TRADITIONEN WERDEN GEPFLEGT

Kriegerdenkmäler in Schleswig-Holstein

»Die Auseinandersetzung mit den Denkmälern gehört zu unserer Erinnerungskultur. Dabei wird sichtbar, dass wir auch als Kirche lernen, die eigenen Verstrickungen in die Geschichte von Krieg und Gewalt kritisch zu beleuchten. Die Erinnerung ist notwendig, um in der Gegenwart Versöhnung zu leben und auch in Zukunft dem Frieden zu dienen.

Unter dem Motto: ›Erinnern – Erkennen – Gestalten‹ greift die Evangelische Akademie Hamburg einen Appell der Synode der Nordkirche auf, sich kritisch mit den vielen hundert Ehrenmalen im Lande auseinanderzusetzen.

Gerade die vielen öffentlichen Ehrenmäler zum ersten Weltkrieg zeigen den damals prägenden Einfluss nationalistischer und auch nationalsozialistischer Ideologie. Ehrenmale zum Zweiten Weltkrieg stehen nicht selten noch unter dem Einfluss der Formensprache jener Zeit.«

Gothard Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein


Die in den Dörfern und Städten Schleswig-Holsteins zahlreichen Kriegerdenkmäler sind oft im Zentrum des Ortes aufgebaut oder in eigene Grünanlagen integriert. Die häufig zu findenden Namenstafeln getöteter Soldaten, die der persönlichen Erinnerung dienen sollen, sind gleichwohl mit den verbreiteten Deutungen versehen: Verehrung der Soldaten als Helden, Verklärung ihres Todes als Opfer für König und Vaterland und Legitimation des Krieges bestimmen diese Denkmäler. Aufrufe zum Frieden und gegen Krieg finden sich eher selten. Soweit bekannt, werden diese Kriegerdenkmäler fast überall am Volkstrauertag für die traditionellen Rituale des Gedenkens genutzt. Einige sind weitgehend unbeachtet, zum Beispiel der überlebensgroße »Held« in Eckernförde und selbst Einheimischen nicht immer bekannt.

Ein Klick auf das Bild öffnet die Spalte mit Texten und Fotos zum Denkmal. Haben Sie weitere interessante Informationen oder historische Bilder zu den vorgestellten Kriegerdenkmälern? Dann würden wir sie gerne auf dieser Seite veröffentlichen.

Ein Klick auf den schwarzen Balken am Anfang der Denkmaldokumentation von

Ahrensburg   Bünningstedt   Hoisbüttel

öffnet die Berichte über die temporäre Kunstaktion der Evangelischen Akademie in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus am Schüberg im Sommer 2014: »Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen«.

Fotos: Marlise Appel, Evangelische Akademie der Nordkirche, wenn nicht anders angegeben.

 


I N H A L T
Das Denkmal
Die Findlinge 1956
Die Erweiterung 1986
Volkstrauertag 2016
Volkstrauertag 2017
Die Einweihung
Die Geschichte
Postkarte aus Wahlstedt

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Wahlstedt, Kreis Segeberg

Auf dem Waldfriedhof hinter der Christuskirche

Die Gedenkstätte für die Toten beider Weltkriege ist auf und um einen frühgeschichtlichen Grabhügel nach der Idee und dem Entwurf des Landschaftsarchitekten Hans Kidery aus Plön 1956 errichtet worden. Ein spiralförmiger Weg führt zum fünf Meter hohen Kreuz aus einem einzigen grau-weißem Granitstein aus dem Fichtelgebirge, das der Bildhauer Friedrich Eichstaedt aus Munster entworfen und gefertigt hat. Auch die um den Hügel herum liegenden Granitfindlinge mit den symbolträchtigen Ortsnamen mit Bezug zu beiden Weltkriegen und den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs sind sein Werk. Letzteres und die Tafel des alten Kriegerdenkmals zum 1. Weltkrieg liegen flach neben Bänken aus Findlingen und halbierten Eichenstämmen auf dem Weg hoch zum Kreuz. Die Bänke wurden 2004 nach altem Vorbild erneuert. Am 18. November 1956 wurde die Gedenkstätte eingeweiht. Pastor Wolf tat dies mit den Worten: »So sei denn dieses Werk geweiht als ein Ehrenmal unauslöschlichen Dankes den Gefallenen, ein Gedächtnis schwerster Zeit unseres Volkes, ein Mahnen zu ganzer Treue den kommenden Geschlechtern.«

SH Wahlstedt Wald web


Der Blick vom Friedhof auf die Gedenkstätte am Rand des weiträumigen, bewaldeten Geländes.

 

SH Wahlstedt Kreuz web


Die Anlage mit viel Heidekraut und niedrigen Sträuchern wird von der Stadt instand gehalten.

     SH Wahlstedt Kreuz Kirche web


Das Hochkreuz aus einem Granitstein, grob bossiert, das in der Anmutung einem keltischen Kreuz ähnelt.

Ein Keltenkreuz, Hochkreuz oder irisches Kreuz ist ein Element der frühmittelalterlichen und mittelalterlichen sakralen Kunst im keltischen Kulturraum der britischen Inseln und Irlands. Es ist ein Balkenkreuz mit verlängertem Stützbalken meist aus Stein gehauen, bei dem um den Schnittpunkt der Balken ein Ring liegt. Die ursprünglichen irischen Hochkreuze fanden sich nicht auf Grabstätten, sondern markierten dekorativ ein besonderes Gebiet oder heiliges Land. Sie waren auch regionale gesellschaftliche Treffpunkte, um die herum Feiern abgehalten wurden.

Nach Wikipedia, abgerufen am 29.3.2018

 

SH Wahlstedt Inschrift web

Die in zwei Zeilen umlaufende Inschrift am Fuß des Kreuzes lautet:

Alles Leid der Welt ist klein vor Gottes Zukunft

Auf den Findlingen der Denkmalsanlage wird an viel Leid erinnert. Das Leid von heldenhaften Wehrmachtssoldaten, von in Konzentrationslagern Ermordeten, von Heimatvertriebenen, von zivilen Bombenopfern in Deutschland – nicht in anderen Ländern, von politischen Gefangenen wird hier ohne Unterscheidung nebeneinander gestellt. Nicht jedes Leid auf dieser Liste ist klein vor Gottes Zukunft!

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Die Findlinge 1956

Am Fuß des Hügels sind 1956 im großen Kreis 12 unterschiedlich geformte Findlinge bzw. behauene Stelen, die an »Kampfstätten aus beiden Weltkriegen« (Chronik Wahlstedt 1958) erinnern, deren Symbolik nicht immer eindeutig ist.

 

     SH Wahlstedt Montecasino web

Monte Cassino: Die Schlacht um Monte Cassino vom 17. Januar bis zum 18. Mai 1944 war eine der längsten und blutigsten Schlachten des 2. Weltkriegs. Der verlustreiche Kampf hielt den Vormarsch der Alliierten für eine Weile auf. Erst am 25. Mai konnten die allierten Truppen den Weg nach Nazi-Deutschland über Rom fortsetzen.

In der Schlacht um die Stadt und den Berg von Cassino, bei der 105 000 alliierte und 80 000 deutsche Soldaten kämpften, starben rund 20 000 deutsche und bis zu 55 000 alliierte Soldaten. Das 1300 Jahre alte Benediktinerkloster in 516 Meter Höhe wurde zerstört.

Nach der Schlacht wurde die Kampfmoral der beteiligten deutschen Fallschirmjäger in der NS-Propaganda glorifiziert; der deutsche Abzug wurde nicht erwähnt.

 

     SH Wahlstedt Dresden web

Dresden: Vom 13. bis 15. Februar 1945 griffen Bomberverbände der britischen und US-amerikanischen Luftwaffe mehrfach Dresden an, das bis dahin vom Krieg weitgehend unversehrt geblieben war. Etwa 600.000 Menschen lebten zu diesem Zeitpunkt in der Stadt, außerdem hielten sich mehrere Hunderttausend Flüchtlinge in ihr auf. [...] Rund 75.000 Wohnungen wurden zerstört, 25.000 Menschen kamen ums Leben. [...] Über nahezu jede Frage, die sich an die Bombardierung Dresdens stellt, ist gestritten worden. Eine von ihnen ist die nach der militärischen Notwendigkeit des Angriffs. Eine andere ist die nach der Zahl der Toten, die von Nazi-Propagandisten auf bis zu 200.000 geschätzt worden war. 

Die Nazis, aber später auch die SED, kultivierten das Bild von der unschuldigen Stadt, die alliiertem Terror zum Opfer gefallen sei. [...] Und immer noch faseln Neonazis an den Gedenktagen vom alliierten »Bombenholocaust«.                

»Der Weg unseres Gedenkens«, sagte hingegen die christdemokratische Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz im vergangenen Jahr, »führt uns zu den Opfern der Nazis nach deren Machtergreifung, zu den brennenden Synagogen und zu den Toten des Krieges, den Deutschland mit dem Angriff auf Polen begann. Dieser Weg lässt uns an Coventry, St. Petersburg und die vielen Städte denken, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Dieser Weg des Erinnerns erspart uns nicht den Blick in die Gaskammern von Auschwitz.« [...]  

Seitdem hat sich die Anzahl ziviler Opfer in den weltweiten Konflikten ständig erhöht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag das Verhältnis von getöteten Soldaten zu zivilen Opfern noch bei 8 zu 1. Im Jahr 2000 hatte sich das Verhältnis genau umgekehrt.

Zitiert nach Zeit Online Wissen

Europas Schreckensnächte: Dresden

 

     SH Wahlstedt Stalingrad web


Stalingrad:
Die Vernichtung der deutschen 6. Armee und verbündeter Truppen 1942/1943 in der Schlacht von Stalingrad gilt als psychologischer Wendepunkt des im Juni 1941 von Nazi-Deutschland begonnenen Deutsch-Sowjetischen Krieges.

Der Industriestandort Stalingrad war ein operatives Ziel der deutschen Kriegführung und sollte als Ausgangspunkt für den eigentlichen Vorstoß in den Kaukasus dienen. Nach dem deutschen Angriff auf die Stadt im Spätsommer 1942 wurden in Folge einer sowjetischen Gegenoffensive im November 1942 über 230 000 Soldaten der Wehrmacht und ihrer Verbündeten von der Roten Armee eingekesselt. Obwohl die Lage der nur unzureichend versorgten Soldaten aussichtslos war, bestanden Hitler und die militärische Führung auf einer Fortführung der Kämpfe. Die meisten Soldaten stellten Anfang 1943, zum Teil auf Befehl, zum Teil aus Material- und Nahrungsmangel die Kampfhandlungen ein und gingen in Kriegsgefangenschaft, ohne dass es zu einer offiziellen Kapitulation kam. Rund 10 000 versprengte Soldaten, die sich in Kellern und der Kanalisation versteckt hielten, setzten ihren Widerstand noch bis Anfang März 1943 fort. In den Kämpfen von Stalingrad kamen über 700 000 Menschen ums Leben, die meisten davon Soldaten der Roten Armee.

Die Schlacht wurde sowohl von der NS- als auch von der Sowjetpropaganda noch während des Krieges instrumentalisiert und ist mehr als jede andere Schlacht des 2. Weltkriegs noch heute im kollektiven Gedächtnis verankert.

    

     SH Wahlstedt Kurland web 


Kurland: Kurland war und ist ein Teil von Lettland. Nach Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges 1941 war das lettische Territorium bis zur schrittweisen Rückeroberung durch die Rote Armee ab Sommer 1944 von deutschen Truppen besetzt. In der Kesselschlacht von Kurland wurden die deutsche Heeresgruppe sowie Luftwaffen- und Marineeinheiten ab Oktober 1944 eingeschlossen.

In den sechs verlustreichen »Kurlandschlachten« von Oktober 1944 bis März 1945 wehrten die eingeschlossenen Wehrmachtverbände, unterstützt von lettischen SS-Einheiten, alle sowjetischen Offensiven ab.

Als am 8. Mai 1945 die Heeresgruppe Kurland im Rahmen der Gesamtkapitulation der deutschen Streitkräfte die Waffen niederlegte, wurden über die Häfen Windau und Libau bis zum 9. Mai 1945 Flüchtlinge, Verwundete und Heereseinheiten evakuiert.

42 Generäle, 8038 Offiziere, 181 032 Unteroffiziere und Soldaten gerieten in sowjetische Gefangenschaft, die etwa 14 000 lettischen SS-Angehörigen, die zu der Zeit schon zwangsrekrutiert worden waren, wurden als »Verräter« bestraft. Einige von ihnen setzten als »Waldbrüder« den bewaffneten Kampf bis 1953 fort.

nach Wikipedia, abgerufen am 28.3.2018

Am 9. Mai 1945 war auch für die deutsche Heeresgruppe Kurland der Krieg endlich zu Ende. Hitler hatte ihren Rückzug verboten. Für einen irrsinnigen Plan, sagt der Historiker und Oberst a.D. Karl-Heinz Frieser in einem Interview mit Welt.de vom 9.5.2015

In Kurland verschliss Hitler seine beste Truppe


Am 5.2.1945 teilte Kommandeur Janischkeit der Ehefrau von Leutnant Christophe seinen Tod bei den Abwehrkämpfen in Kurland mit: »Von dem großen Idealismus der Zeit erfüllt, fand er in treuer Pflichterfüllung für Führer und Volk den Heldentod, damit Deutschland lebe.«

Brief dokumentiert auf www.kurland-kessel.de

 

     SH Wahlstedt Narvik web


Narvik:
Narvik ist eine norwegische Stadt nördlich des Polarkreises. Im Zuge der nationalsozialistischen Unternehmung »Weserübung« Anfang April 1940 besetzte Wehrmachtskommandeur Eduard Dietl, beauftragt durch persönliche Intervention von Hitler, mit seinen Gebirgsjägern die Stadt. Für die deutsche Kriegsindustrie war das Eisenerz der schwedischen Grube Kiruna von strategischer Bedeutung. Von Narvik aus wurde es ins Deutsche Reich verschifft – meistens in den Emder Hafen, der fast während des gesamten 20. Jahrhunderts (!) der Hauptumschlagplatz von Erz für die Eisenhütten u.a. der Waffenindustrie im Ruhrgebiet war.

Im Juni 1940 standen nach erbitterten Kämpfen in der »Schlacht um Narvik« 2 000 Gebirgsjäger und 2 500 Marinesoldaten rund 25 000 alliierten Soldaten gegenüber, bis der Westfeldzug die Alliierten veranlasste, ihre Truppen abzuziehen. Die bevorstehende Niederlage der Deutschen war abgewendet und sie besetzten Narvik erneut. Diesen vermeintlichen Sieg feierte die NS-Propaganda als Beweis des deutschen Kampfeswillens.

Im Juli 1940 beförderte Hitler Dietl, den »Helden von Narvik«, zum General der Gebirgstruppen und verlieh ihm als erstem Offizier der Wehrmacht das Eichenlaub zum Ritterkreuz. In der deutschen Öffentlichkeit erwarb sich Dietl einen nahezu legendären Ruf.

Dietl 1942 nach der Beförderung zum Generaloberst: »Wir müssen aus innerster Überzeugung an unseren obersten Befehlshaber glauben und mit heiliger Begeisterung die Aufgabe, die der Führer der Wehrmacht gestellt hat – die Erringung des Endsieges – erfüllen.«

Anlässlich des 20. Jahrestages des Hitler-Putsches ließ Dietl am 9. November 1943 verlautbaren: »Der Frontsoldat weiß, daß es sich um den Schicksalskampf des deutschen Volkes handelt, daß sich die Juden der ganzen Welt zusammengeschlossen haben zur Vernichtung Deutschlands und Europas. […] Der Krieg ist der unerbittliche Läuterer der Vorsehung. Ich erkläre feierlich: Ich glaube an den Führer!«

Auf dem Weg zu einer Besprechung mit Hitler auf dem Berghof im Juni 1944 zerschellte sein Flugzeug. Die Trauerfeier mit Hitlers Rede zum »Typ des nationalsozialistischen Offiziers« am Beispiel Dietls wurde im Radio übertragen.

Im Mai 1964 wurde eine Kaserne der Bundeswehr in Füssen nach Dietl benannt. Ein Jahr später wurde sein militärischer Rang »Generaloberst« der Namensgebung hinzugefügt. Pax Christi forderte im Februar 1988 die Umbenennung. Wütende Reaktionen folgten. Der Petitionsausschuss des Bundestages hingegen empfahl, durch Aufklärung der Truppe Verständnis für die Umbenennung der Kaserne zu wecken. Eine Umbenennung wäre zugleich ein Beitrag zur »Aufarbeitung der jüngsten deutschen Vergangenheit«. Der örtliche CSU-Abgeordnete Kurt Rossmanith hielt dagegen: »Generaloberst Dietl war und ist für mich auch heute noch Vorbild in menschlichem und soldatischem Handeln.« Erst im November 1995 erhielt die Kaserne den Namen »Allgäu-Kaserne«.

nach Wikipedia, abgerufen am 29. März 2018

Dietls Biografie auf der Website Lemo »Lebendiges Museum online« des Deutschen Museums:

Eduard Dietl

 

     SH Wahlstedt Berlin web

Berlin:
Woran soll erinnert werden: An Berlin, die »Welthauptstadt Germania«, die laut Hitlervertrautem Henry Picker zum Mittelpunkt des großgermanischen Weltreichs gemacht werden sollte? An den Selbstmord Hitlers im Führerbunker unter der Reichskanzlei? An die durch den »Eisernen Vorhang« geteilte Stadt im Kalten Krieg ab Juni 1948? An Berlin als Kaiserresidenz der Hohenzollern?


     SH Wahlstedt Somme web


Somme:
Die Schlacht an der Somme war mit über einer Million getöteten, verwundeten und vermissten Soldaten die verlustreichste Schlacht an der Westfront während des 1. Weltkriegs. Durch die vom deutschen Heer im Februar 1916 begonnene Schlacht um Verdun wurde die französische Armee stark geschwächt, so dass die britischen Streitkräfte mit der Offensive an der Somme ihre Verbündeten entlasten sollten. Sie begann am 1. Juli 1916 und wurde am 18. November desselben Jahres ohne eine militärische Entscheidung abgebrochen.

Von den etwa 120 000 britischen Soldaten wurden am ersten Tag über 19 000 getötet, davon alleine 8 000 in der ersten halben Stunde, und fast 36 000 verwundet. Zusätzlich wurden etwa 2 100 Mann als vermisst gemeldet. Einzelne Regimenter verloren weit über die Hälfte ihrer Soldaten, ganze Divisionen galten als nicht mehr existent. Der erste Tag der Schlacht an der Somme wurde wegen der hohen Verluste »schwärzester Tag der britischen Militärgeschichte« genannt. Charakteristisch für die Schlacht war vor allem der äußerst bedenkenlose Umgang mit Menschenleben.

Die in der Folge groß angelegten Materialschlachten führten nicht zu der vom britischen General Haig erhofften völligen Zermürbung des deutschen Heeres. Trotz Stolz auf Tapferkeit und Kriegstaktik kamen auf Seiten der deutschen Führung und Truppe nun aber erstmals Zweifel am siegreichen Ausgang des Krieges auf. Zu groß war die Überanstrengung der Truppen und der mittlerweile deutliche Mangel an erfahrenen Offizieren und Unteroffizieren.


     SH Wahlstedt Skagerrak web


Skagerak:
Ist der Name eines Teils der Nordsee zwischen der dänischen Nordküste Jütlands, der Südküste Norwegens und der Südwestküste Schwedens. Ende Mai 1916 fand im Westen dieses Meeresgebietes die größte und verlustreichste Seeschlacht des 1. Weltkrieges zwischen der deutschen Hochseeflotte und der britischen großen Flotte der Royal Navy statt. Die Briten hatten deutlich höhere Verluste an Menschenleben und Schiffen zu beklagen, obwohl sie stärkere Kräfte in die Schlacht führten. Der Erfolg der deutschen Seite bestand darin, ein Unentschieden erreicht zu haben, das war jedoch nicht kriegsentscheidend.

Trotzdem wurde die Skagerrak-Schlacht in den Jahren der Weimarer Republik von den rechten Parteien regelmäßig als großer Sieg über die Übermacht der Briten gefeiert. Nach ihr wurden in der NS-Zeit zahlreiche Straßen, Brücken und Plätze benannt. In Wilhelmshaven fanden zum Beispiel bis Ende der 1960er Jahre Skagerrakfeiern mit Umzügen, Paraden und Kranzniederlegungen statt.

     SH Wahlstedt Skagerrak WHV 1 web


Gedenkstein für die toten Soldaten der Schlacht am Skagerrak auf dem Ehrenfriedhof in Wilhelmshaven.

SH Wahlstedt Skagerrak WHV 2 web


Inschrift auf der Kranzschleife – bis heute unkommentiert:
Den in der Schlacht am Skagerrak am 31. Mai 1916 nach heldenhaftem siegreichem Kampfe gefallen und mit SMS Lützow auf dem Meeresgrunde ruhenden Kameraden zum dauernden Gedächtnis

Die Seeschlacht inspirierte damals bekannte Künstler und Schriftsteller zu Werken mit heroischem Grundgefühl.


SH Wahlstedt Verdun web


Verdun:
Der Ort Verdun steht für eines der blutigsten Kapitel des 1. Weltkriegs. Ganze Armeen fielen im Kampf um wenige hundert Meter Boden. Bis heute ist das sinnlose Massensterben an den Fronten des Städtchens Verdun, 240 Kilometer vor Paris, ein Symbol für das menschenverachtende Antlitz des 1. Weltkrieges. [...]

1914 versuchten die deutschen Streitkräfte, in einem schnellen Aufmarsch im Westen die französischen Armeen einzukesseln und vernichtend zu schlagen. Der Versuch scheiterte, die alliierten und die deutschen Heere standen sich auf einer Frontlänge von rund 700 Kilometern von der belgischen Küste bis zur Schweiz gegenüber. [...]

Nachdem im Jahr 1915 die alliierten Streitkräfte wiederholt vergeblich versucht hatten, an einem begrenzten Frontabschnitt die deutsche Linie niederzuwalzen, ging die Oberste Heeresleitung im Frühjahr 1916 zur groß angelegten Offensive bei der französischen Maasfestung Verdun über. Verdun, herausragender Eckpfeiler der französischen Frontlinie, lag strategisch wichtig auf den Höhen über der Maas am östlichen Ende der französischen Grabenlinie. Verdun war darüber hinaus ein Symbol der französischen Widerstandskraft. [...]

Trotz des in seinem Ausmaß bis dahin einmaligen Einsatzes von Menschen und Waffen führte das mörderische Ringen auf keiner der beiden Seiten zu irgendeinem strategischen oder taktischen Vorteil. [...] Abertausende der eigenen Männer fielen in diesem sinnlosen Kampf für eine Handvoll unbedeutender Geländegewinne – ein Kampf, der längst irrationalen Charakter angenommen hatte und bald darauf vielfach heroisiert und mythisch verklärt wurde.

• zitiert nach www.planet-wissen.de

Entscheidungssuche an der Westfront


Wie die meisten Schlachten wurde auch der Kampf vor Verdun nach dem verlorenen 1.Weltkrieg nicht als wirkliche Niederlage der deutschen Armee gedeutet. Dies wurde vor allem gestützt durch die von den nationalen Kräften in Deutschland verbreitete Dolchstoßlegende.


Aus der Chronik Wahlstedt von 1958: »Das gesamte Steinmaterial wurde von Bildhauer Friedr. Eichstaedt mit großer Liebe und Sachkenntnis ausgesucht und bearbeitet. [...] Jede einzelne Stele aber möchte, ebenso wie das Kreuz selbst, etwas aussagen: so sollten z.B. der schwere zerklüftete Findling Verdun das durch Trommelfeuer immer wieder umgepflügte Kampfgelände um Verdun, der aufrechte Stein für Langemark die aufrecht in den Tod gegangenen Freiwilligen von 1914/15, der ähnlich einer Woge auslaufende Stein für Skagerrak den Tod zu Wasser symbolisieren.«

 

     SH Wahlstedt Langemark web


Langemark:
Mit dem Deutschlandlied auf den Lippen opferten sich vor 100 Jahren heldenhaft deutsche Studenten und Schüler bei der Schlacht um ein Dorf in Flandern – dieser Mythos lebt bis heute. [...]
Am frühen Morgen des 10. November 1914 sprangen auf ein Pfeifensignal hin 2000 deutsche Soldaten aus ihren Gräben auf. Nahe dem flämischen Langemark stürmten sie mit aufgepflanzten Bajonetten gegen den Feind – sie liefen geradewegs ins Verderben. An den Hügeln vor ihnen hatten sich erfahrene französische und belgische Soldaten zusammen mit englischen Berufssoldaten eingegraben. Ihr Maschinengewehrfeuer mähte die Angreifer einfach nieder.

