraht und mehr als 26.000 kriegsgefangene Arbeiter brauchte man dafür.

Beim Rückzug unter dem Decknamen »Alberich« verwüsteten die deutschen Truppen systematisch das Land.

Ernst Jünger schreibt in seinem Buch »In Stahlgewittern« – er hatte dort als »Zerstörungsoffizier« gedient: »Bis zur Siegfriedstellung war jedes Dorf ein Trümmerhaufen, jeder Baum gefällt, jede Straße unterminiert, jeder Brunnen verseucht, jeder Flusslauf abgedämmt, jeder Keller gesprengt oder durch versteckte Bomben gefährdet, jede Schiene abgeschraubt, jeder Telefondraht abgerollt, alles Brennbare verbrannt; kurz, wir verwandelten das Land, das den vordringenden Gegner erwartete, in eine Wüstenei.«

Frankreich ließ Ansichtskarten der vernichteten Orte, Kirchen, Schlösser und Landschaften drucken. Die ganze Welt verurteilte die Deutschen als Barbaren, wie schon 1914 beim Überfall auf das neutrale Belgien mit Massakern an der Zivilbevölkerung.

Als eine letzte von General Ludendorff geplante Offensive scheiterte, schloss das Deutsche Reich am 11. November 1918 einen Waffenstillstand.

Auch für die umfassenden Zerstörungen stellten die Franzosen hohe Reparationsforderungen an das Deutsche Reich.


Das »Unternehmen Alberich« in Spiegel Geschichte 2017

 

....................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
• 
Das Denkmal kommentiert von Ulf Evers
Die Namenstafeln
Die Sanierung 2002
Die Notgeldserie
Der Rütlischwur – einzig oder einig Volk?
Frühe Bilder
Doppeleichen
Die Kanone aus China
Das grüne Kuppeldach
Der Bildhauer Alwin Blaue

....................................................................................................

Hohenwestedt, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Im Park Wilhelmshöhe an der Tannenbergallee

Schon der Name der Straße zeigt es auf: In der Anlage wird der Soldaten des 1. Weltkriegs gedacht. Die Schlacht bei Tannenberg im ersten Kriegsjahr 1914 endete mit einem Sieg der deutschen Truppen und der Zerschlagung der ins südliche Ostpreußen eingedrungenen russischen Kräfte. Man gedenkt hier immer noch lieber des Siegs am Anfang als der »Schmach« am Ende.

Das Kriegerdenkmal wurde gebaut für die toten Soldaten im Kirchspiel Hohenwestedt mit den Dörfern Grauel, Rade, Mörel, Heinkenborstel, Vaasbüttel, Tappendorf, Nindorf, Remmels, Nienborstel, Wapelfeld, Jahrsdorf, Peissen, Silzen und Glüsing. Die Denkmalsanlage in Form eines runden Burgwalls wird beschrieben von unserem ehrenamtlichen Mitarbeiter Ulf Evers.


Seinen Text mit den Anmerkungen / Fußnoten finden Sie hier

 

Unter einem Dach aus Laub

Zwischen Tannenbergallee und Parkstraße befindet sich in einer Parkanlage in Hohenwestedt das wohl größte nach dem 1. Weltkrieg errichtete Kriegerdenkmal in Schleswig-Holstein [1].

Heutige Besucher_innen werden sich dem Denkmal in der Regel von der Kieler Straße aus nähern.


SH Hohenwestedt Kielerstrasse web

 
Von der Einweihung des Denkmals 1921 bis Ende der 1950er Jahre befand sich der Hauptzugang gegenüberliegend, also vom heutigen Sportplatz aus.


SH Hohenwestedt Eingang Sportplatz web


Geplant wurde das Denkmal in ein Ende des 19. Jahrhunderts angelegtes Naherholungsgebiet hinein. Eine »Anpflanzungs-Genossenschaft« hatte 1889 damit begonnen, mehr als 15.000 Jungbäume zu pflanzen. Zu Ehren Kaiser Wilhelm I. wurde der Park »Wilhelmshöhe« genannt [2].

Bei den Überlegungen zu einem Kriegerdenkmal für das Kirchspiel Hohenwestedt ließ man sich vermutlich von ähnlichen Gedanken leiten, wie dies im gleichen Jahr die Bordesholmer taten:

»Ueberall im Lande hat man nun begonnen, das Andenken der Kriegstoten zu ehren. Die einfachste Form ist die Aufstellung von Gedächtnissteinen und Kreuzen auf dem Friedhof. Aber das sollte eigentlich nicht genügen. Denn die Helden des Kirchspiels haben ein Anrecht auf eine gemeinsame Ehrung, auf ein gemeinschaftliches Mal des Gedenkens. Und da geht unsere neue, schöpferische Zeit ganz andere Wege als die Vergangenheit. Nicht toter Stein und totes Eisen halten das Andenken an die Helden fest, sondern die Schöpfer der Krieger-Gedächtnisstätten nehmen mit feinem Instinkt für die künstlerischen Werte des lebendigen Schmuckes die Natur in ausgedehntem Maße zu Hilfe. Und so sind auf und ab im Lande Ehrenhaine und Gedächtnisstätten von wunderbarer Harmonie und Schönheit entstanden, Stätten der Andacht und der Feierlichkeit, mit denen sich einzelne mehr oder weniger geschmackvolle Ehrenmale auf den Kirchhöfen niemals werden vergleichen lassen.« [3]

Um die »künstlerischen Werte des lebendigen Schmuckes der Natur« zur Geltung zu bringen, wurde der Berliner Gartendirektor Albert Brodersen, der in Hohenwestedt aufgewachsen war,  für die Planung des Denkmals gewonnen. [4]

Nachdem die zum ehemaligen Kirchspiel Hohenwestedt gehörenden Gemeinden [5] sich verpflichtet hatten, Eigenleistungen beim Bau einer zentralen Gedenkstätte zu erbringen, wurde am 14.09.1920 mit dem Bau des Denkmals begonnen. [6]

Das Denkmal wurde im Laufe der Zeit stark verändert, nichtsdestotrotz ist ihm anzumerken, dass es von einem erfahrenem Landschaftsgärtner entworfen wurde. Landschaftsgärtner denken in langen Zeitabschnitten und wissen, dass sich die Wirkung ihrer Planungen erst im Laufe vieler Jahre entfaltet, deshalb wirkt das Denkmal heute sicher anders als bei seiner Einweihung im Juli 1921.


SH Hohenwestedt Hist Karte Verlag B Petsch 1941
Verlag B. Petsch, Hohenwestedt, 1941  


Auf einem aufgeschütteten Hügel befindet sich das aus vermauerten Feldsteinen bestehende Denkmal. Es erinnert an einen Ringwall, eine Fliehburg, deren Schutzmauer von zwei getreppten Aufgängen unterbrochen wird. In  die Pfeiler, die wie Zinnen wirken, wurden Platten eingemauert, auf denen – geordnet nach den zum Kirchspiel gehörenden Gemeinden – die Namen derjenigen verzeichnet sind, die im Krieg ihr Leben ließen – oder um es prosaischer auszudrücken, die die Verteidigung des sich im Innern der Befestigungsanlage befindlichen mit ihrem Leben bezahlten. Für die Anbringung von Gedenkkränzen befindet sich an jeder Platte ein kleiner Haken.

Zwischen den Zinnen befinden sich Hecken, die den Blick ins Innere der Befestigungsanlage verwehren. Hinter den Hecken, also in die Lücken der Zinnen gepflanzt, befinden sich achtzehn Linden (»Kein schöner Land in dieser Zeit, als hier das unsre weit und breit. Wo wir uns finden wohl unter Linden zur Abendzeit.«)

Im Februar 1921 ließ Brodersen eine Doppeleiche in die Mitte der Denkmalsanlage pflanzen. Das war in mehrfacher Hinsicht ein Symbol von hoher tagespolitischer Strahlkraft.

Mit der Doppeleiche (up ewig ungedeelt [7]) wird die Abtretung Nordschleswigs nach der Volksabstimmung im Jahr zuvor schmerzlich in Erinnerung gerufen. Angesichts des »deutsch-dänischen kulturellen Freundschaftsjahres 2020« [8] ist heute glücklicherweise nur noch schwer vorstellbar, wie aufgeheizt die Stimmung war. Wer jedoch wie ich die Bezeichnung »Speckdänen« meiner Großmutter im Ohr hat, die sich nie vorstellen konnte, dass die Nordschleswiger sich in der Abstimmung aus anderen als eigennützigen Gründen für die Zugehörigkeit zu Dänemark entschieden, der weiß, wie nachhaltig eine Generation von diesen Auseinandersetzungen geprägt wurde.

Darüber hinaus ist die so ins Zentrum gepflanzte Doppeleiche auch als Zeichen gegen die im Januar 1921 stattgefundene Ratifizierung des Versailler Friedensvertrages zu verstehen, besiegelte dieser doch auch die territorialen Abtretungen.

Das Denkmal stellt aber auch eine Versinnbildlichung der letzten Strophe des Schleswig-Holstein-Liedes dar: »Teures Land, Du Doppeleiche, unter einer Krone Dach, stehe fest und nimmer weiche, wie der Feind auch dräuen mag! Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!«

Die Feldsteinmauer wehrt den andräuenden Feind ab und in der Mitte steht fest und nimmer weichend das stammverwandte Schleswig-Holstein.

Wobei das »nimmer weiche« auch durch die verwendeten Materialien ausgedrückt wird: die Feldsteine, die bis zu tausend Jahre alt werdenden Linden und die mindestens genauso alt werdende Eiche.

Einen besonderen gärtnerischen Clou stellt die Auswahl der Bäume dar. Linden wachsen etwas schneller und höher als die Eiche; die Kronen der Linden bilden einen Kranz durch den in der Mittagszeit um Mittsommer herum das Licht auf die Eiche gefallen wäre, ...


SH Hohenwestedt Baumloch web


... hätte man nicht in den 1950er Jahren die Konzeption des Denkmals nachhaltig verändert.

Aber bleiben wir zunächst einmal in den 1920er Jahren und bei der ursprünglichen Form des Denkmals.

Das Denkmal ist den »gefallenen Söhnen« des Kirchspiels Hohenwestedt gewidmet.

Wer denkt bei dem Wort »Gefallener« an Szenen wie sie Wilfred Owen in einem Gedicht beschrieb: »Wenn Du nur einmal in würgendem Traum / Hinter dem Karren gingst, auf den wir ihn geworfen / Die weißverdrehten Augen sähst, auf dem Gesicht den Schaum, / Sein hängendes Gesicht wie eines Teufels krank vom Sündenschorfen, / Und hörtest du, wie ihm das Blut bei jedem Stoß / Gurgelnd aus schaumverstopften Lungen quillt, / Obszön wie Krebs und bitter wie ein fetter Kloß«. [9]  Kerstin Klingel [10] hat den in dem Begriff »Gefallener« verborgenen Euphemismus entlarvt, mit »dem über die Realität des Sterbens in den Materialschlachten« hinweggetäuscht werden sollte.

SH Hohenwestedt Eingang Sportplatz naeher web 
Wer von dem Sportplatz aus die Treppen hochsteigt, dem fallen zwei eingemauerte Tafeln auf.


SH Hohenwestedt Schiller web


Auf der rechten Tafel wird ein Vers von Friedrich Schiller aus dem Rütlischwur [11] mit Namen und Sterbedaten von Soldaten verbunden. Das war so zu lesen, dass die Verbundenheit über den Tod hinaus andauert und zur Verpflichtung der Überlebenden, der nachfolgenden Generationen wird. Und wer sich erinnert, wie der Schwur weitergeht: »Wir wollen frei sein wie die Väter waren, Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben«, sieht hier den Auftrag, die Niederlage in einen Sieg zu wandeln.


