TRADITIONEN WERDEN GEPFLEGT

Kriegerdenkmäler in Schleswig-Holstein

»Die Auseinandersetzung mit den Denkmälern gehört zu unserer Erinnerungskultur. Dabei wird sichtbar, dass wir auch als Kirche lernen, die eigenen Verstrickungen in die Geschichte von Krieg und Gewalt kritisch zu beleuchten. Die Erinnerung ist notwendig, um in der Gegenwart Versöhnung zu leben und auch in Zukunft dem Frieden zu dienen.

Unter dem Motto: ›Erinnern – Erkennen – Gestalten‹ greift die Evangelische Akademie Hamburg einen Appell der Synode der Nordkirche auf, sich kritisch mit den vielen hundert Ehrenmalen im Lande auseinanderzusetzen.

Gerade die vielen öffentlichen Ehrenmäler zum Ersten Weltkrieg zeigen den damals prägenden Einfluss nationalistischer und auch nationalsozialistischer Ideologie. Ehrenmale zum Zweiten Weltkrieg stehen nicht selten noch unter dem Einfluss der Formensprache jener Zeit.«

Gothard Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein


Die in den Dörfern und Städten Schleswig-Holsteins zahlreichen Kriegerdenkmäler sind oft im Zentrum des Ortes aufgebaut oder in eigene Grünanlagen integriert. Die häufig zu findenden Namenstafeln getöteter Soldaten, die der persönlichen Erinnerung dienen sollen, sind gleichwohl mit den verbreiteten Deutungen versehen: Verehrung der Soldaten als Helden, Verklärung ihres Todes als Opfer für König und Vaterland und Legitimation des Krieges bestimmen diese Denkmäler. Aufrufe zum Frieden und gegen Krieg finden sich eher selten. Soweit bekannt, werden diese Kriegerdenkmäler fast überall am Volkstrauertag für die traditionellen Rituale des Gedenkens genutzt. Einige sind weitgehend unbeachtet, zum Beispiel der überlebensgroße »Held« in Eckernförde und selbst Einheimischen nicht immer bekannt.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Ahrensburg   Bünningstedt   Hoisbüttel

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.

 


I N H A L T
Die Denkmalsanlage
Aus der Geschichte
Die Tafeln im Kloster
Zwei Eichen
Dr. Richard Bruhn
»De Düdesche Schlömer«
1784: Aufhebung der Leibeigenschaft
Kameradschaftsbund
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung
Der Deutsch-Französische Krieg 1870 / 71

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Cismar, Kreis Ostholstein

Auf dem kirchlichen Friedhof an der Bäderstraße

Der Friedhof wurde 1967 in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Benediktiner-Klosters im sogenannten Klosterdorf Cismar angelegt.

Mehr über die Geschichte des Klosters auf Wikipedia


SH Cismar Anlage Friedhof fern web


In dieser also relativ jungen Anlage auf dem Friedhof wird der toten Soldaten aus vier Kriegen gedacht. Die Kirchengemeinde nennt das Areal auf ihrer Website »Ehrenfriedhof«.

An zwei Seiten umschließt ihn eine niedrige Ziegelsteinmauer, die anderen Seiten begrenzen verschiedene Sträucher. In der vorderen Ecke steht ein Fahnenmast.

SH Cismar Anlage Friedhof Anlage web


Ein Ziegelsteinweg führt neben der Rasenfläche zum Gedenkplatz.

SH Cismar Anlage Friedhof Anlage nah web


Er ist in Bogen mit quadratischen Granitsteinen gepflastert. Bei unserem Besuch Anfang Januar 2021 liegen noch die Kränze vom Volkstrauertag an den schräg aufgestellten Tafeln. Es sind dünne Bronzegusstafeln, die auf je einer etwas größeren Steinplatte liegen. Als der Gedenkplatz bei der Anlage des neuen Friedhofs 1967 aufgebaut wurde, sind auch die Tafeln für die vier Kriege neu und einheitlich gestaltet und hergestellt worden.

SH Cismar Anlage Friedhof Kreuze web


Ebenso wie die fünf schlichten Granitkreuze in der Art wie sie oft auf Soldatenfriedhöfen aufgestellt wurden. Hier in Cismar haben sie unterschiedliche Größen. Warum es für vier Kriege fünf Kreuze sind hat wohl künstlerische Gründe.

SH Cismar Anlage Friedhof Tafeln web


Die zwei quer und die zwei hoch rechteckigen Tafeln sind chronologisch geordnet. Die ersten beiden neben den Steinkreuzen sind den toten Soldaten des 2. Weltkriegs gewidmet.

SH Cismar Anlage Friedhof 2WK Cismar web

Auf allen vier Tafeln gibt es nur Grossbuchstaben. Es wurde immer die gleiche Schrift in zwei Schnitten verwendet, die Tafeln sind aus gleichem Material und in gleicher Machart, im gleichen, modernen Design.

Es fällt auf, dass auf den Tafeln keine kriegerischen Symbole gezeigt werden: kein Stahlhelm, Lorbeerkranz, Adler oder Eichenlaub etc. Das ist sympathisch. Nur auf der Tafel zu den Feldzügen 1848/50 und 1870/71 sehen wir das militärische Ehrenzeichen ›Eisernes Kreuz‹ in bescheidener Größe als Kontur.

Die Widmung auf der ersten Tafel lautet:

DEN GEFALLENEN UND VERMISSTEN
DES ZWEITEN WELTKRIEGES 1939/45

Der folgenden Namensliste ist CISMAR über zwei Zeilen voran gestellt. Die toten Soldaten aus Cismar sind in drei Gruppen aufgeteilt, innerhalb der Gruppe sind sie nach Sterbejahren geordnet. Zwischen den Namen steht jeweils ein christliches Kreuz. Die erste Gruppe beginnt mit:

ES GABEN IHR LEBEN

Die Nennungen beginnen im dritten Kriegsjahr 1941 und gehen über fünf Jahre bis 1945, insgesamt sind es 49 Soldaten, allein 16 im letzten Kriegsjahr 1945. Die nächste Gruppe beginnt mit:

IN DER KRIEGSGEFANGENSCHAFT VERSTARBEN

1946 und 1947 je ein Soldat. Die dritte Gruppe beginnt mit:

ES BLIEBEN VERMISST

Ab 1942 waren es 24 Soldaten.

Zur Widmung passt ein Zitat von Hartmut Häger. Er schreibt in seinem Buch ›Kriegstotengedenken in Hildesheim‹, Gerstenberg 2006 auf Seite 60: »An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

 

SH Cismar Anlage Friedhof Tafel2WK Doerfer web


Auch die zweite Tafel gilt den toten Soldaten des 2. Weltkriegs, die erste Zeile lautet:

ZUM TREUEN GEDENKEN GEWIDMET

In dieser Namensliste gibt es eine weitere Unterteilung: Es werden die vier Herkunftsorte der Soldaten genannt.

Für GRÖNWOHLDSHORST beginnt die Aufzählung mit:

ES GABEN IHR LEBEN

Für die Jahre 1940 bis 1945 werden 24 Soldaten genannt. Es folgt wieder

IN DER KRIEGSGEFANGENSCHAFT VERSTARBEN

1945 drei und 1949 ein Soldat. Jetzt wird es fast poetisch:

DAS DUNKEL DER UNGEWISSHEIT LIEGT ÜBER

einem Soldaten 1943, zweien 1944 und einem 1945.

Für GUTTAU beginnt die Aufzählung über fünf Kriegsjahre 1941 bis 1945 mit:

ES GABEN IHR LEBEN

15 Soldaten werden genannt. Weitere drei unter der Überschrift:

ES BLIEBEN VERMISST


Für LENSTE werden von 1941 bis 1945 neun Soldaten genannt unter:

ES GABEN IHR LEBEN


In RÜTING sind es 1939, 1941 und 1945 zusammen fünf Soldaten:

ES GABEN IHR LEBEN

VERMISST BLIEB 1944 ein Soldat.


Insgesamt sind in Cismar und den umliegenden Dörfern im 2. Wetkrieg 140 Soldaten gestorben.


Zu dieser Tafel zitieren wir Ralph Giordano, der sich Gedanken darüber gemacht hat, was zum Gedenken an tote Soldaten hinzugefügt werden müsste: »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

 

SH Cismar Anlage Friedhof 1WK web


Die dritte Tafel gilt den toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Die Widmung lautet:

DEN GEFALLENEN UND
VERMISSTEN 1914 - 1918

Die Aufzählung beginnt wieder in gleicher Weise in CISMAR.

ES GABEN IHR LEBEN über die Kriegsjahre 1914 bis 1918 23 Soldaten. IN GEFANGENSCHAFT VERSTARB 1920 ein Soldat, VERMISST wurde ein Soldat.

In GUTTAU: ES GABEN IHR LEBEN über die Kriegsjahre 1915 bis 1918 13 Soldaten.

In LENSTE: IHR LEBEN GABEN über die Kriegsjahre 1915 bis 1918 acht Soldaten. IN GEFANGENSCHAFT VERSTARB 1921 ein Soldat 

In RÜTINGIHR LEBEN GABEN im Kriegsjahr 1917 drei Soldaten.


Insgesamt sind in Cismar und den umliegenden Dörfern im 1. Weltkrieg 50 Soldaten gestorben.

 

SH Cismar Anlage Friedhof 1922 Kameradschaft 1956 Erweiterung web


Am Ende der Tafel steht in großen Lettern ein Hinweis auf die Geschichte des Soldatengedenkens in Cismar:

1922 ERRICHTET VOM KAME-
RADSCHAFTSBUND FÜR CISMAR
UND UMGEBUNGERWEITERT
WURDE DIESE EHRENSTÄTTE
VON DEN EINWOHNERN DER
GEMEINDE CISMAR AD1956


»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019

Lesen Sie weiter unten mehr im Kapitel »Kameradschaftsbund«

 

SH Cismar Anlage Friedhof 48 50 70 71 web


Auf der letzten Tafel wird der frühesten Kriege in dieser Tafelreihe gedacht. Diesmal mittig gesetzt lesen wir Widmung und Namen:

ZUM GEDENKEN
DER IN DEN
FELDZÜGEN
1848/50 UND 1870/71
VERSTORBENEN
KRIEGER

Es folgen drei Namen von toten Soldaten während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1848/50 und drei Namen zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.

›Feldzüge‹ ist eher untertrieben, das waren schon veritable Kriege.

Lesen Sie dazu auch die Kapitel »Die Schleswig-Holsteinische Erhebung« und »Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71«.


Zum Schluss möchten wir auf die schreckliche Bedeutung des technischen »Fortschritts« für Kriege am Beispiel der Soldatentafeln in Cismar hinweisen. In 100 Jahren – und hier zählen wir nur die toten Soldaten – ergeben sich:

Ab 1848 in zwei Kriegsjahren drei tote Soldaten.

Ab 1870 in zwei Kriegsjahren drei tote Soldaten.

Ab 1914 in vier Kriegsjahren 50 tote Soldaten.

Ab 1939 in sechs Kriegsjahren 140 tote Soldaten.


SH Cismar Friedhof Fahne web2


Am 12. August 2022 weht die Deutschlandfahne über allen.

 

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Aus der Geschichte

Die Postkarte aus dem Privatarchiv von Hans-Uwe Hartert ist nicht datiert. Sie zeigt die ursprüngliche Denkmalsanlage zum 1. Weltkrieg, die später abgerissen wurde. Wie wir von Eberhard Dörr aus Cismar erfahren haben, stand das Denkmal ganz in der Nähe des heutigen Friedhofs.

SH Cismar Krieger Ehrung hist Karte Archiv Hartert web


Von Hans-Uwe Hartert erhielten wir auch folgenden Auszug aus der Kirchenchronik Grube III, Seite 144: »In der Kapelle zu Cismar ist nur eine schlichte Tafel mit den Namen der Gefallenen aus dem 2. Pfarrbezirk aufgehängt. Aber nahe dem Gotteshause hat ein sehr ansprechendes Denkmal für die Kriegsopfer des Ortes Platz gefunden, das von dem Kirchenältesten Herrn Postverwalter Schmidt in Cismar entworfen und unter seiner Anleitung durch ortsansässige Handwerker ausgeführt ist, wobei die Besitzer alle Fuhren freiwillig und unentgeltlich geleistet haben. Unter ähnlichen Hilfsleistungen sind in fast allen größeren Orten des Kirchspiels eigene Ehrenmale zum Gedächtnis der Gefallenen errichtet und durch den Ortspastor geweiht.«


In seinem aufwändigen Aufbau ähnelt das Denkmal der nicht weit entfernten Anlage in Kellenhusen.

Kriegerdenkmal in Kellenhusen


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Die Tafeln im Kloster

Auf einer kunstvoll geschnitzten Holztafel im Kloster werden zwei Kriege des 19. Jahrhunderts zusammengezogen.

SH Cismar Klostertafel Feldzuege web

Die Widmung auf der schwarzen Texttafel lautet:

Zum Andenken
der in den Feldzügen von 1848/50
& 1870/71 verstorbenen Krieger.

Die hier ungeordnete Namensliste ist dann allerdings auf der neuen Tafel auf dem Friedhof in die richtige Reihenfolge gebracht worden.

Neben allerlei militärischer und ehrender Symbolik sehen wir oben den Reichsadler – angelehnt an den preußischen Adler, am Sockel die Wappen der beiden Herzogtümer Schleswig: links zwei Löwen und Holstein: rechts das Nesselblatt. Die Löwen sind die Wappentiere des dänischen Königs. Sie zeigten die Lehnsabhängigkeit des Herzogtums Schleswig vom dänischen Königreich.

Der untere Abschluß zeigt zwischen Palmblättern den Orden »Kreuz für Auszeichnung im Kriege«, der im Deutsch-Französischen Krieg verliehen wurde.

Mehr zu beiden »Feldzügen« in den letzten beiden Kapiteln


Die Tafel zum 1. Weltkrieg ist im flachen Relief als Säulenhalle gestaltet. In der Mitte sehen wir das militärische Ehrenzeichen eines Eisernen Kreuzes.

SH Cismar Klostertafel 1WK web


Zwischen den Säulen lesen wir die Namen der toten Soldaten, nach ihren Heimatorten aufgeteilt und nach Todesdatum geordnet. Hier sind nun zu den 50 auf der Friedhofstafel Genannten 19 Soldatennamen dazu gekommen. Es werden noch mehr Nachbardörfer berücksichtigt, aber es gibt auch Abweichungen innerhalb der parallel aufgezählten Namenslisten.


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Zwei Eichen

Die Friedenseiche in der Bäderstraße ist nach dem 26. Februar 1871 gepflanzt worden. Sie und der Gedenkstein sind in der Denkmaldatenbank Schleswig-Holstein unter der Objektnummer 38426 verzeichnet.

SH Cismar Friedenseiche LDSH 2016 web2Foto: LDSH 2016

Aus der Beschreibung: »Eiche als Gedenkbaum nach Abschluss des Deutsch-Französischen Krieges gepflanzt wie der Gedenkstein zu erkennen gibt, eine aufrecht stehende Granitplatte mit Blendfeld und der Inschrift ›Friedens Eiche 1870/71‹. Solche Gedenkeichen wurden nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges in ganz Deutschland als Friedens-, Kaiser- oder Siegeseichen gepflanzt, in Schleswig-Holstein meist mit einem nebenstehenden Findling als Gedenkstein. Hiervon hebt sich die eigens bearbeitete Platte ab, auch die explizite Bezeichnung des Baumes als Friedenseiche ist selten anzutreffen. Die stattliche Eiche steht an exponierter Lage an dem Abzweig zur Keimzelle des Ortes, dem Kloster, von der Durchgangsstraße aus. Ortsbildprägendes Denkmal der Erinnerungskultur.« Lizenz: CC BY-SA 4.0

Mehr im Kapitel Deutsch-Französischer Krieg 1870/71.


Die Bischofs-Eiche steht am Eingang zum Friedhof. Die Inschrift auf dem Gedenkstein »Bischofs-Eiche 1238 1968« steht für die Geschichte der Kirchengemeinde.

SH Cismar Bischofseiche web


Auf der Website der Gemeinde wird sie beschrieben: »Die Geschichte der Kirchengemeinde beginnt mit der Gründung des Benediktiner-Klosters Cismar durch Graf Adolf IV. von Schauenburg im Jahre 1238. Die erste Gemeinde war also eine Mönchsgemeinde, die etwa 300 Jahre im Kloster lebte und ihre Gottesdienste zusammen mit den damals nach Cismar strömenden Pilgern feierte.

Als das klösterliche Leben nach Einführung der Reformation zum Erliegen kam, beherbergte das ehemalige Kloster nur noch die Hausgemeinde des Cismarer Amtmannes. Aber eben diese kleine Hausgemeinde war die erste evangelisch-lutherische Gemeinde in Cismar.

Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert fanden jahrzehntelang keine Gottesdienste mehr in der nunmehr verschiedentlich zweckentfremdeten Klosterkirche statt. Als aber der dänische König zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Wiederaufnahme der Gottesdienste in Cismar verfügte, begann sich wieder eigenständiges Gemeindeleben im Kloster zu rühren.

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde wurde während all dieser Jahre vom zweiten Geistlichen aus Grube mitversorgt. Die entscheidende Wende zur Selbständigkeit der Cismarer Gemeinde brachte erst das Jahr 1911, in dem Cismar zum eigenständigen Pfarrbezirk der Kirchengemeinde Grube erklärt wurde.

Am 1. Juli 1968 schließlich wurde Cismar eine eigenständige Kirchengemeinde mit eigenem Kirchengemeinderat und eigener Pfarrstelle.«

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Dr. Richard Bruhn

Richard Bruhn ist am 25. Juni 1886 in Cismar geboren. Er war ab 1932 Vorstandsvorsitzender der Auto Union AG und nach dem 2. Weltkrieg Geschäftsführer und Aufsichtsratsvorsitzender des Nachfolgeunternehmens Auto Union GmbH.

Bericht auf www.cismar.de: »Durch einen Zufall stießen drei Cismaraner auf die Spur dieses großen Sohns des Klosterdorfes und verfolgten sie mit beinahe kriminalistischer Akribie. Nachdem zahlreiche Daten, Urkunden, Unterlagen, Fotos und Zeitzeugenberichte gesammelt und verifiziert waren, begeisterte sich auch die AUDI-AG und beteiligte sich an dem Cismarer Vorhaben. Durch Kontakte zu zwei Söhnen von Dr. Bruhn und zu Dr. Carl Hahn [Bruhns Managerkollege bei der Auto Union] ergaben sich neue Quellen, und so nahm Gestalt an, was am 16. Juli 2000 im Saal der Bürgerbegegnungsstätte Klosterkrug Cismar und auf dem Außengelände stattfand: die Eröffnung der Dr. Richard Bruhn-Wochen 16.7.-7.8.2000. [...] Im Saal der Bürgerbegegnungsstätte Klosterkrug Cismar eröffneten ein kurzer Vortrag und Grußworte die Dr. Richard Bruhn-Wochen, im Anschluss daran wurde eine Gedenktafel enthüllt und die dreiwöchige Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert, in der die Cismaraner den Lebensweg Dr. Bruhns und die AUDI-AG die Geschichte der Technik von AUTO-UNION bis AUDI aufzeigen.«

SH Cismar Bruhn Einweihung web


Bericht und Foto aus dem Jahr 2000 stammen aus dem Momento in ›Internet Archive‹. Seit 1996 sammelt ›Internet Archive‹ Werke ohne Urheberrechtsanspruch und stellt sie als Download zur Verfügung – mittlerweile über eine Million legale Dateien.

Mehr: www.cismar.de in ›Internet Archive‹

 

SH Cismar Bruhn weit web


Dieses neue Gebäude beherbergt die Bürgerbegegnungsstätte Klosterkrug mit Saal, Bühne etc. Früher stand an gleicher Stelle der historische Klosterkrug. Bis 2019 gab es den Plan das stark renovierungsbedürftige Gebäude zu erhalten, aber die Gemeinde Grömitz als neue Besitzerin entschied sich für einen Neubau.

Mehr über die Geschichte des Klosterkrugs


Auf der Rasenfläche rechts daneben wurde im Juli 2000 der Gedenkstein für Richard Bruhn eingeweiht.

SH Cismar Bruhn naeher web


Im Sommer 2020 wurde an der Aussenwand des Gebäudes zusätzlich eine Informationstafel angebracht.

SH Cismar Bruhn Stein Tafel web


Auf der Bronzegussplatte des Findlings aus dem Jahr 2000 steht:

ZUR ERINNERUNG AN
DR. RICHARD BRUHN
*25.6.1886 IN CISMAR
GRÜNDER DER
AUTO UNION AG 1932

Vier Ringe – die seit 1932 für die Fusion von Audi, Horch, Wanderer und DKW stehen und bis heute das Logo der Auto Union darstellen.

 

SH Cismar Bruhn 1 Tafel web


20 Jahre später wird die Geschichte von der Gemeinde Cismar auf einer schwarzen Granittafel an der Gebäudemauer präzisiert:

Dr. Richard Karl Wilhelm Bruhn,
der spätere Gründer (1932) und
Wiedergründer der AUTO-UNION AG
nach dem zweiten Weltkrieg, wurde
in Cismar geboren und eingeschult.

Während des zweiten Weltkrieges wurden
Zigtausende Fremd- und Zwangsarbeiter
sowie Konzentrationslagerhäftlinge beschäftigt,
von denen Tausende ums Leben kamen.

Dr. Bruhns Rolle während dieser Zeit
zu beurteilen, legen wir in die Hände
eines Jeden, der diese Zeilen liest.


Der letzte Satz empörte einige Bürger:innen in Cismar. Lokalhistoriker Jörg Schemmer recherchierte genauer und deckte die Verantwortung von Richard Bruhn für den Tod tausender Zwangsarbeiter und seine Einstufung als hochrangiger Nationalsozialist in der späten Nachkriegszeit auf.

Oktober 2020: Der NDR bringt im Schleswig-Holstein-Magazin einen Beitrag zum Richard Bruhn-Gedenken in Cismar.

Zeitreise: Cismars problematischer »großer Sohn«

 

Auf www.der-reporter.de wird die weitere Entwicklung dokumentiert.

Dezember 2020: »Der Streit um den Gedenkstein für Richard Bruhn in Cismar ist beendet. [...] In das Thema, aufgedeckt von Jörg Schemmer, hatte sich sogar Landesbildungsministerin Karin Prien eingeschaltet. Auch seien Beratungen mit einer Bürgerstiftung [gemeint ist hier Dr. Stephan Linck, Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten] erfolgt, wie Bürgervorsteher Heinz Bäker erklärte. In der Sitzung der Gemeindevertreter am vergangenen Donnerstag in der Ostholsteinhalle entschied man sich dafür, sowohl den Stein als auch die erst im Sommer angebrachte Infotafel abzubauen. Diese enthalte missverständliche Formulierungen. Alle Fraktionen waren sich weitestgehend einig, dass sich ›Geschichte nicht zuschütten lasse‹, wie Mechtild Piechulla (SPD) mahnte. Aus diesem Grund soll an gleicher Stelle eine neue Hinweistafel aufgestellt werden, die sich kritisch mit der Person Richard Bruhn auseinandersetzt.«

Mai 2021: »Den Mitgliedern der Gemeindevertretung wurde am vergangenen Donnerstagabend in der Ostholsteinhalle der nahezu fertige Entwurf für die geplante Aufklärungstafel um Richard Bruhn präsentiert. Im vergangenen Dezember hatte das Gremium entschieden, den Gedenkstein vor dem Klosterkrug in Cismar abzubauen und sich von Bruhns Taten zu distanzieren. [...] Der Entwurf für die Tafel wurde genehmigt – diese kann nun zur Fertigung in Auftrag gegeben werden.«

SH Cismar Tafel Bruhn neu web


Und das ist sie nun, die neue Tafel (Foto leider mit Spiegelungen). Unter der Überschrift »Folgendes Lehrstück jüngerer deutscher Geschichte ist Teil der Gemeinde Grömitz– kann aber überall geschehen.« wird über die Chronologie des Richard Bruhn-Gedenken in Cismar informiert:

1886 wird Richard Bruhn hier in Cismar geboren, promoviert 1921 in Kiel im Fach Staatswissenschaften und wird 1932 Vorstandsvorsitzender der Auto Union AG. Der expandierende Konzern produziert im 2. Weltkrieg von Munition bis zu Motoren für Panzer und Flugzeuge nahezu alles. Als Wehrwirtschaftsführer unterhielt Dr. Richard Bruhn enge Kontakte zu Adolf Hitler und Albert Speer. Er stirbt 1964 in Düsseldorf.

2000 Zu Ehren Bruhns findet die Dr. Richard Bruhn-Woche hier im Klosterkrug statt, begleitet von einer Oldtimerausstellung. In Anwesenheit von Familie und Ehrengästen wird ein Gedenkstein enthüllt und an dieser Stelle niedergelegt. Bereits zu diesen Feierlichkeiten ist seine Rolle in der NS-Zeit in Teilen bekannt.

2014 Immer deutlicher wird im Bewusstsein der Bevölkerung, dass die Kriegsproduktion nur durch Untertageverlagerung im von Bruhn selbst konzipierten Kalkbergwerk Leitmeritz möglich war. Insgesamt 18.000 KZ-Häftlinge mussten in Leitmeritz Zwangsarbeit leisten. Davon starben 4.500 unter den mörderischen Arbeits- und Lebensbedingungen. Die Audi AG veröffentlicht dazu im Jan. 2014 eine Studie. Das Heimatblatt »Cismarer Bote« zeigt 2014 die Rolle Bruhns auf. Doch der Gedenkstein bleibt zunächst liegen.

2020 wird an der Wand des Klosterkrugs in der Nähe des Gedenksteins eine Granittafel mit unzulänglichen und missverständlichen Formulierungen angebracht.

2021 Dieser gerade gelesene Text wird zur Erklärung der Vorgänge aufgestellt. Der Gedenkstein und die missverständliche Tafel werden entfernt. Die Gemeinde distanziert sich von den Taten Dr. Richard Bruhns.

 
Wer mehr zum Werdegang von Richard Bruhn wissen möchte, kann hier weiterlesen:

»In der Folge wurde Bruhn von der Britischen Besatzungsmacht interniert und musste sich dem Entnazifizierungsverfahren stellen. Obgleich Bruhn als Leiter der Auto Union auch für die Beschäftigung von tausenden Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern die Verantwortung trug, wurde er im Spruchkammerverfahren als unbelastet freigesprochen und ging nach seiner Entnazifizierung ins bayrische Ingolstadt in die Amerikanische Besatzungszone Deutschlands. [...] Neben der Verleihung der Ehrendoktorwürde 1952 durch die RWTH Aachen für seine Verdienste um die deutsche Kraftfahrzeugindustrie erhielt Bruhn 1953 auch das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.«

Wikipedia / Richard Bruhn

 

Die WirtschaftsWoche, Deutschlands führendes Wirtschaftsmagazin, hat zwei Studien zum Auto-Union-Konzern in der Zeit des Nationalsozialismus in Auftrag gegeben. Einen Forschungsbericht ›Auto Union‹ beim Institut für Geschichtswissenschaften an der Universität Bonn für die Zeit des »Dritten Reich«


und eine Studie über »Umfang und Interpretation des Einsatzes von Zwangsarbeitern für den Auto-Union-Konzern im Zweiten Weltkrieg« beim Deutschen Historischen Institut Paris

 

»Audi zieht Konsequenzen aus der NS-Vergangenheit seines Vorgänger-Unternehmens Auto Union und distanziert sich vom wichtigsten Manager der eigenen Historie. Mitte Juli wird nach Informationen der WirtschaftsWoche deshalb eine der Audi-Pensionskassen umbenannt.

Wie das Magazin berichtet hat Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch beantragt, den Namen des langjährigen Auto-Union-Vorstandschefs und bisher hoch verehrten Audi-Nachkriegsgründers Richard Bruhn aus der Bezeichnung ›Dr.-Richard-Bruhn-Hilfe-Altersversorgung der Auto Union‹ zu streichen. ›Das Unternehmen unterstützt den Antrag des Betriebsrats‹, sagte ein Audi-Sprecher.

Der Konzern reagiert damit auf die aktuelle Veröffentlichung einer historischen Studie über die Unternehmensgeschichte und auf die von WirtschaftsWoche enthüllten NS-Verstrickungen des Vorgänger-Unternehmens und seiner Manager.«

www.wiwo.de, Harald Schumacher am 14. Juni 2014


Wir geben »Richard Bruhn Audi« ins Google-Suchfeld ein. Auf der Website der Audi AG erhalten wir folgende Auskunft: »http://www.audi.de › brand › historie › persoenlichkeiten. Für diese Seite sind keine Informationen verfügbar«


Und zum Schluß noch ein Screenshot von ›Internet Archive‹. Aus dem Lebenslauf von Richard Bruhn auf www.cismar.de im Jahr 2000. 1931 bis 1945: nichts gewesen!

SH Cismar Bruhn Vita web

 

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»De Düdesche Schlömer«

Auf dem nächsten Grundstück an der Bäderstraße in Richtung Kloster steht eine Bronzeplastik von Karlheinz Goedke. Der Förderkreis Kloster Cismar hat sie errichten lassen.

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Das Denkmal erinnert an Pastor Johannes Stricker, den ersten von mittlerweile 37 evangelischen Pastoren in Cismar. Er wirkte hier von 1561 bis 1572 und betätigte sich nebenher als Dramatiker. Bei Wikipedia kann man über ihn lesen:

»Johannes Stricker war der Sohn des gleichnamigen Gruber Priester, der im Zuge der Reformation heiratete. Nach dem Besuch des Katharineums zu Lübeck und kurzem Studium an der Universität Wittenberg wurde Stricker 1561 ordiniert, als er vom Amtmann Benedikt von Ahlefeldt als Prediger an die Klosterkirche in Cismar berufen wurde. In seinem Amt wurde er mit den Ausschweifungen und Übergriffen des holsteinischen Adels konfrontiert, die noch zunahmen, als das Amt Cismar 1576 an Detlef von Rantzau auf Kletkamp verpfändet wurde. Stricker war durch seine in Predigten und Schriften offen geäußerte Kritik den Nachstellungen der Adligen ausgesetzt. 1584 flüchtete er in die Reichsstadt Lübeck, wo er 1587 eine Predigtstelle an der Burgkirche erhielt. Im selben Jahr erschien sein bedeutendstes Werk in der Druckerei von Johann Balhorn, das mittelniederdeutsche Drama De düdesche Schlömer (Der deutsche Schlemmer). Das Stück, das Stricker dem Bischof von Lübeck, Eberhard von Holle, widmete, gilt sowohl als ein bedeutendes Sprachdenkmal des Mittelniederdeutschen als auch als eine originelle Bearbeitung des Jedermann-Stoffes.«

Abgerufen am 7. Mai 2022

SH Cismar Pastor Schloemer Figuren web


Die drei Figuren auf dem hellen Granitsockel stellen die Buhlin, den Schlömer und den mahnenden Pastor dar. Es sind die Personen aus Strickers Theaterstück »De düdesche Schlömer« (Der deutsche Schlemmer). Der Inhalt des Stückes wurde zum Vorbild für das »Jedermann«-Spiel von Hugo von Hofmannsthal.

SH Cismar Pastor Schloemer hinten web


Inschrift auf der Rückseite des Sockels: »Die Ermahnung des Schlömers«

In unregelmäßigen Abständen wird »De Düdesche Schlömer« immer wieder in neuer plattdeutscher Bearbeitung in der Klosterkirche Cismar zur Aufführung gebracht.

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1784: Aufhebung der Leibeigenschaft

Weiter auf der Bäderstraße kommt man hinter dem von einem Wallgraben umgebenen Kloster auf einen Rundgang, der nach ein paar Metern an einem Gedenkstein vorbeiführt.

 

SH Cismar Anlage Friedhof Hintereingang web


Das Gebiet jenseits des Friedhofs am Kloster mit dem Eingang zur Erinnerungsstätte.

 

SH Cismar Leibeigenschaft Schild web


»Gedenkstein zur Aufhebung der Leibeigenschaft 1784«, was bedeutet Leibeigenschaft?

Der Duden nennt als Synonyme zu leibeigen: abhängig, entrechtet, rechtlos, unterdrückt.

Wikipedia führt aus: »Leibeigene waren zu Frondiensten verpflichtet und durften nicht vom Gutshof des Leibherrn wegziehen. Sie durften nur mit Genehmigung des Leibherrn heiraten und unterlagen seiner Gerichtsbarkeit. [...] Die Leibeigenschaft lag ihrer Ausgestaltung nach oft zwischen Sklaverei und Hörigkeit. Sklaverei und Leibeigenschaft sind heute gleichermaßen geächtet.«

Im Schleswig-Holstein Lexikon lesen wir: »Mit der Entwicklung der Gutsherrschaft entstand auch die Leibeigenschaft. Bereits um 1500 hatten schon zahlreiche so genannte ›gutsuntertänige‹ Bauern einen der Leibeigenschaft nahekommenden Status. Die Leibeigenen waren ohne Besitz an Hof und Land, ihren Herren zu Diensten verpflichtet und durch das so genannte ›Schollenband‹ daran gehindert, wegzuziehen. Die rechtliche Grundlage für die Leibeigenschaft erhielt die Ritterschaft am 6. Mai 1524 von Friedrich I., [Herzog von Schleswig-Holstein, seit 1523/24 König von Dänemark und Norwegen] der ihnen die Hand- und Halsgerichtsbarkeit über ihre Untertanen zusprach. Vom 16. Jahrhundert an setzte sich die Leibeigenschaft auf allen Gütern durch. Erst mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts hörte sie auf, sich weiter zu verbreiten. Im Zuge der Aufklärung wurde die Leibeigenschaft mehr und mehr als menschenunwürdig betrachtet. Der holsteinische Gutsherr Hans Graf zu Rantzau schaffte von 1739 wie auch Benedikt Wilhelm von Ahlefeldt auf ihren Gütern Schritt für Schritt die Leibeigenschaft ab. Sie waren Vorreiter.«

Quelle: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag

 

SH Cismar Leibeigenschaft Stein web


Auf der Frontseite des Steins ist ein Bauer bei der Aussaat im Relief dargestellt. Der kräftig ausschreitende Mann greift gerade in seinen Beutel, er trägt einen Sonnenhut. Die Ackerfurchen und die auf- oder untergehende Sonne sind stilisiert dargestellt. Die abgerundete Fläche der Darstellung liegt unter zwei tiefergelegten kleinen Flächen. Ob damit eine Botschaft vermittelt werden soll, konnten wir nicht erkennen.

 

SH Cismar Leibeigenschaft Inschrift web

Eingemeißelt in ein halbrundes Feld unter dem Relief:

AUFHEBUNG
DER
LEIBEIGENSCHAFT

»Es kommt uns so lange zurückliegend vor und doch sind erst gut zweihundert Jahre ins Land gegangen, seit Immanuel Kant ausrief ›Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‹ und die von ihren Grundherren ausgebeuteten Bauern und Landarbeiter in der Folgezeit ›befreit‹ wurden, ihnen nicht nur Pflichten auferlegt, sondern auch Rechte gegeben wurden.«

Reiseseite von Folkert Frels, Allgemeine Zeitung der Lüneburger Heide, 21.7.2007

 

SH Cismar Leibeigenschaft Wappen web


Auf der linken Seite des Gedenksteins sind zwei Jahreszahlen angegeben:

1783
1805

1783 für den Beginn der Aufhebung der Leibeigenschaft auf einzelnen Gütern und 1805 für die Abschaffung der Leibeigenschaft im dänischen Gesamtstaat am 1. Januar 1805. Sie wurde in den Herzogtümern Schleswig und Holstein aufgrund einer königlichen Verordnung vom 19.12.1804, mit Wirkung zum 1. Januar 1805 »gänzlich und für immer« abgeschafft, soweit die Gutsherren ihre Untertanen nicht schon vorher daraus entlassen hatten.

Das Zeichen über den Jahreszahlen ist das Monogramm von Christian VII., König von Dänemark und Norwegen von 1766 bis 1808 und Herzog von Schleswig und Holstein.

SH Cismar Christian VII Danmark Norge webFoto: Wikimedia Commons / Orf3us / Lizenz CC BY-3.0 SA DE 

Christian VII. galt als geistesgestört. Der Nachwelt bekannt ist er vor allem wegen der Affäre um seinen Leibarzt Johann Friedrich Struensee.

Ab 1772 führte der dänische Theologe und Historiker Ove Jørgensen Høegh-Guldberg faktisch die Regierung in Dänemark.

1784 entmachtete Christians Sohn Friedrich Høegh-Guldberg und regierte als Kronprinzregent an Stelle seines Vaters. Er war ein Freund der Aufklärung und führte eine Reihe Reformen durch u.a. die Aufhebung der Leibeigenschaft.

Mehr zu Christian VII. auf Wikipedia

 

SH Cismar Leibeigenschaft seitlich web


Auf der rechten Seite des mächtigen Findlings ist eine dritte Botschaft eingemeißelt.

 

SH Cismar Leibeigenschaft Bauernland web


Kunstvoll ineinander verschränkt steht dort die Jahrhunderte alte, bis heute gültige These:

BAUERN
LAND
IN
BAUERN
HAND

 

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Kameradschaftsbund

»Militärische Vereine spielten früher im gesellschaftlichen Leben eine weit größere Rolle als heute! Geachtet war nur der Mann, der ›gedient‹ hatte. Im Zivilleben konnte man durch die Mitgliedschaft in einem Militärverein am Ansehen, dass der Soldatenstand genoß, weiter teilhaben. So wurden die ›Kriegervereine‹, wie sie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts genannt wurden, die mitgliederstärkste Vereinsform in Deutschland. Am Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte ihr Zusammenschluß zum ›Kyffhäuserbund‹. Neben allgemeinen Kriegervereinen bildeten sich Kameradschaften bestimmter Regimenter oder Waffengattungen. [...]
In engem Zusammenhang mit dem Kriegsvereinswesen stehen viele Denkmäler in Stadt und Land: Die Vereine regten ihre Errichtung an, spendeten Geld dafür und marschierten bei ihrer Einweihung auf.«

Ludwig Arndt, Militärvereine in Norddeutschland, BOD, Werbetext zum Buch, 2008

»In Deutschland war die Trauer um die getöteten Soldaten gleichzeitig verbunden mit der Erinnerung an eine Niederlage. Das Kriegserlebnis wurde zu einem Mythos geformt, der das Sinnhafte des Kampfes und der Opfer hervorheben sollte:

›Die Erinnerung an den Krieg wurde zu einem heiligen Erlebnis umgedeutet, das der Nation eine neue Tiefe der religiösen Empfindung gab und überall präsente Heilige und Märtyrer, Stätten nationaler Andacht und ein zum Nacheifern aufforderndes Erbe lieferte.‹ (Mosse, 13) Der Gefallenenkult wurde zu einem zentralen Bestandteil nationaler Selbstdarstellung und entwickelte besonders in Deutschland eine gewaltige politische Wirkung.

Das Ideal der Kameradschaft wurde auf die ganze Nation ausgedehnt. Die Gedächtnisfeiern an den Ehrenmälern auf öffentlichen Plätzen betonten den Vorbildcharakter der Gemeinschaft der Frontsoldaten. Im besiegten Deutschland wurde die ›Volksgemeinschaft‹, aus der heraus die Nation zu neuer Stärke erwachen sollte, zum Vermächtnis, das die Gefallenen den Überlebenden hinterlassen hatten. Die allerorts errichteten Denkmäler trugen dazu bei, diesen Sinn, der dem Soldatentod beigelegt wurde, in die Öffentlichkeit zu tragen und im Bewusstsein zu erhalten.

Die von den Nationalsozialisten angestrebte Volksgemeinschaft ist ohne das idealisierte Vorbild der Frontkameradschaft des Ersten Weltkriegs nicht vorstellbar. Der Gefallenenkult erlebte im nationalsozialistischen Deutschland dann auch seine äußerste Steigerung.«

Christian Lopau, Vortrag im Ratzeburger Dom im Begleitprogramm der Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945?«, 2017

Vortrag auf www.nordkirche-nach45.de 

 

SH Witzhave Elbe Jeetzel Zeitung 2005 web


Eine Todesanzeige in der Elbe-Jeetzel-Zeitung vom 23. März 2005 (!)


2006 beantwortete die Bundesregierung die kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu Traditionsverbänden, Kameradschaftsvereinen und Rechtsextremismus.

Deutscher Bundestag Drucksache 16/1282

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die Schleswig-Holsteinische Erhebung

Mit Feldzug 1848 / 50 auf der Gedenktafel ist die Schleswig-Holsteinische Erhebung gemeint. Sie entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.


SH Cismar 1850 Truppenrast webFoto: Wikimedia Commons / gemeinfrei

1850: Die Schleswig-Holsteinischen Truppen bei der Mittagsrast

Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.

Die ganze Geschichte auf Wikipedia


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Deutsch-Französischer Krieg 1870/71

... war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation webFoto: Wikimedia Commons / gemeinfrei

Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


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I N H A L T
Die Denkmalsanlage
Begriffsklärung
Volkstrauertag 2018
Der Stahlhelm
Der Psalm am Kirchenportal
1924: »Deutscher Tag in Kurau«
Der Todesmarsch
Wegzeichen

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Curau, Kreis Ostholstein

Auf dem Kirchhof in Curau, einem Ortsteil der Gemeinde Stockelsdorf

Die Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege steht auf dem höher gelegene Kirchhof mitten im Ort. Das Steinkreuz zum 2. Weltkrieg steht inmitten der weit auseinander gezogenen Anlage zum 1. Weltkrieg. Die einzelnen Teile sind durch eine einheitliche Pflasterung verbunden.

 

SH Curau beide web


Am Mäuerchen, das den Kirchhof umgibt, stehen zehn mit rötlich-bunten Feldsteinen gemauerte Obelisken, das sind frei stehende, rechteckige, spitz zulaufende Pfeiler. Hier sind sie mit weißen Fugen gemauert. Sie stehen für die zehn Dorfschaften im Kirchspiel Kurau (alte Schreibweise), die im 1. Weltkrieg tote Soldaten zu beklagen hatten. In der Mitte steht der größere, gerade gemauerte Turm mit gleichartiger Spitze. Er trägt die Widmungstafel.

 

SH Curau Tafel web


Die eingelassene Tafel ist wie ein Bilderrahmen gestaltet. Die Inschrift in einfacher serifenloser Schrift lautet:

Die zehn Dorfschaften
des Kirchspiels Kurau
errichten ihren im
Weltkriege 1914 – 1919 (!)
verbliebenen Helden
diese Ehrengedächtnis=
stätte.

 

SH Curau Helm web

Kunstvoll ragt das Bildsymbol aus Stahlhelm und Eichenlaub im Relief am unteren Ende über den Rahmen.


SH Curau 5Saeulen web


Weit zieht sich die Reihe der Obelisken um das Begrenzungsmäuerchen.

 

SH Curau gesamt web


Das Denkmal für die toten Soldaten ist ein zweiteiliges Steinkreuz aus rötlichem Granit. Auf der langen unteren Seite sind untereinander die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs glatt herausgearbeitet worden.

1939   1940   1941   1942   1943   1944   1945

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Begriffsklärung

Fachleute definieren Begriffe, die auf der Denkmalstafel und den Kranzschleifen in Curau genannt werden: 

Ehrengedächtnisstätte, Helden: Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. Eine solche Form der Ehrung ist im zivilen Bereich mit der Verleihung von Ehrenbezeichnungen, Urkunden, Ehrenringen oder -plaketten oder auch Orden verbunden, im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert. [...] Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene »Dolchstoßlegende« oder die Proteste gegen die »Wehrmachtsausstellung« über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 33


Diese Denkmäler sind vor allem in den 20er Jahren in zahlreichen Städten und Gemeinden errichtet worden. Sie bringen Deutungen des Kriegs und der deutschen Niederlage zum Ausdruck, die mit Heldenverehrung und religiöser Verklärung des Opfertodes für Kaiser, Vaterland und Gott sehr problematisch sind. Vielfach konnten diese Denkmäler in der Nazi-Zeit für die ideologische Einstimmung auf den 2.Weltkrieg genutzt werden. So sind sie zu stummen und gleichwohl immer noch präsenten Zeugen einer unheilvollen Geschichte und oft auch der kirchlichen Mitverantwortung geworden.
Spätestens seit der Friedensbewegung in den 80er Jahren besteht auch in der Kirche ein weitgehender Konsens darüber, dass die Botschaft dieser Denkmäler mit dem biblischen Friedensauftrag unvereinbar ist. Diese Unvereinbarkeit findet allerdings an den allermeisten Standorten keinen sichtbaren Ausdruck.

Pastor Ulrich Hentschel, Studienleiter für Erinnerungskultur i. R., Ev. Akademie der Nordkirche


Als wir etwas sehen konnten und Zeit zum Nachdenken hatten, wurde mir langsam klar, was für ein schreckliches Szenario sich hier abgespielt hatte. Wir dachten an Begriffe wie »Ehre« und »Ruhm«, die so viele Menschen in ihrer Unwissenheit mit dem Krieg in Verbindung bringen. Sie hätten die Decks der SMS »Broke« am 1. Juni 1916 um 4 Uhr morgens sehen sollen. Da hätten Sie gesehen, wie der „Ruhm« und die »Ehre« tatsächlich aussahen. Achtundvierzig unserer Männer waren gefallen und die meisten waren so zugerichtet, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen waren. Weitere vierzig waren sehr schwer verwundet. Ungefähr fünf Stunden lang versuchten wir, alle unsere toten Kameraden zu finden, sie von dem halbzerstörten Mannschaftsdeck zu schleifen und ihre Leichen über Bord zu werfen, damit sie in der tiefen See ihre letzte Ruhe finden konnten. Das waren die »Ehre« und der »Ruhm«, die uns zuteilwurden. Es kommt einem vor wie ein Massenmord. Man fragt sich, wie die Menschen diese Kühnheit aufbringen konnten. Hätten wir nur einmal kurz überlegt, auf was wir uns da einlassen, wären wir niemals in den Krieg gezogen.

• Seeschlacht ohne Sieger: Skagerrag, Jütland 1916, Deutsches Marinemuseum Wilhelmshaven

Gedenken: Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324].

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim,, S. 29

Gefallene: ... verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.

• Ebd., S. 22


Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: »der Gefallenen«. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung »Gefallene« eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort »fallen« verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der »fiel«, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort »fallen«, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

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Volkstrauertag 2018

In Curau werden die Kränze mit den üblichen Schleifenwidmungen am Kreuz für den 2. Weltkrieg niedergelegt.

SH Curau Kranz Feuerwehr web


Von der Freiwilligen Feuerwehr: »Den gefallenen Kameraden zum Gedenken«.

SH Curau Kranz Kirche web


Eher ungewöhnlich ist die Widmung der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Curau: »Den Opfern und Gefallenen aller Gewaltherrschaften«.


Die »Opfer« gelten als solche von »Krieg und Gewaltherrschaft«. Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?
Soll diese unhistorische Gleichmacherei, welche die Unterschiede zwischen den Toten hinter dem Opferbegriff versteckt, nicht weitergeführt werden, dann muss sich das bundesdeutsche Totengedenken von diesem Begriff verabschieden. Was aber könnte an dessen Stelle treten? Denkmäler, so wird heute oft gefordert, sollten die paradoxe Botschaft ausdrücken, dass ihr Sinn gerade darin bestehe, keinen Sinn für den Tod bieten zu können.

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web3
    

Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem »massenhaften Elend der Materialschlachten« heraus, der nun »gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.« In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters »als Repräsentant des deutschen Heeres« gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher »Kämpfer für Deutschland« stilisiert werden, der »ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.«

Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2005, S.130f

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Der Psalm Am KirchenPortal

Die heutige Kirche von Curau ist ein Bau von 1828 – und die dritte Kirche an dem Standort.

SH Curau Portal Genet WikimediaCommons web2Foto: Genet / Wikimedia Commons

Im Dreiecksgiebel des klassizistischen Portals steht auf einer Marmortafel ein Bibelspruch aus dem Psalm 26,8:

Herr, ich hab lieb die Stätte Deines Hauses und den Ort da Deine Ehre wohnt

Die Bibel appelliert: »gebt unserm Gott allein die Ehre!«. Umso erstaunlicher, dass unmittelbar neben diesem Kirchenportal die Ehre von Kriegshelden beschworen wird – bis heute unkommentiert.

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1924: »Deutscher Tag in Kurau«

Die Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck berichten:

»Am Sonntag, den 19. Oktober hielt die Ortsgruppe Kurau des Stahlhelm, Bund Deutscher Frontsoldaten in Kurau einen Deutschen Tag verbunden mit Fahnenweihe ab. Die Stahlhelmleute und die Jungbünde dieser Organisation aus der ganzen Umgebung waren in großer Anzahl der Einladung gefolgt. Es fand zunächst eine Begrüßung, dann ein Kirchgang und ein Weiheakt an den Ehrengedächtnisstätten statt. Die Fahnenweihe folgte.

SH Curau Deutscher Tag 1 web


Bei den verschiedenen Veranstaltungen sprach Marine=Oberpfarrer Krenn, der Ortsgeistliche Pastor Dr. Greis, General von Morgen, Admiral Titus Türck, der Ortsgruppenführer Elinos von Bruning und andere Ehrengäste. Unsere Bilder zeigen Abschnitte von der Festlichkeit.«


SH Curau Deutscher Tag 2 web


Der Feldgottesdienst am Deutschen Tag des Stahlhelm, Bund Deutscher Frontsoldaten.


Mehr zum Bund Deutscher Frontsoldaten auf LeMO


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Der Todesmarsch

Am 19. Januar 1945 begann im Auschwitz-Außenlager Fürstengrube in Oberschlesien die Evakuierung des Lagers, bedingt durch die herannahenden Truppen der Roten Armee. Fehlende Ernährung, Krankheiten, Erschöpfung, Misshandlungen und Morde forderten auf diesem Todesmarsch von Januar bis Mai 1945 mit mehreren Zwischenstationen zahlreiche Opfer.

Der Todesmarsch erfolgte unter Leitung des letzten Lagerleiters SS-Oberscharführer Max Schmidt aus Neuglasau bei Ahrensbök.

Vom Zeitpunkt der Evakuierung an befanden sich noch 1283 Gefangene, meist jüdischer Herkunft, in Fürstengrube. Davon wurden etwa 250 erschossen und die verbliebenen rund 1000 Gefangenen auf einen Todesmarsch nach Gleiwitz getrieben, dort in offenen Bahnwaggons deportiert und innerhalb von 14 Tagen über Mauthausen in Österreich nach Nordhausen am Harz in das KZ Mittelbau transportiert. Bei dem Transport erfroren viele Häftlinge, die unzureichend gekleidet, ungeschützt und geschwächt durch die Lagerhaft einer Witterung von minus 20° nicht mehr standhalten konnten. Die Toten, die während der Fahrt starben, wurden zum Teil bereits auf der Fahrt kurzerhand aus dem Zug geworfen. Ihre Leichen fand man entlang der Bahnschienen und bestattete sie auf den angrenzenden Friedhöfen.

Nach der Ankunft der wenigen Überlebenden dieses Transportes wurden die Häftlinge in der unterirdischen Waffenfabrik der Oda-Werke in Blankenburg eingesetzt, einem Außenlager des KZ Mittelbau, wo sie die so genannten V-Waffen V1 und V2 in Zwangsarbeit herstellen mussten.

Nach vier Wochen im KZ Mittelbau wurden 200 überlebende Häftlinge gesammelt und nach Magdeburg getrieben. Auf dem Weg dorthin traf die Kolonne auf eine Gruppe von 300 Häftlingen – mehrheitlich sowjetische Kriegsgefangene sowie Holländer, Franzosen und Belgier – die gemeinsam weitergetrieben wurden.

Die Häftlinge wurden am 9. April 1945 auf einen offenen Schleppkahn verladen und über die Elbe nach Lauenburg und den Elbe-Lübeck-Kanal nach Lübeck transportiert, wo sie am 12. April 1945 im Industriehafen Lübeck-Vorwerk eintrafen.

Von dem Industriehafen Lübeck-Vorwerk aus wurden die Häftlinge am 13. April 1945 17 km weit über Bad Schwartau (dort wurden 3 Menschen erschossen), Pohnsdorf, Curau (auf dem Weg dorthin wurden 20 Menschen erschossen) nach Ahrensbök getrieben, das sie am 14. April 1945 erreichten. Dort wurden die Häftlinge in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe wurde in eine vier Kilometer entfernte Feldscheune bei Siblin, die andere sechs Kilometer in eine Scheune bei Glasau/Sarau getrieben.

Die Häftlinge verblieben dort bis zum 30. April 1945. Während dieser Zeit wurden weitere Häftlinge erschossen. Die aus Westeuropa stammenden Häftlinge wurden Ende April vom Schwedischen Roten Kreuz unter Graf Folke Bernadotte gerettet, bekannt als die Rettungsaktion der Weißen Busse.

Anfang Mai mussten die Häftlinge über Süsel nach Neustadt in Holstein marschieren. In Süsel wurden am Abend des 1. Mai 1945 14 oder 15 Häftlinge in einer Scheune erschossen.

In Neustadt wurden die verbliebenen Häftlinge auf die Cap Arcona verschifft. Durch einen Angriff von Jagdbombern der Royal Air Force, der am 3. Mai 1945 zur Versenkung der Cap Arcona führte, kamen die meisten der 4600 Häftlinge, die sich zur Zeit des Angriffes auf dem Schiff befanden, um.

Die Toten sind auf dem Waldfriedhof der Gemeinde Timmendorfer Strand, auf dem Ehrenfriedhof Cap Arcona in Neustadt und auf dem Ehrenfriedhof für die Toten der Cap Arcona- und Thielbek-Katastrophe bei Haffkrug begraben.

Nach Wikipedia, abgerufen am 28. März 2019


Eine sehr gute Dokumentation mit vielen Fotos und Landkarten finden Sie auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök. Auf der Ausstellungsseite bis »Todesmarsch« scrollen.

Gedenkstätte Ahrensbök


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Wegzeichen

Seit dem 1. September 1999 markieren zwölf Stelen – frei und aufrecht stehende Platten aus Beton mit eingelassenen Tontafeln und Tonfiguren – die Wegstrecke, auf der im April 1945 etwa 500 Häftlinge aus den Konzentrationslagern Auschwitz-Fürstengrube und Mittelbau-Dora von Lübeck über Bad Schwartau, Pohnsdorf, Curau, Bokhof, Dunkelsdorf, Ahrensbök, Siblin, Sarau, Süsel bis nach Neustadt i.H. marschieren mussten, wo die meisten auf Häftlingsschiffen in der Lübecker Bucht während eines britischen Bombardements ihr Leben verloren.


SH Curau Stele Genet Wikimedia Commons web2
Foto: Genet / Wikimedia Commons

Die Erinnerungsstele in Curau: im Rosenfeld an der Straße nach Ahrensbök, Kreuzung nach Dissau/Malkendorf

Die Wegzeichen sind das Werk von 15 jungen Menschen aus Polen, Tschechien, Weißrussland und aus Deutschland. Während eines gemeinsamen internationalen Sommerlagers – initiiert von der Gruppe 33, einer Bürgerinitiative, die sich als Arbeitsgemeinschaft zur Zeitgeschichte in Ahrensbök organisiert hatte – und in Zusammenarbeit mit der international aktiven Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste – arbeiteten sie 14 Tage lang unter Anleitung des Berliner Künstlers Wolf Leo. Nicht an Schuld, so Leo, sollen die Stelen erinnern, sondern an die Verantwortung der Nachgeborenen.

Lesen Sie mehr auf der Website der Gedenkstätte Ahrensbök unter »Wegzeichen erinnern und mahnen«

Wegzeichen

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Bibelspruch
Historische Fotos
»Gefallen«

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Dänischenhagen, Kreis Rendsburg-Eckernförde

An der Kirchenmauer direkt neben dem Eingang

Die Kirchentür sieht winzig aus neben der großen Denkmalswand, die sich über den Abstand von zwei der sechs Kirchenfenster spannt.

SH Daenischenhagen Christian Alexander Tietgen Wikimedia Commons web
Foto: Wikimedia Commons / Christian Alexander Tietgen


Das Denkmal an der Aussenwand der Kirche ist den toten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet. Den toten Soldaten des 2. Weltkriegs wird in der »Ehrenhalle« in der Kirche gedacht.

 

SH Daenischhagen ganz web


Das Denkmal ist komplett aus Sandsteinplatten gearbeitet. Das schlichte Hochkreuz auf einem Sockel teilt die Wand in zwei Teile. Die Oberkante der Wand, symmetrisch an beiden Seiten, ist aussen an den Fensterbänken gerade und schwingt sich dann hoch zum Kreuz, wo sie in einer Schneckenform endet. An der Unterseite läuft ein dreidimensionales Strichband mit.

 

SH Daenischhagen oben web


Der Text in einer Frakturschrift oben im Bogen lautet in zwei Spalten rechts und links vom Kreuzbalken:

Die Kirchengemeinde / Dänischenhagen
ihren im Weltkriege / 1914-1918 Gefallenen

 

SH Daenischhagen Namen


Auf jeweils drei eingelassenen Tafeln werden die Vor- und Nachnamen der toten Soldaten aufgezählt. Sie sind nach Herkunftsgemeinde geordnet und darin alphabetisch nach Anfangsbuchstaben des Nachnamens.

Auf der linken Seite:
1. Dänischenhagen, 10 Tote; Alt-Bülk und Neu-Bülk, 8 Tote
2. Scharnhagen, 16 Tote; Rathmannsdorf, 3 Tote
3. Klausdorf, 12 Tote; Stohl, 6 Tote

Auf der rechten Seite:
Seekamp, 11 Tote; Schilksee, 6 Tote
Kaltenhof, 12 Tote; Uhlenhorst 4 Tote
Birkenmoor, 12 Tote; Eckhof, 6 Tote

Die Namen sind durch senkrecht oder waagerecht stehende Rauten getrennt.

Unter jeder Tafel ist ein annähernd würfelförmiger Kranzhalter eingelassen worden.

 

SH Daenischhagen Joh web


Am Sockel ist eine Tafel angebracht worden mit der Inschrift:

Ev. Joh. 15 V. 13 Niemand hat größere
Liebe als die, daß er sein Leben läßt
für seine Freunde,


Foto: Jochen Hilbert. Wir danken ihm herzlich für die Verbundenheit mit unserem Projekt, für Hinweise und Fotos.

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Der Bibelspruch

»Das Zitat aus dem Johannes-Evangelium gehört zu der Ansprache, die Jesus zum Abschied an seine Jünger richtet. Sie ist eine Botschaft der Liebe, die die Gemeinschaft begründet, zusammenhält und trägt. ›Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe. Eine größere Liebe hat niemand, als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut; euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich alles, was ich vom Vater hörte, euch kundgetan habe.‹ (Joh. 15. 12-15)

Jesus kennt seinen Auftrag und hat ihn angenommen. Ohne seinen Tod gibt es keine Erlösung. Sein Leiden und Sterben ist das Opfer, das für die Erlösung der Menschen gebracht werden muss. Einen größeren Beweis der Liebe zu den Menschen – den Freunden, die ihm in Liebe verbunden sind – gibt es nicht.

Der Kriegstod erfährt mit diesem Zitat eine Sinngebung, die ihn in den Rang eines Erlösungsopfers erhebt, die ihn als größtmöglichen Liebesbeweis wertet und als bewusste Entscheidung, als bereitwillige Hingabe ›für seine Freunde‹ darstellt. Die ›Freunde‹ haben durch ihn überlebt, sie sollen Trost darin finden, den Tod so zu sehen. Bei Jesus war der Weg zum Kreuz, zur Auferstehung und zur Himmelfahrt vorbestimmt und heilsnotwendig. Wer dies auf den Kriegstod überträgt, nimmt ihn als gottgegeben an, zu dem es keine Alternative gibt.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.148


Der Kriegstod gottgegeben? Es ist kaum zu glauben, dass eine Kirchengemeinde diese Botschaft an der Kirchenmauer ertragen kann.

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Historische Fotos

Eine Blättergirlande umfängt das Denkmal und eine wahre Flut von Kränzen liegt davor.

 

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»Denkmal zu Ehren der im Weltkriege 1914/1918 Gefallenen in der Kirchengemeinde Dänischhagen« steht unter der Postkarte.

 

SH Daenischnhagen 1937 web


Eine Karte von 1937, der nächste Krieg beginnt in zwei Jahren. Die »Kriegerehrung« ist nun Ansporn für Soldaten der Deutschen Wehrmacht.n

 

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»Gefallen«

»... verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...]

An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 22 und 61


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100


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I N H A L T
Die Denkmalsanlage
Die Inschriften
Historische Fotos
Der Militär-Verein Damp-Grünholz
Der Stein für die »Vertriebenen«
Die Richtung
Das Gedicht »Für uns!«
Der »Gefallenenkult«
Findlinge

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Damp, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Am Rande eines Wäldchens

Umstanden von hohen Bäumen, im Waldgebiet Sör, liegt die Denkmalsanlage für die getöteten Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs aus Damp und Grünholz, wie auf einer Waldlichtung. Der Militär-Verein Damp-Grünholz hat die Denkmalsanlage nach dem 1. Weltkrieg errichtet. Die damals gepflanzten Eichen sind mittlerweile große Bäume geworden.

SH Damp weiter web

Durch eine weiße Pforte betritt man die sehr gepflegte Anlage.

SH Damp Pforte web

Ein hölzernes Eisernes Kreuz schmückt sie.

SH Damp Anlage web

Der hinten abgerundete Kiesplatz wird aussen von vielen mittelgroßen Findlingen mit den Namen der toten und vermissten Soldaten des 2. Weltkriegs umstanden. In ihrer Mitte am Ende der Anlage der große Findling zum 1. Weltkrieg. Davor ein ovaler, abgegrenzter Rasenplatz mit dem Widmungsstein für den 2. Weltkrieg.

SH Damp beide web

Getrennt von dem dort schmalen Kiesplatz stehen hintereinander die beiden Steine. Optisch getrennt durch eine beschnittene Rhododendron-Hecke.

SH Damp 2WK web

Vorne das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 2. Weltkrieg:

1939  (Relief)  1945

Sie gaben ihr alles • ihr Leben • ihr Blut
Sie gaben es hin mit heiligem Mut
+  Für Uns  +

Der breite Findling hat eine abgeflachte Frontseite, aus der die Inschrift und ein Schmuckrelief, bestehend aus einem Eisernen Kreuz, Eichenblättern und Eicheln, herausgearbeitet worden sind. Hier steht nicht die Trauer im Vordergrund vielmehr wird der Tod im Krieg in einen Zusammenhang gestellt, der ihn zu einem nicht zu hinterfragenden Opfer macht.

Das Gedicht, aus dem die Zeilen der Inschrift stammen: siehe weiter unten.

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Dahinter der hohe Findling zum 1. Weltkrieg. Die Namen der getöteten Soldaten mit abgekürzten Vornamen sind geordnet nach Heimatgemeinde: Damp und Grünholz. Insgesamt werden in zwei Spalten 38 Namen genannt.

SH Damp 1WK Reliefs web

Zu den Metallreliefs eines Eisernen Kreuzes mit Krone, »W« und Jahresangabe 1914 und von zwei gekreutzten Eichenlaubzweigen, die mit einer verspielten Schleife verbunden werden, die Inschrift:

1914    1918
Es fielen fürs Vaterland

Im Halbrund rechts und links vom großen Findling sind mittelgroße Steine aufgestellt, die jeweils unter einem schwarzen Eisernen Kreurz die Namen, Geburts- und Sterbedatum von Soldaten des 2. Weltkriegs nennen, geordnet nach Einsatzländern. Es sind 62 Männer, die getötet oder vermisst wurden.

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Die Inschriften

Obwohl der Erste Weltkrieg so ungleich viel mehr Menschenleben forderte und der Krieg verloren wurde, interpretierten die Stifter in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäer den Kriegstod als sinnvoll. Das anonyme Massensterben wurde ignoriert, stattdessen heroisierte man die Soldaten und stilisierte ihr Schicksal ...

Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das »Vaterland«. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet. Nach der Niederlage, die im Nachhinein durch die so genannte »Dolchstoßlegende« von vielen Deutschen bereitwillig uminterpretiert wurde, und dem Versailler Vertrag entwickelte sich zu Beginn der 1920er Jahre in vielen Köpfen eine Trotz-Haltung, ein »Jetzt erst recht«-Gedanke, der Kritik an der deutschen Kriegspolitik nicht zuließ.

Die »Dolchstoßlegende« ist eine Verschwörungstheorie der damaligen politisch Rechten, die 1919 von Feldmarschall Paul von Hindenburg, der unfähig war, sich das eigene Versagen bei der Kriegsführung im Ersten Weltkrieg einzugestehen, zusätzlich genährt wurde. Sie besagt, dass das deutsche Heer »im Felde unbesiegt« war, aber die Heimat ihm durch die Agitationen der politischen Linken und die Revolution 1918 in den Rücken gefallen sei. Diese Theorie entbehrt jeder berechtigten historischen Grundlage, sie stieß jedoch bei vielen Deutschen auf offene Ohren und trug, von den Nationalsozialisten bereitwillig aufgegriffen, schließlich auch zum Scheitern der Weimarer Republik bei. (Vgl. Helmut M. Müller, Schlaglichter der deutschen Geschichte. Bonn 2002.)

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

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Historische Fotos

SH Damp 1963 web


Die Anlage im Jahr 1963. Die Bäume sind seitdem gewachsen, aber sonst hat sich nicht viel verändert.

SH Damp Chronik1994 web

Ein Foto aus der Chronik Damp von Kurt Voigt und Karl Seemann, 1994

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Der Militär-Verein Damp-Grünholz

Zitiert aus der Chronik Damp von Kurt Voigt und Karl Seemann, herausgegeben im Jahr 1994:

»In einer sehr national gesinnten Zeit fand die Gründung dieses Vereins statt. Es war der 22.01.1895, an dem Kriegsteilnehmer und Gediente sich zusammenfanden. Pflege der Kameradschaft und der soldatischen Traditionen waren Ziel und Verpflichtung.

Die Genehmigung zum Führen einer Traditionsfahne wurde von der Regierung am 22.02.1899 erteilt. Diese Fahne, die alten Kameraden auf ihrem letzten Weg vorangetragen oder bei fröhlichen Festen gezeigt wurde, hat die Wirren der Kapitulation nach dem 2. Weltkrieg nicht überstanden. Man vermutet, daß sie einem Kameraden mit ins Grab gegeben worden ist.

Bei der Gründung des obigen Vereins bestand ebenfalls ein Kampfgenossenverein, der am 01. März 1870 gegründet, noch aktiv war. Dessen Ursprung ist in der Zeit 1848/49 – 1850 zu suchen. Er hatte Bestand bis nach dem 1. Weltkrieg, wie ein Nachruf und eine Danksagung beweisen.

Die [in] Abständen abgehaltene[n] Versammlungen hatten die Absicht, die patriotische Grundhaltung der Mitglieder zu festigen. Sie fand auch ihren Ausdruck in großer Teilnahme beim letzten Erdenweg der Kriegsveteranen mit den damals üblichen Schüssen übers Grab. Die dafür erforderlichen Waffen waren vom Kriegsministerium per Erlaß vom 16. April 1909 zur käuflichen Ablassung von Gewehren Modell 71/84 an den Militärverein Damp-Grünholz erwirkt worden.

Ein zünftiger Abschiedstrunk für den alten Kameraden, der meist selbst eine Summe für diesen Zweck bereitgestellt hatte, war dem letzten Gedenken gewidmet.

Der Militärverein war es, der das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges in der Dorfmitte von Vogelsang-Grünholz errichtet hat. Die damals gepflanzten Eichen sind inzwischen stattliche Bäume geworden.

Die soziale Seite dieser Kriegervereine zeigte sich in Sammlungen für in Not geratene Frauen und Kinder. Der Kyffhäuserbund, gegründet 1900, verstand sich als Dachorganisation dieser Traditionsvereine. Er wurde im 3. Reich durch den N.S.-Reichskriegerbund ersetzt.

Nach begrenztem Verbot durch die britische Militärregierung ist dieser Bund unter anderer Zielsetzung in Nachbargemeinden wieder erstanden. In unserer Gemeinde ist er nicht wieder aufgelebt.«

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Der Stein für die »Vertriebenen«

Im Halbrund der kleineren Findlinge liegt auch der Stein für die Vertriebenen. Unter einem gravierten Eisernen Kreuz steht die Widmung:

Allen denen
die vertrieben von Heimat u.
Hof erleiden mussten den Tod
in Deutschlands grösster Not!

SH Damp Vertriebene web

Auf der Website des Bundes der Vertriebenen gibt es Zusammenstellungen der Gedenksteine für die einzelnen Bundesländer.

Gedenksteine Schleswig-Holstein


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Die Richtung

SH Damp Schild web


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Das Gedicht »Für uns!« 

Bei einer Schulfeier für den als Soldat im Osten getöteten Lehrer eines Charlottenburger Gymnasiums wurde dieses Gedicht des Obertertianer Reinhold Samuelsohn vorgetragen. Die Zeilen der Inschrift auf dem Stein zum 2. Weltkrieg stammen aus diesem Gedicht. Es wurde damals z. B. abgedruckt in: Alte und neue Kriegslieder für den Schulgebrauch (1917)

SH Damp Gedicht web

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Der »Gefallenenkult«

In Deutschland war die Trauer um die getöteten Soldaten gleichzeitig verbunden mit der Erinnerung an eine Niederlage.

Das Kriegserlebnis wurde zu einem Mythos geformt, der das Sinnhafte des Kampfes und der Opfer hervorheben sollte:

»Die Erinnerung an den Krieg wurde zu einem heiligen Erlebnis umgedeutet, das der Nation eine neue Tiefe der religiösen Empfindung gab und überall präsente Heilige und Märtyrer, Stätten nationaler Andacht und ein zum Nacheifern aufforderndes Erbe lieferte.« (Mosse, 13) Der Gefallenenkult wurde zu einem zentralen Bestandteil nationaler Selbstdarstellung und entwickelte besonders in Deutschland eine gewaltige politische Wirkung.

Das Ideal der Kameradschaft wurde auf die ganze Nation ausgedehnt. Die Gedächtnisfeiern an den Ehrenmälern auf öffentlichen Plätzen betonten den Vorbildcharakter der Gemeinschaft der Frontsoldaten. Im besiegten Deutschland wurde die »Volksgemeinschaft«, aus der heraus die Nation zu neuer Stärke erwachen sollte, zum Vermächtnis, das die Gefallenen den Überlebenden hinterlassen hatten.

Die allerorts errichteten Denkmäler trugen dazu bei, diesen Sinn, der dem Soldatentod beigelegt wurde, in die Öffentlichkeit zu tragen und im Bewusstsein zu erhalten.

Die von den Nationalsozialisten angestrebte Volksgemeinschaft ist ohne das idealisierte Vorbild der Frontkameradschaft des Ersten Weltkriegs nicht vorstellbar. Der Gefallenenkult erlebte im nationalsozialistischen Deutschland dann auch seine äußerste Steigerung.

Christian Lopau, 2017, Vortrag im Ratzeburger Dom im Begleitprogramm der Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945?«

www.nordkirche-nach45.de

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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134


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I N H A L T
Die Denkmäler
Die Symbolik
Die Geschichte
Bildhauer Ludwig Isenbeck
Der Stahlhelm
Antikisierte Kämpfer
Infanterie-Regiment Nr.163
»Die Uhr«, Ballade von Carl Löwe

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Eckernförde, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Auf dem Gelände der Preußer-Kaserne, Flensburger Str. 61-65

Fregattenkapitän Arne Björn Krüger, vom 1. April 2014 bis 29. September 2016 Kommandeur des Seebataillons, hat das Soldatendenkmal, das 1922 in Neumünster am Kuhberg vor dem alten Courier-Haus aufgestellt worden war, nach einigen vorher erfolgten Umzügen nach Eckernförde geholt.

SH Eckernfoerde Seebataillon 3 weit web


Mit einem weiteren Findlingsstein für die Toten beider Weltkriege und dem neuen Gedenkstein für Bundeswehrsoldaten ist auf seine Initiative hin eine Gedenkanlage auf dem Kasernengelände entstanden. Es ist nicht öffentlich zugänglich.

SH Eckernfoerde Seebataillon Sockel web


Die etwas laienhaft aufgemalten Symbole und die Inschrift auf dem Sockel sind schwarz. Die Inschrift, unter einem Eisernen Kreuz in Kontur, lautet:

SEINEN IM WELTKRIEGE 1914-18
GEBLIEBENEN 2693 KAMERADEN

DAS SCHLESWIG-HOLSTEINISCHE
INFANTERIE-REGIMENT NR. 163

Zwischen den Textblöcken wölbt sich ein Zweig mit drei Eichblattpaaren.

Die ursprünglichen Texttafeln auf mehreren Seiten des Sockels (siehe historische Aufnahmen weiter unten) sind nicht erhalten.

 

SH Eckernfoerde Seebataillon Kopf frontal web


Der Berliner Bildhauer Ludwig Isenbeck hat den »trauernden Soldaten« geschaffen. Fast nackt, aber mit Stahlhelm auf dem geneigten Kopf steht er auf seinem Podest.

 

     SH Eckernfoerde Seebataillon Gewand web


Ein fast nicht zu erkennender Gürtel – vielleicht ist es aber auch das Bündchen einer kurzen Hose? – jedenfalls fällt von der Taille des Soldaten ein schleierartiges Gewebe in Falten zwischen seinen Beinen bis zu den Füßen und bedeckt so entscheidende Teile, ohne ihm die Nacktheit eines antiken Helden zu nehmen. Die linke Hand des Soldaten liegt zur Faust geballt auf der Hüfte, die rechte hält einen Eichenkranz.

 

SH Eckernfoerde Seebataillon seitlich web


Von der Seite sehen wir, dass die statisch heikle Haltung des Soldaten mit linkem Standbein und rechtem angewinkelten Bein vom Bildhauer mit einer Steinplatte von hinten abgesichert wurde.

 

SH Eckernfoerde Seebataillon Kopf


Der zeitgenössisch korrekt dargestellte Stahlhelm, der so gar nicht zu einem nackten Mann passen will, von der Seite. Die neuen Waffensysteme hatten während des 1. Weltkriegs die Entwicklung eines effektiveren Kopfschutzes erfordert. Die ersten Stahlhelme wurden jedoch erst im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert. Der nackte Soldat trägt also eine brandneue Erfindung auf dem Kopf.

 

     SH Eckernfoerde Seebataillon Soldat unten web


Eine kräftige Hand hält den Kranz aus Eichenlaub.

»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525

 

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Auch von hinten ein muskulöser Körper.

 

SH Eckernfoerde Seebataillon Sockel hinten web


Des Signum des Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Regiments Nr. 163 mit der preußischen Königskrone.
 

SH Eckernfoerde Seebataillon WKs web


Der kantige Findling ist ein Gedenkstein, der aus Boostedt zum Kasernengelände in Eckerförde gebracht worden ist. Wo er in Boostedt stand, ob es die originale Aufschrift ist, wissen wir nicht. In metallenen Buchstaben, etwas schief und krumm angebracht, steht dort die Widmung:

Den Toten
der
beiden Weltkriege
zum
Gedenken

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ [Giordano, Die zweite Schuld, S. 324]«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29


Der Traditionserlass der Bundeswehr aus dem Jahr 2018 erkennt an: »Die Wehrmacht diente dem nationalsozialistischen Unrechtsregime und war in dessen Verbrechen schuldhaft verstrickt.«

 

SH Eckernfoerde Seebataillon BW web


Auf der anderen Seite steht der aktuelle Stein für die Bundeswehr:

Den Toten
unserer
Bundeswehr
in ehrendem
Gedenken

Die zarten schwarzen Metallbuchstaben sind mit Abstand an dem in etwa rechteckigen Stein befestigt. Bei Sonne werfen sie einen Schatten auf den rauhen Untergrund.

Keiner Ärztin im Krisengebiet, keinem Kriegsreporter, keinem zivilen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft würde nach ihrem Tod ehrend gedacht. Das ehrende Gedenken scheint dem Soldatentod vorbehalten zu sein. Auf Denkmälern wie diesem wird es posthum kollektiv erteilt, obwohl wir wissen, dass Soldaten auch Täter gewesen sein können. Hartmut Häger schreibt dazu in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« auf Seite 33:

»Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung [...] und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

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Die Symbolik

Die Rachefaust
Auf den Krieg einstimmen, den nächsten Krieg androhen sollte in deutschen Kriegs- wie Nachkriegszeiten bis 1945 die männliche Faust.

»Nicht Schmerz allein künden die starren Züge, da ist noch etwas anderes, da ist mehr als Leiden und Trauer, da ist finstere, aber heilig-feste Entschlossenheit, und die Faust, die sich dort auf dem Schenkel ballt, sie spricht vom stolzen Willen, durchzuhalten, bis dies Herz wieder frei, die Schultern stark geworden sind, um die Bergeslast, die ein hartes Schicksal darüber getürmt hat, in gewaltigem Schwung abzuwälzen.«
Festschrift »Die Denkmals-Einweihung«, Berlin 1924

»Das ist der 82er, der schon den Schmerz, den Groll und den Zorn der unverdienten und unerwarteten Niederlage in sich trägt – die helmbeschatteten Augen, das hagere Gesicht, sie reden deutlich davon – und dem trotz allem oder gerade darum ein unbezwingliches Dennoch auf den trotzigen Lippen liegt, tatengewillt bekräftigt durch die zur Faust geballte Linke.«
Denkmalseinweihung in Göttingen, 23. August 1925

»Die linke Hand umkrampft das bei Fuß gehaltene Gewehr, die rechte hängt geballt herab [...] Der fest geschlossene Mund gräbt zugleich Schmerz und Trauer und unbeugsamen Willen in das hagere Antlitz. Unter dem Stahlhelm hervor blicken Augen voll Sehnsucht und Erwartung auf ein fernes Ziel. Das Standbild ist Symbol des geschlagenen, aber nicht besiegten Volkes, das einer größeren Zukunft entgegenharrt.«
Bergisch-Märkische Zeitung, 1. Juni 1931

Die Zitate sind Loretana de Liberos Buch »Rache und Triumph«, De Gruyter Oldenbourg, 2014 entnommen


Der Eichenkranz
Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Aus diesem Grund findet man Eichenlaub oft auf Orden, Symbolen und Münzen, so beispielsweise als Erweiterung des Ordens Pour le Mérite sowie auf dem Eisernen Kreuz. Während des Zweiten Weltkrieges gab es zudem das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

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NS-Symbol von 1935–1945: Reichsadler mit dem Hakenkreuz im Eichenlaubkranz

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Die Geschichte

Nach Regimentsappell, Gedenkfeier, Feldgottesdienst und dem Festmarsch begann am Sonntag, den 21. Mai 1922 die Einweihung des Soldatendenkmals. Mit Baldachin geschmückt, mit vielen Fahnen und hunderten Neumünsteranern drumherum stand es auf dem Kuhberg, am Gänsemarkt vor dem alten Courier-Haus. Im Lauf seiner Geschichte sollte »der Soldat« mehrere Male – bis 2020 sechs Mal – seinen Standort wechseln.

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Foto: Postel


Oberst a.D. Sick hielt die Weiherede für das Denkmal des Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Regiments Nr.163. Die Zeremonie endete mit einer Kranzniederlegung und einem Zapfenstreich. Danach gab es ein Konzert im Tivoli mit Musikprogramm, in bunter Folge der 163er-Marsch, die Ouverture vom »Tannhäuser«, die Ballade »Die Uhr« von Carl Löwe, Motive a. d. Musikdrama »Walküre« von Richard Wagner, danach »Rosen aus dem Süden« ein Walzer von Johann Strauß und zum Schluß der »Schleswig-Holstein«-Marsch.

Beim Begrüßungsabend, einen Tag zuvor, hatte »Herr Kamerad Reimers - Kiel einige Lichtbilder aus dem Leben des Regiments im Felde« gezeigt.


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»Der Soldat« im Jahr 1934 vor dem alten Courier-Haus.

 

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SH Neumuenster Karte am Teich web


Immer noch der erste Standort am Gänsemarkt nahe des Teichs und der Kieler Brücke.

 

SH Neumuenster Karte hoch web2         


Viele, leider nicht lesbare, Zeilen an den Seiten des Sockels und Blumen zu Füßen des »Soldaten«.

 

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Das Denkmal hat einen erhöhten Platz erhalten. Die Umrandung ist aus klotzigen Steinen gemauert, drei Steinstufen führen hinauf.

 

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In der Nazizeit – auf der rechten Bildseite sieht man die Hakenkreuzfahne – hieß der Denkmalsplatz »Martin-Martens-Platz«.


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»Durch die Ermordung des Bordesholmer SS-Manns Martin Martens erreichten die gewalttätigen Zusammenstöße 1931 ihren vorläufigen Höhepunkt. Während einer Auseinandersetzung zwischen Kommunisten, die von den Nazis als ›Rotfront‹ bezeichnet wurden, und SS/SA wurde Martens auf dem Gänsemarkt erschossen und weitere Personen verletzt. [...] Nach der Machtübernahme benannten die Nationalsozialisten den Gänsemarkt in ›Martin-Martens-Platz‹ um und organisierten dort zahlreiche Veranstaltungen für den ›Märtyrer der Bewegung‹.«

Foto und Text von www.spurensuche-neumuenster.de

 

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1955 wurde die Kieler Brücke an der Europastraße 3 erweitert und der »Soldat« musste das erste Mal umziehen und zwar in den »Rencks Park« am Schwaleufer in Neumünsters Innenstadt. Ab 1978 wurde er dort immer wieder bemalt und beschädigt, es war die Zeit der Proteste gegen den Nato-Doppelbeschluß. Auf den Sockel wurde »Helden raus« und das Anarcho-Zeichen gesprüht, Teile wurden abgeschlagen.

Als es 1987 wegen Baufälligkeit abgerissen werden sollte, schlug Oberst Ehrenfried Boege vor, den »Soldaten« der Bundeswehr zu übergeben. So wurde das Denkmal am 6. Juli 1989 nach einer Restaurierung im Garten des Offiziersheim der Sick-Kaserne erneut eingeweiht.

Die Sick-Kaserne wurde 1994 geschlossen und der »Soldat« wanderte in die Hindenburg-Kaserne. Dort stand er von 1994 - 2003, bis zum endgültigen »Aus« Neumünsters als Garnisonsstadt. 

SH Eckernfoerde Transport2 Foto Krueger
Foto: Krüger


Der nächste Umzug brachte ihn nach Boostedt. Stabsfeldwebel Bernd Delfs (im Foto links) war der letzte Soldat der Hindenburg-Kaserne, er überwachte den Transport. Der »Soldat« stand in Boostedt vor dem Stabsgebäude der Rantzau-Kaserne. Von dort zog er 2008 auf kurzem Weg weiter in eine Gedenkanlage auf dem Kasernengelände.

Nach der Auflösung der Rantzau-Kaserne ging der »Soldat« auf seine vorerst letzte Reise. Im Juni 2015 zog er in die Preußer-Kaserne der Marine in Eckernförde. Der damalige Kommandeur des Seebataillons, Fregattenkapitän Arne Björn Krüger, sagte dazu: »Das Ehrenmal steht repräsentativ in unserer Kaserne und wird durch uns gepflegt und gehegt.«


SH Eckernfoerde Boostedt web
Foto: Peters


Aus statischen Gründen stand der Soldat nach dem Umzug zuerst nicht auf seinem Sockel. Erst nach einer weiteren Restaurierung wurde die Denkmalsanlage in den heutigen Zustand versetzt.

Rolf Postel, ehemaliger Leiter der Truppenverwaltung bei der Panzerbrigade 18 und Autor zahlreicher Beiträge zur Militärgeschichte, möchte den »Soldaten« nach Neumünster zurückholen. Vielleicht kein gutes Signal in der heutigen Zeit.


Mehr Informationen im Newsportal für Schleswig-Holstein, shz.de:

2011: Neumünsters vergessene Kunstwerke

2015: Der steinerne Soldat musste erneut umziehen

 

Im April 2016 verabschiedete der Schul-, Kultur- und Sportausschuss in Eckernförde eine Resolution zur Rückholung des »Soldaten«. Stabsfeldwebel a.D. Bernd Delfs, der Ausschussvorsitzende, war 2006 der letzte Soldat in der Hindenburg-Kaserne in Neumünster. 2017 weist die Bundeswehr die Stadt Neumünster auf den Übereignungsvertrag von 1990 hin. Gründe für eine Versetzung des »Soldaten«, wie Verkauf, Umnutzung usw. des Kasernengeländes in Eckernförde lägen nicht vor.

Auch die Bronzeplastik »Stabbieger« auf einem Granitsockel ist Eigentum des Bundes und wurde vom aufgegebenen Gelände der Ranzau-Kaserne in Boostedt auf das der Preußer-Kaserne in Eckernförde umgesetzt.


SH Eckernfoerde Seebataillon 2St web


Die »Stabbieger« des Möllner Bildhauers Karlheinz Goedtke aus dem Jahr 1959 steht neben der Einfahrt auf das Kasernengelände. Am rechten Bildrand sehen wir den »Soldaten« mit seinen Nachbarsteinen.


SH Eckernfoerde Seebataillon 2St vorne web


Die beiden Nackten beim Stabbiegen vor dem Kasernenparkplatz. Vielleicht ein friedenspolitischer Vorschlag à la »Schwerter zu Pflugscharen«? Hier Speere zu Bumerangs?

 

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Bildhauer Ludwig Isenbeck

Ludwig Isenbeck wurde am 19. April 1882 in Potsdam geboren. Als Bildhauer war er überwiegend im Berliner Raum tätig, wo er zahlreiche öffentliche Bauten mit Arbeiten in Stein, Keramik und Metall schmückte. Am 21. Dezember 1958 starb er in Berlin.

Bei dem Kunstwettbewerb, der anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin durchgeführt wurde, war Ludwig Isenbeck Mitglied der Jury.

 

SH NMS Ansgar Uwe Barghaan Wikimedia Commons 2007 web
Foto: Uwe Barghaan / Wikimedia Commons

Auch das Relief an der Anscharkirche in Neumünster ist von Ludwig Isenbeck. Es zeigt einen Adler, das Symbol für den Evangelisten Johannes.

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?

Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.


     SH Kasseedorf Plakat Stahlhelm web

     Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929

»Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem ›massenhaften Elend der Materialschlachten‹ heraus, der nun ›gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.‹ In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.

Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus ›der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms‹, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.

Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters ›als Repräsentant des deutschen Heeres‹ gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher ›Kämpfer für Deutschland‹ stilisiert werden, der ›ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.‹«

Gottfried Korff (Hg.), Kriegsvolkskunde, Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V. 2005, S.130f

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Antikisierte Kämpfer

»Wenn Bildhauer sich für figürliche Motive entschieden, waren das meist Krieger bzw. Kämpfer. Das heißt, es wurde der zeitgenössische Soldat in Uniform oder auch oft ein nackter antikisierter Kämpfer dargestellt.

Mit dem Motiv des nackten Kämpfers demonstrierten die Denkmalsstifter ihre revanchistischen und kriegsverherrlichenden Ansichten. Völlig ungeachtet, nachgerade in bewusster Ignoranz der Realität der Schlachten des Ersten Weltkriegs mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wurde mit dem antiken Kämpfer eine zeitlose Form von Heldentum propagiert, bei der der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann höchste Mannestugend verwirklichen kann. Dieses Bild des starken jungen Mannes sollte zum neuen Kampf anspornen und war [...] ebenso gegen den Versailler Vertrag gerichtet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Hamburg 2006

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Infanterie-regiment Nr.163

1897 wurde das Infanterie-Regiment Nr.163 in einer eigens errichteten Kaserne (der späteren Sick-Kaserne) in Neumünster stationiert.

Am 27. Januar 1902 erließ Wilhelm II. den Armee-Befehl, dass die bislang noch ohne landmannschaftliche Bezeichnung geführten Verbände zur besseren Unterscheidung und zur Traditionsbildung eine Namenserweiterung erhalten sollten. Das Regiment der Preußischen Armee führte daher ab diesem Zeitpunkt die Bezeichnung Schleswig-Holsteinisches Infanterie-Regiment Nr. 163. Es war in Neumünster in der Goebenstraße stationiert, die Vicelinkirche fungierte als Garnisonkirche.


SH EckernfoerdeNeue Kaserne in Neumuenster web

• Neue Kaserne, spätere Sick-Kaserne in Neumünster, 1906

SH Eckernfoerde Infanterie Regiment 163 web

• Auf der Tafel steht: Infanterie-Regiment 163 / Neumünster / III. R.Kr.Abt. (III. Rekruten-Abteilung) / 3. Korpor. (3. Korporalschaft)

 

Oberleutnant Haering starb 1904 als erstes Mitglied des Regiments in der Schutztruppe für Südwestafrika beim »Hereroaufstand«. Seinen Degen verwahrte die 6. Kompanie des 6. Infanterie-Regiments in Eutin.

»Aus der Regimentsgeschichte geht hervor, dass es 1917 bei Monchy an der Somme kämpfte, unweit der ›Siegfriedlinie‹, einem von der deutschen Heeresführung als uneinnehmbar erklärten Bollwerk. Im Frühjahr 1917, auch das ist dokumentiert, begegnete das Holsteinische Infanterieregiment auf dem Schlachtfeld erstmals gegnerischen Panzern — damals eine völlig neue Waffe.« (Ostsee-Zeitung, 30.6.2014)

Nach dem Einsatz im 1. Weltkrieg traf das Regiment am 22. November 1918 in Neumünster ein und wurde über die dortige Abwicklungsstelle demobilisiert. Nach dem letzten Regimentsappell im Kasernenhof mit anschließender Parade vor Oberbürgermeister Max Röer hörte das Schleswig-Holsteinsche Infanterie-Regiment Nr. 163 auf zu existieren.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12.1.2020


SH Eckernfoerde 163 Offiziere web


SH Eckernfoerde Zeitung 1927 web


Stolze Traditionspflege mit Lorbeerzweigen noch 10 Jahre nach der Auflösung des Regiments.

 

Tradition ist die Weitergabe von gleichbleibenden Werten und Normen, die als vorbildhaft und nachahmenswert erachtet und von Generation zu Generation weitergegeben werden.

»›Zeitlose soldatische Tugenden‹
Eine Armee braucht Tradition. Die Wehrmacht zum Beispiel begann in den Jahren 1937/38 eine regelrechte Traditionsoffensive, in deren Verlauf etwa 200 neue Kasernen nach den Helden und Schlachten der kolonialen Beutezüge sowie des Ersten Weltkrieges benannt wurden.«

ZEIT online, Artikel von J. Knab, 10. November 2005

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»Die Uhr«, Ballade von Carl Löwe

Bei der Einweihungsfeier des Denkmals 1922 vorgetragen, gibt dieser Text von Johann Gabriel Seidl, vertont von Carl Loewe, einen Einblick in die Gedankenwelt des Deutschen Kaiserreichs und der Jahre danach.

Ich trage, wo ich gehe
Stets eine Uhr bei mir
Wieviel es geschlagen habe
Genau seh ichs an ihr

Es ist ein großer Meister
Der künstlich ihr Werk gefügt
Wenngleich ihr Gang nicht immer
Dem törichten Wunsche genügt

Ich wollte, sie wär oft rascher
Gegangen an manchem Tag
Ich wollt an manchem Tage
Sie hemmte den raschen Schlag

In meinen Leiden und Freuden
Im Sturme und in Ruh –
Was immer geschah im Leben
Sie pochte den Takt dazu

Sie schlug am Sarge des Vaters
Sie schlug an des Freundes Bahr’
Sie schlug am Morgen der Liebe
Sie schlug am Traualtar

Sie schlug an der Wiege des Kindes
Sie schlägt, wills Gott! noch oft,
Wenn bessere Tage kommen
Wie meine Seel es hofft

Und ward sie manchmal träger,
Und drohte zu stocken ihr Lauf,
So zog sie der Meister mir immer
Großmütig wieder auf.

Doch stände sie einmal stille,
Dann wär’s um sie geschehn
Kein and’rer, als der sie fügte
Bringt die zerstörte zum Gehn

Dann müßt ich zum Meister wandern
Und ach, der wohnt gar weit
Wohnt draußen, jenseits der Erde
Wohnt dort in der Ewigkeit

Dann gäb ich sie dankbar zurücke
Dann würd ich kindlich flehn:
Sieh, Herr, – ich hab nichts verdorben
Sie blieb von selber stehn


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Volkstrauertag 2019
Die Predigt zur Denkmalsweihe
Die Geschichte
Eine historische Postkarte
Antikisierte Kämpfer
Das Schwert
Der Adler

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Eckernförde, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Der Riese auf dem Friedhof am Mühlenberg


SH Eckernfoerde vorne


SH Eckernfoerde hinten

Ein großer nackter Held mit gesenktem Kopf und nur mit einem Gürtel bekleidet, stützt sich auf sein Schwert.


               SH Eckernfoerde Adler

Ihm zu Füßen sitzt ein Adler mit einer Kralle auf dem am Boden liegenden Helm des Soldaten.


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Die Inschrift

Unseren gefallenen Helden / 1914 - 1918

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne oder in einer Steigerung als Heldensöhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held.«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege

Gefallen:
»... verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...]

An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.22 und 61


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S.100

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Volkstrauertag 2019

Der nackte »Held« im Abendlicht. Vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist ein Kranz aus Blättern gebracht worden. Fast könnte man meinen, es sei ein Lorbeerkranz, der nun dort zu Füßen des »Helden« liegt.

SH Eckernfoerde VTT2019 web


Schwarz-rot-gold ist die halbe Schleife, das Bekenntnis zur Nation darf auch am Volkstrauertag nicht fehlen.

 

SH Eckernfoerde VTT2019 Kranz web
Fotos: Helga Knacke


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Die Predigt zur denkmalsweihe

»Was sehen wir hier? Wir sehen eine markige Männergestalt, die Hand auf das Schwert gestützt. Der Krieger schaut ernst und schwer aus. Er hat eine harte Arbeit vor sich. Es ist, als trüge er die ganze Last und das ganze Weh seines Volkes. Es ist der deutsche Soldat, der im Weltkrieg gegen eine Welt voller Feinde gefochten hat. Aber wir sehen noch mehr. Wir sehen zu des Kriegers Füßen den Adler. Dieser Adler symbolisiert das deutsche Volk. Er wendet sein stolzes Haupt nach oben dem Krieger zu. Es ist, als wolle er ihm etwas sagen. Was er ihm sagen will, liegt in dem kleinen Wort ›Hoffe‹: Hoffe du Sohn des deutschen Volkes; ich bin noch da, dein Genius; es ist noch Kraft in meinen Schwingen; ich werde sie recken und zu neuem stolzen Fluge mich erheben, wenn die Stunde geschlagen hat!«

Zitiert aus der Predigt von Pastor Burmeister zur Denkmalsweihe am 7. September 1924.

Die Predigt


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Die Geschichte

In der Festschrift zur Denkmalsweihe am 7. September 1924 heißt es:

»Das Eckernförder Ehrenmal ist errichtet auf dem Platze, auf dem ehemals das sogenannte von der Weddering'sche (eigentl.: von der Wettering) Gewölbe stand. Nachdem die nahezu ausgestorbene Familie auf den Wiederkauf verzichtet hatte, wurde der Platz von dem Kirchenvorstand dem Denkmalsausschuß zur Verfügung gestellt.«

Dem Bau des Denkmals ging ein Preisausschreiben voraus, das vom eigens gegründeten Denkmalsausschuß 1922 veranstaltet wurde. Am 28. August 1922 berichtete die EZ darüber, dass 13 Entwürfe eingereicht worden seien. Im Preisgericht saßen der Baurat und Architekt Jürgen Kröger (Haale/Kr. Rendsburg 1856 - 1928 Innien/Holstein, Besuch der Bauschule in Eckernförde) und der Architekt Richard Bielenberg (Eckernförde 1871 - 1929 Berlin, auch er war Schüler der Eckernförder Bauschule). Bielenberg war es auch, der das Denkmal entsprechend den Entwürfen aus dem Wettbewerb in die endgültige Form brachte, der Bildhauer Hermann Feuerhahn (Hildesheim 1873 - nach 1955) aus Berlin schuf das Modell der Figur, der Bildhauer Valentin Bartsch (1889 - ?) führte das Werk aus.

Zur Durchführung und Errichtung des Ehrenmals wurde zu Spenden aufgerufen, die zu Beginn der Vorarbeiten am Denkmal auf dem Friedhof noch nicht ausreichten, wie ein Zeitungsbericht vom 31. Mai 1923 in der Eckernförder Zeitung meldet.

Die Weiherede am 7. September 1924 hielt Pastor Burmeister, es sprachen ferner Rechtsanwalt Aeissen für den Denkmalsausschuss, Propst Langlo nahm das Denkmal in die Obhut der Kirchengemeinde, es folgte eine Kranzniederlegung durch die verschiedenen anwesenden Vereine, Verbände und die Stadt. Hierüber berichtete die Eckernförder Zeitung am 8. September 1924.

Hier die Beschreibung aus »Zur Erinnerung an die Denkmalsweihe in Eckernförde« Buchdruckerei J. E. Schwensen, Eckernförde.

Die Denkmalsweihe



SH Eckernfoerde Einweihung

Bereits 1922 fand ein Wettbewerb zur Erlangung eines Denkmalentwurfs statt. Doch erst am 7. September 1924 konnte das Denkmal geweiht werden.

● Wir danken Dr. Uwe Beitz, Museumsleiter und Stadtarchivar von Eckernförde für seine freundlichen Auskünfte, den Text und die historischen Fotos.

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Eine historische Postkarte

SH Eckernfoerde Postkarte


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Antikisierte Kämpfer

Wenn Bildhauer sich für figürliche Motive entschieden, waren das meist Krieger bzw. Kämpfer. Das heißt, es wurde der zeitgenössische Soldat in Uniform oder auch oft ein nackter antikisierter Kämpfer dargestellt. Für die Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer nach dem 1.Weltkrieg auch oft die antiken, weniger bedrohlichen Waffen. Der Eindruck eines heldenhaften Zweikampfs und eines mutigen Einsatzes der Kombattanten manifestiert sich, der Blick auf die grausame Wirklichkeit eines Kriegs mit modernen Waffen wird verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der edlen Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf. Nach dem »Schmachfrieden« von Versailles galt es den Kampf wieder aufzunehmen – gegen die inneren und äußeren Feinde.


»Mit dem Motiv des nackten Kämpfers demonstrierten die Denkmalstifter ihre revanchistischen und kriegsverherrlichenden Ansichten. Völlig ungeachtet, nachgerade in bewusster Ignoranz der Realität der Schlachten des Ersten Weltkriegs mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wurde mit dem antiken Kämpfer eine zeitlose Form von Heldentum propagiert, bei der der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann höchste Mannestugend verwirklichen kann. Dieses Bild des starken jungen Mannes sollte zum neuen Kampf anspornen, das Leid überlagern, Einigkeit symbolisieren und war, gerade wenn die nackten Krieger mit Waffen dargestellt wurden, ebenso gegen den Versailler Vertrag gerichtet.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Hamburg 2006, S.64


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Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue. Auf den Kriegerdenkmälern fordern Schwerter, selbst wenn sie als Zeichen der Niederlage gesenkt oder abgebrochen dargestellt werden, die nachfolgenden Generationen zu »Wehrwillen und Mannhaftigkeit« auf.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Die englische Königin führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf.

 

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Der Adler

»Der Adler ist als ›der mächtigste König im Luftrevier‹ (Anfang des ›Seeräuberlied‹, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes. In der griechischen Mythologie ist er ein Attribut des Gottes Zeus. Als heraldisches Symbol diente er von 1433 bis 1806 den Kaisern des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen sowie deutschen Königen, Herzögen und Markgrafen als Wappenbild.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137

»Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die ›Deutsche Tageszeitung‹ vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge ›vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.‹ Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen [Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: ›Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet‹. Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: ›Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.‹ Auch dort die Kranzschleife des ›Bundes der Jagdflieger‹ am Tag der Einweihung: ›Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!‹]«

Loretana de Libero, Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne, De Gruyter Oldenbourg, S.95f


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Das Denkmal
Die Geschichte
Das Turnerkreuz
Das Gedicht »Dankesschuld«
Der Dichter Walter Flex
Die Hitlereiche
Findlinge
Der neue Platz

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Aktuell

Die SHZ schreibt am 31. Mai 2023:

Pläne der Gemeinde: Erinnerung in Ellerhoop – Aus zwei Ehrenmälern soll eins werden

Die Gedenkstätte am Thiensener Weg in Ellerhoop soll aufgelöst werden. Die Ehrentafel soll an einen anderen Ort in der Gemeinde gebracht werden. Das ist geplant.

An der Feinplanung wird noch getüftelt. In groben Zügen aber steht fest, wo und wie in Ellerhoop auch in Zukunft das Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege aufrechterhalten werden soll. Und nicht zuletzt steht auch fest, dass die Gemeinde sich bei diesem Vorhaben auf einen Zuschuss der Aktivregion Holsteiner Auenland freuen darf.

SH Ellerhoop Thiensenerweg SHZ Michael Bunk webFoto: SHZ / Michael Bunk

• Kriegerdenkmal mit Adler am Thiensener Weg in Ellerhoop


Ellerhoop gehört damit zu den ersten vier Begünstigten der neuen Förderperiode, die Geld aus dem sogenannten Grundbudget erhalten. So hat es zumindest der Projektbeirat der Aktivregion beschlossen – und dies auch Ellerhoops Bürgermeisterin Wiebke Uhl mündlich mitgeteilt. Die schriftliche Bewilligung durch das zuständige Landesamt dürfte aber noch einige Zeit auf sich warten lassen. »Die erforderliche Richtlinie befindet sich derzeit im Beteiligungsverfahren, eine Veröffentlichung wird im Spätsommer erwartet«, teilte für die Aktivregion deren Regionalmanagerin Eva Groher mit.

Solange dieses Schriftstück fehlt, wird auch in Ellerhoop nichts weiter passieren. »Wir stehen in den Startlöchern, aber uns sind die Hände gebunden«, sagt Ralf Mehlen (CDU). Der Vorsitzende des Sozialausschusses hat mit seinem Gremium die Planung für die Neuausrichtung des Gedenkens wesentlich vorangetrieben. Diese sieht nun vor, die von der Gemeinde am Thiensener Weg eingerichtete Gedenkstätte aufzulösen. Die dortige Ehrentafel mit dem steinernen Adler soll in das Gründreieck Baumschulenweg/Dorfstraße überführt werden. Dort steht ein 1932 vom MTV Ellerhoop errichtetes Ehrenmal.

Bei einer bloßen Zusammenlegung soll es nicht bleiben. Wie Mehlen ankündigt, sollen dort zusätzliche Sitzgelegenheiten aufgestellt werden, um das etwa 450 Quadratmeter große Areal als Rastplatz für Naherholungssuchende herzurichten.

Der historische Aspekt – in Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine präsent wie lange nicht mehr – wird dabei nicht vergessen. Informationen zu den Ehrenmalen, zur NS-Zeit, aber auch zur Geschichte des Ochsenwegs und Wissenswertes über Ellerhoop sollen für verschiedene Zielgruppen aufbereitet werden und über einen QR-Code abrufbar sein.

Mehr im Kapitel »Der neue Platz«


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Ellerhoop, Kreis Pinneberg

Denkmal auf dem Gelände des MTV Ellerhoop

Auf einem Findling mit Texttafeln aus rötlichem Granit wird hier der Vereinskameraden gedacht, die in beiden Weltkriegen getötet wurden. Der Findling steht erhöht auf einem gemauerten Feldsteinsockel. Zum 25-jährigen Bestehen des Vereins wurde das Denkmal 1932 eingeweiht.

SH Ellerhoop gesamt

Zwei Fahnenstangen ergänzen die gepflegte kleine Anlage.

SH Ellerhoop Inschrift web


Oben, in einen ovalen Stein mit glatter Front, ist ein Kreuz bestehend aus vier »F« graviert worden, ein sogenanntes Turnerkreuz. Es zitiert den Wahlspruch von »Turnvater« Jahn: »Frisch, fromm, fröhlich, frei«.

Die Inschrift auf einer großen eckigen Granittafel, die sich darunter anschließt, lautet:

Deutsche Jugend
gedenke deiner Helden! 
1914-1918 

Blüh Deutschland überm Grabe mein 
jung stark und schön am Heldenhain 
W.Flex

1939-1945 [später hinzugefügt] 
M.T.V. Ellerhoop 1907-32


Die beiden gereimten Zeilen der Inschrift sind ein Zitat aus dem Gedicht »Dankesschuld« von Walter Flex. Siehe die Kapitel zum Gedicht und zum Dichter weiter unten.


SH Ellerhoop Inschrift 2023 web

Dieses Foto ist 2023, neun Jahre später, entstanden. In der Zwischenzeit sind Buchstaben und Ziffern mit schwarzer Farbe lesbarer gemacht worden. Am Ende der letzten Zeile fehlt nun der Schluss »- 32«, der auf dem früheren Foto zwar insgesamt schwach, aber doch zu lesen war:

Ellerhoop Inschrift 32 web


Mag man die Jahreszahl nicht, die das 25-jährige Jubiläum des Vereins und die damit verbundene Einweihung des Denkmals markiert?


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Die Geschichte

Das MTV »Ehrenmal« des MTV wurde 1932 erbaut und zwar als »Kopf« des damals neu eingerichteten Sportplatzes. Rechtzeitig zum 25-jährigen Vereinsjubiläum wird es eingeweiht.

In den Protokollbüchern wird berichtet: Das MTV Ehrenmal zum Gedenken der gefallenen Turnbrüder des I. Weltkrieges wird in Gemeinschaftsarbeit auf dem neuen Sportplatz erstellt. Die erforderlichen Steine wurden in der Ellerhooper Feldmark gesammelt. Der Transport des gewaltigen Findlings für den Denkmalkopf, der im Ellerhooper Gehege gefunden wird, bereitet besondere Schwierigkeiten. Er wird unter großen Mühen verladen und per Pferdefuhrwerk zum Sportplatz transportiert.


SH Ellerhoop Bau1932

Mit einem Flaschenzug der Ellerhooper Stellmacherei Eggert wird der Stein hochgehievt.

SH Ellerhoop Einweihung1932 web

Das Einweihungsfoto: Aktive und Funktionäre vom MTV Ellerhoop beim 25-jährigen Vereinsjubiläum 1932

SH Ellerhoop MTV Einweihung Jugend webFoto: Claudia Eisert-Hilbert


... und noch ein Foto ohne die Funktionäre. Die Jugend des MTV ist am Denkmal versammelt. Die Inschrift gilt ihr:

Deutsche Jugend
gedenke deiner Helden!

Hier geht es nicht nur um die Ehrung der Soldaten oder die Trauer um die Toten. Es ist der Gedanke an Revanche, der oberste Priorität hat: Das Sterben der Kameraden darf nicht umsonst gewesen sein. Die »Deutsche Jugend«, als neue Soldatengeneration, soll in einem nächsten Krieg den »Helden« nacheifern und die Schmach des Versailler Friedensvertrages rächen.

»Die politische Funktionalisierung und Instrumentalisierung des Gefallenentodes durch Denkmalgestalt, Einweihungsfeier und Denkmalsnutzung wurden in dem Maße stärker, wie die Trauer der Hinterbliebenen mit der Zeit abklang oder eine pietätvolle Rücksichtnahme auf die Betroffenheit dieser Personengruppe nicht mehr notwendig erschien. Man gedachte des ›Opfers‹ der Gefallenen in der Absicht, die ›zukünftigen Geschlechter‹ auf bestimmte Werthaltungen und kämpferische Charaktereigenschaften, die den Gefallenen angeblich zu eigen gewesen seien, einzuschwören. In Kreisen des Militärs, der Veteranenorganisationen und der vaterländischen Verbände verband man damit die Absicht, dadurch die unerwünschte pazifizierende Kraft der Trauer neutralisieren zu können. Der Opfertod der Gefallenen behalte nur dann seinen Sinn, wenn das deutsche Volk den Gefallenen im Geiste der Opferbereitschaft und im Geiste der Frontkameradschaft nachzufolgen bereit sei.«

Gerhard Schneider in »erinnern, vergessen, verdrängen«, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1998, S.339f


SH Ellerhoop MTV Einweihung ret web

Das Denkmal, auch in späteren Jahren reich geschmückt!

Wir danken dem MTV Ellerhoop für die Auskünfte und die Fotos.

SH Ellerhoop MTV Weg 1987 webFoto: Claudia Eisert-Hilbert


Foto aus dem Winter 1987: ein Bach und und viel freies Land.

 

SH Ellerhoop Pforte 2014 web


2014: eine Pforte begrenzt zu der Zeit den Denkmalsplatz. Kunstvoll ist zweimal das Turnerkreuz aus den vier F zwischen den Stäben eingebaut. Oben aufgesetzt sind die Buchstaben MTV und rechts das Gründungsjahr des Männerturnvereins: 1907.

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Das Turnerkreuz

Das Turnerkreuz ist eine graphisch gestaltete Bildmarke, die im Jahr 1844 von dem Kupferstecher und Drucker Johann Heinrich Felsing (1800–1875) aus Darmstadt entwickelt wurde.

Es steht noch heute als Symbol für das Turnen. Das Original-Logo gemäß Deutschem Turner-Bund ist heute immer quadratisch und formt ein achsengleiches griechisches Kreuz. Es besteht aus vier Exemplaren des horizontal und vertikal gespiegelten Buchstabens F in Versalien, die den Turner-Wahlspruch »Frisch, fromm, fröhlich, frei« aufgreifen.


                 SH Ellerhoop Turnerkreuz 1968 Turnfest web

»Den Spruch in seinen vier Anfangsbuchstaben habe ich zusammengestellt in 4 F. Ich habe sie zum Zeichen vereint, […] sie bilden wie die Turnerschaft – gleiche Kraft, gleiche Form, gleiche Stärke nach allen Seiten, es ist das Viereck überall gleich stark, fest in den vier Ecken stehend, nehmt’s, wie ihr wollt: es ist das F aus dem FF. Vergeßt mir nicht, daß es auch das Christenzeichen ist« schrieb Johann Heinrich Felsing 1846.

Der Spruch steht in seiner Urfassung »Frisch, frei, fröhlich, fromm« an der Giebelseite des letzten Wohnhauses von »Turnvater« Friedrich Ludwig Jahn in Freyburg an der Unstrut, das heute das Friedrich-Ludwig-Jahn-Museum beherbergt.

Jahn hat den Turner-Wahlspruch nicht erfunden, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit einen studentischen Spruch aus dem 16. Jahrhundert übernommen. In seinem Buch »Die deutsche Turnkunst« hat Jahn den Wahlspruch »Frisch, frei, fröhlich, fromm« im Kapitel »Turngesetze« dann gleichsam manifestiert.

Jahn hat sich stets gegen eine Umstellung der vier F-Begriffe gewandt, so zum Beispiel 1846: »In den vier Worten ist die Steigerung unverkennbar, jede Umstellung verändert den Sinn und verschwächt ihn. Der Spruch ist Inschrift eines Ringes um das turnerische Leben. Das Weglassen nur eines Wortes macht den Reifen brüchig. Selbst die Verwandlung des ›fröhlich‹ in ›froh‹ entstellt die Sinnschrift, weil, so nahe verwandt, sich auch beide Worte fügen, froh mehr die innere Stimmung bezeichnet und das Wirkende, fröhlich hingegen das Offenbarwerden in äußerer Erscheinung […], fröhlich muß mitteilen, gemeinsam empfinden […], bedarf der Gesellschaft«.

Dennoch wurde die Aneinanderreihung der vier Begriffe über Frisch, fromm, froh, frei zum heute gebräuchlichen »Frisch, fromm, fröhlich, frei« verändert. 1933 entstand im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 1936 von Berlin eine Diskussion darüber, ob das Turnerkreuz oder die olympischen Ringe für die Olympiade in Berlin Verwendung finden sollten. Die Entscheidung fiel zugunsten der fünf Ringe.

Nach Einführung des Reichsflaggengesetzes vom 15. September 1935 übernahmen alle deutschen Turnvereine das von den Nationalsozialisten gebrauchte Hakenkreuz als einziges Symbol.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand man auf Vereinsebene sehr rasch wieder zum Turnerkreuz zurück, zumal die historischen Vereinswappen und -fahnen dieses zumeist beinhalteten. Demgegenüber benötigten die Verbände dazu längere Zeit. Beim Deutschen Turnfest in München 1958 fand es in der offiziellen Festzeitung noch keinerlei Verwendung, eine aus diesem Anlass herausgegebene Briefmarke der Deutschen Bundespost griff es hingegen wieder auf.

nach Wikipedia, abgerufen am 25. Mai 2018

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Das Gedicht »dankesschuld«

Ich trat vor ein Soldatengrab

Und sprach zur Erde tief hinab

Mein stiller grauer Bruder du

Das Danken läßt uns keine Ruh'.

Ein Volk in toter Helden Schuld

Brennt tief in Dankes Ungeduld.

Daß ich die Hand noch rühren kann

Das dank' ich dir, du stiller Mann.

Wie rühr' ich sie dir recht zum Preis?

Gib Antwort, Bruder, daß ich's weiß!

Willst du ein Bild von Erz und Stein?

Willst einen grünen Heldenhain?



Und alsobald aus Grabes Grund

Ward mir des Bruders Antwort kund

Wir sanken hin für Deutschlands Glanz.

Blüh, Deutschland, uns als Totenkranz!

Der Bruder, der den Acker pflügt

Ist mir ein Denkmal, wohlgefügt.

Die Mutter, die ihr Kindlein hegt

Ein Blümlein überm Grab mir pflegt.

Die Büblein schlank, die Dirnlein rank

Blühn mir als Totengärtlein Dank.

Blüh, Deutschland, überm Grabe mein

Jung, stark und schön als Heldenhain!

Walter Flex

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Der Dichter Walter Flex

Er (geboren 1887 in Eisenach – 1917 im Krieg getötet auf Ösel) war ein Schriftsteller und Lyriker. Die Bekanntschaft mit der Familie des Reichsgründers Otto von Bismarck, bei der er als Hauslehrer tätig war, beeinflusste ihn. 1913 kam es zu einem Bruch mit seinen Arbeitgebern, da für Flex die international zusammengesetzte Adelsfamilie von Bismarck zu »undeutsch« war.

1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger in Posen. 1917 wurde er wegen seines literarischen Ruhms nach Berlin abkommandiert, um im Auftrag des Generalsstabs an der Publikation »Der Krieg in Einzeldarstellungen« mitzuwirken. Auf eigenen Wunsch wieder an die Ostfront versetzt, wurde er kurz darauf tödlich verwundet.

SH Eutin Voss Walter Flex 1915 web

Walter Flex in Uniform, mit seinen Orden, im Kriegsjahr 1915.

SH Eutin Voss Grabmal Eisenach Wikswat Wikimedia Commons web

Foto: Wikswat/Wikimedia Commons

In zahlreichen deutschen Städten wurden Straßen, Plätze, Gebäude und Schulen nach ihm benannt, von denen einige nach dem Ende der NS-Diktatur umbenannt wurden, z.B. die Schule Bergedorf in Hamburg. In Flex’ Heimatstadt Eisenach gibt es ein symbolisches Grab mit der Inschrift:

Wer auf die preußische Fahne schwört hat nichts mehr was ihm selber gehört

Von der Errichtung dieser Gedenkstätte machte der ehemalige »Freundeskreis Walter Flex« die Schenkung des Nachlasses des Dichters an die Stadt Eisenach abhängig. Der Bestand wird im Stadtarchiv aufbewahrt.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 14. März 2017

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Die HitlerEiche

Bei unserem Besuch 2023 erfuhren wir von den Chronisten der Gemeinde, dass auf dem Denkmalsplatz bis heute auch eine Hitlereiche steht. Hier ist sie:

SH Ellerhoop Hitlereiche web

Was ist eine Hitlereiche?


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

Diese Geschichte steht in der »Chronik der Landgemeinde Rethwisch« von Doris Moßner und Inga Rogga aus dem Jahr 2001:

»1933 wurde mit einer offiziellen Zeremonie eine Adolf-Hitler-Eiche auf dem Dorfplatz gepflanzt (s. Foto). Auf dem Foto sieht man Heinrich Behnke, [...] sowie Hartwig Gäde. Herbert Hansen, mit weißen Kniestrümpfen, musste damals ein Gedicht aufsagen. Lehrer Kühl hielt eine Rede.

SH Rethwisch Hitlereiche web

Am 8. Mai 1945, am Tag der deutschen Kapitulation, wurde die Eiche von Ernst Meier mit den Worten umgehauen: ›Du Aas kümmst af!« Hartwig Gäde erzählt dazu: ›As ik ut de Gefangenschaft, ut den Krieg kam, da käm de ole Meier to mi hin un seggt: ›Soll ik di mal wiesen, wo diene Adolf Hitler Eiche is? Denn komm mal mit!‹. Da ist er dann mit mir in seinen Garten gegangen und zeigte auf einen Zaunpfahl. Die Eiche hatte er abgesägt und einen Zaunpfahl daraus zurechtgeschnitten. Der alte Meier war der SPD treu geblieben.«

NDR-Zeitreise: Die Geschichte der »Hitlereichen«

Schleswig-Holstein Magazin vom 14. April 2023



SH Oldesloe Bundesarchiv Bild 146 1974 160 13A Theodor Eicke web
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes

 

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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

 

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Der Neue Platz

Die Gedenkstätte am Thiensener Weg soll aufgelöst werden. Das Adlerdenkmal soll in das Gründreieck Baumschulenweg/Dorfstraße umgesetzt werden.

Unsere Dokumentation des Denkmals am Tiensener Weg

Dort steht schon ein 1932 vom MTV Ellerhoop errichtetes Kriegerdenkmal. Das etwa 450 Quadratmeter große Areal soll dann als »Garten der Begegnung« gestaltet werden: mit Informationen zu den beiden Kriegerdenkmälern und zu der Zeit in der sie errichtet wurden, aber auch mit Ruhebänken, Fahrradabstellplatz etc.

Ein Zuschuss der Aktivregion Holsteiner Auenland ist avisiert. Verbunden mit einer Zusage war die Idee, ein Beratungstreffen der Akteure in Ellerhoop mit Dr. Stephan Linck, Studienleiter der Evangelischen Akademie der Nordkirche für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit zu verabreden, um die historische Einordnung des neuen Denkmalsortes professionell begleitet zu wissen.

 

SH Ellerhoop Total web


Am 15. Juni 2023 fand auf Einladung von Anna Münstermann vom Bauamt Rantzau ein Treffen vor Ort statt.

 

SH Ellerhoop Gruppe am MTV Denkmal web


Ellerhoops Bürgermeisterin Wiebke Uhl, Anna Münstermann vom Bauamt Rantzau, Vertreter des MTV Ellerhoop und die Chronisten der Gemeinde informierten sich bei Dr. Stephan Linck über die Bedeutung der Inschriften und der Symbolik der Kriegerdenkmäler, die beide im Nachgang des 1. Weltkriegs entstanden, aber mit 10 Jahre Abstand entworfen und erbaut wurden. Die Zusammenlegung ermöglicht den direkten Vergleich und damit die Chance eines lebendigen Geschichtsunterrichts.


Es folgt der Vorentwurf von Dipl.-Ing. Dagmar Stucke unter Mitarbeit der freien Landschaftsarchitektin Irina Dechow mit der Darstellung unterschiedlicher Perspektiven auf den neuen Platz:

 

SH Ellerhoop Adler Garten der Begegnung koloriert web

 

SH Ellerhoop Adler Vorentwurf Perspektive1 web

 

SH Ellerhoop Adler Vorentwurf Perspektive2 web

 

SH Ellerhoop Adler Vorentwurf Perspektive3 web

 

SH Ellerhoop Adler Vorentwurf Perspektive4 web


Wir sind gespannt, wie eine geschichtliche Einordnung der Denkmäler in ihrer Zeit und die heutige Rezeption gelingt. Vielleicht, wie Stephan Linck vorgeschlagen hat, in Zusammenarbeit mit einem Schulprojekt.


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I N H A L T
Das Denkmal
Aus der Geschichte
Der Adler
»Wir sind die Herren der Welt«
Das Eiserne Kreuz
Der neue Platz
Landjahrlager Thiensen

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Aktuell

Die SHZ schreibt am 31. Mai 2023:

Pläne der Gemeinde: Erinnerung in Ellerhoop – Aus zwei Ehrenmälern soll eins werden

Die Gedenkstätte am Thiensener Weg in Ellerhoop soll aufgelöst werden. Die Ehrentafel soll an einen anderen Ort in der Gemeinde gebracht werden. Das ist geplant.

An der Feinplanung wird noch getüftelt. In groben Zügen aber steht fest, wo und wie in Ellerhoop auch in Zukunft das Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege aufrechterhalten werden soll. Und nicht zuletzt steht auch fest, dass die Gemeinde sich bei diesem Vorhaben auf einen Zuschuss der Aktivregion Holsteiner Auenland freuen darf.

SH Ellerhoop Thiensenerweg SHZ Michael Bunk webFoto: SHZ / Michael Bunk

• Kriegerdenkmal mit Adler am Thiensener Weg in Ellerhoop


Ellerhoop gehört damit zu den ersten vier Begünstigten der neuen Förderperiode, die Geld aus dem sogenannten Grundbudget erhalten. So hat es zumindest der Projektbeirat der Aktivregion beschlossen – und dies auch Ellerhoops Bürgermeisterin Wiebke Uhl mündlich mitgeteilt. Die schriftliche Bewilligung durch das zuständige Landesamt dürfte aber noch einige Zeit auf sich warten lassen. »Die erforderliche Richtlinie befindet sich derzeit im Beteiligungsverfahren, eine Veröffentlichung wird im Spätsommer erwartet«, teilte für die Aktivregion deren Regionalmanagerin Eva Groher mit.

Solange dieses Schriftstück fehlt, wird auch in Ellerhoop nichts weiter passieren. »Wir stehen in den Startlöchern, aber uns sind die Hände gebunden«, sagt Ralf Mehlen (CDU). Der Vorsitzende des Sozialausschusses hat mit seinem Gremium die Planung für die Neuausrichtung des Gedenkens wesentlich vorangetrieben. Diese sieht nun vor, die von der Gemeinde am Thiensener Weg eingerichtete Gedenkstätte aufzulösen. Die dortige Ehrentafel mit dem steinernen Adler soll in das Gründreieck Baumschulenweg/Dorfstraße überführt werden. Dort steht ein 1932 vom MTV Ellerhoop errichtetes Ehrenmal.

Bei einer bloßen Zusammenlegung soll es nicht bleiben. Wie Mehlen ankündigt, sollen dort zusätzliche Sitzgelegenheiten aufgestellt werden, um das etwa 450 Quadratmeter große Areal als Rastplatz für Naherholungssuchende herzurichten.

Der historische Aspekt – in Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine präsent wie lange nicht mehr – wird dabei nicht vergessen. Informationen zu den Ehrenmalen, zur NS-Zeit, aber auch zur Geschichte des Ochsenwegs und Wissenswertes über Ellerhoop sollen für verschiedene Zielgruppen aufbereitet werden und über einen QR-Code abrufbar sein.


Siehe auch das Kapitel »Der neue Platz«


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Ellerhoop, Kreis Pinneberg

Gedenkstätte am Thiensener Weg Ecke Schmiedskamp

Das Denkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege aus der Gemeinde Ellerhoop-Thiensen steht in einer gepflegten Grünanlage.

SH Ellerhoop Adler weit web


Eine rustikale Ruhebank steht vor der Eingangspforte.


SH Ellerhoop Adler Pforte web


Die Eisenpforte ziert ein großes Eisernes Kreuz. Das militärische Ehrenzeichen sagt uns, dass es auf diesem Platz um Soldaten geht.

Mehr dazu im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«

 

Ein Weg aus Waschbetonplatten führt direkt auf das Denkmal zu.

 

SH Ellerhoop Adler seitlich web


Es ist ein hoher, bearbeiteter Stein auf dem ein stattlicher Adler seine Schwingen ausbreitet.

SH Ellerhoop Adler web


Der Adler, mit vielen Details naturgetreu aus Stein gearbeitet, krallt sich fest an einer steinernen Kugel. Sie könnte eine Kanonenkugel = Kampf, Krieg oder eine Weltkugel = Macht, Herrschaft darstellen.

Mehr zur Symbolik des Adlers auf Denkmälern zum 1. Weltkrieg im Kapitel »Der Adler«

 

SH Ellerhoop Adler Saeulen web


Für die Widmungstafel wurde aus dem riesigen, groben Findling ein eleganter Rahmen herausgearbeitet. Er zitiert die Form eines antiken Tempels mit zwei Säulen und einem Horizontalbalken, genannt Architrav. Antike Elemente stehen auf Kriegerdenkmälern für einen edlen, überzeitlichen Kampf, der mit dem tatsächlichen Grauen in den Schützengräben des 1. Weltkriegs nichts zu tun hat. Die Realität der Schlachten mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wird bewusst ignoriert.

 

SH Ellerhoop Adler Inschrift 1WK web


In den Denkmalsstein sind zwei Tafeln aus schwarzem, poliertem Granit eingelassen. Die gravierten Buchstaben und Ziffern sind mit weißer Farbe ausgefüllt. Die Tafel zum 1. Weltkrieg trägt die Widmung (die erste Zeile steht im Bogen über den folgenden):

Zum ehrenden Gedächtnis
unserer für’s Vaterland
im Kriege 1914-18 gefallenen Helden
der Gemeinde Ellerhoop-Thiensen.


Ehre, Vaterland, gefallene Helden, das sind Begriffe, die wir immer wieder auf Kriegerdenkmälern lesen, die wir als selbstverständlich hinnehmen und nicht hinterfragen. Expert:innen erklären die ihnen innewohnende Bedeutung:

Ehrendes Gedächtnis
»Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. [...] im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert. [...]

Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung. [...] Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 33. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006


»Hundert Jahre nach Beginn des großen Schlachtens auf den Feldern, die angeblich die Ehre, wahrhaftig aber Elend und Tod bedeuten, steht der großdeutsche Heldenkitsch noch immer an den Mauern des Franziskanerklosters. Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann ...«

kommunal.blogspot.de / Region Aschaffenburg-Miltenberg


Vaterland

»Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 89


»Kriegerdenkmäler für den ›gemeinen Mann‹ stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl.

Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: ›für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.‹ (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.«

Häger, S. 78

Gefallene
»›Gefallenendenkmal‹ verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort.«

 Häger, S. 22


»Dieser Begriff wird benutzt, um den Tod von Kombattanten zu beschreiben, die während Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind. Er befindet sich häufig auf den entsprechenden Denkmälern und ist seit 2008 (seit dem Verteidigungsminister Jung ihn verwendet hat) wieder im politischen Sprachgebrauch in Deutschland zu finden. Es ist dabei zu erörtern, in wie fern eine Beschönigung des gewalttätigen Todes vorliegt, so dass er in der öffentlichen Wahrnehmung als weniger folgenschwer und damit akzeptierter als andere Todesarten angesehen wird. Außerdem bleibt durch die universelle Verwendung von ›gefallen‹ der tatsächliche (schreckliche) Todesgrund verborgen (verblutet, erschossen, zu Tode gefoltert usw.).«

• www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden

»... dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

 Häger, S. 60/61

»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

Helden:
»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Klingel, S. 89


»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

 Kurt Tucholsky


»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held.«

• www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden

»Das erste idelogische Moment des politischen Totenkults wird in historischen Untersuchungen selten angesprochen, so selbstverständlich ist es offenbar: Der tote Feind gilt nichts. Totengedenken und nationale Feindschaft gehen Hand in Hand. Die Rechtfertigung des eigenen Tötens bleibt ausgeblendet, ist immer nur implizit anwesend, als unbefragte Voraussetzung. Explizit handelt der Totenkult allein vom Sinn des Sterbens, des Sich-Opferns.«

Latzel, S. 98

 

SH Ellerhoop Adler 1WK web


Die Namensliste der toten Soldaten unter der Widmung und einer Schmucklinie ist in zwei Spalten aufgeteilt. Es werden 26 Soldaten mit Vor- und Nachnamen genannt, sie sind nach dem Todestag geordnet. Ein Soldat wird als verm. (vermisst) gekennzeichnet, es wird aber ein Todestag genannt, bei einem anderen fehlt der Todestag und die letzten in beiden Reihen wurden wohl nachbenannt, die Todestage fallen aus der Reihe. Die Spaltentrennlinie, mit Pfeilen oben und unten, wurde darum nachträglich unten um eine Zeile verlängert. Viermal taucht ein Familienname doppelt auf. Die höchsten Verlustzahlen, je sieben tote Soldaten, fallen in den Jahren 1916 und 1918 an.