Die Meldung, die die Oberste Heeresleitung des Deutschen Reichs am Tag darauf veröffentlichte, liest sich ganz anders. Sie legte den Grundstein für einen bis heute verbreiteten fatalen Mythos: »Westlich Langemark brachen junge Regimenter unter dem Gesang ›Deutschland, Deutschland über alles‹ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie. Etwa 2000 Mann französischer Linieninfanterie wurden gefangen und sechs Maschinengewehre erbeutet.« [...]

Die Wahrheit stirbt im Krieg häufig zuerst. Der Bericht der Heeresleitung vom 11. November zeugt davon. Denn nicht einmal der angegebene Ort der Schlacht ist korrekt. Tatsächlich hatten die Soldaten sechs Kilometer enfernt von Langemark gekämpft, bei Bixschote in der belgischen Provinz Westflandern. Historiker vermuten, dass die Generäle den Ort wegen des deutsch klingenden Namens ausgewählt haben und weil er dem als typisch deutsch empfundenen und verehrten Namen »Bismarck« des ehemaligen Reichskanzlers ähnelte. [...]

Viele deutsche Tageszeitungen druckten die Meldung der Obersten Heeresleitung am nächsten Tag auf ihrer Titelseite. So auch die Frankfurter Zeitung. Sie schufen damit das Bild eines blind gehorchenden, patriotischen Soldaten, der das Deutschlandlied singend, gegen den Feind stürmt und sein Leben bereitwillig für das Vaterland opfert. Die Generäle hatten das tatsächliche Gemetzel von Langemark erfolgreich zu einem »Opfergang der deutschen Jugend« stilisiert und damit ihr Versagen bei der Schlacht verschleiert. Der Mythos von Langemark war geboren. Eine Legende, die in der Weimarer Republik Auftrieb erhielt, während der nationalsozialistischen Herrschaft ihren Höhepunkt erlebte [...]

Sie setzten den Mythos ein, um der Jugend jenes Bild vom selbstlosen, sich bedingungslos für das Vaterland opfernden Soldaten einzuimpfen, das die Oberste Heeresleitung mit ihrer Falschmeldung 1914 entworfen hatte. Die Schlacht von Langemark sollte zu einem Symbol für die Volksgemeinschaft werden. So übernahm 1934 die Hitlerjugend von der Deutschen Studentenschaft die Patenschaft für das Ehrenmal in Flandern. Und Hermann Göring ordnete an, deutschlandweit Straßen, Plätze und Schulen nach Langemark zu benennen. Viele Straßen und Plätze tragen den Namen bis heute.

• Zitiert nach www.faz.net vom 10.11.2014

Langemarck, der verschleierte Irrsinn

 

     SH Wahlstedt Tannenberg web


Tannenberg:
Anders als der 2. Weltkrieg, so liest man oft, habe der 1. Weltkrieg das Deutsche Reich im Osten kaum berührt. Doch das ist falsch: 1914/15 wurde Ostpreußen schrecklich verwüstet. [...]

Dem Schlieffen-Plan gemäß blieb Ostpreußen im Zweifrontenkrieg nur schwach verteidigt; erst sollte Frankreich rasch niedergeworfen werden, dann wollte man sich nach Osten wenden. [...]

Zum Schutz ist allein die 8. Armee unter Generaloberst Maximilian von Prittwitz vorgesehen. Damit stehen insgesamt 173 000 Deutsche einer Übermacht von 485 000 Russen gegenüber. Am 17. August kommt es zum ersten größeren Gefecht bei Stallupönen. Drei Tage später überlässt Prittwitz den Russen bei Gumbinnen voreilig das Feld und ordnet den Rückzug an. Schon kursiert das Gerücht, er habe die gesamte Provinz preisgegeben. Rasch entbindet Generalstabschef Helmuth von Moltke den glücklosen Prittwitz von seinen Aufgaben und schlägt dem Kaiser als Nachfolger den 67-jährigen Paul von Hindenburg und den ehrgeizigen, 49-jährigen Erich Ludendorff vor. [...]

Bis zum 30. August gelingt es Hindenburgs Truppen, die Armee Samsonows im Raum von Tannenberg zu umzingeln. Binnen weniger Tage zwingt er die Russen zur Aufgabe – das westliche Masuren ist wieder frei. [...]

Hindenburg weiß den Sieg gut zu nutzen – vor allem für sich selbst. Nach der ersten großen Niederlage im Westen, dem Desaster an der Marne, nur wenige Tage nach Tannenberg, braucht die deutsche Seele dringend einen Helden. Er bietet sich an. [...]

Mit dem Hindenburg-Kult gelingt es den rechten Feinden der Demokratie, die Abneigung gegen die deutsche Republik dauerhaft zu verfestigen. Zum zehnten Jahrestag der Schlacht wird in Tannenberg eine monumentale, Stonehenge-ähnliche Denkmalanlage eröffnet. Die Nationalsozialisten inszenieren hier bald große Auftritte. [...]

Durch diese fatale Überhöhung wurde Ostpreußen zu einem germanischen Bollwerk stilisiert, unbezwingbar im weiten slawischen Osten. Es war ein folgenschwerer Mythos, der dann im 2. Weltkrieg noch einmal beschworen wurde. So hofften im Winter 1944/45 viele Ostpreußen auf ein neues Tannenberg: Doch diesmal blieb die Rettung aus. Deutschlands östlichste Provinz versank in den Trümmern des »Dritten Reiches«.

• Zitiert nach www.zeit.de vom 13.2.2014

Der Mythos von Tannenberg



SH Wahlstedt El Alamein web


El Alamein:
Durch Verlegung deutscher Luft- und Seestreitkräfte von Südeuropa nach Nordafrika gelang es Erwin Rommel im Januar 1942, die zwei Monate zuvor begonnene britische Offensive Crusader mit einem überraschenden Gegenangriff zu stoppen. Massive Luftangriffe deutscher Sturzkampfbomber (Stukas) begünstigten den deutsch-italienischen Vormarsch nach Tobruk. Die britische Festung kapitulierte nach heftigen Kämpfen am 21. Juni. Unter Ausnutzung des psychologischen Vorteils nach dem Sieg befahl der inzwischen zum Generalfeldmarschall beförderte Rommel die Verfolgung des Gegners. [...]

Obwohl die in der Panzergruppe Afrika formierten deutsch-italienischen Verbände mit 60 zu 160 Panzern in Unterzahl waren, stießen sie am 30. Juni 1942 bei El Alamein an die letzte britische Verteidigungsstellung vor Alexandria. Ihrer beweglichen Kampfführung waren die schwerfälligen britischen Panzer unterlegen, die zudem durch die im Panzerabwehrkampf wirkungsvoll eingesetzten 8,8 cm-Flakgeschütze erhebliche Verluste erlitten. [Sie] scheiterten jedoch an einem Vorstoß durch die Verteidigungslinie aufgrund britischer Überlegenheit. [...]

Als die 8. Armee unter Bernard L. Montgomery am 23. Oktober zum Angriff überging, standen knapp 100.000 deutsche und italienische Soldaten mit 550 Panzern etwa 230.000 britischen, südafrikanischen, indischen und neuseeländischen Soldaten mit über 1.200 Panzern gegenüber. [...] Als die Briten am 2. November 1942 die deutschen Stellungen durchbrachen, verfügte Rommel gegen den Befehl Hitlers den Rückzug seiner fast völlig aufgeriebenen und erschöpften Truppen nach Libyen.

Lesen sie weiter bei »Lebendiges Museum online« des Deutschen Museums


»Die letzte Schlacht«, Artikel aus dem »Spiegel« 1967


     SH Wahlstedt 1939 1945 web


Der Stein mit den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs am Ende des Wegs zum Hochkreuz.

 

SH Wahlstedt 1WK Bank web


Die Tafel des alten Denkmals, das den getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs gewidmet war, liegt flach neben einer von zwei Bänken, die auf dem Weg zum Kreuz nach altem Vorbild 2004 erneuert worden sind.

 

SH Wahlstedt 1WK Helm web


Im Medaillon ein Stahlhelm auf einem Lorbeerzweig im Relief.

 

SH Wahlstedt 1WK Inschrift web   
Die Inschrift lautet:
Den Tapferen, die für uns gefallen gewidmet
Die dankbare Gemeinde

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Die Erweiterung 1986

In diesem Jahr wurde der Denkmalsstätte ein innerer Steinkreis bestehend aus vier Findlingen – keine Stelen – hinzugefügt. Sie tragen wieder Ortsnamen. Man wollte jetzt jedoch nicht nur der Schlachten gedenken – Schlachten, die oft durch Legendenbildung den Mythos des tapferen, sich in bedingungsloser Treue für das Vaterland opfernden, deutschen Soldaten nährten. Horst Meyer-Jungclaussen, damals der Vorsitzende der Volkshochschule Wahlstedt, beantragte beim Kirchenvorstand das Aufstellen eines Steines für Auschwitz. Pastor Meyns war das Gedenken an die Ermordung der Juden zu einseitig, er wollte auch an anderes Leid erinnern und hat den Stein »Frisches Haff« und die beiden anderen »Plötzensee« und »Workuta« gefordert. Der Kirchenvorstand hat die Erweiterung dann in der Sitzung am 10. September 1986 einstimmig bei drei Enthaltungen beschlossen. Zur Finanzierung wurde im Protokoll festgehalten: »1 Stein finanziert die Friedensgruppe [vermutlich Auschwitz], 2 die Stadt Wahlstedt und 1 die Kirchengemeinde [vermutlich Frisches Haff]. Die Kosten in Höhe von DM 1.600,- [für den Stein der Kirchengemeinde] werden finanziert aus der Rücklage.« Der heutige Propst des Kirchenkreises Plön-Segeberg Erich Faehling nahm damals als Vikar der Kirchengemeinde an der Sitzung teil.

Wir danken Angelika Remmers, Vorsitzende der Volkshochschule Wahlstedt und Cathrin Christensen vom Kirchenkreisarchiv für die Informationen.

 

SH Wahlstedt Frisches Haff web


Frisches Haff: Januar 1945: Auf breiter Front überschreitet die sowjetische Armee die deutschen Grenzen im Osten. Die abgekämpften deutschen Truppen, unter ihnen Jugendliche und alte Männer, haben dem Ansturm nichts entgegenzusetzen. Aus Angst vor Vergeltung für den Vernichtungskrieg der Wehrmacht begeben sich Hunderttausende Menschen in Ostpreußen, aber auch in Pommern und Schlesien auf die Flucht. Manche reisen sofort mit dem noch planmäßig verkehrenden Schnellzug ab, andere warten bis zum letzten Augenblick, auch, weil die NS-Behörden eine Flucht anfangs verbieten. [...] Schon nach zehn Tagen haben sowjetischen Panzer, die überraschend aus dem südliche Ostpreußen vorgestoßen sind, bei Elbing die Küste erreicht – wenige Kilometer vor Danzig. Dadurch ist der Fluchtweg nach Westen abgeschnitten. Der einzige Ausweg ist nun die weiter nördlich gelegene Strecke Richtung Ostsee, nach Königsberg, der Provinzhauptstadt, und weiter nach Pillau (heute Baltjisk). Der kleine Ort verfügt über zahlreiche Hafenbecken und liegt 50 Kilometer westlich an der Einfahrt ins Frische Haff. [...] Bis Mitte Februar werden über den Pillauer Hafen mehr als 200.000 Menschen abtransportiert, 50.000 Flüchtlinge setzen hier zur Frischen Nehrung über. Oft bleibt der Schiffsraum aber auch dem Abtransport von Soldaten, Waffen und Militärfahrzeugen vorbehalten. [...] An der Rettungsaktion über die Ostsee waren mehrere Hundert Schiffe beteiligt. Wie viele Menschen über den Seeweg gerettet wurden, ist bis heute ungeklärt. Die Zahlen schwanken zwischen 800.000 und 2,5 Millionen. Mehr als 20.000 Menschen starben bei Schiffsuntergängen. [...]

Ein Großteil der Ostdeutschen bleibt in Schleswig-Holstein, das in der späteren Bundesrepublik mit einer Million aufgenommener Menschen zum Land mit den meisten Flüchtlingen wird. In manchen Städten und Dörfern verdoppelt sich die Einwohnerzahl. 1948 sind 40 Prozent der Lübecker Bevölkerung Flüchtlinge. Sie leben oft in Notunterkünften und Sammellagern, von denen es Anfang der 50er-Jahre noch mehr als 700 im ganzen Land gibt. Erst mit den Jahren gelingt den regierenden Politikern die Integration, nicht selten gegen Widerstände der Einheimischen, die sich noch lange vor Überfremdung und Verdrängung fürchten.

Zitiert nach einem Beitrag von NDR Kultur vom 22.1.2015

Winter 1945: Hunderttausende flüchten über die Ostsee

Die Landsmannschaft Westpreußen e.V. hat eine Dokumentation von Gedenkstätten mit westpreußischen Attributen in Deutschland erstellt. Auch für Wahlstedt wurde eine Seite angelegt:

Westpreußische Gedenkstätte Wahlstedt / Schleswig-Holstein

 

SH Wahlstedt Ploetzensee web

 

Plötzensee: Zwischen 1933 und 1945 wurden hier fast 3000 Menschen aus dem In- und Ausland nach Unrechtsurteilen der NS-Justiz hingerichtet. Der Raum, in dem die Hinrichtungen stattfanden, ist heute ein Gedenkraum. Im Raum daneben wird die Praxis der nationalsozialistischen Justiz dokumentiert.

Zitiert nach der Website der Gedenkstätte Plötzensee

14 Dokumentationstafeln



SH Wahlstedt Workuta web

Workuta: Das Arbeitslager Workuta war eines der größten und härtesten Zwangsarbeiterlager des Gulag-Systems für politisch Verfolgte und Kriegsgefangene im Norden der Sowjetunion. Gulag ist die Abkürzung für Glavnoe Upravlenie Lagerej = Hauptverwaltung der Konzentrations- und Arbeitslager.

In Workuta waren gleichzeitig bis zu 73 000 Personen inhaftiert. Insgesamt waren es weit über eine Million Männer und Frauen verschiedener Nationalitäten, die als Häftlinge beziehungsweise Kriegsgefangene nach Workuta zur Zwangsarbeit verschickt wurden. Davon kamen etwa 250 000 auf unterschiedlichste Art und Weise ums Leben. Die genaue Anzahl deutscher Gefangener ist unklar. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 40 000 bis 50 000 Deutsche aus der SBZ/DDR, d.h. auch Nazi-Kriegsverbrecher, von 1945 bis 1955 durch sowjetische Militärtribunale verurteilt und davon 20 000 bis 25 000 in die Sowjetunion verschleppt wurden. Andere Zahlen sprechen von nur 5 000 Verschleppten, wovon etwa ein Drittel nach Workuta gekommen sein soll. Hinzu kommen noch Tausende Russlanddeutsche, die vor dem 2. Weltkrieg in der Sowjetunion lebten und nach dem deutschen Angriff 1941 inhaftiert wurden, sowie die in der Sowjetunion inhaftierten Kriegsgefangenen.

Während des Zusammenbruchs der Sowjetunion wurde Zwangsarbeit durch das im Oktober 1991 in Kraft getretene Gesetz »Über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressalien« geregelt. Insbesondere die Anerkennung des erlittenen Unrechts war den Zwangsarbeitern von Workuta wichtig, da sie, was zum Beispiel Renten- und Pensionsansprüche angeht, anders behandelt wurden als etwa ehemalige Häftlinge in deutschen Arbeitslagern während der nationalsozialistischen Diktatur. Die Internetseite workuta.de erinnert an das Arbeitslager Workuta und an die Schicksale dutzender Häftlinge anhand von Lebensläufen.

Im Sommer 1953 fand der Aufstand von Workuta statt, der rund 10 Tage dauerte. Anders als andere Unruhen in sowjetischen Straflagern sind die Vorfälle von Workuta recht gut dokumentiert – auch weil dort besonders viele Deutsche interniert waren, die nach ihrer Freilassung 1955 im Westen davon berichteten. Einer von Ihnen ist Horst Schüler aus Hamburg. »Der Spiegel« hat seine Geschichte erzählt.

Wir waren naiv – Aufstand im Gulag


SH Wahlstedt Auschwitz web

Auschwitz: Der Name »Auschwitz« ist Symbol geworden für die bis heute unfassbare fabrikmäßige Ermordung von Menschen. [...] Seit dem Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion im Sommer 1941 treiben die Nationalsozialisten die »Endlösung der Judenfrage« voran. Auschwitz wird ausgebaut: Ein zweites Lager entsteht im drei Kilometer entfernten Birkenau. Auschwitz soll das Zentrum der Vernichtung werden. Insgesamt besteht Auschwitz aus drei Haupt- und über 40 Nebenlagern.

Die ersten Gaskammern werden 1942 gebaut. Etwa 80 Prozent der aus ganz Europa nach Auschwitz deportierten Menschen werden direkt in die Gaskammern geschickt. Nur diejenigen, die noch »verwertet« werden können, werden aussortiert: Wer noch arbeiten kann, wird zur Arbeit gezwungen. [...]

Viele Häftlinge wurden für Experimente missbraucht: Ärzte, die in Auschwitz arbeiteten, führten Frauen chemische Mittel ein, um neue Methoden der Sterilisation zu testen. Die meisten starben daran. Die Überlebenden wurden getötet, um ihre Leichen zu untersuchen. Zwillingspaare und Menschen mit angeborenen Anomalien wurden vermessen, Experimenten ausgesetzt und ebenfalls getötet, um die toten Körperteile weiter zu untersuchen oder für Demonstrationszwecke zu konservieren.

Ungeachtet dieser Grausamkeiten führten die Täter in Auschwitz ein geradezu gespenstisch normales Leben: Das Personal, die Ärzte, die Kommandanten und SS-Bewacher gingen nach ihrer Schicht nach Hause zu ihren Familien, um Abendbrot zu essen und mit den Kindern zu spielen. [...]

Als im Juli 1944 sowjetische Truppen das weiter im Osten gelegene Lager Majdanek befreiten, löste die SS das Lager Auschwitz auf. Damals lebten dort etwa 155.000 Menschen. Die Hälfte von ihnen wurde in andere Lager weiter im Westen gebracht. Auf den »Todesmärschen« nach Mauthausen, Sachsenhausen, Bergen-Belsen oder in andere Lager starben die meisten von ihnen.

• zitiert nach der Website www.planet-wissen.de: Geschichte

Drittes Reich – Auschwitz


Die offizielle Bezeichnung der Anlage ist »Ehren- und Mahnmal«. Die Besucher werden mit der breit gefächerten Bedeutung der Orte auf den Namenssteinen alleine gelassen: weder gibt es bei der Anlage eine Informationstafel oder einen Flyer mit Erklärungen, noch in der Kirche bei den anderen Informationsschriften. Auch auf der Website der Kirchengemeinde bleibt es bei der Erwähnung des »Mahnmals« als Erinnerung an das Leid von Krieg und Gewaltherrschaft.

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Volkstrauertag 2016

Gedenkstunde um 11.15 Uhr am Ehren- und Mahnmal mit Ansprache und Kranzniederlegung durch Vereine und Verbände:

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Foto: Lübecker Nachrichten / hil


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Volkstrauertag 2017

Ein Kranz zum »ehrenden Gedenken« von der Freiwilligen Feuerwehr.
 

SH Wahlstedt Kraenze web

 

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Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) Ortsverband Wahlstedt beteiligt sich mit einem prächtigen Kranz.

 

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So geht es auch: ein selbstgebasteltes Kränzchen für die »Toten der Kriege« mit dem geschriebenen Wunsch auf dem Schleifenband:

Nie wieder Krieg
Nie wieder Faschismus

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Die Einweihung

Am 18. November 1956 wurde die Anlage unter großer Anteilnahme der Wahlstedter Bevölkerung eingeweiht. Landschaftsarchitekt Kidery übergab sie nach dem Choral »die Himmel rühmen des Ewigen Ehre« an Bürgervorsteher Peters und Bürgermeister Tietz. Dann folgte die Weihepredigt von Pastor Wolf. Wir zitieren aus der Wahlstedter Chronik von 1958: »Er ließ dann die Gedanken hinausgehen zu den stillen Gräbern in Ost und West, in die afrikanische Wüste, in die Tiefe der Meere, in das Grauen der Bombennächte und der Flüchtlingsstraßen. ›Wie sind die Helden im Streit – wie sind die Edlen umgekommen?‹ Sodann weihte Pastor Wolf unser Ehren- und Mahnmal mit den Worten: ›So sei denn dieses Werk geweiht als ein Ehrenmal unauslöschlichen Dankes den Gefallenen, ein Gedächtnis schwerster Zeit unseres Volkes, ein Mahnen zu ganzer Treue den kommenden Geschlechtern.‹«

Landrat Dr. Alnor dankte allen Beteiligten und Spendern: »Wenn eine junge und doch schon große Gemeinde ein Ehrenmal solch monumentaler Größe und Geschlossenheit aus dem Empfinden einer unteilbaren Verpflichtung für ihre Gefallenen und deren Erbe schaffe, dann sei mit tiefer Befriedigung festzustellen, daß dieses Werk von dem Geist jener zeuge, zu deren ehrendem Gedächtnis wir versammelt seien ...« Die Feier endete mit dem Deutschlandlied.


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Die Geschichte

Die heutige Gedenkstätte hinter der Wahlstedter Kirche ist zwar umgeben von kirchlichen Grundstücken, die Anlage selbst ist aber städtisch. Am Volkstrauertag im November und dem Schützenfest im August finden dort Kranzniederlegungen statt, darum pflegt die Stadtverwaltung kurz vorher das Gelände. Eine größere Renovierung wurde 2004 durchgeführt: Wege wurden repariert, groß gewachsene Gehölze entfernt um die Sicht auf das Kreuz zu verbessern und Sandflächen wurden mit Gras bepflanzt. Weiterhin sollten die Sitzbänke in der ursprünglichen Form als aufgesägte Baumstämme wieder hergestellt werden.

Die Steinplatte mit Stahlhelmrelief zum 1. Weltkrieg ist ein Teil des Kriegerdenkmals, das vorher in der Dorfmitte von Wahlstedt stand. Damals wurde der alte Dorfkern wegsaniert und durch das moderne Rathaus ersetzt. Die Denkmalsplatte für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs wurde dann in die neue Anlage am Waldfriedhof integriert.

Wir danken Cathrin Christensen vom KK-Archiv und Pastor Kristoffersen für die Auskünfte

Aus der Wahlstedter Chronik von 1958:

Am 22. Juli 1955 nahm der Kulturausschuss der Gemeindevertreter seine Arbeit auf, um »für die im zweiten Weltkrieg im Felde Gefallenen und durch sonstige Kriegseinwirkungen um ihr Leben gekommenen ein würdiges Ehren- und Mahnmal zu schaffen.«

Am 18. August 1955 fiel die Entscheidung, dass für beide Weltkriege eine großzügige Lösung gefunden und dafür die Gedenktafel des Denkmals für den 1. Weltkrieg am Dorfplatz zwischen Eiche und der Gastwirtschaft »Zur Eiche« mitverwendet werden sollte. Als Termin für die Fertigstellung wurde der 18. November 1956 festgesetzt. Gartenarchitekt Hans Kidery aus Plön und Bildhauer Friedrich Eichstaedt aus Munster legten ihre Entwürfe vor. Nachdem auch der Kirchenvorstand in Bad Segeberg unter Vorsitz von Propst Jaeger zugestimmt hatte, wurden sie ausgeführt. Dafür wurden zu den von der Gemeinde bereitgestellten 8 000 DM noch in wenigen Tagen 12 000 DM aus Spenden der Bevölkerung einschließlich der Industriebetriebe eingesammelt.

Beim ersten Spatenstich auf dem für das Denkmalskreuz ausgewählten Hügel, stellte sich heraus, dass dort ein frühgeschichtliches Grab, ein »Hünengrab« liegt. Dr. Hingst als Beauftragter des Amts für Vor- und Frühgeschichte von Schleswig-Holstein gab den Hügel frei, weil Gräber gleicher Art und Epoche bereits hinreichen erforscht worden seien. Zitat: »Gleichzeitig wurde es als glückliche Fügung angesehen, mit der Schaffung der neuen Kultstätte eine alte zu erhalten.«

SH Wahlstedt 1956 web


Chronik Wahlstedt, 1958, S. 467-471

 

SH Wahlstedt 1965 web

Dieses Foto zeigt die Fahnenweihe der Schützengilde 1965. Es ist in der Publikation »Wahlstedt vom Dorf zur Stadt« erschienen.

Wir danken Frederik Kögebehn von der Bauverwaltung der Stadt Wahlstedt für die Recherche.

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Postkarte aus Wahlstedt

Aus den 1970er Jahren: der Denkmalshügel ist mittlerweile bepflanzt worden.

SH Wahlstedt Karte vor 1993 web

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I N H A L T

Das Denkmal zum 1. Weltkrieg
Das Denkmal zum 2. Weltkrieg
Die Einweihung
Für Deutschland gestorben

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Warder, Kreis Segeberg

An der Aussenmauer der Kirche zu Warder

Das Kriegerdenkmal für die 64 toten Soldaten der Kirchengemeinde des 1. Weltkriegs ist aus Muschelkalk. Es steht auf der bunten Feldsteinmauer, die die Kirche hier umgibt.