SH Hohenwestedt Johannes web2

 

Mit der linken Tafel wird der Soldatentod auf perfide Weise religiös glorifiziert. Der Soldatentod wird in den Rang eines Erlösungsopfers erhoben und als größtmöglicher Liebesbeweis gewertet. [12] [13]

Das Kirchspiel Hohenwestedt war in den 1920er Jahren ein äußerst fruchtbarer Boden für völkische Ideologien. In Hohenwestedt und Vaasbüttel wurden 1924 und 1925 »Nordmarkthings« mit tausenden von Uniformierten abgehalten. 1924 gründete sich in Hohenwestedt eine Ortsgruppe »deutschvölkisch denkender Männer«; 1925 eine Ortsgruppe der NSDAP [14]. Wilhelm Hamkens lebte dort und hatte eine Rechtsanwaltskanzlei in Hohenwestedt, war zunächst NSDAP-Kreisleiter und brachte es später bis zum Regierungspräsidenten in Schleswig Holstein. Die Führer der verschiedenen völkischen Gruppen zerstritten sich nachhaltig in einer Auseinandersetzung um eine im Chinakrieg (1900) erbeutete Kanone, die auf einem Sockel am Kriegerdenkmal für das Kirchspiel Hohenwestedt aufgestellt und im Januar 1925 geweiht werden sollte. Infolge der Zwistigkeiten wurde die Weihe kurzfristig durch den Kriegerverein Hohenwestedt, der die treibende Kraft bei der Errichtung des Kriegerdenkmals gewesen ist, abgesagt und von der völkischen Vereinigung »Werwolf« nach Vaasbüttel verlegt. Der bereits gemauerte Sockel für die Kanone wurde wieder abgebrochen. [15]

Diese Episode könnte eigentlich unter den heute bedeutungslosen Streitereien völkischer Gruppen verbucht werden, würde sich nicht die »Hohenwestedter Schützengilde von 1836« vergeblich darum bemühen, die Kanone, die sich heute in Laboe befinden soll, nach Hohenwestedt zu holen, um die »Feuerkraft der Schützengilde zu erhöhen«. [16]

Die vorhandene Kanone hat die Schützengilde auf eine mit dem Schriftzug »up ewig ungedeelt« versehene Lafette montiert. Der Stückmeister und der Stückknecht feuern mit der Kanone am Gildetag 25 Salutschüsse ab und man rollt die Kanone durch die Straßen Hohenwestedts zum Kriegerdenkmal, eine Hundertschaft der Gildemitglieder bezieht Stellung und singt die erste Strophe des Schleswig-Holstein-Liedes. [17]  

Im besten Fall wird so alljährlich ein folkloristischen Event aufgeführt, das die Geschichte ignoriert.

Als in den 1950er Jahren das Bedürfnis bestand, der Gefallenen und Vermissten des 2. Weltkrieges zu gedenken, wurden in Hohenwestedt andere Wege beschritten als in vielen anderen Gemeinden. Aus Kostengründen, aber auch weil eine große Unsicherheit bestand, wie der Toten zu gedenken sei, wurde vielfach vorhandenen Denkmälern ein Gedenkstein hinzugesellt.

Nicht so in Hohenwestedt. Hier wurde die Konzeption des vorhandenen Kriegerdenkmals verschlimmbessert. Die Doppeleiche wurde aus der Mitte der Denkmalsanlage entfernt und der Bildhauer Alwin Blaue mit der Planung eines Denkmales beauftragt.

SH Hohenwestedt Do Eiche web 

Außerhalb der Denkmalsanlage steht heute eine Doppeleiche, gut möglich, dass es sich um die aus der Mitte des Denkmales entfernte handelt.

SH Hohenwestedt Do Eiche2 web 

Alwin Blaue hatte zwar in den 1930er Jahren auch bei der Ausgestaltung von Kasernen mitgewirkt und die nationalsozialistischen Vorgaben umgesetzt, galt aber als »unverdächtig«, weil er aus bislang ungeklärten Gründen 1940 mit einem Berufsverbot belegt wurde. [18]

Der von Blaue entworfene Granitsockel mit Eichenkranz wurde 24.07.1955 eingeweiht.

SH Hohenwestedt Alwin Blaue web


Der Eichenkranz stellt einerseits einen Verweis auf die entfernte Doppeleiche dar und ehrt andererseits die Vermissten und Gefallenen. Kriegs- und andere Verbrechen werden ebenso überdeckt wie Fragen nach Schuld und Verantwortung. Ein Jahr nach der ersten Wehrnovelle zum Grundgesetz, kurz nach der Verabschiedung des »Freiwilligengesetzes« und der Vereinbarung gegenseitiger Verteidigungshilfe zwischen USA und Bundesrepublik und kurz vor Aufstellung der Bundeswehr [19] entsprach dies durchaus dem Zeitgeist.

Wäre spätestens bei der Sanierung des Denkmals 2002 in die Mitte der Denkmalsanlage ein Gedenkstein für die Opfer des nationalsozialistischen Deutschlands gesetzt worden, hätte dies die Aussage des Denkmals positiv verändern können. Ein Gedenkstein, der laut Aussage der »Hohenwestedter Schützengilde von 1836« ausschließlich der »Gefallenen und Vermissten« gedenken soll, lässt eher glauben, dass die aus der deutschen Geschichte erwachsende Verantwortung ignoriert wird.


SH Hohenwestedt Schuetzengilde informiert web


• Wir danken Ulf Evers sehr herzlich für seine Kommentierung. Er hat die Denkmalsanlage auch fotografiert und uns alle Bilder zur Verfügung gestellt. Die Denkmalsanlage in Hohenwestedt ist schon der dritte Ort, den er für uns beschrieben hat. Die ersten beiden sind:

Langwedel

Bordesholm


....................................................................................................

Die Namenstafeln

In die runde Umfassungsmauer sind 16 Tafeln in verschiedenen Größen mit insgesamt 284 Namen eingelassen. Alle Tafeln sind einheitlich gestaltet: die Grossbuchstaben und Zahlen sind ochsenblutfarben in gleicher Schrift, Linien trennen die Spalten. Unter jeder Tafel ist ein Metallhaken für einen Kranz angebracht.

Es werden Vor- und Familiennamen genannt, der Todestag und der Todesort. Die Listen sind nach den Familiennamen alphabetisch geordnet.

Warum einige Namen zu den Inschriften

Für Hohenwestedt sind zwei große Namenstafeln eingelassen worden. Auf der ersten werden die Namen von A bis Ku genannt, auf der zweiten merkwürdigerweise von Ko bis Z. Womöglich war nur auf der ersten Tafel Platz für zwei Nachträge mit Ku, Karl und Ludw. Kutscher.

Die Dörfern Grauel, Rade, Mörel, Heinkenborstel, Vaasbüttel, Tappendorf, Nindorf, Remmels, Nienborstel, Wapelfeld, Jahrsdorf, Peissen, Silzen und Glüsing haben jeweils eine Tafel. Wir zeigen drei Beispiele:


SH Hohenwestedt Hohenwestedt1 web2


SH Hohenwestedt Gluesing web


SH Hohenwestedt Nienborstel web

 

Und hier noch ein Foto vom Aufgang zum Inneren des »Burgwalls« mit der Widmung für all die toten Soldaten des 1. Weltkriegs:

SH Hohenwestedt Kieler Strasse Pelz Wikimedia Commons web
Pelz / Wikimedia Commons

In ebenso roter Schrift, wie schon auf den Namenstafeln verwendet, steht dort links:

DAS KIRCHSPIEL HOHENWESTEDT
1914

und rechts vom Durchgang:

SEINEN GEFALLENEN SÖHNEN
1918

Diese Widmung ist in die Wand beider Aufgänge eingelassen.


....................................................................................................

Die Sanierung 2002

Die vielen Spender und Spenderinnen, die die Sanierung ermöglicht haben, werden auf einer Tafel genannt:

SH Hohenwestedt Sanierung 2002 web


Auch die Ev.-luth. Kirchengemeinde Hohenwestedt hat dazu beigetragen. Wir verstehen genauso wenig wie Ulf Evers, dass nicht auf eine Kommentierung der Inschriften gedrungen wurde.


....................................................................................................

Die Notgeldserie

Zur Erinnerung an den Tag der Einweihung des »Ehrenmals des Kirchspiel Hohenwestedt« wurde eine Serie von Notgeldscheinen gedruckt, die die Baugeschichte nachzeichnet.

SH Hohenwestedt Notgeld 25Pfg vorne web

 

SH Hohenwestedt Notgeld web


Viele Arbeiter haben sich für das Foto aufgestellt: Der aufgeschüttete Hügel und der Beginn der Mauerarbeiten wird hier abgebildet. Der Bibelspruch aus dem Joannesevangelium 15.13, eingemeißelt in die Eingangstafel der Anlage: »Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde« wurde dazugesetzt.

 

SH Hohenwestedt Notgeld 50Pfg web


Die Mauer ist fertig, die Namenstafeln sind noch nicht eingesetzt. Eine lange Reihe von Herren unterschiedlichster Profession hat sich vom Fortgang des Bauwerks überzeugt, vom Arbeiteroutfit bis Homburger Hut mit steifem Kragen ist alles vertreten. Zitiert werden die beiden Zeilen des Rütlischwurs, der auch auf der zweiten Eingangstafel zu lesen ist: »Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, / in keiner Not uns trennen und Gefahr.« Auf den Notgeldscheinen steht allerdings »einig Volk« und nicht »einzig«.


SH Hohenwestedt Notgeld 1M web


Die Denkmalsanlage ist fertig, die Doppeleiche gepflanzt. Das Rund der Linden ist schon spärlich vorhanden. Wir denken an die Beschreibung von Ulf Evers weiter oben: »Landschaftsgärtner denken in langen Zeitabschnitten!«.


....................................................................................................

Der Rütlischwur – einzig oder einig Volk?

Der Rütlischwur ist Teil der Gründungslegende der Schweiz. Seit Ende des 15. Jahrhunderts wird die Geschichte des geheimen Treffens der Verschwörer aus den Ländern Uri, Schwyz und Unterwalden am Rütli, einer Wiese oberhalb des Vierwaldstättersees, erzählt. Der Schwur zum gegenseitigen Beistand führte zum Aufstand gegen die tyrannischen Vögte der Habsburger und begründete die »Alte Eidgenossenschaft«.

Der Text des Schwurs ist nicht überliefert, wir kennen ihn nur in der literarischen Fassung von 1804 im Drama »Wilhelm Tell« von Friedrich Schiller:

»Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern,
In keiner Not uns trennen und Gefahr.

Wir wollen frei sein wie die Väter waren,
Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.

Wir wollen trauen auf den höchsten Gott
Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.«

Wie kam es dazu, dass man beim Googeln zum Rütlischwur meist Zitate findet, in denen wir ein »einig Volk« sein wollen?

Kommen wir einer Antwort näher, wenn wir uns diese Propaganda-Postkarte ansehen, die zum Beginn des 1. Weltkriegs gedruckt wurde?

 

SH Hohenwestedt Karte Ruetli web


Da wird ein bunter Haufen kriegswilliger Männer dargestellt, die sicher nicht ein »einzig Volk von Brüdern« waren im Urzeigersinn: Kaiser Wilhelm II, der Kronprinz, Kaiser Franz Joseph von Österreich, Prinz Heinrich von Preußen, Graf Haeseler, Kronprinz Rupprecht von Bayern, Graf Zeppelin und Paul von Hindenburg. Aber einig waren sie sich in dem Wunsch: »Gott strafe England!«

»Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts« hat fast 17 Millionen Menschen das Leben gekostet.


Lesen Sie einen Beitrag von Arnulf Scriba für das Deutsche Historische Museum mit der Rede von Wilhelm II. »Aufruf an das deutsche Volk« am  6. August 1914 als Audiodatei.

www.dhm.de


....................................................................................................

frühe Bilder

Dieses erste Foto vom Kriegerdenkmal wurde auch schon für den Notgeldschein verwendet.