 

SH Ellerhoop Adler 2WK web


Auf der darunter eingesetzten Tafel zum 2. Welötkrieg werden 85 Namen von toten Soldaten in vier Spalten aufgezählt. Wieder werden Vor- und Nachnamen und die Todestage genannt. Die Schriftgröße variiert nach Länge des Namens. Diesmal sind die Namen thematisch (die ersten 49 Namen haben keine Überschrift, die restlichen 36 sind mit »Heimatvertriebene« betitelt) und innerhalb ihrer Liste alphabetisch geordnet, wobei der Großteil der Vermissten jeweils am Ende der Liste – neu alphabetisch geordnet – genannt wird.

Die Zahl der Vermissten auf dieser Tafel ist überdurchschnittlich hoch: von 49 werden 18, von 36 Heimatvertriebenen 14 vermisst. Unter den Heimatvertriebenen wird eine Frau genannt. Wir gehen davon aus, dass sie im militärischen Kontext gestorben ist, z.B. als Lazarettschwester. Die Zahl der zivilen Opfer – wenn sie denn genannt würden – unter den vertriebenen Frauen müsste viel höher sein.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei dieser Denkmalsanlage in der Gemeinde Ellerhoop-Thiensen ausschließlich um die toten Soldaten der Heimat geht. Ausschließlich geht es um die eigenen Toten, es gibt keine kritische Reflektion über die Kriegsursachen und die deutsche Schuld, die Opfer des Nationalsozialismus werden nicht benannt.

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Aus der Geschichte

Am 28. Mai 1922 wurde das Denkmal eingeweiht – an seinem ursprünglichen Standort an der Einmündung der Dorfstraße in die Barmstedter Straße.

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Vier Jahre nach Kriegsende sind viele dunkel gekleidete Bürger:innen zur Feier gekommen. Wir entdecken auch zwei Vereinsfahnen. Den Fuß des Adlers schmückt ein helles Tuch.

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Vom gleichen Ort, nach der Menge der niedergelegten Kränzen zu urteilen nicht lange nach der Einweihung, ein Foto des Denkmals mit Einfriedung und hölzener Lattenpforte. Wir sehen, dass vor der Erweiterung durch die Namenstafel zum 2. Weltkrieg, unter der Tafel zum 1. Weltkrieg ein Medaillon mit Eisernem Kreuz eingemeißelt ist. Im Juni 1957 brauchte man dann diesen Platz und das militärische Ehrenzeichen wanderte als Symbol auf die Eingangspforte.

Eine niedrige Bruchsteinmauer mit heller Quadersteinabdeckung und aufgesetzten Granitpfeilern umgibt 1922 den Denkmalsplatz. Die Pfeiler sind mit Eisenketten verbunden, die an den Denkmalsanlagen nach dem 1. Weltkrieg die Fesselung Deutschlands an den Versailler »Schandvertrag« darstellen sollten.

Manchen Orts wurden die Ketten dann in späteren Jahren symbolträchtig vor Publikum von den Nazis der Gemeinde durchgehauen.

Am 12. November 1933 wird z.B. im Ost-Holsteinischen Tageblatt ein »grüner Stimmzettel« abgebildet. Im Artikel dazu steht: ... »Mit dem Einzeichnen des Kreuzes unter ›Ja‹ bekennst du dich zur Freiheits- und Friedenspolitik Adolf Hitlers. [...] Er will das deutsche Volk endlich frei machen von den Ketten von Versailles.«

Der Versailler Vertrag auf LeMO

 

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Der Denkmalsplatz in den 30er Jahren mit Hakenkreuzfahnen beflaggt. Die neu aufgestellten Fahnenmasten stehen weiß vor der Tannenreihe im Hintergrund. Dieses Bild ist Teil einer Postkarte. Kurioserweise wurde es dort mit »Denkmal 1870-71« beschriftet. Das sind die Jahreszahlen des Deutsch-Französischen Krieges, an dessen für die Deutschen siegreichen Ende der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal des Versailler Schlosses zum Deutschen Kaiser proklamiert wurde, eine Demütigung für die Franzosen.

SH Ellerhoop ADLER Postkarte web2


Dies ist die komplette Postkarte. Dem Besitzer haben die falschen Jahreszahlen zum Denkmal wohl keine Ruhe gelassen, er hat sie handschriftlich in 1939 - 45 geändert – der 1. Weltkrieg wurde übersprungen.

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Foto von 1987: das Denkmal war 1958 an den heutigen Standort am Thiensener Weg Ecke Schmiedskamp versetzt worden. Die große Anlage umgab zu der Zeit ein Jägerzaun mit einer klobigen Holzpforte und einem rahmenfüllenden Eisernen Kreuz.


Alle Fotos sind der Examensarbeit von Claudia Eisert-Hilbert »Denkmäler für Soldaten und andere Kriegsopfer seit dem Ersten Weltkrieg im Kreis Pinneberg« aus dem Jahr 1987 entnommen. Wir danken der Verfasserin für die Nutzungsgenehmigung.


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Der Adler

Aufmerksam, fast aggressiv und mit aufgestellten Schwingen zum Abflug bereit, sitzt der Adler auf seinem Ausguck. Er ist detailreich gearbeitet. Das ist kein gemütliches Ausruhen, angespannt wartet er auf seinen Einsatz, der unmittelbar bevorzustehen scheint.

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»Der Adler ist als ›der mächtigste König im Luftrevier‹ (Anfang des ›Seeräuberlied‹, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137

»Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die ›Deutsche Tageszeitung‹ vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge ›vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.‹ Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen – Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: ›Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet‹; Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: ›Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.‹ Auch dort die Kranzschleife des ›Bundes der Jagdflieger‹ am Tag der Einweihung: ›Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!‹.«

Loretana de Libero, Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne, De Gruyter Oldenbourg, S.95f


Oberst a.D. Roethe beschrieb den steinernen Adler in der Festrede vor der Enthüllung des Denkmals in Waren an der Müritz am 26. Juni 1932 folgendermaßen:

»Der Adler des Steins, der nun sogleich vor Ihren Augen erscheinen wird, er ist das Bild des Adlers der Deutschen, das Sinnbild von Deutschlands Macht und Herrlichkeit. Noch verkrampft sich die rechte Klaue auf dem am Boden liegenden Stahlhelm, dem Zeichen der deutschen Wehrhaftigkeit. Aber schon sieht er in der Ferne das Morgenrot des kommenden Tages, schon regt er die Flügel.

So gebe der allmächtige Lenker der Geschicke der Völker, der uns diese Prüfungszeit auferlegt hat, daß gar bald der Adler des Deutschen Volkes die mächtigen Schwingen breite zum stolzen kühnen Fluge der Sonne entgegen in die ferne glückhafte Zukunft unseres Volkes. Und daß wir bald die Gelegenheit finden, das stolze Lied in die Lüfte zu jubeln, das der Dichterherold unserer Väter ihnen mitgab in die Kämpfe und Märsche nach Paris, wo sie sich die Kaiserkrone und das einige mächtige Reich holten – das Lied:

Flieg, Adler, flieg! Wir folgen nach
Ein Einig Volk in Waffen.
Wir folgen nach, ob tausendfach
Des Todes Pforten klaffen.
Und fallen wir: Flieg, Adler, flieg!
Aus unserm Blute wächst der Sieg.
V o r w ä r t s ! «


Sieben Jahre später flog er dann wieder, der Adler: der 2. Weltkrieg begann mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Polen.
 

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»wir sind die Herren der Welt«

Der mächtigste König im Luftrevier
Ist des Sturmes gewaltiger Aar.
Die Vöglein erzittern, vernehmen sie nur
Sein rauschendes Flügelpaar.
Wenn der Löwe in der Wüste brüllt,
Dann erzittert das tierische Heer.
Ja, wir sind die Herren der Welt
Die Könige auf dem Meer.
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!

Zeigt sich ein Schiff auf dem Ozean,
So jubeln wir freudig und wild;
Unser stolzes Schiff schießt dem Pfeile gleich
Durch das brausende Wogengefild.
Der Kaufmann erzittert vor Angst und vor Weh,
Den Matrosen entsinket der Mut,
Und da steigt am schwankenden Mast
Unsre Flagge, so rot wie das Blut.
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!

Wir stürzen uns auf das feindliche Schiff
Wie ein losgeschossener Pfeil.
Die Kanone donnert, die Muskete kracht,
Laut rasselt das Enterbeil,
Und die feindliche Flagge, schon sinkt sie herab.
Da ertönt unser Siegesgeschrei:
Hoch lebe das brausende Meer,
Hoch lebe die Seeräuberei!
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!


SA-Version (ca. 1930)
Der mächtigste König von Groß-Berlin
das ist der Isidor Weiß
Doch Dr. Goebbels der Oberbandit
der macht ihm die Hölle schon heiß
Seine eigene Schupo die nimmt ihn sich vor
man hört es bis zum Brandenburger Tor
Er nennt sich Dr. Bernhard Weiß doch bleibt er der Isidor


»Der mächtigste König im Luftrevier«, auch bekannt als Piratenlied, ist ein seit 1915 belegtes Volkslied, das im 1. Weltkrieg als eine Art inoffizielle Hymne der deutschen U-Bootfahrer zu besonderer Popularität kam. Wegen Formulierungen, die während der NS-Diktatur hinzugefügt wurden, wird das Singen des Liedes durch Bundeswehrsoldaten kontrovers beurteilt.

Während der NS-Diktatur wurde das Lied vom Regime gefördert und umgeschrieben. So wurden aus den »Fürsten der Welt« in der NS-Version die »Herren der Welt«. Auch wurde das Lied textlich von der SA so umgedichtet dass es ein Spottlied auf den damaligen jüdischen Polizeivizepräsidenten von Berlin Bernhard Weiß wurde. Nach dem 2. Weltkrieg ist »Der mächtigste König im Luftrevier« unter anderem im Liedgut der Pfadfinderbewegung belegt und in dem Liederbuch »Die Mundorgel« enthalten.

»Der mächtigste König im Luftrevier« wurde nach dem 2. Weltkrieg auch ins Liedgut der Bundeswehr übernommen. So findet es sich 1983 im Liederbuch der Fallschirmjäger und 1991 im offiziellen Liederbuch der Bundeswehr »Kameraden singt!« Nachdem der ARD-Kulturreport am 25. November 2001 einen Beitrag über die Geschichte des Schlagers Lili Marleen und das Liedgut der Bundeswehr ausstrahlte, wurde auch der Text des Piratenliedes kontrovers diskutiert. Für Kritik sorgte vor allem, dass die Bundeswehr nicht die ursprüngliche Version, sondern die Version mit dem während der NS-Diktatur umgeschriebenen Text übernommen hatte.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8.3.2021

Das erste Liederbuch der Bundeswehr erschien 1958. Getreu dem Adenauerschen Appell »Vergesst mir die Musike nicht, das ist eine wichtige Sache für die Soldaten!« Ab Juni 2017 wurde das Liederbuch der Bundeswehr »Kameraden singt!« von 1991 dann auf Geheiß der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen überarbeitet.


»Als es im 2. Weltkrieg gegen England ging, sang die Wehrmacht ›Der mächtigste König im Luftrevier‹. Darin heißt eine Zeile: "Ja, wir sind die Herren der Welt". Und auch heute wird das Lied mit dieser Zeile noch so gesungen. [Der Musikwissenschaftler Eberhard] Frommann fürchtet, dass sich die Bundeswehr bei einem eventuellen Auslandseinsatz mit solch einem Lied unbeliebt machen könnte.

›Die Soldaten, die da jetzt nach Afghanistan gehen oder auch im Kosovo stationiert sind, sollten sich hüten, diese Lieder, die diesen Aggressionsgeist der Wehrmacht noch in sich tragen, so wie ›Ja, wir sind die Herren der Welt‹, noch zu singen.«

Mehr auf www.ag-friedensforschung.de

 

Auch Volksbarde Heino hat den mächtigsten König im Luftrevier vertont, beim »Tirallala, tirallala« läßt er sich von einem fröhlichen Mädelchor begleiten:

YouTube, Heino: Der mächtigste König ...


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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen.

»Andreas Gabalier besang in Mein Bergkamerad ›eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt, wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht.‹ Michael Fischer vom Zentrum für Populäre Kultur und Musik bezeichnete das als ›gewollte Provokation‹, die kaum ein naiver Zufall sein könne.

Die Agentur für soziale Perspektiven konstatiert: Das Eiserne Kreuz sei neben dem Thorshammer ›das am häufigsten gezeigte Symbol der extremen Rechten‹. Zwar sei es je nach Kontext ›kein explizit rechtes Bekenntnis, doch stets ein Symbol für Militarismus und martialische Männlichkeit.‹

Wikipedia, abgerufen am 16.3.2023

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Der Neue Platz

Die Gedenkstätte am Thiensener Weg soll aufgelöst werden. Das Adlerdenkmal wird in das Gründreieck Baumschulenweg/Dorfstraße umgesetzt.

Dort steht schon ein 1932 vom MTV Ellerhoop errichtetes Kriegerdenkmal.

Unsere Dokumentation des Turnerdenkmals des MTV Ellerhoop


Das etwa 450 Quadratmeter große Areal soll dann als »Garten der Begegnung« gestaltet werden: mit Informationen zu den Kriegerdenkmälern und zu der Zeit in der sie errichtet wurden, aber auch mit Ruhebänken, Fahrradabstellplatz etc.

Ein Zuschuss der Aktivregion Holsteiner Auenland ist avisiert. Verbunden mit einer Zusage war die Idee, ein Beratungstreffen der Akteure in Ellerhoop mit Dr. Stephan Linck, Studienleiter der Evangelischen Akademie der Nordkirche für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit zu verabreden, um die historische Einordnung des neuen Denkmalsortes professionell begleitet zu wissen.

 

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Am 15. Juni 2023 fand auf Einladung von Anna Münstermann vom Bauamt Rantzau ein Treffen vor Ort statt.

 

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Ellerhoops Bürgermeisterin Wiebke Uhl, Anna Münstermann vom Bauamt Rantzau, Vertreter des MTV Ellerhoop und die Chronisten der Gemeinde informierten sich bei Dr. Stephan Linck über die Bedeutung der Inschriften und der Symbolik der Kriegerdenkmäler, die beide im Nachgang des 1. Weltkriegs entstanden, aber mit 10 Jahre Abstand entworfen und erbaut wurden. Die Zusammenlegung ermöglicht den direkten Vergleich und damit die Chance eines lebendigen Geschichtsunterrichts.


Es folgt der Vorentwurf von Dipl.-Ing. Dagmar Stucke unter Mitarbeit der freien Landschaftsarchitektin Irina Dechow mit der Darstellung unterschiedlicher Perspektiven auf den neuen Platz:

 

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Wir sind gespannt, wie eine geschichtliche Einordnung der Denkmäler in ihrer Zeit und die heutige Rezeption gelingt. Vielleicht, wie Stephan Linck vorgeschlagen hat, in Zusammenarbeit mit einem Schulprojekt.

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Landjahrlager Thiensen

Auf der Website spurensuche-kreis-pinneberg.de wird es so beschrieben:

»1934 wurde auf dem Hof des Bauern Kruse in Ellerhoop-Thiensen ein Landjahrlager des HJ-Landdienstes eingerichtet. Es bestand bis 1941. Mit einem sogenannten ›Landjahr‹ wurden dort Volksschulabgänger auf eine landwirtschaftliche Tätigkeit vorbereitet. Nach der geplanten Eroberung von ›Lebensraum im Osten‹ sollten sie ›Wehrbauern auf eigener Scholle‹ werden. In der Praxis der Landjahrlager waren die Freiwilligen des HJ-Landdienstes jedoch billige Arbeitskräfte, die den Mangel an Landarbeitern auf den großen Gütern ausgleichen sollten. Nur 20 Prozent von ihnen ergriffen später den Beruf eines Landwirtes.«

 

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• Landjahrlager Thiensen mit militärischem Drill und Schildwache am Eingang.

 

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• Appell zum Arbeitsdienst im Landjahrlager Thiensen.

 

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• Die HJ-Lagerabsolventen waren auf verschiedene Höfe verteilt.

 

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• Otto Bley war der Führer des Landjahrlagers 1940/41, hier bereits in Wehrmachtsuniform.

Quelle für Text und Fotos: Carsten Obst, Chronik der Gemeinde Ellerhoop, Neumünster 1992


Mehr auf www.spurensuche-kreis-pinneberg.de

 

Bei Wikipedia lesen wir zum Landjahr-Gesetz vom 29. März 1934:

»Das Landjahr war für die Schulentlassenen gedacht. Als innere Ausgestaltung war eine Erziehung nach Grundsätzen des Nationalsozialistischen Staates und mit Leibesübungen aller Art vorgesehen. Diese Maßnahme war eine Ersatzlösung für eine allgemeine Einführung eines neunten Pflichtschuljahres, die finanzpolitisch nicht möglich war, aber den Arbeitsmarkt wirksam entlastet hätte. Bei der Auswahl der Schüler sollten wirtschaftsschwache und ›politisch gefährdete‹ Gebiete bevorzugt werden, um ›bislang marxistisch erzogene‹ Kinder ›nationalpolitisch zu schulen‹ und ›weltanschaulich zu festigen‹. Als die nationalsozialistische Herrschaft gefestigt war, rückten andere Ziele in den Vordergrund. Neben einer berufslenkenden Absicht wurde die Heranbildung einer Elite angestrebt.

In einer zeitgenössischen Informationsbroschüre heißt es: ›Das Landjahr ist eine staatliche Erziehungseinrichtung. Es untersteht dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Im Landjahr sollen sorgfältig ausgelesene Jungen und Mädel zu verantwortungsbewussten jungen Deutschen erzogen werden, die körperlich gestählt und charakterlich gefestigt von dem Willen erfüllt sind, im Beruf und an jeder Stelle einsatzbereit dem Volksganzen zu dienen.‹«

Mehr dazu auf Wikipedia

 

Auf der Website »Jugend in Deutschland 1918 – 1945«, einem Projekt des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, lesen wir:

»Für das Landjahr kamen ausdrücklich ›nur in körperlicher und geistiger Beziehung erbbiologisch gesunde und charakterlich wertvolle Kinder deutscher Nationalität und arischer Abstammung in Frage‹. [...]

Der Lageraufenthalt bestand in halb-, während der Erntezeit auch ganztägigen unbezahlten Arbeitseinsätzen sowie der NS-typischen Lagererziehung mit Diensten, Appellen, Ordnungsübungen, Sport, Geländespielen, Fahrten, nationalpolitischer Schulung und musischer Erziehung. Letztere beinhaltete vornehmlich die Vermittlung des nazistischen bzw. nazistisch geprägten ›Liedgutes‹.

Zentrales Ziel des Landjahres war es, die Jugendlichen im Sinne des Nationalsozialismus zu ideologisieren und zu erziehen. Gleichzeitig sollte perspektivisch eine Hinwendung zu den ländlichen Gebieten bewirkt werden. ›Blut und Boden‹ lautete die ideologische Devise, welche den Jugendlichen in der Abgeschiedenheit und weit weg vom gewohnten sozialen und familiären Umfeld, nahe gebracht werden sollte.

Da das Landjahr keine Initiative der NSDAP darstellte, sondern unter staatlicher Aufsicht stand, sind mit ihm zum Teil bis heute positive Einstellungen und Erinnerungen verknüpft. Kaum eine anderer Einrichtung der NS-Zeit wurde im Nachhinein mit einer fast mythischen Verklärung versehen, wobei deren eigentliche ideologische Funktionen, nämlich eine unter Lagerbedingungen gut durchführbare Ideologisierung und Formierung der Jugendlichen gerne als Ausfluss der bündischen Jugendbewegung verharmlost und fehlinterpretiert wurden und werden.«

Mehr auf »Jugend in Deutschland 1918 – 1945«

 

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I N H A L T
Die Denkmalsanlage
Volkstrauertag 2019
Aus der Geschichte
Der 3. Stormarner Friedensstein
Der Stahlhelm
Das Eiserne Kreuz
»Ich hatt’ einen Kameraden«
Der Findlingsmythos

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Elmenhorst, Kreis Stormarn

Hinter dem Gemeindezentrum an der Bundesstraße 75

Das Gelände hinter dem Kindergarten und dem Zentrum für sportliche und kulturelle Aktivitäten wurde 2010 zum »Elmenhorster Garten« umgestaltet. Hier gibt es verschiedenste Attraktionen.

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Unter anderem kann man sich auch die drei Denkmäler in der Bauminsel in der Mitte des Parks ansehen und seit 2019 rechts vom Weg den Friedensstein mit einer Botschaft der Gemeinde Elmenhorst. Siehe das Kapitel »Die Stormarner Friedenssteine«.

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Der Weg zweigt hinter dem Gemeindezentrum zu einem Sandplatz ab. Umgeben von einem Baumrund und geschützt von einer beschnittenen Eibenhecke sehen wir drei Denkmäler, die im Halbkreis aufgestellt sind. 1955 wurde hier das Denkmal für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs erbaut. Der Gedenkstein zum 1. Weltkrieg am alten Spritzenhaus bei der Schule und der Gedenkstein aus Mönkenbrook, einem Ortsteil von Elmenhorst, wurden dazu geholt.

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Das größte und zentrale Denkmal ist den toten Soldaten des 2. Weltkriegs gewidmet. Dort wird am Volkstrauertag der Kranz niedergelegt.

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Der Denkmalsbau ist eine leicht geschwungene Bruchsteinmauer mit hervorgehobenen Fugen, sogenannten Krampfaderfugen. Für die Widmungstafel in der Mitte wurde die Mauer um zwei Steinreihen erhöht. An den Seiten sind 2x 2 Namenstafeln eingelassen.

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Alle Tafeln sind aus schwarzem Granit, sie sind teilweise poliert und zum anderen Teil für unterschiedliche Grautöne bearbeitet worden. Die Gestaltung ist insgesamt streng, fast holzschnittartig. Jede Textzeile steht geblockt in einem Balkenviereck. Unter dem Symbolbild für die militärische Ehrung steht die Widmung:

1939 -1945
Verweile
in stiller
Ehrfurcht
sie starben
für Dich!

Hier wird von den Denkmalsstiftern Ehrfurcht und Dankbarkeit von uns eingefordert. Sind die Soldaten für uns gestorben?

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld

»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019

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Das Symbolbild zeigt ein Eisernes Kreuz mit innenliegender Kontur und gekreuzte Eichenzweige.

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird von den Denkmalsstiftern als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält ihn nicht ohne »Leistungsnachweis«.


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

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Jeweils zwei Tafeln sind ohne Abstand in die Wand eigelassen Die Namensliste der toten Soldaten beginnt auf der ersten Tafel der linken Seite mit der ersten Zeile:

Gefallene:


»An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 60/61

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Es werden die Vor- und Familiennamen genannt, jeweils in einer ausgeblockten Zeile. Das kann ein Steinmetz nur schaffen, indem er, wie hier getan, extrem schmale bis extrem breite Buchstaben verwendet. Die Aufzählung ist alphabetisch nach den Familiennamen geordnet.

Auf der dritten Tafel beginnt erneut eine alphabetisch geordnete Liste unter der Überschrift:

Vermisste:

Hier werden die 21 vermissten Soldaten aufgezählt. Insgesamt sind es auf den vier Tafeln 76 tote Soldaten.

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Rechts vom 2.Weltkriegsdenkmal steht das 1955 dort hin versetzte Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Vorher stand es am alten Spritzenhaus bei der Schule in Elmenhorst. Auf einem mächtigen Block aus Bruchsteinen liegt quer ein Findling mit der Widmung.

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Zwischen den Jahreszahlen des Krieges ist das Flachrelief eines Stahlhelms in einem runden Medaillon herausgearbeitet. Darunter die Inschrift:

1914 (Stahlhelm) 1918
Den Helden zur Ehre
der Nachwelt zur Lehre

Die Schrift und der Fond des Medaillons sind falunfarben (ochsenblutfarben) ausgemalt.


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 89


»Der Nachwelt zur Lehre« war in der Zeit nach dem verlorenen 1. Weltkrieg die Aufforderung an die nachfolgende Generation den »aufgezwungenen Schmachfrieden von Versailles« wieder wett zu machen. Neben der Heldenverehrung steht meistens die Forderung nach Revanche.

Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung werden die Parlamentsdebatten zum Versailler Vertrag beschrieben:

»In den folgenden Jahren nutzten fast ausschließlich NSDAP-Abgeordnete, wie Franz Stöhr, Wilhelm Kube und Gregor Strasser, den Begriff ›Schmachfrieden‹ und instrumentalisierten den Versailler Vertrag, um gegen die Republik und die Demokraten zu agitieren. Der Sozialdemokrat Kurt Löwenstein brachte es im Juni 1925 auf den Punkt: ›Die Herren von rechts (…) wollen (…) auf den Krücken des ›Schmachfriedens von Versailles‹ die schwärmerische Jugend im Geiste der Revanche erziehen und durchbilden.‹«

Link zum Beitrag auf bpb.de


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Im Sockel sind zwei Namenstafeln aus Granit ebenfalls in roter Ochsenblutfarbe eingelassen. Je 9 Namen werden darauf in weißer Schrift aufgezählt. Die Vornamen sind mit dem Initial abgekürzt, die Liste ist nach den Familiennamen alphabetisch geordnet. Wir bemerken eine auffällige Häufung der Familiennamen: 2x taucht der gleiche Name dreimal, 2x taucht er zweimal auf.

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Das Ensemble von der Seite, unser Blick fällt auf das dritte und kleinste Denkmal.

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Auf einem kleinen gemauerten Sockel steht eine zackige Steinplatte. Sie ist wie der Findling gegenüber vorne glatt.

SH Elmenhorst Moenkenbrook seitlich web

Von der Seite sehen wir, dass der Sockel im hinteren Teil hochgemauert wurde, um die Steinplatte abzustützen.

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Der gußeisernen, reich verzierten Tafel entnehmen wir: sie gilt den toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Mönkenbrook, heute ein Ortsteil von Elmenhorst. Das Denkmal ist ebenfalls 1955 in die Elmenhorster Anlage geholt worden.

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Die mittig gesetzte Widmung lautet:

DIE GEMEINDE
MÖNKENBROOK
IHREN
GEFALLENEN SÖHNEN
1914 – (Eisernes Kreuz) – 1918

Gemeinden haben natürlich keine Söhne und schon gar nicht sind es ihre Söhne. Manchmal liest man auf den Denkmälern auch »unseren Heldensöhnen« oder seltener »ihren gefallenen Brüdern« oder Vätern. Nie lesen wir »ihren Ehemännern« oder »unseren Verlobten«. Was mag der Grund dafür sein? Vielleicht »menscheln« diese Wörter zu sehr?

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Die wulstige Umrandung der Tafel ist mit Eichenlaub und Eicheln dekoriert, auch die Ecken sind kunstvoll gestaltet.

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Über der Namensliste hängt eine Lorbeergirlande, die an den Seiten bis zum 7. der 13 Namen herunterhängt. Die beiden Teile sind oben mit einer Schleife verbunden. Die Familiennamen der 13 toten Soldaten aus Mönkenbrook sind den Vornamen vorangestellt, sie sind alphabetisch geordnet.


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Eine Besonderheit sind hier die drei Brüder Gerken, deren Namen rechts mit einer Klammer und der senkrecht gesetzten Abkürzung GEBR (Gebrüder) markiert sind.

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Volkstrauertag 2019

Der Kranz der Gemeinde Elmenhorst mit schwarz-rot-goldener Schleife liegt am Denkmal zum 2. Weltkrieg.

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Der Widmung auf der Schleife lautet:

Unseren / Toten / der / beiden / Weltkriege / in / ehrendem / Gedenken

Damit sind in dieser Inszenierung ausschließlich deutsche Soldaten gemeint.

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Aus der Geschichte

1955: Die feierliche Einweihung des Denkmals zum 2. Weltkrieg und gleichzeitig der neuen Aufstellung mit den dazu geholten Denkmälern zum 1. Weltkrieg.

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Eine Veranstaltung unter Männern. Uniformen, Veteranen und der Pastor spricht dazu. Auf der Mauer über der Widmungstafel liegt ein Stahlhelm, der heute verschwunden ist.

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Das Foto einer Feier in späteren Jahren. Die Bildunterschrift aus der Chronik Elmenhorst von Katharina Makarowski, S.110: »Das Lied: ›Ich hatte einen Kameraden ...‹ dringt warm in die feierliche Stille des kühlen Herbstsonntags, in die Herzen der Anwesenden und in die nüchterne Gegenwart hinein.«

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Die drei Denkmäler stehen schon zusammen, dies ist also eine Postkarte nach 1955. Aber wir sehen eine ganz andere Einfriedung. Der »Elmenhorster Garten« scheint schon einige Umgestaltungen erlebt zu haben.


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Der 3. Stormarner Friedensstein

Der »Stein des Anstoßes« war am 13. April 2019 die Aktion zum 130. Firmenjubiläum des Waffen- und Munitionherstellers Rheinmetall in Trittau. Die Friedenssteinsetzungen begannen am 1. September 2019 in Bad Oldeslohe. 

Im »Elmenhorster Garten« wurde am 29. September 2019 rechts vom Weg der 3. Friedensstein im Kreis Stormarn vom Bildhauer Axel Richter einbetoniert. Er hat die 55 Friedensteine hergestellt.

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»Grenzsteine dienten ursprünglich dazu, geheiligte Friedensbereiche zu markieren. Unter der Standfläche der Stormarner Friedenssteine mit dem Schwanenmotiv ist jeweils ein goldener Hohlraum eingearbeitet, in dem Friedensbotschaften und Bezeugungen hinterlassen werden.

Die Steine sind als Vernetzungsprojekt gedacht. Mit dem Setzen der 55 Friedenssteine sollen die Stormarner Städte und Gemeinden zu einem friedensbezogenen Netzwerk zusammenwachsen.

Stormarner Bürger haben bereits zahlreiche Botschaften aufgeschrieben, die in den Gemeinden, welche bereits ihren Friedensstein gesetzt haben, einbetoniert sind.« So steht es auf der Website der Gruppe 9. November.

Die jeweiligen Botschaften, interessante Redebeiträge und Fotos über jede Friedenssteinsetzung können Sie auf der Website lesen.

Website Gruppe 9. November – Friedenssteine

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Im Mehrzweckgebäude der Gemeinde Elmenhorst fand ein Gottesdienst zum Michaelistag mit Pastor Andreas Wendt statt. Er wies dabei auf die Friedenssteinsetzung hin, die nach dem Gottesdienst stattfand.

Predigt als PDF


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Die Friedensbotschaften lauten:

Bürgermeister Norbert Ohl: »Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden«. (Rosa Luxemburg)

Stellvertreter des Bürgermeisters Stefan Czanecki: »Mit geballten Fäusten kann man nicht die Hände schütteln«. (Indira Gandhi)

Stellvertreter des Bürgermeisters Bernd Borchardt: »Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen«.

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Fünf Mitglieder der Gruppe 9. November nach getaner Arbeit mit ihrer großen Friedenstaube, die von Ort zu Ort mitwandert.

 

... und weil die Friedensbotschaften nun verborgen sind, hat die Gruppe 9. November am 9. November 2022 an allen bisherigen Standorten neben den Steinen eine Informationstafel mit QR-Code installiert, entsprechend der Tafel auf dem Bild unten für Bargfeld-Stegen. So können alle zukünftigen Besucher:innen die Geschichte der Stormarner Friedenssteine und die Friedensbotschaften in »ihrem« Stein kennenlernen.

SH Bargfeld Stegen QR Code web


1918, 1938, 1989: Der 9. November gilt als »Schicksalstag« in der deutschen Geschichte. Er markiert den Beginn der ersten deutschen Republik, die Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung und den Fall der Berliner Mauer. Jedes Jahr fallen an diesem Tag Feier- und Gedenkstunde zusammen.

Der 9. November auf bpb.de

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Der Stahlhelm

Er schien den Denkmalsstiftern in Elmenhorst das passende Symbol zu sein, um ihre toten »Helden« des 1. Weltkriegs zu ehren. Ursprünglich lag auch ein echtes Exemplar auf dem Denkmal zum 2. Weltkrieg.

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Die neuen Methoden der Artilleriekampfes hatten im 1. Weltkrieg zu einem erbitterten Stellungskrieg geführt.

Mehr zum »Modernen Krieg« auf www.regionalgeschichte.net


Er erforderte einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Ein neuer Helm aus Stahl wurde entwickelt, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

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Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms M35 in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.

Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.

»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«

Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche«, Januar 1940.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. 

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:

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»Ich hatt’ einen Kameraden«

»Der gute Kamerad« wurde 1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet, Friedrich Silcher vertonte, ebenfalls in Tübingen, das Gedicht im Jahre 1825. Als Lied ist es besser bekannt unter der Anfangszeile der ersten Strophe: »Ich hatt’ einen Kameraden«. Es wurde vor allem zur Beschönigung und Verklärung des Kriegsopfers und des Heldentods instrumentalisiert. Das Lied vom »guten Kameraden« spielt im Trauerzeremoniell der deutschen Bundeswehr eine große Rolle. Es ist Bestandteil eines Begräbnisses mit militärischen Ehren und jeder militärischen Trauerfeier.


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»Menschen könnten im normalen Leben bessere Freundschaften als im Schützengraben finden.«

Pfarrer Detlev Besier, Leiter der landeskirchlichen Arbeitsstelle Frieden und Umwelt, am Volkstrauertag 2018


Sehen Sie hier eine Sammlung von historischen und politischen Bildpostkarten von Karl Stehle, München, die diesen Liedtext zitieren:

www.goethezeitportal.de


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der FindlingsMythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.


»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

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Das Findlingsdenkmal in Marienwarder, Kreis Plön, zum 1. Weltkrieg

Unsere Dokumentation

 

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Antike Kämpfer
Der Bildhauer Carl Rhein
Das Kreishaus
Das Schwert
Schwertgeschichten

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Eutin, Kreis Ostholstein

Im Kreishaus in der Lübecker Straße 41

1934 wurde die Skulptur des edlen Kriegers mit den beiden Tafeln zum 1. Weltkrieg im ersten Stock des Kreishauses aufgestellt. Die Bronze-Plastik wurde von Professor Carl Rhein geschaffen.

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Die Geschichte

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1934: Die Bronze-Plastik »Krieger mit Schwert« von Professor Carl Rhein

 

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Antike Kämpfer

Wenn Bildhauer sich für figürliche Motive entschieden, waren das meist Krieger bzw. Kämpfer. Für die Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer nach dem 1.Weltkrieg auch oft die antiken, weniger bedrohlichen Waffen. Der Eindruck eines heldenhaften Zweikampfs und eines mutigen Einsatzes der Kombattanten manifestiert sich, der Blick auf die grausame Wirklichkeit eines Kriegs mit modernen Waffen wird verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der edlen Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf. Nach dem »Schmachfrieden« von Versailles galt es den Kampf wieder aufzunehmen – gegen die inneren und äußeren Feinde.

 

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»Völlig ungeachtet, nachgerade als Flucht vor der Realität der Schlachten des ersten Weltkriegs mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wurde mit dem antiken Kämpfer eine zeitlose Form von Heldentum propagiert, bei der der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann höchste Mannestugend verwirklichen kann. Dieses Bild des starken jungen Mannes sollte zum neuen Kampf anspornen, das Leid überlagern, Einigkeit symbolisieren und war [...] gegen den Versailler Vertrag gerichtet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006, S.64

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Der Bildhauer Carl Rhein

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Das Kreishaus

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Das Schwert

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Der englische König führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind.

Zitat aus dem Vortrag »Das Pinneberger Kriegerehrenmal« vom 8. Mai 2018 von Prof. Dr. Loretana de Libero, Universität Potsdam: »Das Denkmal sollte nach dem Willen der Stifter mit dem hoch aufragenden Schwert ein demonstratives wie offensives Zeichen setzen für die ›Mannhaftigkeit‹ und den ›Wehrwillen des deutschen Mannes vor aller Welt‹. Mit dieser Formulierung spielte der Ausschuss auf die Revision des Versailler Vertrages an, hier v.a. die militärischen Bestimmungen.«

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Schwertgeschichten

Die Legende vom Schwert Excalibur hat alles, was man nach dem 1. Weltkrieg für einen »Ehrenhain« brauchte: einen schwertschwingenden, kraftvollen Helden, der für die gerechte Sache kämpfte, einen edlen Ritter, »gefallen« durch eine böse List nach blutigem Gefecht – doch nun wartet sein Schwert darauf, wieder zum Einsatz zu kommen.

Vom mythischen Zauberer Merlin war das Schwert Caliburn durch einen Stein bzw. Amboss getrieben worden, wird in der Legende erzählt. Es hieß, nur der wahre künftige Herrscher könne es wieder herausziehen.

Nachdem zahlreiche Ritter und Adelige an dieser Aufgabe gescheitert waren, gelang es Artus (Arthur), dem Sohn des englischen Königs, das Schwert mühelos zu befreien, was ihn zum rechtmäßigen König machte. Als Artus das Schwert Caliburn in einer Schlacht zerschlagen hatte, schenkte die »Herrin vom See« dem jungen König als Ersatz Excalibur, damit er sein Königreich schützen könne.

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Der Legende nach gab Excalibur seinem Besitzer übermenschliche Kräfte, und seine Scheide machte jeden, der sie bei sich trug, unverwundbar. Artus’ Halbschwester Morgan LeFay raubte durch eine List die Scheide, sodass Artus bei Verletzungen wieder gefährdet war. Excalibur blieb ihm erhalten.

Nachdem Artus in einer Schlacht schwer verletzt wurde, brachte man ihn nach Avalon. Ein bis heute sagenumwobener Ort des Interesses, siehe beispielsweise den Fantasy-Roman »Die Nebel von Avalon«. Stirbt er dort oder ruht er nur? In Anspielung auf den christlichen Glauben an Auferstehung wird seine Rückkehr in Aussicht gestellt. Sir Bedivere, einer der zwölf Ritter der Tafelrunde von König Artus, warf Excalibur zurück in den See, wo es die »Herrin vom See« wieder annahm. Dort soll es der Sage nach noch immer ruhen.

Im 12. Jahrhundert machte Richard Löwenherz die Artus-Sage zum Werkzeug seiner Propaganda und behauptete, sein Schwert sei Excalibur.

Nach Wikipedia, abgerufen am 24.5.2020

»Die fantasievolle Erzählung indes macht den Helden zur Projektionsfläche des jeweiligen Zeitgeistes späterer Jahrhunderte. Die vermeintliche Aktualität schuf eine Glaubwürdigkeit, die historische Wahrheit ersetzte.«

Lesen Sie weiter auf www.spiegel.de


Weitere Schwertgeschichten mit der Option der bewaffneten Rückkehr um das Reich mit dem Schwert zu retten:

Holger Danske

Barbarossa

 

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Am 6. August 1914 richtete Kaiser Wilhelm einen Aufruf an das deutsche Volk. Er sprach von den Feinden, die dem Deutschen Reich seinen Erfolg neiden und sich nun rüsten, um es zu überfallen. Das Zitat auf dieser Postkarte – es wird verziert mit Schwert und Eichenlaub – verweist auf den Sieg der »Väter« im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.


Ab 1914 wurden in Deutschland zunehmend national gestimmte Gedichte verfasst. Einzelne Verse wurden von der Kriegspropaganda aufgegriffen und erreichten eine enorme Popularität. Eine Zeile aus dem »Haßgesang gegen England« wurde während des Krieges ein Schlachtruf des deutschen Heeres – »Gott strafe England«. Eine eigene Grußformel entstand: »Gott strafe England«, Erwiderung des Grußes: »Er strafe es«.

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Hier eine Postkarte aus dem Jahr 1915 mit der bekannten Zeile aus dem »Haßgesang«. In dem Bild ist das Schwert in eine Ansicht von England gerammt, während ein christliches Kreuz es von hinten überstrahlt – ein Kreuz, das in diesem Fall natürlich die Unterstützung einzig des Deutschen Reichs durch Gott symbolisiert, entsprechend der Behauptung des deutschen Kaisers und seiner Soldaten: »Gott mit uns«.

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Wir sehen ein Schwert, das im Boden steckt. Es soll der Eindruck erweckt werden, als sei der Hügel Golgatha gemeint, auf dem den neutestamentlichen Evangelien zufolge Jesus von Nazaret gekreuzigt wurde. Das Kreuz steht für den christlichen Glauben, dass im Opfertod Jesu Gott den Menschen heilend nahegekommen ist. Hier wird nun ein Soldat an einem Schwert hängend abgebildet, umgeben von einem göttlichen Strahlenkranz. »Ihr habt für uns euch hingegeben / Ihr seid gestorben, damit wir leben«: Der Opfertod Jesu wird dem Kriegstod der Soldaten gleichgestellt. Diese Analogie findet sich oft auf Kriegerdenkmälern.

Diese kleinen Bilder mit verschiedenen Motiven wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Am 14. Dezember 1918 erschien die erste Ausgabe der »Hamburger Warte«, eine »politische Kampfschrift« gegen Marxismus und Judentum.

 

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Baugeschichte
Die Einweihung
In späteren Jahren
Bischof Wilhelm Kieckbusch
Volkstrauertag 2019
Volkstrauertag 2015
Das Eiserne Kreuz
»Sie starben für uns«
Der neue, alte Brunnen
Gedenkstein des Bund der Vertriebenen
Der jüdische Friedhof

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Eutin, Kreis Ostholstein

Am Kreisverkehr beim Schlossgarten

Die große Anlage aus Quadermauerwerk mit Akzenten aus Ziegelsteinen im expressionistischen Stil ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet. 1928, im Jahr der Einweihung, wird sie in einem Bericht der Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck »festungsartig anmutender Ehrenhof« genannt.

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Viel Schmiedekunst sehen wir bei einem Besuch der Anlage. Die Eingangspforte zeigt als zentrales Element ein Eisernes Kreuz.

Vier Stufen führen zur zentralen Steinquadermauer mit sieben Nischen für die Namenstafeln der toten Soldaten.

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Über den Nischen ist das schwer lesbare Motto in aufgesetzten Metallbuchstaben angebracht:

SIE STARBEN FÜR UNS – SIE LEBEN IN UNSEREN HERZEN
1914 – 18

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Die Nischen haben oben sechseckige Durchbrüche, die mit unterschiedlich gestalteten Metallgittern verziert sind.

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Sie zeigen allerlei Symbole, auch christliche wie verschiedene Kreuzformen und einen Abendmahlskelch.

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Auf der Widmungstafel in der Mitte der Mauer sehen wir oben ein Eisernes Kreuz in der Variante der Kaiserzeit mit Krone, »W« für Wilhelm II. und 1914 für das Stiftungsjahr des Ordens, flankiert von Eichen- und Lorbeerlaub. Es folgt die Widmung, mittig gesetzt:

DEN GEFALLENEN
DES
EUTINER (III.) BATAILLONS
INF. REGTS. LÜBECK (3. HANSEAT.)
Nr. 162.

Danach werden die Orte von 14 Schlachten aufgezählt, in gleicher Zeile getrennt durch einen Stern.

Neun haben in Frankreich stattgefunden, auch die Schlacht auf der Gieslerhöhe, fünf in Belgien (Flandern).

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»Gieslerhöhe« hieß bis in die 60er Jahre auch eine Eutiner Cafe-Pension im Seeschaarwald. Die Bürgergemeinschaft Eutin e.V. schreibt dazu auf ihrer Website: »Wie mögen sich ›unsere Jungens‹ gefühlt haben, die mit ›Gieslers Höh’‹ einen landschaftlich wunderschön gelegenen Ausflugspunkt am Nordhang des Großen Eutiner Sees verbinden. Wie oft werden Erinnerungen an einen warmen Sommertag, an ein Picknick oder auch an den ersten Kuss wohl die Gedanken und Gespräche beflügelt haben, inmitten von Geschützdonner, Nässe, Kälte und unvorstellbarer Grausamkeit.«

Zurück zur Denkmalstafel, denn nach den Schlachtenorten folgt noch das Wappen des Bataillons Nr. 162, wieder flankiert von Eichen- und Lorbeerlaub.

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Die sechs weiteren Metalltafeln in den Nischen tragen die Namen der toten Soldaten der Stadt- und Landgemeinde Eutin, Bockholt, Braak, Fissau, Gothendorf, Klenzau, Majenfelde, Meinsdorf, Neudorf, Quisdorf, Sagau, Stendorf, Sibbersdorf, Griebel-Vinzier und Zarnekau. Es werden Vor- und Familiennamen genannt, innerhalb der Heimatorte sind sie alphabetisch geordnet.

Auf der hier gezeigten Namenstafel stehen auch die toten Soldaten aus Neudorf, zwei davon hießen Drückhammer. Dieser Name taucht weiter unten in der Baugeschichte wieder auf.

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1953 wird vor der Wand ein Sandsteindenkmal, einem Sarkophag ähnlich, aufgestellt mit der Inschrift:

Den Opfern des Zweiten Welt Krieges

 

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Auch die Seitenwände haben über Sitzbänken verzierte Nischen. Der Zahn der Zeit ist nicht zu übersehen.

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Die abgeschrägten Mauerflügel an beiden Seiten haben jeweils eine Gittertür, die in den Schloßpark führen.


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Bei unserem letzten Besuch im Frühjahr 2021 war die Eingangspforte verschwunden.

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Die Baugeschichte

Am 12. Juni 1916 beschloß das Innenministerium Oldenburg einen Erlass zur Anlage von »Ehrenhainen«. Der Eutiner Gemeinderat setzte daraufhin eine städtische Kommission ein. Mitglieder waren: Krützfeld, Niesen, Kohler und Heger. Der Vorstand der Landgemeinde erklärte sich am 30. November 1916 mit einer gemeinsamen Kommission einverstanden.

1922 wurde entschieden, dass das ursprünglich vorgesehene Gelände am kleinen Eutiner See für das Krankenhaus gebraucht wird. Der neue Vorschlag lautete Dreiecksplatz Weberstraße/Oldenburger Landstraße.

Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben und ein Preisgericht, bestehend aus: Oberbaurat Virck, Baurat Meyer, Architekt Klücher, Geheimrat Springer, Rose oder auch Raue, Bürgermeister Mahlstedt, bestimmt.

20 Entwürfe wurden eingereicht, davon kamen sechs in die engere Wahl. Der erste Preis ging schließlich im August 1923 an die »Trauernden mit Sturmhelm und Brustpanzer« des Berliner Bildhauers Ernst Gorsemann*. Er hatte im August 1922 Lisbeth Drückhammer geheiratet, war nun Schwiegersohn des Neudorfer Hofbesitzers F. Drückhammer und hatte darum einen Verbindung zu Eutin.

Die vereinten Eutiner Kriegerverbände baten die Stadt nun dringend, endlich eine Ehrenstätte zu errichten. Vom 28. Juni 1923 bis 1. Juli 1924 fanden darum Haussammlungen zur Finanzierung des Bauwerkes statt.

Es begann ein umfangreicher Schriftwechsel mit Ernst Gorsemann. Er bedankte sich und wollte mit einem Tonmodell und Kostenvoranschlägen nach Eutin kommen. Im September 1923 ging der Kostenvoranschlag eines Steinmetzes aus Berlin über 6.750 Friedensmark, ohne Transport und Aufbau, in Eutin ein. Bürgermeister Mahlstedt fragte Gorsemann, ob er damit einverstanden sei, dass die Steinmetzarbeiten in Eutin ausgeführt würden. Gorsemann forderte einen Abschlag für die weitere Arbeit, er könne sich für das Preisgeld gerade »ein Brot« kaufen. Das Modell in 1:1 Größe ließ jedoch auf sich warten ...

Am 12. Februar 1924 bat der Bürgerbund die Kommission, den Beschluss zugunsten der Gorsemannschen Frauengestalt zu überprüfen. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht ein anderer Entwurf und ein anderer Aufstellungsort gewählt werden sollte, da die jetzige Planung dem Wunsch der Bevölkerung nicht mehr entspräche.

Im Sommer 1927 wurden Findlinge aus dem Kuhlbusch von der Regierung zur Verfügung gestellt.

Der Entwurf von Gorsemann war zwischenzeitlich verworfen worden, und bereits im Herbst verhandelte der Denkmalausschuss mit dem Malenter Architekten Alfred Schulze. Am 24. November 1927 wurden seine Pläne veröffentlicht.

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Am 27. Dezember 1927 beschloß der Stadtrat einstimmig, das Ehrenmal am Schlossgarten zu errichten und aus städtischen Mitteln 3000 Mark zur Verfügung zu stellen. 

Das Ehrenmal wurde am 30. Juni 1928 eingeweiht.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde wieder Kontakt zu Alfred Schulze aufgenommen, um »ein Ehrenmal für die Opfer des Krieges und zwar für die Kriegsopfer in ihrer Gesamtheit« zu schaffen. Am 29. September 1953 billigte der Magistrat den Entwurf von Schulze und an Stelle des Springbrunnens wurde ein Stein, einem Sarkophag ähnlich, aufgestellt.

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* Gorsemann (15. Februar 1886 - 19. Juli 1960) war Professor der Nordischen Kunstschule in Bremen, der einzigen Kunsthochschulgründung während des »Dritten Reichs«. Besonders seine Werke aus dieser Zeit stehen immer wieder in der öffentlichen Kritik. Bekannt ist das Kriegerdenkmal auf der Altmannshöhe in Bremen (1934/35). Gegenwärtig ist die Anlage gesperrt, am Eingang ist eine ausführliche Informationstafel angebracht. Sie endet mit dem Satz »Im nationalsozialistischen Bremen wurde das Denkmal zu einem Ort für Massenveranstaltungen im ideologischen und propagandistischen Sinn der damaligen Machthaber.«

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Die Einweihung

Am 30. Juni und 1. Juli 1928 versammelten sich Mitglieder des ehemaligen Regiments Lübeck Nr. 162 und des früher in Eutin stationierten 3. Bataillons der 162er zum 3. Regimentstag des 162er-Bundes. Während des Zusammentreffens wurde zusammen mit der Eutiner Bevölkerung die neue Denkmalsanlage am Schloßpark eingeweiht.

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• Am 30. Juni 1928 mit Pastor Harms

 

Wir danken Regine Jepp von der Bürgergemeinschaft Eutin e.V., dass wir einige Fotos und Texte von der Website des Vereins übernehmen durften.

www.bg-eutin.de


Am 8. Juli 1928 berichten die Vaterstädtischen Blätter aus Lübeck auf der Titelseite über den neuen »Ehrenhof«:

»Ein Quadermauerwerk umgibt einen Ehrenhof, an dessen ausgedehnter rückseitiger Wand sieben Tafeln mit den Namen der Gefallenen des Eutiner Truppenteils und die Gefechts= und Schlachtorte enthält, an denen er beteiligt war. Inmitten des Ehrenhofes ein laufender Brunnen, gleichsam ein Symbol frisch sprudelnden Lebens an dieser Stelle des Gedenkens, an jene, von denen die Inschrift sagt: ›Sie starben für uns, sie  l e b e n  in unserm Herzen‹. Zwei Trauerbirken im Innern des festungsartig anmutenden Ehrenhofes heben sich mit ihrem hellen Grün von dem Dunkel der gewaltigen Eiche ab, die von außen und oben her in den Hof hineinblickt und dem Ganzen den naturschönen Hintergrund gibt.

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In den Außenmauern befinden sich schöne Schmiedearbeiten, die Symbole des Christentums, Anker, Herz und Kelch: Glaube, Liebe, Hoffnung versinnbildlichend. Das vortreffliche Ehrenmal wird eine Wallfahrtstätte für Viele sein, die ihr Vaterland lieben und es nach Außen und Innen in alter Stärke wiedersehen möchten.«


Aus diesem Text, wie auch aus dem Motto der Anlage: »Sie starben für uns, sie  l e b e n  in unserm Herzen«, spricht der Revanchismus der Zeit. Nach der militärischen Niederlage im 1. Weltkrieg galten die Soldaten als »im Felde unbesiegt«. Auf den Kriegerdenkmälern wurden darum Heldentum und Wehrhaftigkeit der nächsten Soldatengeneration, dem neuen Leben, beschworen, um den »schmachvollen« Frieden von Versailles zu rächen.

Der Versailler Vertrag erklärt vom Deutschen Historischen Museum

Der letzte Satz nimmt Bezug auf die »Dolchstoßlegende«, eine Verschwörungstheorie der damaligen politisch Rechten, die besagt, dass der Krieg durch äußere und innere Feinde, nämlich durch linke politische Agitation, Streiks und Sabotagen verloren wurde. 1928, im Jahr der Einweihung des Denkmals, hatte die »Legende« schon eine sich immer radikaler entwickelnde antisemitische Richtung angenommen.

Die »Dolchstoßlegende« erklärt vom Deutschen Historischen Museum


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In Späteren Jahren


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1942: Aufmarsch an der Gedenkstätte

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Die Gedenkstätte war mit einem Springbrunnen vor der zentralen Wand erbaut worden. 1953 wurde er entfernt und der Stein für die Toten des 2. Weltkriegs wurde aufgestellt.

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Bischof Wilhelm Kieckbusch bei einer Ansprache am Kriegerdenkmal nach 1953. Jetzt steht schon der sarkophagähnliche Gedenkstein zum 2. Weltkrieg vor der Quadersteinmauer.

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Bischof Wilhelm Kieckbusch

Hansjörg Buss schreibt in seinem Aufsatz »Die ›Ära Kieckbusch‹ (1930 - 1976)« zur Einführung Wilhelm Kieckbuschs als Hauptpastor in Eutin:

»Der veränderte Umgang der Landeskirche gegenüber der NSDAP zeigte sich augenfällig bereits bei der Einführung Kieckbuschs als Hauptpastor knapp zwei Wochen nach den Reichstagswahlen vom 14. September 1930, die den politischen Durchbruch der Nationalsozialisten auf Reichsebene bedeuteten. Erstmals nahmen Mitglieder der NSDAP mit Hakenkreuzfahne und in brauner Uniform am Gottesdienst teil, die – so der sozialdemokratische ›Lübecker Volksbote‹ – ›dem geistlichen Herrn noch eine Huldigung darbrachten. Auch das Blasen der Posaunenchöre wurde in den Pausen durch den Gesang der Hitlerschen vervollständigt.‹ Diese positive Haltung setzte sich mit der Teilnahme an und der aktiven Gestaltung von Feierlichkeiten der NSDAP und ihrer Gliedorganisationen, vor allem aber durch die Zusammenarbeit mit dem Stahlhelm und der NSDAP im Winterhilfswerk und dem Freiwilligen Arbeitsdienst fort (Lawrence D. Stokes, Kleinstadt und Nationalsozialismus, S. 637).

Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte, AKENS 44, S.9

Auszug aus der Festansprache Kieckbuschs zum 450. Geburtstags Martin Luthers im November 1933:

»Der November 1933 mit seinem herrlichen Bekenntnis heute und für alle Zeit zum 3. Reich und damit für Heimat, Volk und Vaterland möge auch dafür sorgen, dass der Glaube nicht zu kurz kommt. Nach den schweren Novembertagen 1918, als unser Heer unbesiegt, aber doch entwaffnet zurückkehrte, da mussten wir uns unter der Not der Nachkriegszeit beugen, und nicht nur der wirtschaftliche Niedergang, sondern auch Gemeinheit, Charakterlosigkeit und sittlich-religiöse Not kamen zum Ausdruck. Internationale Gedanken und Liebäugelei mit den Feinden wurden in uns wachgerufen. Da kam endlich der November 1933 mit seiner unvergeßlichen, wunderbaren Wendung, die uns die Führung durch den durch Gott begnadeten Kanzler Adolf Hitler brachte, der mit seiner zündenden Persönlichkeit zu den Größten des deutschen Volkes gehört, die ihr Bestes für ihr Vaterland hingeben wollten.«

Lawrence D. Stokes, Kleinstadt und Nationalsozialismus, S. 661

Der als »vaterländisch geprägte Persönlichkeit« und »soldatische Natur« charakterisierte Wilhelm Kieckbusch amtierte von 1930 bis 1976 ohne Unterbrechung als leitender Geistlicher der Eutinischen Landeskirche. In aller Öffentlichkeit setzte er sich nach 1945 für ehemals führende Theologen der nationalsozialistischen »Deutschen Christen« ein. Anderswo galten sie als untragbar. Kieckbusch nahm unter anderem die »Deutschen Christen« Hugo Rönck und Joachim Hossenfelder als Pastoren in seine Landeskirche auf. Hossenfelders Einstellung wurde vom damaligen Ratsvorsitzenden der EKD Otto Dibelius befürwortet. Weder Rönck noch Hossenfelder ließen nach 1945 jemals Reue über ihre Rolle im Nationalsozialismus erkennen.

Hugo Rönck war einer der radikalsten Vertreter der aggressiv antijüdischen Nationalkirchlichen Thüringer »Deutschen Christen«, frühes NSDAP-Mitglied und ab 1943 Präsident beziehungsweise Landesbischof der Thüringer Evangelischen Kirche. Und als glühender Antisemit einer der Initiatoren des Eisenacher »Entjudungsinstituts«. Noch 1944 bezeichnete er in seinen Predigten Hitler als »Führer von Gottes Gnaden«. Nach dem Krieg sah Rönck keine Notwendigkeit, sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren, auch dann nicht, als »Der Spiegel« 1963 Einzelheiten aus seiner Thüringer Zeit aufdeckte. Er schmückte sich auch weiterhin mit dem Bischofstitel, den er sich kurz vor Kriegsende selbst verliehen hatte. Der Berliner Pfarrer Hossenfelder war treibendes Gründungsmitglied und erster Reichsleiter der »Deutschen Christen«. Er bekannte sich nach 1945 ebenfalls stolz zu dem Bischofsamt, das er als »Deutscher Christ« 1933 kurzzeitig inne gehabt hatte. Ansonsten bewahrte er über seine frühere Karriere strengstes Stillschweigen.

Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen«, Kapitel 4

Neue Anfänge nach 1945?


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Foto: Bitterling, Eutin

Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Eutin an Wilhelm Kieckbusch anlässlich seines 70. Geburtstags, Eutin, 28. Mai 1961

Wilhelm Kieckbusch zwischen 1929 und 1933

Nach dem überraschenden Tod von Landespropst Rathgens im Jahr 1929 wurde Wilhelm Kieckbusch (1891-1987) im darauffolgenden Jahr mit knapper Mehrheit zu dessen Nachfolger gewählt. Mit ihm begann die Öffnung der Landeskirche zum Nationalsozialismus. In Ostholstein war die NSDAP bereits 1930 mit fast 40 Prozent die stärkste Partei geworden. Bei seiner Einführung als Landespropst 1930 nahmen NSDAP-Mitglieder in Parteiuniform und mit Hakenkreuzfahnen teil.

Zeitlich fiel Kieckbuschs Aufstieg an die Spitze der Landeskirche mit dem politischen Durchbruch der Nationalsozialisten auf Reichsebene zusammen.

Mit der aktiven Beteiligung an Feierlichkeiten der NSDAP und deren Gliedorganisationen, vor allem aber mit der Zusammenarbeit im Freiwilligen Arbeitsdienst, setzte sich 1931 die von Kieckbusch eingeleitete kirchliche Öffnung gegenüber den Nationalsozialisten fort.

Wie in den meisten protestantischen Landeskirchen des Deutschen Reiches führte die nationalsozialistische Machtübernahme auch in Eutin zu einer Neuordnung der landeskirchlichen Verhältnisse, die Ende Juni 1933 mit der Einführung des Führerprinzips, der Auflösung der Kirchengemeinderäte und der Übertragung von deren Befugnissen und Pflichten auf den Landeskirchenrat eingeleitet wurde.

Von der neugewählten, mehrheitlich mit Mitgliedern der Deutschen Christen besetzten Synode wurden diese Regelungen im Kern am 11. September 1933 bestätigt, sodass schließlich ein achtköpfiges Gremium mit Kieckbusch an der Spitze die gesamte kirchenleitende Gewalt ausübte.

Einen Abschluss fand dieser Konzentrationsprozess am 20. März 1936, als die Rechte und Pflichten des Landeskirchenrates vollständig auf den Landespropst übertragen wurden.

https://www.forumgeschichte-nordkirche.de/eutin


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Volkstrauertag 2019

Ehrenwache mit militärischem Ritual vor den Kränzen:

SH Eutin VTT 2019 webFoto: https://kameradschaft-aufklaerer-eutin.de

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Volkstrauertag 2015

Die Bundesministerin der Verteidigung, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., ...

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... die Marine Kameradschaft Eutin, die Stadt Eutin, die Freiwillige Feuerwehr, der Sozialverband Deutschland – alle sind mit ehrenden Kränzen dabei.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält ihn nicht.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

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Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«


Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


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»Sie starben für uns«

... verbreitet die Botschaft, die Toten hätten mit ihrem Leben für die Gemeinschaft eingestanden. Sie hätten ihr Leben für »uns«, für die »Heimat«, für das »Vaterland« gegeben. Keine Tafel erläutert hier, dass die Soldaten nicht »für uns«, sondern für Macht, Einflusssphären, Kolonien, Absatzmärkte oder Rohstoffe gestorben sind.

Kerstin Klingel beschreibt es in ihrem Buch ›Eichenkranz und Dornenkrone‹ so: »Wenn in den Inschriften explizit erwähnt wird, für was die Soldaten gestorben sind, ist es in den häufigsten Fällen das ›Vaterland‹. Die Verwendung dieses Begriffes war nach dem Ersten Weltkrieg meist mit einer nationalistischen Haltung verbunden: das deutsche Vaterland, mit dem die eigene Identität untrennbar verknüpft ist, und nur das deutsche Vaterland stellt höchsten Wert dar. Dass dieses ›Vaterland‹ aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung mit im wahrsten Sinne Feuereifer in den Ersten Weltkrieg eingetreten ist, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der mittels ihrer Hilfe und ohne Rücksicht die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.«


»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.« schreibt Ralph Giordano in ›Die zweite Schuld‹.

Dieses Gedicht stand ab 1916 in ›Neue Kriegslieder für den Schulgebrauch‹, herausgegeben von Kreisschulinspektor Dr. J. Radtke:

»Fern im Osten gähnt ein Grab

Fern, fern im Osten, da gähnt ein Grab
da senkt man zu tausend die Toten hinab
für uns!

Im Westen, da ragt manch Kreuz schlicht und klein
da liegen sie stumm in langen Reih’n
für uns

Und wo im Winde rauschet das Meer
da gaben sie freudig ihr Leben her
für uns

Sie opferten Zukunft und Jugendglück
sie kehren nie wieder zur Heimat zurück
für uns

Sie gaben ihr Alles, ihr Leben, ihr Blut
sie gaben es hin mit heiligem Mut
für uns

Und wir? wir können nur weinen und beten
für sie, die da liegen bleich, blutig, zertreten
für uns

Denn es gibt kein Wort, für das Opfer zu danken
und es gibt keinen Dank für sie, die da sanken
für uns«

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Der neue, alte Brunnen

Nach den Plänen von Architekt Alfred Schulze aus Malente war der Brunnen 1928 oberhalb der Stufen direkt vor der Denkmalswand aufgebaut worden.

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1953 wurde an dieser Stelle der sarkophargartige Gedenkstein zum 2. Weltkrieg plaziert. Mit Einverständnis von Alfred Schulz, der auch den neuen Gedenkstein entworfen hatte, wurde der Sandsteinbrunnen in einer Ecke der Anlage abgestellt. 1992 wurde er als »verkehrslenkendes Möbel« zum Berliner Platz verfrachtet, wo er zunehmend vermüllte.

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2015 beschlossen dann die politischen Gremien, den Brunnen wieder in die Denkmalsanlage zu versetzen. Er ist für rund 7000 Euro restauriert und mit neuer Technik versehen worden und sprudelt nun täglich von 10 bis 17 Uhr, so die Ankündigung im August 2018.

