Kurzfilme zu den Denkmälern
Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.
Aktuell produzieren wir kurze Videos und stellen diese in der kommenden Zeit jeweils donnerstags online. Den Film über die Denkmalsanlage in Lütjensee können Sie hier sehen: YouTube>, Einführung zur Filmreihe bei YouTube> und Lütjensee bei Facebook>
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I N H A L T
• Das Denkmal
• Die Inschrift
• Die Geschichte
• Das neue Denkmal auf dem Friedhof
• Der Stahlhelm
• Der Kaiser-Wilhelm-Gedenkstein
• »Up ewig ungedeelt«
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Lütjensee, Kreis Stormarn
Auf einer Grünfläche an der Hamburger Straße
Die Reste des Kriegerdenkmals für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs liegen auf einem Platz an der Hauptverkehrsstraße, Ecke »Alte Dorfstraße«. Vorhanden sind noch ein Teil der Krone und der Querstein unter der früheren Namenstafel aus Granit. Wie das Denkmal komplett aussah, kann man weiter unten sehen – so wurde es 1919 eingeweiht.

Quer zur Hauptstraße ist neben den Denkmalsfragmenten links ein Kaiser-Wilhelm-Gedenkstein aufgestellt und rechts ein »Up ewig ungedeelt«-Stein, der an die Schleswig-Holsteinische Erhebung 1848 erinnert.

Durch die fehlenden Teile des vormals hohen Kriegerdenkmals sind die Erinnerungssteine nun auf einer Höhe aufgereiht. Dazwischen ist je ein Buchsbaum gepflanzt, davor blühen an diesem 13. April 2019 Stiefmütterchen.

Das Kronenteil des Kriegerdenkmals steht nun direkt auf dem Sockel. Es wurde mit nach innen gerundeten Ecken gearbeitet.

Die Inschrift auf dem Kronenteil lautet:
Es starben den Heldentod für das Vaterland
[im] Weltkriege 1914 1918 aus der Gemeinde Lütjensee
Das »im« fehlt.
Auf dem Sockel steht die Widmung, in deren Mitte in einfachen Linien ein Stahlhelm eingemeißelt ist:
Den Tapferen (Stahlhelm) aus Dankbarkeit

Hier sieht man die geringe Tiefe der Granitplatten, die, wie man auf den historischen Fotos sehen kann, nur Teile der Frontseite am großen früheren Bruchsteinmonument waren. Man sieht auch das Schild des Nachbarn auf dem angrenzenden Gelände: Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes. 1959 hat er seine Tätigkeit an diesem Ort begonnen. Das große Grundstück am See hatte im Lauf der Jahrzehnte viele unterschiedliche Besitzer und Verwendungszwecke. 1905 baute Gustav Peemöller hier ein Hotel, 1939 wurde das Gebäude zur Landesführerschule umgebaut, 1944-47 war dort ein Lazarett für deutsche, später für englische Soldaten eingerichtet.
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Die Inschrift
Es starben den Heldentod für das Vaterland
Den Tapferen aus Dankbarkeit
Vier Jahre waren die Soldaten bei zunehmender Technisierung des Krieges vor allem für das maschinelle Töten zuständig. Soldaten beider Seiten harrten im Schlamm in den Schützengräben aus und mussten den Tod als etwas jederzeit Mögliches, Alltägliches hinnehmen. Diese Abstumpfung des Einzelnen thematisiert die Inschrift nicht – im Gegenteil: sie glorifiziert den heldenhaften Kampf.
»Sie starben den Heldentod« steht dann auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.
»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«
• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006, S. 89
»3701 Solinger fielen ›auf dem Felde der Ehre‹, wie es damals hieß. Zusammen mit fast zehn Millionen anderen jungen Männern sinnlos geopfert von einer Clique machtverwöhnter Aristokraten und Politiker, denen es – so weiß man heute – völlig egal war, wer da für sie starb.«
• Uli Preuss im Solinger Tageblatt, 9. November 2018
»Ende der 60er, Anfang der 70er gibt es in Deutschland einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Es kommen jüngere Historiker und jüngere Offiziere in verantwortliche Positionen, die vieles von dem was vor 1914 bis 1918 war hinterfragen, die auch ganz andere Fragen an die Vergangenheit stellen und an die entsprechenden Repräsentationen der Vergangenheit. Die sich fragen: Ist es noch zeitgemäß Erinnerungen zu pflegen, die Ausdruck von Aggression, Imperialismus und Hybris ist?«
• Michael Epkenhans, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam
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Die Geschichte
Das Denkmal so wie es 1919 eingeweiht wurde:

Auf der alten Postkarte ist zu sehen, dass das Monument aus Bruchsteinen mit hellen Fugen in drei Stufen als Pylon gemauert worden war. Ein Pylon ist ein massiver turmartiger Bau mit rechteckigem Grundriss und abgeschrägten Seitenwänden. Auf der untersten Stufe sehen wir nun den uns schon bekannten Granitsockel mit dem Stahlhelm zur Widmung »Den Tapferen aus Dankbarkeit«. Darüber die helle zweiteilige Tafel, auf der in drei Spalten die Namen der toten Soldaten aufgeführt sind. Nun folgt die Krone. Zu unterst erkennen wir das noch vorhandene Teil mit der Inschrift und siehe da: darauf ist noch eine Spitze gesetzt, auf der ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen thront. Auf der Naht zwischen den Kronenteilen ist ein Eisernes Kreuz angebracht, das militärische Ehrenzeichen.

Ostern 1932: die Freiwillige Feuerwehr Lütjensee hat sich vor dem »Ehrenmal« aufgestellt – mit Mann und Gerät.
• Die beiden Fotos stammen aus der »Chronik Lütjensee« von 1986.
Herzlichen Dank, dass wir sie hier zeigen dürfen.
Wie ist es nun zu der Dekonstruktion des Monuments gekommen? Über die Denkmalssituation in Lütjensee steht in den Lübecker Nachrichten
am 15. November 1953: »Ein Ausschuß, der die Ausgestaltung des Ehrenmals in der Dorfmitte am Kreiskurheim vorbereiten soll, wurde jetzt von der Gemeindevertretung gebildet. [...] Das Ehrenmal soll zusätzlich noch Tafeln mit den Namen der Gefallenen des zweiten Weltkrieges erhalten. Der Ausschuß soll dem Gemeinderat Vorschläge unterbreiten und Kostenvoranschläge vorlegen.«
Am 20. Oktober 1954: »Allgemein wird die Anlage einer neuen würdigen Heldengedenkstätte für die Gefallenen beider Weltkriege gedacht. Eine Erweiterung des bereits vorhandenen Ehrenmals für die Opfer von 1914/18 unter der Friedenseiche wird für unzweckmäßig gehalten, da diese Gedenkstätte unmittelbar an der Dorfstraße liegt und bei dem geplanten Ausbau der Straße direkt an der Fahrbahn steht. Vielmehr sollte eine wirkliche Weihestätte an ruhigerer Stelle – vielleicht im Hainholz am Platz des ›Opfersteins‹ genannten Findlings – geschaffen werden.«
Am 18. November 1956: »Auf dem Schulhof findet heute die Gedenkstunde für die Gefallenen der beiden Weltkriege statt, an der alle Organisationen, die Gemeinde und die Schule teilnehmen werden. Die Gedenkrede hält Pastor Steffen. Die Feier mußte auf den Schulhof verlegt werden, weil das Ehrenmal an der Dorfstraße dem Neubau der Betonstraße zu weichen hatte. Die Planungen für eine neue Gedenkstätte sind bereits im Gang.«
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Das neue Denkmal auf dem Friedhof
Wieder begleiten die Lübecker Nachrichten die Entwicklung.
Am 27. November 1954: »In einem Lichtbildervortrag erläuterten der Sachbearbeiter für die Planung von Kriegerdenkmälern bei der Landesregierung, Rose, und Kreisoberbaurat Schulz dem Lütjenseer Gemeinderat bei seiner letzten Sitzung die verschiedenen Möglichkeiten für den Bau einer neuen Heldengedenkstätte. [...] An Hand von Lichtbildern zeigte der Fachmann der Regierung den Gemeinderäten Beispiele, wie gute und schlechte Anlagen geschaffen werden können. Er empfahl, einen würdigen Platz nicht direkt an der Straße auszuwählen und mit der Ausführung nur einen ›wirklichen Könner‹ zu beauftragen. [...] Bei der anschließenden Diskussion vertrat die Mehrheit des Rates die Auffassung, daß das vorhandene Ehrenmal für die Opfer von 1914/18 wohl abgerissen und an anderer Stelle eine neue Gedenkstätte für beide Weltkriege aufgebaut werden müßte.«
Am 27. Februar 1957: »Die Pläne für ein neues Ehrenmal für die Gefallenen der beiden letzten Kriege nehmen in Lüthjensee feste Formen an. [...] Nach dem Entwurf eines Hamburger Gartenarchitekten will man die idealen natürlichen Voraussetzungen am Rande des künftigen Friedhofes ausnutzen. An Stelle eines vielfach üblichen Findlings oder Gedenksteins soll ein Kreuz auf der Anhöhe die Krönung bilden, während Steinplatten am Hang auf die Kriegsopfer hinweisen.«
Am 10. Oktober 1957: »Mit den Arbeiten zum Bau des neuen Ehrenmales, für das gegenwärtig noch in der Bevölkerung Spenden gesammelt werden, ist im Auftrag der Gemeinde bereits begonnen worden. Nachdem der Weg abgesteckt wurde, beginnen jetzt die Erdbewegungen. Das rund zehn Meter hohe Kreuz aus Eiche, das die Anlage krönen soll, wurde in Auftrag gegeben.
In einer Feierstunde am Volkstrauertag, dem 17. November, soll das neue Mal eingeweiht werden. [...] Die Kosten für das neue Ehrenmal sind auf insgesamt 25.000 Mark veranschlagt worden.«
Am 9. November 1958: »Weitere rund 3500 Mark hat die Gemeinde in diesem Herbst in den Ausbau des Ehrenmals für die Gefallenen gesteckt. Nachdem im Vorjahr das Holzkreuz auf einem kleinen Hügel errichtet wurde, ist in diesem Jahr das Ehrenplateau hergerichtet worden.
Außerdem wurden weitere Anpflanzungen vorgenommen. [...] Im nächsten Jahr schließlich sollen die Gedenktafeln angebracht werden. Wegen der hohen Kosten für das neue Ehrenmal wurden die Arbeiten auf mehrere Bauabschnitte verteilt.«
Am 20. Oktober 1960: »Das Ehrenmal für die Gefallenen beider Weltkriege, das in den letzten Jahren bereits abschnittsweise auf einem Hügel in der Nähe des Pastorats errichtet wurde, wird jetzt vervollständigt. Zwölf Gedenkplatten, die am Rande des gewundenen Weges zur Spitze, auf der das Holzkreuz steht, aufgestellt werden sollen, sind eingetroffen. Sie erhalten je eine der Jahreszahlen von 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945.
Die Platten sollen den Leidensweg des deutschen Volkes durch die bitteren Kriegsjahre versinnbildlichen und zugleich eine Mahnung für die Überlebenden sein.«