SH Hohenwestedt Karte 1924 web


Die Postkarte wurde noch bis ins Jahr 1926 verschickt.

 

SH Hohenwestedt alt web

Nicht lange nach der Einweihung: die Linden haben schon eine kleine Laubkrone. Um das Denkmal herum ist eine Parklandschaft entstanden.

SH Hohenwestedt Karte Laubdach web


Diese Karte entstand vor der Erweiterung, das sieht man an den gleich großen Namenstafeln. Die Linden können allerdings zu dieser Zeit noch nicht so groß gewesen sein und auch einige andere Details unterscheiden sich von der Wirklichkeit. Es handelt sich hier also um eine Illustration, die das erwünschte Laubdach vorwegnimmt.


SH Hohenweststedt1942 web


Aus dem Jahr 1942, mitten im Krieg, ist diese Foto. Wir sehen jetzt zwei Fahnenmasten und eine große Wiese vor der Denkmalsanlage.

Felicitas Glade schreibt 1994 in ihrer Chronik über Hohenwestedt, dass die Denkmalsanlage in den 20er Jahren und in der Zeit des Nationalsozialismus wiederholt als »Schauplatz für Veranstaltungen, in denen der Gedanke an Deutschlands Größe beschworen wurde« genutzt wurde. Die Nationale Rechte schwor Rache für den »Schmachfrieden« von Versailles.


SH Hohenweststedt 50er web


Eine Karte mit Fotos Anfang der 60er Jahre, als die Seniorenresidenzen noch Rentnerwohnheim hießen, siehe unten rechts.


....................................................................................................

Doppeleichen

Sie wurden ab 1898 als Symbol für die Unteilbarkeit Schleswig-Holsteins gepflanzt.

SH Doppeleichen Anzeige web

Anzeige des Gärtners Beck: »Zur Verherrlichung des Nationalgesanges«

»An die Schleswig-Holsteinische Erhebung von 1848 erinnern die so genannten Doppeleichen, die in vielen Dörfern anlässlich des 50. Jahrestages am 24. März 1898 unter besonderen Feierlichkeiten gepflanzt wurden. Sie galten den schleswig-holsteinisch Gesinnten als Sinnbild für Freiheit und Unabhängigkeit von Dänemark sowie für die Einheit von Schleswig und Holstein. Deshalb findet man diese Art von Gedenkbäumen auch nur im nördlichsten Bundesland. Das Privileg von Ripen von 1460 und das Schlagwort ›Up ewig ungedeelt‹ diente dabei den Schleswig-Holsteinern als Grundlage ihres Anspruchs. Die Idee der Doppeleiche kam erstmalig auf dem schleswig-holsteinischen Sängerfest 1844 in Schleswig auf, als das Schleswig-Holstein-Lied erstmalig gesungen wurde; hier heißt es in der 7. Strophe: ›Teures Land, du Doppeleiche, unter einer Krone Dach, stehe fest und nimmer weiche, wie der Feind auch dräuen mag! Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!‹.

Als Standort dieser Bäume wählte man besonders exponierte Plätze in der Dorfmitte oder in der Nähe von Schulen und Gaststätten. Es gab zwei Möglichkeiten, eine Doppeleiche zu schaffen: Entweder pflanzte man zwei Eichen in einem Pflanzloch so eng zusammen, dass aus einer Wurzel die Stämme wuchsen, oder man ordnete die beiden Eichen so an, dass diese aus zwei Pflanzstellen herauswuchsen und im Stammbereich zusammengeführt wurde.«

Telse Stoy, Heimatgemeinschaft Eckernförde e. V., 2014. »Doppeleichen in Schleswig-Holstein«, in: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-261830, abgerufen: 18. Februar 2019

 

....................................................................................................

Die Kanone aus China

Auf der Informationstafel der Hohenwestedter Schützengilde am »Ehrenmal« ist sie als kleines Schmuckelement zu sehen: die »liebevoll gepflegte» Kanone »Adelheid«.


SH Hohenwestedt Schuetzengilde Kanone web


Auf der Website der Schützengilde werden weitere Begehrlichkeiten artikuliert:

»Aus der Geschichte ist bekannt, dass sich in Hohenwestedt eine 2. Kanone befunden hatte. Diese stand lange Zeit an der Ecke Vaasbütteler-Str./ Kieler Straße und soll sich heute in Laboe bei Kiel befinden. Zwischenzeitliche Überlegungen des Vorstandes diese 2. Kanone nach Hohenwestedt zurückzuholen und damit die ›Feuerkraft‹ der Schützengilde zu erhöhen, blieben allerdings bisher ergebnislos.«

Ja, da steht sie im Aussenbereich, gleich hinter dem Eingang des »Marine-Ehrenmals« in Laboe:


SH Hohenwestedt Kanone Laboe


Auf der Tafel steht unter der Überschrift »Eine Kanone aus dem ›Boxeraufstand‹«: »... Zu den nach China entsandten deutschen Truppen gehörten auch zwei Seebataillone (Marine-Infanterie). Oberwaffenwart Kleine vom 1. Seebataillon brachte die Feldkanone 1901 als Kriegsbeute nach Deutschland. Frau Kleine vermachte sie dem Deutschen Marinebund, der sie 1982 zum Gedenken an die Opfer des ›Boxeraufstands‹ hier aufstellte.«

Auch mal eine Idee: der Opfer mit einer Kanone zu gedenken!


Der »Boxeraufstand«
beschrieben vom Bundesarchiv in der virtuellen Ausstellung »Deutschlands Adler im Reich des Drachen – Deutschland und China im Zeitalter des Kolonialismus«:

»Das ausgehende 19. Jahrhundert war geprägt vom Imperialismus der Großmächte und deren Streben nach Erwerb und Besitz von Kolonien. Während weite Teile Afrikas formell unter den europäischen Mächten aufgeteilt waren, strebten die Großmächte in Ostasien zunächst nach informeller Herrschaft mittels wirtschaftlicher Durchdringung.

Die Politik der europäischen Großmächte und das allmähliche Anwachsen reformerischer politischer Ideen in den oberen chinesischen Gesellschaftsschichten führten jedoch zu einer zunehmend antiimperialistischen Stimmung im Reich der Mitte. [...]

Gegründet zunächst als Schutzmacht der größeren Landbesitzer, wandten sich die ›Boxer‹ zunehmend gegen die westlichen Kolonialmächte [...]. Eisenbahn- und Telegrafenlinien wurden zerstört, ausländische Ingenieure und Missionare sowie chinesische Christen getötet. [...] Am 19. Juni forderte das chinesische Außenministerium die ausländischen Gesandten auf, Beijing (Peking) zu verlassen. Einen Tag später, am 20. Juni, wurde der deutsche Gesandte von Ketteler bei einem Attentat ermordet. [...]

Am 21. Juni erfolgte die Kriegserklärung an die Kolonialmächte England, Frankreich, Rußland, Japan, Österreich, Italien, die USA und das Deutsche Reich. [...] Kaiser Wilhelm II. sah nach der Ermordung von Kettelers, die einmalige Chance, die überseeischen Großmachtambitionen des Deutschen Reiches zu manifestieren. So erreichte er das Einverständnis der anderen Mächte zur Übernahme der Leitung des internationalen Aufgebots durch den deutschen Generalfeldmarschall Alfred Graf von Waldersee. Die von Kaiser Wilhelm II. zur Verabschiedung der Soldaten in Bremerhaven gehaltene sog. ›Hunnen-Rede‹ sollte durch ihren martialisch-imperialen Ton und der Aufforderung, Rache für die Ermordung von Kettelers zu nehmen, breite Gesellschaftsschichten hinter die kaiserliche Politik versammeln, trug jedoch im Ausland den deutschen Soldaten v.a. im 1. Weltkrieg die Bezeichnung ›Huns‹ ein.

[...] Schon nach kurzer Zeit brach der Widerstand der schlecht ausgerüsteten und militärisch unerfahrenen ›Boxer‹ endgültig zusammen. Im Dezember 1900 kam es zu Verhandlungen über eine Friedensregelung mit China. Die Kaiserinwitwe trennte sich auf alliierten Druck von einer Reihe hoher Beamter, die als ›Hauptschuldige des Boxeraufstandes‹ ausgemacht worden waren und ließ die ›Boxer‹ fallen. Den Abschluss des Aufstandes bildete die Unterzeichnung des sog. ›Boxer‹-Protokolls im September 1901. Es sah u.a. die Stationierung ausländischer Truppen im Korridor von der Küste über Tianjin bis nach Beijing (Peking) und an strategisch wichtigen Eisenbahnlinien, die Schließung wichtiger Festungsanlagen sowie die Zahlung von 450 Millionen Silbertael (1,4 Milliarden Goldmark) innerhalb von 39 Jahren vor, bei einer Verzinsung, die die Summe verdoppeln würde. Um diese Zahlung zu begleichen, musste sich die chinesische Regierung um ausländische Anleihen bemühen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes von den Kolonialmächten vergrößerte sich und das chinesische Reich sank unaufhaltsam auf den Status einer Halbkolonie herab. Die deutsche Seite verlangte im ›Boxer‹-Protokoll im Hinblick auf die Ermordung von Kettelers außerdem, dass ein Mitglied des kaiserlichen Hauses auf eine ›Sühnemission‹ nach Deutschland zu schicken sei und dass an der Attentatsstelle in Beijing (Peking) ein Mahnmal errichtet werden sollte. Diese Forderungen dienten der Demütigung des Verlierers, wurden jedoch beide erfüllt.«

Lesen Sie mehr im Bundesarchiv, Teil 6 »Boxeraufstand«


....................................................................................................

Das grüne Kuppeldach

Jeweils in die Lücken der Zinnen gepflanzt, formen achtzehn Linden eine Kuppel über der Denkmalsanlage.


SH Hohenwestedt Linden web


Die Symbolik der Linde hat die Universität Göttingen erforscht:

»... Sie wurden zu vielen besonderen Anlässen gepflanzt und fungierten so als lebende Denkmäler, wie Goethelinde, Friedenslinde oder Hindenburglinde (Owinger Linden 1991).
Die Linde gilt als ein Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat sowie als Platz der Gemeinschaft. [...]
Die Linde gab vielen Städten und Dörfern aber nicht nur ihren Namen, sondern ging auch als Symbol für Tapferkeit und Sieg, in deren Wappen ein, ebenso wie in die einiger deutscher Adelsgeschlechter (Funcke 1869). Eine ganz besondere Bedeutung hat die Linde im deutschsprachigen Raum als Symbol für die Heimat. Auch die unzähligen deutschen Gasthöfe lockten die Reisenden somit indirekt mit einem Heimatbegriff (Beuchert 1996).«

Mehr zur Linde auf www.uni-goettingen.de


....................................................................................................

Der Bildhauer Alwin Blaue

Alwin Blaue (1896 – 1958) hat den Granitsockel mit Eichenkranz gestaltet, der am 24. Juli 1955 in Hohenwestedt eingeweiht wurde. Er ist bekannt geworden als Bildhauer für Skulpturen und Bauplastiken an öffentlichen und privaten Gebäuden. Die meisten seiner Werke befinden sich in Kiel. Von 1928 bis 1930 war er für die Kieler Kunst-Keramik A.G. tätig, ein Jahr leitete er dort die baukeramische Abteilung. 1931 hat er das Denkmal für die Seesoldaten am damaligen Hindenburgufer in Kiel entworfen. Später war er mit dem Bildhauer Fritz Theilmann für den Keramikschmuck an den Gebäuden des Kieler Marineviertels zuständig und hat dabei nationalsozialistische Vorgaben umgesetzt.


Denkmal für die Seesoldaten in Kiel


....................................................................................................