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Gedenkstein des Bund der Vetriebenen

Seit dem 9. März 1965, 20 Jahre nach Kriegsende, steht dieser Stein am Kreisverkehr beim Schlossgarten, der Kriegerdenkmalsanlage gegenüber.


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Die Inschrift lautet:

1945–1965

Wo unsere Toten ruhen
liegt unsere Heimat!
Wo unsere Heimat liegt
lebt unser Recht!

Durch die Intervention einer Touristin im Herbst 2020 und einem entsprechenden Bericht in den Lübecker Nachrichten wurden viele Leserbriefe zur Botschaft des Steins eingesendet. Die Touristin hatte ihren »Unglauben und Fassungslosigkeit« geäußert und die Stadt Eutin und die Fraktionsvorsitzenden der Parteien aufgefordert, die Geschichte dieser Inschrift aufzuarbeiten und eine Auseinandersetzung darüber zu befördern.

Der Vorstand der Bürgergemeinschaft Eutin e.V. begrüßt das: »Die beanstandeten Inschriften sind aus ihrer Zeit heraus zu betrachten. Sie spiegeln allerdings ein Weltbild, das schwer mit einer heutigen kritischen Auseinandersetzung mit Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkrieges zu vereinbaren ist. [...] Vergangenheit lässt sich nicht ungeschehen machen oder leugnen. Aber wir Heutigen, obwohl frei von persönlicher Schuld, tragen eine Verantwortung, alles für ein ›Nie wieder‹ zu tun. Dazu kann auch eine Kommentierung alter Inschriften gehören, wie sie derzeit auch anderenorts stattfindet.« (LN 6.10.2020)

Die Verantwortlichen im Rathaus wollen die Eingabe der Touristin prüfen und einen Historiker mit der Bewertung beauftragen.

Zitate aus den Leserbriefen:

»Spätestens seit den Ostverträgen Anfang der 70er verbieten sich solche Inschriften wie auf dem Eutiner Gedenkstein – Beseitigung oder Kommentierung¡«

»Dieser Stein des Gedenkens ist in einer Zeit aufgestellt worden, in der noch viele schmerzliche Erinnerungen an die verlorene Heimat im Osten bestanden haben.«

»Der kritisierte Stein an der Oldenburger Landstraße stellt heute [...] einen durch die Einstellung der Bevölkerung und durch Verträge überholten Revisionismus dar.«

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Der jüdische Friedhof

Der jüdische Friedhof befindet sich unmittelbar am Kleinen Eutiner See an einem Hanggrundstück unterhalb der Gebäude der Klinik – in der Nähe, aber ohne Verbindung zum Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde.

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Das Grundstück des jüdischen Friedhofes wurde durch den Arzt und späteren oldenburgischen Landtagsabgeordneten Nathan Nachmann Nathan gekauft, damit er und seine Familie in der Heimatstadt Eutin beigesetzt werden konnten. 1850 hatte Nathan den Kauf beantragt, 1851 wurde der Kauf zur »Heuer« genehmigt und 1852 konnte er dann durchgeführt werden. Bis heute ist das Grundstück im Grundbuch als Familieneigentum eingetragen. Die Familie Nathan hatte auf der Rechtskonstruktion »Familienbegräbnisplatz« bestanden, konnte sich aber offensichtlich zivilgerichtlich nicht durchsetzen und so gibt es heute dort auch Gräber der Familie Würzburg. Ausserdem drei Grabsteine für fünf weibliche jüdische KZ-Häftlinge und ein Einzelgrab.

Die erste dokumentierte Beisetzung fand 1867 für den dreijährigen Sohn Ernst Joel von Nathan Nachmann Nathan statt. Das Kind starb an Zahnfieber. Das oberste Grab am Berghang ist das des Sohnes Carl Nachmann Nathan (1858-1929). Nach Zerstörung des Steins wurde er in der Nachkriegszeit neu aufgestellt.

Die letzte Beisetzung fand 1954 für Hynek Lewitt, geboren 1895 in Leipzig, gestorben 1954 in Haffkrug, statt. Die Beisetzung ließ Klaus Konrad vornehmen. Konrad war der Rechtsbeistand für Lewitt in seinem Wiedergutmachungsprozess. Lewitt war 1946 nach Eutin gekommen, er war der Sprecher der in Eutin lebenden Juden und Jüdinnen. Er kümmerte sich um eine würdevolle Grabgestaltung des jüdischen Friedhofs und um das Massengrab in der Nähe der Blockstelle Hainholz. Lewitt plante eine Umbettung. Aber die wurde erst nach seinem Tod, 1960, durchgeführt. Die sterblichen Überreste wurden auf dem Friedhof Moisling beigesetzt. Mehr dazu im Text nach dem nächsten Bild.

Heute finden sich auf dem jüdischen Friedhof in Eutin 15 Grabsteine, zwei davon ohne Angaben.

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Auf dem Friedhof wurden 1945 fünf weibliche jüdische KZ-Häftlinge aus Ungarn und Rumänien beigesetzt. Gegen Ende des Krieges war ein Arbeitslager der Lufthauptmunitionsanstalt Lübberstedt bei Bremen, das unter Aufsicht der SS stand, geräumt worden. Die Frauen wurden in Güterwaggons der Reichsbahn abtransportiert. Nach einer Odyssee durch Norddeutschland wurde der Zug am 2. Mai 1945 in der Nähe von Eutin durch britische Flieger beschossen.

38 tote jüdische Frauen wurden gleich vor Ort in der Nähe der Blockstelle Hainholz, nach neuen Erkenntnissen liegt die Blockstelle auf der Bahnstrecke Eutin – Lübeck, in einem Massengrab beigesetzt. 36 der Frauen sind namentlich unbekannt, zwei sind namentlich bekannt.

Die Verletzten wurden am 3. Mai in das Luftwaffenlazarett der Weber-Schule gebracht, später wurden sie auch auf das Lazarett in der Voß-Schule und das Kreiskrankenhaus verteilt. In den Krankenakten ist sowohl von Bombensplitterverletzungen als auch von Schussverletzungen die Rede. Unter den Verletzten waren auch Angehörige des Wach- und Zugpersonals. Nach den Standesamtsunterlagen starben in den Tagen nach dem 3. Mai sieben von ihnen an den Folgen des Fliegerbeschusses.

Auch fünf der jüdischen Frauen starben, drei Verletzte am 3. Mai 1945, eine am 12. und eine am 13. Mai.

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Sie wurden auf dem jüdischen Friedhof im unteren Bereich beigesetzt. Drei unterschiedlich geformte Steinplatten markieren ihre Gräber.

 

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Alle haben einen Davidstern und die deutsche Inschrift: Hier ruht bzw. ruhen fern von ihrer Heimat ...

Dieser Stein ist für Clara Fried.


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Hier ruht Emöne Daskel ...

 

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... und »Hier ruhen fern von ihrer Heimat«: Margot Fried, Elli Gardos* und Rebekka Gerpel.

An dieser Stelle danken wir Dietrich Mau sehr herzlich für die Überarbeitung, Ergänzung und Aktualisierung unseres Textes. Dietrich Mau aus Neustadt erforscht unter anderem die jüdischen Friedhöfe in Ostholstein. Zum Grabstein oben schreibt er: »Das herausgebrochene Dreieck habe ich im Laub gefunden. Es ist mittlerweile wieder ›eingeklebt‹ worden. Der Zustand der Grabplatten verlangt nach einer Restaurierung. Einen entsprechenden Antrag habe ich bereits beim Landesamt für Denkmalschutz gestellt.« Danke, lieber Herr Mau!

 

* Bemerkung von Karsten Dölger, die auch für seinen nun folgenden Text gilt: »Elli Gandos – unter den Toten von Plön findet sich eine Paula Gandos, da vielfach Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Gruppe bestanden, könnte es sich auch hier um solche handeln. Auch auf der Inschrift lese ich ein ›n‹«.

Der Historiker Karsten Dölger war bis 2017 Geschichtslehrer am Gymnasium Schloss Plön. Seit 1988, als ihr Schicksal in einer Schulprojektwoche Thema für einen alternativen Stadtrundgang durch Plön wurde, hatte er über das Schicksal der 320 ungarischen Jüdinnen geforscht, die nach Ghetto, Konzentrationslager Auschwitz und Zwangsarbeit in Plön von britischen Einheiten befreit und versorgt wurden. Durch seine Untersuchung können wir mehr über den Leidensweg der fünf Frauen auf dem jüdischen Friedhof in Eutin erfahren.

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• Stationen der nationalsozialistischen Verschleppung der ungarischen Jüdinnen

Wir lesen auf Seite 15 + 16: »Kurz vor Eutin, bei Bockholt, kam es zu einem ersten Angriff durch britische Tiefflieger. Wohl auch Dank der Verteidigung durch Wachmannschaften ging der Angriff glimpflich ohne Verletzte ab. Als sich der Zug wieder in Bewegung setzte, gab es nur wenige hundert Meter entfernt einen erneuten Angriff. Diesmal gab es ein Blutbad.

In den Budapester Protokollen der Frauen wird von brennenden Waggons und Wachmannschaften, die auf flüchtende Häftlinge das Feuer eröffneten, berichtet. Die Angaben der Frauen zu Todesopfern und Verletzten schwanken stark. Die Ickovic-Frauen gaben an, es seien sechzig Tote gewesen, Eszter Rosenfeld spricht von achtzig Toten und zwanzig Schwerverletzten. 38 Frauen wurden an Ort und Stelle, ›bei der ehemaligen Blockstelle 1 der Bahnstrecke Eutin-Neustadt, Hainholz‹, in einem Massengrab bestattet. Anfang November 1960 sind diese Frauen in ein Gemeinschaftsgrab auf dem jüdischen Friedhof in Lübeck-Moisling umgebettet worden.

Wilhelm Lange hat im Rahmen seiner Dokumentation der Cap Arcona-Katastrophe herausgefunden, dass der brennende, total zerschossene Waggon abgekoppelt worden war. Erst in den frühen Morgenstunden hätten örtliche Stellen den Waggon und die ›etwa 40, zumeist schwerverwundete[n], abgemagerte[n] ungarische[n] und baltische[n] Jüdinnen in Häftlingskluft auf der taunassen Wiese‹ entdeckt. Sanitätspersonal eines Eutiner Lazaretts habe schließlich Hilfe geleistet.

Barbara Hillmann, Volrad Kluge und Erdwig Kramer von der Arbeitsgemeinschaft Muna Lübberstedt haben 1993 einen der damaligen Sanitätssoldaten des Eutiner Lazaretts ausfindig gemacht. Karl-Heinz Albrecht aus Neustadt berichtete ihnen: ›Während der Fahrer des Sanitätsfahrzeuges jeweils zwei Frauen nach Eutin transportierte, blieb ich bei den anderen und erfuhr von einer deutschsprechenden Ungarin, daß sie in einer unterirdischen Fabrik bei Bremen gearbeitet hätten. Sie waren z. T. sehr schwer verwundet und sehr verängstigt. Als sie uns zwei Uniformierte kommen sahen, glaubten sie den ›Gnadenschuß‹ zu bekommen. Sie heulten und jaulten jämmerlich, und es dauerte lange, bis ich sie mit den Worten wie z. B. ›Krieg zu Ende, alles wird gut‹ und ›Hospital‹ – ›Doktor‹ einigermaßen beruhigen konnte. [...] Ich war damals 21 Jahre alt und vergesse dieses Erlebnis nie‹

Die Unterlagen des Lazaretts belegen, dass 18 Verletzte am Vormittag des 3. Mai in das Eutiner Lazarett eingeliefert wurden. Fünf der Verletzten erlagen in den folgenden Tagen ihren schweren Bombensplitterverletzungen: Elli Gardos, Margot Fried, Rebekka Gerpel, Clara Fried und Emöne Daskel wurden auf dem kleinen Friedhof der ehemaligen jüdischen Gemeinde Eutin auf einer Anhöhe am Kleinen Eutiner See unweit des ehemaligen Kreiskrankenhauses bestattet.«

 

»Von Auschwitz nach Plön – Für 350 ungarische Jüdinnen endete die nationalsozialistische Verschleppung am 4. Mai 1945 in Plön«, so heißt Karsten Dölgers detaillierte Untersuchung, die im Jahrbuch für Heimatkunde erschienen ist. 

Er schreibt: »Mindestens 109 dieser im Mai 1945 in Plön befreiten Jüdinnen sind allein oder in Gruppen zwischen Juli und September 1945 in Budapest beim Landesdeportiertenkomitee für die Deportiertenfürsorge (DEGOB) zu ihrer Verfolgung und Verschleppung befragt worden und haben in 18 Einzel- und Gruppenberichten Zeugnis abgelegt. Die Protokolle dieser Befragungen, die meist den Stempel ›The Jewish Agency for Palestine‹ tragen, sind von der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem in deren Digital Archives ins Netz gestellt worden. Die z.T. recht knapp gehaltenen Angaben zu Herkunft, Verhaftung, Ghettoaufenthalt, Verschleppung nach Auschwitz-Birkenau und später weiter in das Außenlager des KZ Neuengamme in Lübberstedt-Bilohe bei Bremen und schließlich die ›Evakuierung‹, die in Plön endete, bilden die Grundlage für diesen Aufsatz.«

Unser Dank gilt Dr. Karsten Dölger für die Genehmigung, seine umfangreiche Untersuchung hier veröffentlichen zu dürfen.

Von Auschwitz nach Plön, Seite 1 - 10

Von Auschwitz nach Plön, Seite 11 - 34


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I N H A L T
Das Denkmal
2018: Das Schulprojekt
2019: Information am Denkmal
Die Einweihung
Der Bildhauer H. Hosaeus
Das Gedicht »Dankesschuld«
Der Dichter Walter Flex

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Eutin, Kreis Ostholstein

An der Aussenmauer der Johann-Heinrich-Voß-Schule

In ca. 3 bis 4 Meter Höhe ist links neben dem Eingang zur Schule das Kriegerdenkmal vom Berliner Bildhauer Hermann Hosaeus (1875 – 1958) angebracht, das am 17. März 1928 eingeweiht wurde.

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Die Skulptur des detailreich gearbeiteten jungen Soldaten aus Bronze steht auf einem schmalen Podest vor zwei hellgrauen Sandsteinplatten, die in die rote Backsteinwand eingelassen sind.

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Eine Zackenlitze aus Metall schließt die Denkmalswand unten ab. Der Soldat hat sein Gewehr geschultert. Er trägt zwar eine Uniformjacke mit Koppel, kaiserlichem Koppelschloss, Patronentaschen, ein Kurzschwert im Halfter und Stiefel, die Hosen ebenso wie der Kopf und die elegante Haltung scheinen aber eher zu einem antikisierten nackten Helden zu gehören – ein seltsamer Gegensatz. In der Hand hält er einen Lorbeerzweig.

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Unter dem Soldaten stehen die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs und zwei Zeilen aus dem Gedicht »Dankesschuld« von Walter Flex (siehe auch weiter unten):Wir sanken hin für Deutschlands Glanz
blüh Deutschland uns als Totenkranz

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Durch die unterschiedlich starke Oxidation der Bronze und wohl auch durch einige Farbbeutelwürfe sieht die Uniform fast wie ein moderner Camouflage-Kampfanzug aus.

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Rechts neben dem Podest sieht man die Signatur des Bildhauers Hermann Hosaeus (1875 – 1958).


Wie verhält sich die Schule – Schüler und Lehrer – dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals für falsche Ziele und Ideale eingesetzt haben?

In der Eingangshalle der Schule gibt es noch fünf weitere »Ehren«-Tafeln. Eine zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, zwei zum 1. Weltkrieg – es werden 101 Namen von toten Schülern der Johann-Heinrich-Voß-Schule aufgezählt, eine zum 2. Weltkrieg und eine für die Toten des Fürstin-Hedwig-Gymnasiums, Neustettin.

Nur weinge Kilometer entfernt, in Thürk, steht ein weiteres Kriegerdenkmal von Hermann Hosaeus:

Schleswig-Holstein Thürk


Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Denkmäler von Hosaeus in:

Hamburg Harburg
Hamburg Wilhelmsburg


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Das Schulprojekt

Dokumentation des Projekt »DENK-MAL ... an den Ersten Weltkrieg – Das Soldatendenkmal der Eutiner Voß-Schule im erinnerungskulturellen Wandel«.

Dr. Jan Ole Wiechmann, Studienrat an der Voß-Schule, schreibt 2018 im Projektbericht über die Auseinandersetzung einer 10. Jahrgangsstufe mit dem Denkmal am Schuleingang:

Auch der damalige Oberstudiendirektor der Voß-Schule, Wilhelm Lohse, brachte in seiner Rede nationalistische Ideen zum Ausdruck und stilisierte die im Krieg gestorbenen Soldaten zu Vorbildern. Bezeichnend ist darüber hinaus die negative Gegenwartsdiagnose: Lohse bedauert pathetisch die Gebietsverluste nach 1918, beschwört mahnend die »Volksgemeinschaft« und skizziert die »tiefsten Tiefen unseres nationalen Leidensweges«:

»Haben wir heute ein Vaterland? Sind wir ein Volk? Die Ehre des deutschen Namens ist geschändet, wir sind Sklaven unserer Feinde (...). Deutsche Zucht und deutsche Gesittung ist im Schwinden, Unsittlichkeit, und was schlimmer ist, eine Unreinheit des sittlichen Empfindens (...) macht sich in unserem Volke breit. (...) Alle unsere Handlungen und Unterlassungen müssen wir unter dem Gesichtswinkel der vaterländischen Notwendigkeit betrachten.« (Zitiert aus: Eutiner Blätter. Mitteilungsblatt für die Angehörigen des ehemaligen Gymnasiums, des Reformgymnasiums und der Oberrealschule Eutin 1, 1928)

Solche Denkmuster waren in den 1920er und frühen 1930er Jahren keine Seltenheit. Deutsche Nationalisten und Militaristen wie Rahtgens und Lohse wurden zur schweren Hypothek für die Weimarer Demokratie, da sie darauf hinarbeiteten, »dass die von ihnen als schwächlich verhöhnte Republik baldmöglich durch einen neuen nationalen Machtstaat mit einem Diktator an der Spitze abgelöst« würde (Wette, Wolfram: Abschied von der Kriegskultur. Friedenspolitische Lernprozesse in Deutschland nach 1945, in: Kössler, Till / Schwitanski, Alexander J.: Frieden lernen. Friedenspädagogik und Erziehung im 20. Jahrhundert, Essen 2014, S. 201-219, hier S. 201). Als die Nationalsozialisten schließlich 1933 die Herrschaft übernahmen, sollten sich diese Wünsche auf verhängnisvolle Weise erfüllen. In Eutin fanden diese Entwicklungen besonderen Anklang, wurde die ostholsteinische Kleinstadt doch zwischen 1930 und 1934 zu einer »Hochburg der Hitler-Bewegung« und zur »Probebühne des Dritten Reiches« (Stokes, Lawrence D.: Meine kleine Stadt steht für tausend andere ..., Studien zur Geschichte von Eutin in Holstein, 1918-1945, Eutin 2004, S. 229ff)

Projektbericht


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2019: Information am Denkmal

Seit diesem Jahr informiert eine Tafel über die Geschichte des Denkmals und den heutigen Umgang der Schulgemeinschaft mit ihr.

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Der Efeu wuchert im März 2023, der Soldat und seine Botschaft verschwinden wieder, im Vordergrund sehen wir die im Mai 2019 aufgestellte Tafel.

SH Eutin Vossschule Tafel Mai 2019 web


Im dritten Absatz »Erinnern – Verstehen – Handeln« steht:

»Das Soldatendenkmal an der Voß-Schule geriet nach 1945 mehr und mehr in Vergessenheit, über viele Jahre war es unter wucherndem Efeu nicht einmal mehr zu sehen. Warum also haben wir uns als Schule nun dafür entschieden, diese Informationstafel aufzustellen und einen freien Blick auf die Statue und die Verse zu ermöglichen? Wir möchten das Denkmal kritisch reflektieren und uns bewusst mit ihm auseinandersetzen. Wir wollen aus der Geschichte lernen und gedenken zugleich in Trauer der Toten, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren haben. Vor diesem Hintergrund verstehen wir das Denkmal als Mahnmal und als Appell, uns im Kleinen und im Großen für Frieden, Verständigung und gewaltfreie Konfliktlösungen einzusetzen.«



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Die Einweihung

Im Jahrbuch des Heimatverbandes Eutin 1990 hat Horst Schinzel die Denkmalseinweihung am 17. März 1928 beschrieben. Wir danken Udo Harder für den Hinweis und zitieren im Folgenden aus der Weiherede des damaligen Landespropsten Geheimer Kirchenrat Paul Rahtgens, zehn Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs und fünf Jahre vor der Machtergreifung Hitlers:

Nicht nur in vaterländischer Begeisterung, nein, erfüllt vom Pfingstwehen heiligen Geistes, zogen auch die Schüler dieser Anstalt in den Krieg, über dem das Wort geschrieben stand: »Gott will es«. Es war ein heiliger Krieg, nicht zur Rache und Eroberung, sondern zur Wahrung des deutschen Herdes und der deutschen Aufgabe in der Welt ... In heiliger Begeisterung sanken unsere gefallenen Jungen, »Deutschland, Deutschland über alles« singend, auf Flanderns Gefilden in den Tod ... Wir trauern um sie auch deswegen, weil gerade Gegenwart und Zukunft Deutschlands sie als tatkräftige Führer besonders nötig brauchte! ... Es ist ein feinsinniger Gedanke des Künstlers, ihm das Gewehr so über die Schulter zu legen, daß es mit der Gestalt des Jünglings ein Kreuz bildet. Wir sind jetzt ein Volk unter dem Kreuz ... Als deutsche Christen vertrauen wir, daß auch der Tod derer, um die wir trauern, nicht vergeblich gewesen ist, sondern eine Aussaat des Segens für künftige Geschlechter.

Einweihung 1928


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Foto: Schularchiv der Johann-Heinrich-Voß-Schule

• Einweihung des Denkmals am 17. März 1928


Das Jahr 1928 im »Anzeiger für das Fürstentum Lübeck«

28. Februar: Vorbildlich denken die Abiturienten unseres Gymnasiums. Sie haben nämlich beschlossen, nach bestandenem Abiturium, das am Ende der Woche stattfindet, keinen Kommers zu feiern. Sie wollen vielmehr das Geld, das ihre Eltern für den Kommers aufzuwenden hätten, als »Abiturientenspende« dem Fonds für das Schülerehrenmal zuwenden. Das Schöne an diesem Beschlusse ist, daß die jungen Leute ihn aus sich heraus und nicht etwa auf irgend einen gelinden Druck hin gefaßt haben. Ueberhaupt haben sich alle Kreise der Bevölkerung an den Spenden in zum Teil rührender Weise beteiligt. Manches Scherflein ist darunter von Witwen und verarmten Rentnern, von Hoch und Niedrig. Möchte doch immer und überall solche Großherzigkeit herrschen, dann wäre es sicherlich besser um uns und unser Vaterland bestellt! ...

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11. März:

               SH Eutin Voss 1928 03 11 Anzeiger fuer das Fuerstentum Luebeck web


20. März:
... nahm Herr Oberstudiendirektor Lohse das Wort ... gab dem Bedauern darüber Ausdruck, daß der Schöpfer des Ehrenmals, Prof. Hosäus, wegen schwerer Erkrankung in letzter Stunde sein Erscheinen zur Einweihung seines Werkes widerrufen mußte.

... Er wies sie hin auf den Zusammenhang ihrer feierlichen Entlassung mit der Weihe des Ehrenmals und stellte ihnen die Gefallenen als Vorbild hin. »Ans Vaterland, ans teure schließ dich an«, »Das halte fest mit ganzem Herzen« lauten die Sprüche über den Tafeln der Gefallenen. Die jungen Leute treten jetzt ins Leben hinaus und damit in den Dienst des Vaterlandes! Er erinnert sie an die herrlichen Worte auf dem Gefallenenmal der Berliner Universität: »invictis, victi, victuri«, d.h. Den Unbesiegten die Besiegten, die dennoch siegen werden. Der Redner gab diesen Worten eine tiefgründige Auslegung. ... Haben wir heute ein Vaterland? Nicht allein die ihm geschlagenen Wunden und entrissenen Glieder schmerzen, mehr noch die Zerrissenheit des Volkes, das undeutsche Gebahren, Unsittlichkeit und Unreinheit. ... Er schloß seine Rede mit Körners Worten:

Hinter uns im Grauen der Nächte
Liegt die Schande, liegt die Schmach,
Liegt der Frevel fremder Knechte,
Der die deutsche Eiche brach.
Unsere Sprache ward’ geschändet,
Unsere Ehre ist verpfändet,
Deutsche Brüder, löst sie ein!

Dann vollzog der Direktor mit der Aushändigung der Reifezeugnisse die letzte Amtshandlung des humanistischen Gymnasiums.

• Wir danken Regine Jepp von der Bürgergemeinschaft Eutin e.V. und Dr. Frank Baudach, dem Leiter der Eutiner Landesbibliothek für ihre Hilfe.

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Der Bildhauer H. Hosaeus

»Hermann Hosaeus wurde 1875 in Eisenach geboren. Aufgewachsen ist er in Buxtehude, und von hier aus lernte er Hamburg kennen. Er besuchte die Kunstgewerbeschulen in Dresden, Nürnberg, München und zuletzt die Berliner Akademie, wo er von 1898 bis 1900 Meisterschüler bei Reinhold Begas war. Sein Lebensmittelpunkt wurde Berlin, wo er 1922 Professor an der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg wurde. Dass Hosaeus ein anerkannter Künstler war, unterstreicht auch seine Berufung an die Preußische Akademie der Künste. (...)
Sein eigentliches Betätigungsfeld wurde die Gestaltung von Kriegerdenkmälern. Im Kyffhäuserbund übernahm er den Vorstand und die Aufgabe des künstlerischen Beauftragten. Dieser Bund existierte seit 1900, er war der Dachverband der Deutschen Landeskriegerverbände. Ursprünglich oblag ihm die Pflege des Kyffhäuserdenkmals, das von 1891 bis 1897 zu Ehren des 1888 verstorbenen Kaisers Wilhelm I. errichtet wurde. Es gehört noch heute zu den imposantesten monumentalen Gedenkbauwerken Deutschlands. In diesem Bauwerk kam vor allem zum Ausdruck, sich vor inneren (gemeint ist die Sozialdemokratie) und äußeren Feinden zu schützen. Das war ganz im Sinne der Kriegervereine, die die Reichseinheit propagierten. 1922 wurde aus dem Kyffhäuserbund der Dachverband des Reichskriegerverbandes, der bald Wegbereiter der nationalsozialistischen Ideologie wurde. 1934 wurde er ›gleichgeschaltet‹ und 1943 auf Reichsebene aufgelöst.
Es verwundert nicht, dass Hosaeus sich in diesem Verein gut aufgehoben verstand, wo er während des Aufstiegs der Nationalsozialisten zahlreiche Aufträge erhielt, häufig wohl ohne Ausschreibung.«

Der »Harburger Soldat« und sein Erbauer Hermann Hosaeus, Ralf Busch im Harburger Jahrbuch 23, 2012


 HH Harburg HosaeusFoto: Helmsmuseum

Hermann Hosaeus mit dem Kopf des »Soldaten« in seiner Werkstatt. Das Denkmal steht in Harburg vor der Johanniskirche.


Der »Soldat« in Harburg wurde am 26. Juni 1932 eingeweiht, »... einen trotz der Verwundung wuchtig ausschreitenden Infanteristen« nennt ihn Hosaeus selber. So hat sich also der junge Soldat der Johann-Heinrich-Voß-Schule – in der Haltung verblüffend gleich geblieben – zur »Kampfmaschine« weiterentwickelt. 

SH Eutin Voss Harburg
Foto: Kerstin Klingel

Lesen Sie mehr – auch über die Rezeption des Denkmals bis heute:

Hamburg Harburg


Auf dieser Website dokumentieren wir Denkmäler von Hosaeus in:

Schleswig-Holstein Thürk

Hamburg-Wilhelmsburg


Hermann Hosaeus war während des 1.Weltkriegs an leitender Stelle in der Staatlichen Beratungsstelle für Kriegerehrungen tätig und verfasste 1922 Leitsätze für die »Vaterländische Bauhütte« zur Ausführung und Aufstellung von Kriegerdenkmälern:

Leitsätze 1922, Verlag Deutscher Bund Heimatschutz

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Das Gedicht »dankesschuld«

Ich trat vor ein Soldatengrab

Und sprach zur Erde tief hinab

Mein stiller grauer Bruder du

Das Danken läßt uns keine Ruh'.

Ein Volk in toter Helden Schuld

Brennt tief in Dankes Ungeduld.

Daß ich die Hand noch rühren kann

Das dank' ich dir, du stiller Mann.

Wie rühr' ich sie dir recht zum Preis?

Gib Antwort, Bruder, daß ich's weiß!

Willst du ein Bild von Erz und Stein?

Willst einen grünen Heldenhain?



Und alsobald aus Grabes Grund

Ward mir des Bruders Antwort kund

Wir sanken hin für Deutschlands Glanz.

Blüh, Deutschland, uns als Totenkranz!

Der Bruder, der den Acker pflügt

Ist mir ein Denkmal, wohlgefügt.

Die Mutter, die ihr Kindlein hegt

Ein Blümlein überm Grab mir pflegt.

Die Büblein schlank, die Dirnlein rank

Blühn mir als Totengärtlein Dank.

Blüh, Deutschland, überm Grabe mein

Jung, stark und schön als Heldenhain!

Walter Flex


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Der Dichter Walter Flex

Er (geboren 1887 in Eisenach – 1917 im Krieg getötet auf Ösel) war ein Schriftsteller und Lyriker. Die Bekanntschaft mit der Familie des Reichsgründers Otto von Bismarck, bei der er als Hauslehrer tätig war, beeinflusste ihn. 1913 kam es zu einem Bruch mit seinen Arbeitgebern, da für Flex die international zusammengesetzte Adelsfamilie von Bismarck zu »undeutsch« war.

1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger in Posen. 1917 wurde er wegen seines literarischen Ruhms nach Berlin abkommandiert, um im Auftrag des Generalsstabs an der Publikation »Der Krieg in Einzeldarstellungen« mitzuwirken. Auf eigenen Wunsch wieder an die Ostfront versetzt wurde er kurz darauf tödlich verwundet.

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• Walter Flex 1915

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Foto: Wikswat/Wikimedia Commons

In zahlreichen deutschen Städten wurden Straßen, Plätze, Gebäude und Schulen nach ihm benannt, von denen einige nach dem Ende der NS-Diktatur umbenannt wurden, z.B. die Schule Bergedorf in Hamburg. In Flex’ Heimatstadt Eisenach gibt es ein symbolisches Grab mit der Inschrift:

Wer auf die preußische Fahne schwört hat nichts mehr was ihm selber gehört

Von der Errichtung dieser Gedenkstätte machte der ehemalige »Freundeskreis Walter Flex« die Schenkung des Nachlasses des Dichters an die Stadt Eisenach abhängig. Der Bestand wird im Stadtarchiv aufbewahrt.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 14. März 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2019
»Ehre ihrem Andenken«
Die Geschichte
Das Eiserne Kreuz

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Fischbek, Ortsteil von Elmenhorst im Kreis Stormarn

Auf dem Dorfanger vor dem Feuerwehrhaus

Das trutzige Kriegerdenkmal wurde am 22. Mai 1921 für die 15 toten Soldaten des 1. Weltkriegs eingeweiht. Um das Monument herum waren 15 Eichen gepflanzt worden, eine für jeden toten Soldaten aus Fischbek.

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Der Maurer J. Dohrendorf hatte die Arbeiten ausgeführt. Das hat 11.400 Mark gekostet.

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Die Erweiterung für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs wurde am Totensonntag, den 20. November 1955, eingeweiht. Die beiden Namenstafeln hat der Bildhauer Ernst Walter aus Sülfeld, Kreis Segeberg zum Preis von 2.000 DM gefertigt.

Vor dem Denkmal sind vor kurzem zwei Bäume gesetzt worden, das entspricht dem Anblick auf den historischen Fotos vor der Erweiterung zum 2. Weltkrieg weiter unten.

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Das große Denkmal hat eine sehr ungewöhnliche Form. Es ist aus bunten Bruchsteinen gemauert, der vordere Teil besteht aus zweimal sechs Stufen, die von beiden Seiten zu einer Tribüne führen. Die Treppen haben massiv gemauerte Seitenwände, die an der Vorderseite des Denkmals mit einteiligen Granitpfosten enden.

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Von der Seite sieht man die Form des hinten abgerundeten Teils vom Denkmal am besten. Laut der Broschüre »Ehrenmale und Friedenseichen in Stormarn« ist es einem gespaltenen Findling nachempfunden.

 

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Gekrönt ist es von einem schlanken Eisernen Kreuz. Es besteht aus zwei übereinandergelegten Teilen, die von einer Schraube mit großem eckigen Kopf zusammen gehalten werden.

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Auf der senkrechten Vorderseite sind drei Marmortafeln angebracht. Auf der ältesten und größten Tafel in der Mitte werden die Namen und das Sterbedatum von 15 Soldaten im 1. Weltkrieg genannt. Die Liste ist alphabetisch nach dem Initial des Nachnamens geordnet. Der Vorname ist nachgestellt. Die Sterbetage sind mit einfachem Kreuz, nicht mit einem Eisernen Kreuz, gekennzeichnet.

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Über der Namensliste ist ganz oben mittig ein Eisernes Kreuz in Kontur graviert. Umgeben ist es von einem Eichenzweig (links) und einem Lorbeerzweig (rechts), die unten über Kreuz liegen. Darunter die Inschrift:

Die dankbare Gemeinde
Fischbeck
ihren im Weltkrieg 1914–18
gefallenen Söhnen

Unter der Namensliste steht die Zeile:

Ehre ihrem Andenken

Die Marmorplatte ist zum Teil in das Mauerwerk eingelassen, die Steine sind um sie herum vermauert. Der obere Kante der Platte ist gewölbt, die Seitenkanten sind regelmäßig und symmetrisch gezackt. Die Oberfläche der Platte ist poliert, die Seitenkanten sind grob behauen.

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Auch die beiden Marmorplatten zum 2. Weltkrieg, rechts und links von der großen Platte angebracht, sind poliert. Hier sind aber die Seitenkanten geglättet. Die Oberkanten sind wieder gewölbt.

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Die Platten tragen mittig ein Eisernes Kreuz, jeweils flankiert von den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs:

1939  (Eisernes Kreuz)  1945

Die je 15 Namen der toten Soldaten sind alphabetisch nach dem Initial des Nachnamens geordnet, der Vorname ist vorangestellt. Es werden keine Sterbetage genannt. Die Buchstaben laufen im Schriftband mit herausragenden Unterlängen.

Auf den bisherigen Fotos der drei Tafeln wirkt alles Polierte der Oberfläche hell und alles was tiefer graviert wurde, ob Symbole und Schrift zum 1. Weltkrieg oder die Fläche des Eisernen Kreuzes und die Schrift- und Zahlenbänder zum 2. Weltkrieg dunkel. Auf einem Foto weiter unten werden wir sehen, dass sich dieser Effekt je nach Lichteinfall auch umkehren kann.

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Unter den Marmorplatten ist ein Vorsprung zur Ablage von Kränzen usw. gemauert worden. Die Tribüne ist nach vorne mit einer Kette zwischen den Granitpfosten notdürftig abgesichert.

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Hier sieht man gut die gegossenen Zementstufen und die Zementplatte der Tribüne, auf der die Pfosten stehen.

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Auf der anderen Seite genauso. Diese Denkmalsteile sind gerade renoviert worden. Auf den historischen Bildern weiter unten kann man sehen wie die Platte teilweise zerbröckelt. Bei der Renovierung sind wohl auch die kleinen Rhododendren rund um das Denkmal gesetzt worden.

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Der Blick von oben: ganz schön steil!

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Das Denkmal von hinten: massives Mauerwerk, fast wie ein mittelalterlicher Turm der Stadtmauer.

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Genau gegenüber: die Bushaltestelle von Fischbek.

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Hier kann man die gebogenen Eisenklammern sehen, die beide kleinen, nachträglich aufgesetzten Platten halten. Ausserdem den Unterschied zwischen der glatt polierten Oberfläche und den tieferen rauhen Flächen.

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Da die seitlichen kleineren Platten nicht bis zum Boden der Tribüne gehen, hat man sie unten mit kleinen angemauerten Podesten unterstützt. Man hat ähnliche bunte Bruchsteine verwendet, die man auch hier mit wulstigen Fugen verbunden hat. Eine aufwendige Arbeit. Diese Hervorhebungen des Fugennetzes nennt man »Krampfaderfugen«.

 

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Volkstrauertag 2019

»Unseren Toten der beiden Weltkriege in ehrendem Gedenken« schreibt die Gemeinde Elmenhorst, zu der Fischbek gehört, auf die schwarz-rot-goldene Schleife ihres Kranzes.

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Die Toten der beiden Weltkriege, derer hier ehrend gedacht wird, sind die toten Soldaten des Heeres des Deutschen Kaiserreiches und der Deutschen Wehrmacht im Nationalsozialismus. Die Opfer des Vernichtungskriegs der Deutschen Wehrmacht und des Naziterrors: Jüdinnen und Juden, die Menschen im Widerstand, sogenannte Behinderte ... werden nicht erwähnt.

 

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»Ehre ihrem Andenken«

So heißt die letzte Zeile auf der Marmorplatte zum 1. Weltkrieg. Grund für die posthum gewährte Ehre durch die Denkmalsstifter ist die durch den Soldatentod besiegelte Treue und Tapferkeit. Die Ehre wird kollektiv ausgesprochen, egal wie sich der Einzelne verhalten hat.

 

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»Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung. Das hat es mit dem Idol gemein oder im geistigen Kontext mit dem Ideal. Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 33

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Die Geschichte

Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 22. Mai 1921. Der Maurer J. Dohrendorf hat es ausgeführt, es hat 11.400 Mark gekostet. 8000 Mark waren an Spendengeld in der Gemeinde gesammelt worden. »Der Rest wurde vom Jagdgeld abgezogen«, steht in der Fischbeker Schulchronik.

 

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Das Denkmal und die Tafel sind mit Girlanden geschmückt, an den Seiten der Tafel hängen je drei Kränze mit langen hellen Schleifen. Viele Regimentsfahnen sind ringsherum aufgestellt, der Redner grüßt mit erhobenem Arm und die vielen Besucher, meist Männer, lüften ihren Hut! In der Fischbeker Schulchronik wird von 800 Fischbekern berichtet, die der Einweihung beiwohnten.

 

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Undatiertes Foto, wohl aus den ersten Jahren des Denkmals, auf alle Fälle vor der Erweiterung zum 2. Weltkrieg. Um die Tafel zum 1. Weltkrieg hängen viele zarte Kränze, die Bäumchen vor dem Denkmal sind gerade erst gepflanzt, ein Sandweg führt im großen Bogen am Denkmal vorbei.


Aus der Chronik von Fischbek, Seite 427 und 428

»Zum ersten Male nach dem Krieg [1952] wurde im ganzen Bundesgebiet der Volkstrauertag als Gedenktag für die Opfer des Krieges an den Fronten und in der Heimat begangen. Auch hier in Fischbek fand eine Gedenkfeier statt. Der Bürgermeister Offen legte einen Kranz nieder, der Lehrer hielt eine kurze Ansprache und die Schulkinder sangen die Lieder: ›Ich hab' mich ergeben‹ und ›Ich hatt' einen Kameraden‹. Die Schule hält diese Gedenkstätte als Ehrenpflicht traditionsgemäß in Ordnung.
• Lehrer Gerken, Schulchronik


Volkstrauertag 1955
Während der Feierstunde wurden zwei Gedenktafeln für die Gefallenen und Vermißten im Zweiten Weltkrieg eingeweiht. Dabei wurde eine Urkunde mit folgendem Text eingemauert:

›Fischbek, den 3.11.1955

Urkunde
der Gemeinde Fischbek zur Anbringung von 2 Ehrentafeln der Gefallenen und Vermißten des 2. Weltkrieges 1939–1945.

In der Gemeindevertretersitzung vom 1. Juli 1955 wurde beschlossen, zwei Ehrentafeln am Gedenkstein anzubringen. Die Lieferung der Ehrentafeln erfolgte durch den Bildhauer Ernst Walter in Sülfeld, Kr. Segeberg zum Preis von 2.000 D;. Hiervon wurden durch freiwillige Spenden der Dorfbewohner 928.- DM aufgebracht. Die restliche Summe zahlte die Gemeinde. Die Einweihung erfolgte am Totensonntag, den 20. November 1955.

Von den heutigen Verhältnissen können wir folgendes berichten:
Bürgermeister der Gemeinde ist Arthur Offen.

Gemeindevertreter sind: Henry Stoffers, Robert Stoffers, Erich Eberhardt, Gustav Vogt, Hugo Wagner, Hans Stapelfeld, Willi Kolbe und Georg Hein.

Lehrer der hiesigen Volksschule ist Hans Gerken (49 Schüler).

Feuerwehrhauptmann ist Robert Stoffers. Das Amt der Postverwaltung wird von Albert Faasch bekleidet.

Die Einwohnerzahl beträgt 352, davon entfallen auf Einheimische 236 und auf Flüchtlinge 116.

Seit dem Jahre 1948 setzte in der Landwirtschaft eine starke Motorisierung ein.

Preise: 1/2 kg Butter kostet 3,48 DM, ein Ei kostet 0,25 DM, 1 Ztn. Roggen kostet 20.- DM.

Alle Einwohner haben den sehnlichsten Wunsch, von einem weiteren Krieg verschont zu werden. (Schulchronik)‹


An der Gedenkfeier am 20. November 1955 nahmen teil:
Die Abordnung vom Bund ehemaliger Soldaten (Elmenhorst) und eine Abordnung vom Bund Deutscher Kriegsopfer (Elmenhorst), die Musikkapelle der FF Elmenhorst, die Einwohner der Gemeinde mit dem Gemeinderat und die Schulkinder der Volksschule zu Fischbek mit ihrem Lehrer Hans Gerken.

Das Programm gestaltete sich folgendermaßen: Die Weiherede hielt der Propst Schütt aus Bargteheide, die Enthüllung der Tafeln und die Namensverlesung unternahm der Bgm. Offen, die Ansprache hielt der Lehrer Hans Gerken. Mit den Musikstücken der Musikkapelle Elmenhorst, den durch die Schulkinder vorgetragenen Gedichten und Liedern und der Kranzniederlegung gedachte die Gemeinde Fischbek in stiller Trauer ihrer gefallenen und vermißten Söhne an den Fronten und in der Heimat währen des letzten Krieges.

Seitdem wird der Volkstrauertag alljährlich an diesem Ehrenmal begangen.«

• Wir danken sehr herzlich Waltraut Bielenberg für ihre spontane Hilfe und für das Einscannen der Chronikseiten.

 

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Der schneebedeckte Dorfplatz ist im Jahr 1963 mit einem Drahtzaun eingegrenzt. Ein Kranz von hohen Bäumen umgibt das Denkmal.

 

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Das Denkmal im Sommer 1965: ein Sandweg führt um das Denkmal. Zaun und Bäume sind geblieben.

 

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Das Denkmal 1988, im Hintergrund das Feuerwehrhaus. Der Zaun ist abgebaut, die Bäume sind gefällt.

 

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Die beiden Fotos mit dem üppigen Stiefmütterchenschmuck sind im Jahr 1996 entstanden.

Die letzten fünf Fotos: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0

 

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2018
Historische Postkarte
Begriffsklärung
Findlinge

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Fissau, Kreis Ostholstein

Auf einem Dreiecksplatz vorm Dorfteich am Feuerwehrhaus

Das Kriegerdenkmalsanlage ist für die toten Soldaten beider Weltkriege errichtet worden, ein Extrastein nennt die toten Soldaten aus den Flüchtlingsfamilien, die nach dem 2. Weltkrieg in Fissau sesshaft wurden. Auf der Website von Fissau wird das Denkmal »Ehrenmal« genannt. Heinz Werner, Mitglied im vierköpfigen Dorfvorstand, pflegt die Anlage.

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Der Platz ist umgeben von einer Buchenhecke. Von der Durchgangsstraße aus kann man die Denkmalsanlage durch eine schlichte Eisenpforte betreten. Rundherum ist die Rasenfläche mit großen und kleinen Bäumen bepflanzt. Anfang Dezember 2013 wurde eine 80 Jahre alte Linde vom Orkan Xaver umgelegt und zersplitterte auf den massiven Findlingen des Denkmals.

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Ein Sandweg führt von der Pforte um das Denkmal herum, denn beide Seiten des Denkmals sind gestaltet. Die Findlinge sind umgeben von immergrünen Gehölzen, dazwischen Beete, Planzschale und mit Pflastersteinen abgesetzte Flächen, teilweise mit Split ausgefüllt. Zur Dorfstraße hin werden die Kränze abgelegt. Das Findlingsensemble hat einen hohen Sockel aus gemauerten bunten Feldsteinen.

 

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Auf dem mittleren Findling werden unter einem Eisernen Kreuz zwischen den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs 29 Nachnamen mit abgekürzten Vornamen genannt. Ein Ordnungsprinzip ist nicht zu erkennen. Die Namen sind linksbündig in zwei Spalten mit Großbuchstaben aus Bronze aufgesetzt, der 29. Name steht am unteren Ende zur Mitte. Auf der historischen Postkarte ist zu sehen, dass er nachträglich hinzugekommen ist.

1914   (Eisernes Kreuz)   1918

Wie auch auf den drei anderen Findlingen der Anlage zeigt das Eiserne Kreuz als militärisches Ehrenzeichen über den Namen, dass hier ausschließlich der toten Soldaten gedacht wird und nicht auch der zivilen Opfer.

 

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Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurden dem Denkmal drei Findlinge hinzugefügt. Links werden 45 Namen von toten Soldaten aus Fissau genannt. Großbuchstaben aus Bronze, abgekürzte Vornamen etc. wie beim Vorbild zum 1. Weltkrieg. Die vielen Namen wurden platzsparend, die Breite des Steins ausnutzend, aufgesetzt.

Eisernes Kreuz
1939 – 1945
FISSAU

 

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Auf dem rechten Findling geht es weiter mit 33 Namen toter Soldaten aus Fissau, darunter folgen 9 Namen toter Soldaten aus Sibbersdorf.

Eisernes Kreuz
1939 – 1945
FISSAU
.......
SIBBERSDORF

 

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Der mittlere, eher breite Findling ist vor den Sockel des Findlings zum 1. Weltkrieg gesetzt worden. Hier werden 45 Namen toter Soldaten aufgeführt, die vermutlich zu Flüchtlingsfamilien in Fissau gehören.

1939   (Eisernes Kreuz)   1945
HEIMATVERTRIEBENE

 

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Vor dem Findling ist in einer Reihe von Felsquadern ein Metallrohr eingelassen. Vielleicht ein Fahnen- oder Fackelträger?

 

SH Fissau hinten web


Auf der Seite zum Dorfteich sieht man die massive Steinmauer, die die Findlinge insgesamt stützt. Die großen hellen Steine, seitliche Stützen des ursprünglich allein stehenden Denkmals zum 1. Weltkrieg, sind eingearbeitet. Auch die Treppe, siehe historische Karte, ist noch vorhanden und dient jetzt als Ablage für Blumenvasen o.ä.

Auf dem dreieckigen Splitplatz wurde eine runde Planzschale plaziert.

 

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Die Inschrift lautet:

UNSEREN
LIEBEN FÜR DAS
VATERLAND GEFAL-
LENEN TAPFEREN
SÖHNEN

GEWIDMET
VON DER DANK-
BAREN DORFSCHAFT
FISSAU
SIBBERSDORF

 

SH Fissau Inschrift hinten web

 

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld, S. 324


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Volkstrauertag 2018

Die Vertreter der Stadt Eutin legten »in ehrenvollen Gedenken« einen Kranz für Mitglieder des Reichsheeres und der Deutschen Wehrmacht nieder. Auch die Ev.-Luth. Kirchengemeinde Eutin gedenkt der Soldaten.

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Wie verhalten wir uns dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals für falsche Ziele und Ideale eingesetzt haben? Wie verhalten wir uns dazu, dass Soldaten nicht nur Opfer waren, sondern auch Täter?


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Historische Postkarte

Der Findling zum 1. Weltkrieg als Solitär auf dem Platz an der Dorfstraße.

Ehrenmal Fissau Karte web


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Begriffsklärung

Vaterland
Kriegerdenkmäler für den »gemeinen Mann« stehen in einer eigenen Tradition, die begann, als im 18. Jahrhundert das stehende Heer das Söldnerheer verdrängte und das stehende Heer sich durch die allgemeine Wehrpflicht – in Preußen 1814 eingeführt – zum Volksheer wandelte. Das Söldnerheer verrichtete ein riskantes aber Profit versprechendes Handwerk. Das Freiwilligen- oder Volksheer griff nicht des Geldes wegen zu den Waffen. Die Vorstellung, das Vaterland von feindlicher Besetzung zu befreien oder vor feindlichem Zugriff zu schützen, wurde auch in den Kriegen aufrechterhalten und propagiert, wo die Führung den Angriff befahl.

Denkmäler tradieren seit ihrem ersten Auftreten die Überzeugung, im Krieg für drei traditionsreiche Werte gekämpft zu haben: »für das Vaterland als höchstem Gut, dem der Einzelne unter Aufbietung aller Kräfte diente, zweitens der Monarchie, der er sich bereitwillig unterordnete und drittens seinem überzeugtem Christentum.« (zitiert nach Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Band 1, S. 260) Ein solches Bewusstsein lässt nicht daran zweifeln, auf der richtigen Seite und für die gute Sache gekämpft zu haben.

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 78. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

Gefallene
»Gefallenendenkmal« verweist auf das Wort »fallen«, dem Wörter wie »hinfallen« aber auch »fällen« zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort »fallen« seines Schreckens, im Wort »fällen« verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. Ralph Giordano rät deshalb, »gefallen« durch »umgebracht« zu ersetzen.

Neben diesem offenkundigen Euphemismus schränkt der Begriff »Gefallener« den Inhalt auf den Bedeutungsbereich ein, der im Englischen mit »killed in action« bezeichnet wird. Die deutsche Sprache bevorzugt auch dafür einen schönfärbenden Ausdruck: »im Felde gefallen« oder »auf dem Felde der Ehre gefallen«. Nicht auf ein »Gefallenendenkmal« gehörten demnach alle, die beim Beschuss der Unterkunft, im Lazarett, auf dem Transport oder in Gefangenschaft ums Leben kamen.

Ebd. S. 22

... dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort »Gefallener« (oder »gefallen«) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.

Ebd. S. 60/61

Tapfere Söhne
In ehrenvollem Gedenken

Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. Eine solche Form der Ehrung ist im zivilen Bereich mit der Verleihung von Ehrenbezeichnungen, Urkunden, Ehrenringen oder -plaketten oder auch Orden verbunden, im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert. [...]

Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung. Das hat es mit dem Idol gemein oder im geistigen Kontext mit dem Ideal. Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.

Ebd. S. 33

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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134


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I N H A L T
Das Denkmal
Aus der Geschichte
Der Findling in der Dorfmitte
In den 60er Jahren
Erinnerungsort an vier Kriegsgefangene
Die Geschichte
Der Platz an der Friedenseiche
Das Eiserne Kreuz
Der Stahlhelm
Die deutsche Eiche
Eichenlaub und Lorbeerzweig
Das Schwert
Schwertgeschichten
»Der Findling ...

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Flintbek, Kreis Rendsburg-Eckernförde

Auf dem Mühlenberg

Über einer Kurve thront das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege aus Flintbek.

SH Flintbek Muehlenberg von unten web


Eine Feldsteinmauer stützt den Abhang. Im April 2023 ist das Denkmal durch das lichte Grün der Bäume noch gut zu erkennen.

 

SH Flintbek Muehlenberg Treppe web


Eine Steintreppe führt zum Denkmalsplatz. Hinter einer zarten Pforte beginnt der Aufstieg.

 

SH Flintbek Muehlenberg Tor web


Ein schlichtes Eisernes Kreuz sagt uns, dass es hier um Soldaten geht. Das Ehrenzeichen des Militärs wird den toten Soldaten posthum und kollektiv von den Denkmalsstiftern verliehen. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. hatte 1813 bei seiner Stiftung des Eisernen Kreuzes erstmals jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, d.h. die Erwähnung auf einem Denkmal, versprochen.

Mehr dazu im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

 

SH Flintbek Muehlenberg Zugang hoch web


Nach der letzten Stufe gehen wir am Denkmal vorbei zu einer sehr flachen, heute etwas desolaten Steintreppe, die zur Rückseite des Denkmals führt. Das Monument ist zum größten Teil aus Steinquadern zusammengesetzt. Es steht auf einem zweistufigen Sockel mit quadratischem Grundriss. Darüber erhebt sich das große Mittelteil. Die Ecken bestehen aus je zwei grob behauenen, hervorstehenden Quadern übereinander, die Innenteile aus glatten Tafeln. Die Abdeckung ist aus zwei versetzten Platten zusammengesetzt. Soweit so normal. Obenauf haben sich die Denkmalsschöpfer nun aber etwas Besonderes ausgedacht: vier kräftige rote Säulen mit wiederum zwei Abdeckplatten bilden einen luftigen Raum. Auf den historischen Fotos im nächsten Kapitel kann man die Konstruktion genauer betrachten.

 

SH Flintbek Muehlenberg Namen web


Über die Höhe des Mittelteils zieht sich die Namensliste der toten Soldaten. Der Titel lautet, mittig gesetzt:

Im Weltkriege
fielen

Dann werden nach dem Familiennamen alphabetisch geordnet 13 Namen aufgezählt. In der kleineren Unterzeile steht jeweils der Todestag und -ort. Die Todesorte werden in Kriegsfronten aufgeteilt: Sieben Soldaten sind an der Westfront (i. Westen), fünf an der Ostfront (i. Osten) zu Tode gekommen. Der Letztgenannte, Theodor Wriedt, ist im Lazarett gestorben.

SH Flintbek Pflege der Verwundeten web


»Die Pflege der Verwundeten« – die Postkartenpropaganda im 1. Weltkrieg lief perfekt: Für die Heimatpost konnten die Verletzten – wider alle Realität – beschönigende Postkartengemälde bekommen und an ihre Angehörigen schicken. Ca. 6 Millionen deutsche Feldpostkarten wurden täglich portofrei zwischen Front und Heimat versendet, »... das dramatische Ausmaß der Kriegsereignisse [wurde] sowohl textlich als auch bildlich verschwiegen.« (Ausstellungskatalog Krieg & Propaganda 14/18, MK&G Hamburg, S.83)

 

SH Flintbek Muehlenberg Rueckseite web


Die rechte Seite des Monuments blieb unbeschriftet.

 

SH Flintbek Muehlenberg Sprueche web


Aber auf der linken Seite ist auf jeder der beiden Steinplatten in der Mitte ein Sinnspruch zu lesen.

 

SH Flintbek Muehlenberg duetsch web


Oben steht mittig gesetzt in plattdeutsch:

Dütsch sünd ji fulln
Dütsch sünd wi bleven
dat dörf wi
Nümmer vergeten!

Deutsch seid ihr gefallen
Deutsch sind wir geblieben
das dürfen wir
niemals vergessen!

Der ganze Spruch ein einziger Hinweis auf den nationalistischen Geist der Denkmalsstifter. Nach der Niederlage im 1. Weltkrieg und der dazu erfundenen Erklärung, der »Dolchstoßlegende«, wuchs der Nationalismus in Deutschland, verbunden mit neu entfachtem Antisemitismus. Zur »Heimatbewegung« in der Zwischenkriegszeit passt auch die Wahl der plattdeutschen Sprache auf dem Flintbeker Denkmal. Die Bewegung verband den Begriff Heimat mit »völkischer Überlegenheit«. Dieser Heimatbegriff wurde von den Nationalsozialisten aufgegriffen und in ihren Dienst gestellt.

Der Begriff »Heimatbewegung« bei Wikipedia

Mehr zur Dolchstoßlegende

 

SH Flintbek Muehlenberg heilgen web

 
Auf der unteren Platte steht ein Spruch, den wir immer wieder auf Kriegerdenkmälern finden:

Und wer den Tod im
heilgen Kampfe fand
ruht auch in fremder
Erde im Vaterland!

Er ist ein Zitat aus dem Lied »Hinaus in die Ferne mit Hörnerklang« von Albert Methfessel (1785-1869) aus der Zeit der »Freiheitskriege«. Dieser Begriff fasst die Kämpfe in Mitteleuropa von 1813 bis 1815 zusammen mit denen die Vorherrschaft Frankreichs unter Napoleon Bonaparte über große Teile des europäischen Kontinents beendet wurden. Mit der Wahl des Zitats wird das Pathos und der Patriotismus dieser Zeit aufgegriffen. Der darin enthaltene Trost für die Angehörigen der Toten ist sicher ein willkommener Nebeneffekt.

»Freiheitskriege« erklärt bei Wikipedia

 

SH Flintbek Muehlenberg Monument web


Nun sehen wir uns die Frontseite an, die mit der großen Abbildung eines christlichen Kreuzes dem Abhang zugewandt ist, sodass es auch von der Straße aus erkannt werden kann. Das schmale Kreuz als Symbol der Qualen, die Jesus Christus bei der Kreuzigung erleiden musste, geht über beide Frontplatten, darunter stehen die Zeitspannen beider Weltkriege. Kreuz und Zahlen sind falunfarben (ochsenblutfarben) ausgefüllt.

1914 – 1918
1939 - 1945 (nachträglich hinzugefügt)

SH Flintbek Muehlenberg Schwert web


Wir schauen uns die Abbildung des Kreuzes genauer an: wir erkennen ein innenliegendes Schwert! Ein Schwert signalisiert Kampfbereitschaft, auch wenn es gesenkt ist. Die Mannhaftigkeit und der Wehrwille der deutschen Soldaten soll bekundet werden.

Dem damaligen Zeitgeist entsprechend wird so die Kreuzessymbolik umgekehrt: Aus dem Symbol des Leidens Christi, der den Tod hinnahm und der Gewalt widersprach, wird das Gegenteil.

Mehr zur Symbolik einer Schwertdarstellung auf Kriegerdenkmälern in den folgenden Kapiteln »Das Schwert« und »Schwertgeschichten«.

 

SH Flintbek Muehlenberg Kissensteine web


Vor dem Denkmal liegen zwei quadratische Marmorplatten zum 2. Weltkrieg. Auf der linken Platte ist unter einem Eisernen Kreuz der Name

Harry
Nieder

in großer Schrift zu lesen. Die rechte Platte zeigt – in kleinerer Schrift und ebenfalls unter einem Eisernen Kreuz – drei Namen und unter den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs die Stifterin: F. F. Voorde (Freiwillige Feuerwehr Voorde).


SH Flintbek Muehlenberg 4er Kissenstein web2


Wir vermuten, dass die gleichartig gestaltete linke Platte auch einem Flintbeker Feuerwehrmann gewidmet ist. Wie diese Aufteilung zustande kam, ob Harry Nieder eine besondere Rolle bei der Feuerwehr einnahm, wissen wir nicht.

 

SH Flintbek Feuerwehrstein web


Die Freiwillige Feuerwehr von Voorde, einem Ortsteil von Flintbek, wurde 2019 aufgelöst, das Feuerwehrhaus abgerissen. Der kreisrunde Gedenkstein zog um zum Platz der Friedenseiche. Siehe das Kapitel: »Der Platz an der Friedenseiche«.

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Aus der Geschichte

1921: Das »Ehrenmal« ist wohl gerade eingeweiht worden und steht gut sichtbar über der Kurve Freeweid, Langstücken, Mühlenberg und Am Wald.


SH Flintbek Muehlenberg alt3 web2


Eine lange Treppe beginnt unten zwischen abgestuften Pfosten, aber noch ohne Pforte. Der Abhang ist mit einfachen Quadersteinen niedrig abgestützt.

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Als Basis für das geplante »Ehrenmal« am langen Hang des Mühlenbergs war vermutlich ein wohlgeformter Hügel aufgeschüttet worden, damit es von der Straße aus besser zu sehen ist. Am Fuß des Hügels – zur Frontseite des Denkmals gewandt – wurde ein Granitstein als Sitzbank aufgestellt.

SH Flintbek Muehlenberg alt2 web

Wir sehen eine kreisrunde Steinplatte im luftigen Dachaufbau liegen. Vielleicht wurde darauf früher ein Licht gestellt?

SH Flintbek Einweihung web


Dieses Foto ist aus dem Jahr 1925, es zeigt also nicht die Einweihung, sondern einen großen Festtag mit Bannerweihe. Um das Denkmal herum waren für die Fahnen und den Girlandenschmuck schlanke Baumstämme aufgestellt worden. Im Vordergrund sehen wir viele Kinder und zivile Personen, weiter hinten dann die Honoratioren mit Zylinder und die Kameraden aus den Kriegervereinen.

Wir danken Ulla Miéville für die Genehmigung, die Fotos hier zeigen zu dürfen und Thomas Praefcke für die Hilfe. Die Fotos gehören zur offenen Facebook-Seite »Flintbek Fotos und Geschichte«.

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Der Findling in der Dorfmitte

Ein großer heller Findling mit glatter Frontseite ist ein zweites Weltkriegsdenkmal in Flintbek.

 

SH Flintbek Findling weit web


Auf einer Rasenfläche führt ein gepflasterter Weg zum kleinen Denkmalsplatz. Hinter dem Findling steht eine Reihe von drei Blutbuchen – als Zeichen für das für das »Vaterland« vergossene Blut?

 

SH Flintbek Findling nah web


Von vorne und seitlich kann man über vier Quadersteinebenen direkt zum Findling steigen.

 

SH Flintbek Findling Frontseite web

 
Geschickt in die Form des Steins eingepasst, beginnt die Botschaft des Denkmals mit dem Halbrelief eines Stahlhelms auf einem großen Lorbeerzweig und Eichenlaub.

Zur Symbolik des Dargestellten siehe die Kapitel »Der Stahlhelm«, »Die deutsche Eiche« und »Eichenlaub und Lorbeerzweig«.


Darunter steht in Großbuchstaben:

WIR GEDENKEN UNSERER TOTEN
DER        WELTKRIEGE

Zwischen den beiden letzten Wörtern beginnt schon das Halbrelief eines gesenkten Schwertes. Knauf, Heft und Parierstange sind detailreich ausgearbeitet, die Klinge reicht fast bis zum Ende des Findlings. Wie schon beim Denkmal auf dem Mühlenberg haben wir auch hier eine Schwertdarstellung, obwohl diese Waffe aus der Antike und dem Mittelalter schon im ersten Weltkrieg nicht mehr zum Einsatz kam. Woher speist sich der hohe Symbolwert dieser Waffe? Ritterlegenden und Zweikämpfe von Edelmännern scheinen auf, mutige Kämpfe von Mann gegen Mann. Die bestialische Realität der modernen Waffen im Stellungskrieg wird verdrängt.

Mehr zur Symbolik einer Schwertdarstellung auf Kriegerdenkmälern in den folgenden Kapiteln »Das Schwert« und »Schwertgeschichten«.


Die Zeitspannen der Kriege sind neben der Schwertklinge plaziert:

Links: 1914 - 1918
Rechts: 1939 - 1945

Wir fragen uns, wie die Inschrift vor der Aktualisierung nach dem 2. Weltkrieg lautete.

 

SH Flintbek Findling hinten web


Von hinten wird das mächtige Findlingsdenkmal von mit Zement verbundenen Feldsteinen gestützt.

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In den 60er Jahren

Die Sehenswürdigkeiten von Flintbek: Das Kriegerdenkmal ist dabei!

 

SH Flintbek Findling Karte 1960 web

 

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Erinnerungsort an vier Kriegsgefangene

Am 29. März 1944 wurden vier Kriegsgefangene durch die Gestapo ermordet, die zuvor aus dem Stalag Luft III ausgebrochen waren. Seit dem 29. März 2018 erinnert eine Gedenktafel im Ortsteil Rotenhahn an der Landesstraße 318 an das Geschehen. Der Schleswig-Holsteinische Heimatbund und die Gemeinde Flintbek haben sie 78 Jahre später in der Nähe des Tatorts aufgestellen lassen.