SH Warder 1WK ganz web

Das Denkmal hat die Form eines dreiflügeligen Altarbildes. Es ist mit kunstvollen Verzierungen und Strichmustern gearbeitet und wird von einem kleinen schwarzen Eisenkreuz gekrönt. Auf den drei senkrechten Flächen stehen die Namen mit Todesdatum, geordnet nach den Heimatorten. Die meisten kamen von den Gutshöfen Wensin, Rohlstorf, Müssen und Margarethenhof. Einige aus den Gemeinden Krems und Schieren. Warder gehört zur Gemeinde Rohlstorf.

SH Warder 1WK ganz 2 web


Der Widmungsstein liegt vor dem Denkmal, wie eine Bank zum Niederknien. Dort ist eingraviert:

Den gefallenen Helden
unserer Kirchengemeinde
1914 - 1918

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

SH Warder 1WK Inschrift web


Das Denkmal wurde am 9. Oktober 1921 eingeweiht. Pastor Mohr schreibt in der Kirchenchronik:
»Im Gottesdienst waren über 500 Erwachsene, bei der Weihung des Denkmals noch weit mehr. Manche Kirchengänger waren umgekehrt, da sie keinen Platz mehr in der Kirche fanden. Bei der Weihung herrschte herrlichster Herbstsonnenschein. Der See lag klar und blank wie ein Spiegel. An freiwilligen Gaben für die Gestaltung und Errichtung des Ehrenmals haben sich die Gemeindeglieder fast ausnahmslos beteiligt.«


Ungefähr in der Bildmitte sieht man das Denkmal an der Aussenwand der Kirche.

SH Warder 1WK mit Kirche web

Links von der Kirche und dem alten Friedhof liegt der neue mit dem Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 2. Weltkriegs.

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Das Denkmal zum 2. Weltkrieg

Am Ende des Hauptweges steht das hohe schlichte Kreuz aus Eichenholz. Im unteren Drittel sind die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs, 1939 und 1945, und ein Eisernes Kreuz aus hellem Metall angebracht. Das große Holzkreuz steht vor einer halbrunden geschwungenen Feldsteinmauer.

SH Warder 2WK web


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Die Einweihung

Am 9. Oktober 1951, genau 30 Jahre nach der Einweihung des Denkmals an der Kirchenmauer, bat Pastor Bredner die Gemeindeglieder des Kirchspiels Warder um Spenden für das »Ehrenmal« für »alle, die ihr Leben ließen für unser Vaterland«.

Spendenaufruf

Am Totensonntag, den 25. November 1951 fand dann die Einweihungsfeier im Anschluß an den Gottesdienst statt. Pastor Bredner hielt die Predigt in der Kirche, Verwalter Honerkamp vom Gut Wensin die Rede am Denkmalskreuz. Umrahmt von Liedern und Posaunenklängen weihte Pastor Bredner das »Ehrenmal«. Die Segeberger Zeitung beschrieb die Feier am nächsten Tag:

Artikel SZ, 1951

 

SH Warder 2WK Einweihung web


Ganz im Gegensatz zu dem schlichten Holzkreuz war das Programm der Feier mit Pathos aufgeladen. Unter anderem sang der Gg. Alms-Männerchor aus Bad Segeberg ein vertontes Gedicht des glühenden Antisemiten Börries Freiherr von Münchhausen, einem Urgroßonkel von Jutta Ditfurth:

Was steht ihr am Grabe mit weinendem Blick!
Laßt Gott seine Gabe und tretet zurück.
Von ihm ist das Leben zur Erde gekommen,
Von Stürmen und Stößen umtobt,
Der Herr hat’s gegeben, Der Herr hat’s genommen,
Der Name des Herrn sei gelobt!

Schaut auf zu den Sternen, dort glänzt euer Glück.
In ewige Fernen kehrt einst ihr zurück!
Aus wanderndem Leben zur Heimat gekommen
Durch göttliches Leiden erprobt.
Der Herr hat’s gegeben usw.


Programm Einweihung


Foto, Dokumente: Archiv der Kirchengemeinde Warder Nr. 306. Herzlichen Dank!


Jutta Ditfurth hat das Leben ihres Urgroßonkels, seine »Rassen«-Ideologie und die heutige Verehrung rechtsextremer, radikal-völkischer Gruppen für ihn in einem lesenswerten Buch beschrieben. »Der Baron, die Juden und die Nazis. Reise in eine Familiengeschichte«, Hoffmann und Campe.

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Für Deutschland gestorben

... Die Gedenkstätten sind ausnahmslos Ausdruck des Bedürfnisses, das Gedenken an den Tod der Soldaten zu sakralisieren, also zu etwas Heiligem zu stilisieren. In Form von Kreuzen, Säulen, Räumen der Stille oder Plastiken wird nicht der Tod, sondern der vorgebliche Sinn dieses Todes dargestellt ...

Die Sakralisierung schirmt die Gedenkorte auch gegen Widerspruch ab, denn wer würde in einem Raum der Stille oder vor einem Kreuz laut protestieren? Die Ent-Profanisierung beschützt den Tod der Soldaten besonders vor Ansprüchen der Überlebenden. Obwohl diese im Einsatz eine Gruppe bildeten, grenzen die Denkmäler die Toten von den Versehrten ab.

Nur wer starb, wird in Inschriften und auf Tafeln geehrt, wer überlebte nicht. ... Psychische Krankheiten, lebenslange körperliche Schäden, Schwierigkeiten bei der beruflichen Widereingliederung ließen sich mit der Sakralisierung des Gedenkens nicht in Einklang bringen.

Auffällig ist auch, dass die Soldaten zwar als Söhne oder als Opfer, manchmal auch als Krieger benannt und dargestellt werden, nie aber als Tötende. Der Gefallene existiert als Begriff, es gibt aber keine Bezeichnung für den, der ihn zu Fall gebracht hat. Reinhart Koselleck meint dazu: »Gestorben wird alleine, zum Töten des Anderen gehören zwei. Die Fähigkeit des Menschen, seinesgleichen umzubringen, konstituiert vielleicht mehr noch menschliche Geschichte als seine Grundbestimmung, sterben zu müssen.«

Zitate aus der Beitrag des Deutschlandfunks vom 18.11.2012 Von Clemens Tangerding

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I N H A L T

Das Denkmal
Die Ehrentafel zum 1. Weltkrieg
1954: Einweihung des Denkmals
Ich hatt’ einen Kameraden
Ketten
Die deutsche Eiche
Das Eiserne Kreuz

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Wendtorf, Kreis Plön

Strandstraße am Abzweig »Zum See«

Am östlichen Ortsrand liegt die kleine gepflegte Anlage für die Kriegstoten beider Weltkriege. Am Volkstrauertag, den 14. November 1954, wurde sie eingeweiht.

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Schon von Weitem erkennt man sie an den drei weißgetünchten Steinen am Straßenrand. Wir erfahren, dass die Felder drumherum zu dem Wendtorfer Bauernhof der Familie Stoltenberg gehören. Der Hoferbe Günter Stoltenberg starb 1944 als Soldat im 2. Weltkrieg, seine Familie stiftete daraufhin das Fleckchen Erde für ein Kriegerdenkmal.

SH Wendtorf Seitlich web


Zur Straße ist die Anlage mit trutzigen Pfeilern und zu den Feldern an den Seiten mit einer ebenso hohen Mauer aus Bruchsteinen abgegrenzt. Die Pfeiler sind mit Eisenketten in zwei Reihen verbunden. An jeder Seite kann man durch eine Metallpforte eintreten.

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Der Platz ist mit niedrigen, gepflegt beschnittenen Buchsbaumhecken gestaltet, fast wie in einem Barockgarten. Die Hecken begrenzen auch den halbrunden Weg zum Denkmal. Auf der linken Seite steht im Beet eine Trauerbuche.

SH Wendtorf Denkmal web


Die Denkmalsmauer besteht aus sehr unterschiedlich geformten Granitbruchsteinen. Sie ist oben leicht aberundet und hat in der Mitte eine Aussparung für einen Blumenkasten. Drei schwarze, teilweise polierte Granittafeln sind in die Mauer eingelassen. Jeweils über den Tafeln sehen wir auf der Mauer drei schmalhohe Findlinge, in der Mitte einen großen, der aus der Nachbargemeinde Prasdorf stammt, an den Seiten gleich hohe kleinere, die im Wendtorfer Gemeindegebiet gefunden wurden.

SH Wendtorf Widmung web


In den zentralen Findling wurde mit einfachen Großbuchstaben die Widmung gemeißelt:

EUCH
ZUM
GEDENKEN

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld


»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019

 

SH Wendtorf EK web


In die Findlinge an den Seiten ist lediglich jeweils oben ein großes Eisernes Kreuz eingemeißelt. Dieser symbolische Militärorden wird den toten Soldaten posthum von den Denkmalsstiftern verliehen. Ihr Kriegstod rechtfertigt diese Ehrung, sie wird für die angenommene Tapferkeit und Treue allen Toten kollektiv zugedacht.

SH Wendtorf Tafel 1WK web


Das Denkmal wurde 1964 erbaut. Die Wendtorfer wollten damals auch an die sechs toten Soldaten aus dem 1. Weltkrieg erinnern.

1914 (Eisernes Kreuz) 1918

Darunter folgen die Namen, schlicht mittig gesetzt, ohne weitere Angaben oder ersichtliches Ordnungsprinzip. Um auf die gleiche Höhe wie die der benachbarten Tafeln zu kommen, musste noch ein Stück Granit unbearbeitet bleiben.

SH Wendtorf Tafel 2WK 1 web


Auf den beiden größeren Tafeln an den Seiten sind die Namen nach Todesjahren geordnet. Auf der linken Tafel sind es die Jahre 1941 bis 1944. Oben steht jeweils, analog zur 1. Weltkriegstafel:

1939 (Eisernes Kreuz) 1945

Die Namen sind wieder mittig, diesmal aber in zwei Spalten mit breiter Trennlinie gesetzt. Unter 1942 lesen wir den einzigen Frauennamen in der Liste: Anna Löptien. Sie ist auch das einzige zivile Opfer, das hier verzeichnet ist. Sie wurde auf dem Feld von einer Granate getroffen. Zum Schutz des Kieler Marinekriegshafens in unmittelbarer Nähe von Wendtorf waren Flakstellungen aufgebaut worden. In der Wendtorfer Chronik steht: »Auch mehrere Flakgranaten von der Flak Heikendorf, Passade oder Heidkate haben in Wendtorf ein Todesopfer gefordert und Sachschäden angerichtet.«

SH Wendtorf Tafel 2WK 2 web


Auf der rechten Tafel sind in der linken Spalte die Toten aus den Kriegsjahren 1944 und 1945 verzeichnet. In der rechten Spalte werden die 10 Vermißten aufgezählt.

In der Chronik von Wendtorf sind die Namen genauer differenziert: nach Wendtorfern und nach »Angehörigen der Zugezogenen«. Dabei ergibt sich: von den Wendtorfern sind 13 unter einem Todesjahr eingeordnet, 4 sind Vermißte. Unter dem Titel »Von den Angehörigen der Zugezogenen fielen im 2. Weltkrieg« werden ebenfalls 13 Namen aufgezählt, hier sind es 6 Vermißte.

An diesen Zahlen können wir ablesen, dass 1945 die Einwohnerzahl in Wendtorf – wie überall in Schleswig-Holstein – durch den »Flüchtlingsstrom aus dem Osten« enorm anstieg. In Wendtorf verdoppelte sie sich von 200 auf 400 Menschen ... und das bei gleichem Wohnraum, wenn er denn heil geblieben war. »Der Neuanfang nach dem Zusammenbruch gestaltete sich zunächst schwierig. Keiner, der es miterlebt hat, erinnert sich gerne daran. Die Flüchtlinge trafen ein. Sie zu versorgen bedeutete eine schwierige Aufgabe für die Gemeinde und ihre Bürger.« lesen wir in der Chronik von Wendtorf.

Viele Zeitzeugenberichte sind in diese Chronik aufgenommen worden und die Gemeinde hat sie als PDF auf ihrer Website zum Download zur Verfügung gestellt. Die Zeit unmittelbar nach 1945 ist auf den Seiten 99 - 113 dokumentiert. Wir finden das nachahmenswert und bedanken uns dafür – was für ein Schatz für einen lebendigen Geschichtsunterricht!

Chronik von Wendtorf auf der Website der Gemeinde

1. Kapitel der Ausstellung »Neue Anfänge nach 1945?«

 

SH Wendtorf Beet web


Bei unserem Besuch im Februar 2022 blühten zwar noch keine Blumen, aber die von der Gemeinde gepflegten Buchsbaumhecken waren ein schöner Anblick.

SH Wendtorf Pforte web


Die beiden Metallpforten sind ebenfalls mit einem Eisernen Kreuz geschmückt. Das nun mehrfach dargestellte militärische Ehrenzeichen Eisernes Kreuz und die Formulierung »Ehrenmal für die Gefallenen und Vermißten« in der Wendtorfer Chronik weisen daraufhin, dass es hier ausschließlich um das Gedenken an tote deutsche Soldaten gehen soll, Anna Löptien, das Opfer einer deutschen Flakgranate wird dazugezählt.

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Die Anlage von der gegenüberliegenden Straßenseite aus gesehen: die mächtige Eiche dominiert das Bild.

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Die Ehrentafel zum 1. Weltkrieg

Für ihre Soldaten hatten die Wendtorfer ein aufwendig gestaltetes Gedenkblatt erstellt. Wir denken, dass es damals Vorlagen gab, in die die Gemeinden dann die Fotos und die Namen der Soldaten eintragen konnten. Wenn wir recht haben, dann sind diese vorgefertigten Gedenkblätter immer so aufgeteilt: ein oberes kleines Feld für die Fotos der toten Soldaten, darunter ein Schmuckfeld für ihre Namen und ihren Sterbetag und darunter ein sehr viel größeres Feld für die lebend und lebend invalide zurückgekehrten Soldaten und darunter das Schmuckfeld für deren Namen. Von Bürgermeister Claus Heller erhalten wir die Auskunft, dass damals die Kriegervereine die Gedenkblätter in den Gemeinden erstellt haben. Sie hatten die Expertise.


SH Wendtorf Ehrentafel 1WK web


Wir sehen im Feld oben die Fotos der sechs Soldaten, die ab 1964 auch auf der mittleren Tafel des Denkmals an der Strandstraße genannt werden. Drei in Uniform, drei in zivil. Bei den Heimgekehrten sind 42 Männer abgebildet, davon nur 8 in ziviler Kleidung.

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1954: Einweihung des Denkmals

Am Volkstrauertag, 14. November 1954: Die Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege ist fertig gestellt.

SH Wendtorf Einweihung Rede


Fünf Gedenkminuten mit vielen Uniformierten: die gesamten Feuerwehren des Bezirks Amt Probstei West waren angetreten. Danach begann die Zeremonie mit Musik der Feuerwehrkapelle von Laboe. Pastor Baier hielt die Weiherede und die Schüler der Volksschule Wendtorf sangen das Lied »Ich hatt’ einen Kameraden«.

SH Wendtorf Einweihung Buergerm Lehrer web


Bürgermeister Wiese und Lehrer Klinke umringt von Schulkindern. Der Bürgermeister dankte allen am Bau Beteiligten und den Wendtorfern für ihre Spendenfreudigkeit, die den Bau des Denkmals ermöglicht hat. Zum Schluß sangen alle das »Deutschland-Lied«.

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Die zur Einweihung niedergelegten Kränze. Inschrift und Eiserne Kreuze auf den Findlingen sind hier noch flächig schwarz ausgemalt, alles Übrige hat die fast sechs Jahrzehnte bis 2022 unverändert überstanden.

SH Wendtorf Einweihung Probsteier Herold web

Ein Artikel im Probsteier Herold: »Man kann sagen, daß dieser Tag für die Gemeinde Wendtorf ein Ereignis gewesen ist.«

Anmerkung: Die Jahresangabe zur Einweihung in der Wendtorfer Chronik (1964) ist laut Bürgermeister Claus Heller falsch.

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Ich hatt’ einen Kameraden

»Der gute Kamerad« wurde 1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet, Friedrich Silcher vertonte, ebenfalls in Tübingen, das Gedicht im Jahre 1825. Als Lied ist es besser bekannt unter der Anfangszeile der ersten Strophe: »Ich hatt’ einen Kameraden«. Es wurde vor allem zur Beschönigung und Verklärung des Kriegsopfers und des Heldentods instrumentalisiert. Das Lied vom »guten Kameraden« spielt im Trauerzeremoniell der deutschen Bundeswehr eine große Rolle. Es ist Bestandteil eines Begräbnisses mit militärischen Ehren und jeder militärischen Trauerfeier.


SH Ratzeburg StGeorgsberg Ich hatt web

 

»Menschen könnten im normalen Leben bessere Freundschaften als im Schützengraben finden.«

Pfarrer Detlev Besier, Leiter der landeskirchlichen Arbeitsstelle Frieden und Umwelt, am Volkstrauertag 2018


Sehen Sie hier eine Sammlung von den massenhaft gedruckten Bildpostkarten von Karl Stehle, München, die diesen Liedtext zitieren:

www.goethezeitportal.de


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Ketten

Die Anlage in Wendtorf ist nach dem 2. Weltkrieg erbaut worden, die Inszenierung folgt aber einem Modell, dass in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts üblich war. Die Pfeiler um das Denkmal sind mit Ketten verbunden, die an den Denkmalsanlagen nach dem 1. Weltkrieg die Fesselung Deutschlands an den Versailler »Schandvertrag« verkörpern sollten.

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Manchen Orts wurde die Kette dann in späteren Jahren symbolträchtig vor Publikum von den Nazis der Gemeinde durchgehauen.

In der Wendtorfer Chronik wird dieser »grüne Stimmzettel« abgebildet. Der Artikel erschien am 12. November 1933 im Ost-Holsteinischen Tageblatt: ... »Mit dem Einzeichnen des Kreuzes unter ›Ja‹ bekennst du dich zur Freiheits- und Friedenspolitik Adolf Hitlers. [...] Er will das deutsche Volk endlich frei machen von den Ketten von Versailles.«

 

SH Ost Holsteinische Tageblatt 12 11 1933 web

Der Versailler Vertrag auf LeMO


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Die Deutsche Eiche

Aus der Wendtorfer Chronik: »Am Ende des Ersten Weltkrieges war der größte Teil der Wentorfer ›links‹ eingestellt, schwenkte aber am Ende der 20er Jahre nach ›rechts‹ um. Als am 20.4.1933 anläßlich ›Hitlers Geburtstag‹ im Dreieck Strand- und Schulstraße eine Eiche gepflanzt werden sollte, wurde vorher in der Schule eine Liste ausgelegt, in die sich die Dorfbewohner mit Namen eintragen konnten. Nur drei oder vier Einwohner haben sich daran nicht beteiligt. Die Liste mit den Namen wurde in eine Flasche gesteckt, die verkorkt und versiegelt bei der feierlichen Pflanzung der Eiche mit in die Erde gelegt wurde. Für die Menschen war der ›Führer‹ ein Hoffnungsträger in schwerer Zeit. Im Jahr 1964 fiel die Eiche dem Straßenbau zum Opfer.«

Schon 1933 wurden die Menschen in den Dörfern in die geschickten Inszenierungen der Führerverehrung eingebunden und begeistert.


Die Eiche gilt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 

SH Wendtorf Eiche

»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu  d e m  deutschen Orden.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web4
    

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Am 26. November 2018 hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrem Tagesbefehl ein Veteranenabzeichen eingeführt. Am 15. Juni 2019 sind die ersten Abzeichen ausgehändigt worden. Das Verteidigungsministerium erklärt dazu: »Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die alle Bundeswehrangehörigen verbinden: ›Gemeinschaft, Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft‹.« Am 10. Januar 2020 meldet das ›Bundeswehrjournal‹, dass bisher rund 35.700 Anträge auf ein Veteranenabzeichen eingegangen sind.

SH Haffkrug Veteranenabzeichen der Bundeswehr 2019 DocHeintz Wikimedia Commons web
Foto: Doc.Heintz/Wikimedia Commons


Überreicht wird das Abzeichen mit einem Dankesschreiben des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr:

»... Dieser Dienst in der Bundeswehr verdient hohen Respekt und große Dankbarkeit, welche auch in der Gesellschaft spürbar und sichtbar werden soll. Das Veteranenabzeichen stellt die Werte in den Vordergrund, die uns alle verbinden: Kameradschaft und Pflichterfüllung im treuen Dienst an der Gesellschaft ...«

Ein anonymisiertes Anschreiben bei Wikipedia


Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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2018: ein Schaufenster auf der Reeperbahn in Hamburg


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I N H A L T
Das Denkmal
Historische Fotos
Die Widmung
Das Schwert
Die Namenstafel zum 2. Weltkrieg
Volkstrauertage
Schwertgeschichten
Das Eiserne Kreuz

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Wentorf, Kreis Herzogtum Lauenburg

Am Burgberg

Wahrscheinlich stand in der Nähe die mittelalterliche Burg des Ritters Echardus Rowedder. Leider ist nur der Graben und der Staßenname übrig geblieben.

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Hier liegt am Hang die kleine Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege. Der Entwurf, so lesen wir im Internet, ist von Friedrich Terno. Im Mai 1925 wurde die Anlage eingeweiht.

 

SH Wentorf Denkmal mit Hecke web


Der Platz wird vorne mit einer Feldsteinmauer abgestützt, verschieden hohe Hecken begrenzen ihn. Die Eingangspforte liegt rechts.

 

SH Wentorf Denkmal schraeg vorne web


Der Sandplatz hat zwei Ebenen, fünfstufige Steintreppen an den Seiten einer kräftigen Bruchsteinmauer führen zur Ebene des Denkmals.

 

SH Wentorf Denkmal nah web


Dr. Loretana de Libero, Professorin an der Uni Potsdam und der Führungsakademie der Bundeswehr schreibt: »Auf dem Burgberg in Wentorf ragt ein Bronze-Schwert gleich ›Excalibur‹ aus einem Stein auf hohem Postament. Die Stifter, die ›Militärische Kameradschaft Wentorf von 1895‹, widmete diese Waffe im Jahre 1925 »Dem lebenden Geist unserer Toten«.

 

SH Wentorf 1914 18 web


Das reichverzierte Bronze-Schwert steckt in einem großen halbkugeligen Findling auf dem in großen Bronze-Ziffern dynamisch schräg die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs angebracht sind, dazwischen ein zackiger Bis-Strich. Der Findling liegt hoch auf einem Postament aus verschieden großen und farbigen Felssteinen. 

 

SH Wentorf 1939 1945 web


Dicht unter der zweistufigen Präsentationsfläche des Findlings mit Schwert sehen wir die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs. Ohne weiteren Kommentar wird er in die revanchistische Inszenierung des Denkmals von 1925 einbezogen.

Auf einem großen, flachen, etwas hervorstehenden Stein lesen wir die Widmung:

DEM
LEBENDEN
GEIST UNSERER
TOTEN

Im Dezember 2020 ist das letzte Wort vom Volkstrauertagskranz verdeckt.

 

SH Wentorf Denkmal schraeg web


Ein schmales Beet mit Steinbegrenzung umgibt den schrägen Sockel des Denkmals.

 

SH Wentorf Denkmal hinten web


Auf der Rückseite erlaubt eine Aussparung im Beet das nahe Herantreten an die Namenstafel der toten Soldaten des 1. Weltkriegs.

 

SH Wentorf Schwert von unten hinten web


Wir können das Schwert und seine Dekoration von unten betrachten und entdecken ein senkrechtes Band von Buchstaben.

 

SH Wentorf Namen 1WK web


Darunter ist ein quadratischer Stein mit eingearbeitetem Eisernen Kreuz zu sehen. Auf den meisten Kriegerdenkmälern werden die toten Soldaten wie hier posthum und kollektiv mit diesem militärischen Ehrenzeichen gewürdigt. Unmittelbar darunter werden die 49 Namen in vier Spalten aufgezählt. Jeweils mittelachsig gesetzt sind sie chronologisch nach den Kriegsjahren geordnet, innerhalb der Jahre alphabetisch.

 

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Auf dem Sockel sind ringsherum dicke Nägel als Kranzhalter in die Fugen geschlagen worden.

 

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Die Feldsteinbrüstung zur Staße Am Burgberg ist winterlich geschmückt.

 

SH Wentorf Denkmal 1 2WK web


Dort wurde am 25. Oktober 2009 eine bronzene Tafel mit den 109 Namen toter und vermisster Soldaten der Deutschen Wehrmacht angebracht. Die Bergedorfer Zeitung berichtete: »Die Stimmung war ergreifend und glich einer Trauerfeier«, weit über 100 Menschen waren bei der Enthüllung der Tafel am »Wentorfer Ehrenmal« dabei. 8000 Euro hat die Tafel gekostet, sie wurde ausschließlich durch Spenden der Wentorfer finanziert.