<<< schließen
> Weiße Wäsche – Kunstaktion 2014

 

Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über die Denkmalsanlage in Hoisbüttel können Sie hier sehen: YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

...................................................................................................  

I N H A L T
Das Denkmal
Die Steine an der Seite
Die Inschrift
Fotos aus den Jahren 1933 und 1966
Findlinge
Blutbuchen

...................................................................................................

Hoisbüttel, Ortsteil von Ammersbek im Kreis Stormarn

Auf dem eingezäunten Dorfplatz unter einer Blutbuche

Hier wurde 1920 das erste Kriegerdenkmal in der Gegend aufgestellt. Ein halbes Jahr später wurde in der Bergstedter Kirche eine Tafel angebracht, auf der dann schon der »Helden« gedacht wurde.

Amm Hoisbuttel web


Der schmale, hohe Findling steht auf einem mächtigen Sockel aus Granitbruchsteinen, der mit Efeu überwachsen ist. Rechts und links verbreitert eine beschnittene Hecke optisch den Sockel.

SH Hoisbuettel schraeg web


Der Dorfplatz mit der Denkmalsanlage bei unserem zweiten Besuch im Frühjahr 2020: Die Blutbuche ist noch kahl. Schön zu sehen ist der gepflegte Sandweg, der für die Denkmalssteine angelegt worden ist.

SH Hoisbuettel Stein web


Es wird der toten Soldaten des 1. Weltkriegs gedacht, oben am Findling sehen wir ein Eisernes Kreuz und die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs.

SH Hoisbuettel Stein EK nah web

 

Das Eiserne Kreuz ist flächig in den Stein gemeißelt und danach schwarz konturiert worden.


     SH Hoisbuettel Namenstafel web

 

Eine schmale, schwarze Steinplatte, oben leicht gerundet, ist darunter eingelassen. Sie bedeckt eine große Fläche des Findlings. Es werden die Vor- und Nachnamen von 21 toten Soldaten in einer golden ausgemalten Schrift genannt, mit Geburts- und Sterbetag, ein vermisster Soldat von dreien wird nur mit dem Sterbejahr genannt. Sein Name steht mittig unter zwei Spalten mit je 10 Namen. Die Namen sind chronologisch nach Sterbetag geordnet. Eine Linie trennt die zwei Spalten, oben endet sie mit einem verspielten Schmuckelement. Dass hier toter Soldaten gedacht wird, zeigt uns die militärische Auszeichnung des Eisernen Kreuzes und die Abkürzung gef. für gefallen. »Fallen« kann nur ein Soldat. Es gibt keine weitere Inschrift oder Widmung. Das Eiserne Kreuz wurde den toten Soldaten hier posthum und kollektiv verliehen für die durch den Kriegstod bewiesene »Tapferkeit und Treue«. Diese generelle Ordensverleihung macht deutlich, dass jeder Soldat den imperialen Zielen des Deutschen Heeres gedient hat.

...................................................................................................

Die Steine an der Seite

Der linke Feldstein trägt die Inschrift, auf Mittelachse gesetzt:

Wanderer neige in
Ehrfurcht Dein Haupt
vor dem Tod und
der Tapferkeit

SH Hoisbuettel Stein links neu web


Hier wird Ehrfurcht vor Tod und Tapferkeit gefordert. Es wird angenommen, dass die Soldaten mit Tapferkeit, also im Kampf, gestorben sind – ein ehrenvoller Tod soll es gewesen sein! Kein Gedanke an zerfetzte Gliedmaßen, verpestete Lungen und Todesangst im Schlamm der Schützengräben. Das Grauen des Krieges wird durch die Inschrift verbannt. Wie wir auf dem Foto aus dem Jahr 1933 weiter unten sehen können, lag dieser Stein ursprünglich zu Füßen des Denkmals für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Durch die neue Aufstellung nach dem 2. Weltkrieg auf der linken Seite des zentralen Denkmals und parallel dazu auf der rechten Seite ein in etwa gleich großer Stein für die Opfer des Krieges 1939 – 1945 wird ein Zusammenhang der ehrfürchtigen Inschrift auch mit den Soldaten der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg inszeniert.

                
Der rechte Stein wurde nach dem 2. Weltkrieg aufgestellt. Wir lesen die Inschrift:

Zum Gedenken
an die Opfer
des Krieges
1939 – 1945

SH Hoisbuettel Stein rechts neu web


»Wer ist mit den ›Opfern‹ gemeint? Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht oder die toten Wehrmachtssoldaten auch? Waren eben alle Opfer der ›Bestie Krieg‹, die ausgebrochen ist, von niemandem verschuldet und von niemandem gewollt? Nicht erfasst werden hierbei auch die Opfer des Deutschen Faschismus vor dem Krieg: Jüdinnen und Juden, die Menschen im Widerstand, Sinti und Roma, sogenannte Behinderte ...

[...] Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?

Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden. Was aber könnte an dessen Stelle treten? Denkmäler, so wird heute oft gefordert, sollten die paradoxe Botschaft ausdrücken, dass ihr Sinn gerade darin bestehe, keinen Sinn für den Tod bieten zu können. Die Schwierigkeit, dieser Anforderung gerecht zu werden, liegt letztlich in den Dimensionen des zu erinnernden Tötens und Sterbens selbst begründet. Die ›postheroische‹ Gesellschaft der Bundesrepublik ist ein Kind der Erfahrung, dass sich alle Versuche der Verherrlichung von Krieg und Tod 1945 endgültig desavouriert hatten.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 101

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29

...................................................................................................

Fotos aus den Jahren 1933 und 1966

Wir sehen das uns schon bekannte Denkmal in einer gepflegten aufwendig gestalteten Anlage – weiß umzäunt. Der heutige Dorfplatz ist nicht wieder zu erkennen.


SH Hoisbuettel 1933 StA SW web


Die Blutbuche, in deren Schatten das Denkmal heute steht, ist noch nicht gepflanzt.

 

SH Hoisbuettel 1933 StA Detail web


Ein Ausschnitt aus dem Foto oben: der annähernd dreieckige Feldstein mit der ehrfürchtigen Inschrift liegt am Sockel des Findlings, davor Blumenschmuck.


SH Hoisbuttel StA 1966 web


Im Jahr 1966 fährt man schon motorisiert über’s Kopfsteinpflaster.

Fotos (bearbeitet): Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0 


...................................................................................................

Die Inschrift

Wanderer neige in
Ehrfurcht Dein Haupt
vor dem Tod und
der Tapferkeit

»Dort, wo klassische Zitate verwendet werden, wird versucht, dem Kriegstod eine Überzeitlichkeit zu verleihen, ihn also zu einem Geschehen zu machen, das naturgemäß immer wiederkehren muss. Auf einem Findlingsdenkmal in Wandsbek findet sich die Inschrift ›Wanderer neige in Ehrfurcht dein Haupt vor dem Tod und der Tapferkeit.‹ Dieses Zitat ist angelehnt an eine Inschrift von Simonides von Keos auf einem Gedenkstein im antiken Sparta, die von Friedrich Schiller folgendermaßen aus dem Griechischen übersetzt wurde: ›Wanderer, kommst du nach Sparta, so verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.‹ Der Gedenkstein wurde nach der Ersten Schlacht bei den Thermopylen 480 v. Chr. während der Perserkriege errichtet. Die Schlacht ging aus Sicht der Griechen verloren, viele Spartaner starben, aber die Kämpfer sollen sich bis zum Letzten gewehrt haben und damit rücksichtslos ihrem Befehl gefolgt sein. Diese militärische Leistung wurde als Beispiel für den heldenhaften Opfertod im Laufe der Geschichte immer wieder herangezogen.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006, S. 96

...................................................................................................

Findlinge

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...]

Findlinge sind große (Granit-)Steine aus der heimatlichen Landschaft. Die Denkmalstifter holten sie oft selbst aus der Heide oder aus dem Harz mühevoll herbei. Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg, 2006, S. 134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.«

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen«?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203

...................................................................................................

Blutbuchen

Nach dem 2. Weltkrieg wurde hinter den drei Denkmalssteinen in Hoisbüttel eine Blutbuche gepflanzt, die heute den Dorfplatz dominiert. Kerstin Klingel schreibt über Bäume mit ähnlicher Symbolkraft. in dem oben schon erwähnten Buch »Eichenkranz und Dornenkrone« steht auf Seite 34 über die Kriegerdenkmalsanlage in Hamburg-Lokstedt: »Besonders bemerkenswert sind hier zudem die Bäume: die Anlage wurde mit Blutahornbäumen bepflanzt, als Zeichen für das für das ›Vaterland‹ vergossene Blut.« Sie zitiert aus dem 6-bändigen Standardwerk über Kriegerdenkmäler in Deutschland von Meinhold Lurz aus den 1980er Jahren: hier Band 4, Heidelberg 1985, S.143.

Mehr über die Denkmalsanlage in Hamburg-Lokstedt


...................................................................................................

<<< schließen

Erfurcht vor Tod und Tapferkeit

Die Gemeinde Ammersbek wünscht sich eine Kommentierung

In der Gemeinde Ammersbek gibt es gleich zwei Denkmäler zum Gedenken an die getöteten Soldaten. Der Bürgermeister und das KunstHaus am Schüberg haben schon viele gemeinsame Projekte durchgeführt. So sollte es auch diesmal sein.

Die Intention der Kunstaktion

...................................................................................................

Echo in den Medien

Das Hamburger Abendblatt berichtet am 11. September 2014

Hmb Abendblatt 11 web


...................................................................................................

Kunstaktion

Ab Freitag, 29. August 2014 ab 15:00 Uhr war die Kunstinstallation am alten Dorfplatz in Hoisbüttel und anschließend an der Dorfstraße in Bünningstedt für 10 Tage zu sehen. Eine öffentliche Diskussion fand statt am Donnerstag, 4. September um 19:00 Uhr im Gemeindezentrum »An der Lottbek« in Ammersbek.

Eine kleine, aber feine Runde diskutierte im Gemeindezentrum. Es wurde von der Aktion »Gedankenloses Gedenken« der Nachbargemeinde Bergstedt und von mulmigen Gefühlen beim bisherigen Ritual am Volkstrauertag in Ammersbek berichtet. Am Ende eines lebhaften Gesprächs stand wieder die Frage: Muss alles so bleiben wie es ist? Wie ist Ihre Meinung dazu, liebe Ammersbeker?

...................................................................................................

Einladung

auf der Website der ev.-luth. Kirchengemeinde Hoisbüttel

SH Hoisbuettel Diskussion web


...................................................................................................

Am Freitag, 29. August 2014
um 15:00 Uhr in Hoisbüttel


SH Hoisbuttel Aktion7

SH Hoisbuttel Aktion4

● Pastor Ulrich Hentschel spricht über die künstlerische Intervention.

SH Hoisbuttel Aktion5

● Bürgermeister Horst Ansén und Bürgervorsteherin Ingeborg Reckling im Gespräch mit interessierten Ammersbekern.

SH Hoisbuttel Aktion1

...................................................................................................

Am Freitag, 29. August 2014
um 16:00 Uhr in Bünningstedt

SH Buenningstedt Aktion1

SH Buenningstedt Aktion2

● Alle sind gespannt auf die Reaktionen der Ammersbeker und auf die Diskussion am Donnerstag, 4. September um 19:00 Uhr im Gemeindezentrum »An der Lottbek«.


...................................................................................................

Im »Markt« wird die Kunstaktion am 27. August 2014 angekündigt:

SH Amm Markt 27 August web

 

...................................................................................................

Am 26. August 2014 konnte man den Artikel »Weiße Wäsche als provokantes Gegenbild zu Kriegerdenkmälern« lesen.

Hamburger Abendblatt, Ausgabe Stormarn

...................................................................................................