Im Juni 2019 wurde die Tafel mutwillig zerstört, die oder der Täter konnten nicht gefasst werden. Die Kieler Nachrichten schreiben dazu: »Beim Heimatbund in Flintbek will man den Ärger um die Tafel gleich für etwas Positives nutzen«. Der Heimatbund schreibt auf seiner Website: »Eine Tafel an der Chaussee in Flintbek sollte den Opfern gedenken, doch vor einiger Zeit ist diese mutwillig zerstört worden. ›Wir freuen uns sehr, dass die Tafel nun einen angemessenen neuen Platz erhalten hat‹, so Katja Plambeck, 1. Vorsitzende des Heimatbundes Ortsverein Flintbek, ›an der Zufahrt zum Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume ist sie für jede*n Interessierte*n zugänglich und ist gleichzeitig immer im Blick des Pförtners.‹ Eine weiße Rose und vier Steine, einer für jeden Erschossenen, zieren den Platz und laden zum Lesen ein.«

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Rechts von der Bildmitte sehen wir die helle Tafel – die Straße ist sehr nah und sehr breit.


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Von dort wacht der Pförtner: das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume.

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Vier Steine und ... von der weißen Rose ist 2023 nichts mehr zu sehen. Ist ja auch ein schwieriges Biotop.

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Auf der Tafel vermischt sich der Gestapo-Mord mit der Geschichte der ersten »Kunststraße« Schleswig-Holsteins und dem Wappen des dänischen Königs Friedrich VI., in dessen Regierungszeit sie gebaut worden ist. Die Stationen auf der rechten Seite zeigen nicht die Fluchtroute der allierten Luftwaffenoffiziere, die 1944 in der Nähe »hinterrücks« erschossen wurden, es sind die Orte durch die die Chaussee Kiel – Altona führt. Die Straße hat sogar eine eigene Website:

www.altona-kiel.de

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Die Geschichte

Aus Anlass der Neuaufstellung der Gedenktafel 2021 wird die Geschichte auf der Website vom »Schleswig-Holsteinischer Heimatbund« erzählt:

»Erinnerung an die Ermordung von vier alliierten Luftwaffenoffizieren 1944 durch die Gestapo in Flintbek.

Am 24. März 1944 war es zu einem spektakulären Ausbruch von 76 Kriegsgefangenen alliierten Luftwaffenoffizieren aus dem Lager Stalag Luft III in Sagan (Niederschlesien, heute polnisch Żagań) gekommen. In der groß angelegten Suchaktion wurden auch vier Flüchtige in Flensburg verhaftet. Es waren der Neuseeländer Arnold Christensen (22 Jahre), der Australier James Catanach (23 Jahre), sowie die Norweger Nils Jørgen Fuglesang (26 Jahre) und Halldor Espelid (24 Jahre).

Am 29. März 1944 wurden sie von der Gestapo verhört und anschließend mit Personenwagen auf der Reichsstraße 4 (Chaussee Altona-Kiel) in Richtung Hamburg transportiert. Kurz vor der Ortschaft Rotenhahn wurden sie gegenüber einer scharfen Rechtskurve auf einer eingefriedeten Wiese – heute Gebiet der Gemeinde Flintbek – von der Gestapo erschossen. Die Leichen der vier Offiziere wurden eingeäschert und die Asche zurück nach Sagan gebracht.

50 Geflüchtete wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Im Jahre 1945 wurden die Ereignisse von der Royal Airforce untersucht. Insgesamt 14 Täter wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet, darunter auch die Mörder von der Chaussee Altona-Kiel, der berüchtigte Johannes Post, Kommandant des ›Arbeitserziehungslagers Nordmark‹ und Oskar [Fritz] Schmidt, Abteilungsleiter bei der Gestapo in Kiel.«

Website des Heimatbundes


Zusätzliche Informationen:

Lager Stalag Luft III in Sagan

Arbeitserziehungslager Nordmark

Johannes Post

Oskar (Fritz) Schmidt

Der Film zur Geschichte: »Gesprengte Ketten«

 

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Der Platz an der Friedenseiche

An der Einmündung der Straße Mühlenberg in die Straße Langstücken (gegenüber liegt auch das Denkmal, das wir ganz oben vorgestellt haben) besuchen wir einen Gedenkplatz, der von einer ausladenden Eiche dominiert wird. Dazu betrachten wir diverse Gedenksteine zwischen einer Ansammlung von Schildern, Streugutkisten etc. der Gemeinde.

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Sogenannte »Friedenseichen« wurden nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg gepflanzt. Die Regierung im Deutschen Kaiserreich forderte dazu auf, Friedenseichen zu setzen und zu pflegen, damit »dieses Sinnbild deutscher Kraft und deutscher Treue sich in aller Herrlichkeit entwickeln könne und künftigen Geschlechtern Gelegenheit geben würde, sich in seinem Schatten dankbar der Helden von 1870 und 1871 zu erinnern.« Die Friedenseiche in Flintbek hat die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt.


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Am Fuß der Eiche steht ein Gedenkstein, der den Anlass ihres Daseins in knappe Worte fasst:

Friede
10. Mai
1871

An diesem Tag wurde der »Friede von Frankfurt« (am Main) zwischen der Französischen Republik und dem Deutschen Reich geschlossen. Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 wurde formell beendet.

Mehr auf deutsche-schutzgebiete.de

 

Der Deutsch-Französische Krieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation webFoto: Wikimedia Commons / gemeinfrei
Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.

»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung

 

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Am Fuß des Abhangs findet sich ein reichlich verwitterter und mit Flechten bewachsener Stein, der an Kaiser Wilhelm II. erinnern soll. Friedrich Wilhelm, Enkel von Wilhelm I., bestieg 1888 den Thron als Kaiser Wilhelm II. und König von Preußen.

»Durch sein als undiplomatisch und großspurig empfundenes Auftreten verursachte er mehrfach innen- und außenpolitische Krisen. Der von ihm stark forcierte Ausbau der Kaiserlichen Marine und die damit verbundene sogenannte Weltpolitik wurden zum Markenzeichen der wilhelminischen Ära, trugen aber auch zum Konfliktpotenzial bei, das sich im Ersten Weltkrieg entlud« lesen wir bei Wikipedia (abgerufen am 22. Mai 2023).

Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg erfolgte am 9. November 1918 die Ausrufung der Republik. Am Tag darauf floh der Kaiser ins niederländische Exil. Erst dort dankte er am 28. November formell ab. Königin Wilhelmina und die Regierung der Niederlande gewährten ihm Asyl und lehnten 1919 die von den Entente-Mächten verlangte Auslieferung als Kriegsverbrecher ab.

»Wilhelm II.: Als Kaiser der Letzte« titelt GEO EPOCHE. »Er liebte die pathetische Pose - und dafür liebte ihn das Volk. In Wahrheit war Kaiser Wilhelm II. ein trauriger Fall: zeitlebens getrieben von den Erwartungen anderer und ein Opfer seiner eigenen Selbstüberschätzung.«

Bericht in GEO EPOCHE Nr.12

Biografie Wilhelm II. auf LeMO



SH Flintbek FeuerwehrVoorde runder Stein web


Der Gedenkstein der Freiwillige Feuerwehr von Voorde, einem Ortsteil von Flintbek, zog 2019 unter die Friedenseiche. Ein ehrgeiziges Unternehmen: Den mächtige Mühlstein am Abhang zum Stehen zu kriegen scheint nicht einfach zu sein. Zur Straße hin sehen wir das Feuerwehrlogo (Hacke, Beil, Helm) mit der Zeitangabe 1889 - 1989. Hier soll also – mal ein ganz anderes Thema – des 100-jährigen Bestehens der Feuerwehr Voorde gedacht werden.

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Auf der Rückseite finden wir eine Liste der Wehrführer ab 1889. Die Dienstzeit des letztgenannten Wehrführers Ramm begann 2017 lange nach dem 100-Jahre-Jubiläum und endet offen – Ausdruck der Trauer über die Auflösung der Feuerwehr Flintbek-Voorde 2019?


Wir danken Oberkirchenrat Dr. Thomas Schaack für seine Fotos der aktuellen Flintbeker Denkmalslandschaft, die wir auf dieser Website zeigen dürfen.

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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.

Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet. Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen.

»Andreas Gabalier besang in Mein Bergkamerad ›eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt, wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht.‹ Michael Fischer vom Zentrum für Populäre Kultur und Musik bezeichnete das als ›gewollte Provokation‹, die kaum ein naiver Zufall sein könne.

Die Agentur für soziale Perspektiven konstatiert: Das Eiserne Kreuz sei neben dem Thorshammer ›das am häufigsten gezeigte Symbol der extremen Rechten‹. Zwar sei es je nach Kontext ›kein explizit rechtes Bekenntnis, doch stets ein Symbol für Militarismus und martialische Männlichkeit.‹

Wikipedia, abgerufen am 16.3.2023

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

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Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

Auf dem Verwundetenabzeichen, das 1939 eingeführt wurde, war ein Stahlhelm zu sehen, obwohl offensichtlich seine Schutzwirkung nicht ausgereicht hatte:

SH Haffkrug Verwundetenabzeichen in Silber web


Adolf Hitler hatte die Verordnung über die Stiftung des Verwundetenabzeichen am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls der Deutschen Wehrmacht auf Polen, erlassen.

Hitlers Verwundetenabzeichen auf Wikipedia


Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten dann diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms der Wehrmacht in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin auch im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.

Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.

»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«

Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum


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Die deutsche Eiche

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre. Darum findet man es oft auf Orden, z.B. auf dem Ritterkreuz in der Zeit des Nationalsozialismus. Wie kam es zu dieser Symbolkraft?


Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

»1933 wurde mit einer offiziellen Zeremonie eine Adolf-Hitler-Eiche auf dem Dorfplatz gepflanzt (s. Foto). Auf dem Foto sieht man Heinrich Behnke, [...] sowie Hartwig Gäde. Herbert Hansen, mit weißen Kniestrümpfen, musste damals ein Gedicht aufsagen. Lehrer Kühl hielt eine Rede.

Am 8. Mai 1945, am Tag der deutschen Kapitulation, wurde die Eiche von Ernst Meier mit den Worten umgehauen: ›Du Aas kümmst af!«
Hartwig Gäde erzählt dazu: ›As ik ut de Gefangenschaft, ut den Krieg kam, da käm de ole Meier to mi hin un seggt: ›Soll ik di mal wiesen, wo diene Adolf Hitler Eiche is? Denn komm mal mit!‹. Da ist er dann mit mir in seinen Garten gegangen und zeigte auf einen Zaunpfahl. Die Eiche hatte er abgesägt und einen Zaunpfahl daraus zurechtgeschnitten. Der alte Meier war der SPD treu geblieben.«

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• Diese schöne Geschichte steht in der »Chronik der Landgemeinde Rethwisch« von Doris Moßner und Inga Rogga aus dem Jahr 2001.

 

NDR-Zeitreise: Die Geschichte der »Hitlereichen«

Schleswig-Holstein Magazin vom 14. April 2023



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Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes

 

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Eichenlaub und Lorbeerzweig

Im alten Rom wurden siegreiche Waffen mit Lorbeerzweigen umwunden, später wurden den »Helden« von der Siegesgöttin Viktoria Lorbeerkränze gereicht oder auf’s Haupt gesetzt. Hartmut Häger schreibt in seinem Buch ›Kriegstotengedenken in Hildesheim‹ auf Seite 133: »Während des Ersten Weltkriegs sah sich der Lorbeer nationalistischer Verdächtigungen ausgesetzt. Er werde aus ›welschem Feindesland‹ eingeführt und sei deshalb ungeeignet für den Siegeskranz der Gefallenen. Eichen- und Tannenkränze seien dem italienischen Importartikel vorzuziehen. Verdrängen konnte das Eichenlaub den Lorbeer nicht, bedrängen offenbar schon.«

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Das Schwert

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Der englische König führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind.

Zitat aus dem Vortrag »Das Pinneberger Kriegerehrenmal« vom 8. Mai 2018 von Prof. Dr. Loretana de Libero, Universität Potsdam: »Das Denkmal sollte nach dem Willen der Stifter mit dem hoch aufragenden Schwert ein demonstratives wie offensives Zeichen setzen für die ›Mannhaftigkeit‹ und den ›Wehrwillen des deutschen Mannes vor aller Welt‹. Mit dieser Formulierung spielte der Ausschuss auf die Revision des Versailler Vertrages an, hier v.a. die militärischen Bestimmungen.«

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Schwertgeschichten

Die Legende vom Schwert Excalibur hat alles, was man nach dem 1. Weltkrieg für einen »Ehrenhain« brauchte: einen schwertschwingenden, kraftvollen Helden, der für die gerechte Sache kämpfte, einen edlen Ritter, »gefallen« durch eine böse List nach blutigem Gefecht – doch nun wartet sein Schwert darauf, wieder zum Einsatz zu kommen.

Vom mythischen Zauberer Merlin war das Schwert Caliburn durch einen Stein bzw. Amboss getrieben worden, wird in der Legende erzählt. Es hieß, nur der wahre künftige Herrscher könne es wieder herausziehen.

Nachdem zahlreiche Ritter und Adelige an dieser Aufgabe gescheitert waren, gelang es Artus (Arthur), dem Sohn des englischen Königs, das Schwert mühelos zu befreien, was ihn zum rechtmäßigen König machte. Als Artus das Schwert Caliburn in einer Schlacht zerschlagen hatte, schenkte die »Herrin vom See« dem jungen König als Ersatz Excalibur, damit er sein Königreich schützen könne.

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Der Legende nach gab Excalibur seinem Besitzer übermenschliche Kräfte, und seine Scheide machte jeden, der sie bei sich trug, unverwundbar. Artus’ Halbschwester Morgan LeFay raubte durch eine List die Scheide, sodass Artus bei Verletzungen wieder gefährdet war. Excalibur blieb ihm erhalten.

Nachdem Artus in einer Schlacht schwer verletzt wurde, brachte man ihn nach Avalon. Ein bis heute sagenumwobener Ort des Interesses, siehe beispielsweise den Fantasy-Roman »Die Nebel von Avalon«. Stirbt er dort oder ruht er nur? In Anspielung auf den christlichen Glauben an Auferstehung wird seine Rückkehr in Aussicht gestellt. Sir Bedivere, einer der zwölf Ritter der Tafelrunde von König Artus, warf Excalibur zurück in den See, wo es die »Herrin vom See« wieder annahm. Dort soll es der Sage nach noch immer ruhen.

Im 12. Jahrhundert machte Richard Löwenherz die Artus-Sage zum Werkzeug seiner Propaganda und behauptete, sein Schwert sei Excalibur.

Nach Wikipedia, abgerufen am 24.5.2020

»Die fantasievolle Erzählung indes macht den Helden zur Projektionsfläche des jeweiligen Zeitgeistes späterer Jahrhunderte. Die vermeintliche Aktualität schuf eine Glaubwürdigkeit, die historische Wahrheit ersetzte.«

Lesen Sie weiter auf www.spiegel.de


Weitere Schwertgeschichten mit der Option der bewaffneten Rückkehr um das Reich mit dem Schwert zu retten:

Holger Danske

Barbarossa

 

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Am 6. August 1914 richtete Kaiser Wilhelm einen Aufruf an das deutsche Volk. Er sprach von den Feinden, die dem Deutschen Reich seinen Erfolg neiden und sich nun rüsten, um es zu überfallen. Das Zitat auf dieser Postkarte – es wird verziert mit Schwert und Eichenlaub – verweist auf den Sieg der »Väter« im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.


Ab 1914 wurden in Deutschland zunehmend national gestimmte Gedichte verfasst. Einzelne Verse wurden von der Kriegspropaganda aufgegriffen und erreichten eine enorme Popularität. Eine Zeile aus dem »Haßgesang gegen England« wurde während des Krieges ein Schlachtruf des deutschen Heeres – »Gott strafe England«. Eine eigene Grußformel entstand: »Gott strafe England«, Erwiderung des Grußes: »Er strafe es«.

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Hier eine Postkarte aus dem Jahr 1915 mit der bekannten Zeile aus dem »Haßgesang«. In dem Bild ist das Schwert in eine Ansicht von England gerammt, während ein christliches Kreuz es von hinten überstrahlt – ein Kreuz, das in diesem Fall natürlich die Unterstützung einzig des Deutschen Reichs durch Gott symbolisiert, entsprechend der Behauptung des deutschen Kaisers und seiner Soldaten: »Gott mit uns«. Ein Schwert im christlichen Kreuz – wie auf der Frontseite des Flintbeker Denkmals auf dem Mühlenberg.

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Wir sehen ein Schwert, das im Boden steckt. Es soll der Eindruck erweckt werden, als sei der Hügel Golgatha gemeint, auf dem den neutestamentlichen Evangelien zufolge Jesus von Nazaret gekreuzigt wurde. Das Kreuz steht für den christlichen Glauben, dass im Opfertod Jesu Gott den Menschen heilend nahegekommen ist. Hier wird nun ein Soldat an einem Schwert hängend abgebildet, umgeben von einem göttlichen Strahlenkranz. »Ihr habt für uns euch hingegeben / Ihr seid gestorben, damit wir leben«: Der Opfertod Jesu wird dem Kriegstod der Soldaten gleichgestellt. Diese Analogie findet sich oft auf Kriegerdenkmälern.

Diese kleinen Bilder mit verschiedenen Motiven wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Am 14. Dezember 1918 erschien die erste Ausgabe der »Hamburger Warte«, eine »politische Kampfschrift« gegen Marxismus und Judentum.

 

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»Der Findling ...

... kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


In den Jahren danach steigert sich der Kult um die »germanischen Steine« noch beträchtlich.

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28

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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Die Patenschaft
Die Familie Henning von Kamecke
Der Stein zum Deutsch-Französischen Krieg
Die Ehrentafel im Sportlerheim
Der Stahlhelm
Das Eiserne Kreuz
Paul von Lettow-Vorbeck
Der LevoPark

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Garbek, Gemeinde Wensin, Kreis Segeberg

Auf einer Rasenfläche umgeben von Feuerwehrgarage, Sportlerheim, Haus der Gemeinde und Polizeiposten

Das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege steht in einem Kreis aus zehn Bäumen, die im Sommer ein Blätterdach über der Denkmalsanlage formen. Das eher kleine Monument hebt sich gut von der roten Ziegelsteinmauer des »Haus der Gemeinde« ab.

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Schräg vermauerte Quadersteine grenzen die Anlage zur Straße hin ab. Zwei Granitstufen und zwei Granitstelen markieren den Eingang.

 

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Bei unserem Besuch im Januar 2024 liegt noch der Kranzschmuck vom Volkstrauertag im November am Denkmal.

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Der Weg und eine runde Fläche um das Monument herum ist kunstvoll mit kleinen Granitquadern gepflastert.

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Das Monument ist aus unterschiedlichen Granitbauteilen zusammengesetzt: ein großzügiger Sockel aus drei Platten trägt mittig zwei quadratische Blöcke für die Inschriften und Namenslisten der toten Soldaten. Darauf liegt eine mehrfach abgestufte Dachplatte. Ganz oben schließlich liegt als krönender Abschluß ein Granitblock mit einem echten Stahlhelm. Man könnte an ein Ehrenkissen für eine Kaiserkrone denken.

Auf dem Hauptstein lesen wir auf der Frontseite den Sinnspruch und die Zeitspannen der Weltkriege, mittig gesetzt:

GOTT –
EHRE –
VATERLAND

1914 – 1918
1939 – 1945

Auf dem flacheren Stein darunter steht, eingerahmt von zwei Eisernen Kreuzen:

UNSERE HELDEN

Das militärische Ehrenzeichen »Eisernes Kreuz« wird den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern postum und kollektiv verliehen. Heldenhafter Kampf, Soldatenehre und Vaterlandsliebe werden dabei unterstellt.

Mehr in den Kapiteln »Die Inschrift« und »Das Eiserne Kreuz«

 

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Wir beginnen unseren Gang um das Denkmal auf der rechten Seite. Dort wird der toten Soldaten des 1. Weltkriegs gedacht.

 

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Auf dem Ablagestein des Stahlhelms steht dort in großen Normschriftziffern die Kriegsdauer:

1914 – 1918

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Darunter folgen die Namen der 33 in diesem Krieg getöteten Soldaten. Ohne weitere Lebensdaten, Heimatort oder Dienstgrad werden Vor- und Familiennamen alphabetisch geordnet aufgelistet. Der untere flache Granitblock wird einbezogen.

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Auf der Rückseite beginnt oben das Gedenken an den 2. Weltkrieg mit der Angabe seiner Dauer:

1939 – 1945

Die getöteten Soldaten wurden mehr: ihre Namen beanspruchen die verbleibenden zwei Seiten des Denkmals.

 

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24 Namen sind in gleicher Weise gelistet, allerdings ist das Alphabet, das auf dieser Rückseite von M bis W bedient wird, etwas durcheinander geraten. Die mit S beginnenden Namen waren wohl schwer zu händeln, sind aber als Block überschaubar. Jeweils der letzte Name der beiden Spalten ist nachträglich hinzugefügt worden, die Namen beginnen mit A und H. Der untere Granitblock bleibt frei.

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Wir haben uns nun dran gewöhnt, oben steht die Kriegsdauer:

1939 – 1945

 

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Auf der letzten Seite unseres Rundgangs beginnt die alphabetische Namensliste der Soldaten im 2. Weltkrieg. Hier werden 30 Namen ab dem Buchstaben A aufgezählt. Der untere Block ist sechs wohl Nachbenannten in ungeordneter Reihenfolge vorbehalten. Auf dieser Seite des Denkmals taucht zweimal der Nachname »Henning von Kamecke« auf. Etwas mehr dazu können Sie im Kapitel »Die Familie Henning von Kamecke« lesen.

Insgesamt sind in beiden Weltkriegen 87 Soldaten aus der Gemeinde Wensin / Garbek getötet worden.

 

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Ein letzter Blick auf den großen Volkstrauertagskranz mit zahlreichen Gedenkschleifen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei dieser Denkmalsanlage in Garbek um die toten Soldaten der Heimat geht. Ausschließlich geht es um deutsche Soldaten, es gibt keine kritische Reflektion über die Kriegsursachen und die deutsche Schuld, Opfer des Nationalsozialismus werden nicht benannt.

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Die Inschrift

»Unsere Helden« – diese kollektive Zuschreibung erhalten die Soldaten der Reichswehr im 1. Weltkrieg und die der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg auf dem Denkmal in Garbek. Das Denkmal missbraucht damit viele der getöteten Soldaten. Aus den Zeugnissen Überlebender ist bekannt, dass sie sich oft nicht als Helden erlebten, dass sie den Krieg verfluchten. Aber Denkmalsstifter sehen das überwiegend anders:


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 89

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

• Kurt Tucholsky

»Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.33

Ehre, Vaterland, gefallene Helden, das sind Begriffe, die wir immer wieder auf Kriegerdenkmälern lesen, die wir als selbstverständlich hinnehmen und nicht hinterfragen.

 »Keine neue Gedenktafel relativiert den sträflichen Unfug von ›Ehre‹, ›Heldentod‹ und ›Vaterland‹, kein Schaukasten erläutert, dass ein ›heiliger Kampf‹ niemals der für Kolonien, Absatzmärkte, Macht, Einflusssphären oder Rohstoffe sein kann, sondern [...] nur der für Gott und seine Liebesbotschaft, für die Zuneigung zum Nächsten und den Frieden in der Welt; dass also ein christlicher Kampf genau das Gegenteil von dem ist, was damals über Europa gebracht wurde.«

kommunal.blogspot.de / Region Aschaffenburg-Miltenberg

 

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Der Sinnspruch auf dem Hauptstein »Gott – Ehre – Vaterland« hat eine längere Geschichte, die bis heute andauert.

 

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Der 1. Weltkrieg war das erste massenmediale Ereignis in der Geschichte, die Propagandaarbeit der beteiligten Staaten befeuerte die Dauer und Intensität der Kampfhandlungen. Auch die ca. sechs Millionen Feldpostkarten, die zwischen Front und Heimat portofrei versendet werden konnten, sollten die Truppenmoral stärken. Die Reichskriegsfahne mit Maiglöckchengebinde und ...

 

SH Garbek Postkarte2 Gott Ehre Vaterland web


... die Aussicht auf militärische Ehrenzeichen wie das Eiserne Kreuz, sollten zusammen mit patriotischen Sprüchen wie »Gott, Ehre, Vaterland« die Soldaten bei der Stange halten.


SH Garbek Ehrenzeichen Gott Ehre Vaterland web


Auch in späteren Jahren war der Spruch aus der militaristisch geprägten Kaiserzeit beliebt: Abzeichen aus dem Jahr 1921 zu 400 Jahre Leibgarde des Infantrieregiments 115 in Darmstadt: »Gott Ehre Vaterland 1621-1921«

 

Selbst über die Landesgrenze schaffte es der auch heute bei rechtsextremen Gruppierungen beliebte Spruch: »Gott, Ehre, Vaterland – Unabhängigkeitsmarsch in Polen«, diesen Filmbericht sendete Arte am 22. 2. 2021: »Der 11. November ist in Polen ein Nationalfeiertag, an dem das Land der Wiedererlangung seiner Unabhängigkeit im Jahr 1918 nach mehr als einem Jahrhundert der Aufteilung zwischen Russland, Österreich und Preußen gedenkt.

Mit dem jährlichen Aufmarsch ist es den rechtsextremen Organisatoren gelungen, die öffentlichen Wahrnehmung des Gedenktages zu dominieren. Der Unabhängigkeitsmarsch ist eine der der größten Veranstaltungen rechter Gruppierungen in Europa. 

Unter den Mitläufern sind auch die ›Soldaten Christi‹, eine streng katholische, patriotische Organisation. Ihr Gründer Pawel erklärt: ›Das Motto‹ Gott, Ehre, Vaterland‹ ist die Essenz dessen, was mit dem Herzen eines Mannes passiert, wenn er seinen Fokus auf den Herrgott richtet‹.«

 

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Last but not least zeigen wir hier noch den Buchdeckel einer Bild-Textdokumentation aus dem Jahr 1998 zur Geschichte der Panzergrenadierdivision »Großdeutschland« an der Ostfront 1942 – 1944. Der Titel »Gott, Ehre Vaterland« ist das Motto der Panzergrenadierdivision »Großdeutschland« (siehe Hans Joachim Jung, 2000. Panzer Soldiers for »God, Honor, and Fatherland«: The History of Panzerregiment Grossdeutschland. Winnipeg, Canada: J.J. Fedorowicz. ISBN 0-921991-51-7).

Die Division Großdeutschland war ein Großverband der Wehrmacht im 2. Weltkrieg. Im Juni 1943 wurde er in Panzergrenadierdivision »Großdeutschland« umbenannt. Die Division beging Kriegsverbrechen während des Frankreichfeldzugs und auf dem Balkanfeldzug in Jugoslawien.

Mehr auf Wikipedia


Ist es da ein Zufall, dass Garbek 1967 eine Patenschaft zum 1. Panzergrenadierbataillon 182 einging?

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Die Patenschaft

Von 1967 bis 2008 pflegte Garbek die Patenschaft zum 1. Panzergrenadierbataillon 182, das in der nahegelegenen Lettow-Vorbeck-Kaserne in Bad Segeberg beheimatet war.

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Als Erinnerungsmal an diese Patenschaft wurde rechts vom Kriegerdenkmal ein gespaltener grauer Findling aufgestellt.

 

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In einem gewellten Rahmen ist unter Plexiglas ein Wappenschild angebracht. Die Widmung in altdeutscher Frakturschrift lautet:

Zur Erinnerung an die Patenschaft
der 1./PzGrenBtl. 182 und
Garbek / Gemeinde Wensin
vom 12.05.1967 bis 16.05.2008

Die Lettow-Vorbeck-Kaserne war eine Garnison der Bundeswehr in Bad Segeberg, die zwischen 1959 und 1961 errichtet wurde. Ihren Namen erhielt die Kaserne 1964 nach dem preußischen General der Infanterie Paul von Lettow-Vorbeck. Sie beherbergte von 1961 bis 2008 hauptsächlich ein Panzergrenadierbataillon der Panzerbrigade 18 der 6. Panzergrenadierdivision. Sie umfasste etwa 28,96 Hektar. Nach ihrer Aufgabe durch die Bundeswehr Ende 2008 wurde sie 2011 an private Investoren verkauft, die Gebäude, Einrichtungen und Flächen für gewerbliche Nutzungen vermieten [LevoPark].

• zitiert nach www.wikiwand.com

Der Beitrag auf wikiwand

Die Segeberger Panzergrenadiere auf Infoarchiv Norderstedt


Mehr in den Kapiteln »Paul von Lettow-Vorbeck« und »Der LevoPark«

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Wie im Kapitel »Der Stahlhelm« weiter unten beschrieben, gibt es im Internet unzählige Angebote für Militär-Fans. So kann man auch für 11,85 Euro ein Wappenschild mit »Flauschgegenstück« des 1. Panzergrenadier-Bataillon 182 kaufen. Werbespruch: »Zeig Deine Einstellung oder wie Du tickst ...«.

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Die Familie Henning von Kamecke

Zwei Mitglieder der Familie stehen auf dem Denkmalsstein in Garbek. Ihre Vornamen sind mit dem Initial abgekürzt: K und H.

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Wir finden im Internet einen Oberst Karl Henning von Kameke (1897 - 1944) mit einer beeindruckenden militärischen Karriere: 1916 Eintritt ins Kürassierregiment 2, 1919 ausgeschieden, 1934 wieder angestellt im Infanterieregiment 4, 1934 Hauptmann im Infanterieregiment 25, 1935 Chef der 1. / Infanterieregiment 25, 1939 Adjutant der Kommandantur von Potsdam, 1940 Kommandeur des I. / Infanterieregiment 510, 1940 Adjutant (Major) der 293. Infanteriedivision, 1941 Adjutant des LVII. Armeekorps, 1941 Führerreserve Wehrkreis III, 1941 wieder Kommandeur des I. / Infanterieregiment 510, 1942 Lazarett, 1942 Oberstleutnant, Führerreserve Wehrkreis III, 1942 Lehrer an der Bataillons- und Abteilungsführerschule Antwerpen, 1943 Lehrgruppenkommandeur an der Bataillons- und Abteilungsführerschule Antwerpen, 1943 kommandiert zum Stab des Wehrmachtbefehlshabers Niederlande, 1943 Kommandeur des Grenadierregiments 752, 1944 Oberst und Tod mit 47 Jahren.

Er erhielt im 1. Weltkrieg das Eiserne Kreuz I und II, 1934 das Ehrenkreuz für Frontkämpfer (ein Jahr vor Beginn des 2. Weltkriegs schon mal eine Einstimmung auf den nächsten Einsatz des Lebens) und 1940 die Spange zum Eisernen Kreuz I und II.

Karl Henning von Kameke hatte zwei Söhne, die 1922 und 1923 geboren wurden. H. Henning von Kameke auf dem Denkmalsstein könnte also einer seiner Söhne gewesen sein. Den Namen findet man im Internet durchgängig in beiden Schreibweisen Kameke / Kamecke.

Wir hoffen auf einen bestätigenden oder korrigierenden Hinweis!
 

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Der Stein zum Deutsch-Französischen Krieg

Am linken Rand der Rasenfläche, direkt neben der Ausfahrt der Feuerwehrautos ...

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... liegt an einem zarten Gebüsch der Stein zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.

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In einen oben leicht abgerundeten Betonblock ist eine helle Marmorplatte eingelassen.

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Der Marmorplatte haben Wetter und Alter zugesetzt: Die zarte Schreibschrift ist kaum noch zu erkennen. Dort ist eingemeißelt:

Zum Andenken
Heinrich Otto
geb. in Garbeck d. 12. Mai 1847
für's Vaterland gefallen
vor Metz am 18. Aug. 1870

 
Um was ging es im Deutsch-Französischen Krieg?

Mit den Deutschen Einigungskriegen setzte Preußen die Idee des deutschen Nationalstaates im Sinn der kleindeutschen Lösung durch. Nach den Siegen im Deutsch-Dänischen Krieg, 1864, dem Deutschen Krieg gegen Österreich, 1866 und dem Deutsch-Französischen Krieg, 1870/71 entstand das preußisch dominierte Deutsche Kaiserreich.

Der Deutsch-Französische Krieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


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• Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin: Die Kaiserproklamation in Versailles. Nicht zu übersehen: Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck, der mit seiner aggressiven und heimtückischen Politik die Proklamation eines deutschen Kaisers möglich gemacht hatte.

»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung


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Die Ehrentafel im Sportlerheim

Text folgt

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Der Stahlhelm

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung – oder wie hier in Garbek – die Ausstellung eines Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern.

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Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

SH Sprenge Karte web

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

Auf dem Verwundetenabzeichen, das 1939 eingeführt wurde, war ein Stahlhelm zu sehen, obwohl offensichtlich seine Schutzwirkung nicht ausgereicht hatte:

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Adolf Hitler hatte die Verordnung über die Stiftung des Verwundetenabzeichen am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls der Deutschen Wehrmacht auf Polen, erlassen.

Hitlers Verwundetenabzeichen auf Wikipedia


Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten dann diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms der Wehrmacht in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin auch im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.

Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.

»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«

Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum


Aus Bertolt Brechts Kriegsfibel

»Seht diese Hüte von Besiegten! Und
Nicht als man sie vom Kopf uns schlug zuletzt
War unserer bitteren Niederlage Stund.
Sie war, als wir sie gehorsam aufgesetzt.«

Die Kriegsfibel – die eigentlich Anti-Kriegsfibel heißen müsste – ist Bertolt Brechts letztes lyrisches Werk und Kultbuch der frühen Friedensbewegung. Die Fibel mit den ästhetisch gekonnten Text-Bild-Kompositionen ist eine kompromisslose Studie gegen den Krieg.

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Das Eiserne Kreuz

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten. Nach 1813 wurde es 1870 von Kaiser Wilhelm I. und 1914 von Kaiser Wilhelm II. neu gestiftet.

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Die von Adolf Hitler am 8. November 1939 anlässlich des Überfalls auf Polen ausgesprochene Losung

Auch Adolf Hitler führte 1939 das Eiserne Kreuz als militärische Auszeichnung wieder ein, mit einem Hakenkreuz im Zentrum.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 44f


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.


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Paul von Lettow-Vorbeck

Die Segeberger Kaserne des 1. Panzergrenadierbataillon 182 ist nach General Paul von Lettow-Vorbeck benannt, der 1964 in Pronsdorf – knapp 12 km von Garbek entfernt – auf dem Friedhof der Vicelinkirche beigesetzt wurde. Lettow-Vorbeck war nicht nur aktiv am antidemokratischen Kapp-Putsch 1920 beteiligt, sondern auch mitverantwortlich am Völkermord in Deutsch-Südwestafrika.

Paul Emil von Lettow-Vorbeck war zuletzt General der Infanterie sowie Kommandeur der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg. Er war laut seinem Biografen dem Historiker Uwe Schulte-Varendorff ein »Militarist, der im Soldatentum die höchste Form des menschlichen Dasein erblickte«. Im Krieg seien für ihn alle Mittel erlaubt gewesen, wie seine rücksichtslose Kriegsführung in Ostafrika zeige. Die für ihn rassisch minderwertigen Afrikaner habe er als reines »Menschenmaterial« betrachtet. Als »autoritärer Selbstdarsteller« und »absoluter Machtmensch« habe er sich in seinen »selbstverherrlichenden Schriften« seine eigene Wirklichkeit geformt.

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• Schon 1919, kurz nach seinem bejubelten Einzug in Berlin im März, hielt »General Dr. von Lettow-Vorbeck, der unbesiegte Verteidiger Deutsch-Ostafrikas« Vorträge über seine Kämpfe im 1. Weltkrieg. (Vaterstädtische Blätter, Lübeck 1919)

 

»Es gibt nichts an Lettow-Vorbeck, das heute noch verehrungswürdig wäre«, schreibt der Historiker Uwe Schulte-Varendorff in seiner Lettow-Vorbeck-Biografie »Kolonialheld für Kaiser und Führer«. Und manche, wie die »Süddeutsche Zeitung«, nennen ihn »wohl einen der größten Kriegsverbrecher« in der deutschen Geschichte. Zwischen China, Hamburg, Deutsch-Ostafrika und Südwestafrika hinterließ er eine blutige Spur.

Auf Spiegel online lesen wir am 27.9. 2013: »Erst am 25. November 1918 kapitulierte Lettow-Vorbeck als letzter deutscher General. Da war in Europa schon längst der Waffenstillstand ausgerufen; der weit entfernt vom Mutterland kämpfende Lettow-Vorbeck hatte eher zufällig aus den Papieren eines gefangengenommenen Briten davon erfahren. Nun erst war auch der Krieg in Afrika zu Ende, er hatte weit mehr als 120.000 Menschen, vor allem schwarzen Soldaten und Trägern, das Leben gekostet.

Nach kurzer Zeit in südafrikanischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, bereiteten nationalistische Anhänger Lettow-Vorbeck in Berlin im März 1919 einen triumphalen Empfang. Mit Fanfaren und Trompeten zogen der General und die Reste seiner Schutztruppe durchs Brandenburger Tor.

Dass er sich später den rechten Freikorps anschloss, im Sommer 1919 in Hamburg protestierende Arbeiter terrorisierte und im März 1920 am rechtsextremen Kapp-Putsch gegen die Weimarer Regierung teilnahm, wurde ihm auch von bürgerlichen Verehrern lange verziehen. Die Bundeswehr benannte sogar Kasernen nach dem Safarikrieger.

Als der alte Ostafrikakämpfer 1964 in Hamburg im Alter von 93 Jahren einsam starb, hielt Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel, Sohn eines Schutztruppenoffiziers aus Deutsch-Ostafrika, die Trauerrede mit dem Kernsatz, der Tote sei ›wahrlich im Felde unbesiegt‹ gewesen. Als Ehrengäste hatte die Bundeswehr zwei ehemalige Askari-Soldaten einfliegen lassen«.


Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zu Lettow-Vorbeck

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Paul von Lettow-Vorbeck (rechts) besucht das große Truppenmanöver bei Celle im September 1935

 

Weitere Hintergrundtexte und viele Informationen aus den ehemaligen deutschen Kolonien auf der Website:

www.freiburg-postkolonial.de


und in unserer Dokumentation:

»Tansania-Park« in Hamburg Jenfeld

 

In mehreren deutschen Städten waren und sind Straßen nach Paul von Lettow-Vorbeck benannt. Auch Schulen und Kasernen erhielten seinen Namen. Seit der Jahrtausendwende hat eine kritische Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands zu Debatten über diese Namenspraxis geführt. Infolgedessen wurden in einer Reihe von Orten nach Lettow-Vorbeck benannte Straßen und Einrichtungen umbenannt.

Nach Wikipedia, abgerufen am 15. Juni 2017

wikipedia.org/wiki/lettow-vorbeck

 
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Der LevoPark

Von 1959 bis 1961 wurde in Bad Segeberg eine Kasernenanlage für die Bundeswehr errichtet. Zunächst wurde sie einfachheitshalber »Neue Kaserne« genannt, doch 1964 besann man sich auf die Möglichkeit einer Namensehrung und die Truppenunterkunft erhielt den offiziellen Namen »Lettow-Vorbeck-Kaserne«.

Als ab Ende der 1990er Jahre die Rolle von Paul von Lettow-Vorbeck als Befehlshaber der »Schutztruppe« für Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg sowie als kommandierender Offizier beim Kapp-Putsch kritisch hinterfragt wurde, regte sich Widerspruch – jedoch bis heute erfolglos, selbst nach der Schließung der Kaserne am 31. Dezember 2008 ...

 

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Seit 2011 heißt das Gelände, das private Investoren für gewerbliche Nutzung vermieten »LevoPark Bad Segeberg«. Die Ehrung für Lettow-Vorbeck hat sich in der Abkürzung seines Namens erhalten: An der ehemaligen Einlasskontrolle des Kasernengeländes, ...

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... auf einem großen Willkommensschild, natürlich auf www.levo-park.de mit dem Motto »Der LevoPark  – Erfolg hat ein Konzept ...«

 

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... und auf der Übersichtswand. Hier offenbart sich die anhaltende Sympathie für Militärisches: Die Straßen heißen Leopardstraße und Jaguarring.


Auf freitag.de lesen wir dazu in der Ausgabe 15/2033:

»Tiger, Panther, Leopard – Deutsche Panzer heißen wie Raubtiere. Aber wer hat’s erfunden? Die Nazis natürlich. Tiger und Panther verkörperten für sie unerbittliches Töten. Die Bundeswehr hat damit scheinbar kein Problem.

Wenn die Zoologie Einzug ins Politische hält, dient dies meistens dem Zweck, andere zu erniedrigen oder Eigenes zu überhöhen. Selten aber ist es bloß harmlose Namensgebung. Seit der Krieg in der Ukraine tobt, ist in Deutschland allerorten wieder von einem Tier die Rede, das es hierzulande eigentlich nur im Zoo gibt, vom Leoparden.«

Link zum Artikel


Nachtrag zu Paul von Lettow-Vorbeck: In seinem Kurzfilm zum »Deutsch-Ostafrika-Ehrenmal« in Aumühle nennt unser Studienleiter Dr. Stephan Linck ihn protofaschistisch, rechtsradikal und antidemokratisch.

Link zum Film


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I N H A L T
Das Denkmal
Ein Kursprojekt am Otto-Hahn-Gymnasium
Die Ergänzung
Die Informationstafel
Ein imposanter Aufgang
Das Denkmal im Internet
Die Dönitz-Affäre: Noch ein Schulprojekt

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Geesthacht, Kreis Herzogtum Lauenburg

Auf einer Grünfläche im Ortsteil Grünhof-Tesperhude

Das Kriegerdenkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs ist eine sehr ungewöhnliche Steinstele. Sie steht auf einem lose aufgeschichteten Hügel aus kleinen Findlingen mitten in einem von Kantsteinen eingefassten Beet. Der umführende Sandweg wird von einer halbhohen Eibenhecke begrenzt, die allerdings erst in späteren Jahren gepflanzt wurde. Auch die umgebenden Bäume sind erst später gewachsen, bei der Errichtung des Denkmals war dies ein unbewaldetes Gebiet.

SH Geesthacht Anlage web

Es gibt keine Akten in der Gemeindeverwaltung über die Entstehungsgeschichte des Denkmals, Heimatforschern zufolge ist 1922 mit der Errichtung am jetzigen Standort begonnen worden. Initiatoren sollen ehemalige Soldaten gewesen sein, die 1920 auf einem Heimkehrerball einen Ausschuss zur Aufstellung eines Denkmals gebildet hatten. Die Anlage ist für ihre dörfliche Lage ungewöhnlich gestaltet. Der kreisförmige Hügel, auf dem die Sandsteinstele steht wurde extra aufgeschüttet. Die Stele ist aufwändig verziert und enthält eine bemerkenswerte expressionistische Symbolik. Die ca. 3m hohe Stele hat die Form einer menschlichen Silhouette, sie ist an allen vier Seiten beschriftet.

              SH Geesthacht Symbole Vorne web

Auf der Vorderseite der Stele ist im runden Kopfteil eine nach unten geneigte Hand dargestellt, die fünf Blitze schleudert. Umlaufend kann man folgende Inschrift lesen:
Verrat – 1914 – Welt ist Hass – 1918 Gewalt  – Luege   

Wobei das Wort »Hass« genau über der Hand steht, die die Blitze schleudert. Die Wörter werden durch dürre Äste getrennt.

              SH Geesthacht Schrift Vorne web

Ein großer Blitz schlägt durch bis in den unteren Teil der Stele, dem »Schulterbereich«, und zeigt schließlich auf die zweite Inschrift:

Dem Andenken der Helden, die im Weltkriege ihr Leben fuer Deutschlands Freiheit einsetzten
Die dankbare Gemeinde Guenhof-Tesperhude

              SH Geesthacht Symbole hinten web

Auf der Rückseite befindet sich im »Kopf« die Darstellung einer Sonne. Sie ist von folgender Inschrift umgeben:
Gott ist Liebe – Recht – Wahrheit – Treue

Die Wörter werden durch Eichenlaub getrennt. Im »Schulterbereich« sind zehn Sterne und eine Mondsichel abgebildet.

             SH Geesthacht hinten web

Der Text darunter ist am Ende beschädigt, mühsam kann man ein Zitat von Marc Aurel lesen:
Blicke oft zu den Sternen empor als wanderst Du mit ihnen – solche Gedanken reinigen die Seele von dem Schmutz des Erdenlebens


         SH Geesthacht linke Seite web   SH Geesthacht rechteSeite web

An den Schmalseiten der Stele ließ die Gemeinde Grünhof-Tesperhude die Namen von 33 Soldaten meißeln, die im 1. Weltkrieg getötet worden bzw. bis 1922 an ihren Kriegsverletzungen gestorben waren. Auf der linken Seite befinden sich die Namen der Toten der Jahre 1914 und 1915. Auf der rechten Seite die der nächsten Kriegsjahre und der Nachkriegsjahre. Über und unter den Namen sind waagerechte Vertiefungen eingemeißelt, deren Anzahl Raum für Interpretationen geben.

Hier noch einmal die Vorder- und Rückseite des Denkmals insgesamt:

             SH Geesthacht vorne ganz web

             SH Geesthacht hinten ganz web

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Ein Kursprojekt

Über ein Jahr lang trugen Schülerinnen und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums mit ihrer Lehrerin Andrea Lehmann Informationen über das Leben des im 1.Weltkrieg getöteten Geesthachter Soldaten Emil Haberland zusammen. Das Ergebnis wurde 2014 in einer Ausstellung im GeesthachtMuseum! präsentiert.

Kursprojekt Otto-Hahn-Gymnasium

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Die Ergänzung

1958 wurde eine schlichter flacher Granitplatte für die Opfer des 2. Weltkriegs vor die Stele gelegt. Die Inschrift lautet:
Den Opfern des II-Weltkrieges zum Gedenken


SH Geesthacht 2WK web

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Die Informationstafel

 

SH Geesthacht Tafel web

Eine hilfreiche Tafel steht an der Seite, auch mit einem Hinweis auf das Material der Stele:

»Die Stele besteht aus Weser-Sandstein. Dieses Material wurde in den 1920er Jahren vielfach verwendet, da es leicht zu beschaffen und kostengünstig war. Aber Sandstein ist ein sehr verwitterungsanfälliger Stein. Durch das Eindringen und Gefrieren von Feuchtigkeit platzen immer wieder Teile vom Stein ab. Eine Sanierung ist leider nicht möglich. Daher soll über diese Erläuterungstafel die Informationen, die der Stein sowohl über die Gefallenen als auch über die Symbolik enthält, erhalten bleiben.«

Eine Broschüre zu Denkmälern in Geesthacht erhalten Sie in der Touristinformation im GeesthachtMuseum!, Bergedorfer Straße 28.

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Ein imposanter Aufgang 

                   SH Geesthacht Aufgang web

Eine breite Treppe, daneben ein gepflastertem Fahrrad- und Rollstuhlweg führt zum Denkmal. 2008 wurde der Aufgang saniert.

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Das Denkmal im Internet

Wir zitieren aus der Website von Geesthacht:

»Die Stele hat eine ungewöhnliche, für die Region einmalige Ikonologie. Auf der Vorder- und Hinterseite der Stele ist ein hoher Gehalt an Symbolik vorhanden, welcher im Kontrast zueinander steht. Die Vorderseite symbolisiert das Böse und die Hinterseite das Gute. Die Symbolik der Front wirkt zunächst ein wenig paradox, da Blitze ausschließlich von der Natur erzeugt werden können und nicht von Menschen. Im Weiteren wird jedoch deutlich, dass die Blitze für Gewalt, Zerstörung und den Hass der Menschen stehen. Die Hinterseite der Stele steht für das Gute. Am Kopfteil befindet sich das Symbol der Sonne: »Am Anfang war das Licht«. Somit werden die Religion und die Theologie thematisiert. Die Sonne steht im Weltraum über allem, was auch hier verdeutlicht wird. Sie ist das Zentrum und oberhalb der Sterne und des Mondes positioniert, die für die Menschheit stehen. Durch die abgerundete Darstellung entsteht eine beruhigende und harmonische Wirkung. Die Symbole befinden sich im Gleichgewicht, da man eine Sonne vorfindet, einen Mond und zehn Sterne, deren Quersumme ebenfalls eins ergibt. Die Eins ist die Zahl Gottes und steht für einen neuen Anfang und jegliche Erneuerungen. Eine derart komplexe Symbolik sucht man vergeblich bei den ›üblichen‹ Denkmälern im Kreisgebiet.«


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Die Dönitz-Affäre: Noch ein Schulprojekt

2011 gewann eine Projektgruppe des Otto-Hahn-Gymnasiums in Geesthacht mit ihrer Arbeit »Die Dönitz-Affäre – Der große Admiral und die kleine Stadt« den 1. Preis des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten, den sie im Schloss Bellevue entgegen nahmen.

Am 22. Januar 1963 war der Hitler-Nachfolger Großadmiral Dönitz auf Initiative des damaligen Schülersprechers Uwe Barschel zu einer »Geschichtsfragestunde« in das städtische Gymnasium eingeladen worden. Geschichtslehrer und CDU-Ratsherr Dr. Heinrich Kock hatte Dönitz auf einem Treffen des Heimkehrerverbandes kennen gelernt und war so auf die Idee der »Geschichtsfragestunde« in seiner Schule gekommen. Nachdem die Veranstaltung später durch Presseberichte ans Licht der deutschen und ausländischen Öffentlichkeit kam, brach ein Sturm der Entrüstung los ...

»Die Dönitz-Affäre – Der große Admiral und die kleine Stadt« auf der Website des Otto-Hahn-Gymnasiums


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Inschrift
Die Symbole
Die Pforte
Volkstrauertag 2022
Gedenkstein für die russischen Kriegsgefangenen
Die Heldenallee
Die Geschichte
Der Kriegerverein von Gleschendorf
Pastor Erfurt über die NS-Zeit
Das Mutterkreuz
Das Eiserne Kreuz
Die alte Tafel auf dem Dachboden
Der Deutsch-Französische Krieg

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Gleschendorf, kreis Ostholstein

Im alten Ortskern auf dem Kirchhof

Das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs im Kirchspiel Gleschendorf wurde am 30. Oktober 1921 eingeweiht. Es wurde fast ausschließlich über Spenden finanziert. Die Ansprache hielt Pastor Wilhelm Dittmer, dessen Sohn 1916 bei Verdun ums Leben gekommen war und der wohl wegen seiner Nähe zum Kriegerverein von Gleschendorf »Kanonenpastor« genannt wurde.

SH Gleschendorf Turm web


Auf einem Hügel über der Schwartau steht die über 800 Jahre alte Feldsteinkirche mit dem imposanten Turm. Wir gehen durch die Kirchhofpforte direkt auf ihn zu und sehen rechts das helle Kriegerdenkmal. Die schlanke Stele mit rechteckigem Grundriss wurde aus sächsischem Granit gefertigt.

 

SH Gleschendorf Turm Denkmal web


An drei Seiten umgeben von einer Buchenhecke, schließt sich die kleine Anlage direkt an die Turmwand an.


SH Gleschendorf Kummer web


Die Stele hat oben einen aufwendig gestalteten Abschluss mit Symbolen an allen vier Seiten und einem aufgesetzten Soldatenhelm aus gleichem Granitgestein.


SH Gleschendorf Inschrift web2    

Auf der Frontseite im unteren Bereich steht in großzügigen Zeilen über eine tiefergelegte Fläche die eingemeißelte Widmung:

Den lieben
Gefallenen
und
Vermißten
der beiden
Weltkriege
1914 – 1918
und
1939 – 1945
zum ehrenden
Gedächtnis

Hier in Gleschendorf wurden die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs – anders als sonst oft üblich – nicht einfach ergänzt. Die gesamte Inschrift wurde neu eingemeißelt. Dafür wurde wohl die Fläche der ursprünglichen Inschrift entfernt und die dadurch entstandene tiefer gelegte Fläche neu beschriftet. Laut Kirchenchronik geschah das im Jahr 1955.

Namen werden auf der Stele nicht genannt. Die 128 Namen der toten Soldaten des 1. Weltkriegs wurden auf fünf Eichenholztafeln veröffentlicht, die parallel zur Denkmalseinweihung 1921 an der Empore in der Kirche angebracht wurden. Den »Ausführungsentwurf für die Emporen-Brüstung mit Kriegerehrung« hatte das bekannte Lübecker Architektenbüro Lenschow & Runge zum 26. Juli 1920 erstellt. Die Kosten von 11.399,50 Mark waren von den Ortschaften des Kirchspiels und durch Spenden aufgebracht worden.


SH Gleschendorf Spitze vor Kirche web


An beiden Schmalseiten sehen wir das flächig eingemeißelte militärische Ehrenzeichen, ein Eisernes Kreuz. Auf Kriegerdenkmälern wird es den toten Soldaten für Tapferkeit und Treue posthum und kollektiv verliehen, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

 

SH Gleschendorf oben mit Aesten web2


Der Bildhauer hat den Abschluss der Stele in der Mitte mit einem kleinen Podest versehen, auf dem der realitätsnah gearbeitete »Stahlhelm« liegt. An beiden Längsseiten bildet ein gerundeter Wulst mit eingedrehten Enden die obere Kante der Symbolfläche. Die Symbole sind flächig eingemeißelt: zwei gekreuzte Bajonette und eine Flammenkugel.


SH Gleschendorf Detail Inschrift hinten web


Auf der Rückseite stehen zwei Zeilen in dünner, extrem schmaler Schrift – schwer zu entziffern. Der Küster Herr Greger und sein Mitarbeiter haben die Inschrift mit Hilfe von Graphitpulver für uns sichtbar gemacht. Vielen Dank dafür!

Dort steht also:

HELDENTOD
IST EWIGES LEBEN

Die erste Zeile ist eingerahmt von zwei flächig tiefergelegten achteckigen Sternen. Der Begriff »Ewiges Leben« auf einem evangelischen Kirchhof muss mit Aussagen aus der christlichen Theologie erklärt werden. Im ältesten Teil der Bibel wird ein ewiges Leben nur für Gott angenommen und dem Menschen abgesprochen. In später entstandenen alttestamentlichen Schriften wird den »Gerechten« ein von Gott gegebenes ewiges Leben in Aussicht gestellt. Das Neue Testament enthält Aussagen über ein ewiges Leben, das Gott ausschließlich den Gläubigen gewährt. Auf keinen Fall aber wird der »Heldentod« eines Soldaten sein ewiges Leben begründen.   


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Ein exakt gearbeiteter Sockel trägt die Stele.


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Im Hintergrund sehen wir das schöne Haus der Kirchengemeinde mit Pastorat, Gemeindebüro und Kindergarten.


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Die große Rasenfläche des Kirchangers umgibt die Kirche und das Denkmal.

 

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Die Inschriften

Den lieben Gefallenen ...

»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. (...) Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.

Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S.100


»An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 60/61


... zum ehrenden Gedächtnis

Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

Heldentod

»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen. Durch diese ›Opferhelden‹ werden bestimmte Werte, die dieser Held verkörperte erhöht und für die Gesellschaft als besonders erstrebenswert definiert, wie z.B. die Opferbereitschaft, ›Vaterlandsliebe‹, Mut, Furchtlosigkeit. Im Gegenzug lässt sich gleichfalls nicht heldisches Benehmen erkennen: Zögern, Zaudern, Furcht, Illoyalität usw. Durch den universellen Anspruch des Heldengedenkens wird die ›Leistung für das Gemeinwesen‹ anerkannt und wirkt fortan als Vorbild, was zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt (Opferheldenverehrung des 1. WK trug zu Militarisierung im Zuge des 2. W.K. bei). ›Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.‹ (Kurt Tucholsky)«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 89

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Die Symbole

Der Stahlhelm:

Neben dem militärischen Ehrenzeichen des Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

SH Gleschendorf oben Himmel web

 

Die Bajonette:

Wir hatten sie für gekreuzte Schwerter gehalten, aber Herr Lindhorst aus Gleschendorf weiß es besser: Es sind Bajonette, sogenannte Seitengewehre. Die hier dargestellte Version wurde im 1. Weltkrieg auf den Karabiner 98 gesteckt. Danke, Herr Lindhorst!

Als Bajonett wird eine am Lauf von Schusswaffen zu befestigende Stichwaffe in Form eines langen Dorns oder einer Stahlklinge bezeichnet. Unter der Bezeichnung Seitengewehr oder auch Seitenwehr versteht man die heute üblichen Bajonette, die auch als eigenständige Waffen geführt werden können und bei Bedarf auf ein Gewehr aufgepflanzt werden. Aufpflanzen bedeutet das Befestigen einer Stichwaffe an einer Schusswaffe mit langem Lauf, einem Gewehr. Damit hat man eine zweite Angriffs- beziehungsweise Verteidigungswaffe. Im Nahkampf ist es damit möglich, das Gewehr als Stich- oder Stoßwaffe zu verwenden.

Die Herkunft und Entstehung des Bajonetts ist nicht eindeutig geklärt. Es kann als Jagdwaffe entstanden sein, um angreifende Tiere nach einem Fehlschuss abzuwehren oder es, nachdem es weidwund angeschossen wurde, durch Abfangen zu töten.

Noch im Falklandkrieg von 1982 und im frühen 21. Jahrhundert beim Krieg in Afghanistan seit 2001 und bei der Besetzung des Irak 2003–2011 kamen vereinzelt Bajonette zum Einsatz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 20. Juli 2020

 

Die Flammenkugel:

Dieses Symbol scheint im Moment total angesagt zu sein. Beim Googeln landet man auf einer schier endlosen Zahl von Websites für Computerspiele, Fantasyromane und Tatoostudios. Was soll es hier auf dem Kriegerdenkmal bedeuten? Herr Lindhorst aus Gleschendorf hat uns aufgeklärt. Er meint: »Das ist eindeutig eine Handgranate, die gerade gezündet worden ist. Runde Handgranaten waren in Gebrauch bevor, erstmals im 1. und dann im 2. Weltkrieg, die Stiel- oder Stabhandgranaten verwendet wurden.« Danke, Herr Lindhorst, das passt auch zu Pastor Dittmers Spitznamen: »Kanonenpastor«.

SH Gleschendorf Feuerkugel web

Uniformschulterstücke eines Offiziers der Feld-Artillerie, Regiment 54 zur Zeit des 1. Weltkriegs. Die Feldartillerie mit ihren Geschützen sollte die Feindziele niederkämpfen, die außerhalb des Wirkungsbereichs der Handfeuerwaffen der Infanterie lagen.


Übrigens kann man bei Amazon für 34,15 Euro zu Dekozwecken eine nagelneue »Deutsche Stielhandgranate, I. u. II. WK« kaufen. Dazu gibt es den Warnhinweis: »Dieses Spielzeug bietet keinen Schutz«. Dem schlechten Geschmack sind eben keine Grenzen gesetzt!

 

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Die Pforte

Besonders kunstvoll sind die beiden Pforten zum Kirchhof gearbeitet. 

SH Gleschendorf Zaun web


In den einzelnen Elementen der schmiedeeisernen Streben kann man die Symbolik der Flammenkugel wieder erkennen.


SH Gleschendorf Tuergriff web


Die Klinken sind als Eichenblätter gestaltet. »Die Eiche ist knorrig. So kann man sich auch die alten Germanen vorstellen, weniger die feinsinnigen Römer. Die Eiche ist überdauernd. Das wollten auch die Deutschen im Heiligen Römischen Reich. Die Eiche ist standfest. Treue, unerschütterliche Souveränität schrieben die deutschen Fürsten und Könige auf ihr Panier – und nach ihnen Adolf Hitler. Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein.«

• Wolf Stegemann, 20. Januar 2014 auf der Website >www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de


SH Gleschendorf Tuerschloss web


Der Riegel – wieder eine kleine Flammenkugel?

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Volkstrauertag 2022

Wie in jedem Jahr wurden am Denkmal Kränze niedergelegt: zwei gleich opulente von der »Gemeinde Scharbeutz« mit rein weißer Schleife ohne weiteren Text und der »Freiwilligen Feuerwehr Gleschendorf« mit »In stillem Gedenken« auf roter Schleife. Daneben ein Gesteck der »Kirchengemeinde Gleschendorf« mit der Widmung: »Den Toten zum Gedenken. Den lebenden [das kleine L ist wohl ein Versehen der Gärtnerei] zur Mahnung«.

Dazu stellen wir ein Zitat von Hartmut Häger, auf Seite 29 seines Buches ›Kriegstotengedenken in Hildesheim‹ steht: »Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter.« und eines von Ralph Giordano aus seinem Buch ›Die zweite Schuld‹: »Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

SH Gleschendorf 2022 VTT web


Im Jahr des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands auf die Ukraine hielt Pastor Björn Severin diese Predigt zum Volkstrauertag:

Predigt am 13. November

Am Denkmal selbst kann man nicht erkennen, was wir heute von Kriegen halten.

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Gedenkstein für die russischen Kriegsgefangenen

Unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurde er von den Gleschendorfern auf dem Friedhof aufgestellt. Seit seiner Umsetzung 1987 ist der Gedenkstein Mittelpunkt einer museal anmutenden Inszenierung. An drei Seiten abgeschirmt von einer hohen Hecke sind hier besondere Erinnerungsstücke zusammengetragen, die den gepflasterten Weg zum Erinnerungsmal für die russischen Kriegsgefangenen säumen.

SH Gleschendorf 2022 Friedhof gesamt web

Auch hier haben am Volkstrauertag 2022 die Gemeinde Scharbeutz und die Kirchengemeinde Gleschendorf Kranz und Gesteck niedergelegt.

 

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Die dreifach erhöhte Stele ist 10 russischen Kriegsgefangenen gewidmet, die am Ende des 1. Weltkriegs 1918 innerhalb weniger Tage, vom 26.Oktober bis 9.November, an Grippe gestorben sind. In der »Chronik von Gleschendorf« des Ehepaars Kummer aus dem Jahr 2003 lesen wir: »... alles junge Menschen zwischen 22 und 38 Jahren, die auf den Höfen in Gleschendorf und Umgebung zu arbeiten hatten. Sie wurden ordentlich versorgt, aber das Kriegsende war eine schwere Zeit. Die Regierung verordnete ›fleischlose Wochen‹ und das Wetter war zu feucht und zu kalt. [...] Das Schicksal der Russen, die seit dem 3. März 1918 durch den Frieden von Brest-Litowsk zwischen Deutschem Kaiserreich und bolschewistischer Revolutionsregierung eigentlich gar keine Kriegsgefangenen mehr waren, hat die Menschen bewegt. Trotz aller Nachkriegsnot gingen sie daran, den Toten einen würdigen Gedenkstein zu setzen. [...] Alljährlich wurde hier nun auch der russischen Opfer gedacht, bis ab 1933 der ›Heldengedenktag‹ nur noch den deutschen Gefallenen galt.«

SH Gleschendorf 2022 Friedhof Kreuz web


Auf die Granitstele wurde ein russisch-orthodoxes Grabkreuz gesetzt. Darunter windet sich kunstvoll Eichenlaub.

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Eichenlaub ist eigentlich ein urdeutsches Symbol. Es steht für Treue zur deutschen Nation und urwüchsige Stärke. Das haben die Gleschendorfer wohl auf die russische Seele übertragen.

 

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10 Kriegsgefangene werden genannt mit Geburts- und Sterbetag. Im Kirchspiel Gleschendorf waren sieben in Barkau und je einer in Gronenberg, Middelburg und Steenrade untergebracht.

 

SH Gleschendorf 2022 Friedhof Inschrift web


Die einleitende Inschrift lautet:

Hier ruhen die im Jahre 1918
an der Grippe verstorbenen
russischen Kriegsgefangenen

Als der Gedenkstein noch auf der anderen Seite des Friedhofsmittelgangs stand war er der Grabstein der 10 Männer. Bei seiner Umsetzung 1987 blieben die Leichname zurück.

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Auch das Symbol für den Todestag ist ein russisch-orthodoxes Kreuz.

 

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Direkt neben der Stele steht der schwarze Gedenkstein des Soldaten Hugo Klodt aus Schürsdorf, der 1917 in Verdun zu Tode kam. Auf der Gefallenentafel der Gemeinde Gleschendorf, siehe das Kapitel »Der Kriegerverein«, wird er nicht aufgeführt.