64 Jahre nach dem Ende eines verbrecherischen Kriegs und der langjährigen Beschäftigung von Historikern mit der Schuld der Deutschen, möchten die Angehörigen an diesem Kriegerdenkmal um ihre Toten trauern.

Dr. Andreas Körber schreibt auf dem Blog der Universität Hamburg »Historisch denken lernen«: »Gegen eine Bekundung von Trauer als Verarbeitung des menschlichen Verlustes kann man sinnvollerweise nichts oder wenig einwenden. Auch ist durchaus nachzuvollziehen, dass für die Angehörigen derjenigen, die keine andere Grabstätte haben, ein konkreter Ort des Erinnerns wichtig ist. Eine Würdigung dieser Männer als Menschen ist wohl in den allermeisten Fällen auch durchaus angebracht — aber eine öffentliche symbolische ›Ehrung‹ an diesem Gefallenenehrenmal muss zwangsläufig auch als positive Wertung der Tatsache ihres Sterbens verstanden werden. [...] Gerade weil Erinnerung und Gedenken immer politisch sind und ihre öffentlichen Symbole immer politisch gelesen werden, sollte entweder eine eindeutige und den Werten der Bundesrepublik entsprechende Symbolik und Terminologie gewählt werden — oder man sollte das berechtigte Interesse der Trauer um die eigenen Toten doch lieber im privaten Rahmen belassen.«

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Historische Fotos

 Im Mai 1925 fand die Einweihungsfeier unter großer Beteiligung der Wentorfer statt.

SH Wentorf 1925 web


Die Stifter, Mitglieder der ›Militärischen Kameradschaft Wentorf von 1895‹, stehen mit ihren Fahnen beim Denkmal, das damals noch von freier Natur umgeben war. In der Bevölkerung waren die erforderlichen Spenden für den Bau gesammelt, die Steine in der Feldmark von den Wentorfern zusammengetragen worden.

Im Heft Nr. 199 der »Lauenburgische Heimat« vom März 2015 lesen wir auf Seite 24 zum Wentorfer Denkmal: »Es gab im Vorwege der Einweihung einen erbitterten Streit zwischen dem Wentorfer Kriegerverein und der lokalen Ortsgruppe der SPD. Vertreter der SPD blieben der offiziellen Einweihung fern, die in ihren Augen zu ›nationalistisch‹ angelegt war, und hielt etwas später eine eigene Kundgebung ab.«

 

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Auch auf dieser Postkarte aus dem Jahr 1939 ist im Hintergrund noch kein Gebäude zu sehen. Es ist das erste Jahr des 2. Weltkriegs, das Denkmal hatte nun seit 14 Jahren die Betrachter aufgefordert, den Kampf wieder aufzunehmen und die »Schmach von Versailles« zu rächen.

Mehr zum Versailler Vertrag


Den Kampf gegen den inneren und den äußeren Feind:

Mehr zur »Dolchstoßlegende«


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Die Widmung

Dem lebenden Geist unserer Toten

Der Geist, neudeutsch ›Spirit‹, der toten Soldaten des 1. Weltkriegs wird oft auf Kriegerdenkmälern beschworen. In der Symbolsprache der Zeit wird er in der nächsten Generation auferstehen, die »im Felde unbesiegten« Soldaten rächen und den aufgezwungenen »Schandvertrag von Versailles« hinwegfegen. In einer Art Generationenvertrag wird die nachfolgende Generation dazu verpflichtet, oft mit Bibelsprüchen oder christlichen Symbolen:

Eine aufgehende Ostersonne am Felsengrab am Denkmal in Trittau. Pastor Sommerfeld: »In Trittau hat bis jetzt jeder sofort begriffen, dass die begrabene und wiederentstehende Hoffnung auf den Sieg unseres Volkes dargestellt werden soll.«

»Deine Toten werden leben. Jes.26 V19« in Hamburg-Harburg.

»Die Jünglinge fallen, aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft. Jes.40 V30« in Ulsnis.

»Sie kämpften. Sie starben. Sie leben.« in Breiholz.

»Wir Toten fordern als unser Recht die alte Treue vom neuen Geschlecht« in Kiel auf dem Nordfriedhof.

»Heldentum und Menschenliebe, lebe, strebe du neuem Leben zu« in Ascheberg am Plöner See.

Februar 1929: Pastor Mildenstein prophezeit im Lübecker Generalanzeiger »das Wunder einer neuen Zukunft unseres Volkes, wenn wir Jesu Kreuz sich erneuern sehen im tausendfachen Opfertod unserer Brüder. Ihr Opferblut ist Brunnenquell neuen Lebens! Ihre Glaubenskraft an ihre welterlösende vaterlandsbefreiende Großtat der Treue bis zum Tode ist wie Lebenswasser!«


Und so wird die Wentorfer Widmung 1921 auf einem Gutschein interpretiert, der den Kriegswitwen und Kriegswaisen Spendengeld einbringen sollte: Die toten Soldaten als Saat für neue Taten am Tag der Ernte.

Hambuger Warte 1a web


Diese Gutscheine wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Am 14. Dezember 1918 erschien die erste Ausgabe der »Hamburger Warte«, eine »politische Kampfschrift« gegen Marxismus und Judentum. Herausgeber war Friedrich Carl Holtz (1882 - 1939), ein deutschvölkischer und antisemitischer Schriftsteller und Verleger. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten begrüßte er das »neue Deutschland«.

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Das Schwert

Für ihre Militärsymbolik bevorzugten Stifter und Bildhauer die antiken und damit weniger bedrohlichen Waffen. Der edle Zweikampf und der mutige Einsatz der Soldaten Mann gegen Mann scheint auf, der Blick auf die grausame Wirklichkeit der modernen Waffen im Stellungskrieg 1914-18 ist verstellt. Das Erinnern an die Schwerter der Ritter in zahlreichen Legenden suggeriert einen per se gerechten Kampf, den es nach dem 1. Weltkrieg wieder aufzunehmen galt – gegen den inneren und äußeren Feind. Das versenkte Schwert wartet auf den starken und entschlossenen Helden, der es herausziehen wird.

Auf der Klinge des Schwerts in Wentorf sind weitere Inschriften zu entdecken: in expressionistischem Stil und fein konturiert, sind die Buchstaben übereinander gestapelt.

 

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Auf der Vorderseite:
FÜRS VATERLAND

 

SH Wentorf Schwert hinten Schrift nah web


Auf der Rückseite:
TREUE BIS ZUM TOD

 

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Die Namenstafel zum 2. weltkrieg

Die 2009 enthüllte Bronzetafel mit der Widmung:

DEN GEFALLENEN UND VERMISSTEN WENTORFERN DES ZWEITEN WELTKRIEGES
1939-1945

nennt die Namen von 109 Soldaten. Zwischen den Namen sind kleine Eiserne Kreuze eingebaut (siehe unsere Beschreibung des militärischen Ehrenzeichens weiter unten). Ziviler Kriegsopfer möchte man hierauf nicht gedenken, geschweige denn »der Opfer der eigenen Taten« wie Dr. Andreas Körber schreibt.

Die Unterzeile lautet:

DIESE AUS BÜRGERSPENDEN ERSTELLTE TAFEL ENTHÄLT DIE NAMEN, DIE IM JAHRE 2009 NOCH ZU ERMITTELN WAREN

 
SH Wentorf 2009 Koerber web2Foto: Andreas Körber


Dr. Andreas Körber schreibt in einem Leserbrief an die Bergedorfer Zeitung, den er auf dem Blog der Universität Hamburg »Historisch denken lernen« veröffentlicht hat: »In ›Wentorf im Blick‹ wird dies als ›Ehrenmal‹ bezeichnet, und auch der BZ-Artikel spricht von einer Ehrentafel. [...] Das allmähliche Verschwinden der Erlebnisgeneration auf Seiten der Opfer macht keineswegs den Weg frei zu einem befreiten Heldengedenken. [...] so dass man nun wieder anfangen kann, vermeintlich unbelastet die eigenen Gefallenen zu ›ehren‹? 


SH Wentorf Das schwarze Korps Jg10 Nr16 1944 4 20 Grieger web

Traueranzeige für SS-Unterscharführer Reinhold Grieger. Das Schwarze Korps, Jg.10, Nr.16; 20.4.1944, S.8


Das wird spätestens dann problematisch, wenn bekannt ist, dass mindestens einer der namentlich zu ›ehrenden‹ SS-Unterscharführer war, Träger des EK 2. Klasse, der Ostmedaille und des goldenen HJ-Abzeichens, wie seine Familie in der Traueranzeige im SS-Blatt ›Das schwarze Korps‹ stolz aufführt. – Ehren? Ist ›ehren‹ hier wirklich der richtige Modus des Gedenkens?

 

SH Wentorf Namen 2WK Grieger web

 

Man gewinnt den Eindruck, dass hier doch, nachdem genug Zeit ins Land gegangen ist, dort wieder angeknüpft werden soll, wo man in den 1950er Jahren nicht einfach weiter zu machen wagte (es aber wohl eigentlich wollte), nämlich bei der Glorifizierung der eigenen Gefallenen ohne hinreichende Berücksichtigung der Zusammenhänge ihres Todes. [...] Initiatoren und Gemeinde müssen sich also fragen lassen, wofür dieses ›Ehrenmal‹ stehen soll, welche Geschichte es erzählen soll, welchen Bezug zum erinnerten Geschehen es ausdrücken soll.«


Wir danken Prof. Dr. Andreas Körber, der uns auf dieses spezielle Denkmal und besonders die 2009 (!) angebrachte Namenstafel zum 2. Weltkrieg aufmerksam gemacht hat und dessen Blog der Uni Hamburg »Historisch denken lernen« wir in Wort und Bild zitieren durften.

Blog »Historisch denken lernen« zum Denkmal in Wentorf

 

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Volkstrauertage

2019 ist dieses Foto entstanden: Bürgermeister Dirk Petersen und Bürgervorsteher Lutz Helmrich mit Wentorfer Feuerwehrmännern.

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2020 haben sich die Wentorfer für ein gemeinsames Zeichen entschieden: ein großer Kranz liegt vor »dem lebenden Geist unserer Toten«.

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Auf Schwarz-Rot-Gold wird der Opfer beider Weltkriege gedacht, auf der gelben Schleife stehen die Stifter in eindrucksvoller Reihung: Bürgerverein Wentorf e.V., CDU Ortsverband Wentorf, DRK Wentorf, E-Werk Sachsenwald GmbH, FDP Ortsverband Wentorf, Kleingärtnerverein Wentorf e.V., SC Wentorf e.V., SPD Ortsverband Wentorf, Ev. Luth. Kirchengemeinde Wentorf, Seniorenbeirat Wentorf. Nur der Sozialverband Deutschland, OV Wentorf gedenkt extra und still in weiß.

Zur Widmung »Den Opfern beider Weltkriege« schreibt der Historiker Klaus Latzel, TU Braunschweig, in ZEITGeschichte 4/2018: »Die ›Opfer‹ gelten als solche von ›Krieg und Gewaltherrschaft‹. Nun war aber der Krieg, nun war die Wehrmacht, die ihn führte, zugleich ein Bestandteil dieser Gewaltherrschaft – sind die Angehörigen der Wehrmacht also Opfer ihrer selbst? Und war Roland Freisler, der 1945 in Berlin durch einen alliierten Luftangriff starb, ebenso ein Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie die Widerstandskämpfer, die er zuvor als Präsident des Volksgerichtshofs an den Galgen geschickt hatte?«

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Schwertgeschichten

Die Legende vom Schwert Excalibur hat alles, was man nach dem 1. Weltkrieg für einen »Ehrenmal« brauchte: einen schwertschwingenden, kraftvollen Helden, der für die gerechte Sache kämpfte, einen edlen Ritter, »gefallen« durch eine böse List nach blutigem Gefecht – doch sein Schwert wartet darauf, wieder zum Einsatz zu kommen.

Im November 2018 lud der Bürgerverein Wentorf zu einem Vortrag von Dr. Volker Probst, Leiter des Ernst-Barlach-Museums in Güstrow, ein: »Das Kriegerdenkmal in Wentorf zwischen Mythos und Wirklichkeit.« In der Ankündigung der Bergedorfer Zeitung stand: »Einen ungewöhnlichen Typus repräsentiert das Kriegerdenkmal in Wentorf. Ein Schwert steckt in einem Findling. Damit nimmt es Bezug auf den nordischen Mythos vom Schwert Excalibur, das König Artus besaß, die Kriegswirklichkeit des 1. Weltkriegs wird weitgehend ausgeblendet.«

Vom mythischen Zauberer Merlin war das Schwert Caliburn durch einen Stein bzw. Amboss getrieben worden, wird in der Legende erzählt. Es hieß, nur der wahre künftige Herrscher könne es wieder herausziehen. Nachdem zahlreiche Ritter und Adelige an dieser Aufgabe gescheitert waren, gelang es Artus (Arthur), dem Sohn des englischen Königs, das Schwert mühelos zu befreien, was ihn zum rechtmäßigen König machte.

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Foto: Eduardo Otubo/Wikimedia Commons

Als Artus das Schwert Caliburn in einer Schlacht zerschlagen hatte, schenkte die »Herrin vom See« dem jungen König als Ersatz Excalibur, damit er sein Königreich schützen könne.

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Der Legende nach gab Excalibur seinem Besitzer übermenschliche Kräfte, und seine Scheide machte jeden, der sie bei sich trug, unverwundbar. Artus’ Halbschwester Morgan LeFay raubte durch eine List die Scheide, sodass Artus bei Verletzungen wieder gefährdet war. Excalibur blieb ihm erhalten.

Nachdem Artus in einer Schlacht schwer verletzt wurde, brachte man ihn nach Avalon. Ein bis heute sagenumwobener Ort des Interesses, siehe beispielsweise den Fantasy-Roman »Die Nebel von Avalon«. Stirbt er dort oder ruht er nur? In Anspielung auf den christlichen Glauben an Auferstehung wird seine Rückkehr in Aussicht gestellt. Sir Bedivere, einer der zwölf Ritter der Tafelrunde von König Artus, warf Excalibur zurück in den See, wo es die »Herrin vom See« wieder annahm. Dort soll es der Sage nach noch immer ruhen.

Im 12. Jahrhundert machte Richard Löwenherz die Artus-Sage zum Werkzeug seiner Propaganda und behauptete, sein Schwert sei Excalibur.

Nach Wikipedia, abgerufen am 24.5.2020

»Die fantasievolle Erzählung indes macht den Helden zur Projektionsfläche des jeweiligen Zeitgeistes späterer Jahrhunderte. Die vermeintliche Aktualität schuf eine Glaubwürdigkeit, die historische Wahrheit ersetzte.«

Lesen Sie weiter auf www.spiegel.de

 

Ab 1914 wurden in Deutschland zunehmend national gestimmte Gedichte verfasst. Einzelne Verse wurden von der Kriegspropaganda aufgegriffen und erreichten eine enorme Popularität. Eine Zeile aus dem »Haßgesang gegen England« wurde während des Krieges ein Schlachtruf des deutschen Heeres – »Gott strafe England«. Eine eigene Grußformel entstand: »Gott strafe England«, Erwiderung des Grußes: »Er strafe es«.

SH Bad Schwartau Gott strafe England web2


Hier eine Postkarte aus dem Jahr 1915 mit der bekannten Zeile aus dem »Haßgesang«. In dem Bild ist das Schwert in eine Ansicht von England gerammt, während ein christliches Kreuz es von hinten überstrahlt – ein Kreuz, das in diesem Fall natürlich die Unterstützung einzig des Deutschen Reichs durch Gott symbolisiert, entsprechend der Behauptung des deutschen Kaisers und seiner Soldaten: »Gott mit uns«.

SH Bad Schwartau Soldat am Schwert web2

Hier sehen wir ein Schwert, das im Boden steckt. Es soll der Eindruck erweckt werden, als sei der Hügel Golgatha gemeint, auf dem den neutestamentlichen Evangelien zufolge Jesus von Nazaret gekreuzigt wurde. Das Kreuz steht für den christlichen Glauben, dass im Opfertod Jesu Gott den Menschen heilend nahegekommen ist. Hier wird nun ein Soldat an einem Schwert hängend abgebildet, umgeben von einem göttlichen Strahlenkranz. »Ihr habt für uns euch hingegeben / Ihr seid gestorben, damit wir leben«: Der Opfertod Jesu wird dem Kriegstod der Soldaten gleichgestellt. Diese Analogie findet sich oft auf Kriegerdenkmälern. Die kleinen Bilder mit verschiedenen Motiven wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Siehe auch das Kapitel »Die Widmung« weiter oben.

Von Siegfrieds Schwert »Balmung« erzählt das Nibelungenlied aus dem 13. Jahrhundert. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es wiederentdeckt und galt im 19. und 20. Jahrhundert als Nationalepos der Deutschen, wobei Siegfried der Drachentöter zu einem deutschen Nationalhelden umgedeutet wurde.

Im Nationalsozialismus feierte man die Wiederkehr der germanischen Größe und des Heldentums, der germanischen Gefolgstreue und des männlichen Rittertums und unterlegte die Idee des deutschen Volkstums mit diesen »germanischen Tugenden«. Man berief sich auf die schöpferischen Kräfte der Germanen, denen das Dritte Reich wieder Lebensmöglichkeiten gebe. Das Nibelungenlied wurde so als Vehikel nationaler Ideen instrumentalisiert und missbraucht, wie zum Beispiel von Hermann Göring, der die Lage der deutschen Soldaten im Kessel von Stalingrad mit der Lage der Nibelungen im brennenden Saal verglich (»Wir kennen ein gewaltiges heroisches Lied …«).

nach Wikipedia, abgerufen am 30. November 2020

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Das Eiserne Kreuz

In Wentorf ist es in doppelter Kontur in einen quadratischen Stein gearbeitet. Der Stein ist über der Namenstafel vermauert.

 

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Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Heute sehen wir auf fast jedem Kriegerdenkmal ein Eisernes Kreuz. Es wird hier den toten Soldaten posthum und kollektiv verliehen. Nach Meinung der Denkmalsstifter hat der Kriegstod die Treue und Tapferkeit der Toten bewiesen, egal wie sich der Einzelne tatsächlich verhalten hat.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web3


• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg – nachdem sie noch Massaker an der Zivilbevölkerung Belgiens begangen hatten – zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


SH Wulfsdorf Hitler EK web

• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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I N H A L T

Das Denkmal zum 1. Weltkrieg
Das Denkmal zum 2. Weltkrieg
Volkstrauertag 2019
Historische Fotos
Der 7. Stormarner Friedensstein
Sie starben den Heldentod
»Lerne vom Militär!«

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Westerau, Kreis Stormarn

In der Dorfstraße

Die kleine Anlage im Grünstreifen der Hauptstraße durch Westerau ist den toten Soldaten beider Weltkriege gewidmet. Am 13. April 2019 ist genau zwischen den Denkmälern ein Stormarner Friedensstein gesetzt worden (siehe weiter unten).

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Wie immer stand das Denkmal zum 1. Weltkrieg zuerst alleine da und irgendwann nach 1945 überlegte man, wie man die Ergänzung gestalten wollte. Oft wurden einfach die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs dazu gesetzt, egal welch revanchistisches Heldenpathos aus den vorhandenen Inschriften sprach. Die Westerauer haben es anders gemacht: sie setzten eine niedrige geschwungene Mauer neben ihr 1. Weltkriegsdenkmal und stellten am Ende des Bogens einen kleineren Findling für den 2. Weltkrieg auf die Erde. Noch ein kleines Mäuerchen vorne und ein paar Pflanzen ... fertig!

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Das Denkmal zum 1. Weltkrieg ist 1925 eingeweiht worden. Sein hoher rechteckiger Sockel ist in mehreren Stufen mit Bruch- und Quadersteinen aufgemauert worden. Er trägt eine Steinplatte, die von vorne wie ein großer, gespaltener Findling aussieht.

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Oben sehen wir ein Eisernes Kreuz, es ist flächig eingemeißelt und schwarz-weiß ausgemalt worden. Das militärische Ehrenzeichen sagt uns, dass es hier um Soldaten geht. Die Denkmalsstifter verleihen es den Soldaten posthum und kollektiv. Der Kriegstod beweist per se ihre Tapferkeit und Treue.

 

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Die Inschrift in zarten Buchstaben eingraviert lautet:

Im Weltkrieg
1914–1918
starben den Heldentod
aus unserer Gemeinde

SH Westerau 1WK Namen web


Die Granitplatte darunter ist andeutungsweise wie ein Buch gestaltet. In zwei Spalten werden 21 Soldaten mit abgekürztem Dienstrang, dem Initial des Vornamens, dem Familiennamen und ihrem Todestag aufgeführt. Die Liste ist nach den Todestagen geordnet. Schon auf dieser Tafel sind drei Soldaten nach dem Kriegsende am 11. November 1918 gestorben, das setzt sich auf einer weiteren Tafel im Basissockel fort.

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Hier werden noch vier weitere Soldaten genannt, die 1919 und 1918 zu Tode kamen. Sind sie erst nach dem Krieg ihren Verletzungen erlegen oder waren sie Mitglieder eines Freikorps?

Heer und Marine mussten in Folge des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 demobilisiert und abgerüstet werden. Die Soldaten erhielten nun keinen Sold mehr, manche wurden von ihren Familien versorgt, einige zogen marodierend durch’s Land. Von Offizieren, aber auch von privaten Hasardeuren, wurde die Aufstellung von Truppenverbänden aus ehemaligen Soldaten und ungedienten Freiwilligen vorangetrieben. Diese paramilitärischen Verbände wurden Freikorps genannt. Sie sollten und wollten die revolutionäre Bewegung bekämpfen, die im November 1918 mit den Matrosenaufständen begann und die Grenze im Osten gegen die »Bolschewisten« verteidigen.

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Der Denkmalssockel und die nachträglich ergänzte Mauer von hinten.

 

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Von der Seite sehen wir nun die schmale Platte der Inschrift mit der zu ihrer Stütze hochgezogenen Bruchsteinmauer. Links vom Denkmal erkennen wir schon den kleinen Findling zum 2. Weltkrieg.

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Das Denkmal zum 2. Weltkrieg

Es ist keine Platte, sondern ein gespaltener Granitfindling, der an dem Mäuerchen lehnt.

SH Westerau 2WK web


Es werden keine Namen genannt und wir sehen hier kein Eisernes Kreuz, aber ...

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... die Inschrift unter den Jahreszahlen des 2. Weltkriegs sagt uns doch indirekt, dass es hier um tote deutsche Sodaten geht:

1939 – 1945

EUCH ZUM DANK –
UNS ZUR MAHNUNG

Zivilen deutschen Opfern würde man nicht danken. Den toten Soldaten aus anderen Ländern, den Zwangsarbeitern oder den Opfern des nationalsozialistischen Terrors in diesen Jahren danken zu wollen ist undenkbar.

Uns zur Mahnung? Bei dieser unspezifischen Formulierung fragt man sich: Mahnung zu was? Dankt man den toten Soldaten, die Opfer, aber auch Täter waren und wird gleichzeitig zum Frieden gemahnt?

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Volkstrauertag 2019

Die Gemeinde Westerau widmet ihren Kranz »Unseren Toten« – darüber die Inschrift, die den 25 Soldaten gilt, die den »Heldentod« gestorben sind.

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Historische Fotos

Hier steht das Denkmal zum 1. Weltkrieg noch alleine auf einem Sandplatz mit Zuwegung. 

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Vielleicht ist es ein Foto nach der Einweihung im Jahr 1925, viele Kränze sind niedergelegt worden.

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Auch auf diesem Foto ohne Datum hängen drei Kränze am Denkmalssockel, aber vor allem ist der Platz nun mit einem weißen Zaun und aufwendiger Pforte eingefriedet worden.

 

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Eine Postkarte aus dem Jahr 1968. Die Anlage ist mit dem Stein zum 2. Weltkrieg ergänzt worden. An den Denkmälern vorbei führt ein gepflasterter Weg.

Fotos: Kreisarchiv Stormarn, Lizenz 4.0 international


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Der 7. Stormarner Friedensstein

Der »Stein des Anstoßes« war am 13. April 2019 die Aktion zum 130. Firmenjubiläum des Waffen- und Munitionherstellers Rheinmetall in Trittau. Die Friedenssteinsetzungen begannen am 1. September 2019 in Bad Oldeslohe. 

In Westerau wurde am 20. Dezember 2019 um 17 Uhr zwischen den Gedenksteinen für den 1. und 2. Weltkrieg der 7. Friedensstein im Kreis Stormarn vom Bildhauer Axel Richter einbetoniert. Er hat die 55 Friedensteine hergestellt.

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»Grenzsteine dienten ursprünglich dazu, geheiligte Friedensbereiche zu markieren. Unter der Standfläche der Stormarner Friedenssteine mit dem Schwanenmotiv ist jeweils ein goldener Hohlraum eingearbeitet, in dem Friedensbotschaften und Bezeugungen hinterlassen werden.