 

<<< schließen

 

Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über die Denkmalsanlage in Hoisdorf können Sie hier sehen: YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

...................................................................................................

I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2019
Die Einweihung
Die Geschichte
Das Eiserne Kreuz
Der Stahlhelm
Dienstgrade
Quasten, Troddeln
Das Heimatmuseum von Hoisdorf

...................................................................................................

Hoisdorf, Kreis Stormarn

Am Rand des Dorfangers

Ein gepflegter Platz mit Dorfteich und altem Baumbestand, ein respektabler Dorfanger von vier noch bestehenden im Kreis Stormarn. Neben Hoisdorf haben Steinburg-Eichede, Siek und Bargfeld-Stegen einen großen Anger, einen grasbewachsenen Dorfplatz in Gemeinbesitz.

SH Hoisdorf weit web


Ein Sandweg führt zwischen Dorfteich und Denkmalsanlage hindurch. Auf dem Platz des Kriegerdenkmals für die toten Soldaten beider Weltkriege stand früher das Spritzenhaus der Feuerwehr. Am Himmelfahrtstag, den 25. Mai 1924, wurde das Denkmal eingeweiht. Die Weiherede hielt Propst Thomsen aus Rahlstedt.

 

SH Hoisdorf Fahnenmasten web


Rechts und links des Monuments sind Fahnenmasten für eine Beflaggung vorgesehen. Eine niedrige Hecke begrenzt die Anlage weiträumig.

 

SH Hoisdorf Denkmal web


Das Denkmal ist über einen Betonplattenweg zugänglich. Zum Volkstrauertag 2019 wurden auf dem bewachsenen Sockel des mehrstufigen, hellgrauen Steinmonuments drei Kränze niedergelegt.

 

SH Hoisdorf Helm web


Der Granitstein stammt aus einem westdeutschen Steinbruch. Gekrönt ist das Bauwerk mit der Plastik eines überdimensionierten Stahlhelms.

 

SH Hoisdorf Helm Detail web


Der Helm liegt auf einem steinernen Lorbeerkranz, darunter ein Bajonett mit verspielt über die Liegefläche herabhängender Quaste, auch Troddel genannt.

 

SH Hoisdorf Helm Detail2 web


Auf der gegenüberliegenden Seite ragt die Spitze des Bajonetts über den Helm hinaus.

 

SH Hoisdorf Zahlentafel web


Die 1957 neu angebrachte Frontplatte nennt die Kriegsjahre.

 

SH Hoisdorf EK web


Der untere Abschnitt des Monuments trägt mittig ein großes Eisernes Kreuz mit innen liegender, schwarzer Kontur.

 

 

     SH Hoisdorf Namen2a web


An beiden Seitenflächen werden die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aufgezählt, chronologisch geordnet nach dem Sterbedatum. Es werden der Name, der Dienstgrad und die militärische Zugehörigkeit und das Sterbedatum, gekennzeichnet mit gef., gest. oder verm., genannt. Auf der linken Seite 14 tote Soldaten, gestorben von Kriegsbeginn 1914 bis Oktober 1916.


     SH Hoisdorf Namen1 web


Auf der rechten Seite, schwer lesbar, 13 tote Soldaten von 1916 bis 20. Januar 1919. An diesem Tag ist Heinrich Tretau als einziger »gestorben«, denn der Krieg war schon zu Ende und obwohl er wahrscheinlich seinen Kriegsverletzungen erlegen ist, hat er sein Leben nicht als »Gefallener im Kampf« verloren. Nach ihm wird noch Heinrich Schwarck auf der Liste genannt, der als »vermisst« aufgeführt wird.

Die Namen der toten Soldaten des 2. Weltkriegs werden hier nicht aufgezählt. Es sind mehr als man hier unterbringen wollte, im Dorfmuseum von Hoisdorf sind sie im »Ehrenbuch« verzeichnet.

 

...................................................................................................

Volkstrauertag 2019

Es wurden drei farbenfrohe Kränze niedergelegt: vom Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) Ortsverband Hoisdorf im stillen Gedenken, der Bürgermeister und die freiwillige Feuerwehr von Hoisdorf im ehrenden Gedenken.

 

SH Hoisdorf VTT2019 web

 

SH Hoisdorf VTT2019 FFW web

 

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ (Ralph Giordano, Die zweite Schuld)«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29

 

...................................................................................................

Die einweihung

In der Hoisdorfer Chronik »Unser Dorf- und Hausbuch« von Paul Harms wird die Einweihungsfeier des Hoisdorfer Denkmals beschrieben:

»Am 25. Mai 1924, dem Himmelfahrtstag, wurde das Denkmal am Dorfplatz feierlich eingeweiht. Die Weiherede hielt Propst Thomsen aus Rahlstedt. Den Nachruf sprach General Ledebour aus Hamburg.


SH Hoisdorf Einweihung web

• Einige Regimentsfahnen, aber erstaunlicherweise fast keine Uniformträger ... und ein schneeweißes Denkmal!

Der Flieger Bäumer, ebenfalls aus Hamburg, warf einen Kranz aus seinem Flugzeug ab und danach für jeden Gefallenen einen Blumenstrauß. Die Feier fand unter Mitwirkung der örtlichen Vereine und der Militärischen Kameradschaft Hamburg – Eimsbüttel statt.

Der Granitstein war vom Gärtner Peter aus einem Steinbruch in Westdeutschland beschafft worden. Die Inschriften fertigte der Bildhauer Lange aus Schwarzenbek.«

• Unser Dank für die Informationen und das Foto geht an Klaus Bustorf vom Stormarnschen Dorfmuseum


Auch in Hamburg-Lokstedt hatte der Luftfahrtpionier Paul Wilhelm Bäumer zur Einweihung des dortigen Kriegerdenkmals einen Kranz mit meterlanger Schleife abgeworfen, der punktgenau auf der Plattform des Denkmals landete.

HH Lokstedt Flieger web

Paul Wilhelm Bäumer war mit 43 Luftsiegen einer der »erfolgreichsten« Jagdflieger im 1. Weltkrieg. Nach dem Krieg stürzte er 1927 beim Einfliegen eines neuen Flugzeugtyps zwei Kilometer vor Öresund ins Meer. Er starb mit 31 Jahren.

Denkmal in Hamburg-Lokstedt


...................................................................................................

Die Geschichte

Auf dieser undatierten Postkarte kann man vage die frühere Frontplatte mit der ersten Inschrift erkennen und den früheren Sockel aus Bruchsteinen. Das Eiserne Kreuz zur Hälfte und der neue Sockel in Gänze sind heute zugewachsen.

     SH Hoisdorf alt oD web


Auf dem Foto unten auf der Postkarte ist der Dorfteich abgebildet. Das Haus links ist die alte 1857 erbaute Schule. Bis 1931 hatte sie diesen Standort. Alle Klassenräume befanden sich im Erdgeschoss, oben wohnten die Lehrer. Der 2000 Quadratmeter große Garten war beileibe kein Spiel- und Sportplatz für die SchülerInnen, sondern diente den Lehrern zur Selbstversorgung und als Zuverdienstmöglichkeit.

 

          SH Hoisdorf LN 1957 10 03 StA web

 

Dieser Artikel erschien am 3. Oktober 1957 in den Lübecker Nachrichten. Die Frontplatte wird erneuert, das Monument renoviert.

 

SH Hoisdorf Marfels 1963 StA web   

SH Hoisdorf Alt web


Auf beiden Fotos aus dem Jahr 1963 sehen wir schon die neu aufgesetzte Steinplatte mit den Jahreszahlen beider Weltkriege und das neue »treppenartige Fundament«, das heute mit beschnittenem Sträuchern überdeckt ist. Drumherum liegen die hellen Weser-Sandsteinplatten. Die Anlage ist zu dieser Zeit noch an drei Seiten von einer hohen Hecke und vorne von einem für die 60er Jahre typischen Zaun mit Pforte umgeben.

Fotos: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0

 

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

     Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

 

...................................................................................................

Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

»Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem ›massenhaften Elend der Materialschlachten‹ heraus, der nun ›gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.‹ In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus ›der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms‹, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters ›als Repräsentant des deutschen Heeres‹ gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher ›Kämpfer für Deutschland‹ stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.13

 

...................................................................................................

Dienstgrade

SH Hoisdorf Namen Detail web

 

G. Ul.Rgt.2.
3. G.Grenad. Rgt. z.F.
Inf-Rgt.157.
2. Matr.Div.
usw.

Die Dienstgrade und militärischen Zugehörigkeiten, die uns wie böhmische Dörfer vorkommen, kannte damals jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.

MP Zehlendorf Kinderkarte web


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

 

...................................................................................................

Quasten, Troddeln

Sie waren ein schmückendes Element von Uniformen und Waffen deutscher Soldaten vom Heer des Kaiserreichs bis zur nationalsozialistischen Wehrmacht. Die Farben der unterschiedlichen Bestandteile der Troddeln gaben Auskunft über die Zugehörigkeit der Soldaten. Das war eine »Wissenschaft« für sich:

SH Hoisdorf Farben Troddeln web

 

• Gescannt aus: Friedrich Altrichter: Der Reserveoffizier, Mittler/Berlin 1940, dort nach Vorschriften der Wehrmacht

...................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschriften
Wer den Tod im heiligen Kampfe fand ...
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung
Die Geschichte
Doppeleichen
Das Eiserne Kreuz

...................................................................................................

Holm, Kreis Pinneberg

Auf dem Friedhof am Holmer Bergweg

Eine eindrucksvolle Inszenierung: Man betritt den Friedhof durch den breiten, aber niedrigen Tunnel im Eingangsgebäudes.

SH Holm Eingang web

Eine Allee mit akkurat beschnittenen Eibenbüschen führt den Blick auf die Kriegerdenkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege und der Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1848.

SH Holm weit web


Der dunkelgrüne Tannenwald bildet den ruhigen Hintergrund des sehr gepflegten Denkmalsplatzes.

 

SH Holm gesamt2 web


Der einstufig erhöhte, in etwa halbrunde Platz ist mit kleinen, hellen Granitsteinen gepflastert. Lücken am Rand sind mit Rhododendren, Lebensbaum und anderen Kleingehölzen ausgefüllt. Vor dem Weltkriegs-Ensemble sind vier helle Granitstelen aufgestellt worden, die zum Volkstrauertag als Kranzhalter benutzt werden. Die dreiteilige Anlage ist durch eine niedrige vor- und zurückspringende Mauer aus Feldsteinquadern verbunden.

 

     SH Holm Tafel web


Der kantige, nur vorne glatt geschliffene Granitstein in der Mitte trägt eine aufgesetzte, schwarze, teilweise polierte Granittafel.

SH Holm Inschrift web


Oben rechts, am höchsten Punkt der Kante, ist im Kreis als Ehrenzeichen ein Eisernes Kreuz im Relief zu sehen. Darunter liest man die Widmung:

UNSEREN GEFALLENEN
BEIDER WELTKRIEGE
1914 - 18      1939 - 45
ZUM GEDENKEN

Es folgen die 32 Vor- und Nachnamen der toten Soldaten ausschließlich des 1. Weltkriegs mit Geburts- und Todesdatum. Das Symbol für das Todesdatum ist ein Eisernes Kreuz, was wohl bedeuten soll, dass die Soldaten im Kampf zu Tode gekommen sind. Die Namen sind nach dem Todesdatum geordnet.

 

SH Holm Tafel Erde web


Fünf Soldaten sind am Ende der Liste als Vermisste aufgeführt. Erstaunlicherweise konnte deren Vermisstsein auf den Tag genau angegeben werden.