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Die Heldenallee

NS-Ortsgruppenleiter und Gemeindevorsteher von Gleschendorf Johannes Möller beantragte im Oktober 1934 für die 154 toten Soldaten des 1. Weltkriegs eine »Heldenallee« anzulegen. 154 Kastanienbäume sollten die neue Chaussee zwischen Gleschendorf und Ziegelhof säumen. Der Vorschlag von Pastor Erfurt, einen »Ehrenhain« im Pastorenholz anzulegen, wurde als »absolut ungeeignet« abgelehnt.


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Und – man kann es nur schwer glauben – so heißt bis heute die eine Hälfte der Hauptstraße durch Gleschendorf »Heldenallee«!

 

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Die Geschichte

Das Lübecker Architektenbüro von Wilhelm Lenschow und Alfred Runge hatte einen ersten Entwurf für das gewünschte »Ehrenmal« abgegeben.

Dazu fand am 6. Februar 1921 die 1. Versammlung von Bürgern mehrerer Ortschaften aus dem Kirchspiel Gleschendorf statt. Bauunternehmer H. Frank wurde zum Vorsitzenden gewählt. Der Entwurf wurde bei zwei Enthaltungen mit 13 Ja-Stimmen genehmigt.

Am 12. März 1921 lag dann schon der endgültige Entwurf vom Büro Lenschow & Runge vor.

Kostenanschlag vom 11. März 1921. Quelle: Kirchenkreisarchiv


Im September 1921 gab’s noch ein Problem: Die zuständige Behörde in Eutin teilt der Gemeinde mit, dass der von den Gleschendorfern für die Stele vorgesehene Felsblock schon der Dorfschaft Scharbeutz für ihr Kriegerdenkmal zugewiesen worden ist. Wo auch immer der neue Granitblock herkam, am 30. Oktober 1921 wurde die Denkmalsstele neben der Kirche eingeweiht. Die Festpredigt im Gottesdienst hielt Kirchenrat Rathgens, die Weiherede am Denkmal Pastor Dittmer aus Gleschendorf. Er schreibt in der Kirchenchronik, dass es der Kommission vor allen Dingen darauf ankam, »daß die den Kirchhof betretenden Personen sofort auf das Denkmal aufmerksam würden, und dadurch ihre Gedanken auf den furchtbaren Weltkrieg und seinen bitteren Folgeerscheinungen gelenkt würden. Nach der Ansicht des Unterzeichneten ist der Hintergrund zu gewaltig, und hebt sich das dem Hintergrund gegenüber zu winzig erscheinende Denkmal zu wenig ab.«


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Ein historisches Foto o. D.: Die Kirche und das neue Kriegerdenkmal


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Quelle: Kirchenkreisarchiv Ostholstein


Die Witwen führen die Firmen weiter: 1922 wurden 42 Rosen beim »Ehrendenkmal« eingepflanzt. Im Stempel heißt die Firma: »E. Hinz Wwe«. Die Witwe von E. Hinz quittiert dann aber doch mit ihrem eigenen Initial: »H. Hinz«.

 

Anfang der 50er Jahre wurde das »Gefallenen-Ehrenmal« in der Kirche nach Plänen von Baurat Dr. Ing Bruno Fendrich aus Lübeck umgestaltet. Die Namen der 162 toten Wehrmachtssoldaten wurden aufgenommen. Kurze Zeit später sollte auch eine weitere Gedenkstätte unter freiem Himmel entstehen. Liddy Maasz, die Witwe von Harry Maasz, dem bekannten Gartenarchitekten, hatte die Vision von einem »Ehrenhof«. Diesen Plan kommentierte Pastor Erfurt kurzerhand mit: »...stellt nichts dar!« und damit war die Sache vom Tisch.

Plan der Landschaftsarchitekten Maasz u. Fenne vom 25.6.1953

Wir danken an dieser Stelle Herrn Schmütz vom Kirchenkreisarchiv Ostholstein für seine Hilfe, auch dieser Plan stammt aus dem Bestand.

 

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SH Gleschendorf Karte Detail Sammlung Kummer web


Auf der Postkarte aus den 50er Jahren, noch besser zu sehen im Ausschnitt darunter, ist die Denkmalsinschrift schon um die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs ergänzt.


Wir danken sehr herzlich dem Ehepaar Kummer für die freundliche Hilfe, die vielen Informationen und die Überlassung der historischen Fotos. Ihre Chronik von Gleschendorf aus dem Jahr 2003 ist eine unerschöpfliche Quelle für an Heimatgeschichte Interessierte, sie hat uns sehr gefallen.

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Der Kriegerverein

Die Chronik von Gleschendorf gibt uns Einblicke in die Dorfschaftsprotokolle und die Artikel des »Anzeiger für das Fürstentum Lübeck«. Wir zitieren daraus:

• »Der Kriegerverein pflanzte auf dem Turnplatz Am Brink eine Eiche zum 100sten Geburtstag Kaiser Wilhelms I. (Dorfschaftsprotokoll 1897)

• Wenn Kriegsteilnehmer auf Heimaturlaub kamen, versammelte der Kriegerverein das Dorf auf dem Festplatz hinter Francks Gasthof. Aus dem Schuppen wurde die kleine Kanone geholt, aus der dann für jeden Heimaturlauber ein Böllerschuss abgegeben wurde (1914/18).

• Auf der Gefallenentafel von Gleschendorf sind nicht nur die 15 »Gefallenen« porträtiert, sondern auch die 49 überlebenden »Mitkämpfer«. Der Titel lautet: »Den Gefallenen zum Dank / den Mitkämpfern zur Ehre«. Zwei der toten Soldaten konnten nur mit dem Symbolbild eines Grabsteins abgebildet werden, von den anderen 13 wird nur einer in ziviler Kleidung (das heißt für uns: als verlorener Ehemann, Vater, Sohn ...) vorgestellt. Von den 49 Überlebenden zeigen sich, bis auf einen, alle auch nach dem Krieg noch in ihrer Uniform.

»Gefallenentafel« der Gemeinde Gleschendorf


• Der Bund der Frontsoldaten (›Stahlhelm‹) gründete 1925 – unabhängig vom Kriegerverein – in Dorf Gleschendorf eine Kameradschaft. [...]

• Weihnachtsfeier des Kriegervereins in Speetzens Gasthof. W. Dunker dankte Propst Kieckbusch für sein Erscheinen und allen ›für die reichliche Spendung von Gaben ... Mit dem Lied ›Stille Nacht‹ nahm die Feier ihren Anfang, worauf Landespropst Kieckbusch eine Ansprache hielt [...]. (1931)

• Volkstrauertagsgottesdienst, um ›einmal der in dem großen Weltkrieg 1914/18 gefallenen Krieger zu gedenken. Deswegen beteiligten sich in großer Stärke der Kriegerverein Gleschendorf, der Kriegerverein Schürsdorf sowie die Ortsgruppen der NSDAP von Dorf Gleschendorf und Bhf. Gleschendorf, der Gleschendorfer Posaunenchor und die Gleschendorfer Liedertafel an dem Gottesdienst.‹ Predigt von Pastor Wenn, Eutin. Dann ›versammelten sich die Vereine und Ortsgruppen der NSDAP am Ehrenmal.‹ (1932). [...]

• Fahrt des Kriegervereins mit dem Auto nach Lübeck zur Filmvorstellung ›Stosstrupp 1917‹. (1934)«


SH Gleschendorf Filmcover web2    

1945 nahm der Alliierte Kontrollrat ihn in eine Liste von über 200 Filmen auf, deren öffentliche Aufführung aufgrund ihres nationalsozialistischen, rassistischen oder militaristischen Charakters verboten war. Foto: Cover der DVD-Edition von Polarfilm, 2007 

Lesen Sie hier weiter: »Im Focus 2/2014, S. 12/13


• »Der Kriegerverein heißt nun ›Militärische Kameradschaft Gleschendorf‹ (Kyffhäuserbund) [...]

• Beim Generalappell der Militärischen Kameradschaft ehrte Kameradschaftsführer Westphal die beiden verstorbenen Kameraden Muhs und Müller. ›Die Kameradschaft zählt zur Zeit 106 Mitglieder ... (1936) [...]

• ›Auf dem Monatsappell der Militärischen Kameradschaft Gleschendorf gab der ... neu beauftragte Kameradschaftsführer Hugo Speetzen die Zusammensetzung des Führerrates bekannt: Börgers, Plath, Pump, Hamdorf ...‹ (1938)

• ›Aus Anlaß des 60jährigen Bestehens veranstaltete die ›Kriegerkameradschaft Gleschendorf im NS-Reichskriegerbund‹ ein großes Sommerfest ... (1939) [...]

• Bericht über die Beisetzung von Johannes Andresen: ›Am Dienstag ... fand die feierliche Beisetzung des verstorbenen Gemeinderats und politischen Leiters der NSV (NS-Volkswohlfahrt), Ortsgruppe Gleschendorf, Pg. [Parteigenosse] Johannes Andresen statt. Nachdem SA-Männer den Sarg in die Gruft gesenkt hatten, feuerte die Kriegerkameradschaft drei Ehrensalven ... ab. Pg. Johannes Möller in seiner Eigenschaft als Ortsgruppenleiter der NSDAP und Bürgermeister der Gemeinde Gleschendorf legte zwei Kränze nieder und hielt eine kleine Gedenkrede, in der er besonders die Treue, den Kameradschaftsgeist und die aufopferungsvolle Hingabe des Entschlafenen an das Werk des Führers hervorhob ... (›Anzeiger für das Fürstentum Lübeck‹, 24.2.1940)

• ›Der Jahreshauptappell der Gleschendorfer Kriegerkameradschaft begann mit der Ehrung des verstorbenen G. Kahl und der Kriegsgefallenen. Kamerad Hörcher hielt einen erlebnisreichen Vortrag über die Flandernkämpfe ... Mit einem dreifachen Sieg-Heil auf Führer und Reichskriegerbund klang der Appell aus.‹ (1940)

• 1945 erfolgte die Auflösung aller Soldatenverbände. Eine Ortsgruppe des Kyffhäuserbundes wurde später in Pönitz neu gegründet. In Gleschendorf entstand 1955 eine ›Militärische Kameradschaft‹.«


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Pastor erfurt über die NS-Zeit

»Kritisch verfolgt Erfurt, wie sich das Verhältnis seiner Kirche zum Nationalsozialismus entwickelte. Er lehnt die Bemühungen mancher Kreise ab – er meint die ›Deutschen Christen‹ – die Kirche den Erfordernissen des NS-Staates entsprechend umzugestalten. [...] Möglichkeiten für kirchliche Veranstaltungen seien erheblich eingeschränkt worden und die Jugend bleibe ›je länger je mehr‹ der Kirche fern, da ihre Zeit mit anderen Dingen ausgefüllt sei. Erfurt beklagt, dass der Jungmädchenverein der Kirchengemeinde 1934 aufgelöst wurde. Die Jugendlichen wurden von der HJ [Hitlerjugend] und dem BDM [Bund Deutscher Mädel] erfasst. [...]

1936 schreibt Erfurt von den Schwierigkeiten, wenn die Kirche im sozialen Bereich aktiv sein wollte: Der nationalsozialistische Staat dringe mit seinem Totalitätsanspruch mehr und mehr auch in diejenigen Gebiete ein, die bisher dem Einfluss der Kirche unterstanden. [...] ›einerseits wird der Kirche vorgeworfen, dass sie in sozialer Hinsicht versagt habe, andererseits aber wird die Kirche sofort in die Schranken gewiesen, sobald sie nur den Versuch macht, irgendwie auf das Leben der Einzelnen des Volkes Einfluss zu gewinnen. Sofort heißt es, die Kirche wäre nur dazu da, die Menschen auf das Jenseits vorzubereiten.‹ [...] Erfurt ist sich darüber im Klaren, dass ›diejenigen, die für ein eigengesetzliches Leben unserer Kirche eintreten, leicht als Staatsfeinde angesehen werden‹.«

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Mutterkreuzehrung 1938 vor der Gleschendorfer Kirche mit Bürgermeister und NS-Ortsgruppenleiter Möller, aber ohne Pastor.


»Seit 1938 durfte Pastor Erfurt auf Anordnung des Bürgermeisters Möller keine Bibelstunden mehr in der Schule abhalten. [...] Kritisch beurteilte Erfurt das Verhalten vieler Lehrer (ohne Namen zu nennen): Sie benutzten ihren Einfluss dazu, ›den Schülern die Kirche zu verleiden‹. Man versuche, die Konfirmation allmählich auszuschalten, indem Schulentlassungsfeiern veranstaltet würden, die der Konfirmation in ihrem äußeren Aufbau in allen Einzelheiten nachgeahmt seien. [...]

Wie die Beamten und die Soldaten wurden die Pastoren 1938 aufgefordert, einen Treueeid auf Adolf Hitler abzulegen. Im Kreis Eutin erließ die Landeskirche eine entsprechende Verordnung. Pastor Erfurt schreibt, wie er und seine Amtsbrüder am 27. Juni 1938 im Amtsgericht Bad Schwartau den Treueeid auf den Führer leisteten: ›Jeder von uns hat diesen Eid ohne Zögern geleistet.‹«

• Die Zusammenfassung zur Chronik der Gleschendorfer Kirche und das Foto verdanken wir Regina und Wolfram Kummer.


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Das Mutterkreuz

»Das ›Ehrenkreuz der Deutschen Mutter‹ (Mutterkreuz) wurde 1938 als Auszeichnung in Form eines Ordens von der NSDAP gestiftet. Es sollte eine ähnliche Funktion für die Mütter erfüllen wie das Eiserne Kreuz für die Soldaten, indem es einen Ehrenplatz in der Volksgemeinschaft symbolisierte. Die kinderreiche Mutter wurde für ihren Einsatz von ›Leib und Leben‹ bei der Geburt und Kinderaufzucht ausgezeichnet. Adolf Hitler, in dessen Namen die Ehrung verliehen wurde, bezeichnete die Mutterschaft demgemäß als das ›Schlachtfeld‹ der Frau. Nur wenige Mütter lehnten die Verleihung ab.«

Michaela Kipp auf LeMO, Deutsches Historisches Museum, Berlin


Mehr dazu auf www.dhm.de

 

MDR-Zeitreise vom 11. Mai 2019: »Mutterkult unter den Nationalsozialisten: Da sollten die Frauen in erster Linie Kinder gebären, je mehr, desto besser, ab 1938 winkte das Mutterkreuz als Auszeichnung. Verliehen wurde es - im Volksmund auch ›Karnickelkreuz‹ genannt - am Muttertag, den die Nazis nach der Machtergreifung schnell für sich vereinnahmten und 1934 offiziell zum Feiertag erklärten.«

Hier die komplette Zeitreise


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Manchmal wird es dort auch als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z.B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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... und ganz aktuell: Die Redaktion des Spiegel illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz.

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Die alte Tafel auf dem Dachboden

Auf dem Dachboden zeigte uns der Küster eine Tafel, die früher in einem Torbogen neben dem Altar hing.

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Ursprünglich war die Tafel mit der Zuweisung:

1870 – 1871
gefallen im heiligen Kampfe für’s Vaterland!

den sieben Soldaten des Kirchspiels Gleschendorf gewidmet, die im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 starben. Aber weil Jahrzehnte später oben auf der Tafel noch Platz zu sein schien, wurde ein Soldat hinzugefügt, der 1901 in China zu Tode kam.

Was machte H. Lamprecht aus Scharbeutz 1901 in China?

Eine Antwort finden wir im Bundesarchiv:

»Das ausgehende 19. Jahrhundert war geprägt vom Imperialismus der Großmächte und deren Streben nach Erwerb und Besitz von Kolonien. Während weite Teile Afrikas formell unter den europäischen Mächten aufgeteilt waren, strebten die Großmächte in Ostasien zunächst nach informeller Herrschaft mittels wirtschaftlicher Durchdringung.

Die Politik der europäischen Großmächte und das allmähliche Anwachsen reformerischer politischer Ideen in den oberen chinesischen Gesellschaftsschichten führten jedoch zu einer zunehmend antiimperialistischen Stimmung im Reich der Mitte. In der Provinz Shandong wurde das Konfliktpotenzial durch natürliche Ereignisse, wie Überschwemmungen und Dürrekatastrophen und politische Faktoren wie die sich verstärkende allgemeine Armut und – bedingt durch die Schwäche des Staates – überhand nehmende Kriminalität hinzu. Als Reflex bildeten sich seit 1896 Gruppierungen, die ab 1898 als ›Boxer‹ (Yi-he-tuan = in Rechtschaffenheit vereinigte Boxer) bezeichnet wurden. Gegründet zunächst als Schutzmacht der größeren Landbesitzer, wandten sich die ›Boxer‹ zunehmend gegen die westlichen Kolonialmächte, insbesondere die christlichen Missionare. Ende 1899 schließlich brach der Aufstand unter der Parole ›Helft der Qing-Dynastie, vernichtet die Fremden‹ los und breitete sich rasch in Richtung der Großstädte Beijing (Peking) und Tianjin aus. Eisenbahn- und Telegrafenlinien wurden zerstört, ausländische Ingenieure und Missionare sowie chinesische Christen getötet. Am 11. Juni 1900 schließlich rückten die ›Boxer‹ in Beijing (Peking) ein, wo sie christliche Kirchen plünderten und gegen Ausländer vorgingen. Am 19. Juni forderte das chinesische Außenministerium die ausländischen Gesandten auf, Beijing (Peking) zu verlassen. Einen Tag später, am 20. Juni, wurde der deutsche Gesandte von Ketteler bei einem Attentat ermordet. [...]

Am 21. Juni erfolgte die Kriegserklärung an die Kolonialmächte England, Frankreich, Rußland, Japan, Österreich, Italien, die USA und das Deutsche Reich.

Diese beschlossen daraufhin, ein internationales Expeditionskorps zum Schutz der Gesandtschaften nach Beijing (Peking) zu entsenden. Kaiser Wilhelm II. sah nach der Ermordung von Kettelers, die einmalige Chance, die überseeischen Großmachtambitionen des Deutschen Reiches zu manifestieren. [...]

SH Gleschendorf Hunnenrede Bundesarchiv Bild 183 B0313 0014 067 Verabschiedung Ostasientruppen webFoto: Bundesarchiv_Bild_183-B0313-0014-067, Lizenz CC BY-3.0 SA DE 

• Verabschiedung des deutschen Ostasien-Expeditionscorps durch Kaiser Wilhelm II. in Bremerhaven am 27. Juli 1900

Die von Kaiser Wilhelm II. zur Verabschiedung der Soldaten in Bremerhaven gehaltene sog. ›Hunnen-Rede‹ sollte durch ihren martialisch-imperialen Ton und der Aufforderung, Rache für die Ermordung von Kettelers zu nehmen, breite Gesellschaftsschichten hinter die kaiserliche Politik versammeln, trug jedoch im Ausland den deutschen Soldaten v.a. im 1. Weltkrieg die Bezeichnung ›Huns‹ ein. [...]

Schon nach kurzer Zeit brach der Widerstand der schlecht ausgerüsteten und militärisch unerfahrenen ›Boxer‹ endgültig zusammen. [...]

Den Abschluss des Aufstandes bildete die Unterzeichnung des sog. ›Boxer‹-Protokolls im September 1901. Es sah u.a. die Stationierung ausländischer Truppen im Korridor von der Küste über Tianjin bis nach Beijing (Peking) und an strategisch wichtigen Eisenbahnlinien, die Schließung wichtiger Festungsanlagen sowie die Zahlung von 450 Millionen Silbertael (1,4 Milliarden Goldmark) innerhalb von 39 Jahren vor, bei einer Verzinsung, die die Summe verdoppeln würde. Um diese Zahlung zu begleichen, musste sich die chinesische Regierung um ausländische Anleihen bemühen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes von den Kolonialmächten vergrößerte sich und das chinesische Reich sank unaufhaltsam auf den Status einer Halbkolonie herab. Die deutsche Seite verlangte im ›Boxer‹-Protokoll im Hinblick auf die Ermordung von Kettelers außerdem, dass ein Mitglied des kaiserlichen Hauses auf eine ›Sühnemission‹ nach Deutschland zu schicken sei und dass an der Attentatsstelle in Beijing (Peking) ein Mahnmal errichtet werden sollte. Diese Forderungen dienten der Demütigung des Verlierers, wurden jedoch beide erfüllt.«

Der ganze Beitrag des Bundesarchivs

Der deutsche Kaiser Wilhelm II. hatte unverzüglich auf den Vorschlag einer gemeinsamen Militäraktion europäischer Staaten reagiert, weil sich in diesem Rahmen die verstärkte Rolle des Deutschen Reiches in der Weltpolitik demonstrieren ließ. Zu seiner Genugtuung konnte er erreichen, dass dem ehemaligen deutschen Generalstabschef Feldmarschall Alfred Graf von Waldersee der Oberbefehl über dieses gemeinsame Expeditionsheer übertragen wurde. Bei der Verabschiedung eines Teils der deutschen Truppen am 27. Juli in Bremerhaven hielt Wilhelm II. seine berüchtigte Hunnenrede:

»Eine große Aufgabe harrt eurer: ihr sollt das schwere Unrecht, das geschehen ist, sühnen. Die Chinesen haben das Völkerrecht umgeworfen, sie haben in einer in der Weltgeschichte nicht erhörten Weise der Heiligkeit des Gesandten, den Pflichten des Gastrechts Hohn gesprochen. Es ist das um so empörender, als dies Verbrechen begangen worden ist von einer Nation, die auf ihre alte Kultur stolz ist. Bewährt die alte preußische Tüchtigkeit, zeigt euch als Christen im freudigen Ertragen von Leiden, mögen Ehre und Ruhm euren Fahnen und Waffen folgen, gebt an Manneszucht und Disziplin aller Welt ein Beispiel […] Kommt ihr vor den Feind, so wird er geschlagen. Pardon wird nicht gegeben, Gefangene nicht gemacht. Wer euch in die Hände fällt, sei in eurer Hand. Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in der Überlieferung gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutschlands in China in einer solchen Weise bekannt werden, daß niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen Deutschen auch nur scheel anzusehen!«

nach Wikipedia, abgerufen am 7. Januar 2018

     SH Itzehoe Waldersee web

• Teil einer im Jahr 1901 mit der chinesischen Kaiserlichen Post in die Schweiz verschickten Postkarte.

Hauke Neddermann hat für »freedom roads! – postkoloniale Erinnerungskultur« eine Charakterisierung von Graf Waldersee geschrieben:

Graf Waldersee


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Der Deutsch-Französische Krieg

... war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


SH Oldesloe Anton von Werner Kaiserproklamation web

Die Kaiserproklamation in Versailles, Wandgemälde von Anton von Werner für die Ruhmeshalle Berlin. 1944 wurde es nach einem Bombentreffer zerstört.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

Mehr auf www.bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Denkmalspark
Das ursprüngliche Denkmal
Der Bildhauer Hans Dammann
Die Mehrfachverwertungen
Das Eiserne Kreuz

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Glücksburg, Kreis Schleswig- Flensburg

Anlage auf dem kirchlichen Friedhof

In einem großzügigen vom Friedhof abgeteilten Park steht die Skulptur eines jungen Soldaten vor einem Steinkreuz. Der Sockel wirkt wie eine Bergspitze. Das Kriegerdenkmal ist den toten Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs gewidmet.

SH Gluecksburg 1 web


In dem hockenden Soldaten kann man einen trauernden sehen, man kann aber auch einen erschöpften Soldaten sehen, der – noch bewaffnet – bald in den nächsten »Einsatz« also zum nächsten Töten ziehen wird.


SH Gluecksburg Kopf web


Den gesenkten Kopf mit der linken Hand abgestützt, in der rechten einen Kranz aus Eichenlaub sitzt er dort in voller Montur: Uniformmantel, Stiefel, Kurzschwert und Stahlhelm.

SH Gluecksburg seitlich web

 

SH Gluecksburg Messer web


An der Seite die Namen des Bildhauers Hans Dammann Berlin-Grunewald und von Heinr. Fintzen Glücksburg. Diese Inschrift, sowie die auf den beiden Namenstafeln an den Seiten des Sockels sind etwas dilettantisch mit schwarzer Farbe ausgemalt worden.

SH Gluecksburg Signet web


Auf den Namenstafeln rechts und links sind die Namen der 69 toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Glücksburg mit Dienstgrad, Todesdatum und Todesort aufgeführt. Beim Nachmalen sind einige unklare Wörter entweder beherzt umgesetzt (Epnendoet?) oder gleich ganz weggelassen worden.

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Auf der Vorderseite ist nach dem 2. Weltkrieg eine neue Steinplatte angebracht worden: Die Jahreszahlen beider Weltkriege verteilt über die Achsen eines Tatzenkreuzes.

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Der Denkmalspark

Er hat einen eigenen Eingang von der Straße aus. Die Pforte stellt ein stilisiertes Eisernes Kreuz im Strahlenkranz dar. Lesen Sie weiter unten einen Text zur Bedeutung des Eisernen Kreuzes.

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Links sieht man die Skulptur des trauernden Soldaten, rechts vor den Büschen liegen einzelne Gedenksteine in Kreuzform.

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Auf diesen Jahressteinen wird die Anzahl der toten Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg ohne Namen genannt.

SH Gluecksburg 1914 web

Ein aufrechter Gedenkstein, halb vom immergrünen Gebüsch verdeckt, trägt die Aufschrift:

Allen die auf der Flucht – durch Bomben – in Lagern – ums Leben kamen zum Gedenken, – uns zur Mahnung.
Richte unsere Füsse auf den Weg des Friedens (Luk. 1.79)

Vor das Zitat aus dem Lukas-Evangelium ist ein Kreuzanker gesetzt worden, dieses Symbol erinnert an die Passion Christi.

SH Gluecksburg Stein web

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Das ursprüngliche Denkmal

Vor der Umgestaltung nach dem 2. Weltkrieg hatte das Denkmal zwei Tafeln mit Inschriften. Oben im Querbalken des großen Kreuzes stand:

Für Euch
Joh. 15 30.

Auf der Vorderseite des Sockels:

Glücksburg’s Heldensöhnen zum Gedächtnis
1914 – 1918

Der Sockel hatte noch eine weitere Ebene aus vermauerten Feldsteinen mit weißen Fugen. Diese Fotos sind 1940 aufgenommen worden, die Kriegspropaganda und die Verherrlichung des Soldatentodes durch die Nationalsozialisten war in vollem Gang.

SH Gluecksburg alt web


SH Glucksburg 1940 web


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Der Bildhauer Hans Dammann

Hans Dammann, geboren am 16. Juni 1867 in Proskau, gestorben am 15. Juni 1942 in Berlin, war ein deutscher Bildhauer. Nach seiner Schulausbildung besuchte er die Technische Hochschule Hannover und bis 1895 die Königliche Akademie der Künste in Berlin.

             MP Friedland Hans Dammann web
             • Portraitfoto aus dem Jahr 1904

Da Hans Dammann Reserveoffizier war, wurde er gleich zu Beginn des 1. Weltkriegs eingezogen. Schon nach wenigen Wochen kehrte der Hauptmann der Reserve verwundet nach Hause zurück. Er erweiterte in der Folgezeit sein bisheriges Repertoire um das Sujet des Soldatengrabmals. Genau wie bei seinen zivilen Grabdenkmälern wurden viele seiner Entwürfe teilweise leicht modifiziert oder mehrfach verwendet.

Gerade die Modelle seiner Soldatengrabmäler, die er ab 1916 erstellte, fanden in der Weimarer Republik als Kriegerdenkmäler eine Wiederverwendung.

• Nach Wikipedia, 5.2.2017

Von Hans Dammann stammt auch das Denkmal von Friedland / Mecklenburg-Vorpommern in unserer Dokumentation.

Friedland

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Die Mehrfachverwertungen        

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Das Grab der Familie Brinckman auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg, sie trauert um zwei Soldatensöhne. Der steinerne Soldat hat hier noch eine »Pickelhaube« auf dem Kopf, ansonsten stimmt jedes Detail mit dem Denkmal in Glücksburg überein. Ebenso ...

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Foto: Raenmaen/Wikimedia Commons


... die Skulptur für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs in Dortmund-Somborn und ...

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... die in Brake an der Unterweser ...

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Foto: Ruchhöft-Plau/Wikimedia Commons


... die in Fürstenberg / Havel. Die Sockelgestaltung und Kreuz oder nicht Kreuz haben die Gemeinden frei gewählt.

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T
Das Denkmal
Der Maler Max Kahlke
Entartete Kunst?
Für Deutschland gestorben
Der »Große Marienaltar« im Schleswiger Dom

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Glückstadt, Kreis Steinburg

In der Mitte der Stadtkirche am Marktplatz

An einem altarähnlichen Tisch an der linken Innenwand des Hauptschiffs sind zwei Inschriften angebracht. Auf schwarzen Steintafeln steht oberhalb einer hellen Marmorplatte der plattdeutsche Spruch:

Mien Hart blött vör Gramm
Awers Du giffs mi Kraff

(Mein Herz blutet vor Gram
Aber Du gibst mir Kraft)

Diesen Spruch hatte der expressionistische Bildhauer Ernst Barlach schon 1922 für die Skulptur »Schmerzensmutter« in der Nikolaikirche in Kiel verwendet. Sie wurde 1944 im Bombenkrieg zerstört. Zuvor hatten sich die Glücksstädter noch davon inspirieren lassen und weihten am 22. Dezember 1931 ihr »Ehrenmal für die Gefallenen« mit dem Spruch ein.

SH Glueckstadt komplett web


Darunter steht:

Unseren Gefallenen
1914 – 1918
1939 – 1945 (nachträglich angebracht)

 

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Foto: Orf3us / Wikimedia Commons

• Am linken Bildrand ist das »Ehrenmal für die Gefallenen« zu sehen


Über dem »Altar« hängt ein Gemälde des Glückstädter Malers Max Kahlke (1892-1928) – es soll dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben.

Max Kahlke hat als Soldat im 1. Weltkrieg gekämpft, er wurde verwundet und hat nach seiner Wiederkehr versucht, das erlebte Grauen in seinen Werken zu verarbeiten. Die Pietà in der Stadtkirche hat er für das Kriegerdenkmal als »Ehrung der Gefallenen« geschaffen.

Nach Aussage einer Kirchenhüterin am 9. Oktober 2016 hat Max Kahlke in dem Gemälde sich selbst als Johannes, seine Mutter als Maria (siehe ihre Portraits weiter unten) und seine Verlobte als Maria Magdalena dargestellt.

Im Jahr 1931 wurde das Kircheninnere renoviert und an der Nordwand die ›Kriegerehrung‹ gebaut. »Am 22.12.1931 wurde die renovierte Kirche in einem feierlichen Gottesdienst durch Bischof Mordhorst neu eingeweiht und das Kahlke-Bild enthüllt.« (Glückstadt im Wandel der Zeiten, Band 3, Seite 212).

»Während Bischof Mordhorst im Oktober 1933 beurlaubt und zum 1.1.1934 in den Ruhestand versetzt wurde, konnte die Pietà II bleiben. Dass die SA, die häufig geschlossen am Gottesdienst teilnahm, ihre Sturmfahnen und Standarten von Geistlichen weihen ließ, an dem Bild Anstoß nahm, ist nicht überliefert.« (Glückstadt im Wandel der Zeiten, Band 3, Seite 231 f.).

Auch durch die Schrifttafeln wird eine Analogie hergestellt zwischen dem Kreuzestod Christi, als Opfer für die Menschheit, und dem Kriegstod der Soldaten, die sich ebenso opfern und deren Tod dadurch gerechtfertigt werden soll. Es gibt keinen kritischen Kommentar in der Kirche zu dieser Sakrifizierung des Kriegtodes.

 

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Max Kahlke gehört als Maler der 20er Jahre zur Kunstepoche zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit. Die Pieta hängt ohne Unterbrechung seit 1928 in der Stadtkirche. Das Gemälde war Max Kahlkes letztes Werk. Die Aussage, es sei unvollendet geblieben, bezieht sich wohl auf seinen Plan das Bild zu einem Triptychon zu ergänzen. Kurz nach Vollendung der Pieta starb Kahlke mit nur 36 Jahren.

 

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• Name und Sterbedatum wurden nach seinem Tod dazu gesetzt.

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Der Maler Max Kahlke

Max Kahlke, geboren am 13. Januar 1892 in Glückstadt, gestorben am 28. Februar 1928 in Kiel war ein deutscher Maler und Grafiker.

Kahlke wurde als ältester Sohn seiner Eltern Jacob und Minna, geb. Raave, in Glückstadt geboren. Seine künstlerische Ausbildung: Akademie für bildende Künste in Stuttgart (Robert Poetzelberger) und Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar (Fritz Mackensen).

Wichtig war für ihn die Begegnung mit dem Tiroler Maler Albin Egger-Lienz, ehemals sein Lehrer in Weimar. Ein Porträt des Großvaters qualifizierte ihn schon 1912 für die Aufnahme in die Schleswig-Holsteinische Kunstgenossenschaft. Er war zudem Mitglied im »Hamburger Künstlerverein von 1832«. 

Im Ersten Weltkrieg wurde Kahlke verwundet, er lag monatelang in verschiedenen Lazaretten. Vom Kriegsende bis zu seinem frühen Tod 1928 war er in Glückstadt ansässig. 1925 wurde er als Mitglied in den Altonaer Künstlerverein aufgenommen. 1926 schloss er sich der neu gegründeten Künstlergruppe »De Warft« an.

Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof in Glückstadt.

Kahlkes Werk umfasst Ölgemälde, Aquarelle und Holzschnitte. Themen sind religiöse Sujets, Marschlandschaften und Portraits. Mit Gebrauchsgrafik bessert er seinen Lebensunterhalt auf. Vor allem vier religiöse Werke sichern ihm einen Platz in der Kunstepoche der 20er Jahre, zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit, »Die Kreuzigung II« in Flensburg, der »Große Marienaltar« im Schleswiger Dom, die Pieta und »Die Kreuzigung« in der Stadtkirche Glückstadt.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 10. Oktober 2016

Bericht über eine Gemäldespende der Fielmann AG. Der Maler ist Adolf von Horsten, Gründer der Künstlergruppe »De Warft«

 

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• »Selbstbildnis mit Distel« von Max Kahlke 1924

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• »Portrait der Mutter« von Max Kahlke 1926

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Entartete Kunst

Unser ehrenamtlicher Mitarbeiter Ulf Evers ist in Glückstadt aufgewachsen und hat über die Stadtgeschichte geforscht. Er schreibt zu Max Kahlke und die Pietà in der Stadtkirche:

»Es wird eine Zeit kommen, in der man sagt: Glückstadt hat ein Kriegerdenkmal, so groß, so erschütternd wie keine der schleswig-holsteinischen Städte!«

Mit diesen Worten warb Franz Michaelsen 1931 für den Ankauf des Bildes »Pietà II« von Max Kahlke.

Am 22. Dezember 1931 war es dann soweit. Nachdem übers das Jahr das Innere der Stadtkirche renoviert worden war, wurde die Kirche mit einem feierlichen Gottesdienst neu geweiht und auch das Kahlke-Bild wurde enthüllt. Bischof Mordhorst, der den Gottesdienst abhielt, wurde im Oktober 1933 beurlaubt und zum 1.1.1934 in den Ruhestand versetzt, weil er den »Deutschen Christen«, die auch in Glückstadt sehr präsent waren, im Wege stand.

An der »Kriegerehrung« mit der Pietà nahm in Glückstadt weder die SA noch die örtliche Parteiführung der NSDAP Anstoß. Im Gegenteil: der Glückstädter SA-Sturm nimmt uniformiert an Gottesdiensten teil, ein SA-Scharführer lässt sich in der Kirche trauen und die SA steht bis zum Altar Spalier.

1939 empfindet dann der Landeskulturverwalter des Gaues Schleswig-Holstein die Pietà als zu demutsvoll: »Die Heldenehrung soll bewusst an die heroische Haltung unserer Gefallenen erinnern und uns stets das große Opfer des Heldentodes vor Augen führen.« Das Gemälde sollte nicht weiter für die »Heldenehrung« verwendet werden.

Wird diese Episode verkürzt wiedergegeben, entsteht ein Eindruck, wie er sich z.B. in einer Predigt zum 3. Advent 2012 wiederfindet: Max Kahlke wird in die Nähe der »Entarteten Kunst« gerückt, Kahlke »hatte da ein Bekenntnis in seine Bilder eingemalt, das gefährlich war den Machthabern.«

Tatsächlich hatte der nationalsozialistische Landeskulturverwalter »nur« angeregt eine »Trennung zwischen der eigentlichen Gefallenenehrung und diesem Bildwerk vorzunehmen«. Die Kirchengemeinde erhob Einspruch, das Gemälde blieb hängen.

Wohl auch weil der 1928 verstorbene Max Kahlke wie seine Förderer die Weimarer Republik ablehnten und verachteten und Kahlkes Bruder Walter auch in seiner Eigenschaft als (wohl selbsternannter) Vorsitzender der Detlefsen-Gesellschaft dem Nationalsozialismus eng verbunden war.

Quellen: Vorträge der Detlefsen-Gesellschaft, Band 15, Hans-Peter Widderich »Max Kahlke« und Band 12, Elke Witt »Die Geschichte der ersten 50 Jahre der Detlefsen-Gesellschaft von 1921«.


Wir danken herzlich Ulf Evers für die geschichtspolitische Einordnung Max Kahlkes, für Hinweise zur Geschichte und zur Predigt unseres ehemaligen Landesbischofs Gerhard Ulrich, siehe unten.


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Für Deutschland gestorben

... Die Gedenkstätten sind ausnahmslos Ausdruck des Bedürfnisses, das Gedenken an den Tod der Soldaten zu sakralisieren, also zu etwas Heiligem zu stilisieren. In Form von Kreuzen, Säulen, Räumen der Stille oder Plastiken wird nicht der Tod, sondern der vorgebliche Sinn dieses Todes dargestellt ...
Die Sakralisierung schirmt die Gedenkorte auch gegen Widerspruch ab, denn wer würde in einem Raum der Stille oder vor einem Kreuz laut protestieren? Die Ent-Profanisierung beschützt den Tod der Soldaten besonders vor Ansprüchen der Überlebenden. Obwohl diese im Einsatz eine Gruppe bildeten, grenzen die Denkmäler die Toten von den Versehrten ab.

Nur wer starb, wird in Inschriften und auf Tafeln geehrt, wer überlebte nicht. ... Psychische Krankheiten, lebenslange körperliche Schäden, Schwierigkeiten bei der beruflichen Widereingliederung ließen sich mit der Sakralisierung des Gedenkens nicht in Einklang bringen.

Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat. Reinhart Koselleck meint dazu: »Gestorben wird alleine, zum Töten des Anderen gehören zwei. Die Fähigkeit des Menschen, seinesgleichen umzubringen, konstituiert vielleicht mehr noch menschliche Geschichte als seine Grundbestimmung, sterben zu müssen.«

• Zitate aus der Beitrag des Deutschlandfunks vom 18.11.2012 von Clemens Tangerding

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Der »Große Marienaltar« im schleswiger Dom

Aus der Predigt von Landesbischof Gerhard Ulrich am 16. Dezember 2012 im St. Petri-Dom zu Schleswig zu Jesaja 40, 1-11 in Verbindung mit Max Kahlke, Verkündigung an Maria, Großer Marienaltar (1927), Teil II bis IV:

»Sie haben in den Händen das Foto eines Gemäldes, das im Schleswiger Dom zu finden ist. Dort ist in einer der Seitenkapellen der ›Große Marienaltar‹ des Glückstädter Malers Max Kahlke zu sehen mit insgesamt fünf Bildtafeln aus dem Leben Jesu. Die linke Tafel des Marienaltars, den Kahlke im Jahr 1927 fertig gestellt hat – zeigt die wundersame Begegnung Marias – und Josephs! – mit dem Engel Gabriel.

Wenn ich das Bild betrachte, dann strahlt mir zunächst das warme Rot des Kleides der Maria entgegen – und ihr leuchtendes Gesicht, umgeben von dem hellen Lichtkranz, dem Nimbus. Die Energie des Lichts, das wie eine gleißende Flut vom Fenster rechts in die Szene hineinflutet, hat das Gesicht der Maria überhell zum Strahlen gebracht. Und diese Dynamik des Lichts ist es auch, die die Maria buchstäblich aus der Fassung gebracht hat – ›Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das?‹ So heißt es in der wundersamen Szene, wie sie der Evangelist Lukas im ersten Kapitel berichtet.

Der Schrecken scheint Maria ins Gesicht geschrieben: die Augen weit aufgerissen, die Arme hilflos geöffnet: wie geschieht mir? Und: Maria scheint den Halt verloren zu haben, ihre Füße sind weggerutscht, in’s Straucheln geraten die ganze Person, so dass anschaulich wird eine Geste stolzer Demut: Maria aber sprach: ›Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.‹

Ja, so kann es gehen, wenn Gott in’s Leben einfällt, wenn er aufsprengt Fenster und Türen, mit denen wir uns in unserem Leben allzu oft wohl verbarrikadiert haben auch gegen das, was uns von außen entgegenkommen könnte. Verschlossen der Raum unseres Innersten, verdunkelt, abgedichtet.

›O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für!‹ So ein adventlicher Schrei der Erwartung dringt nach außen, damit hereinfallen kann das göttliche Licht.

III
Liebe Schwestern und Brüder, das Licht, das da durch das offene Fenster flutet, es lässt ja nicht nur erstrahlen den offenen Schoß der Maria, deren Kleid Falten in Form eines Herzens wirft. Es flutet weiter hin zu uns, aus dem Bild heraus: das Dunkel wird hell; das Unsichtbare ahnbar. Die Figur der Maria – sie reflektiert nur den grellen Strahl, der aus der Höhe kommt, aus dem offenen Himmel einfällt und Strahlen sendet, die uns leiten und unseren Füßen eine Leuchte sein wollen. Wir Christen wissen: die Botschaft des Engels gilt eben nicht nur Maria, ist nicht nur ein Familienereignis, keine Geburtsankündigung wie die etwa, die wir dieser Tage aus England gehört haben. Die Mensch und Welt verwandelnde Botschaft des Engels erreicht auf den Wellen des Lichts auch mich und dich: Der da heranwächst, ›…wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.‹ Die Verheißung des Reiches Gottes, in dem Friede und Gerechtigkeit sich küssen, sie flutet auch mich und dich. Im göttlichen Licht sind sie wahr und wirklich und stark, die Ströme des lebendigen Wassers; ein Wolkenbruch des Glücks, eine Sintflut des Heils ist angekündigt und im Kommen: ›Ihr Wolken, brecht und regnet aus, den König über Jakobs Haus!‹

Für mich ist die Figur, die Max Kahlke da so im Grün der Hoffnung hinter Maria gemalt hat, Joseph. Auch er gehört zentral zu diesem Geschehen der Ankündigung, auch er ist in Hoffnung. Ich weiß wohl: Um das Geheimnis der Geburt Jesu aus der Jungfrau Maria abzusichern, hat die Bildtradition über Jahrhunderte den Joseph in der Regel ganz verschwinden lassen oder ihn aber irgendwo hin in’s Dunkle gestellt, in die Besenkammer des Hauses oder Stalles! Aber: Ich finde, es darf ruhig etwas mehr sein!

Denn eine Theologie, die meint, Gott eben damit größer machen zu sollen, dass sie den Menschen klein macht, Gott also auf Kosten der Menschen groß macht – eine solche Theologie ist eine Theologie der Angst und eine Theologie für Angsthasen! Also: Joseph ist hier voll im Bilde; er ist in Bewegung, die aus der Fassung geratene Maria aufzufangen – allerdings als einer, der ebenfalls von der Dynamik des Geschehens erfasst ist. Der Glanz im Gesicht der Maria spiegelt sich in seinem Gesicht – ja, das Rot seiner  Lippen korrespondiert mit den roten Lippen Marias und mit ihrem roten Kleid. Und seine übergroße Hand oben weist über die Begrenzung des Bildes hinaus – hin auf den, der da kommt.

 
SH Glueckstadt Kahlke Schleswig ganz web


Ausschnitte:

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1927 gemalt: ein blonder Christus in den Armen seiner Mutter


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Foto: Frank Vincentz / Wikimedia Commons

• Der Große Marienaltar im Schleswiger Dom St. Petri

IV
Liebe Schwestern und Brüder! Das Fenster der Hoffnung ist offen, das Licht flutet, Maria und Joseph erstrahlen darin, die Liebe lebt. Mit 36 Jahren ist Max Kahlke schwer gezeichnet von Verletzung und Krankheit, die er im Ersten Weltkrieg erlitten hatte, 1928 gestorben an Krebs. Der Erste Weltkrieg war für Kahlke ein Trauma, wie für so viele Menschen in Europa. Die ›Ur-Katastrophe des Jahrhunderts‹, sagen viele Historiker, in ihren schrecklichen Folgen eingegraben in das kulturelle Gedächtnis der Völker. Ein Selbstbildnis Kahlkes zeigt ihn  mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen, die unter einem Stahlhelm hervor blicken. Und in dem erschrocken-entsetzten Blick der Maria spiegelt sich dieser entsetzte Blick. Das Entsetzen über die Gewalt: der Krieg ist mein großer Lehrmeister, schreibt Kahlke einmal. Ein Lehrmeister des Grauens! Und er weiß: das Entsetzen schreit nach einem anderen Licht, von ganz woanders her. Es ist der Schrei nach Erlösung, den der Blick ruft.

Es gibt von ihm nur sehr wenige erhaltene Bilder. Seine Familie hat diese wenigen Bilder nach seinem Tod im nördlichen Schleswig-Holstein verteilt: außer in Glückstadt finden sich Bilder in Flensburg, im Landesmuseum Schloss Gottorf in Schleswig und eben dieser Altar im Dom zu Schleswig.  – Ab 1939 wurde versucht, diese auf Betreiben des nationalsozialistischen Landeskulturverwalters im Gau Schleswig-Holstein aus dem öffentlichen Raum zu entfernen – meist mit Erfolg. Entartete Kunst. Der vom Krieg zerfressene junge Mann hatte da ein Bekenntnis in seine Bilder eingemalt, das gefährlich war den Machthabern. Die vom göttlichen Licht umflutete Maria und ihr Mann Joseph hielten und halten nämlich weiter lebendig die umstürzlerische Hoffnung auf das Kommen dessen, der so wunderbar irritierende und motivierende Namen hat: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst. Es sei zu wenig ›Heroisches‹, zu wenig  ›Herrisches‹ in den Bildern Kahlkes, zu wenig die Kriegshelden Verehrendes, schreibt ein Nazi an die Gemeinde in Glückstadt und nach Flensburg.

Nur, wenn man den gewaltsamen Tod in seiner Grausamkeit wahrnehmen kann, seine zerstörerische Kraft mich ent–setzt: dann fängt man an, den Frieden zu entwickeln. Ein Nachhall des Propheten Jesaja wird laut: ›Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden!‹

Die Bilder Kahlkes stehen für dieses andere Heldentum, das Heldentum der phantasievollen Friedens-Macher, die Jesus in der Bergpredigt selig preist. Ein Held ist nicht, wer herrisch der Macht der Herren dient. Held ist, wer diese Macht überwindet: ›Ich will so nicht verteidigt werden, Herr Premierminister!‹ – so schrieb eine Israelitin auf Facebook, nachdem die ersten Raketen aus Gaza mit Raketen auf Gaza beantwortet worden waren vor ein paar Wochen. Wir wissen: es braucht einen, der anfängt aufzuhören mit der Gewalt, der Schloss und Riegel des Hasses durchbricht!

Das Bild Kahlkes zeigt ebenfalls: auch die plötzliche Begegnung mit Gott, mit der Macht des Heiligen, erschreckt uns. Das Licht bricht ein in geordnetes, absehbares Leben. Es haut uns von den Füßen. Der Unterschied: es bleibt finster nicht! Es wird Trost! Und allein halten wir der Kraft und Macht dieses Lichtes gar nicht stand – die Maria auf dem Bild schaut nicht hin zur Quelle des Lichtes, sie ist verwirrt. Es braucht den anderen, den liebenden, den lieben Menschen in unserer Nähe, der hilft, verweist, stützt. Schau hin. Nichts ist zu Ende. Alles fängt neu an – mit dem, der sagt: ich bin das Licht der Welt, das Licht des Lebens, nicht des Todes. Durch das Entsetzen hindurch wird Neues sichtbar. Ja: nur wenn wir die Schrecken der Kriege aushalten, sie anschauen, gibt es die Chance für den Frieden. Wenn wir hinschauen, die Realität benennen, ist Umkehr möglich. Ist Sehnsucht spürbar. Wird Platz für das Licht des Lebens und die Macht des Schalom.«

• Mit den Informationen zu Max Kahlke ist Gerhard Ulrich, so ist zu fürchten, den in Glückstadt gern weitergegebenen Erzählungen aufgesessen. Die Pieta sollte nie entfernt, sondern »nur« an anderer Stelle in der Kirche aufgehängt werden. Von der Zuordnung »entartete Kunst« kann also keine Rede sein. Das Bild erschien Kulturbeauftragten lediglich »zu demutsvoll«. Die ganze NS-Zeit über hielten führende Glückstädter Nationalsozialisten, zu denen auch sein durchaus gefürchteter Bruder gehörte, ihre Hand über das Werk Kahlkes und sorgten nach 1945 auch für das Entstehen der Legende von der »entarteten Kunst«. Kahlke selbst ist stramm nationalkonservativ gewesen und es ist zu befürchten, dass lediglich sein früher Tod ihn vor weiteren Verstrickungen schützte.

Predigt von Gerhard Ulrich in Verbindung mit Max Kahlke


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I N H A L T
Die Denkmalsanlage
Volkstrauertag 2019
Die Inschrift
Historische Fotos
Der 2. Stormarner Friedensstein
Remonte-Gut der Wehrmacht
In neun Wochen von Liesken nach Grabau
Der Gutshof Grabau

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Grabau, Kreis Stormarn

In der Rosenstraße gegenüber der Einfahrt zum Wirtschaftshof des Herrenhauses

Das Denkmal für die Toten beider Weltkriege steht auf einer Ecke der Abbiegung zur Dorfstraße in Grabau.

SH Grabau Strassen web2


Das Grundstück ist bis zum Denkmal fast vollständig gepflastert.

 

SH Grabau Denkmal web3


Die Anlage beschreibt annähernd einen Viertelkreis, der hinten von einer trutzigen Bruchsteinmauer und einer einheitlich hohen Hecke begrenzt wird.

SH Grabau Treppe web


Vom um eine Stufe erhöhten Platz führt eine abgerundete Treppe aus Quadersteinen zum zentralen Denkmalsstein.

SH Grabau Stein web2


Er ist aus hellgelbem Sandstein in Trapezform, flach und mit abgerundeten Kanten geschnitten. Er steht auf einem sargähnlichen Sockel hinter der Bruchsteinmauer, siehe Foto unten von 1955.

SH Grabau Spruch web3


Oben ist der heute schwer lesbare Sinnspruch eingemeißelt:

Den GEFALLENEN zum dank-
baren Gedächtnis, den Leben-
den zur Erinnerung, den kom-
menden Geschlechtern zur
Nacheiferung

Die Zeilen sollten geblockt sein, darum ergeben sich unschöne Silbentrennungen. Der Spruch ist dem auf dem »Nationaldenkmal für die Befreiungskriege« in Berlin nachempfunden. Er bezieht sich wie dort auf Gedanken zur Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft.

SH Grabau Kreuz web3


Darunter ist die Kontur eines Kreuzes innerhalb einer Kreisform geschnitten – es ist kein Totenkreuz, kein Eisernes Kreuz, eher erinnert es an ein keltisches Kreuz. Siehe dazu z.B. das Kriegerdenkmal in Röbel / Müritz:

Keltenkreuz in Röbel


Innerhalb der Kreuzfläche sind, je nach Kenntnis, Vor- und Familennamen (nur der Familienname in Großbuchstaben), Dienstgrad (vorangestellt) bzw. Regimentszugehörigkeit (nach dem Namen), Geburts- und Sterbetag und Sterbeort der sieben toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Grabau eingraviert.

Rechts und links an der Unterkante des Kreuzes stehen die Jahreszahlen des Krieges:

1914         1918

SH Grabau links web


An der nach 1960 eingezogenen, viertelrunden Bruchsteinmauer sind in Bronze groß die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs und die Buchstaben der dazugehörigen Widmung angebracht. Der Spruch ist in einer interessanten Mischung aus großen und kleinen Buchstaben gestaltet.

Auf der linken Seite:

1939 ALLen

SH Grabau rechts web


Auf der rechten Seite:

ToTEn 1945


Stephan Linck beschreibt den Spruch in seinem Grußwort zur Friedenssteinsetzung 2019 (siehe Kapitel weiter unten) so:

»Darunter steht das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg: ›1939 ALLEN TOTEN 1945‹. Den Zweiten Weltkrieg verarbeitete man anders. Keine Aufforderung zur Rache.

Stattdessen wird hier aller Toten gedacht. Das ist ungewöhnlich für die damalige Zeit, ich vermute es waren die ausgehenden 1950er, und ungewöhnlich für Kriegerdenkmäler. Hier wird nicht mehr nur an die gefallenen Soldaten – die eigenen Väter, Söhne, erinnert – sondern an alle Toten. Nicht nur der Soldaten, sondern auch der Opfer der Soldaten wird hier gedacht.«

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Volkstrauertag 2019

Von der Gemeinde Grabau wurde ein Kranz niedergelegt. Auf der Schleife steht: »Unseren Toten zum Gedenken«.

SH Grabau VTT2019 web

 

Dazu von uns noch einige Zeilen aus einem Gedicht von Georg Schwikart: 

... »Ein Mahnmal mahnt so wenig wie

ein Denkmal denkt und ein Grabmal gräbt

man wollte sie nicht vergessen, die Burschen

man wollte allerdings vergessen die Tränen

der Frauen, Geliebten, der Eltern, Geschwister
verdrängen das Ende: zerschossen, zerfetzt
verhungert, erfroren, von Krankheiten dahin-
gerafft. Neue Kriege, neue Tote, neue

Ehrenmale. Bis heute geht es weiter.«

Die Zeilen wurden am 25. Februar 2022 in diese Dokumentation eingefügt, einen Tag nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine.

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Die Inschrift

Den GEFALLENEN zum dank-
baren Gedächtnis, den Leben-
den zur Erinnerung, den kom-
menden Geschlechtern zur
Nacheiferung

Die ungewöhnlichen Worttrennungen dürfen uns nicht täuschen, diese Inschrift ist dem Dreiklang von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft des 1821 fertig gestellten »Nationaldenkmal für die Befreiungskriege« auf dem Kreuzberg in Berlin nachempfunden. In Auftrag gegeben wurde es von König Friedrich Wilhelm III., der Widmungstext wurde in unzähligen Varianten zum Vorbild für viele spätere Denkmäler:

»Der König dem Volke,
das auf seinen Ruf hochherzig
Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte.
Den Gefallenen zum Gedächtniß,
den Lebenden zur Anerkennung,
den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung«


»Den kommenden Geschlechtern zur Nacheiferung« war in der Zeit nach dem verlorenen 1. Weltkrieg die Aufforderung an die nachfolgende Generation den »aufgezwungenen Schmachfrieden von Versailles« wieder wett zu machen. Die Niederlage des Krieges samt der deutschen Gebietsverluste sollte rückgängig gemacht werden. Die Denkmalsstifter fordern mit diesen Inschriften zum neuen Waffengang auf. »Wir Toten fordern als unser Recht, die alte Treue vom neuen Geschlecht« so steht es noch drastischer auf dem Kieler Nordfriedhof und an zahlreichen anderen Orten, vielfach wurde der Spruch verkürzt auf die Formel »Treue um Treue«, wie in Kiel-Holtenau. Andernorts wurde offen die Revanche gefordert: »Möge aus ihren Gebeinen der Rächer erstehen« (Altenkirchen/Rügen) oder in Hörnerkirchen: »Wir sind die Saat, von Deutschland ausgesät / mit bebender Hand. / Wollt ernten ihr, so gebt euch hin wie wir / dem Vaterland.«


Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung werden die Parlamentsdebatten zum Versailler Vertrag beschrieben:

»In den folgenden Jahren nutzten fast ausschließlich NSDAP-Abgeordnete, wie Franz Stöhr, Wilhelm Kube und Gregor Strasser, den Begriff ›Schmachfrieden‹ und instrumentalisierten den Versailler Vertrag, um gegen die Republik und die Demokraten zu agitieren. Der Sozialdemokrat Kurt Löwenstein brachte es im Juni 1925 auf den Punkt: ›Die Herren von rechts (…) wollen (…) auf den Krücken des ›Schmachfriedens von Versailles‹ die schwärmerische Jugend im Geiste der Revanche erziehen und durchbilden.‹«

Link zum Beitrag auf bpb.de

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Historische Fotos


SH Grabau 1955 StA web


Eine Postkarte aus dem Jahr 1955

SH Grabau 1955 StA Ausschnitt web


Im Ausschnitt sehen wir, dass der Denkmalsplatz damals noch mit einem Gitter eingezäunt war. 10 Jahre nach Kriegsende fehlte noch die Widmung zum 2. Weltkrieg. Das erfahren wir auch aus der Grabauer Chronik. Dort wird von einem Treffen der 42 Mitglieder zählenden Reichsbund-Ortsgruppe am 21. März 1960 berichtet: »In der Versammlung wurde bedauert, daß die Ehrenmalanlage noch immer nicht neu gestaltet ist.«

SH Grabau Raimund Marfels 1965 web


1965: Die massive Bruchsteinmauer ist gebaut worden. Nun konnte unter dem Denkmalsstein auch der 2. Weltkrieg bedacht werden. Jetzt war die Zeit da für die Formulierung »Allen Toten«.

SH Grabau StA 1998 web2

1998: Der mannshohe Denkmalsstein wird restauriert.


Fotos: Kreisarchiv Stormarn, Lizenz 4.0 international


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Der 2. Stormarner Friedensstein

Der »Stein des Anstoßes« war am 13. April 2019 die Aktion zum 130. Firmenjubiläum des Waffen- und Munitionherstellers Rheinmetall in Trittau. Die Friedenssteinsetzungen begannen am 1. September 2019 in Bad Oldeslohe. 

Vor dem Denkmal in Grabau wurde am 10. September 2019 der 2. Friedensstein im Kreis Stormarn von Bildhauer Axel Richter einbetoniert. Er hat die 55 Friedensteine hergestellt.

SH Grabau Friedensstein Axel web


»Grenzsteine dienten ursprünglich dazu, geheiligte Friedensbereiche zu markieren. Unter der Standfläche der Stormarner Friedenssteine mit dem Schwanenmotiv ist jeweils ein goldener Hohlraum eingearbeitet, in dem Friedensbotschaften und Bezeugungen hinterlassen werden.

Die Steine sind als Vernetzungsprojekt gedacht. Mit dem Setzen der 55 Friedenssteine sollen die Stormarner Städte und Gemeinden zu einem friedensbezogenen Netzwerk zusammenwachsen.

Stormarner Bürger haben bereits zahlreiche Botschaften aufgeschrieben, die in den Gemeinden, welche bereits ihren Friedensstein gesetzt haben, einbetoniert sind.« So steht es auf der Website der Gruppe 9. November.

Die jeweiligen Botschaften, interessante Redebeiträge und Fotos über jede Friedenssteinsetzung können Sie auf der Website lesen.

Website Gruppe 9. November – Friedenssteine


Die Friedensbotschaft in Grabau lautet:

»Nie wieder Gewalt gegen Menschen«


SH Grabau Pastor Paar web

Grußwort von Pastor Steffen Paar:

Sehr geehrte Anwesende,
herzlich grüße ich Sie im Namen von Pastor Steffen Paar aus Sülfeld, er ist heute verhindert. Herzlich grüßt auch der Kirchengemeinderat aus Sülfeld. Ich bin Diakon Jens Gröftholdt-Kiefer. Pastor Paars Grußwort möchte ich nun verlesen:

Wir treffen uns hier am Abend vor dem 11. September. Ein Datum, das für immer mit den Anschlägen in New York verbunden sein wird. Wie ein unsichtbarer Stolperstein im Terminkalender und im Jahreslauf.

Nicht anders, wenn auch weniger präsent, der 1. September. In diesem Jahr jährt sich zum 80. Mal der Beginn des Zweiten Weltkrieges. Heute nun wird der zweite Stormarner Friedensstein gesetzt. Er gruppiert sich hier zum Kriegerdenkmal.

Steine haben in der Tat beide Blickrichtungen. Als Stolpersteine unterbrechen sie unseren Gang und unseren Weg. Erinnerung als Weg in die Zukunft. Damit es nie wieder Krieg gibt. Damit scheinbar vernünftige Sätze als das entlarvt werden, was sie sind: Plumpe Lügen, Populismus und rechte Hetze.

Zum anderen können Steine Trittsteine werden. Die gebraucht werden, um sicheren Fußes neue und weitere Wege zu erreichen. Aus Grenzsteinen wurden Friedenssteine. Statt Abgrenzen und Ausgrenzen Einladung und Offenheit. Raum für Begegnung.

Dieser Stein fragt: Wohin führt Dein Weg? Was ist Dein Beitrag zum Frieden?

Ein Schwan ziert den Stein. Der Schwan war auch das Attribut von Luther. Der Legende nach soll der Reformator Jan Hus bei seiner Verbrennung gesagt haben: Heute bratet ihr eine Gans, aber in hundert Jahren wird aus der Asche ein Schwan auferstehen. Später wurde dies auf Luther gedeutet, der 100 Jahre nach Hus als Reformator aktiv wurde.

Der Frieden hat es nicht leicht. Die, die sich für ihn und die Mitmenschlichkeit einsetzen, müssen stark bleiben gegen wirtschaftliche Interessen, Bequemlichkeit, Nationalismus. Mag sein, dass unsere Bemühungen nicht immer fruchten, aber sie werden ein Teil eines größeren sein. Bleiben wir sie nicht schuldig. Aus ihnen mag sich der Frieden erheben wie ein Schwan. Strahlend weiß.

Jesus sagt: Selig sind die, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Ich danke Ihnen


SH Grabau Linck2

Grußwort von Dr. Stephan Linck, Evangelische Akademie der Nordkirche:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin in der Nordkirche zuständig für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit. Da zählt es zu meinen Aufgaben, mich mit den steinernen Hinterlassenschaften vorheriger Generationen zu beschäftigen.

Wie verarbeiteten sie ihr Handeln? Was wollten sie nachfolgenden Generationen mitteilen?

Wir stehen hier vor Ehrenmal in Grabau, wo sich diese Fragen gut beantworten lassen. Da haben wir das Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Söhne Grabaus aus den 1920er Jahren. Es ist schwer zu lesen, aber über den Namen steht: »Den Gefallenen zum dankbaren Gedächtnis, den Lebenden zur Erinnerung, den kommenden Geschlechtern zur Nacheiferung.«

Zur Nacheiferung? Ja, hier steht, dass die Nachkommen wieder einen Krieg anfangen sollen. So wurde oft der Erste Weltkrieg verarbeitet: Es wurde um die Toten getrauert und es wurde zur Revanche für die Niederlage aufgefordert.

Darunter steht das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg: »1939 ALLEN TOTEN 1945«. Den Zweiten Weltkrieg verarbeitete man anders. Keine Aufforderung zur Rache.

Stattdessen wird hier aller Toten gedacht. Das ist ungewöhnlich für die damalige Zeit, ich vermute es waren die ausgehenden 1950er, und ungewöhnlich für Kriegerdenkmäler. Hier wird nicht mehr nur an die gefallenen Soldaten – die eigenen Väter, Söhne, erinnert – sondern an alle Toten. Nicht nur der Soldaten, sondern auch der Opfer der Soldaten wird hier gedacht.

Und heute kommt eine Stele hinzu. Viel kleiner, fast unauffällig. Und eine ganz andere Botschaft. Eine neue Botschaft an die nachfolgenden Generationen.

Vielen Dank, dass ich mich an dieser Feier beteiligen durfte.

 

SH Grabau Setzung Gong web


Der Friedensstein ist vorbereitet, ein Gongschlag begleitet die Aktion


Weitere Ansprachen wurden gehalten von Bürgermeister Joachim Wendt und Ilse M. Siebel, Mitglied der Gruppe 9. November.