1987: die Denkmalsanlage auf dem Friedhof der Tymmo-Kirche
Foto (Ausschnitt): Kreisarchiv Stormarn, >internationale Lizenz 4.0

Auf jeder der zwölf Platten ist oben eine der Jahreszahlen der beiden Weltkriege in einer geschwungenen Schrift eingemeisselt, darunter ein Eisernes Kreuz. Das militärische Ehrenzeichen zeigt uns, dass hier der toten Soldaten gedacht werden soll.
Das Holzkreuz steht auf einer erhöhten Stelle, unweigerlich muss man an den Hügel Golgatha denken, auf dem den neutestamentlichen Evangelien zufolge Jesus von Nazaret gekreuzigt wurde. Das Kreuz steht heute für den christlichen Glauben, dass im Opfertod Jesu Gott den Menschen heilend nahegekommen ist.
Die Bedeutung von Leiden und Sterben Jesu Christ, EKD, 2015
Christliche Analogien sollen dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben und ihn als »Opfertod« verklären. »Kriege, in denen planvoll getötet und grausam gestorben wird, fordern die Sinnstiftungsleistung des Kollektivs der Überlebenden auf ganz besondere Weise heraus.« (Alexandra Kaiser, Von Helden und Opfern, Frankfurt/Main 2010, S.12)
»Frei stehende Kreuze stellen eine Beziehung zwischen dem Tod im Krieg und dem Erlösertod Jesu her.« (Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.135)
Dr. Karen Meyer-Rebentisch zitiert den ersten Pastor der Lutherkirche Lübeck: »Im Februar 1929 schrieb Pastor Mildenstein für den Lübecker Generalanzeiger einen Artikel, der angesichts der wirtschaftlichen Depression in Deutschland ermutigen sollte. Darin prophezeit er ›das Wunder einer neuen Zukunft unseres Volkes, wenn wir Jesu Kreuz sich erneuern sehen im tausendfachen Opfertod unserer Brüder. Ihr Opferblut ist Brunnenquell neuen Lebens! Ihre Glaubenskraft an ihre welterlösende vaterlandsbefreiende Großtat der Treue bis zum Tode ist wie Lebenswasser!‹«
Vortrag am 28.1.2017 in der Akademie Sankelmark
Bei der Planung 1954 wurde die künftige Denkmalsanlage »Heldengedenkstätte« genannt. Als sie 1960 fertig war, hieß es: »Die Platten sollen den Leidensweg des deutschen Volkes durch die bitteren Kriegsjahre versinnbildlichen« ohne darauf hinzuweisen, dass beide Weltkriege Angriffskriege Deutschlands und dass die toten Soldaten Beteiligte dieser verbrecherischen Kriege waren.
Heute, sagt Pastor Denecke, sei das Denkmal in Lütjensee ein Friedensmal.
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Der Stahlhelm
Die schlichte Darstellung des Stahlhelms auf dem Sockel des Kriegerdenkmals in Lütjensee:

Neben dem militärischen Ehrenzeichen Eisernes Kreuz ist die Darstellung des Stahlhelms das meist gezeigte Symbol auf Kriegerdenkmälern. Wie kam es zu dieser Wirkmacht?
Die neuen Methoden der Artilleriekampfes im 1. Weltkrieg erforderten einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Der Lazarettarzt Professor August Bier (nach ihm ist z.B. eine Klinik in Malente benannt) beobachtete höchst gefährliche Granatsplitterverletzungen des Gehirns in erschreckender Häufigkeit und entwickelte darum zusammen mit dem Ingenieur Dr. Friedrich Schwerd den neuen Helm aus Stahl, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30 000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.
Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

Plakat von Ludwig Hohlwein zum 10. Reichsfrontsoldatentag 1929
»Der Historiker Jürgen Kraus macht drei vorherrschende semantische Felder aus, die dem Stahlhelm in diesem propagandistischen Zusammenhang schon für die Zeit des Krieges zugeordnet werden können. Zum einen hoben die Kriegsanleiheplakate den einzelnen Soldaten aus dem ›massenhaften Elend der Materialschlachten‹ heraus, der nun ›gleichermaßen geschützt wie heroisiert durch den neuen Stahlhelm siegessicher als Heldenfigur auf den Plakaten erschien.‹ In seiner Funktion als Schutzhelm verwies er auf die Gefahren und den Tod auf dem Schlachtfeld und wurde von daher zum Symbol für die Front schlechthin. Viel stärker als die Pickelhaube, die nun endgültig als Symbol für das Militär abgelöst war, vermochte der Stahlhelm den veränderten Bedingungen des Krieges kurz vor dessen Ende auch symbolisch Rechnung zu tragen.
Ein zweites semantisches Feld ergab sich besonders in der zweiten Kriegshälfte aus »der Vorstellung der ›stählernen‹ Schutzwirkung des Stahlhelms«, die nahe legte, daß der so behelmte Soldat an der Front imstande war, dem permanenten Beschuß durch den übermächtigen Feind, dem ›Stahlgewitter‹, standzuhalten und damit ein Vorbild für den Durchhaltewillen an der Front und auch in der Heimat zu sein.
Das dritte semantische Feld folgt laut Kraus schließlich aus der großen formalen Ähnlichkeit des neuen Stahlhelms mit typischen Helmformen des Mittelalters. [...] Indem der Träger des Stahlhelms so in die Nähe der historischen Gestalt des Ritters ›als Repräsentant des deutschen Heeres‹ gerückt wurde, was auf zahlreichen Plakaten der Zeit in vielfältiger Weise geschah, konnte er als überzeitlicher ›Kämpfer für Deutschland‹ stilisiert werden, der ›ganz wie seine Vorkämpfer über die Jahrhunderte hinweg Unheil von Deutschland abzuwehren bestimmt war.‹«
• Aus Kriegsvolkskunde, Gottfried Korff (Hg.), Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V. 2005, S.130
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Der Kaiser-Wilhelm-Gedenkstein
Auf dem hellen, rundlichen Findling wurde auf der Frontseite eine Fläche geglättet. Darauf ist oben die schlichte Darstellung der deutschen Kaiserkrone zu sehen, darunter groß das »W« für Kaiser Wilhelm I., links daneben sein Geburtsjahr: 1797 und rechts daneben das Jahr seines 100. Geburtstages. Aus diesem Anlass wurde der Gedenkstein im Jahr 1897 gestiftet und aufgestellt. Am 22. März 1897 feiert man überall im Deutschen Reich den 100. Geburtstag des Kaisers Wilhelm I., der wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung von Kaiser Wilhelm II. nun zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde. Überall im Land wurden ihm zu Ehren Denkmäler enthüllt ...