Die Steine sind als Vernetzungsprojekt gedacht. Mit dem Setzen der 55 Friedenssteine sollen die Stormarner Städte und Gemeinden zu einem friedensbezogenen Netzwerk zusammenwachsen.

Stormarner Bürger haben bereits zahlreiche Botschaften aufgeschrieben, die in den Gemeinden, welche bereits ihren Friedensstein gesetzt haben, einbetoniert sind.« So steht es auf der Website der Gruppe 9. November.

Die jeweiligen Botschaften, interessante Redebeiträge und Fotos über jede Friedenssteinsetzung können Sie auf der Website lesen.

Website Gruppe 9. November – Friedenssteine


Im Rahmen des lebenden Adventskalenders wurde im Beisein vieler Bürger aus Westerau, Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr, Gemeindevertretern, Bürgermeisterin Petra Jürß und Mitgliedern der Gruppe 9. November der 7. Friedensstein gesetzt.

Pressemitteilung

Nach der Begrüßung durch die Bürgermeisterin, ...

SH Westerau Friedensstein Ilse web


... der Ansprache von Ilse M. Siebel von der Gruppe 9. November (neben der großen Friedenstaube, die von Ort zu Ort mitwandert) und dem Grußwort von Dr. Stephan Linck, Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit in der Evangelischen Akademie der Nordkirche ...


SH Westerau Friedensstein2 web


... wurde die Friedensbotschaft in den Hohlraum eingefügt und der Friedensstein an seinem vorgesehenen Platz einbetoniert.


Die Friedensbotschaft lautet:

»Überall wo Liebe ist, ist der Ort, wo auch Frieden ist«

 

... und weil die Friedensbotschaften nun verborgen sind, hat die Gruppe 9. November am 9. November 2022 an allen bisherigen Standorten neben den Steinen eine Informationstafel mit QR-Code installiert, entsprechend der Tafel auf dem Bild unten für Bargfeld-Stegen. So können alle zukünftigen Besucher:innen die Geschichte der Stormarner Friedenssteine und die Friedensbotschaft in »ihrem« Stein kennenlernen.

SH Bargfeld Stegen QR Code web


1918, 1938, 1989: Der 9. November gilt als »Schicksalstag« in der deutschen Geschichte. Er markiert den Beginn der ersten deutschen Republik, die Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung und den Fall der Berliner Mauer. Jedes Jahr fallen an diesem Tag Feier- und Gedenkstunde zusammen.

Der 9. November auf bpb.de


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Sie starben den Heldentod

»›Sie starben den Heldentod‹ steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.142


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone 2006, S. 89

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

• Kurt Tucholsky

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»Lerne vom Militär!«

25 Soldaten aus Westerau sind im 1. Weltkrieg zu Tode gekommen, sie werden alle mit ihrem militärischen Rang genannt.

Utffz.,Ldst., Kan., Sees., Musk. und Gren. – die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten und ihre Abkürzungen sind uns heute fremd, damals kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

MP Zehlendorf Kinderkarte web

›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

... und noch eine revanchistische Postkarte »Deutsche Jugend« nach dem 1. Weltkrieg:

SH Marienwarder Deutsche Jugend 1WK web


Heil Dir Deutschland, deine Zukunft
             Schimmert vor dir hell und klar
Denn der Heldensinn der Väter
             Schlummert in der Jugend Schaar.

Aber auch 1956 billigt ein Leser der Frankfurter Illustrierten dem Militär, damals der gerade neu gegründeten Bundeswehr, in einem Leserbrief erzieherische Expertise zu:

Frankfurter Illustrierte 1956 leserbrief web

 

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I N H A L T
Die Denkmalsanlage
Ein historisches Foto
Helgoland 28.8.1914
Die Einweihung
AKTUELL: Heinz Reinefarth
Der Erschießungsplatz
Die Gestapo-Zelle

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Westerland auf Sylt, Kreis Nordfriesland

Auf dem Friedhof der Kirchengemeinde Westerland

Diese aufwändige Gedenkstätte für die getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs, finanziert durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, wurde am 11. August 1940 eingeweiht. Am 1. September 1939 hatte Deutschland den 2. Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen begonnen.

SH Westerland Eingang web


Die Anlage ist an drei Seiten von einer Friesenmauer umgeben, die auch den Eingang bildet. Rings um den quadratischen Platz führt ein mit großen und kleinen Kieseln gepflasterter Weg.

SH Westerland Platz3 web

An seinem äußeren Rand sind ringsherum helle Muschelkalkkreuze aufgestellt, in der Mitte steht ein größeres Kreuz.

SH Sylt 1WK web


Die Aufschrift aus gehämmerten Metallbuchstaben lautet:

77 Söhne Westerlands fielen im
Weltkrieg 1914-1918

Die häufig auf Kriegerdenkmälern verwendete Bezeichnung »Söhne« stellt eine Vertrautheit her, die getöteten Soldaten werden familiär vereinnahmt und familiäre Bindung verpflichtet.

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Davor liegt eine Bodenplatte. Die Metalltafel darauf trägt in alphabetischer Reihenfolge die Namen der Soldaten in erhabenen Lettern mit Geburts- und Sterbedatum. Es sind die Namen der Soldaten aus Westerland, die im 1. Weltkrieg an den unterschiedlichen Kriegsschauplätzen getötet wurden.

SH Westerland Platz web


Dem kleinen Denkmal gegenüber steht die »Ehrenhalle« auf achteckiger Grundfläche mit spitzem runden Reetdach.

SH Westerland Haus web


Die »Ehrenhalle« wurde gebaut für die 93 Soldaten, die auf Sylt im 1. Weltkrieg z.B. in Lazaretten gestorben sind oder tot angeschwemmt wurden. Zusätzlich sind die 31 Toten der Nachbarinseln von Röm bis Pellworm namentlich genannt und auch 13 unbekannte Soldaten von der Insel Föhr. Auf den Inseln selbst gab es in beiden Weltkriegen keine Kampfhandlungen.

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Vier mächtige achteckige Steinsäulen tragen das Dach in der offenen vorderen Hälfte des Baues.

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Am oberen Ende der Säulen: Kapitele im germanischen Stil.

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Ein Metallgitter, die an ein mittelalterliches Burgverlies erinnert, verschließt den hinteren Teil mit den Gedenktafeln. Diese Gittertür wurde später eingebaut, um zu verhindern, dass sich weiter Obdachlose, Jugendliche etc. in dem Raum aufgehalten.

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Eine Platte der Schließe trägt das Logo des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der diese Gedenkstätte 1940 angelegt hat.

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In der »Ehrenhalle« sind die Namen der Soldaten, durch Kreuze voneinander getrennt, in die Holzwände geschnitzt. Darüber steht in großen Lettern der Satz:

Hier ruhen deutsche Soldaten

SH Westerland Kreuze web


Der Weg führt weiter an die Seite zum Gehölz. Dort sehen wir schon einen überlebensgroßen steinernen Adler auf einer Granithalbkugel sitzen.

     SH Westerland Adler web

Er scheint die Anlage zu bewachen. Sein »Federkleid« sieht eher wie eine Uniform aus.

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Auch in der anderen Ecke sitzt ein Adler. Hier sieht man auch das hohe Steinpodest, das für die beiden gebaut worden ist.


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Zwischen den Adlern steht hinter den Kreuzen zwischen den Sträuchern ein großer dunkler Findling mit den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs:

1914   1918

Dieser Denkmalstein stand auf dem früheren »Ehrenfriedhof« vor den Grabkreuzen, der auf Sylt gestorbenen und angeschwemmten Soldaten. Siehe das historische Foto weiter unten.

SH Westerland Platz2 web


In der Mitte des Platzes liegen auf einer tiefer gelegten Fläche 12 steinerne Sarkophagdeckel. Viermal drei hintereinander mit der Aufschrift:

Helgoland 28.8.1914

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Dazwischen sind Blumen gepflanzt. Dieser Platz erinnert an das erste Seegefecht des 1. Weltkrieges, das über 1200 deutschen Marineangehörigen das Leben kostete. 18 von ihnen wurden auf Sylt angespült. Über den großen hohen Lettern ist jeweils ein seemännisches Symbol im Relief herausgearbeitet worden.

Es ist zu vermuten, dass auf diesem Platz die sterblichen Überreste der Soldaten des früheren »Ehrenfriedhofs« und die der 18 angeschwemmten Marineangehörigen des Seegefechts bei Helgoland liegen.


»Interessant bei der Anlage in Westerland ist nebenbei, dass sie dem Gedächtnis einer Institution, nämlich der Deutschen Marine diente, wobei auf den (Soldaten-)Friedhöfen eigentlich der Menschen gedacht werden sollte ... Die Anlage in Westerland stellte sich hiermit in eine Reihe anderer Ehrenmale (Hans Mallon Ehrenmal auf Rügen für die Hitlerjugend, Laboe bei Kiel, etc.), die von den Nationalsozialisten instrumentalisiert wurden.«

Dr. Simon Rietz, der für seine Dissertation über Soldatenfriedhöfe des 1. Weltkriegs und der Weimarer Republik geforscht hat.

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Ein historisches Foto

SH Westerland Ehrenfriedhof historisch web


Links vor der Hecke, der Findling, der jetzt im Gebüsch hinter den weißen Muschelkalkkreuzen steht. Rechts davon, an der äußeren Ecke des Platzes kann man auch einen der steinernen Adler erkennen. Die früheren Grabkreuze und das Monument in der Mitte des Platzes sind nicht erhalten. Die Inschrift damals lautete:

Den Gefallenen zur Ehre
Den Lebenden zum Ansporn
Der Nachwelt zum Gedächtnis
Erhaben ist es und ehrenvoll, für das Vaterland zu sterben

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Helgoland 28.8.1914

Das Seegefecht bei Helgoland fand zu Beginn des Ersten Weltkrieges am 28. August 1914 zwischen Kriegsschiffen der britischen Royal Navy und deutschen Kaiserlichen Marine in den Gewässern vor der Insel Helgoland statt. Dabei gelang es den überlegenen britischen Verbänden, die drei Kleinen Kreuzer SMS Mainz, SMS Ariadne und SMS Cöln sowie das Torpedoboot V 187 zu versenken.

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• Der Deutsche Kreuzer SMS Mainz steht in Flammen und wird versinken. Das Foto wurde vom Deck eines britischen Kriegsschiffes aufgenommen.

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Texte und Bilder der Beiträge: »Die Einweihung«, »Heinz Reinefarth, »Der Erschießungsplatz« und »Die Gestapo-Zelle« hat Silke von Bremen erarbeitet. Als die Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945?« in Westerland gezeigt wurde, waren sie Teil des »Lokalen Fensters«.

Neue Anfänge nach 1945?, Westerland

Silke von Bremen setzt sich unermüdlich für die Erinnerungskultur auf Sylt ein, ihr aktuelles Projekt ist eine zentrale Gedenktafel für die Opfer der Wehrmachtjustiz auf Sylt. Siehe auch weiter unten den Bericht »Der Erschießungsplatz«.

Die Einweihung

Die Gedenkstätte wurde am 11. August 1940 eingeweiht, Deutschland hatte den 2. Weltkrieg ein knappes Jahr vorher mit dem Überfall auf Polen begonnen. Der frühere »Ehrenfriedhof« an gleicher Stelle in Westerland war sehr aufwändig fast komplett umgestaltet worden. Marineoberpfarrer a.D. Koene aus Flensburg, Bezirksverbandsführer Schleswig-Holstein und Gauverbandsführer Nordmark des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge hielt die Weiherede. Über die toten Soldaten sagte er darin: »Sie sahen nicht mehr des Vaterlandes nationale Verkommenheit, seine Ehr- und Wehrlosigkeit und seine Schande; sie wußten noch nicht, daß sie wertvollste Aussaat waren für die Auferstehung eines neuen Vaterlandes, nach dem Gesetz, daß vor jeder Auferstehung Gräber liegen müssen ...«. Im Bericht des Volksbundes von 1940, siehe PDF weiter unten, sind seine und weitere Reden vollständig abgedruckt.

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Alles was damals Rang und Namen hatte, vom Kreisleiter Peperkorn, über Landrat Dr. Fröbe, Staatsminister Ahlborn aus Berlin bis hin zu vier Admirälen, darunter Admiral Densch, kommandierender Admiral der Marine Station Nordsee, und viele Soldaten hatten sich eingefunden, um das »Marinemal« einzuweihen.

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Aufstellung der Abordnungen am Einweihungstag »um aus dem Opfertode der Brüder immer wieder die Pflicht zum eigenen Leben unterm Vaterlandsopfer zu lernen«, wie Marineoberpfarrer a.D. Koene in seiner Weiherede forderte.

Lesen Sie hier den Bericht aus der Mitgliederzeitschrift Nr. 9 des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. von 1940. Wir danken Dr. Simon Rietz für das PDF.

Bericht Volksbund von 1940, S. 132-135

 

Die Südtondersche Zeitung schrieb am 12.8.1940: »Wie oft  ist gefragt worden: sind nicht die ungeheuren Opfer des Weltkrieges umsonst gewesen? Heute wissen wir, dass der Weltkrieg nicht ein Einzelgeschehen war, sondern nur ein Glied, der Anfang einer revolutionären Katastrophe in der Weltgeschichte, und dass die Opfer des Weltkrieges ihre Erfüllung und Mission finden werden. Gott hat gewußt, weshalb er uns den einen großen, starken, deutschen Mann geschickt hat, der nun die Ehre und die Freiheit des deutschen Vaterlandes wieder erstehen lassen wird!«

Artikel STZ, 1940

 

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»Die Absicht der mit viel Aufwand gestalteten Gedenkstätte und -feier für die Toten eines 22 Jahre zurückliegenden Krieges ist überdeutlich. 1940 erschütterten die Nachrichten über die Gefallenen des 2. Weltkrieges die ersten Familien. Die Einweihung dieses Kriegerdenkmals, die Glorifizierung des Soldaten als Kämpfer für das deutsche Vaterland, sollte den trauernden Familien vermitteln, dass das Sterben Ihrer Söhne, Brüder und Väter an der Front  für Volk und Vaterland kein verlorener Tod ist und die zukünftig zu erwartenden Toten für eine gerechte Sache gefallen sind.«

Silke von Bremen in der Sylter Rundschau, 2015

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Heinz Reinefarth

AKTUELL: »Von Warschau nach Westerland. Die Karrieren des Heinz Reinefarth«

Mittwoch, 1. Juni 2022, 19 Uhr, Sylt Museum, Am Kliff 19a, Keitum: Vortrag von Andreas Mix, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin. Er beleuchtet die bemerkenswerten Karrieren Reinefarths in der NS-Zeit und in der Bundesrepublik.

SH Sylt Reinefarth Museum Sylt webFoto: Sylt Museum

»Vielen NS-Tätern gelang in der Bundesrepublik eine zweite Karriere, doch kaum eine war so spektakulär wie die von Heinz Reinefarth. Der Jurist stieg im Zweiten Weltkrieg in Spitzenpositionen des SS- und Polizeiapparats auf. Anfang August 1944 beorderte ihn der SS-Chef Heinrich Himmler nach Warschau, um den Aufstand gegen die deutschen Besatzer niederzuschlagen. Die von Reinefarth kommandierten Truppen ermordeten innerhalb weniger Tage mehr als 30 000 Menschen. Für diese Verbrechen sollte sich der SS- und Polizeigeneral in Polen verantworten, doch die Westalliierten lehnten eine Auslieferung des „Henkers von Warschau“ ab. Reinefarth strebte daraufhin eine politische Karriere an: 1951 wurde er zum Bürgermeister von Westerland gewählt, 1958 wurde er Abgeordneter des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Als die DDR dies skandalisierte, begann die bundesdeutsche Justiz gegen Reinefarth zu ermitteln. Im sich wandelnden vergangenheitspolitischen Klima Anfang der 1960er wurde der Fall Reinefarth zur Belastung für die Landesregierung. Er trat schließlich von allen politischen Ämtern zurück, doch vor Gericht musste sich Reinefarth trotz jahrelanger Ermittlungen der Justiz niemals verantworten.«

• Veranstaltung des Landesbeauftragten für politische Bildung Schleswig-Holstein

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Heinz Reinefarth war der einzige SS-General, der nach 1945 auf Länderebene ein politisches Amt bekleidete. Mit der publizistischen Debatte um ihn begann die juristische Aufarbeitung des Warschauer Aufstandes. Dennoch starb er 1979 ohne Verurteilung auf Sylt. Heinz Reinefarth war von 1951 bis 1964 Bürgermeister der Stadt Westerland. 1958 wurde er in den Schleswig-Holsteinischen Landtag gewählt. Im 2. Weltkrieg, August 1944 – Reinefarth war SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei – erhielt er den Auftrag, mit mehreren Kompanien den Warschauer Aufstand der polnischen Heimatarmee niederzuschlagen.

SH Sylt reinefahrt web

• 1944: SS-Gruppenführer Heinz Reinefarth (links)

Dabei wurden vermutlich mehr als 150 000 Menschen ermordet. Reinefarth, der bereits seit den 1920er Jahren ein Friesenhaus in Westerland besaß, zog nach dem Krieg mit seiner Familie nach Sylt. Er wurde für seine Taten nie verurteilt oder an Polen ausgeliefert, sondern aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die heutige Aktenlage zeigt deutlich, dass Reinefarth zu den großen Kriegsverbrechern des 2. Weltkriegs gehört, der seine Beteiligung an den Gräueltaten jedoch immer geleugnet hat.

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• 1954: Heinz Reinefarth, der Sylter Bürgermeister

Im Jahre 2014, 70 Jahre nach den Morden in Warschau, wurde am Westerländer Rathaus eine Tafel angebracht, die die Verstrickung des einstigen Bürgermeisters und die späte Auseinandersetzung der Insulaner mit ihm dokumentiert.

SH Sylt Tafel web


Auf der Insel schwieg man seine Nazi-Vergangenheit tot – bis Pastorin Anja Lochner und ihre Kirchengemeinde Westerland nachforschten.

www.nordkirche.de


Philipp Marti hat seine Dissertation über Reinefarth geschrieben. Auf Zeitgeschichte-online ist »Der Fall Reinefarth, 1944-2014« von ihm veröffentlicht.

www.zeitgeschichte-online.de


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Der Erschießungsplatz

Von 1939 - 1945 verurteilten die Deutschen Kriegsgerichte mindestens 20 000 Wehrmachtsangehörige wegen »Fahnenflucht«, »Wehrkraftzersetzung« oder »Feigheit« zum Tode. Auch Sylt hatte ein Kriegsgericht, es befand sich in Westerland, im (mittlerweile abgerissenen) Hotel Sanssouci in der Steinmannstraße. Mehrere Todesurteile wurden dort verhängt, einer der auf Sylt tätigen Marinekriegsrichter war ab 1942 Hans Filbinger, der spätere Ministerpräsident von Baden-Württemberg. U.a. im Morsumer Wäldchen, im Dünental bei Mövenberg und am Baakdeel wurden die Verurteilten erschossen.

Aus der Niederschrift über den Vollzug der Todesstrafe an Friedrich Rainer: »Der Verurteilte stand um 6.30 Uhr gefesselt auf dem Richtplatz. Die angetretene Einheit stand auf Kommando still. ... Das Kommando »Feuer« erfolgte um 6.38 Uhr. Der Verurteilte starb durch sieben Schüsse und einen Gnadenschuss. Der Sanitätsoffizier stellte dem Tod um 6.41 Uhr fest. Die Leiche wurde nach Einsargung sofort vom Richtplatz entfernt.«

1954 wurde auf dem Areal dieses »Richtplatzes« der Westerländer Campingplatz eingerichtet.


SH Sylt Camping web

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Die Gestapo-Zelle

Mitte der 1930er Jahre vollendete die Luftwaffe auf Sylt zahlreiche Bauvorhaben. Im Bereich der Bomhoff- und Steinmannstraße wurden Unterkünfte für Offiziersfamilien gebaut, in der Bomhoffstraße 22 richtete die Kieler Geheime Staatspolizei, auch kurz Gestapo genannt, eine Außenstelle ein. Hier befand sich das Sylter Gestapogefängnis, in dem eine unbekannte Anzahl von Personen festgehalten wurde. Unter ihnen Johanna Herold, die 1943 verhaftet und von hier aus nach Auschwitz deportiert wurde. Käthe Siegert wurde 1944 denunziert und in der Bomhoffstraße eingesperrt, wo sie sich nach wenigen Tagen, am 24. September 1944, das Leben nahm. Das Haus, im Besitz des Landes Schleswig-Holstein, wurde bis 1969 von der Polizei genutzt, bis es vor 10 Jahren vom Land verkauft wurde. Heute befinden sich in diesem Gebäude mehrere Ferienwohnungen.

Die Originaltüren der Gefängniszellen haben die Zeit überdauert und erzählen von der Geschichte des Hauses, die auf Sylt in Vergessenheit geraten ist.

            SH Sylt Kellertur web

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I N H A L T
Das Denkmal zum 2. Weltkrieg
Volkstrauertag 2019
Aus der Geschichte
Helden
Der Stahlhelm
Die Deutsche Eiche
Das Denkmal zum 1. Weltkrieg
Volkstrauertag 2019
Historische Postkarten
Das Eiserne Kreuz
»Lerne vom Militär!«

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Wilstedt, Kreis Stormarn

In der Dorfmitte auf einer dreieckigen Verkehrsinsel

In Wilstedt hat der Autoverkehr eindeutig die Vorfahrt. Es ist nicht einfach, die Rasenfläche mit dem Denkmal zu erreichen.

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Der Platz wird dominiert von einer mächtigen Eiche, siehe das Kapitel »Die Deutsche Eiche«.

 

SH Wilstedt 2WK Platz web


Dahinter steht in einem Halbkreis aus dunkelgrünen Rhododendren eine dreieckige Säule aus hellem Granit.

 

SH Wilstedt 2WK Denkmal web


Die Säule ist einem Obelisken nachempfunden, statt einer aufgesetzten Pyramide liegt hier jedoch die Steinplastik eines Stahlhelms. Die Säule ist den toten Soldaten des 2. Weltkriegs gewidmet.

 

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Der Stahlhelm liegt auf wulstig geformtem ehrenden Eichenlaub. Gleich darunter sehen wir auf der Frontseite ein weiteres militärisches Ehrenzeichen: Das Eiserne Kreuz in Kontur. Es wird allen toten Soldaten, die hier geehrt werden sollen, von den Denkmalsstiftern posthum verliehen. Der Soldatentod beweist die dafür erwartete Tapferkeit und die Treue.

 

SH Wilstedt 2WK Inschrift web


Die Widmung ist in feinen Buchstaben mittig gesetzt:

DEM
GEDENKEN
UNSERER
HELDEN
1939 - 1945

Es folgt den »Helden« zur Ehre ein stilisierter dreiblättriger Eichenzweig – gesenkt als Zeichen für ihren Kriegstod. Die Inschriften der revanchistischen Kriegerdenkmäler nach dem 1. Weltkrieg enthalten oft die Formulierung »unseren Helden«. Auf den Denkmälern nach dem 2. Weltkrieg hat sie sich nach den Gräueltaten der Deutschen Wehrmacht eigentlich verboten. In Wilstedt steht eins der wenigen Denkmäler, auf denen nicht nur die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs auf den Heldendenkmälern des 1. ergänzt worden sind. Es wurde ein eigenes neues Denkmal für »unsere Helden« des 2. Weltkriegs errichtet.

 

SH Wilstedt 2WK ganz web


Zunächst fällt auf, dass an allen drei Seiten das steinerne Eichenlaub über die Ränder quillt. So ist es von unten gut zu erkennen. Wir sehen, dass die zweite Seite von oben bis unten mit Schriftzeilen gefüllt ist ...

 

SH Wilstedt 2WK Namen hinten links web


... ebenso die dritte Seite. Schrift, Ziffern und Symbole sind wieder in der extrem feinen Schrift eingemeißelt und schwarz eingefärbt worden – nicht immer gut lesbar.

 

SH Wilstedt 2WK Helm Blaetter web


Die Zeilen beginnen mit dem Geburtsdatum, in der Mitte folgen Vor- und Familiennamen, am Schluß steht das Sterbedatum der toten Soldaten. Jeweils oben auf den zwei Namensseiten der Säule steht über den Geburtstagen ein vierzackiger Stern und über den Todestagen ein Eisernes Kreuz. Hier lautet die erste Zeile:

15.4.11  PAUL MEYER  18.1.42

 

SH Wilstedt 2WK Namen oben web


Es ist kein Ordnungsprinzip in der Liste zu erkennen: weder alphabetisch, noch zeitlich nach Todestag.

 

SH Wilstedt 2WK Namen web


Bei kürzeren Namen sind vorn und hinten verspielte zarte Schmuckelemente hinzugefügt. Auf der zweiten Namensseite werden ab der Mitte die 13 vermissten Soldaten aufgeführt. Insgesamt sind es auf beiden Seiten 53 tote Soldaten.

 

SH Wilstedt 2WK Sockel web


So zugespitzt wie die Säule ist auch der Sockel. Jeweils ein Stein ragt wie ein Pfeil über eine Säulenkante hinaus.