 

... und weil die Friedensbotschaften nun verborgen sind, hat die Gruppe 9. November am 9. November 2022 an allen bisherigen Standorten neben den Steinen eine Informationstafel mit QR-Code installiert, entsprechend der Tafel auf dem Bild unten für Bargfeld-Stegen. So können alle zukünftigen Besucher:innen die Geschichte der Stormarner Friedenssteine und die Friedensbotschaften in »ihrem« Stein kennenlernen.

SH Bargfeld Stegen QR Code web


1918, 1938, 1989: Der 9. November gilt als »Schicksalstag« in der deutschen Geschichte. Er markiert den Beginn der ersten deutschen Republik, die Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung und den Fall der Berliner Mauer. Jedes Jahr fallen an diesem Tag Feier- und Gedenkstunde zusammen.

Der 9. November auf bpb.de

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Remonte-Gut der Wehrmacht

Der Margarinefabrikant Friedrich Bölck, seit 1932 Besitzer des Gutes, verkaufte es 1936 an die Wehrmacht. Das Herrenhaus beherbergte die militärische Verwaltung, Offiziere und später auch polnische Remontewärter. Grabau war nun ab 1936 ein Heeresremonteamt. Während dieser Zeit ging der letzte Glanz des »Schlosses«, wie es Grabau genannt wurde, verloren. In den strengen Wintern 1941 und 1942 erfroren die Rosen im Rondell vor dem Haus. Es wurde eingeebnet und fortan als Reitplatz genutzt.

Für die bis zu 1000 »Remonten« wurden neue Gebäude gebaut. Was sind Remonten?

»Im militärischen Bereich (Deutschland, vor allem 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts) verstand man unter Remonten drei- und vierjährige Pferde. Sie wurden für die jährlich ausgemusterten Pferde benötigt, z. B. um 1900 bei einem Bestand des kaiserlichen Heeres von 98.000 Pferden 11.000 Remonten. Das preußische Militär kaufte sie vor allem in Ost- und Westpreußen, dem bis um 1945 größten geschlossenen Pferdezuchtgebiet der Welt, in dem z. B. das Hauptgestüt Trakehnen lag; [...]

Die Vierjährigen kamen in der Regel gleich in die Truppe. Die Dreijährigen wurden ein Jahr in ein Remonte-Depot eingestallt. Preußen hatte über 20 Depots, Sachsen vier. Hier reiften unter straffer täglicher Bewegung in allen Gangarten Anatomie und Pferdepsyche, wobei noch nicht geritten wurde. Die Tiere gewöhnten sich an Stallkasernen und Militärumgebung wie Schüsse, Pauken und Fahnen. Danach hatten sie als Zugpferde bei der Artillerie und im Transportdienst (Train) neun Jahre, als Reitpferde bei den berittenen Truppen und Stäben zehn Jahre vor sich. Im ersten Truppenjahr mit Ausbildung galten sie noch als Remonten.

Weil Pferde bedeutend für den Transport von Soldaten und Kanonen waren, galt die Pferdeausfuhr als Waffenexport.«

Wikipedia, abgerufen am 26. Februar 2022

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In neun wochen von Liesken nach Grabau

Anfang 1945: Alle Einwohner des Heeresremonte-Amtes Liesken in Ostpreußen machten sich mit einem langen Treck über das Haff auf den Weg nach Stormarn – mitsamt seinen Pferden und Mitarbeitern einschließlich deren Familien nach Grabau. 320 Flüchtlinge wurden damals aufgenommen.

Zitat aus »Blick in die Vergangenheit«, Beiträge zur Dorfchronik Grabau, 1994:

»31. 1. 1958  Der vierteljährlich einmal stattfindende Heimatabend in der Schule war diesmal auf den 28. 1. gelegt worden. Er galt dem Gedenken an den Tag vor 13 Jahren, an dem sich der Flüchtlingstreck mit den Angehörigen des Remontegutes Liesken / Kreis Bartenstein in Ostpreußen in Bewegung gesetzt hatte. In Grabau hatte damals die Fahrt nach entbehrungsreichen Wochen ihr Ende. Hier fand fast geschlossen die Bevölkerung von Liesken eine Heimat. Zum Heimatabend fanden sich außer Heimatvertriebenen zahlreiche alte Dorfbewohner in der Schule ein. Der Raum konnte nicht alle fassen, und manche Besucher mußten enttäuscht umkehren. Hauptlehrer Benecken rief die Erinnerung an Ostpreußen und das Schicksal seiner Menschen wach. Kreisgeschäftsführer Schildmann vom Landesverband der Vertriebenen führte Tonfilme vor. Besonders schön war der Film über die Kurische Nehrung.«

1995 – zum 50. Jahrestag der Ankunft in Stormarn spielten die Grabauer den Flüchtlingstreck aus Liesken nach.


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Der Gutshof Grabau

Grabau verfügte als einstiger Meierhof des adeligen Guts Borstel bis 1906 lediglich über ein bescheidenes Wohngebäude.

Was ist ein Meierhof? Ingo Bubert, Verfasser vieler Dorfchroniken, sagt uns die Antwort: »Er entsteht, indem von der gesamten Bodenfläche eines Gutes ein Teil abgetrennt und auf dieser Teilfläche ein zweiter Hof erbaut wird. Dadurch gibt es jetzt zwei Höfe, den Haupthof und den neu gebildeten Nebenhof oder Meierhof. An die Spitze dieses Nebenhofes wurde ein ›maior domus‹ gesetzt, ein ›Vorsteher der Dienerschaft eines Hauses‹. Erfinder dieses Amtes ist Kaiser Karl der Große, der überall in seinem großen Reich Königsgüter besaß, die er von einem ›maior domus‹ oder ›Hausmeier‹ verwalten ließ. Das Wort ›domus‹ (Haus) ist später weggelassen worden und das ›o‹ in ›maior‹ ist zu einem ›e‹ geworden. In dem Titel eines höheren Offiziers, nämlich eines ›Majors‹, hat sich das ›o‹ sogar noch erhalten.

Auf einem Meierhof wurde in erster Linie Milchwirtschaft betrieben. Daher nennt man dann einen Milchverarbeitenden Betrieb eine ›Meierei‹. Dieses Wort hat in Norddeutschland den älteren Begriff ›Molkerei‹ verdrängt.«

 
Von 1906 bis 1908 wurde dann im Autrag des neuen Besitzers das heutige, repräsentative Herrenhaus vom Berliner Architekten Hermann Werle gebaut.

SH Grabau Kreis Stormarn Herrenhaus 2009 Nightshift Wikimedia Commons webFoto: Niteshift / Wikimedia Commons, CC BY-3.0 SA DE


Es steht abseits des ursprünglichen Wirtschaftshofs in einer nach englischen Vorbildern gestalteten Parkanlage und bildet mit seinem Stilkonglomerat eine Ausnahmeerscheinung in der Architektur Schleswig-Holsteins.

Herrenhaus Grabau bei Wikipedia
Geschichte des Baus mit historischen Fotografien


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I N H A L T
Das Denkmal
Der Soldatenfriedhof
»Treue um Treue«
»Deutsch sein heißt treu sein!«
Treue in der NS-Zeit
Der Treueeid der Soldaten
Das Eiserne Kreuz
Antreten zum Volkstrauertag
Begräbnisstätte Cap Arcona

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Grömitz, Kreis Ostholstein

Auf dem Friedhof Fischerkamp / Voßberg

Das Kriegerdenkmal, ursprünglich für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs erbaut, wurde später mit den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs ergänzt. Heute ist es der Mittelpunkt einer weiträumigen Anlage mit Gräbern von toten Soldaten aus dem 2. Weltkrieg.

SH Groemitz Kreuze weit web


Der Friedhof gehört zur Kirchengemeinde St. Nicolai. Auf quadratischer Grundfläche ist das Monument vierstufig angelegt, die größte Stufe trägt die Schriftsteine. Die aus bunten Bruchsteinen gemauerten Stufen schließen oben mit überkragenden Steinplatten ab.


SH Groemitz Denkmal web


Vor dem Denkmal ist an jeder Seite ein Fahnenmast aufgestellt.

SH Groemitz Denkmal EK web


Aufgesetzt ist ein dreidimensionales Eisernes Kreuz aus Stein, es trägt die Jahreszahlen:

1914 - 18
1939 - 45 (1953 nachträglich in den Sockel gemeißelt)

Die militärische Ehrung »Eisernes Kreuz« wird den toten Soldaten posthum und kollektiv verliehen. Nach Meinung der Denkmalsinitiatoren hat der Kriegstod die Treue und Tapferkeit der toten Soldaten bewiesen, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält das Eiserne Kreuz nicht ohne »Leistungsnachweis«.

 

SH Groemitz Schrift web


Die Inschrift auf der Frontseite lautet:
Treue um Treue

Nach dem 1. Weltkrieg kann man dieser Anspruch durchaus auch als revanchistische Aufforderung an die nachfolgende Generation gelesen werden, den Kampf wieder aufzunehmen. Lesen Sie mehr über die Situation nach Kriegsende auf der Website des Deutschen Historischen Museums in Berlin »Lebendiges Museum Online« (LeMO):

Der Versailler Vertrag auf LeMO

Die »Dolchstoßlegende« auf LeMO

 

SH Groemitz Schrift2 web

Auf der Rückseite lesen wir:

Unseren Helden
gewidmet

Die Heimatgemeinde.


Obwohl der 1. Weltkrieg so viele Menschenleben forderte und der Krieg verloren wurde, wird der Kriegstod in den Inschriften fast aller Kriegerdenkmäler als sinnvoll interpretiert, für den man den Soldaten danken muss. Vier Jahre waren die Soldaten bei zunehmender Technisierung des Krieges vor allem für das maschinelle Töten zuständig. Soldaten beider Seiten harrten im Schlamm in den Schützengräben aus und mussten den Tod als etwas jederzeit Mögliches, Alltägliches hinnehmen. Das thematisiert die Inschrift nicht – im Gegenteil: sie glorifiziert den heldenhaften Kampf.

»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden« stellt Kerstin Klingel in »Eichenkranz und Dornenkrone« fest. »Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.« (Kurt Tucholsky)

SH Groemitz Denkmal seitlich web2


Im Hintergrund sehen wir schon einige Kreuze des Soldatenfriedhofs.

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Der Soldatenfriedhof

Der erste Teil der Grabanlage von insgesamt 130 Soldaten des 2. Weltkriegs ist von einer Eibenhecke umgeben.

SH Groemitz Kreuze links vorne web


Die Kreuze stehen rechts und links in zwei Reihen Spalier.


SH Groemitz Kreuze rechts vorne web


Auf dem breiten Weg zum Denkmal schreiten wir sie ab. Hier bleibt der Soldat auch nach dem Tod Soldat, begraben in Reih und Glied. Für individuelle Schicksale ist kein Platz.

Ursprünglich standen auf dem Soldatenfriedhof Holzkreuze, die in späteren Jahren immer maroder wurden. Die poltische Gemeinde Grömitz, die nach einigen Querelen mit der Kirchengemeinde die Pflege des Soldatenfriedhofs übernommen hatte, ließ sie 1963 durch Steinkreuze ersetzen.

Im Sitzungsprotokoll des Kirchenvorstands vom 15. Februar 1963 steht: »Die Kommunalgemeinde möchte an Stelle der immer mehr dem Verfall anheim fallenden Holz­kreuze auf dem Ehrenfriedhof Steinkreuze in der Größe 70 x 55 cm in der Form des Eisernen Kreuzes aufstellen. Es handelt sich um Presssteine aus 60 % gemahlenem Muschelkalk mit Quarzsand vermischt. Die Fundamentierung soll mit Dübeln versehen werden. Der KV. genehmigt nach Besichtigung eines Mustersteines die Aufstellung.«


SH Groemitz Kreuze Oberst web


Der hintere größere Teil des Soldatenfriedhofs geht über in den zivilen Friedhof der Kirchengemeinde. Auf zwei Kreuzen ist nur ein Toter angegeben, auf 64 Kreuzen je zwei. Von den 130 Toten sind zwei als »unbekannt« beerdigt worden.

SH Groemitz Kreuze Rottwachtmeister web


Auf diesem Grabkreuz sieht man das Muster: Mittig gesetzt sind Dienstgrad, Vor- und Familiennamen und die Lebensdaten der Toten. Es fällt auf, dass nur sechs Soldaten in den letzten Kriegmonaten gestorben sind. 124 nach dem Krieg, die meisten 1945/46, wenige noch 1947/48. Wie können wir uns das erklären?

In den Ostseebädern an der Lübecker Bucht waren in vielen Hotels Lazarette eingerichtet worden. Manche wurden sogar mit ihrem alten Hotelnamen bezeichnet, zum Beispiel das »Hilfs­krankenhaus Miramar in Grömitz«. Die Soldaten, die hier an ihren Verletzungen starben, wurden in den jeweiligen Gemeinden beerdigt. In Grömitz auf dem »Ehrenfriedhof«, in dessen Mitte das »Ehrenmal« zum 1. Weltkrieg steht.

Vom einfachen Soldaten über den Rottwachtmeister bis zum Oberst sind alle Dienstgrade vertreten, denn die Wehrmachtssoldaten wurden erst am 21. März 1946 aus ihrem Dienst entlassen.


Wissenswert: Zwei britische Sperrgebiete dienten nach dem 2. Weltkrieg in Schleswig-Holstein der Internierung von Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS.

Mit der Teilkapitulation im Nordwesten am 4. Mai 1945 endeten in Norddeutschland alle Kampfhandlungen. In Norddeutschland, in den Niederlanden und in Dänemark gerieten fast zwei Millionen deutsche Soldaten in britischen Gewahrsam. Getragen wurden weiterhin die alten Uniformen mit Rangabzeichen, Orden und Ehrenzeichen. Lediglich die Hakenkreuze mussten entfernt werden. Es galt militärische Grußpflicht. Die Soldaten unterlagen deutscher Disziplinargewalt und erhielten Wehrsold.

Für sie wurden vier Auffangräume eingerichtet. Zwei davon in Schleswig-Holstein:

– Das Internierungsgebiet G umfasste den Kreis Eiderstedt, den Kreis Norderdithmarschen und den Kreis Süderdithmarschen. Nach der Entlassung von 410.000 Kriegsgefangenen wurde der Internierungsraum Dithmarschen–Eiderstedt am 12. Oktober 1945 aufgelöst.

– Das Internierungsgebiet F war Ostholstein ohne Fehmarn. Nach der Entlassung von 570.000 Kriegsgefangenen wurde das Sperrgebiet am 21. März 1946 aufgelöst.

Nach Wikipedia, abgerufen am 5. Mai 2021

Mehr dazu auf Wikipedia

 

Darum sind die Soldaten nach dem 21. März 1946 ohne Dienstgrad begraben worden.


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»Treue um Treue«

Erlass von Heeresinspekteur Bruno Kasdorf vom 6. Mai 2014, in Kraft gesetzt am 20. Mai: »Im Verantwortungsbereich der DSK [Division Schnelle Kräfte] wird der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ zur Ehrung für die gefallenen Bundeswehrsoldaten vom ›Karfreitagsgefecht‹ des 02. April 2010 innerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr genutzt. Darüber hinaus findet der Wahlspruch u.a. in Dienstgebäuden oder auch auf diversen Trinkbechern in Form einer Gravur Verwendung.

In Anlehnung an die Weisung FüSK II 4 [Abteilung Führung Streitkräfte im Verteidigungsministerium] und als Ergebnis der durch den InspH [Inspekteur des Heeres] beauftragten Untersuchung des Wahlspruches durch bundeswehreigene und externe Institutionen wird festgestellt, dass der Ausdruck nicht geeignet ist, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen und in diesem Zusammenhang Treuepflicht zu symbolisieren.
In heutiger Wahrnehmung und in der Geschichte deutscher Streitkräfte ist der Wahlspruch im Wesentlichen durch die Verwendung als Motto der Fallschirmjägertruppe der Wehrmacht geprägt worden und mit dieser verbunden.

Es ist davon auszugehen, dass seine Verwendung in der Bundeswehr und insbesondere bei den Fallschirmjägern in der öffentlichen Wahrnehmung auch als Bekenntnis zu einer Traditionslinie Wehrmacht – Bundeswehr aufgefasst wird.

Mit Entscheidung InspH vom 06. Mai 2014 wird die Nutzung des Wahlspruches ›Treue um Treue‹ für das Deutsche Heer im dienstlichen Umfeld in jeglicher Form verboten.«

Die im Erlass genannte Weisung aus dem Ministerium, datiert vom 26. Februar 2013, verbietet ausdrücklich diesen Spruch für die Gedenktafeln für gefallene Bundeswehrsoldaten:
»Im Einsatzgebiet AFG enthalten zwei Gedenktafeln für Gefallene der Bundeswehr die Inschrift ›Treue um Treue‹. (…) Hierzu ist festzustellen: Die Inschriften sind nicht geeignet, Traditionen der Bundeswehr zu pflegen oder die den Soldaten der Bundeswehr abverlangte Tapferkeit und Treuepflicht zu symbolisieren. Vielmehr ist absehbar, dass die Inschriften zu Missverständnissen führen können, die einem würdigen Gedenken an die Gefallenen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abträglich sind.

Der Wahlspruch ›Treue um Treue‹ ist daher auf Gedenktafeln für die Gefallenen der Bundeswehr nicht zu verwenden.«

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»Deutsch sein heisst treu sein!«

Das ist ein Motto aus der rigiden Untertanenerziehung der wilhelminischen Kaiserzeit. In Kriegszeiten verstärkte sich seine Bedeutung. Hartmut Häger beschreibt den Treuebegriff: »Das ›Vaterland‹ forderte bedingungslose Treue und ließ keine Frage nach der Rechtmäßigkeit des Krieges, der Befehlshaber und der Befehle zu. Die absolute Treue wiegt die Schmach der Niederlage auf – man ist wenigstens treu geblieben, dem Eid, dem Vaterland, einer Idee, sich selbst – wem oder was auch immer.«

Die Nationalsozialisten haben die Treue dann zu einem feststehenden Merkmal deutscher Identität erkoren. Mit der Indoktrination der Jugend fing es an:

 

SH Nahe Maedel web2

    

Für die weibliche Jugend beim Bund Deutscher Mädels genauso wie ...

 

SH Nahe Hitlerjunge web2   

... für die Jungs der Hitlerjugend. Die sollten allerdings auch stark sein!


»Treue« war dann innerhalb der Nazi-Ideologie ein widerspruchsloser Gehorsam. Durch die Gleichsetzung der Begriffe »Treue« und »Ehre« wurde ein Treuebruch zu einem Ehrverlust. Der Begriff »Ehre« verlor dadurch seinen traditionellen moralischen Inhalt. Denn die Ehre eines Soldaten etwa, der sich aus Ehrgefühl weigern könnte, an einem Kriegsverbrechen teilzunehmen, spielte im Ehrbegriff keine Rolle mehr. Es zählte allein der blinde Gehorsam.

Die Projektion auf den Führer hin war notwendig, um den bedingungslosen Gehorsam auch bei verbrecherischen Befehlen zu erreichen. Dies konnte man nicht durch ein Gesetz erzwingen. Es bedurfte der Freiwilligkeit des Soldaten, die durch Umdeutung traditioneller Ideale erreicht wurde.

nach Wikipedia, abgerufen am 16.2.2014


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Auf Websites mit Nazi-Devotionalien von und für Rechtsextremisten findet man ein reichhaltiges Angebot mit dem Treue-um-Treue-Spruch: T-Shirts, Poster etc.

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Treue in der NS-Zeit

Traditionelle Tugendbegriffe wie »Ehre« und »Treue« oder auch »Kameradschaft«, »Gehorsam« usw. waren in der Sprache der SS-Ideologie reichlich enthalten. Jedoch hat die SS durch einen spezifisch nationalsozialistischen Gebrauch diesen Wörtern ihren eigenen Sinn verliehen. So war der Begriff »Treue« allein auf die Person Adolf Hitlers ausgerichtet. Dies drückte sich unter anderem im Eid der SS-Männer aus:

»Wir schwören Dir, Adolf Hitler (…) Treue und Tapferkeit. Wir geloben Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod« […]

»Treue« war innerhalb der SS-Ideologie ein widerspruchsloser Gehorsam. Durch die Gleichsetzung der Begriffe »Treue« und »Ehre« wurde ein Treuebruch zu einem Ehrverlust. Der Begriff »Ehre« verlor dadurch seinen traditionellen moralischen Inhalt. Denn die Ehre eines Soldaten etwa, der sich aus Ehrgefühl weigern könnte, an einem Kriegsverbrechen teilzunehmen, spielte im Ehrbegriff der SS keine Rolle mehr. Es zählte allein der blinde Gehorsam.
Die Projektion der Tugendbegriffe auf den Führer hin war notwendig, um den bedingungslosen Gehorsam auch bei verbrecherischen Befehlen zu erreichen. Dies konnte man nicht durch ein Gesetz erzwingen. Es bedurfte der Freiwilligkeit des Soldaten, die durch Umdeutung traditioneller Tugendideale erreicht wurde.

• Nach Wikipedia, abgerufen am 12. Oktober 2016

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Der Treueeid der Soldaten

Das Versprechen »Treue um Treue« auf dem Kriegerdenkmal in Grömitz.

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Hartmut Häger hat in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« die Formeln des Fahneneids von 1914 bis heute zusammengestellt:

»Preußische Armee
›Ich (Vor- und Zuname) schwöre zu Gott dem Allwissenden und Allmächtigen einen leiblichen Eid, daß ich seiner Majestät dem König der Preußen Wilhelm II., meinem allergnädigsten Landesherren, in allen und jeden Vorfällen, zu Land und zu Wasser, in Kriegs- und Friedenszeiten und an welchen Orten es immer sei, getreu und redlich dienen, Allerhöchstdero Nutzen und Bestes befördern, Schaden und Nachteil aber abwenden, die mir vorgelesenen Kriegsartikel und die mir erteilten Vorschriften und Befehle genau befolgen und mich so betragen will, wie es einem rechtschaffenen, unverzagten, pflicht- und ehrliebenden Soldaten eignet und gebühret. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum und sein heiliges Evangelium!‹
(Jüdische Soldaten: ›So wahr mir Gott helfe!‹)

Reichswehr
›Ich schwöre Treue der Reichsverfassung und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Deutsche Reich und seine gesetzmäßigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und meinen Vorgesetzten Gehorsam leisten will‹ (bis 2. August 1934)

Wehrmacht
›Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des deutschen heiligen Reiches, Adolf Hitler, dem Obersten Befehlshaber der Wehrmacht, unbedingt Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.‹ (ab 2. August 1934)

Bundeswehr
›Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.‹

Nationale Volksarmee
›Ich schwöre: Der Deutschen Demokratischen Republik, meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen und sie auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jeden Feind zu schützen.
Ich schwöre: An der Seite der Sowjetarmee und der Armeen der mit uns verbündeten sozialistischen Länder als Soldat der Nationalen Volksarmee jederzeit bereit zu sein, den Sozialismus gegen alle Feinde zu verteidigen und mein Leben zur Erringung des Sieges einzusetzen.
Ich schwöre: Ein ehrlicher, tapferer, disziplinierter und wachsamer Soldat zu sein, den militärischen Vorgesetzten unbedingten Gehorsam zu leisten, die Befehle mit aller Entschlossenheit zu erfüllen und die militärischen und staatlichen Geheimnisse immer streng zu wahren.
Ich schwöre: Die militärischen Kenntnisse gewissenhaft zu erwerben, die militärischen Vorschriften zu erfüllen und immer und überall die Ehre unserer Republik und ihrer Nationalen Volksarmee zu wahren.
Sollte ich jemals diesen meinen feierlichen Fahneneid verletzen, so möge mich die harte Strafe der Gesetze unserer Republik und die Verachtung des werktätigen Volkes treffen.‹«


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5. Juni 2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Antreten zum Volkstrauertag

Seit vielen Jahren lädt der Bürgermeister der Gemeinde Grömitz mit dieser Formulierung die Bürger zur Gedenkveranstaltung ein:

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Begräbnisstätte Cap Arcona

Wenn man vom Friedhof aus den Kirchberg hochgeht, kommt man am 2009 erbauten Haus »Nicolaiblick« mit Aussegnungshalle und kurz dahinter an der Begräbnisstätte Cap Arcona vorbei.

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Die Begräbnisstätte von Opfern der Cap Arcona-Tragödie am 3. Mai 1945 mit der St. Nicolaikirche im Hintergrund.


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Die Anlage wird in nächster Zeit umgestaltet, gegenwärtig ist es ein Kiesplatz mit immergrüner Bepflanzung.

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In der Mitte eine Stele mit der Widmung:

DEN
OPFERN
DER
CAP ARCONA

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In der rechten Ecke der Kiesfläche ist eine Bodenplatte eingelassen:

IN DIESER GEDENKSTÄTTE RUHEN
91 NAMENLOSE OPFER DER CAP
ARCONA-TRAGÖDIE BEI DER AM
3. MAI 1945 ÜBER 7000 MENSCHEN
DEN TOD FANDEN, ALS DIE 3 SCHIFFE
»CAP ARCONA« »DEUTSCHLAND« UND
»THIELBECK« MIT HÄFTLINGEN
AUS DEM KONZENTRATIONS-LAGER
NEUENGAMME VON BRITISCHEN
BOMBEN IN DER NEUSTÄDTER BUCHT
VERSENKT WURDEN.

 

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Der Blick von der St. Nicolai-Kirche zum Begräbnisplatz Cap Arcona und zum Haus »Nicolaiblick«.


Cap Arcona

Der Rückzug der deutschen Truppen führte ab Sommer 1944 dazu, dass die in Frontnähe geratenen Konzentrationslager mit ihren zahlreichen Außenlagern aufgelöst und geräumt wurden. Mit der Räumung der Lager von Auschwitz im Januar 1945 begannen die »Todesmärsche« der Gefangenen. Beim Herannahen der Roten Armee beziehungsweise der westalliierten Truppen wurden sie auf »Todesmärsche« gezwungen oder mit Eisenbahnzügen – oftmals in offenen Güterwagen – abtransportiert. Zuletzt wurden vom KZ Neuengamme bei Hamburg aus Mitte April 1945 mehr als 10.000 Gefangene von der SS nach Lübeck gebracht. Dort wurden sie auf drei Frachtschiffe verladen, auch das Kreuzfahrtschiff »Cap Arcona« nahm mehrere tausend auf. Die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal, viele verhungerten und verdursteten.

Am 3. Mai griffen britische Flugzeuge die Schiffe an, die sie für deutsche Truppentransporter hielten. Auch die »Cap Arcona« geriet in Brand und kenterte. Die Gefangenen hatten kaum eine Chance, sich zu retten. Viele, die das Land schwimmend erreichten, wurden dort von SS-Männern erschossen. Insgesamt über 7.000 verloren am 3. Mai, wenige Stunden vor ihrer möglichen Befreiung, das Leben.

Mehr dazu auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de


75. Jahrestag: Untergang der »Cap Arcona« in der Lübecker Bucht

Film auf tagesschau.de


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Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über die Denkmalsanlage in Grönwohld können Sie hier sehen: YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T

Die Anlage
Stein zum 1. Weltkrieg
Die Ergänzung
Volkstrauertag 2019
Die Geschichte
Die Inschriften
Der Kaiser-Wilhelm-Gedenkstein
Der Eiskeller
Findlinge

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Grönwohld, Kreis Stormarn

Am Dorfrand am und auf dem ehemaligen Eiskeller

Am Ende der Straße »Eiskeller« beginnt der Fußweg zum Denkmalsensemble. Links sieht man schon den Hügel über dem ehemaligen Eiskeller mit dem typischen Baumkranz aus schattenspendenen Linden. Früher sollten die Bäume den Eiskeller vor direkter Sonneneinstrahlung schützen und die Feuchtigkeit im Erdreich halten. Heute bilden sie einen »Naturdom« über dem neueren Kriegerdenkmal, so ist es in der Grönwohlder Chronik formuliert.

 

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Weiter geht’s, nach der nächsten Biegung stehen wir am ...

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Stein zum 1. Weltkrieg

Ein neuer Weg beginnt, gepflastert mit roten Backsteinen, an dessen Rand der rundliche, aber flache Findling aufgestellt wurde.

 

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Es ist der Hauptstein des früheren Kriegerdenkmals an der Dorfstraße, das 1972 abgebaut wurde.

 

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Oben ist die Kontur eines Eisernen Kreuzes in den Stein geritzt. Das militärische Ehrenzeichen signalisiert: hier geht es um Soldaten.

 

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Weiter geht es mit der Inschrift:

1914 – 1918.
Heimatdank
für
Heldentreue!

1939 – 1945
ist im Jahr 1953 etwas unbeholfen eingefügt worden, als noch der Plan bestand das Denkmal an der Dorfstraße mit den Angaben zum 2. Weltkrieg zu ergänzen.

 

SH Groenwohld 1WK Spruch web


Nach Nennung der Stifterin des Denkmals

Gem. Grönwohld

steht ganz unten in kleinerer Schrift:

Ihre Herzen ruhen in Frieden
doch ihr Glauben und Hoffen lebt.


Der Stein ist nach dem 2. Weltkrieg mit den ergänzten Jahreszahlen 1939 - 1945 an diesem Ort neu aufgestellt worden. Der Geist, der aus diesen Inschriften spricht, lebte also in Grönwohld auch nach nationalsozialistischem Terror, Weltherrschaftsphantasien und verlorenem Krieg unwidersprochen weiter.

 

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Der Stein von der Seite ...

 

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... und schon können wir den Anfang des Baumrunds vor uns sehen und das zweite Kriegerdenkmal ahnen.

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Die Ergänzung

Eine fünfstufige Bruchsteintreppe führt auf die Höhe des Denkmalsplatzes.

 

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Dort liegen flache Steine am Boden, die Kränze vom Volkstrauertag 2019 überragen sie.

 

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In der Mitte des Platzes wurde aus Bruchsteinen ein gleichschenkliges Kreuz zusammengefügt.

 

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Auf der waagerechten Achse lesen wir die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs, auf der senkrechten die des 1. Weltkriegs. Genau in der Mitte wird die Kreuzform in klein wiederholt. Wie ein Pluszeichen schafft es die Verbindung beider Kriege, sie gehören zusammen. Der zweite folgte zwangsläufig auf den ersten, so wie es die Inschrift auf dem Findling am Fuß des Hügels gefordert hatte.

Es folgen Fotos der Zahlen-Puzzles:

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SH Groenwohld 1918 web

SH Groenwohld 1939 web

SH Groenwohld 1945 web

Die beiden Namenstafeln, die zum ursprünglichen Denkmal an der Dorfstraße gehörten, nennen die toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Sie sind lose vor zwei Stämmen der kräftigen Linden hinter dem Denkmalskreuz aufgestellt worden.

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Ohne Dienstgrad oder Truppengattung, ohne Geburts- oder Sterbedatum werden die Soldaten in zwei Spalten aufgelistet: mittig gesetzt, alphabetisch nach Anfangsbuchstaben des Nachnamens geordnet. Auf der ersten Tafel von B bis L.

 

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Auf der zweiten von L bis W. Ausser der Reihe ist noch ein weiterer Name angefügt: Friedrich Tossarzyk. Die Geschichte dazu kennen wir nicht.

Oben in der Mitte ist auf beiden Tafeln ein schwarz gefärbtes Eisernes Kreuz auf quadratischer Fläche herausgearbeitet worden.

 

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Volkstrauertag 2019

Mit zwei Kränzen, deren Schleifen in den Farben von Schleswig-Holstein gehalten sind, wurde der toten Soldaten gedacht.


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Links: »Zum Gedenken« von der Freiwilligen Feuerwehr Grönwohld.


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Rechts: »Zum Gedenken« von der Gemeinde Grönwohld.

 

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben‹ (Ralph Giordano, Die zweite Schuld).«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29
 

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Die Geschichte

1920 wurde das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht. Der Findlingsstein und die beiden Namenstafeln, die wir kennen, waren damals in eine größere, aus bunten Bruchsteinen gemauerte Denkmalsanlage eingefügt, das an der Dorfstraße vor dem Hof Christier stand.

Am 2. August 1953 ist in den Lübecker Nachrichten zu lesen: »Grönwohld (rm). Die Gemeinde hat jetzt einen Denkmalsfonds gebildet, um das Ehrenmal für die Gefallenen würdig herzurichten. Vor allem soll die Inschrift mit den Namen der Toten des zweiten Weltkrieges erweitert werden.« Am 27. November 1953 dann: »Von der Gemeinde werden gegenwärtig Namen der Gefallenen und Vermißten des zweiten Weltkrieges zusammengestellt. Die vorhandene Heldengedenkstätte [... acht Jahre nach Kriegsende noch ganz im Nazijargon formuliert!] wurde bereits durch Einmeißeln der Jahreszahlen 1939 bis 1945 ergänzt. Vorgesehen ist jedoch, auch noch eine Tafel mit den Namen der Gefallenen und Vermißten anzubringen. Ein entsprechender ›Denkmalsfonds‹ wurde bereits gegründet.«

 

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Aber es kam anders. 1972 bekam das Gedenken an die toten Soldaten beider Weltkriege einen neuen Standort über dem ehemaligen Eiskeller. Das ursprüngliche Denkmal wurde abgebaut, der Findling wurde an den Aufgang zum Hügel transportiert, die beiden Namenstafeln vor Baumstämmen hinter dem neuen Denkmalskreuz aufgestellt.

 

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Ein Foto aus dem Jahr 1988, 16 Jahre nach der Einweihung der neuen Gedenkstätte.

Foto: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0


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Die Inschriften

Heimatdank
für
Heldentreue!

Ein starker Spruch nach einem verlorenen 1. Weltkrieg, der mit dem Überfall der deutschen Soldaten auf das neutrale Belgien und Massakern an der Zivilbevölkerung begonnen hatte. Diese Botschaft klammert Gräueltaten, Verstümmelungen, Seuchen und Elend als Folgen des Krieges aus und verherrlicht den Soldatentod. Von Trauer über einen verlorenen Menschen kann keine Rede sein.

Ihre Herzen ruhen in Frieden
doch ihr Glauben und Hoffen lebt.

Eine kaum verhohlene Aufforderung, die nach dem 1. Weltkrieg allerorts erhoben wurde, die »im Felde unbesiegten« deutschen Soldaten zu rächen, sich für die Schmach des »Versailler Schandvertrags« zu revanchieren und erneut in einen neuen, dann siegreichen Krieg zu ziehen. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

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Der Kaiser-Wilhelm-Gedenkstein

In der Mauer am ersten Standort des Denkmals zum 1. Weltkrieg in der Dorfstraße befand sich ein Gedenkstein für Kaiser Wilhelm I. Die Inschrift lautete:

W I.
22.3.
1897

Am 22. März 1897 feiert man überall im Deutschen Reich den 100. Geburtstag des Kaisers, der wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung von Kaiser Wilhelm II. nun zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde.

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     Foto aus: Grönwohld, Chronik und Bildband. Kreisarchiv Stormarn

 

Überall im Land wurden wie in Gröhnwohld ihm zu Ehren Denkmäler enthüllt und Gedenksteine erstellt. Auch im Nachbarort Trittau. Dort hat die Stiftung Geschichtskultur ein erläuterndes Schild aufgestellt:

»Wilhelm I.
• Geboren am 22.3.1797 als Sohn von König Friedrich-Wilhelm III. von Preußen und Königin Luise
• Niederschlagung der Revolution 1848 (›Kartätschenprinz‹)
• König von Preußen 1861 - 1888
• Deutscher Kaiser 1871 - 1888
• Gestorben 1888. Ihm folgt Friedrich III. (99-Tage-Kaiser) und im gleichen Jahr Wilhelm II. (1888 - 1918)

Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck haben ihr Jahrhundert geprägt. Um beide entstand nach ihrem Tod eine kultische Verehrung. Kaiser Wilhelm II. förderte den Kult um seinen Großvater, für den zu dessen 100. Geburtstag das riesige Nationaldenkmal in Berlin, etwa 350 Denkmäler in deutschen Städten und zahlreiche Gedenksteine, wie hier in Trittau, eingeweiht wurden.«

 

Das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege
Auf der höchsten Stelle der Erhebung legte König Friedrich Wilhelm III. am 19. September 1818 den Grundstein des deutschen Nationaldenkmals für die Siege in den Befreiungskriegen. Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 30. März 1821, dem Jahrestag der Erstürmung des Montmartre. Bei gleicher Gelegenheit erhielt der Hügel seinen heutigen Namen Kreuzberg.

Die Widmungsinschrift verfasste im Auftrag des Königs der Altphilologe August Boeckh:
»Der König dem Volke,
das auf seinen Ruf hochherzig
Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte.
Den Gefallenen zum Gedächtniß,
den Lebenden zur Anerkennung,
den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.«

Die zweite Hälfte dieses Textes war die gängige Vorlage für Kriegerdenkmäler beider Weltkriege, teilweise nur geringfügig verändert.

 

»Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen wurde am 22. März 1797 in Berlin geboren. 1814 Hauptmann geworden, begleitete er seinen Vater auf dem Feldzug nach Frankreich gegen Napoleon I., erwarb sich das Eiserne Kreuz und zog am 31. März mit in Paris ein. Seit 1. Januar 1816 führte er das Stettiner Gardelandwehrbataillon, erhielt 1818 als Generalmajor eine Gardeinfanteriebrigade, am 1. Mai 1820 die 1. Gardedivision und 1825 als Generalleutnant das Gardekorps. In der langen Friedenszeit, half er den militärischen Geist in der Truppe zu erhalten. Nach dem Tod seines Bruders bestieg Wilhelm den preußischen Thron. 1862 berief Wilhelm Bismarck zum Ministerpräsidenten von Preußen und ließ sich im Wesentlichen von ihm lenken. Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg wurde König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser ausgerufen.«

• nach www.deutsche-Schutzgebiete.de, aufgerufen am 28.11.2017


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Der Eiskeller

Zitiert aus Grönwohld, Chronik und Bildband: »Zusammen mit dem früheren Jägerhaus erwarb die Gemeinde 1962 auch den ehemaligen Eiskeller des Grönwohldhofes. Der Eiskeller war die Tiefkühltruhe wohlhabender Leute, bevor es elektrischen Strom gab. Darin war ein mehrere Meter tiefer, mit Feldsteinen ausgemauerter Raum, in dem Fleisch und Wild auf Eisblöcken gelagert wurde, die im Winter aus den zugefrorenen Teichen gesägt und im Sommer von der Eisfabrik geliefert wurden. Der Deckel hatte Lüftungsschlitze, über Leitern konnte man hineinsteigen. Die Bäume rund um die abgedeckte Öffnung wurden angepflanzt, zum Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung und um im Erdreich die Feuchtigkeit zu halten. Heute ist die Höhle verfüllt.«

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• Im baumbestandenen Hügel befand sich der Grönwohlder Eiskeller

 

Eiskeller sind ganz oder teilweise unterirdische Bauwerke, die früher zur Lagerung und Aufbewahrung von Natureis dienten, welches übers Jahr zur Kühlung von Produkten oder für Herstellungsprozesse benutzt wurde. Mit der Einführung von Kältemaschinen Ende des 19. Jahrhunderts begann die Umstellung der Kühlung bei Großbetrieben und Brauereien; kleinere Eiskeller wurden aber weiterhin bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und vereinzelt noch bis in die 1950er Jahre genutzt. Die meisten Eiskeller sind heute abgerissen, zugeschüttet oder verfallen. Nur wenige Eiskeller wurden restauriert bzw. werden noch genutzt.


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• Eiskeller in Potsdam. Abbildung aus: Ernst Brückner, Emil Spillner: Eisbehälter und Kühlanlagen mit künstlicher Kälteerzeugung. In: Handbuch der Architektur. Dritter Teil: Die Hochbaukonstruktionen. 6. Band, Stuttgart, 1904, Seite Seite 254 Abb. 356.


Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts beschränkte sich die Nutzung der Eiskeller auf die wohlhabende Bevölkerung. Eiskeller aus dieser Zeit standen daher überwiegend in der Nähe von Gutshäusern oder Schlössern. Der Bedarf an Kühlräumen wuchs erst mit dem Beginn der Industrialisierung.

Nach Wikipedia, abgerufen am 18. April 2020

Weiter dazu auf Wikipedia

 

»Der Eiskeller oder Eishöhle ist ein in der Regel außerhalb des Hauses gelegener Vorratsraum. Er ist fast immer unterirdisch angelegt, in Felsenkammern, Höhlen, Stollen, tiefen Erdgruben oder tief im Gebäude und dient der Lagerung von Lebensmitteln, Getränken und Chemikalien in den Sommermonaten. Der Eiskeller funktioniert stromlos.

Vor der Erfindung der Kältemaschine im 19. Jahrhundert brach man im Winter auf Weihern Natureis, um es für den Bedarf im Sommer aufzubewahren. Dies tat man oft auf eigens hierfür, oder für die Trift, angelegten kleinen Stauseen (Woog) und bewahrte dann das Eis in solchen Eishöhlen auf. Zum Betrieb im Sommer wurde auch Gletschereis über weite Strecken transportiert und eingelagert. In deren Kühle hielten die Eismassen bis weit in den Sommer, ohne zu schmelzen.

Das in den naturkühlen Eishöhlen aufgeschichtete Eis wurde oben mit Sägemehl zur Isolation bestreut. Auch Stroh über das Eis und Kühlgut fand Verwendung.

Unter dem Eis sorgen Ablaufrinnen und der geneigte Boden des Eiskellers dafür, dass das Schmelzwasser ablaufen kann. Die Kühlung selbst entsteht durch die Abgabe der Eigenwärme des Kühlguts an das Eis bis zum Temperaturausgleich.

Außerdem gab es im Haus des Eiskellerbesitzers dickwandige, gut isolierte Eisschränke. Solche zum Kühlen von allerlei Speisen bestimmten Schränke besaßen ein mit Zink oder Zinn ausgekleidetes Fach, welches mit dem Eis aus dem Eiskeller gefüllt wurde. Unter diesem Eisfach befanden sich Roste, auf denen das das Kühlgut lag – die alten Eisschränke sind Vorläufer unserer elektrisch betriebenen, auch heute noch gelegentlich als Eisschrank bezeichneten Kühlschränke.«

Dies und mehr auf www.chemie.de


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Findlinge

»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134


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I N H A L T
Das Denkmal
Aus der Geschichte
Der große Bruder in Pinneberg
Großenbroder Geschichten
Der Adler
»Wir sind die Herren der Welt«
Die Allee für Kaiser Wilhelm I.
1805: Der Gedenkstein
Der Dorfplatz »Wendisches Rechteck«

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Grossenbrode, Kreis Ostholstein

Am Ende des Dorfplatzes »Wendisches Rechteck«

Hier am Ende des großen Platzes, der eher ein Park mit Bäumen und großer Rasenfläche ist, steht das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege aus Großenbrode.

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In der Chronik von Holger Bogs »GROSSENBRODE – Werdegang eines ostholsteinischen Dorfes« von 1990 lesen wir auf Seite 199, dass der Gemeinderat 1935 beschlossen hatte, ein »Ehrenmal« für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs zu errichten. Erst am 19.5.1940 wurde es dann durch den Kommandanten des Seefliegerhorstes, Oberstleutnant Cranz, eingeweiht. Da hatte das nationalsozialistische Deutsche Reich unter Adolf Hitler schon Polen überfallen, der nächste Weltkrieg hatte begonnen. Und man kann sich vorstellen, was sich damals auf dem schönen großen Platz abgespielt hat.

SH Grossenbrode naeher web


Weiter in der Chronik: »Ab 1940 fanden hier die Heldengedenkfeiern statt, an denen die bedauernswerte Witwe Kühlsen teilnehmen mußte, um sich als ›Heldenmutter‹ bewundern zu lassen, hatte sie doch im Weltkrieg vier Söhne verloren.«

 

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Wir nähern uns im Jahr 2022 dem Denkmal: es ist mit bunten Quadersteinen aufgemauert worden. Am trutziger Turm ist ein in die Höhe gerecktes eisernes Schwert angebracht ...

SH Grossenbrode Adler Schwertspitze web


... das sehr spitze Ende zeigt auf einen gülden schimmernden Adler. Mit ausgebreiteten Schwingen hält er Wache, zum Abflug bereit.

SH Grossenbrode Adler Schwert web


Diese Inszenierung ähnelt verblüffend dem Denkmal am Pinneberger Bahnhof. Siehe dazu das Kapitel »Der große Bruder in Pinneberg«.

 

SH Grossenbrode Schwert Knauf web


Knauf, Heft und Parierstange sind reich verziert und heben sich schwarz von der silbrig bemalten, langen Klinge ab.

Für die Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer nach dem 1.Weltkrieg auch oft die antiken, weniger bedrohlichen Waffen. Der Eindruck eines heldenhaften Zweikampfs und eines mutigen Einsatzes der Kombattanten manifestiert sich, der Blick auf die grausame Wirklichkeit eines Kriegs mit modernen Waffen wird verstellt. Völlig ungeachtet, nachgerade in bewusster Ignoranz der Realität der Schlachten des 1.Weltkriegs mit Panzern, Maschinengewehren und Giftgas wird eine zeitlose Form von Heldentum propagiert, bei der der Einzelne im Kampf Mann gegen Mann höchste Mannestugend verwirklichen kann. Das Erinnern an die Schwerter der edlen Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf. Nach dem »Schmachfrieden« von Versailles galt es den Kampf wieder aufzunehmen – gegen die inneren und äußeren Feinde.

 

SH Grossenbrode vorne Tafel 1WK web


Das untere Ende des Turms umschließt ein gemauerter Anbau. Er läßt Interpretationen zu: Ist es ein Altar, ein Opfertisch, ein Sarkopharg?

 

SH Grossenbrode Tafel 1WK web


Auf der Frontseite ist die helle steinerne Namenstafel eingelassen. Die Widmung lautet mittig gesetzt:

Den Helden des großen Krieges
1914 – 1918

Es folgen die 29 Namen der toten Soldaten – 14 kamen aus Großenbrode und 15 aus Lütjenbrode und Klaustorf. Ihre Vor- und Familiennamen werden ohne weitere Angaben mittig in drei Spalten aufgezählt. Hier finden wir auch die vier Söhne Gustav, Henning, Reinhard und Bernhard der Witwe Kühlsen, die bei der Einweihung des Denkmals als »Heldenmutter« bewundert wurde.

Das Denkmal missbraucht viele der getöteten Soldaten. Aus den Zeugnissen Überlebender ist bekannt, dass sie sich oft nicht als Helden erlebten, dass sie den Krieg verfluchten. Aber:


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 89

»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.142


»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

• Kurt Tucholsky

 

SH Grossenbrode seitlich Platte 2WK web


Nach dem 2. Weltkrieg wurde dann an der Seite eine neue Platte eingelassen. Hinter dem Denkmal werden die Kranzhaltergestelle für den nächsten Volkstrauertag aufbewahrt.

 

SH Grossenbrode Platte2WK web


In identischer Schrift wie auf der Tafel von 1940 zum 1. Weltkrieg steht dort:

Den Gefallenen
und Opfern
des Krieges
1939 - 1945
zum ehrenden
Gedenken

Wer ist mit den Opfern gemeint? Zivile Opfer in Deutschland und in den von Deutschland angegriffenen Ländern, die fast 6 Millionen während des Krieges ermordeten Juden ...? Sprache ist verräterisch: diesen Opfern hätten die Gedenktafelstifter wohl kein »ehrendes Gedenken« zukommen lassen.

 

SH Grossenbrode seitlich web


Das Denkmal von der Seite auf seinem großflächigen, zweistufigen Sockel, umgeben von einem großen gepflasterten Platz.

Zum Schluß noch ein weiteres Zitat aus der Chronik von Holger Bogs »GROSSENBRODE – Werdegang eines ostholsteinischen Dorfes« von 1990:

»In der Kirchenchronik vermerkte Pastor Gosch zum Dritten Reich: Bei der am 28.10.1936 von dem damaligen Propsten Bender abgehaltenen Revision wurde gerügt, dass das Erlebnis vom 30. Jan. 1933 (das sogenannte ›Erwachen Deutschlands‹ und die Machtübernahme durch den Nationalsozialismus) in der Chronik nicht seinen Niederschlag gefunden habe, und ich wurde gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß das Versäumte nachgeholt werde. Da das aber Sache meines Vorgängers, Pastor Schlepper, gewesen wäre, lag für mich kein Anlass vor, über jenes Ereignis zu berichten. Über die Jahre, die jenem Ereignis folgten, weiss ich nichts weiter zu berichten, als dass das sogenannte Dritte Reich am Tage der Kapitulation des hiesigen Fliegerhorstes am 4. Mai 1945, für unsere Gemeinde zu Ende ging, nachdem am 26. April 1945 ein schwerer Bombenangriff aus der Luft im Dorf Grossenbrode starke Verwüstungen angerichtet hatte, wobei eine ganze Reihe Menschenleben vernichtet wurden.«

 

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Aus der Geschichte

Für die lebend zurückgekommenen Soldaten wurde nach dem Ende des 1. Weltkriegs ein Begrüßungsgottesdienst abgehalten. »Am 19.6.1921 hielt Pastor Hoffmann anläßlich der Einweihung des Lütjenbroder Ehrenmals für die Gefallenen dort einen Feldgottesdienst ab. Am Totensonntag wurde in der Großenbroder Kirche die Gedächtnistafel für die 29 Gefallenen eingeweiht, [...] am Volkstrauertag 1956 die für die 124 Gefallenen des Zweiten Weltkriegs.« (aus der Großenbroder-Chronik von Holger Bogs). Wobei »gefallen« nicht stimmt, bei den 124 sind auch 28 Frauen, Männer, Kinder aufgeführt, die »durch Fremdeinwirkung gestorben« sind. Wegen des Fliegerhorstes in Großenbrode hatte es am Kriegsende vermehrt Bombenangriffe gegeben.

Tatsächlich gab es also bis zur Einweihung des Denkmals im Park zum 1. Weltkrieg am 19.5.1940 lediglich die Gedächtnistafel in der Kirche.

SH Grossenbrode Karte o Datum Ebertbriefmarke web


Das älteste Foto zeigt das Denkmal auf einer undatierten Postkarte. Das Denkmal ohne aufgesetzten Adler hat einen höheren Turm. Über der Schwertspitze könnte man mit Mühe einen Adler im Relief erkennen. Wir sehen, dass auch damals schon an der Seite eine Tafel eingelassen war. Was mag dort am Anfang des 2. Weltkriegs gestanden haben?

SH Grossenbrode Karte o Datum web


Jörn Koch, 1. Vorsitzender des Fördervereins für Heimatkunde und Landschaftspflege im Großenbroder Winkel e.V. erzählt, dass der Turm wohl bei einem Bombeneinschlag gegen Ende des 2. Weltkriegs ganz in der Nähe seine Spitze eingebüßt hat.


SH Grossenbrode 1940 1953 HDR web


Der neue, niedrigere Turmabschluß wurde geglättet, von einem Adler keine Spur.

Wir danken Herrn Koch für seine Auskünfte und das Foto.

SH Grossenbrode Wikimedia Commons Unukomo Mai 22 Liz4 0 webFoto: Wikimedia Commons / Unukomo / Lizenz 4.0

Im Mai 2022 wurde das Denkmal beleuchtet. Bei unserem Besuch im Juli 2022 waren die Scheinwerfer dann wieder abgebaut.

Was sehen wir noch auf dem Foto? Der Turm hat inzwischen eine Adlerskulptur bekommen. Günther Detlef aus Großenbrode war bei der Bundeswehr angestellt und berichtet, dass in den 70er Jahren ein Adler aus Beton angeschafft wurde und die Kameraden von der Bundeswehr Amtshilfe leisteten, indem sie den Adler mit Hilfe eines Hubwagens in seine luftige Höhe verbrachten.

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Der große Bruder in Pinneberg

Am Rande eines kleinen Gehölzes führt eine breite, 4-stufige Treppe zu einer Stele mit einem nach oben gerichteten Schwert und einem Reichsadler auf einen Ehrenkranz mit Eisernem Kreuz. Das Denkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs wurde 1934 eingeweiht.

Die entstehenden Materialkosten von ca. 10.000 RM wurden durch Spenden gedeckt, die öffentliche Sammlung übernahm die Ortsgruppe der NSDAP. Die erforderlichen Arbeitskräfte zum Bau des Denkmals stellte die SA.

SH Pinneberg Einweihung webFoto: VHS-Geschichtswerkstatt Pinneberg

Das Kriegerdenkmal am Bahnhofsplatz wurde mit großem Pomp eingeweiht. Die Wehrverbände nahmen geschlossen teil. Bis 1945 war im Kranz unter dem Reichsadler ein Hakenkreuz zu sehen.

Unsere Dokumentation des Pinneberger Denkmals


Anfang 2017 gründete sich in Pinneberg eine Initiative, die das Kriegerdenkmal in eine kritische Erinnerungsstätte umwandeln möchte. Mehr Informationen zum Stand der Entwicklung auf dieser Website unter Initiativen, Kapitel 11.

Das Nazi-Denkmal in Pinneberg

 

Am 8. Mai 2018 wurde in einer öffentlichen Anhörung im Pinneberger Rathaus von vier Sachverständigen eine historische Einordnung des Denkmals vorgenommen. Wir verlinken hier eine Powerpoint-Präsentation:

Prof. Dr. Loretana de Libero, Universität Potsdam


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Grossenbroder Geschichten

Aus der Chronik von Holger Bogs »GROSSENBRODE – Werdegang eines ostholsteinischen Dorfes« von 1990.

Der Lehrer Heinrich Claus Kähler, Jahrgang 1880

»Am 1.10.1908 trat er seinen Dienst in Großenbrode an. Er blieb über zehn Jahre bis zum 31.12.1918.

Er stellte sich während des Ersten Weltkrieges ganz in den Dienst am Vaterland und sah es als eine seiner Hauptaufgaben an, die Dorfjugend geistig und körperlich für das Militär zu ertüchtigen. Doch die Dorfjugend wehrte sich auf ihre Weise gegen derartige Erziehungsmaßnahmen. So schreibt Kähler in der Kirchenchronik unter dem Stichwort »die innere Front« 1917: ›Um aber auch den Nachwuchs für das Militär stark und kräftig zu machen, veranstaltete Lehrer Kähler jeden Sonntag und auch paarmal in der Woche Schlag- und Faustballübungen für die jungen Leute. Da aber dies noch nicht genügte, so wurde eine Jugendwehr ins Leben gerufen, die unter Leitung des Landmannes August Reise manche Übung abhielt. Im Winter versammelten sich die jungen Leute oft in der Schule, wo Lehrer Kähler ihnen kleine Episoden aus dem Kriege darbot, und manch fröhliches Lied gesungen wurde. Im Sommer 1915 wurden mehrfach Geländeübungen mit anderen Jugendwehren abgehalten. Da aber die jungen Leute nach und nach zur Fahne einberufen wurden und die heranwachsende Jugend wenig Lust zeigte, so mußte die Übung, die den jungen Menschen auf den Militärdienst vorbereitete, leider ausfallen.‹«

Eingezogen wurden sie aber wohl trotzdem und ob sie lebend und unverletzt zurückkamen wissen wir nicht. Aber was wir wissen: schon 16 Jahre später rückte die »innere Front« in Großenbrode wieder vor:

Schlagkräftige Anhänger

»Das Jahr 1933 brachte für die allermeisten Großenbroder einen Grund zum Jubeln. Als am 30.1.1933 die Machtübernahme Adolf Hitlers bekannt wurde, veranstalteten sie einen Fackelzug zu seinen Ehren. Jetzt müßte alles besser werden, die Not ein Ende haben, dachten viele. Die Großenbroder waren in der ganzen Gegend dafür bekannt, besonders treue und schlagkräftige Anhänger der Nationalsozialisten zu sein. Auch als am Ende der Weimarer Republik die SA und das Tragen ihrer Uniformen verboten worden war, blieben die Großenbroder ihr treu. In weißem Hemd, brauner Hose und Stiefeln standen sie für den später berüchtigten, damaligen Leutnant zur See Reinhard Heydrich Spalier, als dieser 1931 in der Großenbroder Kirche heiratete. Bei der Trauung wurde wie selbstverständlich das Horst-Wessel-Lied auf der Orgel intoniert. Bei der Wahl zum Landtag am 24.4.1932 hatten in Großenbrode 80,6% für die NSDAP gestimmt.«


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Das Schwert

Das Schwert verweist auf die Helden der Antike und damit auf  eine »edle Gesinnung der Kämpfenden«. Artus, Parzival, Roland, Siegfried & Co. – tragen ihre Schwerter als Recken der Tapferkeit und Treue.

Das Schwert ist in der Menschheitsgeschichte die erste ausschließlich zum Töten anderer Menschen geschaffene Waffe. Ein Symbol der Macht: Wer auf dem Schlachtfeld unterlag, übergab dem Sieger seine Waffe. Das Schwert verleiht den Status eines Herrschers. Der englische König führt den Ritterschlag bis heute mit dem Schwert aus.

Nach dem Mittelalter verlor das Schwert seine Bedeutung als Waffe – und wurde in der Symbolsprache der Propaganda umso wichtiger. Im 1. Weltkrieg, dem ersten industriellen Krieg in der Geschichte, hatte das Schwert als Bild-Symbol auf Orden und Medaillen Hochkonjunktur. Auch im Nationalsozialismus galt das Schwert als Zeichen für heldenhaften Kampf, obwohl es natürlich nicht mehr benutzt wurde.

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind.

Zitat aus dem Vortrag »Das Pinneberger Kriegerehrenmal« vom 8. Mai 2018 von Prof. Dr. Loretana de Libero, Universität Potsdam: »Das Denkmal sollte nach dem Willen der Stifter mit dem hoch aufragenden Schwert ein demonstratives wie offensives Zeichensetzen für die ›Mannhaftigkeit‹ und den ›Wehrwillen des deutschen Mannes vor aller Welt‹. Mit dieser Formulierung spielte der Ausschuss auf die Revision des Versailler Vertrages an, hier v.a. die militärischen Bestimmungen.«

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Der Adler

Aufmerksam, zum Abflug bereit, sitzt der goldfarbene Adler auf seinem Ausguck. Er ist detailreich gearbeitet. Das ist kein gemütliches Ausruhen, angespannt wartet er auf seinen Einsatz.

SH Grossenbrode Adler seitlich web


»Der Adler ist als ›der mächtigste König im Luftrevier‹ (Anfang des ›Seeräuberlied‹, das zum Marschliederkanon der Wehrmacht gehörte), der König der Lüfte und wehrhafter Beschützer seines Horstes.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 137

»Als Hoheitszeichen des Deutschen Reiches und als Symbol für deutsche Macht und Stärke galt der Seeadler. Der Raubvogel konnte nach 1871 wachsam nach Westen spähen, oft aufreizend mit den Flügeln schlagen und/oder den geöffneten Schnabel drohend dem französischen Feind entgegenstrecken. [...]
Unmittelbar vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrages stieß die ›Deutsche Tageszeitung‹ vom 26. Juni 1919 den Stoßseufzer aus, es möge ›vielleicht doch in nicht so ferner Zeit [...] – der Tag komm[en], an welchem das Deutsche Volk sich aus seinem tiefen Fall wieder erheben kann und der deutsche Adler von neuem den Flug zur Sonne unternimmt.‹ Dieser sehnsüchtige Wunsch wurde in die Gedenkwelt hineingetragen – Hamburg-Gross Borstel, Oktober 1922: ›Mit kräftigen Krallen steht er trotzig und lauernd auf seinem eisernen Grund, den scharfen Blick nach Westen gerichtet‹; Wasserkuppe/Rhön, 1923, Weiherede des Oberstleutnants a.D. Walter von Eberhardt: ›Und eigene Kraft wird es sein, die alle Fesseln, die Schmach und Schande, die Not und Elend uns angelegt haben, wieder sprengen wird. Nach Westen blickt der Adler. Er weist uns den Weg, den wir gehen müssen.‹ Auch dort die Kranzschleife des ›Bundes der Jagdflieger‹ am Tag der Einweihung: ›Adler, Du, halte die Wacht! Um uns ist Schande und Nacht. / Siehe, dort hinter dem Rhein / Schlummert der Brüder Gebein / Bis einst der Morgen erwacht. Adler, Du, halte die Wacht!‹.«

Loretana de Libero, Rache und Triumph, Krieg Gefühle und Gedenken in der Moderne, De Gruyter Oldenbourg, S.95f


Oberst a.D. Roethe beschrieb den steinernen Adler in der Festrede vor der Enthüllung des Denkmals in Waren an der Müritz am 26. Juni 1932 folgendermaßen:

»Der Adler des Steins, der nun sogleich vor Ihren Augen erscheinen wird, er ist das Bild des Adlers der Deutschen, das Sinnbild von Deutschlands Macht und Herrlichkeit. Noch verkrampft sich die rechte Klaue auf dem am Boden liegenden Stahlhelm, dem Zeichen der deutschen Wehrhaftigkeit. Aber schon sieht er in der Ferne das Morgenrot des kommenden Tages, schon regt er die Flügel.

So gebe der allmächtige Lenker der Geschicke der Völker, der uns diese Prüfungszeit auferlegt hat, daß gar bald der Adler des Deutschen Volkes die mächtigen Schwingen breite zum stolzen kühnen Fluge der Sonne entgegen in die ferne glückhafte Zukunft unseres Volkes. Und daß wir bald die Gelegenheit finden, das stolze Lied in die Lüfte zu jubeln, das der Dichterherold unserer Väter ihnen mitgab in die Kämpfe und Märsche nach Paris, wo sie sich die Kaiserkrone und das einige mächtige Reich holten – das Lied:

Flieg, Adler, flieg! Wir folgen nach
Ein Einig Volk in Waffen.
Wir folgen nach, ob tausendfach
Des Todes Pforten klaffen.
Und fallen wir: Flieg, Adler, flieg!
Aus unserm Blute wächst der Sieg.
V o r w ä r t s ! «


Sieben Jahre später flog er dann wieder, der Adler: der 2. Weltkrieg begann mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Polen.
 

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»wir sind die Herren der Welt«

Der mächtigste König im Luftrevier
Ist des Sturmes gewaltiger Aar.
Die Vöglein erzittern, vernehmen sie nur
Sein rauschendes Flügelpaar.
Wenn der Löwe in der Wüste brüllt,
Dann erzittert das tierische Heer.
Ja, wir sind die Herren der Welt
Die Könige auf dem Meer.
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!

Zeigt sich ein Schiff auf dem Ozean,
So jubeln wir freudig und wild;
Unser stolzes Schiff schießt dem Pfeile gleich
Durch das brausende Wogengefild.
Der Kaufmann erzittert vor Angst und vor Weh,
Den Matrosen entsinket der Mut,
Und da steigt am schwankenden Mast
Unsre Flagge, so rot wie das Blut.
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!

Wir stürzen uns auf das feindliche Schiff
Wie ein losgeschossener Pfeil.
Die Kanone donnert, die Muskete kracht,
Laut rasselt das Enterbeil,
Und die feindliche Flagge, schon sinkt sie herab.
Da ertönt unser Siegesgeschrei:
Hoch lebe das brausende Meer,
Hoch lebe die Seeräuberei!
Tirallala, tirallala
Tirallala, tirallala
hoi! hoi!


SA-Version (ca. 1930)
Der mächtigste König von Groß-Berlin
das ist der Isidor Weiß
Doch Dr. Goebbels der Oberbandit
der macht ihm die Hölle schon heiß
Seine eigene Schupo die nimmt ihn sich vor
man hört es bis zum Brandenburger Tor
Er nennt sich Dr. Bernhard Weiß doch bleibt er der Isidor


»Der mächtigste König im Luftrevier«, auch bekannt als Piratenlied, ist ein seit 1915 belegtes Volkslied, das im 1. Weltkrieg als eine Art inoffizielle Hymne der deutschen U-Bootfahrer zu besonderer Popularität kam. Wegen Formulierungen, die während der NS-Diktatur hinzugefügt wurden, wird das Singen des Liedes durch Bundeswehrsoldaten kontrovers beurteilt.

Während der NS-Diktatur wurde das Lied vom Regime gefördert und umgeschrieben. So wurden aus den »Fürsten der Welt« in der NS-Version die »Herren der Welt«. Auch wurde das Lied textlich von der SA so umgedichtet dass es ein Spottlied auf den damaligen jüdischen Polizeivizepräsidenten von Berlin Bernhard Weiß wurde. Nach dem 2. Weltkrieg ist »Der mächtigste König im Luftrevier« unter anderem im Liedgut der Pfadfinderbewegung belegt und in dem Liederbuch »Die Mundorgel« enthalten.