Darunter kann man lesen:

WER DEN TOD IM HEILIGEN KAMPFE FAND,
RUHT AUCH IN FREMDER ERD’ IM VATERLAND

Diese Aussage findet man unter der Tafel direkt in den Stein graviert noch einmal. Dies und das Eiserne Kreuz oben in der rechten Ecke sind die Reste des ursprünglichen Denkmals (siehe: Die Geschichte). Die Tafel wurde 1959 neu hergestellt: die Widmung oben wurde neu formuliert, den Spruch unten nahm man mit in die Tafel auf. Wobei die Formulierung, die Soldaten des Deutschen Reichs wie die der Deutschen Wehrmacht seien im »heiligen Kampf« gestorben, zynisch ist. Kein Krieg ist heilig, schon gar kein Angriffskrieg.

Für die vielen Namen der toten Soldaten des 2. Weltkriegs war nun allerdings auf der Tafel kein Platz mehr. Dafür errichtet man an beiden Seiten gemauerte Postamente aus bunten Granitsteinen.

 

SH Holm links web


Auf der linken Seite liest man an der Kante der Dachplatten aus Granit den Teilsatz:

WIR WAREN EINS IN DER LIEBE ZUR HEIMAT

Es folgen auf der im Postament eingelassenen Granittafel 30 Vor- und Nachnamen in zwei Spalten, geordnet nach Todesjahr. Geburts- und Todesdatum, dies wiederum mit einem Eisernen Kreuz als Symbol, folgen hinter den Namen in kleinerer Schrift.

 

SH Holm rechts web


Auf dem rechten Postament wird der Satz beendet:

UND HABEN IHR ALLES GEGEBEN.

Auch hier werden 30 Namen von toten Soldaten genannt. Bevor die 16 Vermissten, wieder mit genauer Datumsangabe, aufgeführt werden, endet die hier ungeordnete Liste mit vier Nennungen nach Kriegsende: Frühj.1946 und drei Todestage im Jahr 1947. Diese und auch die vier Namen davor haben als Sterbesymbol ein einfaches Kreuz, kein Eisernes Kreuz mehr. Das soll wohl heißen: sie sind nicht »ehrenvoll« im Kampf gestorben, sondern im Lazarett oder in Kriegsgefangenschaft ... so wird noch im Tod ein Unterschied gemacht. Ein erschossener Deserteur würde es nie auf diese Liste schaffen, obwohl er aus heutiger Sicht genau das Richtige tun wollte. Und eigentlich auch aus Sicht der Menschen in der Nachkriegszeit, als diese Postamente errichtet worden sind.


...................................................................................................

Die Inschriften

Fachleute definieren Begriffe, die auf den Denkmalstafeln in Holm genannt werden:

Gefallene: ... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 22

Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

Gedenken: Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

• zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 29


Ende der 60er, Anfang der 70er gibt es in Deutschland einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Es kommen jüngere Historiker und jüngere Offiziere in verantwortliche Positionen, die vieles von dem was vor 1914 bis 1918 war hinterfragen, die auch ganz andere Fragen an die Vergangenheit stellen und an die entsprechenden Repräsentationen der Vergangenheit. Die sich fragen: Ist es noch zeitgemäß Erinnerungen zu pflegen, die Ausdruck von Aggression, Imperialismus und Hybris ist?

Michael Epkenhans, Historiker, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam

 

...................................................................................................

Wer den Tod im heiligen Kriege fand ...

... ruht auch in fremder Erde im Vaterland. Das ist der Schlussvers des Marschliedes für die freiwilligen Scharfschützen des Gesamthauses Schwarzburg »Hinaus in die Ferne mit lautem Hörnerklang« von Albert Methfessel, gedichtet 1813. Albert Methfessel, 1785 - 1869, war ein deutscher Komponist und Dirigent.

 

Hundert Jahre nach Beginn des großen Schlachtens auf den Feldern, die angeblich die Ehre, wahrhaftig aber Elend und Tod bedeuten, steht der großdeutsche Heldenkitsch noch immer an den Mauern des Franziskanerklosters. Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von »Ehre«, »Heldentod« und »Vaterland«, kein Schaukasten erläutert, dass ein »heiliger Kampf« niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann, sondern – zumal aus Sicht der Franziskaner – nur der für Gott und seine Liebesbotschaft, für die Zuneigung zum Nächsten und den Frieden in der Welt; dass also ein christlicher Kampf genau das Gegenteil von dem ist, was damals über Europa gebracht wurde.

kommunal / Region Aschaffenburg-Miltenberg

Lesen Sie mehr auf diesem Blog

 

Kriegsdenkmäler mit Sprüchen wie »Und wer den Tod im heiligen Kampfe fand ruht auch in fremder Erde im Vaterland« oder »Unseren Helden« verhöhnen die Opfer des deutschen Militarismus. Sie feiern die mörderischen Tugenden Pflichterfüllung, Ehre und Treue, die seit Jahrhunderten dabei helfen, nationale Interessen gewaltsam durchzusetzen. Mit blindem Gehorsam wird Tod und Elend in alle Welt exportiert.
Spätestens seit 1992 steht die Bundeswehr in dieser Tradition. Die Auslandseinsätze in Afghanistan, Kosovo, Libanon, Bosnien-Herzegowina, Sudan und der Demokratischen Republik Kongo sichern wirtschaftliche und machtpolitische Interessen wie den weltweiten Zugang zu Rohstoffen und Handelswegen. Wer dabei stört, wie die Piraten vor der Küste Somalias, wird erschossen – und Logistik aus Erfurt sorgt dafür, dass immer genug Munition im Magazin ist.
Soldaten sind keine Helden. Generäle sind keine Helden. Büroschreibkräfte und Scharfschützen sind keine Helden. Mörder sind keine Helden. Nie wieder Krieg. 

ein Blog aus Erfurt

Lesen Sie hier mehr


...................................................................................................

Erhebung Schleswig-Holsteins

Rechts neben dem Weltkriegsdenkmal steht, umgeben von Rhododendren, ein kleines Denkmal für zwei tote Holmer Soldaten. Es ist aus klobigen Steinen mit Rundbogen gemauert und trägt eine interessante weiße Tafel. Der Text verschweigt nicht das tagelange Sterben der Männer: H. H. Hartje wurde am 7. Mai 1849 verwundet und starb zwei Tage später, U. H. Beckmann wurde am 12 September 1850 verwundet und starb sechs Tage später.

Die Widmung:
Dem Andenken der Braven widmeten diesen Stein.
Die Holmer Kameraden 1898

1898, zur Feier des 50. Jahrestages der Eroberung der dänischen Festungsanlagen, wurde dieses Denkmal aufgestellt. 

Hinter dem Denkmal steht eine »Skulptur«: zwei Kanonenkugeln sind über eine schwarze Stange gezogen worden.

 

     SH Holm 1848 web

Die Schleswig-Holsteinische Erhebung entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.

Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.


...................................................................................................

DiE Geschichte

Zitiert aus einem Text von Olaf Schröder, dem »historischen Gedächntnis« von Holm:

Das Jahr 1898 war in Schleswig-Holstein ein Jahr des »Gedenkens«. Im ganzen Land wurde seinerzeit an die Erhebung der Herzogtümer Schleswig und Holstein gegen Dänemark im Jahr 1848 erinnert. In Holm wurde, wie in fast allen unseren Gemeinden und Städten unseres Landes auch, im Zentrum unseres Dorfes eine Doppeleiche gepflanzt. sie sollte(n) an die Untrennbarkeit der Herzogtümer erinnern, »Up eewig ungedeelt«. Gleichzeitig wurde ein Gedenkstein errichtet, um zwei Holmer Bauernsöhne zu ehren, die sich freiwillig der Erhebung gegen Dänemark als Soldaten zur Verfügung stellten und dabei den Heldentod fanden. Es waren Hans Hinrich Haartje (1827-1849) vom »Haartjehof« und Johann Hinrich Beckmann aus der Hörnstraße. Auf der Gedenktafel steht U. H. Beckmann, aber das ist falsch. Er hieß laut Kirchenbuch Johann Hinrich Beckmann (1829-1850). So hat alles begonnen.


SH Holm Geschichte web


Auf dem Foto ist die Lage der alten Gedenkstätte zu erkennen. Umrahmt von einem schmiedeisernen Gitter wurde damals nur der beiden Gefallenen aus dem Krieg 1848-51 gedacht. Es waren die ersten Kriegstoten [in Holm] seit Menschengedenken. Deshalb der große Aufwand. Der Stein befindet sich links unten auf dem Bild. Dahinter der Dorfteich vor dem Kleinworthof. Im Zentrum ist das alte Spritzenhaus zu sehen. Die Doppeleiche ist auf dem Bild nicht erfasst. Sie stand links von der Gedenkstätte.

Die beiden Kugeln können echte Kanonenkugeln sein, vielleicht sind es aber auch nur Symbole, um die Wehrhaftigkeit Schleswig-Holsteins zu dokumentieren.

Nach den ersten Weltkrieg wurde die Heldengedenkstätte erweitert. 32 Holmer Soldaten fanden im ersten Weltkrieg den Tod. Ihnen wurde auf einer schwarzen Tafel mit goldenen Inschriften gedacht. Die Gedenkstätte wurde danach vom örtlichen »Kriegerverein« makellos gepflegt.

Im Jahr 1959 wurde das Holmer Kopfsteinpflaster gegen eine moderne Straße ausgetauscht. Die Straße wurde, um dem zusätzlichen Verkehrsaufkommen zu entsprechen, erheblich verbreitert. Als Folge davon mußten sowohl die Doppeleichen als auch die Heldengedenkstätte der neuen Straße weichen.

Die Gedenktafeln fanden danach auf dem Holmer Friedhof einen würdigen Platz. Es sind Gefallene oder Vermisste der drei Kriege dort dokumentiert. Der Krieg 1870-71 hat der Holmer Bevölkerung zum Glück keine Kriegstoten beschert.

...................................................................................................

Doppeleichen

SH Doppeleichen Anzeige web

Anzeige des Gärtners Beck: »Zur Verherrlichung des Nationalgesanges«

An die Schleswig-Holsteinische Erhebung von 1848 erinnern die so genannten Doppeleichen, die in vielen Dörfern anlässlich des 50. Jahrestages am 24. März 1898 unter besonderen Feierlichkeiten gepflanzt wurden. Sie galten den schleswig-holsteinisch Gesinnten als Sinnbild für Freiheit und Unabhängigkeit von Dänemark sowie für die Einheit von Schleswig und Holstein. Deshalb findet man diese Art von Gedenkbäumen auch nur im nördlichsten Bundesland. Das Privileg von Ripen von 1460 und das Schlagwort »Up ewig ungedeelt« diente dabei den Schleswig-Holsteinern als Grundlage ihres Anspruchs. Die Idee der Doppeleiche kam erstmalig auf dem schleswig-holsteinischen Sängerfest 1844 in Schleswig auf, als das Schleswig-Holstein-Lied erstmalig gesungen wurde; hier heißt es in der 7. Strophe: »Teures Land, du Doppeleiche, unter einer Krone Dach, stehe fest und nimmer weiche, wie der Feind auch dräuen mag! Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!«.

Als Standort dieser Bäume wählte man besonders exponierte Plätze in der Dorfmitte oder in der Nähe von Schulen und Gaststätten. Es gab zwei Möglichkeiten, eine Doppeleiche zu schaffen: Entweder pflanzte man zwei Eichen in einem Pflanzloch so eng zusammen, dass aus einer Wurzel die Stämme wuchsen [wie in Tarbek], oder man ordnete die beiden Eichen so an, dass diese aus zwei Pflanzstellen herauswuchsen und im Stammbereich zusammengeführt wurde.

• Telse Stoy, Heimatgemeinschaft Eckernförde e. V., 2014. »Doppeleichen in Schleswig-Holstein«, in: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-261830, abgerufen: 18. Februar 2019.

...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

     EK 1940 Die Woche 360px web

Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web

... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll.«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


...................................................................................................