 

SH Wilstedt 2WK Spalt web


Wir ordnen das Denkmal mit seinen markanten Formelementen dem expressionistischen Stil zu.

 

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Volkstrauertag 2019

Die Vertreter der Gemeinde Tangstedt, zu der Wilstedt gehört, haben einen Kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife niedergelegt. »Unseren Verstorbenen zum Gedenken« steht darauf. Das hört sich harmloser an als es Stahlhelm, Eisernes Kreuz und Eichenlaub vermuten lassen.

 

SH Wilstedt 2WK VTT2019 web


»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter.«

• Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.29

 

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Aus der Geschichte

Postkarten aus den 60er Jahren: Das Kriegerdenkmal gehört dazu.

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Der Platz um das Denkmal ist aufwendig hergerichtet. Die damals merklich jüngere Eiche hat ein Extra-Rasenrondeel mit umlaufendem Sandweg.


SH Wilstedt 2WK 1969 web


Im Jahr 1962 sind diese Fotos aufgenommen worden:

SH Wilstedt 1962 Raimund Marfels StA 1 web


Die dreieckige Granitsäule wirkt blendend weiß, so wie der Holzzaun, der den ebenfalls dreieckigen Platz umgibt.

 

SH Wilstedt 1962 Raimund Marfels StA2 web


Um das Kriegerdenkmal herum ist ein eleganter Park mit verschiedensten Sträuchern gestaltet worden.

 

SH Wilstedt 1962 Raimund Marfels StA Friedenseiche web2Fotos: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0

 

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Helden

»Prinzipiell existieren keine Helden, sondern sie werden per Zuschreibung von außen dazu gemacht. Dies erkennt man bereits daran, dass heute andere Menschen als Helden gelten, als zur Zeit des 1. und  2. WK. Es handelt sich um eine Konstruktion, die einen bestimmten Zweck erfüllen soll, denn nicht jeder Soldat ist ein Held. Auch werden andere am Krieg direkt oder indirekt Beteiligte (Dichter, Ärzte, Hausfrauen, Invaliden usw.) deutlich seltener als Helden verehrt – von Kriegsgegnern ganz zu schweigen.«

www.kirchliche-dienste.de/arbeitsfelder/frieden/Gedenkorte-fuer-Verstorbene-der-Weltkriege


»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 89


»Jedes Gedenken der Gefallenen, also Ermordeten, ohne die klare Ableugnung der Kriegsidee ist eine sittliche Schande und ein Verbrechen an der nächsten Generation.«

Kurt Tucholsky

 

SH Wilstedt 2WK Helden web

»Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

Häger, S.33


»Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«

Wolfgang Froese, Stadtarchivar von Gernsbach, Badische Neueste Nachrichten 4.10.2019

 

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Der Stahlhelm

Er schien den Denkmalsstiftern in Wilstedt das passende Symbol zu sein, um ihre toten »Helden« des 2. Weltkriegs zu ehren.

SH Wilstedt 2WK Helm web

Die Geschichte: Die neuen Methoden der Artilleriekampfes hatten im 1. Weltkrieg zu einem erbitterten Stellungskrieg geführt.

Mehr zum »Modernen Krieg« auf www.regionalgeschichte.net


Er erforderte einen verbesserten Kopfschutz für die Soldaten. Ein neuer Helm aus Stahl wurde entwickelt, der die bis dahin getragenen ledernen Pickelhauben ablöste. Die ersten 30.000 Helme wurden im Dezember 1915 an die Truppen an der Westfront ausgeliefert.

Die Vorstellung von der stählernen Schutzwirkung wurde fortan auf Postkarten, Kriegsanleiheplakaten, Schmuckblättern usw. propagandistisch ausgeschlachtet und symbolisch überhöht. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges wurde dieser Symbolwert noch gesteigert.

SH Sprenge Karte web

Die Einführung eines Stahlhelms für die Bundeswehr im Juni 1956 war ein Politikum. Den Forderungen des Militärs nach einem wirksamen Kopfschutz für die Soldaten wurde nur sehr zögerlich entsprochen. Unter keinen Umständen sollte der Helm für die Bundeswehr auf Konstruktionen beruhen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnerten.

Für den aktuellen »Gefechtshelm, allgemein«, der am 15. Januar 1992 eingeführt wurde, galten diese politischen Bedenken nicht mehr. Der Helm sollte unter Wahrung der modernsten militärischen Gesichtspunkte auch alle Vorteile des Stahlhelms M35 in sich vereinigen.

Die Stahlhelme der alten Form blieben weiterhin im Gebrauch beim Bundesgrenzschutz und der Polizei.

Im Internet bieten eine Menge Militaria-Händler »Original-Stahlhelme der Deutschen Wehrmacht« zum Kauf an. Auch ein »Kinderhelm wie Stahlhelm M35 Wehrmacht Luftwaffe« für 190 Euro ist im Angebot. Ein T-Shirt, das Amazon anpries mit dem Aufdruck »SS-Stiefel, die besten Wanderschuhe aller Zeiten« wurde erst nach scharfen Protesten aus dem Sortiment genommen.

»Früher musste der Wehrmachtsfan noch in schmuddelige Militaria-Läden schleichen oder dreimal nachdenken, ob er seine Adresse bei einschlägigen rechtsextremen Versandhäusern hinterlassen will. Dank Amazon genügt jetzt ein Klick und der Wehrmachtsstahlhelm liegt auf dem Gabentisch«, empört sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke auf www.stimme.de. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagt dazu: »Ein angemessener Schritt wäre, die bisherigen Gewinne aus diesen Produkten an Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus zu spenden.«

Mehr dazu auf www.stimme.de: Stahlhelm unterm Christbaum

 

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Deutsche Eichen

Eichenlaub ist in der militärischen Symbolsprache ein Zeichen hoher Ehre. Der dreiblättrige Eichenzweig hatte seine Blütezeit im Nationalsozialismus, siehe das Foto von SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942 weiter unten.

In Wilstedt ist das Dreiblatt als Symbol für den Tod der Soldaten nach unten gerichtet dargestellt.

SH Wilstedt 2WK Zahl Eichblatt web

 

Die Eiche zählt schon lange als »deutscher« Baum. Ihr hartes Holz und das charakteristische, spät fallende Laub machten sie seit der Zeit der Germanen zum Symbol für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit. In jüngerer Zeit, besonders seit der Romantik, gilt die Eiche zudem als Symbol der Treue.

Mit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, mit der Deutschen Revolution 1848/1849 und der Reichsgründung 1871, die das Gefühl nationaler Einheit bestärkten, zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen und dergleichen dient Eichenlaub in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches bzw. der Lorbeerkranz.

Nach Wikipedia, abgerufen am 12. November 2019

 
»Die Eiche beziehungsweise das Eichenlaub setzen im Denkmal einen deutsch-nationalen Akzent. Die Eiche galt seit dem 18. Jahrhundert als heldisch-deutsches Symbol und assoziiert als ›deutsche Eiche‹ darüber hinaus urwüchsige Stärke und mythologische Vergangenheit.«

Reinhard Alings, Monument und Nation, Berlin 1996, S. 525


»Mit der Reichsgründung 1871 und dem Gefühl nationaler Einheit zog das Eichenlaub in die deutsche Symbolsprache ein. Auf deutschen Ehrenmalen, Kränzen, Hoheitszeichen, Orden und dergleichen diente es in ähnlicher Form wie Zweige des Lorbeerstrauches. Das Parteiabzeichen bzw. Parteisymbol der NSDAP hatte von 1920 bis 1945 einen Adler als Zeichen, der einen Eichenkranz in seinen Fängen hielt. Unerschütterlich ›wie die deutsche Eiche‹ und ähnliche Sprüche ließ die NS-Propaganda ab 1933 in Zeitungen veröffentlichen und über Lautsprecher verkünden. Da griff dann auch der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zum Spaten und pflanzte Eichen. [...] Im deutschen Volk wurde Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler fast schlagartig mit der deutschen Eiche gleichgesetzt. Denn für ihn pflanzten fast alle Städte und Dörfer, Stadt- und Ortsteile ihre ›Hitler-Eichen‹.«

Wolf Stegemann, www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de


SH Oldesloe Bundesarchiv Bild 146 1974 160 13A Theodor Eicke web
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1974-160-13A / CC-BY-SA 3.0


Eichenlaub als höchste Zier: SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS Theodor Eicke im Jahr 1942.


»Eichenlaub« war ab 1999 ein rechtsextremes Liedermacher-Duo aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes.

 

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Das Denkmal zum 1. Weltkrieg

Einen Verkehrsknotenpunkt weiter besuchen wir das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs – diesmal auf einer merklich kleineren, runden Raseninsel.

SH Wilstedt 1WK weit web


Dafür ist das Denkmal umso wuchtiger.

 

SH Wilstedt 1WK Denkmal web


In perfektem Zustand zeigt sich das Monument auf zwei Ebenen begrenzt durch Bruchsteinmauern und einem riesigen Findling on Top. Im Gegesatz zum extravaganten 2. Weltkriegsdenkmal, das dem Dreieck frönt, gibt es hier klobige Vierecke.

 

SH Wilstedt 1WK EK web


Ein dreidimensionales Eisernes Kreuz aus Granit ist weithin sichtbar.

 

SH Wilstedt 1WK Tafel web


Die schwarze Tafel aus poliertem Granit ist etwas asymetrisch in den vorne geglätteten Findling eingelassen. Die Widmung darauf lautet:

Zum ehrenden Gedächtnis unserer lieben im
Weltkriege 1914 – 1918 Gefallenen.
Die Gemeinde Wilstedt

Es folgen in zwei Spalten die 33 Namen der toten Soldaten des 1. Weltkriegs. Dazu werden der abgekürzte Dienstgrad und der Todestag genannt. Von den 33 Soldaten sind 28 gef. (gefallen), 2 verm. (vermißt) und 3 gest. (gestorben), d.h. sie sind nicht auf dem Schlachtfeld, sondern im Lazarett gestorben.


»An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Häger, S.60/61


»Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S.100

 

SH Wilstedt 1WK Treppe web


Eine fünfstufige Treppe aus Quadersteinen führt auf die erste Ebene, auf der man den Findling umrunden kann.

 

SH Wilstedt 1WK seitlich web


Der mächtige Findling von der Seite: er steht auf der höheren, kleineren Ebene.

 

SH Wilstedt 1WK Kugel web


Auf beiden Ebenen liegen rechts und links große Granitkugeln auf Quadersteinen als schmückendes Element, man könnte auch meinen, sie hielten eine Art Ehrenwache.

 

SH Wilstedt 1WK hinten web


Das Monument von hinten, die Wegweiser von heute knapp daneben.

 

SH Wilstedt 1WK Detail web


Der kolossale Findling wird geschickt mit passenden Steinen abgestützt. Diese Feldsteine, wie auch die Bruchsteine der Mauern, sind mit hervortretenden Fugen gestaltet. Das ist eine aufwendige Arbeit, die in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg in Mode war. Man nennt sie Krampfaderfugen.

 

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Volkstrauertag 2019

Die identische Kranzschleife wie beim Denkmal zum 2. Weltkrieg. Beim Gedenken wird kein Unterschied gemacht.

SH Wilstedt 1WK VTT2019 web

 

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Historische Postkarten

Wir sehen weniger Asphalt, mehr Grün – am Denkmal scheint das Jahrhundert jedoch bis heute ohne Abstriche vorübergegangen zu sein.

 

SH Wilstedt 1920 web


1920: Das Denkmal zwei Jahre nach Ende des Kriegs. Die Wilstedter waren früh dran mit der Errichtung ihres Denkmals.

 

SH Wilstedt StA web


Postkarte ohne Datum – nach der Baumgröße zu urteilen aber noch in den späteren 1920er Jahren.

 

SH Wilstedt 1WK Ohne Datum webFotos: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0


1964: zwei fleißige Männer bearbeiten die inzwischen entstandene üppige Bepflanzung. Die Anlage ist eingezäunt worden, wir sehen viele aufgemauerte Pfeiler. Die Straßen drumherum haben in den 60er Jahren noch ihren ländlichen Charakter bewahrt.


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu  d e m  deutschen Orden.

Eisernes Kreuz 1WK Kaiser web4
    

• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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2018: ein Schaufenster auf der Reeperbahn in Hamburg

 

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»Lerne vom Militär!«

Die toten Soldaten des 1. Weltkriegs aus Wilstedt werden mit ihrem militärischen Rang genannt.

SH Wilstedt 1WK Tafel Detail web

Kan., Wehrm., Gefr., Füs., Musk. – die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten und ihre Abkürzungen sind uns heute fremd, damals kannte sie jedes Kind. Im Kaiserreich blühte der Militarismus: so schneidig wie die preußischen Soldaten sollte die gesamte Gesellschaft sein: vom Greis bis zum Knirps. Unbedingter Gehorsam war das Ziel.


»Bereits die Kinder wuchsen in einer militarisierten Umgebung auf. Kriegsspiele waren äußerst beliebt. In kaum einem Kinderzimmer fehlte ein Satz Bleisoldaten, ebenso gehörte der Matrosenanzug zur Grundausstattung. Zu Weihnachten sangen die Kleinen: ›Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben, Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn’ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegerheer möcht ich gerne haben.‹ In der Schule setzte sich die Einübung militärischer Denk- und Verhaltensmuster fort. Vielerorts glich das Schulleben einem zackigen Paukbetrieb, der wenig Raum ließ für Spontanität und Kreativität. [...]

MP Zehlendorf Kinderkarte web

›Lerne vom Militär!‹ – so lautete das Mantra der pädagogischen Fachliteratur. Das Aufstehen der Schüler beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer habe ›mit einem einzigen Ruck zu geschehen‹ und müsse ›klappen wie ein Bataillonstritt bei der Parade‹, hieß es in einem Lexikon der Pädagogik. Im ›Gänsemarsch mit regelrechtem Soldatenschritt‹ müssten die Schüler in den Pausen das Klassenzimmer verlassen und ›zwei und zwei im Schulhof ordnungsgemäß auf und ab marschieren‹.«

Volker Ullrich, ZEITGeschichte 4/2018, S. 45

... und noch eine revanchistische Postkarte »Deutsche Jugend« nach dem 1. Weltkrieg:

SH Marienwarder Deutsche Jugend 1WK web


Heil Dir Deutschland, deine Zukunft
             Schimmert vor dir hell und klar
Denn der Heldensinn der Väter
             Schlummert in der Jugend Schaar.

Aber auch 1956 billigt ein Leser der Frankfurter Illustrierten dem Militär, damals der gerade neu gegründeten Bundeswehr, in einem Leserbrief erzieherische Expertise zu:

Frankfurter Illustrierte 1956 leserbrief web


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I N H A L T
Das Denkmal
Die Rachefaust
Die Erweiterung
Die Einweihung
Historische Fotos
Volkstrauertag 2010
Der Bildhauer Richard Kuöhl

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Wilster, Kreis Steinburg

Im Stadtpark, dem früheren Friedhof der Kirche St. Bartholomäus

Das Kriegerdenkmal ist den getöteten Soldaten des 1. und 2. Weltkriegs gewidmet. Der Bildhauer Richard Emil Kuöhl hat es geschaffen. Am 15. September 1929 wurde es für die im 1. Weltkrieg getöteten Soldaten der Kirchengemeinde Wilster eingeweiht. Die große eingezäunte Anlage beherrscht den Park.

SH Wilster Eingang NIK Wikimedia Commons web

In der Mitte des Stadtparks von Wilster, dem ehemaligen Friedhof, liegt die Denkmalsanlage, die Mitte der 50er Jahre erweitert wurde.

 

SH Wilster Kranz NIK Wikimedia Commons web

Das große Podest auf der Sandfläche in der Mitte der Anlage besteht aus vielen asymmetrisch angeordneten Elementen aus roten Backsteinen und hellen Sandsteinplatten. Auf dem höchsten Sockel liegt ein überlebensgroßer Soldat in voller Montur.

Die Inschrift auf der Platte direkt unter dem Soldaten lautet:

Unseren Gefallenen
Die Stadt Wilster

Darunter ein Eisernes Kreuz umgeben von Eichenlaub in Konturen.

Schräg darunter eine kleinere Platte mit den 1. Weltkriegsdaten:

1914 – 1918

 

SH Wilster Soldat NIK Wikimedia Commons web


Der halbliegende Soldat – will er aufstehen oder hinsinken? – trägt einen Uniformmantel, Stiefel mit groben Sohlen, Koppel mit Patronentasche und Stahlhelm. In der Hand trägt er eine Stielhandgranate. Die Steinplatte unter ihm ist als natürlicher Untergrund gearbeitet, der Soldat ragt an einigen Stellen über die Platte hinaus, das macht einen dynamischen Eindruck.

SH Wilster Kopf web


Besonders eindrucksvoll ist der Nasenschutz in dem ohnehin sehr kantigen, energischen Gesicht des Soldaten.


SH Wilster Stiefel web

 

Die deutschen Soldaten waren im 1. Weltkrieg mit den preußischen Marschstiefeln (Knobelbecher) mit Seitennaht ausgestattet. Sie hatten eine Schafthöhe von 31 bis 35 Zentimetern und waren auf der Sohle mit 35 bis 42 verzinkten Nägeln beschlagen. Am Absatz befand sich ein versenktes U-förmiges Eisen.

nach Wikipedia, abgerufen am 8. Mai 2018


Diese Details zeigen auch andere Kriegerdenkmäler:

Denkmal in Hamburg Langenhorn

Denkmal in Hamburg Allermöhe

 

     SH Wilster hinten NIK Wikimedia Commons web


Auf den Platten ringsum das Podest sind 176 Namen von getöteten Soldaten graviert. Sie sind geordnet nach Kriegsjahr des Todes. Genannt werden Dienstgrad, Vor- und Zuname, Einheit / Regiment, Geburts- und Sterbedatum sowie der Sterbeort soweit bekannt.

 

SH Wilster Namen web


Hier links unten lesen wir den Namen vom Gefreiten Johannes von Holdt, der im Zivilberuf Kaufmann war und der am 12. Januar 1915 mit nur 25 Jahren bei Soissons in Frankreich sein Leben verlor. Er ein Verwandter von Peter von Holdt, dem wir die historischen Fotos des Denkmals verdanken.

SH Wilster Seite NIK Wikimedia Commons web

Die Umrandung aus Backsteinstelen wurde Mitte der 1950er Jahre vom Wilsteraner Maurermeister Heinrich Stammer erstellt. Heute werden sie durch ein niedriges Ziergitter verbunden.


SH Wilster mitKirche NIK Wikimedia Commons web

Aussen auf die Eckstelen wurden große metallene schwarze Kreuze montiert, die anderen zeigen nach innen gewandt die Wappen der ehemaligen deutschen Ostgebiete sowie das Wappen der Stadt Wilster aus Stein.

                  SH Wilster Stele web

Hier zum Beispiel das Wappen von Westpreußen mit dem schwertschwingenden Adler.

 

SH Wilster Signatur NIK Wikimedia Commons web

Die Signatur des Bildhauers Richard Emil Kuöhl (1880 - 1961).

Ebenfalls dokumentiert sind auf dieser Website Kuöhls Denkmäler in:

Hamburg Dammtor
Hamburg Langenhorn
Schleswig-Holstein Lübeck
Schleswig-Holstein Rendsburg
Hamburg Neuenfelde
Hamburg Finkenwerder
Schleswig-Holstein Großhansdorf
Schleswig-Holstein Neumünster
Hamburg Moorburg


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Die Rachefaust

Den »Schmachfrieden von Versailles« zu rächen, auf den nächsten Krieg einzustimmen, dafür steht in der Nachkriegszeit als Symbol die männliche Faust. In Wilster liegt die Faust zusätzlich an einem Bajonett.

SH Wilster Detail Faust web

»Nicht Schmerz allein künden die starren Züge, da ist noch etwas anderes, da ist mehr als Leiden und Trauer, da ist finstere, aber heilig-feste Entschlossenheit, und die Faust, die sich dort auf dem Schenkel ballt, sie spricht vom stolzen Willen, durchzuhalten, bis dies Herz wieder frei, die Schultern stark geworden sind, um die Bergeslast, die ein hartes Schicksal darüber getürmt hat, in gewaltigem Schwung abzuwälzen.«
Festschrift »Die Denkmals-Einweihung«, Berlin 1924


»Das ist der 82er, der schon den Schmerz, den Groll und den Zorn der unverdienten und unerwarteten Niederlage in sich trägt – die helmbeschatteten Augen, das hagere Gesicht, sie reden deutlich davon – und dem trotz allem oder gerade darum ein unbezwingliches Dennoch auf den trotzigen Lippen liegt, tatengewillt bekräftigt durch die zur Faust geballte Linke.«
Denkmalseinweihung in Göttingen, 23. August 1925

»Die linke Hand umkrampft das bei Fuß gehaltene Gewehr, die rechte hängt geballt herab [...] Der fest geschlossene Mund gräbt zugleich Schmerz und Trauer und unbeugsamen Willen in das hagere Antlitz. Unter dem Stahlhelm hervor blicken Augen voll Sehnsucht und Erwartung auf ein fernes Ziel. Das Standbild ist Symbol des geschlagenen, aber nicht besiegten Volkes, das einer größeren Zukunft entgegenharrt.«
Bergisch-Märkische Zeitung, 1. Juni 1931


»Der ›Held mit der geballten Faust‹ gehört zum Typus des damals gängigen ›trotzigen Kriegers‹, der durch diese Geste [...] den Über- und Nachlebenden die gemeinsam gefühlte Wut anzeigte.«

Die Texte und Zitate zur »Rachefaust« sind Loretana de Liberos Buch Rache und Triumph, De Gruyter Oldenbourg entnommen.

Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung werden die Parlamentsdebatten zum Versailler Vertrag beschrieben:

»In den folgenden Jahren nutzten fast ausschließlich NSDAP-Abgeordnete, wie Franz Stöhr, Wilhelm Kube und Gregor Strasser, den Begriff ›Schmachfrieden‹ und instrumentalisierten den Versailler Vertrag, um gegen die Republik und die Demokraten zu agitieren. Der Sozialdemokrat Kurt Löwenstein brachte es im Juni 1925 auf den Punkt: ›Die Herren von rechts (…) wollen (…) auf den Krücken des ›Schmachfriedens von Versailles‹ die schwärmerische Jugend im Geiste der Revanche erziehen und durchbilden.‹«

Link zum Beitrag


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Die Erweiterung

Mitte der 50er Jahre wurde die Anlage auch um diese Backsteinmauer hinter dem Podest mit dem Soldaten erweitert. Sie trägt drei Tafeln mit den Inschriften:

Den Opfern des zweiten Weltkrieges
Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft
Sie starben für Volk und Vaterland

SH Wilster Tafeln NIK Wikimedia Commons web


Diese Inschriften sind in eine Reihe gestellt, sprechen aber eine unterschiedliche Sprache.

Sie starben für Volk und Vaterland:
Mehrheitlich ehren die Denkmäler nach dem 1. Weltkrieg die Soldaten, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen. Dass dieses »Vaterland« aus dem Streben nach europäischer Vormachtstellung den Krieg mit dem Überfall auf Polen begonnen hat, die Soldaten also in Wahrheit für einen Staat starben, der ohne Rücksicht auf ihr Leben die eigenen Machtinteressen verfolgte, wird ausgeblendet.

Nach dem 2. Weltkrieg, wie z.B. hier in den 50er Jahren, wurden Vaterlandsparolen wie diese in der Öffentlichkeit eigentlich nicht mehr verbreitet. Zu furchtbar hatte sich das »Vaterland« schuldig gemacht. Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern – u.a. 30 Millionen Russen und Ukrainer, 6 Millionen Polen, 2 Millionen Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Millionen Juden, zu denen noch 1,3 Millionen ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen.

Hier in Wilster wird er seit den 50er Jahren noch einmal zitiert: der Satz vom Sterben für Volk und Vaterland.

Den Opfern des zweiten Weltkrieges:
Damit sind Mitte der 50er Jahre in der Regel die getöteten Soldaten gemeint.

Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft:
Die Millionen Opfer des Nationalsozialismus werden mit diesem Satz in eine Reihe gebracht mit den Soldaten, die an den Verbrechen des 2. Weltkriegs beteiligt waren. Starben die Menschen in den Konzentrationslagern auch für Volk und Vaterland? Töteten die Soldaten für Volk und Vaterland?

Alle Fotos sind von Nightflyer / Wikimedia Commons.
Herzlichen Dank!



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Die Einweihung

SH Wilster Einweihung 2 web

 

SH Wilster Einweihung 3 web
Bildrechte: Ludwig Behning, Wilster

Viele Fahnen, ein mit Girlande geschmückter Soldat und eine große Menschenmenge bei der Einweihung am 15. September 1929.

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Historische Fotos

Das Kriegerdenkmal liegt in der Mitte des Stadtparks in Wilster, der 1907 auf dem Gelände des von der Kirchengemeinde erworbenen ehemaligen Friedhofs angelegt wurde.