»Der mächtigste König im Luftrevier« wurde nach dem 2. Weltkrieg auch ins Liedgut der Bundeswehr übernommen. So findet es sich 1983 im Liederbuch der Fallschirmjäger und 1991 im offiziellen Liederbuch der Bundeswehr »Kameraden singt!« Nachdem der ARD-Kulturreport am 25. November 2001 einen Beitrag über die Geschichte des Schlagers Lili Marleen und das Liedgut der Bundeswehr ausstrahlte, wurde auch der Text des Piratenliedes kontrovers diskutiert. Für Kritik sorgte vor allem, dass die Bundeswehr nicht die ursprüngliche Version, sondern die Version mit dem während der NS-Diktatur umgeschriebenen Text übernommen hatte.

Nach Wikipedia, abgerufen am 8.3.2021

Das erste Liederbuch der Bundeswehr erschien 1958. Getreu dem Adenauerschen Appell »Vergesst mir die Musike nicht, das ist eine wichtige Sache für die Soldaten!« Ab Juni 2017 wurde das Liederbuch der Bundeswehr »Kameraden singt!« von 1991 dann auf Geheiß der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen überarbeitet.


»Als es im 2. Weltkrieg gegen England ging, sang die Wehrmacht ›Der mächtigste König im Luftrevier‹. Darin heißt eine Zeile: "Ja, wir sind die Herren der Welt". Und auch heute wird das Lied mit dieser Zeile noch so gesungen. [Der Musikwissenschaftler Eberhard] Frommann fürchtet, dass sich die Bundeswehr bei einem eventuellen Auslandseinsatz mit solch einem Lied unbeliebt machen könnte.

›Die Soldaten, die da jetzt nach Afghanistan gehen oder auch im Kosovo stationiert sind, sollten sich hüten, diese Lieder, die diesen Aggressionsgeist der Wehrmacht noch in sich tragen, so wie ›Ja, wir sind die Herren der Welt‹, noch zu singen.«

Mehr auf www.ag-friedensforschung.de

 

Auch Volksbarde Heino hat den mächtigsten König im Luftrevier vertont, beim »Tirallala, tirallala« läßt er sich von einem fröhlichen Mädelchor begleiten:

YouTube, Heino: Der mächtigste König ...


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Die Allee für Kaiser Wilhelm I.

Am 22. März 1897 feiert man überall im Deutschen Reich den 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I., der wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung von seinem Nachfolger Kaiser Wilhelm II. nun zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde.

Überall im Land wurden Kaiser Wilhelm I. zu Ehren Denkmäler enthüllt, zum Beispiel auch in Trittau. Dort hat die Stiftung Geschichtskultur ein erläuterndes Schild aufgestellt:

»Wilhelm I.
• Geboren am 22.3.1797 als Sohn von König Friedrich-Wilhelm III. von Preußen und Königin Luise
• Niederschlagung der Revolution 1848 (›Kartätschenprinz‹)
• König von Preußen 1861 - 1888
• Deutscher Kaiser 1871 - 1888
• Gestorben 1888. Ihm folgt Friedrich III. (99-Tage-Kaiser) und im gleichen Jahr Wilhelm II. (1888 - 1918)

Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck haben ihr Jahrhundert geprägt. Um beide entstand nach ihrem Tod eine kultische Verehrung. Kaiser Wilhelm II. förderte den Kult um seinen Großvater, für den zu dessen 100. Geburtstag das riesige Nationaldenkmal in Berlin, etwa 350 Denkmäler in deutschen Städten und zahlreiche Gedenksteine, [...], eingeweiht wurden.«

SH Grossenbrode WilhelmI Allee web


In Großenbrode wurde ihm zu Ehren eine Ulmenallee gepflanzt und ein Gedenkstein mit eingelassener Eisengusstafel aufgestellt.

SH Grossenbrode WilhelmI Platte web


»Ans Vaterland, ans theure schließ Dich an«, so lautet die letzte Zeile der Widmungstafel.


Das ist eine Zeile aus dem Schauspiel »Wilhelm Tell« von Friedrich von Schiller, 2. Akt, 1. Szene:

»Die angebornen Bande knüpfe fest,
Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an,
Das halte fest mit deinem ganzen Herzen,
Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft,
Dort in der fremden Welt stehst du allein,
Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt.«

SH Grossenbrode pat Postkarte web


1914: Schillers patriotischer Sinnspruch auf Feldpostkarten.


SH Grossenbrode Feldpostkarte 1914


»Was den Aufklärer Schiller so anfällig macht für die Vereinnahmung durch rechte Nationalisten bis hin zu braunen Naziideologen »waren Merksprüche, ›Kalendersprüche‹, waren dubiose Sentenzen, waren vor allem patriotische Parolen, frei disponibel. [...]

Trotz diverser Zitate des Großrhetorikers Schiller, die nationalsozialistischen Kulturverwaltern, Kulturdespoten allzu gut ins Konzept passten: sein Werk ließ sich nicht komplett vereinnahmen, in gleichschaltender Deutung und Fehldeutung. Er blieb auch der Dichter von Liberalen im Lande.«

Dieter Kühn, Schillers Schreibtisch in Buchenwald, Verlag S. Fischer

SH Grossenbrode Karikatur web


Karikatur auf dem Titel der deutschen sozialdemokratischen Satirezeitschrift »Der Wahre Jacob« vom 21. Februar 1905, mit der Unterzeile: »Ans Vaterland, ans teure, schließ’ dich an!«. Im goldglänzenden Wagen sitzen Hugo Stinnes und August von Thyssen.

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1805: Der Gedenkstein

Die Jahreszahl 1805 in einem kreisrunden Medaillon steht für die Abschaffung der Leibeigenschaft im dänischen Gesamtstaat am 1. Januar 1805. Sie wurde in den Herzogtümern Schleswig und Holstein aufgrund einer königlichen Verordnung vom 19.12.1804, mit Wirkung zum 1. Januar 1805 »gänzlich und für immer« abgeschafft, soweit die Gutsherren ihre Untertanen nicht schon vorher daraus entlassen hatten.

Das Zeichen über der Jahreszahl ist schwer zu entziffern, es könnte das Monogramm von Christian VII. sein, König von Dänemark und Norwegen von 1766 bis 1808 und Herzog von Schleswig und Holstein. Ob die gravierten Linien um das Medaillon herum noch etwas darstellen sollen, müssen wir unserer Phantasie überlassen. Wir haben beio unseren Recherchen nichts über diesen Stein gefunden.

Zum 1. Januar 1805 kam nun also per Gesetz die Aufhebung der Leibeigenschaft. Die Landarbeiter und Kleinbauern hatten zwar ihre persönliche Freiheit erhalten und konnten wegziehen und heiraten, wen sie wollten, doch das Land und die Gebäude gehörten weiter den Gutsherren. Eine schwierige Zeit!

 

SH Grossenbrode 1805 web 

Was bedeutet Leibeigenschaft?

Der Duden nennt als Synonyme zu leibeigen: abhängig, entrechtet, rechtlos, unterdrückt.

Wikipedia führt aus: »Leibeigene waren zu Frondiensten verpflichtet und durften nicht vom Gutshof des Leibherrn wegziehen. Sie durften nur mit Genehmigung des Leibherrn heiraten und unterlagen seiner Gerichtsbarkeit. [...] Die Leibeigenschaft lag ihrer Ausgestaltung nach oft zwischen Sklaverei und Hörigkeit. Sklaverei und Leibeigenschaft sind heute gleichermaßen geächtet.«

Im Schleswig-Holstein Lexikon lesen wir: »Mit der Entwicklung der Gutsherrschaft entstand auch die Leibeigenschaft. Bereits um 1500 hatten schon zahlreiche so genannte ›gutsuntertänige‹ Bauern einen der Leibeigenschaft nahekommenden Status. Die Leibeigenen waren ohne Besitz an Hof und Land, ihren Herren zu Diensten verpflichtet und durch das so genannte ›Schollenband‹ daran gehindert, wegzuziehen. Die rechtliche Grundlage für die Leibeigenschaft erhielt die Ritterschaft am 6. Mai 1524 von Friedrich I., [Herzog von Schleswig-Holstein, seit 1523/24 König von Dänemark und Norwegen] der ihnen die Hand- und Halsgerichtsbarkeit über ihre Untertanen zusprach. Vom 16. Jahrhundert an setzte sich die Leibeigenschaft auf allen Gütern durch. Erst mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts hörte sie auf, sich weiter zu verbreiten. Im Zuge der Aufklärung wurde die Leibeigenschaft mehr und mehr als menschenunwürdig betrachtet. Der holsteinische Gutsherr Hans Graf zu Rantzau schaffte von 1739 wie auch Benedikt Wilhelm von Ahlefeldt auf ihren Gütern Schritt für Schritt die Leibeigenschaft ab. Sie waren Vorreiter.«

• Quelle: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag

 

»Es kommt uns so lange zurückliegend vor und doch sind erst gut zweihundert Jahre ins Land gegangen, seit Immanuel Kant ausrief ›Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‹ und die von ihren Grundherren ausgebeuteten Bauern und Landarbeiter in der Folgezeit ›befreit‹ wurden, ihnen nicht nur Pflichten auferlegt, sondern auch Rechte gegeben wurden.«

Reiseseite von Folkert Frels, Allgemeine Zeitung der Lüneburger Heide, 21.7.2007

 

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Der Dorfplatz »Wendisches Rechteck«

»Auffallend in der Anlage des Dorfes ist der sehr große Dorfplatz und das typische Bild eines ›wendischen Rechtecks‹, wie es in Norddeutschland an mehreren Stellen zu finden ist«, lesen wir im Lexikon DeWiki über Großenbrode. Aber was ist ein wendisches Rechteck?

»Auch die Anlage dieses Dorfes – ein nach einer Seite offenes Rechteck – weist zweifellos auf wendischen Ursprung hin« schreibt die Berliner Feuerwehr über einen Ort namens Rudow. Aha, ist es so einfach?

Von Jörn Koch, 1. Vorsitzender des Fördervereins für Heimatkunde und Landschaftspflege im Großenbroder Winkel e.V. erfahren wir: Bei einem wendischen Dorfplatz stehen die Häuser, in der Regel Bauernhöfe, mit der Front um den Dorfplatz herum.

In Großenbrode sind einige dieser Bauernhöfe abgerissen worden, darum ist das wendische Bild nicht mehr komplett ... und mehrheitlich sind Wendische Dorfplätze rund, darum heißt die Ausnahme von der Regel in Großenbrode: »Wendisches Rechteck«. 

Noch ein Blick in die Großenbroder-Chronik von Holger Bogs: »Die Ankunft der deutschen Siedler: Zwischen 1200 und 1231 war es soweit. Deutsche Siedler ließen sich im Ort an der Furt nieder. Sie kamen mit dem wahrscheinlich letzten Schub deutscher Siedler, deren Ziel die Insel Fehmarn war. Gleichzeitig wie die Insel wurde auch Großenbrode erreicht. Das zeigt sich an der Form der Dorfanlage, die es außer in Großenbrode in der näheren Umgebung nur noch auf der Insel Fehmarn gibt. In zwei Reihen wurden planmäßig die Häuser aufgebaut, mit der Giebelseite zum Anger ausgerichtet, auf dem die Viehtränke lag.«


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Historische Fotos
Der Waldreiter
Der Bildhauer Richard Kuöhl
Für Deutschland gestorben

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Großhansdorf,
Kreis Stormarn

Auf einer Anhöhe im Waldreiterweg

Das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs (später ergänzt) ist am 23. August 1928 eingeweiht worden. Es ist eine etwa 15 Meter hohe eckige Säule aus Thüringer Tuffsteinblöcken, die sich nach oben verbreitert. Auf der gekehlten Abschlussplatte und einem angeschrägten Sockel ist eine »goldene« Kugel angebracht, die ein Kreuz aus Metall trägt. Der Denkmalplatz auf der Anhöhe wird von unten durch eine Natursteinmauer abgestützt.

SH Grosshansdorf weit web


Der Entwurf stammt vom Hamburger Bildhauer Richard Kuöhl (1880 Meissen - 1961 Bad Oldeslohe), mehr Informationen finden Sie weiter unten. Ausgeführt hat ihn der Hamburger Steinmetz Tscherne. Die Maurerarbeiten hat Rudolf Offen aus Großhansdorf erledigt.
 

       SH Grosshansdorf Zahlen web


Die Frontseite trägt die Jahreszahlen der beiden Weltkriege.
1939
1945
wurde später hinzugesetzt. Darüber ein übergroßes ausgearbeitetes Schwert mit aufgerichteter Klinge.

Auf diesem Foto sieht man gut das äußere Stützkorsett aus Winkelstahl an den Kanten. 2007 wurden schwerwiegende Schäden am Denkmal festgestellt. Der Plan, das Denkmal Schicht für Schicht abzutragen und wieder neu aufzusetzen erwies sich als undurchführbar. Stattdessen wurde im Herbst 2008 diese Stahlkonstruktion bis zu 2/3 der Säulenhöhe angebracht. Kosten: rund 20 000 Euro.

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Die Widmungsinschrift auf der gegenüberliegenden Seite lautet:

Zur Ehre der Opfer des Zweiten Weltkrieges

(später hinzugesetzt)

Darunter das Halbrelief eines Eichenzweiges. Die ältere Widmung lautet:

Ihren im Weltkriege gefallenen Söhnen die dankbare Gemeinde Gr. Hansdorf u. Schmalenbeck

Das aufgerichtete Schwert und die Widmung zum 1. Weltkrieg ist deutlich kriegerischer als die später hinzugesetzte, obwohl auch dort die Opfer »geehrt« und nicht betrauert werden.

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk, Heimat und Vaterland, in der Steigerung für die dankbare Heimat. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

SH Grosshansdorf Kreuz web


Im Frühling 2015 wurde bei einem schweren Sturm das Denkmal schwer beschädigt und die gärtnerischen Anlagen zerstört. Unter anderem mußte die Steinkugel erneuert werden. Die neue Kugel ist aus Kostengründen aus Metall mit mattgoldenem Anstrich gefertigt. Archivar Eduard Phillip hatte seinerzeit notiert, dass eine Urkunde in die Kugel eingemauert worden sei. Das hat sich nicht bestätigt.

Die Kugel trägt ein Tatzenkreuz aus Metall. Kugel und Kreuz sind eindeutig christliche Symbole. Sie sollen dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben. Lesen Sie dazu den Beitrag von Clemens Tangerding im Deutschlandfunk weiter unten.

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An beiden Seiten der Säule sind in gleicher Schrift, dunkelrot ausgemalt, die 24 Namen, Geburts- und Sterbedaten der toten Soldaten des 1. Weltkriegs graviert, alphabetisch geordnet. Darüber jeweils ein Eisernes Kreuz im Halbrelief mit innerer Kontur.

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Der versetzt gepflasterte Weg zum Denkmal wird gesäumt von drei Granitplatten, die 88 Namen von Toten des 2. Weltkriegs tragen. Hartmut Bandholt hat sie zusammengetragen. Zum Volkstrauertag 2001 sind die Platten verlegt worden.

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Wenn man die Namen liest, stellt man fest, dass es ausschließlich Männernamen sind. Es liegt nahe, dass es sich um tote Soldaten handelt. Die Inschrift nach dem 2. Weltkrieg formuliert:

Zur Ehre der Opfer des Zweiten Weltkrieges

Sie bezieht sich also wohl nicht, wie man denken könnte, auch auf zivile Opfer.

SH Grosshansdorf Tafel1 web

 

SH Grosshansdorf Tafel2 web

 

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Das aufgerichtete Schwert signalisiert Kampfbereitschaft. In der Ikonographie des Militärs gilt das aufrecht stehende Schwert – die maximal kriegerische Darstellung – als Zeichen des Wehrwillens. Zitat aus der Urkunde, die im Grundstein des Kriegerdenkmals am Pinneberger Bahnhof eingelassen worden ist: »Das Ehrenmal wird an der Vorderseite ein aufrechtes Schwert tragen. Hiermit soll die Mannhaftigkeit und der Wehrwille des deutschen Mannes vor aller Welt bekundet werden.« Es gibt auch Kriegerdenkmäler mit gesenktem Schwert als Zeichen der Aufgabe z.B. in Lübstorf/Mecklenburg-Vorpommern oder mit abgebrochenem Schwert als Zeichen der Niederlage z.B. in Thürk/Schleswig-Holstein.

Pinneberg
Buchholz
Lübsdorf
Thürk

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Die Geschichte

Der Beschluss über die Errichtung eines Kriegerdenkmals in der Gemeinde Großhansdorf wurde in der Sitzung vom 5. April 1921 gefasst. Am 30. Juni 1925 wurden 7 000 Reichsmark für die Herrichtung des Platzes am Waldreiterweg bereitgestellt. Baubeginn war dann am 10. Oktober 1926. Die Baukosten sollen 14 000 Reichsmark betragen haben.

Das Denkmal ist laut Protokoll der Gemeinderatssitzung am 23. August 1928 um 9 Uhr morgens »sang- und klanglos« enthüllt worden. Auf Anregung des Vorsitzenden wurde am nächsten Tag ein Lorbeerkranz niedergelegt, auf dessen Schleife »Den Gefallenen Söhnen die dankbare Gemeinde« stand.

Joachim Wergin vom Heimatverein schreibt dazu:
»Es hatte einen tiefgehenden Zwist über die Frage gegeben, welche Fahnen bei der Einweihung gehisst werden dürfen, der in langen mühevollen Verhandlungen nicht beseitigt werden konnte. Der Senat Hamburg hatte gefordert, nur die ›verfassungsmäßigen‹ Fahnen zu hissen. Die Gemeindevertretung bedauerte, dass sich so keine ›weihevolle Stimmung einstellen werde‹ und es zu beklagen ist, ›dass den Toten die öffentliche, schuldige Ehrbezeugung versagt bliebe‹.«

• Lesen Sie mehr im »Der Waldreiter« 12/2008 im PDF-Download weiter unten.

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Historische Fotos

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Gedenken am »Ehrenmal«. Die Kleidung der Personen im Hintergrund lässt vermuten, dass es sich um eine Veranstaltung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold handelt. Das Jahr der Zusammenkunft ist nicht bekannt. Der Verband Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold hatte 1928 einen Antrag für die Errichtung zweier Flaggenmasten gestellt. Beschluss des Gemeinderats: »Das Aufstellen von Flaggenmasten von privater Seite wird grundsätzlich abgelehnt.«

Das Reichsbanner war ein Veteranenverband, in dem Kriegsteilnehmer des 1. Weltkrieges ihre Kriegserfahrungen mit ihrem Eintreten für die Republik verbanden. Seine Hauptaufgabe sah das Reichsbanner in der Verteidigung der Weimarer Republik gegen Feinde aus den nationalsozialistischen, monarchistischen und kommunistischen Lagern.

• nach Wikipedia, abgerufen am 10. Juni 2017

SH Grosshansdorf web


Die gärtnerische Anlage mit Hecke auf der Stützmauer und Sandplatz.

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SH Grosshansdorf Karte4 web

 

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Volkstrauertag 16. November 2008: Die Standfestigkeit der Säule ist durch das Stahlkorsett wieder hergestellt.

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Der Waldreiter

Ausführlichere Informationen zum Kriegerdenkmal können Sie folgenden PDFs entnehmen.

Waldreiter 12/2008, S. 30 + 34

Waldreiter 12/2015, S. 25


Wir danken herzlich dem Heimatverein Großhansdorf-Schmalenbeck e.V. und dem Autor Joachim Wergin, dass wir Informationen und Fotos aus Artikeln der Publikation »Der Waldreiter« verwenden und sie hier auch als Download zur Verfügung stellen dürfen. »Der Waldreiter« wird seit 1949 (!) vom Verein herausgegeben. Besonders nett finden wir auf der Titelseite die Anmerkung: »Botenlohn 10 Cent«.

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Der Bildhauer Richard Kuöhl

Richard Emil Kuöhl wurde am 31. Mai 1880 in Meißen geboren. Seine handwerkliche Ausbildung als Kunsttöpfer erhielt er in einer der Modellfabriken dieses Zentrums keramischer Kunst. Nach dreijährigem Studium an der Dresdner Kunstgewerbeschule, wurde er als leitender Modelleur einer bauchemischen Versuchsanstalt mit den modernsten Techniken der Tonbearbeitung vertraut. 1912 folgte er seinem Dresdener Architekturprofessor Fritz Schumacher nach Hamburg. Dort arbeitete er in den 1920er und 1930er Jahren mit fast industriellem Ausstoß. Es entstanden Skulpturen in Stein, Keramik und Reliefs in Terrakotta. Er starb am 19. Mai 1961 in Rohlfshagen bei Bad Oldesloe.

Kriegerdenkmäler gehörten während der Weimarer Republik zu den häufigsten und begehrtesten Auftragswerken deutscher Bildhauer. Auch Kuöhl hatte bereits zahlreiche Kriegerdenkmäler ausgeführt, dabei war es ihm stets gelungen, die von nationalistisch und militärisch gesinnten Kreisen mit einem »Ehrenmal« beabsichtigte politische Aussage künstlerisch zu formulieren. Nicht Jammer und Not, sondern Mannestat und Einsatzbereitschaft, das Heldische, Kraftvolle, das ein Mahnmal verkörpern muß, zeigen die »Ehrenmäler«, die er geschaffen hat ... immer wieder spricht ein trotziges »Dennoch!« aus diesen Denkmälern.

Zitat aus Volker Plagemanns Buch »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986

Eine Autorengruppe um Roland Jäger veröffentlichte 1979 ein Buch über den »Kriegsklotz« hinterm Dammtorbahnhof in Hamburg, das wohl umstrittenste Denkmal Kuöhls.

Jäger u.a., 1979


Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Dammtor
Hamburg Langenhorn
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Schleswig-Holstein Wilster
Hamburg Neuenfelde
Hamburg Finkenwerder
Schleswig-Holstein Neumünster
und besonders kurios Hamburg Moorburg

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Für Deutschland gestorben

... Die Gedenkstätten sind ausnahmslos Ausdruck des Bedürfnisses, das Gedenken an den Tod der Soldaten zu sakralisieren, also zu etwas Heiligem zu stilisieren. In Form von Kreuzen, Säulen, Räumen der Stille oder Plastiken wird nicht der Tod, sondern der vorgebliche Sinn dieses Todes dargestellt ...

Die Sakralisierung schirmt die Gedenkorte auch gegen Widerspruch ab, denn wer würde in einem Raum der Stille oder vor einem Kreuz laut protestieren? Die Ent-Profanisierung beschützt den Tod der Soldaten besonders vor Ansprüchen der Überlebenden. Obwohl diese im Einsatz eine Gruppe bildeten, grenzen die Denkmäler die Toten von den Versehrten ab.
Nur wer starb, wird in Inschriften und auf Tafeln geehrt, wer überlebte nicht. ... Psychische Krankheiten, lebenslange körperliche Schäden, Schwierigkeiten bei der beruflichen Widereingliederung ließen sich mit der Sakralisierung des Gedenkens nicht in Einklang bringen.

Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat. Reinhart Koselleck meint dazu: »Gestorben wird alleine, zum Töten des Anderen gehören zwei. Die Fähigkeit des Menschen, seinesgleichen umzubringen, konstituiert vielleicht mehr noch menschliche Geschichte als seine Grundbestimmung, sterben zu müssen.«

• Zitiert aus einem Beitrag des Deutschlandfunks vom 18.11.2012 von Clemens Tangerding

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I N H A L T
Das Denkmal zum 1. Weltkrieg
Die Geschichte des Kriegsgedenkens in Grube
Die Gedenksteine zum 2. Weltkrieg
Cap-Arcona-Opfer auf dem Alten Friedhof
Das Gräberfeld auf dem Neuen Friedhof
Cap-Arcona-Opfer auf dem Neuen Friedhof
Die Ereignisse am 3. Mai 1945
»Lerne vom Militär!«
Das Eiserne Kreuz
Die deutsche Eiche
Theodor Körner
Der Findlingsmythos

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Grube, Kreis Ostholstein

In Grube gibt es drei Friedhöfe, für die Gedenkorte ist das unglücklich. Besonders das aufgeteilte Gedenken an die Cap Arcona-Opfer sorgt für Verwirrung. So ist in der offiziellen Auflistung der Opferzahlen für Grube nur ein Stein aufgenommen.

Der älteste Friedhof ist auf dem Kirchhof von St. Jürgen. Der Alte Friedhof und der Neue Friedhof liegen an der Hauptstraße, der B501 – der Alte in der Ortsmitte, der Neue am Ortsrand. Wir beginnen mit dem Gedenken an die toten Soldaten beider Weltkriege auf dem Alten Friedhof.

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Man erreicht die Anlage in der hinteren Ecke des Friedhofs über einen breiten gepflegten Kiesweg. Ganz am Ende steht ein Obelisk für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs.

 

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Eine Umrandung aus Quadersteinen begrenzt ein Blumenbeet, rechts steht eine Ruhebank, dann erreicht man den Denkmalsplatz über zwei Steinstufen.

 

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Der Obelisk aus Porphyr, einem rötlichem Granit, auch »Sächsischer Marmor« genannt, steht auf einem schmalen Sockel aus gelb-grauem Granit. Ursprünglich stand der Obelisk auf einem hohen dreistufigen Sockel an einem anderen Ort, siehe Kapitel »Die Geschichte«. Beim Umzug wegen einer Straßenerweiterung in den 60er Jahren musste das Denkmal auf seinen unteren Teil verzichten und sieht nun etwas gestutzt aus.

Das Eiserne Kreuz und die Schrift auf dem Obelisken sind flach eingemeißelt und weiß eingefärbt worden. Da der Porphyr ein sehr lebhafter Stein ist, muss man sich beim Lesen mühen.

 

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Das Eiserne Kreuz ist hier mit außen liegender Kontur, ohne weitere Symbole dargestellt. Das militärische Ehrenzeichen wurde den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern postum und kollektiv zugedacht. Der Soldatentod reichte als Grund für die symbolische Verleihung.

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, Hamburg, S. 44f


Mehr zur Geschichte dieses quasi »Deutschen Ordens« im Kapitel »Das Eiserne Kreuz«.

 

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Der mittig gesetzte Sinnspruch unter dem Eisernen Kreuz lautet:

Vergesst
die treuen Toten
nicht!

Er erinnert an die Zeile eines Gedichts von Theodor Körner, die manchmal auf Kriegerdenkmälern zitiert wird – immer mit verstärkendem Ausrufezeichen!


Theodor Körner war ein Dichter zur Zeit der Freiheitskriege. Nach seinem Kriegstod wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur für nachfolgende Generationen. Mehr im Kapitel »Theodor Körner«.

Dies ist die letzte Strophe seines Gedichts:  

Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen!
Drauf, wack'res Volk! Drauf! ruft die Freiheit, drauf!
Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen.
Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen?
Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf!
Doch stehst du dann, mein Volk, bekränzt vom Glücke,
In deiner Vorzeit heil'gem Siegerglanz:
Vergiß die treuen Toten nicht und schmücke
Auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!

Theodor Körner, Leyer und Schwerdt. Berlin, 1814.

 

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Gleich unter dem Sinnspruch beginnt die Aufzählung der toten Soldaten. Es sind insgesamt 34, an der Frontseite 8 und an den Seiten je 13, die nach Todesdatum geordnet sind. Jedem Soldaten wurde eine Zeile zugebilligt. Es sollen darin der Dienstgrad (abgekürzt), die Vornamen (abgekürzt), die Nachnamen, die Todestage und die Todesorte genannt werden. Das ist bei der relativ großen Schrifttype ein ehrgeiziges Ziel. Man musste sich mit vielen Wiederholungszeichen, sogenannten Unterführungen, behelfen. Jetzt rächt sich die Wahl des Porphyrs doppelt. Hier die ersten acht Zeilen:

Gfr.O.Bumann8.9.1914. Fr
Msk.R.Frank25.9.    ."     "
  "   E.Schwardt2.10. "    "
Inf.W.Will1.11.         "    "
Gard.Fr.Kuchel15.6.15  Lz.
Msk.J.Schmidt6.7.    "   Fr.
Ldst.H.Kloth24.7.     "  Gal.
Msk.H.Klahn24.8.     "  Sib.


Zu den Dienstgraden siehe auch das Kapitel »Lerne vom Militär!«.

Bei den Todesorten werden genannt: 21x Fr. (Frankreich), 1x Sib. (Sibirien), 1x Gal. (Galizien), 4x Lz. (Lazarett), 1x Pl. (Polen), 1x Rs. (Russland), 1x Yp. (Ypern, Belgien), 1x Ser. (Serbien), 2x Eg. (England) und 1x ist kein Ort angegeben worden.

Der Kriegsverlauf auf LeMO

 

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Die rechte Seite des Denkmals lag bei unserem Fototermin 2022 im Schatten – das hilft beim Lesen!

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Die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs sind aus dem flachen Granitsockel in klobigen Ziffern herausgearbeitet worden.

 

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Die Geschichte des Kriegsgedenkens in Grube

Der Heimatforscher Hans-Uwe Hartert hat uns Fotos und seine Zusammenfassung des Kriegsgedenkens in Grube zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

1915: Über die Art des künftigen dauernden Ehrendenkmals sind zurzeit noch keine Beschlüsse gefasst.
• Kirchenchronik Grube III, S. 133-36

6.5.1919: Die hiesige Kirchengemeinde beauftragte den Architekten Heinrich Stav, Kiel, mit der Entwurfsbearbeitung für eine Ehrengedächtnisstätte mit Denkmal für gefallene Krieger auf dem alten Friedhof in Grube.
• Wagrisch-Fehmarnsche Blätter vom 13.5.1919

1920: Nachdem der Plan, auf dem 2ten Kirchhofe eine Gedächtnisstätte für die Gefallenen der ganzen Gemeinde herzurichten, auf unüberwindliche Hindernisse gestoßen war, wurde beschlossen, dass jeder Pfarrbezirk für sich vorgehen und Gedenktafeln in den beiden Kirchen angebracht werden sollten. Für den ersten Pfarrbezirk wurde der Architekt Heinrich Stav in Kiel mit der Herstellung des Ehrenmals beauftragt, und ihm ist es gelungen, ein sehr würdiges, allen künstlerischen Ansprüchen genügendes Werk in Gestalt einer schweren Eichentafel, welche in 3 Reihen die 87 Namen der Toten enthält, zu entwerfen und auszuführen. Um für die sehr große Tafel eine genügende Wandfläche zu gewinnen, wurde der sogenannte Gruber Chor an der Nordwand der Kirche in der Nähe des Altars entfernt und die Eingangstür zugemauert. Ebenfalls wurde das Fenster zwischen dem Gruber Chor und der Kanzel mit einer 1⁄2 Stein dicken Mauer geschlossen. Dabei wurde auch das sehr verfallene und unschöne Treppenhaus für den Gruber Chor an der Außenseite der Kirchenmauer abgebrochen. An der so entstandenen großen Fläche ist die Ehrentafel angebracht und am Sonntag, den 2. Januar 1921 durch einen sehr stark besuchten Gedächtnisgottesdienst eingeweiht worden. Die Kosten des Ehrenmals, rund 20.000 M, sind durch freiwillige Beiträge im 1. Pfarrbezirk aufgebracht.
• Kirchenchronik Grube III, S. 144

SH Grube1962 Kircheninneres Tafeln 1WK Hartert web

• Foto aus dem Jahr 1962. 1972 wurde die Tafel abgebaut und das Fenster wieder eingesetzt.


SH Grube 1WK Tafel umgehaengt web

• 1972: Die drei Namenstafeln zum 1. Weltkrieg wurden aus der Umrandung gelöst und dicht nebeneinander im Turmraum, gleich links hinter dem Kircheneingang, aufgehängt.


10.1.1921:
Die Feier gestaltete sich erhebend. Die Kirche war überfüllt, vor der Tafel standen die Kriegervereine mit ihren umflorten Fahnen. Orgelklang und gemischter Chorgesang rahmte die packende, warmherzige Ansprache des Ortsgeistlichen ein ...
• Chronik der Schule in Grube, geführt vom Lehrer Fritz Reese ab 1. August 1914, S. 14

In den nächsten Jahren muss es dann doch zur schon lange geplanten Errichtung eines Ehrenmals gekommen sein. Es gibt Fotos des Obelisken in seiner ursprünglichen Form am ursprünglichen Ort:

SH Grube ohne Datum Ehrenmal Hartert web


Postkarte undatiert


SH Grube 1953 Postkarte Hartert web


Postkarte von 1953

SH Grube 1962 Hartert web


Postkarte von 1962


Für die Zeit bis zur Umsetzung 1963 notierte Hans-Uwe Hartert noch Folgendes:

17.7.1932: Am Sonntag veranstaltete die N.S.D.A.P. Ortsgruppe Grube ein großes Volksfest. Nach einer Kranzniederlegung am Ehrenmal und einem Umzuge durch den mit zahlreichen Ehrenpforten und Fahnen geschmückten Ort fanden auf dem Festplatz verschiedene sportliche Wettkämpfe statt. Im Mittelpunkt stand ein Ringreiten, an dem sich 81 Reiter beteiligten.
• Wagrisch-Fehmarnsche Blätter vom 20.7.1932

7.3.1952: Eine ebenso freudige Zustimmung dürfte der Beschluß finden, ein Ehrenmal zu schaffen. Nach bisher vorliegenden fachmännischen Entwürfen ist die Errichtung eines Ehrenkreuzes an der Ostseite der Kirche geplant, das wiederum in einem nach Osten geöffneten Halbkreis von mehreren mit den Namen der zum Kirchspiel gehörenden Ortschaften versehenen Findlingen flankiert sein wird. Da im Zuge des früher oder später zu erwartenden Straßenbaues Grube-Dahme eine Verlegung des bisherigen Kriegerdenkmals von 1914-18 zwangsläufig erfolgen müßte, soll das neue Ehrenmal der gemeinsamen Ehrung unserer Gefallenen beider Weltkriege gewidmet sein. Ein Ehrenbuch wird die Namen der Gefallenen des Kirchspiels enthalten und der Nachwelt Kunde geben von den Söhnen der Heimat, die ihr Leben für das Vaterland opferten.
• Kreisrundschau 1952

28.10.1953: Die Jahreshauptversammlung der Alten Gruber Bürgergilde, die sehr gut besucht war, wurde mit einer Ansprache des Gildebruder Pastor Seeliger eröffnet. Er gedachte anläßlich der Kriegsgefangenen-Gedenkwoche der unzähligen Deutschen, die widerrechtlich noch immer in Gefangenschaft gehalten werden. »Wenn auch in den letzten Wochen einige tausend Kriegsgefangene in die Heimat zurückkehren durften, bewegt uns bange Sorge um das Schicksal der Brüder und Schwestern, die in allen Teilen der Sowjetunion auf die Stunde der Freiheit warten.«
• Kreisrundschau 1953

12.3.1954: Weihe des Ehrenmals Grube. Während am Sonnabend in einer vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge veranstalteten Gedenkfeier der Millionenopfer der beiden Weltkriege gedacht werden soll, wird die Einwohnerschaft der Kirchengemeinde Grube am Sonntag um 14 Uhr sich in einem Gedenkgottesdienst ihrer Väter und Söhne besonders erinnern, die in den Jahren des zweiten Weltkrieges aus ihrer holsteinischen oder ostdeutsehen Heimat hinauszogen und ihr Leben für den Schutz des Vaterlandes opferten. Auch derer soll gedacht werden, deren Schicksal bis heute noch im Dunkel ruht. Ein Ehrenmal an der Ostseite der Kirche wird seine Weihe erhalten ...
• Kreisrundschau 1954

 

SH Grube 1956 Ostseite m Ortschaftssteinen 1939 45 web

• Foto aus dem Jahr 1956: die erste Denkmalsanlage zu 2. Weltkrieg an der Ostseite der Kirche. Hier sehen wir den ursprünglichen Ort der Findlinge. Das Steinkreuz blieb bis heute alleine an der Kirche zurück.

17.3.1954: Nach einer Ansprache von Pastor Seeliger in der Gruber Kirche wurden durch Pastor Rohrlach als Vorsitzenden des Kirchenvorstandes die 237 Namen der Gefallenen und Vermissten der einheimischen und heimatvertriebenen Einwohner verlesen, die von Malermeister Schuldt, Grube, in künstlerisch vollendeter Ausführung, in ein Ehrenbuch eingetragen wurden.

SH Grube 1956 Ehrennische Totengedenken 1939 45 Buch Hartert web


Die Geistlichen Rohrlach und Seeliger legten das Ehrenbuch in der eigens dafür geschaffenen Ehrennische nieder.
• Kreisrundschau 1954

7.3.1956: Ein Ehrenbuch wird die Namen der Gefallenen des Kirchspiels enthalten und der Nachwelt Kunde geben von den Söhnen der Heimat, die ihr Leben für das Vaterland opferten. Ein Appell, durch Geldspenden zur Schaffung einer schlichten und eindrucksvollen Gedächtnisstätte beizutragen, wird von jedem Gemeindemitglied in dem Gefühl einer Dankespflicht freudig aufgenommen werden.
• Keisrundschau 1956

SH Grube Ehrenbuch Ehre ihrem Andenken 3Eichenblaetter web

• Das »Ehrenbuch« zum 2.Weltkrieg in der Gruber Kirche. Zu den drei Eichenblättern im Kreuz siehe das Kapitel »Die deutsche Eiche«.

SH Grube Ehrenbuch SS Feyerabend web


• Im »Ehrenbuch« haben 255 tote Soldaten eine Erinnerungsseite erhalten, nicht nur Soldaten aus Grube, sondern auch die aus der weiteren Umgebung und die Angehörigen der Heimatvertriebenen im Kirchenkreis. Im »Ehrenbuch« sind vier SS-Mitglieder aufgenommen worden. Ihr Dienstgrad ist mit den SS-Runen geschrieben. Seit 1983 ist die Verwendung der S-Rune strafbar.

1.8.1956: »Wie der Militärischen Kameradschaft Grube im VDS bekannt geworden ist, sieht der Wirtschafts- und Bebauungsplan der Gemeinde Grube im Zuge der Planung vor, die Straße Rüting – Grube in gerader Richtung nach Dahme zu verlängern und über den jetzigen Denkmalsplatz in den Weg nach Gruberdieken einmünden zu lassen. Das würde bedeuten, daß über kurz oder lang das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges verlegt werden müßte. Die Militärische Kameradschaft Grube im VDS fühlt sich verpflichtet, in Fragen der Gefallenenehrung und Denkmalsbetreuung tatkräftig mitzuwirken und hat sich in der Mitgliederversammlung am 9. Juli 1955 mit dieser Angelegenheit befaßt. [...] Wir hoffen auf freundliche Prüfung unseres Antrages und auf fruchtbare Zusammenarbeit in der in Frage stehenden Angelegenheit im Interesse unserer gefallenen Kameraden und deren Hinterbliebene und sehen einer geneigten Stellungnahme nach Anhörung des Kirchenvorstandes gerne entgegen. Mit vorzüglicher Hochachtung: gez. Höppner, 1. Vorsitzender«. In dem handgeschriebenen Antwortschreiben des Herrn Pastor Seeliger vom 22. Juli teilte dieser der Kameradschaft mit, daß die Kirchengemeinde durch einstimmigen Beschluß vom 19. Juli 1955 »jederzeit bereit sei, Gelände für diesen Zweck abzugeben«. [...] da die veranschlagten Gelder nicht ausreichten, [mussten] durch den Herrn Landrat des Kreises Oldenburg genehmigte Geldsammlungen bei der Bevölkerung und den Geschäftsleuten durchgeführt werden. Auch mußte eine abgespeckte Version des Ehrenmals hingenommen werden.
• Hans-Uwe Hartert, Chronik der Militärischen Kameradschaft Grube 1897-1997, S.41

8.12.1963: Was lange währt, wird endlich gut, kann man von dem neuen Ehrenmal für die Toten beider Weltkriege sagen, dass nach jahrelanger Vorplanung, wir berichteten darüber, am Volkstrauertag seiner Bestimmung übergeben werden konnte.
• Keisrundschau 1963


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Die Gedenksteine zum 2. Weltkrieg

Es sind sieben Findlinge in ihrer natürlichen Form, völlig zurückgenommen tragen sie weder Widmung noch Inschriften und Sinnsprüche. Auch keine Namen und schon gar keine militärische Symbolik. So erfahren wir aber auch nicht, wem hier gedacht werden soll: der toten Soldaten (womöglich aller toten Soldaten dieses Krieges?), der zivilen Kriegsopfer, der Opfer des Naziregimes wie in KZs, Zwangsarbeiterlagern und psychatrischen Tötungsanstalten?

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Der größte Stein ist dem Denkmal zum 1. Weltkrieg am nächsten. Seine Frontseite ist bearbeitet worden, sodass die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs, verbunden mit einem Schrägstrich, erhaben stehen geblieben sind.

 

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Es folgen sechs Findlinge, auf die in gleicher Schrift die Orte des Pfarrbezirks Grube graviert sind. Die Reihe beginnt mit Fargemiel und Süssau ...

 

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... es folgt Dahme ...

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... dann Thomsdorf und Alt-Rathjensdorf ...

 

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... weiter geht’s mit Gut Rosenhof und ...

 

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... Gut Augustenhof und Kalkberg.

 

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Die Reihe endet mit dem Ort, in dem die Kirche St. Jürgen des Pfarrbezirks steht: Grube.

Im Ehrenbuch in der Kirche sind 255 Namen der Gefallenen bzw. Vermissten der einheimischen und heimatvertriebenen Einwohner im Kirchspiel Grube verzeichnet. Diese Zahl verteilt sich wie folgt auf die einzelnen Ortschaften: Fargemiel und Süssau 20, Dahme 78, Thomsdorf 9 und Alt-Rathjensdorf 17, Gut Rosenhof 22, Augustenhof und Kalkberg 13 und Grube 96.

 

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Cap-Arcona-Opfer auf dem Alten Friedhof

Dies ist ein Stein des zweigeteilten Gedenkens an die Opfer der Cap-Arcona-»Katastrophe«. Er steht auf dem früheren Massengrab von 25 namenlosen KZ-Häftlingen.

Mit Ende des 2. Weltkriegs waren Häftlinge aus Konzentrationslagern auf Todesmärsche verschleppt worden. Ungefähr 7.000 Häftlinge waren u.a. auf die »Thielbek« und die »Cap Arcona« gebracht worden, die durch einen koordinierten Großangriff britischer und amerikanischer Kampfflugzeuge versenkt wurden. Etwa 6.400 Häftlinge wurden getötet, nur 400 konnten sich an den Strand von Pelzerhaken retten. Etliche von Ihnen wurden am Strand von SS-Männern erschossen. Wochenlang wurden tausende Leichen an der Lübecker Bucht angeschwemmt. Von Grube bis Poel entstanden viele improvisierte Grabfelder, viele davon wurden später zusammengelegt.

 

SH Grube Alter Friedhof Cap Arcona 25 web


Die Inschrift auf dem Stein lautet:

Hier ruhen 25
bei Versenkung der Kap Arcona
vor Neustadt untergegangene
Namenlose KZ-Häftlinge

Wir sind ein Volk
vom Sturm der Zeit
gespült ans Erdeneiland.

Der Sinnspruch am Ende ist ein Zitat aus einem christlichen Lied, das eigentlich »Wir sind ein Volk, vom Strom der Zeit« heißt. Johannes Kögel (1829 - 1896) hat den Text gedichtet:

Wir sind ein Volk vom Strom der Zeit,
gespült ans Erdeneiland,
voll Unfall und voll Herzeleid,
bis heim uns holt der Heiland.
Das Vaterhaus ist ewig nah'
wie wechselnd auch die Lose
es ist das Kreuz von Golgatha,
Heimat, für Heimatlose,
Heimat, für Heimatlose!

Wir sind ein Volk, vom Strom der Schuld
umspült und schier verschlungen;
doch hat der Lotse voll Geduld
dem Tod uns abgerungen.
Sein Retterauge uns ersah,
mag auch die Brandung schwellen;
hoch ragt das Kreuz von Golgatha
aus dunkler Fluten Wellen,
aus dunkler Fluten Wellen.

Wir sind ein Volk voll Müdigkeit,
in schwachen Leibes Hütte;
doch ist der Herr der Herrlichkeit
als Kraft in unsrer Mitte.
Sein Hirtenstab ist immer nah
den Müden und den Matten:
es ist das Kreuz von Golgatha
uns Trost im Todesschatten,
uns Trost im Todesschatten.

Wir sind dein Volk im Strom der Zeit,
Du, aller Zeiten Meister.
Wir sind dein Volk in Ewigkeit,
Du König aller Geister!
Und Du bist unser O und A,
Du Anfang und Du Ende;
hoch ragt das Kreuz von Golgatha
ob aller Zeiten Wende,
ob aller Zeiten Wende.

 

SH Grube Alter Friedhof Cap Arcona 5xBesatzung web

 

Neben dem Findling liegt eine Bodenplatte mit der Inschrift:

Hier ruhen
5 deutsche Besatzungsmitglieder der
Cap Arcona
_________________

Arthur Frauendorf   Paul John
Wilh. Brudna   Ehrenfried Endler
Frl. Schuhmacher

Da es wohl demnächst ein Forschungsprojekt zu den genauen Opferzahlen und den einzelnen Gedenkorten geben wird, hoffen wir, dass aufgeklärt wird, ob es sich hierbei um Männer der SS handelt.

 

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Das Gräberfeld auf dem Neuen Friedhof

Hinter der Friedhofskapelle, von einer Hecke umgeben, liegt die Kriegsgräberstätte für 27 Soldaten des 2. Weltkriegs und eine Luftwaffen-Helferin. 

SH Grube Neuer Friedhof Graeberfeld Nachkriegs web


Es sind 16 Kreuze für 29 Tote. Sie sind alle 1945 gestorben. 22 nach Kriegsende, wir nehmen an, dass sie im Lazarett gestorben sind. Zwei Oberfeldwebel und ein Feldwebel der Luftwaffe und die Luftwaffen-Helferin sind am 2. Mai 1945 abgeschossen worden. Ein Obermaat ist am 3. Mai 1945 am Strand von Dahme angetrieben worden. Zwei Tote sind unbekannte deutsche Soldaten.

 

SH Grube Neuer Friedhof Kreuz ohne web2


Bis vor einiger Zeit war am Hauptstein ein Holzkreuz angebracht. Es wurde abgenommen als es anfing zu verrotten.

 

SH Grube Neuer Friedhof Stabsintendant web


Auf drei Kreuzen steht je ein Name, auf 13 stehen je zwei Namen. Es werden der Dienstgrad, Vor- und Nachname. Geburts- und Sterbetag bzw. Beerdigungstag genannt.

 

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Beim Schützen Ludwig Gerhardt ist nicht der vollständige Dienstgrad angegeben, er war SS-Mann.

 

SH Grube Neuer Friedhof Luftwaffen Helferin web


Die einzige Frau: Luftwaffen-Helferin Martha Schmalisch.

SH Grube Neuer Friedhof Unbekannt web


Einer der beiden unbekannten deutschen Soldaten. Es ist eine deutsche Kriegsgräberstätte.

 

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Cap-Arcona-Opfer auf dem Neuen Friedhof

Hier steht der zweite Gedenkstein zur Cap-Arcona-»Katastrophe«.

 

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Er hat genau den gleichen Text, sogar das Adjektiv »namenlos« ist auch hier fälschlicherweise groß geschrieben. Nur die Zahl ist eine andere: 31 Opfer wurden hier 1945 im Massengrab bestattet. Der komplette Text des Sinnspruchs unten am Stein steht beim Stein auf dem Alten Friedhof.

SH Grube Neuer Friedhof Cap Arcona 31 1 web


Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass hier Kränze zum Jahrestag am 3. Mai abgelegt wurden. Doch wir erfuhren, dass am Stein Kränze abgelegt werden, die an anderen Gräbern keinen Platz mehr haben. Ein Cap-Arcona-Gedenken zum Jahrestag findet in Grube nicht statt.

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Die ereignisse Am 3. Mai 1945

Der Rückzug der deutschen Truppen führte ab Sommer 1944 dazu, dass die in Frontnähe geratenen Konzentrationslager mit ihren zahlreichen Außenlagern aufgelöst wurden. Beim Herannahen der Roten Armee beziehungsweise der westalliierten Truppen begannen mit der Räumung der Lager von Auschwitz im Januar 1945 die »Todesmärsche« und Transporte in offenen Viehwaggons der Gefangenen. Zuletzt wurden vom KZ Neuengamme bei Hamburg aus Mitte April 1945 mehr als 10.000 Gefangene von der SS nach Lübeck gebracht. Dort wurden sie auf drei Frachtschiffe verladen, auch das Kreuzfahrtschiff »Cap Arcona« nahm mehrere tausend auf. Die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal, viele verhungerten und verdursteten.

Am 3. Mai griffen britische Flugzeuge die Schiffe an, die sie für deutsche Truppentransporter hielten. Auch die »Cap Arcona« geriet in Brand und kenterte. Die Gefangenen hatten kaum eine Chance, sich zu retten. Viele, die das Land schwimmend erreichten, wurden dort von SS-Männern erschossen. Insgesamt über 7.000 verloren am 3. Mai, wenige Stunden vor ihrer möglichen Befreiung, das Leben.

Mehr dazu auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

»Der Untergang der Cap Arcona« auf www.ndr.de


Pastorin Almuth Jürgensen, Gedenkstättenbeauftragte im Kirchenkreis Ostholstein und Koordinatorin des »Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken«, schreibt im Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche:

Update: Netzwerk Cap-Arcona-Gedenken

Der komplette Jahresbericht 2021 des Netzwerk Erinnerungskultur

 

Rund 6400 der etwa 7000 KZ-Häftlinge auf der Cap Arcona und der Thielbek verbrannten, ertranken oder wurden erschossen. media.offenes-archiv.de dokumentiert Berichte von Überlebenden. Auch den von Erwin Geschonneck, später einer der populärsten Schauspieler der DDR. Er war u.a. der Hauptdarsteller in der Dokumentation »Der Mann von der Cap Arcona« aus dem Jahr 1982. Der Film gibt einen Teil seiner Lebensgeschichte wieder. Der Berliner, Arbeitersportler und seit 1929 KPD-Mitglied, war mit einer linken jüdischen Theatergruppe nach der NS-Machtübernahme in die Tschechoslowakei, nach Polen und in die Sowjetunion emigriert. Aus der UdSSR wurde er 1937 ausgewiesen, in der Tschechoslowakei faßten ihn die Nazis. Erwin Geschonneck war Häftling in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme. Er überlebte den Untergang der Cap Arcona als einer von 400.

Berichte auf media.offenes-archiv.de (45KB)


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»Lerne vom Militär!«

34 Soldaten aus Grube sind im 1. Weltkrieg zu Tode gekommen. Auf dem Gedenkstein werden sie alle mit ihrem militärischen Rang genannt.

Vzw., Msk., Gfr., Ldst., und Kan. – die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten und ihre Abkürzungen sind uns heute fremd, damals kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

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›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

... und noch eine revanchistische Postkarte »Deutsche Jugend« nach dem 1. Weltkrieg:

SH Marienwarder Deutsche Jugend 1WK web


Heil Dir Deutschland, deine Zukunft
             Schimmert vor dir hell und klar
Denn der Heldensinn der Väter
             Schlummert in der Jugend Schaar.

Aber auch 1956 billigt ein Leser der Frankfurter Illustrierten dem Militär, damals der gerade neu gegründeten Bundeswehr, in einem Leserbrief erzieherische Expertise zu:

Frankfurter Illustrierte 1956 leserbrief web

 

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu  d e m  deutschen Orden.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle ...

HH Uhlenhorst EK auf Auto web2

... oder als Statement am Auto.

 

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1970: Ehrenurkunde für die Kameradschaft Grube ausgestellt vom DSV-Kyffhäuser Ortsverband Riepsdorf mit markigem Soldatenkopf, Schwert, Eisernem Kreuz und Eichenlaub.

 
... und ganz aktuell: Die Redaktion des SPIEGEL illustriert den Titel Nr.50 / 10.12.2022 zur Razzia bei »Reichsbürgern« und »Querdenkern«, denen vorgeworfen wird, einen Staatsstreich geplant zu haben, mit einem Eisernen Kreuz:

Spiegeltitel 50 2022 EK Reichsbuerger web


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Die deutsche Eiche

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre. Darum findet man es oft auf Orden, z.B. auf dem Ritterkreuz in der Zeit des Nationalsozialismus. Wie kam es zu dieser Symbolkraft?


Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de


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Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes.


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Theodor Körner

Carl Theodor Körner, geboren am 23. September 1791 in Dresden; im Gefecht gestorben am 26. August 1813 im Forst von Rosenow bei Gadebusch war ein deutscher Dichter und Dramatiker. Berühmt wurde er vor allem durch seine Lieder in den antinapoleonischen Befreiungskriegen. Nachdem er als »Sänger und Held« im Lützowschen Freikorps gefallen war, wurde er zur patriotischen Identifikationsfigur.

Körners teils stürmische, teils gefühlvolle Lyrik entsprach der ebenso romantischen wie vaterländisch kampfbereiten Gesinnung der Generationen in einem Deutschland, das auch nach den Befreiungskriegen noch lange Zeit in viele Einzelstaaten zersplittert war. Körners Sterben als Lützower Jäger erhob ihn zur vorbildhaften Gestalt. Die glaubwürdige Übereinstimmung von Dichtung und Leben empfahl seine Werke für die Lehrpläne erst des Deutschen Bundes, später des Deutschen Reichs. Körners Gedichte aus seinem Buch »Leyer und Schwert« wurden zum Vorbild für Kriegslyrik späterer Zeit.


Postkarte 1WK Theodor Koerner web


Dies ist eine von vielen Propagandapostkarten, die im 1. Weltkrieg gedruckt und verschickt wurden. Ein Soldat verliest vor dramatischer Kulisse das Gebet »Vater ich rufe Dich!« von Theodor Körner:

»Brüllend umwölkt mich der Kampf der Geschütze,
Sprühend umzucken mich rasselnde Blitze,
Lenker der Schlachten ich rufe Dich,
Vater, Du führe mich!

Vater, Du führe mich!
Führ mich zum Siege, führ mich zum Tode!
Herr, ich erkenne Deine Gebote;
Gott, ich erkenne Dich!

Gott, ich erkenne Dich!
So im herbstlichen Rauschen der Blätter, –
Als im Schlachtendonnerwetter, –
Urquell der Gnade erkenn’ ich Dich!
Vater, Du segne mich!

Vater, Du segne mich!
In Deine Hände befehl’ ich mein Leben!
Du kannst es nehmen, Du hast es gegeben!
Zum Leben, zum Sterben segne mich!
Vater, ich preise Dich!

Vater, ich preise Dich!
’s ist ja kein Kampf für die Güter der Erde. –
Das heiligste schützen wir mit dem Schwerte!
Drum fallend und singend preis’ ich Dich!
Gott, Dir ergeb’ ich mich!

Gott, Dir ergeb’ ich mich!
Wenn mich die Donner des Todes begrüßen,
Wenn meine Adern geöffnet fließen: –
Dir, mein Gott, Dir ergeb ich mich!
Vater ich rufe Dich!

 

Auch die Nationalsozialisten haben Theodor Körner für sich reklamiert. Das Gelände um die Grabstätte Körners und seiner Familie in Wöbbelin wurde 1938 aufwendig zur »nationalen Weihestätte« umgebaut und diente als Kulisse für Aufmärsche und Vereidigungszeremonien. Die Zeile »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« aus dem Gedicht »Männer und Buben« lieferte Joseph Goebbels die Textvorlage für die Phrase »Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los!«, das Finale der Sportpalastrede.

Nach 1945 wurde Theodor Körner in der BRD kritisch beleuchtet, in der DDR wurde er hingegen als patriotischer »Heldendichter« verehrt. Im 21. Jahrhundert werden ihm von Rechtsradikalen Verse unterschoben, die er nie geschrieben hat: »Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, / vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. / Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, / dann richtet das Volk und es gnade euch Gott.« Dieser Spruch wird über das Internet verbreitet und u. a. bei Kundgebungen und Demonstrationen der Pegida eingesetzt. Am 23. September 2016 publizierte »Der Flügel«, eine von Björn Höcke geführte AfD-nahe Gruppierung, Körners Satz »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« fälschlicherweise mit dem obigen Spruch.

• Text nach Wikipedia, abgerufen am 28. November 2018

SH Hassendorf Koerner Fenster webFoto: Ulrich Witt, Friedland; 2005 / Wikimedia Commons

Glasfenster nach einem Gemälde von Rudolf Eichstaedt im Haus einer Göttinger Studentenverbindung: Theodor Körner, am 26. August 1813, eine Stunde vor dem Angriff auf einen französischen Tross, trägt seinen Kameraden das von ihm gedichtete »Schwertlied« vor. Bei dem folgenden Gefecht im Forst von Rosenow bei Gadebusch wurde Theodor Körner getötet.


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der FindlingsMythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.


»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


In den Jahren danach steigert sich der Kult um die »germanischen Steine« noch beträchtlich.

»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Geschichte
Aus der Kirchenchronik
Der Holzbildhauer Anton Huber

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Grundhof, Kreis Schleswig-flensburg

Auf dem Friedhof der Marienkirche

In der Hauptsichtachse zur Kirche steht am Ende des Friedhofs der ca. fünf Meter hohe Obelisk, das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges. Er wurde mit bunten behauenen Feldsteinen auf einen zweistufigen quadratischen Sockel gemauert.

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Foto: Ulrike Lehmann/Wikimedia Commons

Die folgenden beiden Zitate stammen aus dem Buch »Das Kirchspiel Grundhof« von O. C. Nerong, neu bearbeitet von Nik. Nielsen, Flensburg 1957.

»In den Jahren 1920-1921 wurde auf dem zuletzt hinzugekommenen Teil unseres Friedhofes zu Ehren der im 1. Weltkrieg gestorbenen und vermißten Gemeindemitglieder ein größeres Kriegerehrenmal errichtet. Es ist nach dem Entwurf von Direktor Huber, Dortmund, früher Flensburg, hergestellt von der Firma Jürgensen u. Cordsen, Grundhof. Die Anlagen am Denkmal und am neuen Teil des Friedhofs schuf Gärtner Desler, Grundhof. Das Denkmal ist ein gedrungener Obelisk, mit Kugel und Kreuz gekrönt.«

SH Grundhof gesamt web


Die Anlage ist umgeben von einer Buchenhecke und direkt am Sockel von kunstvoll beschnittenem Buchsbaum.

Die Widmungstafel aus Bronzestreifen ist mit runden Zierschrauben angebracht. Sie trägt über und unter einem christlichen Kreuz die Inschrift in erhabenen Buchstaben:

Unseren Gefallenen und Vermissten
1914 – 1918   1939 – 1945

All, die gefallen in Meer und Land
sind gefallen in Deine Hand

alledie kämpften auf weitem Feld
sind auf Deine Gnade gestellt

alledie weinen in dunkler Nacht
sind von Deiner Güte bewacht.

Gib uns Augendass wir es sehn
wie Deine Hände mit uns gehn

Gib uns Herzendie Deine Gnad
gläubig ergreifen früh und spat

Gib uns das Leben durch Deinen Sohn
uns und den Toten vor Deinem Thron.

Siegfried Goes, der diese Anrufung Gottes erdacht hat, war ebenfalls Soldat im 2. Weltkrieg und ist getötet worden.

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Auf der drei anderen Seiten des Obelisken sind jeweils auf 12 einzelnen Bronzetafeln, kompakt in der Steinmauer versenkt und mit runden Zierschrauben angebracht, die Namen der toten und vermissten Soldaten des 1. Weltkriegs (eine Seite) und des 2. Weltkriegs (zwei Seiten) aufgeführt. Oben, über zwei Tafeln, die Jahreszahlen: 1914 – 1918 bzw. 1939 – 1945, dann die Namen mit Geburts- (nur der Soldaten des 2. Weltkriegs) und Sterbedatum, aufgeteilt nach den Ortschaften des Kirchspiels.

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1995 wurden auf zwei zusätzlichen Tafeln die Namen der beiden Zwangsarbeiter aus Polen und Russland angebracht, die während des 2. Weltkrieges hier ums Leben kamen.

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Die Geschichte

Am 1. Juni 1922 wurde das Denkmal unter großer Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht. Der Pastor, der auf dem Foto die Weihepredigt hält, wird wohl Pastor Heinrich Friedrich Meyer gewesen sein.

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»Er [der Obelisk] trug bis 1955 vier Granittafeln, auf denen mittels Sandgebläse Widmung und Namen verzeichnet waren. Auf der Südtafel stand folgende Widmung:

Den treuen Helden, die im Weltkriege 1914-1918 ihr Leben für uns gelassen haben, zu ehrendem Gedächtnis.

Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er sein Leben für uns gelassen, und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen.
1. Johannis 3.16

Auf den drei anderen Tafeln standen die Namen der Gefallenen, In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg wurden viele Entwürfe für ein Denkmal der Gefallenen geprüft. Man einigte sich dahin, die Granittafeln zu entfernen und durch größere Bronzetafeln zu ersetzen und alle Namen der Gefallenen beider Kriege auf ihnen anzubringen. In sorgfältiger Weise wurden die alten Tafeln entfernt, die Tafelnischen vergrößert und die neuen Tafeln angebracht. Die Granittafeln hatten die Eigenschaft, daß sie den Leser immer blendeten. Das Denkmal war am 1. Juni 1922 gleichzeitig mit den neuen Glocken eingeweiht worden; am 21. August 1955 fand eine Feierstunde an ihm statt, in der die neuen Tafeln enthüllt und geweiht wurden.«

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Ein weiteres historisches Foto aus dem Archiv von Pastor Arne Gerundt:

SH Grundhof historisch web

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Aus der Kirchenchronik

1922    
Das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges wird fertig gestellt. Am selben Tag werden auch drei neue Eisenglocken geweiht, die mitten in der Inflationszeit angeschafft wurden.

1924    
Der Kirchenvorstand beschließt, dass zukünftig auch Selbstmörder kirchlich beerdigt werden sollen. Es gibt Auseinandersetzungen mit einer Gruppe »ernsten Bibelforschern«, die sich regelmäßig im Grundhof-Krug versammeln.

1952    
Auf dem Friedhofsvorplatz wird an der Friedhofsmauer ein Mahnmal errichtet. Es trägt die Inschrift: »Deutsche Kriegsgefangene rufen das Gewissen der Welt« [Dieses »Mahnmal« ist damals von Privatleuten errichtet worden. Erst 2008 wurde es wieder abgebaut! Die Reste stehen noch auf dem Grundhofer Kirchboden. Dank an Pastor Arne Gerundt für das Foto und den Hinweis].

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1995
    
Am Ehrenmal auf dem Friedhof werden auf zwei zusätzlichen Tafeln die Namen der verstorbenen Zwangsarbeiter aus Polen und Russland angebracht, die während des zweiten Weltkrieges hier ums Leben kamen. In den Jahren davor wurden ihre Gräber am Volkstrauertag mit einer gesonderten Kranzniederlegung bedacht.

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Foto: Kirchengemeinde Grundhof

• Blick vom Kriegerdenkmal zurück zur Marienkirche

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Der HolzBildhauer Anton Huber

Anton Huber, geboren am 20.4.1873 in Stuttgart, entstammte einer Familie von Kunstgewerblern; bereits sein gleichnamiger Vater (1845-1923) war Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Mainz. Auf den Weltausstellungen 1902 in Turin und 1904 in St. Louis bekam A.H. goldene Medaillen für Entwürfe von Wohnungseinrichtungen. 1905 wurde er Direktor in Flensburg, 1919 an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Dortmund.
Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, hrsg. v. Hans Vollmer, 18. Bd., Leipzig 1925, S. 4

Anton Huber war bis 1919 Direktor der kunstgewerblichen Fachschule in Flensburg, einer Berufsfachschule für Holzbildhauerei. Er hat sich wohl nur ausnahmsweise mit dem Entwurf von einem steinernen Kriegerdenkmal beschäftigt. Hier sein Beitrag für einen Kunstkalender im Jahr 1913.

SH Grundhof Anton Huber web

Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg

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