<<< schließen

 

Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über die Denkmalsanlage in Husby können Sie hier sehen: bei YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>


...................................................................................................

Aktuell

Unser Studienleiter Dr. Stephan Linck hat den Volkstrauertag am 19. November 2023 in Husby verbracht und hat nach dem Gottesdienst in der Kirche zur Gemeinde gesprochen.

Schon zwei Tage vorher erschien sein Beitrag »Ein Land der unsichtbaren Denkmäler. Was die Erinnerung mit Steinen zu tun hat. Gedanken zum Volkstrauertag« in der Evangelischen Zeitung Nr.47.

Stephan Lincks Bericht in der Evangelischen Zeitung Nr. 47 / 2023

...................................................................................................

Zum 100-jährigen Bestehen des Kriegerdenkmals, hat die AG Archiv des Kirchspiels Husby unter Federführung von Jochen Clausen eine umfassende Ausstellung zum Denkmal gezeigt, die am Volkstrauertag 2021 in der Kirche eröffnet wurde.

Wir danken sehr herzlich Hinrich Rudolfsen, Johann Adam und der gesamten AG Archiv für die Erlaubnis, die Ausstellungstafeln hier zeigen zu dürfen. Heinrich Risse hat die Tafeln für uns fotografiert.

Tafel 1
Tafel 2
Tafel 3
Tafel 4
Tafel 5
Tafel 6 und 7
Tafel 8
Tafel 9
Tafel 10
Tafel 11 und 12
Tafel 13 und 14
Tafel 15

...................................................................................................

I N H A L T

Das Denkmal
Die christlichen Symbole
Die Einweihung 1921
Notgeld
Die Erweiterung 1956
Das Eiserne Kreuz
Degen
Die Stele
Die Kirche St. Vicentius
Die Kriegsgefangenen

...................................................................................................

Husby, Kreis schleswig-Flensburg

Auf dem Friedhof der Kirche St. Vincentius

Das Denkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege ist ein mit Granitquadersteinen gemauerter runder Turm mit stumpfer Kegelspitze.

SH Husby ganz web


Am 30. Oktober 1921 – drei Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs – ist der Turm eingeweiht worden.

SH Husby Fronttafel web2

 
Auf der nach Westen gerichteten Frontplatte aus Granit sehen wir ein hohes schmales Kreuz, über die Kreuzachsen verteilt die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs und die Widmung, unterbrochen von der Senkrechten des Kreuzes:

DEN IM       KAMPF
FÜRS VA=  TERLAND
GEFAL=      LENEN
HELDEN      SÖHNEN
DER KIR     CHENGE=
MEINDE      HUSBY

   +                  +


Alle Gravuren sind mit falunroter (Ochsenblut- oder Schwedenrot) Farbe ausgelegt.

Die meisten Denkmäler für die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs ehren sie als Helden, als Brüder, als Söhne und in der Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Durch das Scheitern im 1. Weltkrieg werden die Soldaten nicht zu Anti-Helden. Das ihnen zugebilligte schuldfreie Versagen wird mit historischen Umdeutungen – »Die Dolchstoßlegende« – erklärt. Nach der militärischen Niederlage galten die Soldaten als »im Felde unbesiegt«.

Die Dolchstoßlegende erklärt vom Deutschen Historischen Museum


Unter der Inschrift, zum Ende des Kreuzes (auf dem Foto nicht zu sehen), steht:

Sei getreu bis in den
Tod, so will ich Dir die
Krone des Lebens geben

Das ist die Bibelstelle der Offenbarung des Johannes 2, 10b

Die Krone des Lebens kann nur durch das Bewahren der Treue erreicht werden. Das Standhalten unter Opferung des eigenen Lebens meint in der Bibel die Treue zu christlichen Wertevorstellungen wie z.B. Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Auf Kriegerdenkmälern ist damit die Treue zu Kaiser und Reich, zu Volk, Heimat und Vaterland gemeint. Der Kriegstod hat sicher nichts mit Nächstenliebe und Barmherzigkeit zu tun, aber die »Verwendung von Zitaten aus der Bibel schafft eine Begründungsstrategie, die trotz ihrer Irrationalität höchste Autorität zukommt. Die Texte der Bibel sind Gottes Wort« schreibt Volker G. Probst in ›Bilder vom Tode‹, Wayasbah, Hamburg 1986 auf Seite 51.

SH Husby von hinten web2 
Sieben weitere Granitplatten, senkrecht um den Turm herum angebracht, nennen die Namen der 67 toten Soldaten mit Geburts- und Todes- bzw. Vermißtentag, geordnet nach Ortsteilen der Kirchengemeinde. In jede Platte ist über den Namen zwischen den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs ein Tatzenkreuz eingraviert, darunter wurde – wenn es die Länge der Namensliste zuließ – ein stilisierter gesenkter Degen gesetzt. Umrahmt ist das ganze auf allen acht Platten von einer feinen Linie, alle Gravuren sind wieder wie auf der Frontplatte rot ausgemalt.

Siehe dazu auch das Kapitel »Degen«.

SH Husby 1939 1945 web


1956 wurde das Kriegerdenkmal um die Namen der 173 toten Soldaten des 2. Weltkriegs erweitert. Acht schwere Platten wurden zu Füßen des Turms in die Lücken zwischen den senkrechten Platten ringsherum auf dem Boden verlegt. Eine kleine Steinplatte nennt im Relief eines Eisernen Kreuzes die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs.

Das Eiserne Kreuz wird hier als militärisches Ehrenzeichen den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern postum verliehen. Ihr Kriegstod rechtfertigt diese Ehrung, sie wird für die angenommene Tapferkeit und Treue allen Toten kollektiv zugedacht.

Siehe dazu auch das Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

Erneut sind die Namen geordnet nach den Ortsteilen der Kirchengemeinde. Die Buchstaben sind erhaben gearbeitet und die Zeilen kunstvoll ausgeblockt. Je zwei Platten tragen das gleiche christliche Symbol über der Ortsangabe.


...................................................................................................

Die christlichen symbole

Auch die toten Soldaten der Deutschen Wehrmacht werden in Husby mit viel christlicher Symbolik bedacht. Die Analogie vom Soldatentod im Kampf zu Jesus und seinem Opfertod am Kreuz wird immer mitgedacht. Die Botschaft richtet sich an alle Menschen, da christliche in diesem Fall mit bürgerlichen Vorstellungen übereinstimmen.

Auf dieser Tafel sehen wir das Christusmonogramm IHS:

SH Husby IHS web

 
Das Nomen sacrum (der heilige Name) IHS leitet sich von der Transkription der ersten beiden und des letzten Buchstaben des griechischen Namens Jesu ab. Transkription bedeutet hier »Umschrift«, d.h. die Übertragung eines sprachlichen Ausdrucks von einem Schriftsystem in ein anderes. IHS (und ihs) als Kurzform des Namens Jesus kann man in Bibeln des Mittelalters und an anderen Stellen sehr häufig finden. Bis ca. 1450 wurden in Bibeln und Urkunden die Worte Jesus und Christus und andere Nomina sacra (heilige Namen) praktisch nie ausgeschrieben. Zunächst war dieses Kürzel mit einem darüber liegenden Kürzungsstrich versehen, aus dem später ein Kreuz wurde.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 5. Februar 2017

 

SH Husby PX web

Das Christusmonogramm ΧΡ, auch Konstantinisches Kreuz genannt, ist nach dem Kreuz und dem Fisch das am häufigsten verwendete Symbol für Jesus Christus. Es wird seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. von Christen verwendet.

Das früheste christliche Emblem – noch vor dem Kreuz – ist die Abkürzung des Titels »Christus«. Die Ähnlichkeit der griechischen Buchstaben Χ (Chi) und Ρ (Rho) mit den lateinischen Buchstaben X und P veranlasste in späterer Zeit die Interpretation des Symbols als Kurzform des lateinischen Pax (Frieden) oder Pax Christi.

Konstantin der Große soll, nach einer Vision, in der ihm gesagt wurde »In diesem Zeichen wirst du siegen«, seiner Armee befohlen haben, es auf die Schilde zu malen.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 15. Februar 2017

SH Husby A web


Alpha und Omega, der erste und der letzte Buchstabe des klassischen griechischen Alphabets, sind ein Symbol für Anfang und Ende, damit für das Umfassende, für Gott. Bibelstelle: Offenbarung 1, 8: Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.

SH Husby Smile web

Der Kreis und das vierarmig-symetrische Kreuz gehören zu den elementaren graphischen Zeichen. In dieser Kombination ist das Zeichen allgemein Symbol für Kirche und steht in Legenden von Landkarten für Kirchengebäude. Hier sind dem Kreis noch Aussparungen hinzugefügt, die einem Smiley unserer Zeit ähneln. All diese Symbol-Varianten sollen dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben.


....................................................................................................

Die Einweihung 1921

»Am Sonntag, den 30. Oktober, nachmittags 2 Uhr. Glockengeläute, Anmarsch der Vereine.«

SH Husby 1921 10 30 Einweihung Pastor Lensch Flensburg web


Pastor Lensch aus Flensburg hielt am Denkmal die Weiherede. Umrahmt von Liedern und Ansprachen wurde die Weiheurkunde verlesen und von Bauunternehmer Asmussen eingemauert.


SH Husby Programmseite web


Schon im Gottesdienst sangen die beiden Gesangsvereine Husby und Ausacker zusammen »zum Gedächtnis der Gefallenen«. Das Lied endet mit der Strophe_

Euch sei die selige Ruh’
Für alle Täuschung der Erd’;
Ihr ward für diese zu wert
Ihr habt so tapfer gestritten;
Aber die Hoffnung sie wächst über Trümmern empor
Euch sei die selige Ruh’.


Auch am Denkmal wurden revanchistische Töne angeschlagen. Die letzte Strophe aus dem Lied »Ehrenvoll sind sie gefallen« lautet:

Und der Nachwelt soll es künden:
Wenn ein Volk die Toten ehrt,
Wird es einst auch wieder winden
Lorbeer um des Siegers Schwert

Programmzettel


Auf den Kriegerdenkmälern, auf den Einweihungsfeiern wurden Heldentum und Wehrhaftigkeit der nächsten Soldatengeneration beschworen, um den »schmachvollen« Frieden von Versailles zu rächen.

Der Versailler Vertrag auf LeMO


Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung werden die Parlamentsdebatten zum Versailler Vertrag beschrieben:

»In den folgenden Jahren nutzten fast ausschließlich NSDAP-Abgeordnete, wie Franz Stöhr, Wilhelm Kube und Gregor Strasser, den Begriff ›Schmachfrieden‹ und instrumentalisierten den Versailler Vertrag, um gegen die Republik und die Demokraten zu agitieren. Der Sozialdemokrat Kurt Löwenstein brachte es im Juni 1925 auf den Punkt: ›Die Herren von rechts (…) wollen (…) auf den Krücken des ›Schmachfriedens von Versailles‹ die schwärmerische Jugend im Geiste der Revanche erziehen und durchbilden.‹«

Link zum Beitrag


....................................................................................................

Notgeld

Auch auf Notgeldscheinen wird die Einweihung des Kriegerdenkmals 1921 dokumentiert.

SH Husby Notgeld2 web


Damals hieß das ganze Gelände »Ehrenfriedhof«. Der allgemeine Friedhof wurde erst 1926 von Pastor Barharn eingeweiht.


SH Husby Notgeld web

Als erste zivile Amtshandlung wurde dort eine Soldatenmutter beigesetzt.


....................................................................................................

die erweiterung 1956

Am 10. Juni erfolgte die Einweihung der Namensplatten für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs.

SH Husby Archivfoto 2 web

Dritter von links: Peter Jensen, Ausacker

SH Husby Archivfoto 4 web


Dritter von links: Nicolaus Owesen, Gremmerup. Fünfter von links: Günther Claußen, Husby. Ganz rechts: Amtmann Hansen.