SH Wilster Karte 1929 web
Bildrechte: Ludwig Behning, Wilster

Die erste Postkarte nach der Einweihung am 15. September 1929.

 

SH Wilster Karte 1929 2 web
Bildrechte: Verlag Carl Kuskop, Wilster

Ebenfalls aus dem Jahr 1929, das Denkmal ist nun von einer Hecke umgeben.


SH Wilster 1933 web
Bildrechte: Werner Behning, Wilster

»50-jähriges Stiftungsfest des Militärvereins am 11. Juni 1933 vor dem Kriegerdenkmal im Stadtpark. Der Militärverein gehörte in der ›Weimarer Zeit‹ zwischen 1919 und 1933 zu den so genannten ›vaterländischen‹ Verbänden, die der ersten deutschen Demokratie skeptisch bis offen ablehnend gegenüberstanden. Der von ihnen verkörperte übersteigerte Nationalismus und Militarismus trug letztlich mit dazu bei, dass die Weimarer Republik auch in Wilster scheiterte.«

• Zitiert vom Alt-Wilster-Kalender, www.alt-wilster.de/2014

 

SH Wilster Karte 1938 web
Bildrechte: Verlag Carl Kuskop, Wilster

Aus dem Jahr 1938, man kann eine von mehreren Sitzbänken innerhalb der Heckenumrandung erkennen.

 

SH Wilster Karte 1955 web
Bildrechte: Verlag Schöning & Co., Lübeck

Aus dem Jahr 1955, die Denkmalsanlage war kurz vorher erweitert worden. Die Mauer hinter dem Denkmal ist gebaut und trägt drei Gedenktafeln. Auch separat in der Hecke stehende Klinkersteinstelen und eine eiserne Eingangspforte sind dazu gekommen.

 

SH Wilster Karte 1956 web
Bildrechte: Rudolf Hencke, Wilster

1956, die alte Hecke ist ersetzt worden, zur Denkmalsanlage führt jetzt ein Weg aus Bruchsteinplatten.

 

SH Wilster Karte 1962 web
Bildrechte: Rudolf Bedei, Wilster

1962, die Hecke wird größer, der Weg zur Denkmalsanlage ist zugewachsen.

 

SH Wilster Karte 1964 web
Bildrechte: Rudolf Hencke, Wilster

1964, beim Denkmal nichts Neues.


All diese historischen Fotos bekamen wir von Peter von Holdt, der auf seiner Website über viele Details aus seiner Heimatstadt berichtet. Herzlichen Dank!

www.mein-wilster.de


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Volkstrauertag 2010

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Foto: Schwarck

Strammstehen unter der Handgranate: Foto zum Bericht aus der Wilsterschen Zeitung der Shz.


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Der Bildhauer Richard Kuöhl

Richard Emil Kuöhl wurde am 31. Mai 1880 in Meißen geboren. Seine handwerkliche Ausbildung als Kunsttöpfer erhielt er in einer der Modellfabriken dieses Zentrums keramischer Kunst. Nach dreijährigem Studium an der Dresdner Kunstgewerbeschule, wurde er als leitender Modelleur einer bauchemischen Versuchsanstalt mit den modernsten Techniken der Tonbearbeitung vertraut. 1912 folgte er seinem Dresdener Architekturprofessor Fritz Schumacher nach Hamburg. Dort arbeitete er in den 1920er und 1930er Jahren mit fast industriellem Ausstoß. Es entstanden Skulpturen in Stein, Keramik und Reliefs in Terrakotta. Er starb am 19. Mai 1961 in Rohlfshagen bei Bad Oldesloe.

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        Foto: Stormarnsches Dorfmuseum

• Mitte der 1930er Jahre arbeitete Richard Kuöhl in seinem Atelier an der Tonfigur »Kind auf einem Seehund sitzend«

Kriegerdenkmäler gehörten während der Weimarer Republik zu den häufigsten und begehrtesten Auftragswerken deutscher Bildhauer. Auch Kuöhl hatte bereits zahlreiche Kriegerdenkmäler ausgeführt, dabei war es ihm stets gelungen, die von nationalistisch und militärisch gesinnten Kreisen mit einem »Ehrenmal« beabsichtigte politische Aussage künstlerisch zu formulieren. »Nicht Jammer und Not, sondern Mannestat und Einsatzbereitschaft, das Heldische, Kraftvolle, das ein Mahnmal verkörpern muß, zeigen die »Ehrenmäler«, die er geschaffen hat ... immer wieder spricht ein trotziges ›Dennoch!‹ aus diesen Denkmälern.

»Neben idealisierten nackten Kriegern ... hatte er in kontinuierlicher Folge eine Darstellungsform des grobschlächtigen uniformierten deutschen Soldaten entwickelt, die den Vorstellungen der neuen Auftraggeber offenbar besonders entsprach: Im Mittelpunkt des Lübecker Ehrenfriedhofs, 1924, steht breitbeinig ein Infanterist, der den Helm zum Gebet abgenommen hat. Auf dem Klinkersockel des Regimentsdenkmals in Rendsburg, 1927, lagert ein sterbender Soldat, dem der Helm herabgesunken ist. Auf dem Klinkersockel des Kriegerdenkmals in Langenhorn, 1930, beugt ein Soldat mit abgenommenem Helm das Knie vor dem toten Kameraden.

Kuöhl war mit seiner Praxis als Bauplastiker und Mitarbeiter von Architekten, mit seiner praktischen Erfahrung als einsatzbereiter Gestalter von Soldatengrabmälern und Ehrenfriedhöfen an der Front, vor allen Dingen aber mit dieser Reihe von Soldatendarstellungen, die instinktsicher das trafen, was Kriegervereine und Rechtsparteien sich unter neuer deutscher Plastik vorstellen mochten, prädestiniert für weitere und größere Aufgaben dieser Art.«

Zitat aus Volker Plagemanns Buch »Vaterstadt, Vaterland, schütz Dich Gott mit starker Hand«, Hans Christians Verlag, 1986

Eine Autorengruppe um Roland Jäger veröffentlichte 1979 ein Buch über den »Kriegsklotz« hinterm Dammtorbahnhof in Hamburg (siehe auch >Hamburg Dammtor auf dieser Website), das wohl umstrittenste Denkmal Kuöhls. Hier können Sie zwei Seiten daraus lesen:

Jäger u.a., Kuöhl


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I N H A L T

Das Denkmal
Ein früherer Anblick
Die Inschriften
Volkstrauertag 2018
»Ich hatt’ einen Kameraden!«
Die Militärische Kameradschaft
Das Eiserne Kreuz

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Witzhave, Kreis Stormarn

An der Möllner Landstraße, dort wo der Oher Weg einmündet

Direkt an der Bushaltestelle befindet sich die kleine Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege.

SH Witzhave weit web


Am Rand eines großen Grundstücks ist zur Durchgangsstraße eine Ecke mit einer gestuften Bruchsteinmauer abgeteilt.

 

SH Witzhave Denkmal web


Darin steht das Denkmal umgeben von Rhododendren und verschiedenen immergrünen Gehölzen.

 

SH Witzhave mitPforte web


Ein gepflasteter Weg führt bis zur Pforte, dahinter beginnt ein Kiesweg bis zum Denkmal.

 

SH Witzhave Pforte web


Die metallene Pforte hat ein sehr eigenwilliges Design: Sind es züngelnde Flammen oder wird Ernst Jüngers »Stahlgewitter« zitiert?

 

SH Witzhave Denkmal nah web


Nun stehen wir vor dem Monument: Es wurde aus bunten Bruchsteinen gemauert. Für den leicht abgesetzten Sockel wurden größere Steine verwendet. Bis zum Rundbogen wurden dann kleinere Steine vermauert.

 

     SH Witzhave 1WK web


Die innere, zurückgesetzte Fläche wirkt wie ein Kirchenfenster. Die hellgraue Granitplatte wurde genau zugeschnitten und ist, wie mit einer gestrichelten Linie, umrandet von eckigen schwarzen Steinen. Oben auf der Platte wurde ein Eisernes Kreuz als Kontur eingemeißelt, darunter die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs. Nach einem kleinen grafischen Zeichen folgt die Widmung:

Ihren gefallenen
Helden die dankbare
Gemeinde Witzhave

Nach einem weiteren Zeichen folgen die 13 Namen der toten Soldaten aus Witzhave. Die Vornamen sind mit einem Buchstaben abgekürzt.

Die Bruchsteine sind mit wulstigen Fugen verbunden. Eine aufwendige Arbeit. Diese Hervorhebungen des Fugennetzes nennt man »Krampfaderfugen«.

 

SH Witzhave 2WK web


Darunter wurde nach dem 2. Weltkrieg eine viereckige Granitplatte eingelassen:

Den Toten zum Gedenken
Den Lebenden zur Mahnung
1939 (Eisernes Kreuz) 1945

Durch das militärische Ehrenzeichen ›Eisernes Kreuz‹ ist eindeutig, dass mit ›Den Toten‹ die toten Soldaten des 2. Weltkriegs aus Witzhave gemeint sind. Der zweite Teil der Inschrift könnte nach heutigem Verständnis auch als Mahnung zum Frieden gedeutet werden. Es ist allerdings wahrscheinlicher, dass hier der Spruch des Nationaldenkmals für die Befreiungskriege bei Berlin, wie auf vielen anderen Kriegerdenkmälern, variiert wurde.

Auf der höchsten Stelle einer Erhebung bei Berlin legte König Friedrich Wilhelm III. am 19. September 1818 den Grundstein des deutschen Nationaldenkmals für die Siege in den Befreiungskriegen. Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 30. März 1821, dem Jahrestag der Erstürmung des Montmartre. Bei gleicher Gelegenheit erhielt der Hügel seinen heutigen Namen Kreuzberg.

Die Widmungsinschrift verfasste im Auftrag des Königs der Altphilologe August Boeckh:

»Der König dem Volke,
das auf seinen Ruf hochherzig
Gut und Blut dem Vaterlande darbrachte.
Den Gefallenen zum Gedächtniß,
den Lebenden zur Anerkennung,
den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.«

Die zweite Hälfte dieses Textes war die gängige Vorlage für Kriegerdenkmäler beider Weltkriege, teilweise nur geringfügig verändert und/oder es wurde, wie hier in Witzhave, auf die Zeitebene der Zukunft verzichtet.

 

SH Witzhave hinten web


Die Rückseite der Anlage.

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Ein früherer Anblick

SH Witzhave Chronik web

Auf dem Foto aus der Chronik im Jahr 1998 ist das Denkmal über und über mit Efeu bewachsen.


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Die Inschriften

Ihren gefallenen
Helden die dankbare
Gemeinde Witzhave

Gefallen: »›Gefallenendenkmal‹ verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...]

Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

  Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 22 und 60/61


»Die Überhöhung des soldatischen Opfers lässt sich nicht nur an den Kriegerdenkmälern ablesen, sondern auch am Siegeszug einer Metapher: ›der Gefallenen‹. [...] Ihre Stunde schlug im ersten Weltkrieg, als die unterschiedslose und massenhafte Vernichtung der Soldaten nach sprachlicher Bewältigung verlangte. Die Bezeichnung ›Gefallene‹ eroberte jetzt Inschriften und Ansprachen, Briefe und Statistiken.
Im Wort ›fallen‹ verschmolzen Abschiedsschmerz und Opfermythos, und mit jeder Verwendung wurde diese Verbindung abgerufen und bestätigt. Zugleich ließ sich der Ausdruck wie eine Abkürzung verwenden. Je selbstverständlicher wurde, dass ein Soldat der ›fiel‹, dies für das Vaterland, das Volk oder wofür auch immer tat, umso eher ließ sich auf die immer neue Benennung dieser Opferziele verzichten. Deren Gefühlswert übertrug sich auf das Wort ›fallen‹, das zur Chiffre all dieser Sinnstiftungen aufstieg. Wer gefallen war, der war jetzt stets schon für die vermeintlich gute Sache gestorben, der hatte seine Opferbereitschaft bewiesen.«

Klaus Latzel, ZEITGeschichte 4/2018, S. 100

 

»Mit der Bezeichnung ›Held‹ sollte die besondere militärische Leistung des Gefallenen, die letztendlich vor allem in seinem Tod bestand, verbal ausgezeichnet werden. Der Tod der Soldaten belegt nicht ihr militärisches Versagen, sondern zeugt von besonderem Mut und Einsatz. Das soll die Hinterbliebenen stolz machen. [...] Die Soldaten, die lebend aus dem Krieg wieder heimgekehrt sind, werden in den Inschriften nicht als Helden bezeichnet.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, 2006, S. 89

 

»Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Kriege getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.«

Kurt Tucholsky

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Volkstrauertag 2018

Kränze des Sozialverband Deutschland SoVD, der Gemeinde Witzhave, der Freiwilligen Feuerwehr Witzhave und der Wählergemeinschaft Witzhave liegen vor dem Denkmal. Der Spender des Gestecks mit den blauen Bändern bleibt unbekannt. Auf den Schleifen wird der Toten bzw. der Kameraden gedacht. In der Chronik der Gemeinde Witzhave vom Mai 1998 steht: »Bei der Kranzniederlegung durch die Gemeinde, Feuerwehr und anderer Organisationen erklingt von der Abordnung einer Feuerwehrkapelle u.a. das Lied: ›Ich hatt’ einen Kameraden‹«

 

SH Witzhave VTT2018 web

 

»Doch nur scheinbar stellt sich das Kriegerdenkmal dem Vergessen in den Weg. Tatsächlich befördert es das Vergessen, indem es nur ausgewählte Aspekte des Geschehenen repräsentiert: Wirkungen ohne Ursachen, Geschehnisse ohne Geschichte, Ergebnisse ohne Prozesse, Namen ohne Persönlichkeit, Opfer ohne Täter. ›Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.‹ [Giordano, Die zweite Schuld].«

 • Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S. 29

 

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»Ich hatt’ einen Kameraden!«

»Der gute Kamerad« wurde 1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet, Friedrich Silcher vertonte, ebenfalls in Tübingen, das Gedicht im Jahre 1825. Als Lied ist es besser bekannt unter der Anfangszeile der ersten Strophe: »Ich hatt’ einen Kameraden«. Es wurde vor allem von der politischen Reaktion instrumentalisiert, und zwar zur Beschönigung und Verklärung des Kriegsopfers und Heldentods. Das Lied vom »guten Kameraden« spielt im Trauerzeremoniell der deutschen Bundeswehr eine große Rolle. Es ist Bestandteil eines Begräbnisses mit militärischen Ehren und jeder militärischen Trauerfeier. Bis heute wird das Lied am Volkstrauertag intoniert.

 

»130 Jahre nach der Entstehung des Uhland-Liedes werden rund siebzehn Millionen Wehrmachtssoldaten ›in gleichem Schritt und Tritt‹ Europa erobern, zerstören, verlieren und dabei bis zum tragischen Ende ihrer Führung und ihrem Führers Adolf Hitler Gefolgschaft leisten.«

Torsten Mergen bespricht »Kritisches zur Kameradschaft« von Thomas Kühne auf literaturkritik.de



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»Menschen könnten im normalen Leben bessere Freundschaften als im Schützengraben finden.«

Pfarrer Detlev Besier, Leiter der landeskirchlichen Arbeitsstelle Frieden und Umwelt, am Volkstrauertag 2018


Sehen Sie hier eine Sammlung von historischen und politischen Bildpostkarten von Karl Stehle, München, die diesen Liedtext zitieren:

www.goethezeitportal.de


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Die Militärische Kameradschaft

»Kurze Zeit nach Beendigung des 1. Weltkrieges schlossen sich die Kriegsteilnehmer unseres Dorfes in der ›Militärischen Kameradschaft‹ zusammen. Zweck war es, die Kameradschaft zu erhalten und die Frontereignisse nachwirken zu lassen und wachzuhalten. Vor allem wurde der Schießsport gepflegt. Ein Schießstand auf dem Heidberg war auf Dauer zu weit abgelegen und wurde durch einen besseren in der Nähe der Schule ersetzt. [...] Eine von Witzhaverinnen kunstvoll gestickte Vereinsfahne, die auf so manchen Tagungen die Witzhaver begleitete, wurde noch 1939 hier aufbewahrt. Heute ist der Verbleib nicht bekannt. Nachdem im Jahre 1933, bei der NSDAP (National Sozialistische Deutsche Arbeiter Partei) unter Adolf Hitler, viele Vereine ihre Tätigkeit einstellen mußten, löste sich auch diese Vereinigung auf. Der Höhepunkt der ›Militärischen Kameradschaft‹ aber war zweifellos im Jahre 1924 die Errichtung eines Ehrenmals an der Möllner Landstraße, dort wo der Oher Weg einmündet, für die 13 gefallenen Kameraden unseres Dorfes im Kriege 1914-1918.«

Chronik Gemeinde Witzhave, Mai 1998


»Militärische Vereine spielten früher im gesellschaftlichen Leben eine weit größere Rolle als heute! Geachtet war nur der Mann, der ›gedient‹ hatte. Im Zivilleben konnte man durch die Mitgliedschaft in einem Militärverein am Ansehen, dass der Soldatenstand genoß, weiter teilhaben. So wurden die ›Kriegervereine‹, wie sie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts genannt wurden, die mitgliederstärkste Vereinsform in Deutschland. Am Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte ihr Zusammenschluß zum ›Kyffhäuserbund‹. Neben allgemeinen Kriegervereinen bildeten sich Kameradschaften bestimmter Regimenter oder Waffengattungen. [...]
In engem Zusammenhang mit dem Kriegsvereinswesen stehen viele Denkmäler in Stadt und Land: Die Vereine regten ihre Errichtung an, spendeten Geld dafür und marschierten bei ihrer Einweihung auf.«

Ludwig Arndt, Militärvereine in Norddeutschland, BOD, Werbetext zum Buch, 2008


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Eine Todesanzeige in der Elbe-Jeetzel-Zeitung vom 23. März 2005 (!)

 

»In Deutschland war die Trauer um die getöteten Soldaten gleichzeitig verbunden mit der Erinnerung an eine Niederlage. Das Kriegserlebnis wurde zu einem Mythos geformt, der das Sinnhafte des Kampfes und der Opfer hervorheben sollte:

›Die Erinnerung an den Krieg wurde zu einem heiligen Erlebnis umgedeutet, das der Nation eine neue Tiefe der religiösen Empfindung gab und überall präsente Heilige und Märtyrer, Stätten nationaler Andacht und ein zum Nacheifern aufforderndes Erbe lieferte.‹ (Mosse, 13) Der Gefallenenkult wurde zu einem zentralen Bestandteil nationaler Selbstdarstellung und entwickelte besonders in Deutschland eine gewaltige politische Wirkung.

Das Ideal der Kameradschaft wurde auf die ganze Nation ausgedehnt. Die Gedächtnisfeiern an den Ehrenmälern auf öffentlichen Plätzen betonten den Vorbildcharakter der Gemeinschaft der Frontsoldaten. Im besiegten Deutschland wurde die ›Volksgemeinschaft‹, aus der heraus die Nation zu neuer Stärke erwachen sollte, zum Vermächtnis, das die Gefallenen den Überlebenden hinterlassen hatten. Die allerorts errichteten Denkmäler trugen dazu bei, diesen Sinn, der dem Soldatentod beigelegt wurde, in die Öffentlichkeit zu tragen und im Bewusstsein zu erhalten.

Die von den Nationalsozialisten angestrebte Volksgemeinschaft ist ohne das idealisierte Vorbild der Frontkameradschaft des Ersten Weltkriegs nicht vorstellbar. Der Gefallenenkult erlebte im nationalsozialistischen Deutschland dann auch seine äußerste Steigerung.«

Christian Lopau, Vortrag im Ratzeburger Dom im Begleitprogramm der Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945?«, 2017

Vortrag auf www.nordkirche-nach45.de         

 

»Besondere Bedeutung hat die Kameradschaft in der soldatischen Gemeinschaft. Insbesondere bedeutet dies die Pflicht jedes Soldaten, seinem Kameraden unter allen Umständen – auch unter Lebensgefahr – beizustehen. Das besondere an der soldatischen Kameradschaft ist, dass sie nicht an persönliche Verbundenheit im Sinne von Freundschaft, Kumpanei o. ä. gebunden ist, sondern von jedem Soldaten als Dienstpflicht gefordert wird. Dies ergibt sich in der Bundesrepublik Deutschland aus § 12 Soldatengesetz (SG).«

Wikipedia, abgerufen am 17. 12. 2019


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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Neben dem Thorshammer ist das Eiserne Kreuz das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

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I N H A L T
Das Denkmal
»Gefallene«
Postkarten der 1960er Jahre
Das Witzwort-Archiv über den 1. Weltkrieg
Witzwort in der NS-Zeit
Das Eiserne Kreuz
Der Krieg 1870/71
Schleswig-Holstein ungedeeelt

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Witzwort, Kreis Nordfriesland

Auf dem neuen Friedhof am Rand von Witzwort

Die Denkmalswand für die toten Soldaten beider Weltkriege wurde 1956 noch während der Amtszeit von Pastor Wehrmann erbaut, der von 1925 bis 1956 seinen Dienst in Witzwort verrichtete. Das Kriegerdenkmal ist nach einem Entwurf von Ernst Knutz, von 1951 bis 1955 Bürgermeister von Witzwort, mit bunten Quadersteinen aufgemauert worden. Siehe zu beiden gerade genannten Männern auch das Kapitel »Witzwort in der NS-Zeit«.

 

SH Witzwort Denkmal web


Die leicht gebogene Mauer ist über der großen Widmungstafel in der Mitte erhöht. Sie hat einen durchgehenden Sockel zur Kranzablage. Widmungstafel und sechs Namenstafeln aus dunkelgrauem, teilweise poliertem Granit sind in die Mauer eingelassen.


SH Witzwort Widmung web


Oben auf der zentralen Tafel sehen wir das militärische Ehrenzeichen: ein überdimensioniertes, flächiges Eisernes Kreuz. Auf Kriegerdenkmälern wird das Eiserne Kreuz den toten Soldaten von den Denkmalsstiftern posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der militärische Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält ihn nicht ohne »Leistungsnachweis«.

 

SH Witzwort Widmung Detail web


Unter dem Eisernen Kreuz lesen wir die Widmung:

Den Gefallenen der
Gemeinde Witzwort
1914 / 18  •  1939 / 45
zum Gedenken.

Darunter ist noch eine kleine Namenstafel zum 2. Weltkrieg angebracht. Die Namen sind in sich alphabetisch geordnet, sind aber wohl erst nach Fertigstellung der großen Tafeln genannt worden. Fünf Namen und zwei Blindzeilen für eine weitere eventuelle Nachmeldung sehen wir.

 

SH Witzwort Tafel1 1WK web


Die sechs großen Namenstafeln sind in gleicher Art gestaltet. Ein breiter dunkelgrauer Rand umschließt die zwei Textspalten, eine Linie trennt sie in der Mitte.


SH Witzwort Tafel2 1WK web


Die Namen sind alphabetisch nach den Nachnamen geordnet. Die nachgestellten Vornamen sind – wo nötig – abgekürzt. Darunter werden in kleinerer Schrift die Geburts- und Sterbetage aufgeführt.


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Nach zwei Tafeln mit toten Soldaten des 1. Weltkriegs folgen auf der dritten Tafel der linken Seite noch weitere fünf Namen und zwei Blindzeilen für einen eventuell noch nachträglich zu nennenden – insgesamt sind es nun 45 tote Soldaten. Dann beginnt, durch überkreuzte Eichenzweige eingeleitet, die Liste der 77 toten Soldaten des 2. Weltkriegs.

 

SH Witzwort Tafel4 2WK web


Auf den drei Tafeln der rechten Mauerseite wird diese Liste fortgeführt.


SH Witzwort Tafel5 2WK web


Die fortlaufende Namensnennung der toten Soldaten beider Weltkriege über sechs gleich gestaltete Tafeln weist darauf hin, dass die Denkmalsmauer nach dem 2. Weltkrieg errichtet worden ist. Hier wurde nicht – wie es sehr oft üblich war – das frühere Denkmal für den 1. Weltkrieg nach dem 2. Weltkrieg einfach ergänzt.

Eine ganz ähnliche Anlage befindet sich nicht weit entfernt:

Denkmalsanlage auf dem Friedhof in Breklum


SH Witzwort Tafel6 2WK Vermisste web


Die letzte Tafel ist den 20 vermißten Soldaten aus Witzwort gewidmet, dort werden naturgemäß nur die Geburtstage genannt. Die Überschrift lautet:

Vermisst 1939 / 45

 

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Die leicht gebogene Denkmalswand schräg von der Seite.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei dieser Denkmalsanlage ausschließlich um tote deutsche Soldaten geht. Es gibt keine kritische Reflektion über die Kriegsursachen und die deutsche Schuld.

Auf dem Friedhof in Witzwort hat Klaus Seidensticker fotografiert. Vielen Dank dafür!