... auch im Nachbarort Trittau. Dort hat die Stiftung Geschichtskultur ein erläuterndes Schild aufgestellt:
»Wilhelm I.
• Geboren am 22.3.1797 als Sohn von König Friedrich-Wilhelm III. von Preußen und Königin Luise
• Niederschlagung der Revolution 1848 (›Kartätschenprinz‹)
• König von Preußen 1861 - 1888
• Deutscher Kaiser 1871 - 1888
• Gestorben 1888. Ihm folgt Friedrich III. (99-Tage-Kaiser) und im gleichen Jahr Wilhelm II. (1888 - 1918)
Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck haben ihr Jahrhundert geprägt. Um beide entstand nach ihrem Tod eine kultische Verehrung. Kaiser Wilhelm II. förderte den Kult um seinen Großvater, für den zu dessen 100. Geburtstag das riesige Nationaldenkmal in Berlin, etwa 350 Denkmäler in deutschen Städten und zahlreiche Gedenksteine, wie hier in Trittau, eingeweiht wurden.«
»Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen wurde am 22. März 1797 in Berlin geboren. 1814 Hauptmann geworden, begleitete er seinen Vater auf dem Feldzug nach Frankreich gegen Napoleon I., erwarb sich das Eiserne Kreuz und zog am 31. März mit in Paris ein. Seit 1. Januar 1816 führte er das Stettiner Gardelandwehrbataillon, erhielt 1818 als Generalmajor eine Gardeinfanteriebrigade, am 1. Mai 1820 die 1. Gardedivision und 1825 als Generalleutnant das Gardekorps. In der langen Friedenszeit, half er den militärischen Geist in der Truppe zu erhalten. Nach dem Tod seines Bruders bestieg Wilhelm den preußischen Thron. 1862 berief Wilhelm Bismarck zum Ministerpräsidenten von Preußen und ließ sich im Wesentlichen von ihm lenken. Nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg wurde König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser ausgerufen.«
• nach www.deutsche-Schutzgebiete.de, aufgerufen am 28.11.2017
Zum Vertiefen: Dorlis Blume für das Deutsche Historische Museum
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»Up ewig ungedeelt«
Up ewig ungedeelt (Auf ewig ungeteilt) ist eine Passage des Vertrages von Ripen, in dem die Herrschaft in den Herzogtümern Schleswig und Holstein im Jahr 1460 geregelt wurde. Nachdem der Arzt, Dichter und Übersetzer August Wilhelm Neuber 1841 diesen Spruch in eins seiner Gedichte eingebaut hatte, wurde er zum Kampfbegriff der deutschen Schleswig-Holsteiner. 1844 forderte die Holsteinische Ständeversammlung: »Die Herzogtümer Schleswig und Holstein sind fest miteinander verbundene Staaten«.
Das Schleilied von August Wilhelm Neuber, das 1841 in einer Haderslebener Zeitung erschien und bald darauf von Carl Gottlieb Bellmann vertont wurde:
Sie sollen es nicht haben
Das heil’ge Land der Schlei!
Sie sollen es nicht haben
Das Land so stolz und frei.
Der Herzog hat’s geschrieben,
Den sich das Volk erwählt:
»Se schölln tosammen blieben
Op ewig ungedeelt!«

• Der Gedenkstein in Lütjensee ist annähernd ein halber Würfel aus weißem Gestein. Die Frontseite ist an der Oberfläche ockerfarben. Im ausgemeißelten, oben abgerundeten Schriftfeld sieht man wieder den weißen Stein. Die zarte Schrift ist graviert und mit schwarzer Farbe ausgefüllt.
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung, an die der Stein erinnert, entstand einige Jahre später im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.
Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.
Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.
Genaueres bei Wikipedia, abgerufen am 3.12.2019
»Up ewig ungedeelt« ist auch heute noch der Wahlspruch des Landes Schleswig-Holstein.
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