SH Husby Archivfoto 3 web

Viele Männer mit vielen großen Kränzen. Trauernde Mütter, Witwen und Waisen stehen nicht im Vordergrund.

SH Husby 1956 06 10 Ehrenmal web

Blumenkästen stehen auf den Mauervorsprüngen, das Eiserne Kreuz mit den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs ist von Kränzen umgeben.

SH Husby Archivfoto 1 web


Das Foto von 1957 zeigt die kurz vorher erfolgte Erweiterung. Der umlaufende gepflasterte Weg und der freie Raum um das Denkmal lassen es insgesamt größer erscheinen als heute.


Wir danken Johann Adam vom Kirchenkreisarchiv für die vielen Informationen und die historischen Fotos.


....................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Heute ist das Eiserne Kreuz das »nationale Erkennungszeichen der Bundeswehr‹.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

EK 1940 Die Woche 360px web7    
Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

....................................................................................................

Degen

In der Vergrößerung sehen wir deutlich, dass das langgezogene Symbol zwischen den Jahreszahlen kein Kreuz als Zeichen der Trauer, sondern ein Degen ist. Auch wenn er hier in Husby als Zeichen der Niederlage gesenkt ist, sollten die Waffensymbole auf den Denkmälern nach dem 1. Weltkrieg, die nur vorübergehend erzwungen ruhende Wehrhaftigkeit des Deutschen Reichs darstellen.

SH Husby Degen web


Der Degen ist stilisiert abgebildet, er gehört zu den Waffen mit vornehmer Symbolkraft. Im 1. Weltkrieg wurde er nicht mehr als Stichwaffe benutzt. Der technologische Fortschritt durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert machte es möglich, dass für den 1. Weltkrieg neue Waffen entwickelt und produziert wurden, die Angriffe aus weiter Entfernung gestatteten. Es musste nicht mehr Mann gegen Mann gekämpft werden. Zu den neuartigen Waffen gehörten U-Boote, Panzer, Flugzeuge, Maschinengewehre, Handgranaten und Giftgas. Der Degen hatte ausgedient.

Er wurde aber bis heute ein nobles Assessoire für Galauniformen bei Paraden oder besonderen Zeremonien. Seine Bedeutung hat der Degen in der Vergangenheit erlangt: er gehörte u.a. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zur vollständigen Garderobe von Offizieren und Adeligen und war insofern auch Rangabzeichen. Das Degenfechten gilt auch heute als ein akademischer Sport.

Der Degen auf dem Weltkriegsdenkmal ist also als zusätzliche Ehrung zu verstehen.

....................................................................................................

Die Stele

An der Nordseite der Anlage steht eine aufgerichtete Steinplatte mit der Inschrift:

GEDENKET / DER / GEFALLENEN / MÄNNER / FRAUEN / UND KINDER / DER / GEFANGENEN / VERSCHLEPPTEN / UND / VERTRIEBENEN / UNSERES / VOLKES / UND ALLER / VÖLKER

Darüber sehen wir ein Ankerkreuz, darunter ein Zeichen, das wie ein Stern aussieht. Bei der ausgeklügelten christlichen Symbolik der Anlage kann es sich aber auch um das Zeichen »Iota Chi« handeln. »I«, der griechische Buchstabe Iota steht für Jesus, »X«; der griechische Buchstabe Chi für Christus.

  SH Husby Stein web


Den am Rand umlaufenden Text kann man heute kaum entziffern. Als die Stele am 10. Juni 1956 von Pastor Richers eingeweiht wurde, konnte man ihn noch lesen:

In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost ich habe die Welt überwunden Joh. 16/33

Die Stele stand damals noch hinter dem Denkmal, später wurde sie nach vorne neben den Denkmalturm versetzt.

SH Husby 1956 06 10 Einweihung Stele web2


Archivfoto vom 23. November 2011, womöglich wurde die Stele zu diesem Zeitpunkt umgesetzt.      

»Die Stele fordert auf, der ›gefallenen Männer, Frauen und Kinder, der Gefangenen, Verschleppten und Vertriebenen unseres Volkes und aller Völker‹ zu gedenken. Doch welche Gefangenen waren hier gemeint? 1956, als die Stele errichtet wurde, waren nur noch verurteilte Kriegsverbrecher als Gefangene ›unseres Volkes‹ in Gefängnissen. Der Spruch liest sich als eine Gleichsetzung verurteilter deutscher Kriegsverbrecher und den noch in Sibirien in Lagern einsitzenden Opfern des Stalinismus.«

Stephan Linck

Bauzeichnung Stele


....................................................................................................

Die Kirche St. Vicentius

Das Kriegerdenkmal steht in der Sichtachse zur Kirche.

SH Husby mit Kirche web


Die St. Vincentius-Kirche wurde im 12. Jahrhundert erbaut. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sie einen hölzernen Vorgängerbau gehabt. Der heutige Bau ist romanisch und aus behauenen Granit-Quadern [wie der Denkmalturm] errichtet. Das spricht für die besondere Bedeutung der Kirche, denn von den 37 erhaltenen romanischen Kirchen in Angeln sind ansonsten nur die bedeutenden Bauten in Munkbrarup, Norderbrarup und Sörup aus diesem Material. Der mächtige Turm stammt aus gotischer Zeit, ist mit Schindeln gedeckt und weithin im Land sichtbar.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 17. Februar 2017

SH Husby kirche vincentus Frank Stegemann WikimediaCommons web

Foto: Frank Stegemann/Wikimedia Commons

SH Husby UlrikeLehmann wikimediaCommons web

Foto: Ulrike Lehmann/Wikimedia Commons

Kirchhof und Friedhof sind durch eine Straße, Hecken und Eingangstore getrennt.


....................................................................................................

Die Kriegsgefangenen

Durch die Abwanderung von jungen Frauen und Männern in die Kriegsindustrie hatte es bereits vor dem 2. Weltkrieg Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft gegeben.

Mit dem Überfall auf Polen begann dann der Einsatz von Kriegsgefangenen. 1939 wurden für Erntearbeiten im ganzen Reichsgebiet rund 30 000 eingesetzt. Anfang Oktober 1939 waren es bereits 110 000 und im Februar 1940 270 000 Kriegsgefangene. Die Gefangenen wurden zunächst in großen Durchgangslagern gesammelt und dann zu den Stammlagern (Stalags) verteilt, die der Wehrmacht unterstanden. Auf den Dörfern wurden Tanzsäle der Gastwirtschaften oder andere geeignete Unterkünfte ausgewählt. Dann wurden auf den Dörfern Wachmannschaften aus älteren Soldaten gebildet. So geschah es auch in dem beliebten Tanzlokal in Husbyries. Die Polen aus dem Husbyrieser Lager, es waren ca. 100 Mann, wurden auf Höfe in Husby, Husbyholz, Hodderup, Lutzhöft und Gremmerup verteilt, wo sie die eingezogenen Knechte ersetzten, und wo sie auch verpflegt wurden. Als Bewachung dienten fünf deutsche Soldaten unter der Führung eines Unteroffiziers.

Wir danken Claus Olsen für die Dokumentation.


....................................................................................................

<<< schließen


I N H A L T
Das Denkmal
Ein historisches Foto
Volkstrauertage
Das Eiserne Kreuz

...................................................................................................

Hutzfeld, Kreis Ostholstein

Gepflegte Anlage vor dem Feuerwehrhaus

Das Kriegerdenkmal wurde 1928 für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs als Feldsteinturm in Form eines Obelisken mit Inschriftentafel und bekrönt von einem Eisernen Kreuz auf erhöhtem Gelände errichtet. Seit Ende 1955 wurde dann über eine Neugestaltung nachgedacht. Eine Spendensammlung Ende Oktober 1962 machte die Erweiterung des Denkmals möglich. Nach einer Gemeinschaftsleistung der Dorfbewohner, die Pläne des Lehrers Matthiesen umsetzten, wurde der Umbau am 7. September 1963 eingeweiht (Quelle: Chronik von Hutzfeld von Helmut Schröder).

SH Hutzfeld 2016 web

Vor dem Denkmal wurde ein erhöhter trapezförmiger Platz angelegt, den man über zwei gemauerte Stufe erreicht. Rechts und links wurden dem Obelisken zum 1. Weltkrieg brüstungshohe Seitenmauern aus gleichem Material angegliedert. Darauf wurde in großen goldfarbenen Lettern die neue Widmung angebracht:

Zu Ehren       der Toten  
1914 – 18     1939 – 45 

Ein Beet in voller Länge vor der Mauer ermöglicht eine Bepflanzung. Der Obelisk mit aufgesetztem Eisernen Kreuz aus dem Jahr 1928 trägt weiter die eingelassenen Granittafeln aus der Zeit der Errichtung. Das Ganze wird flankiert von zwei Vasenpostamenten, die wie die Birkenreihe hinter dem Denkmal, die die traditionelle Form eines Ehrenhains zitiert, die Einfriedung und natürlich die gesamte Anlage unter Denkmalschutz steht.


             SH Hutzfeld Namen web


Die Inschrift lautet auf der großen zentralen Tafel:

1914 – 1918
erlitten den Heldentod

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

Obwohl der 1. Weltkrieg so viele Menschenleben forderte und der Krieg vom Deutschen Reich begonnen und verloren wurde, interpretierten die Stifter in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäler den Kriegstod als sinnvoll. Das anonyme Massensterben wurde ignoriert, stattdessen heroisierte man die Soldaten und stilisierte ihr Schicksal.


Es folgen die Namen der 24 toten Soldaten aus Hutzfeld.


SH Hutzfeld Niemand web


Darunter – etwas ungelenk auf der Platte verteilt – der Bibelvers Johannes 15.13 in der Fassung der Lutherbibel von 1912:

Niemand hat größere Liebe den die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde

 

Das Landesamt für Denkmalspflege Schleswig-Holstein stellt in seiner Datenbank Beschreibungen der geschützten Denkmäler zur Verfügung. Hier ein Auszug zum Denkmal in Hutzfeld: »Die Jesusworte "Niemand hat größere Liebe den die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde" (Johannes-Evangeliums 15,13) liefern auf einer weiteren Tafel im Sockelbereich eine biblisch überhöhende, sinnstiftende Interpretation des Soldatentodes.«

Die Beschreibung des Landesamtes  Lizenz CC BY-SA 4.0


SH Hutzfeld Unser web


An den Seiten des Obelisken steht auf eingelassenen Steinen:

Unser Dank

SH Hutzfeld Wir web


... und auf der anderen Seite:

Wir für euch

Der 1. Weltkrieg wurde vom Deutschen Reich im Streben nach einer Vormachtstellung in Europa begonnen. Diese beiden Inschriften suggerieren fälschlicherweise, dass die Soldaten zur Verteidigung der Menschen in Deutschland in den Krieg gezogen seien.

...................................................................................................

Ein Historisches Foto

SH Hutzfeld alt web


Ursprünglich stand der Obelisk allein auf der kleinen Anhöhe, ohne flankierende Mauern.

...................................................................................................

Volkstrauertage

SH Hutzfeld 1963 web


1963 – der erste Volkstrauertag nach der Umgestaltung.


SH Hutzfeld VTT 2004 web

2004 – mit Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr


SH Hutzfeld VTT 2008 web

2008 – die Fahne mit dem Leitspruch der Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland:

Gott zur Ehr’ dem Nächsten zur Wehr


Wir danken Herrn Helmut Schröder aus Hutzfeld für die Informationen und die Fotos von den Volkstrauertagen.


...................................................................................................

Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.

Heute ist das Eiserne Kreuz das »nationale Erkennungszeichen der Bundeswehr‹.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web3


• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg – nachdem sie noch Massaker an der Zivilbevölkerung Belgiens begangen hatten – zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

...................................................................................................

<<< schließen