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»Gefallene«

Hartmut Häger beschäftigt sich in seinem Buch »Kriegstotengedenken in Hildesheim« auf Seite 22 mit dem Begriff: »›Gefallenendenkmal‹ verweist auf das Wort ›fallen‹, dem Wörter wie ›hinfallen‹ aber auch ›fällen‹ zuzuordnen sind. Der Tod im Krieg versinnbildlicht sich in diesen Wörtern. Er entkleidet sich im Wort ›fallen‹ seines Schreckens, im Wort ›fällen‹ verkleidet er sich in einen starken Baum, der von einem Naturereignis (Blitzschlag) oder einem übermächtigen technischen Mittel (Axt, Säge) umgelegt wurde. Es ist ein aseptischer Tod, der nichts mit den apokalyptischen Bildern gemein hat, die beispielsweise Erich Maria Remarque und Wolfgang Borchert in der Literatur oder Otto Dix in der bildenden Kunst hervorrufen: zerfetzte Gedärme, verpestete Lunge [...] Für das Fallen ist niemand so recht haftbar zu machen: der Schnee fällt, die Aktienkurse fallen – das Schicksal waltet hier wie dort. [...] 

Neben diesem offenkundigen Euphemismus schränkt der Begriff ›Gefallener‹ den Inhalt auf den Bedeutungsbereich ein, der im Englischen mit ›killed in action‹ bezeichnet wird. Die deutsche Sprache bevorzugt auch dafür einen schönfärbenden Ausdruck: ›im Felde gefallen‹ oder ›auf dem Felde der Ehre gefallen‹. Nicht auf ein ›Gefallenendenkmal‹ gehörten demnach alle, die beim Beschuss der Unterkunft, im Lazarett, auf dem Transport oder in Gefangenschaft ums Leben kamen.«

Auf Seite 60/61 erklärt Hartmut Häger das Motiv für diese Wortwahl: »Die Entscheidung für Metaphern deutet darauf hin, dass das Grauen des Kriegstodes vom Denkmal verbannt werden sollte. An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«


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Postkarten Der 1960er Jahre

Zum Gruss aus Witzwort gehört in diesen Jahren ...

SH Witzwort Postkarte web


... ein Foto vom »Ehrenmal« für die toten Soldaten der Weltkriege ...

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... und viele Kränze schmücken die Denkmalswand!

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Das Witzwort-Archiv über den 1. weltkrieg

Beim Dorfabend 2018 präsentierte die Archivgruppe Witzwort Auszüge aus Feldpostkarten, die Soldaten im 1. Weltkrieg an die Schwestern Grete und Magda Wilstermann schrieben. Viele Abbildungen und Geschichten illustrieren die Kriegsjahre.

Leben im 1. Weltkrieg in Witzwort



SH Witzwort Tafel web


Auch diese »Ehrentafel« wird gezeigt:

Den Gefallenen zum Dank
Den Mitkämpfern zur Ehre

»Die Witzworter Bilanz: 127 Soldaten zogen aus dem Dorf in den 1. Weltkrieg. Von ihnen starben 33, die anderen 94 überlebten. Und zwanzig Jahre später verloren im 2. Weltkrieg nochmals 55 Witzworter als Soldaten ihr Leben.«

Tafeln dieser Art für tote und zurückgekehrte Soldaten des 1. Weltkriegs finden sich oft in Dorfgemeinden. Sie werden im Feuerwehrhaus, im Dorfgemeinschaftshaus oder wie in Witzwort im Dorfarchiv aufbewahrt. Selten, aber doch auch, gibt es diese Tafeln für die Soldaten der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg.

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Witzwort in der NS-Zeit

»Wie in vielen Dörfern Schleswig-Holsteins klafft auch in Witzwort eine eigentüm­liche Lücke: Es gibt keine gemeinsame Rückerinnerung an die von nationalsozialistischer Herrschaft geprägten Lebensbedingungen und Ereignisse der Jahre zwischen 1933 und 1945. Die 1983 erschienene Chronik überliefert uns einen großen Reichtum an Details der Dorfgeschichte, über die genannten Jahre geht sie schweigend hinweg. Auch andere Berichte, Zeugnisse, Erinnerungshilfen fehlen.« – so beginnt die verdienstvolle Dokumentation »Witzwort in der NS-Zeit – Machtergreifung, Alltagsrepression, Ausbeutung von Zwangsarbeitern«, die Christian Gotthardt im Juni 2017 auf der Website www.harbuch.de veröffentlicht hat.

Witzwort in der NS-Zeit


Im Kapitel »Das dörfliche Führungspersonal in der NS-Zeit« finden wir den späteren Bürgermeister Ernst Knutz – ja, von ihm stammt der Entwurf des Kriegerdenkmals – er war Führer der Hitlerjugend in Witzwort.

Auch über »Kirche und Schule« lesen wir in der ausführlich recherchierten Dokumentation: »Die Massenorganisationen führten zum einen ein inneres Leben, in dem über den ›Dienst‹, ›Heimabende‹, ›Appelle‹ und Teilnahme an organisierten Großveranstaltungen wesentliche Elemente der nationalsozialistischen Weltanschauung vermittelt wurden. Auf der anderen Seite aber wirkten sie über ihre Mitglieder nach außen an der Umgestaltung aller wichtigen gesellschaftlichen Institutionen mit, wie etwa der Kirche, und der Schule. Hiermit verwirklichte sich letzt­lich auch der totale gesellschaftliche Füh­rungsanspruch der NSDAP, da er sich auf diesem Weg auch auf Nichtmitglieder und sogar Gegner erstreckte.

Der Witzworter Pastor Arnold Wehrmann war vor 1933 eher DNVP-orientiert, dann aber zunehmend überzeugter Nationalsozialist. Er war ›Deutscher Christ‹ und Führer der Ortsgruppe Reichsluftschutzbund sowie Festredner im NSDAP-nahen Kampfgenossenverein 14/18.

Nach anfänglichen Unsicherheiten, wie die Stellung der NSDAP zur Kirche zu gestalten sei, setzte die Ortsgruppe auf aktive Mitarbeit der Parteimitglieder in den Kirchengremien, was de facto einer Gleich­schaltung der lokalen Kirchenverwaltung nahekam. Wehrmann notierte Ende 1933, alle Feiern zur ›großen deutschen Zeitenwende‹ wurden in der Gemeinde ›mit großer Freude begangen‹. Im Gegenzug erschienen zur großen Lutherfeier im November vormittags HJ, BDM und Jungvolk und abends die SA ›geschlossen‹ in der Kirche.

Ab 1939 wurde per Reichsverordnung politischen Leitern der NSDAP nicht mehr gestattet, in Kirchen­gremien aktiv zu sein. Dahinter stand das Bestreben, die Arbeit der Kirche in der Öffentlichkeit abzu­werten. Allerdings blieben einflussreiche Parteigenossen, soweit sie einfache NSDAP-Mitglieder ohne Parteiämter waren, als Kontrollinstanz in den Gremien sitzen. Haupteffekt der Verordnung waren reichs­weit starke Turbulenzen im Organistenamt, welches oft Dorflehrer bekleideten, die zugleich Schulungs­leiter der NSDAP waren. In Witzwort musste der Organist Lehrer Timm zunächst durch Lehrer Brodersen ersetzt werden, dann, nach dessen Aufstieg zum politischen Leiter, durch ein Frl. Kühl aus Garding.«


• Wir danken Christian Gotthardt und Angela Jansen für die Hinweise. Sie schrieben uns: »Vielleicht kann die hiesige Kirchengemeinde ja mal für eine Neugestaltung [des Kriegerdenkmals] aktiv werden ...«

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu  d e m  deutschen Orden.

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• »Fake News« anno 1914: Das Deutsche Reich hatte gerade das neutrale Belgien überfallen, damit die Truppen sich auf dem schnellsten Weg zum Erzfeind Frankreich begeben konnten.

Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle und als Schmuck am Auto:

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Der Krieg 1870/71

An der südlichen Kirchenmauer auf dem alten Friedhof rund um die St. Marien-Kirche in Witzwort, steht eine verblaßte Marmortafel zum Gedenken an vier tote Soldaten im Deutsch-Französischen Krieg.


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Die Widmung lautet, mittig gesetzt:

Im Kriege 1870/71
starben aus diesem Kirchspiel
für Kaiser und Vaterland

Darunter stehen die vier Namen mit sorgfältigen Angaben zur Regimentszugehörigkeit. Hier ein Beispiel:

Dirk Hansen Andresen,
Schl. Holst. Ul.Rgt. Nr.15, 3.Esk.
geb. 6. Febr. 1846. + 16. August 1870
b. Mars la Tour.

Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Im Februar 1871 fand sich die französische Regierung, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit.

Noch während Paris von deutschen Truppen belagert wurde, proklamierten die deutschen Fürsten und Vertreter der Freien Städte am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses den preußischen König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser, eine Demütigung für die Franzosen. Hohe Reparationszahlungen und vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich.


»Die Deutung der Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Versailler Spiegelsaal als Demütigung Frankreichs gehörte ebenso zum erinnerungspolitischen Konzept des im Kaiserreich vereinten Deutschland wie die alljährliche Zeremonie des Sedantages, an dem der entscheidende Sieg vom 2. September 1870 gefeiert wurde. Doch jede Demütigung zieht die nächste nach sich, und so muss es kaum verwundern, dass Frankreich im Sommer 1919 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges seinen Sieg über Deutschland ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles auskostete. Es gehört sicherlich zu den grössten Verdiensten Charles de Gaulles, dass er nach 1945 kein «drittes Versailles» folgen liess, sondern mit dem Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Kette gegenseitiger Demütigungen durchbrach.«

Der Historiker Clemens Klünemann in Neue Zürcher Zeitung, 9.1.21

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Schleswig-Holstein ungedeeelt

An der »Wilhelms-Eiche« direkt vor der St. Marien-Kirche steht ein polierter schwarzer Granitstein, im Zuschnitt eines Grabsteins.


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Die gereimte Inschrift mit plattdeutschem Abschluss lautet:

Im Schatten
uns’rer Wilhelms-Eiche
als treues Glied
im deutschen Reiche
blüh’, Schleswig-Holstein
ungedeelt.

22.3.1897.    24.3.1898.


Am 22. März 1897 feiert man überall im Deutschen Reich den 100. Geburtstag des Kaisers Wilhelm I., der wegen seiner Verdienste zur Reichseinigung von Kaiser Wilhelm II. nun zum »Kaiser Wilhelm der Große« erklärt wurde. Überall im Land wurden ihm zu Ehren Denkmäler enthüllt und Wilhelms-Eichen gepflanzt.

 

Up ewig ungedeelt (Auf ewig ungeteilt) ist eine Passage des Vertrages von Ripen, in dem die Herrschaft in den Herzogtümern Schleswig und Holstein im Jahr 1460 geregelt wurde. Nachdem der Arzt, Dichter und Übersetzer August Wilhelm Neuber 1841 diesen Spruch in eins seiner Gedichte eingebaut hatte, wurde er zum Kampfbegriff der deutschen Schleswig-Holsteiner. 1844 forderte die Holsteinische Ständeversammlung: »Die Herzogtümer Schleswig und Holstein sind fest miteinander verbundene Staaten«.

Das Schleilied von August Wilhelm Neuber, das 1841 in einer Haderslebener Zeitung erschien und bald darauf von Carl Gottlieb Bellmann vertont wurde:

Sie sollen es nicht haben
Das heil’ge Land der Schlei!
Sie sollen es nicht haben
Das Land so stolz und frei.
Der Herzog hat’s geschrieben,
Den sich das Volk erwählt:
»Se schölln tosammen blieben
Op ewig ungedeelt!«

Die Schleswig-Holsteinische Erhebung, an die das Wort »ungedeelt« erinnert, begann einige Jahre später, am 24. März 1848, im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.

Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.

Genaueres bei Wikipedia


Zum 24. März 1898, der Feier des 50. Jahrestages der Eroberung der dänischen Festungsanlagen, haben die Witzworter den Gedenkstein unter ihrer Wilhelms-Eiche aufgestellt.

»Up ewig ungedeelt« ist auch heute noch der Wahlspruch des Landes Schleswig-Holstein.

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I N H A L T

Das Denkmal
Der Heldentod
Das Bibelzitat
Das Eiserne Kreuz

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Wolfskrug, Kreis Rendsburg-Eckernförde

An der Durchfahrtsstraße am Ortseingang

Wolfskrug liegt im Gemeindegebiet von Güby, zwischen Schlei und Hüttener Bergen. Die gepflegte Denkmalsanlage für die toten Soldaten beider Weltkriege ist mit einer niedrigen Mauer aus behauenen bunten Feldsteinen von der Straße abgegrenzt.

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Die Mauer setzt sich nach hinten fort und erhöht sich zur hinteren Mitte in Bogen. Der ovale Denkmalsplatz ist über vier Stufen zu erreichen. Rechts von der Mitte ist ein Fahnenmast aufgestellt worden.

 

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Im erhöhten Mauerteil ist eine schwarze Granittafel für die toten Soldaten des 1. Weltkriegs eingelassen.

 

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Aus dem polierten, oben gebogenem Stein ist die Fläche tiefer gepickelt, sodass Rand, Buchstaben und Zahlen auf grauem Hintergrund stehen. Neben einem Eisernen Kreuz zwischen je drei streng angeordneten Eichenblättern und zwei Eicheln auf jeder Seite stehen die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs, darunter die Überschrift:

1914                                                   1918
Starben aus unserer Mitte den Heldentod

Es folgen 15 Namen mit Geburts- und Todesdatum und Sterbeort (West, Ost, z. See, i.frz.Gef.). Auch für die beiden Vermißten wird ein Todestag angegeben.

Darunter wird auf das Johannes-Evangelium 15.13 verwiesen. Dort heißt es:

Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde.

Am Ende offenbart sich der Denkmalsgeber:

Die dankbare Heimat!

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Unter der Tafel ist der Findling für den 2. Weltkrieg aufgestellt. Wieder ein Eisernes Kreuz in der Mitte, an den Seiten die Jahreszahlen, darunter der gravierte Text:

1939               1945
Unsern Gefallenen u. Vermißten
zum Gedenken!
Die Dorfschaft Wolfskrug

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Davor ist im Rasen auf einer runden Gußsteinfläche ein Eisernes Kreuz aus Ziegelsteinen gemauert worden.

 

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Auf der Sandfläche vor der Mauer sind die kleineren Findlinge mit den Namen, Geburts- und Todesdatum, bzw. mit der Angabe: verm., der toten Soldaten des 2. Weltkriegs aufgestellt. Jeder Stein trägt oben ein Eisernes Kreuz. Die drei etwas größeren Steine direkt rechts und links vom Hauptstein erinnern an drei Brüderpaare.

 

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Auf beiden Seiten sind 22 Steine aufgestellt mit 25 Namen.

 

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Der Heldentod

»Sie starben den Heldentod« steht auf den Denkmälern. So, als ob das Sterben die Erfüllung ihres Lebens, die Bestimmung des soldatischen Auftrags ist. Der Tod eines Soldaten muss erklärt und gerechtfertigt werden und er begründet eine spezifische Erinnerungspflicht. Wobei es nicht die Toten sind, die die Lebenden dazu verpflichten könnten, es sind immer die Überlebenden, die als Denkmalstifter die Getöteten für ihre Zwecke benutzen, sie als Helden, als Retter des Vaterlands, als Vorbild für Treue und Pflichterfüllung benennen, deren Tod nicht sinnlos gewesen sein darf. Bis 1945 benutzen die Nationalsozialisten die toten Soldaten für eine Verpflichtung an die nachfolgende Generation, ihnen an Kampfesmut und Opferbereitschaft nicht nachzustehen.

»Ehren kann mehr bedeuten als nur jemanden in guter Erinnerung zu bewahren. Es kann die Absicht beinhalten, jemanden auszuzeichnen, also eine besondere Leistung, ein besonderes Verhalten, eine besondere Haltung hervorzuheben. Eine solche Form der Ehrung ist im zivilen Bereich mit der Verleihung von Ehrenbezeichnungen, Urkunden, Ehrenringen oder -plaketten oder auch Orden verbunden, im militärischen Bereich vor allem mit Orden [meist dem Eisernen Kreuz]. Das Kriegerdenkmal wird diesen Ordens- und Ehrenzeichen gleichsam zur Seite gestellt und posthum kollektiv verliehen. Grund der Auszeichnung ist die durch den Tod besiegelte besondere Treue oder Tapferkeit, Haltungen, die auch heute noch der Soldateneid einfordert. [...]

Die Ehrung kann sich zur Verehrung, zur Verklärung (Apotheose) steigern. Das verehrungswürdige Sujet verträgt keine Beschädigung, keine Beschmutzung. Das hat es mit dem Idol gemein oder im geistigen Kontext mit dem Ideal. Der Krieger mutiert zum Held, das Kriegerdenkmal zum Heldenehrenmal – und ist damit jeder kritischen Betrachtung entzogen. Der deutsche Soldat hat sich sui generis heldenhaft verhalten, so wenig wie er dürfen die Reichswehr oder die Wehrmacht in Zweifel gezogen werden. Die von Hindenburg am 18. November 1919 im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Reichstags als Erklärung für die Niederlage des Ersten Weltkriegs vorgetragene ›Dolchstoßlegende‹ oder die Proteste gegen die ›Wehrmachtsausstellung‹ über von ihr begangene Verbrechen im Zweiten Weltkrieg sind Ausdruck der Bemühungen, sowohl die militärischen Institutionen wie auch die ihnen angehörenden Personen der geschichtlichen Realität und damit auch der Verantwortung zu entziehen.«

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 33. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

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Das Bibelzitat

Kriege, in denen planvoll getötet und grausam gestorben wird, fordern die Sinnstiftungsleistung des Kollektivs der Überlebenden auf ganz besondere Weise heraus. Christliche Analogien sollen dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben und ihn als »Opfertod« verklären.

»Das Zitat aus dem Johannes-Evangelium gehört zu der Ansprache, die Jesus zum Abschied an seine Jünger richtet. [...] Jesus kennt seinen Auftrag und hat ihn angenommen. Ohne seinen Tod gibt es keine Erlösung. Sein Leiden und Sterben ist das Opfer, das für die Erlösung der Menschen gebracht werden muss. Einen größeren Beweis der Liebe zu den Menschen – den Freunden, die ihm in Liebe verbunden sind – gibt es nicht.
Der Kriegstod erfährt mit diesem Zitat eine Sinngebung, die ihn in den Rang eines Erlösungsopfers erhebt, die ihn als größtmöglichen Liebesbeweis wertet und als bewusste Entscheidung, als bereitwillige Hingabe ›für seine Freunde‹ darstellt. Die ›Freunde‹ haben durch ihn überlebt, sie sollen Trost darin finden, den Tod so zu sehen. Bei Jesus war der Weg zum Kreuz, zur Auferstehung und Himmelfahrt vorbestimmt und heilsnotwendig. Wer dies auf den Kriegstod überträgt, nimmt ihn als gottgegeben an, zu dem es keine Alternative gibt.«

zitiert aus Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 148. Herausgegeben von Herbert Reyer, Stadtarchiv Hildesheim, Band 17, Gerstenberg, 2006

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5. Juni 2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

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Kurzfilme zu den Denkmälern

Seit ein paar Jahren existiert die Website www.denk-mal-gegen-krieg.de, auf der die Evangelische Akademie sich kritisch mit der bestehenden Erinnerungskultur auseinandersetzt. Die häufigsten Erinnerungsmale an die vergangenen Kriege sind Kriegerdenkmäler, auf denen der Soldatentod verklärt und die zivilen Opfer verschwiegen werden.

An einigen Orten produzieren wir kurze Videos und stellen sie online. Den Film über die Denkmalsanlage in Wulfsdorf können Sie hier sehen: YouTube> und die Einführung zur Filmreihe bei YouTube>

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I N H A L T
Das Denkmal
Volkstrauertag 2017
2019: »Geschichtsbild geradegerückt«
Volkstrauertag 2019
1919: Aus dem Gemeindeprotokoll
Der »Gefallenen«-Kult
Das Eiserne Kreuz
Das Völkerringen

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Wulfsdorf/Ahrensburg, Kreis Stormarn

Wulfsdorfer Weg / Am Scharberg, unweit der U-Bahnunterführung

An einer Wegegabelung steht das Denkmal aus behauenen Granitsteinen für die getöteten Soldaten des 1. Weltkrieges. Je ein Seitenflügel wurde dem ursprünglichen Denkmal angefügt für die getöteten Soldaten des 2. Weltkrieges.

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Das Denkmal steht auf einem zweistufigen Feldsteinsockel. Vorne wurde, in der Breite des Denkmals, ein mit länglichen Granitsteinen abgegrenztes Blumenbeet angelegt und weiter aussen eine Kante aus quadratischen Granitsteinen gesetzt.

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Auf dem ursprünglichen Denkmal in der Mitte ist die »Ehrentafel« aus Bronze eingelassen. Darüber die aufgelegte Metallform eines konturierten Eisernen Kreuzes mit Kaiserkrone, einem »W« in der Mitte und unten der Jahreszahl 1914. Ganz rechts unten die Signatur: J.Kolkowski & Co, Ahrensburg.

 

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Unter dem großen Titel »Ehrentafel« steht:

Im Völkerringen 1914-18 erlitten aus der Gemeinde Wulfsdorf den Heldentod

Darunter, ebenfalls in erhabenen Lettern, zweispaltig gesetzt, werden die zehn getöteten Soldaten des 1. Weltkriegs aufgezählt: Dienstgrad, Vor- und Nachname, Todesdatum, Todesort, Todesart (gef., gest. oder verm.) und Einheit. Trennlinien und eine Wellenlinie schmücken die Tafel.

Mehrheitlich ehren die Denkmäler die getöteten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs als Helden, als Brüder, als Söhne, die ihr Leben gaben für einen höheren Zweck: Kaiser und Reich, Volk und Vaterland. Dadurch soll das Töten und das Getötetwerden auf den Schlachtfeldern in den vom Deutschen Reich angegriffenen Ländern einen höheren und gerechtfertigten Sinn bekommen.

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Auf dem linken Flügel des Denkmals steht auf einer ebenfalls eingelassenen Bronzetafel:

Den Beschützern der Heimat von 1939 – 1945 aus Dankbarkeit

Auf der anderen Seite werden auf einer gleichartigen Platte die 16 Namen der getöteten Soldaten des 2. Weltkriegs mit Todesjahr aufgezählt. Drei von ihnen sind ohne Jahresangabe vermißt.

Die Tafel wurde 1949 angebracht.

Nach dem Krieg, der ein Angriffskrieg Deutschlands war, konnte eigentlich jeder wissen, dass die Soldaten der deutschen Wehrmacht alles andere als die Heimat beschützt haben. Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von fast 40 Millionen Opfern – u.a. 30 Mio. Russen und Ukrainer, 6 Mio. Polen, 2 Mio. Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Unter ihnen waren 5 Mio. Juden, zu denen noch 1,3 Mio. ermordeter Juden aus West- und Südosteuropa und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen. Wie verhalten wir uns dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals für das Falsche eingesetzt haben?

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Volkstrauertag 2017

Viele dankbare Kranzniederlegungen für die Beschützer der Heimat 1939 – 1945.

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Fotos: Wulf Hilbert


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2019: »Geschichtsbild geradegerückt«

Immer wieder kam Wulf Hilbert auf seinen Spaziergängen bei dem Denkmal vorbei, bis er 2017 seine Verärgerung nicht mehr tatenlos aushalten wollte. Zusammen mit den Mitgliedern des »Runden Tisch Ahrensburg« erreichte er eine zeitgemäße Ergänzung: »Gern hätte ich mir vor Ort eine direktere und ausführlichere Stellungnahme zur Bronzetafel gewünscht, aber der Kompromiss, den offiziellen Stellen der Stadt Ahrensburg nach 2 Jahren (!) abgerungen, ist besser als nichts. Nun ist übrigens zu beobachten, dass Spaziergänger wirklich stehen bleiben und sich Gedanken zu beiden Aussagen machen. Erfreulich.«

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Am Fuß des Denkmals hat der Rat der Stadt Ahrensburg 2019 eine blaue Informationstafel aufgestellen lassen.

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Vorübergehend war auch noch eine private schwarze Tafel mit Friedenstaube an das Denkmal gelehnt worden.

 

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Fotos: Wulf Hilbert


In einem Gastbeitrag im Heimat-Echo schrieb Wulf Hilbert:

»Den Beschützern der Heimat von 1939 – 1945 aus Dankbarkeit« steht auf einem in Bronze gegossenen Schild am Kriegerdenkmal Wulfsdorfer Weg / Am Scharberg, unweit der U-Bahnunterführung. 16 Wulfsdorfer Soldaten fielen in den Kriegsjahren; ihrer wird gedacht neben den Toten aus dem Ersten Weltkrieg. Dass jene 16, freiwillig oder verpflichtet, alles andere als die Heimat beschützten, als sie ihr Leben verloren, hätte man 1949 schon wissen können. In dem Jahr wurde die Tafel angebracht. Während der jährlichen Kranzniederlegungen zum Volkstrauertag blieb die geschichtsverdrehende Aussage öffentlich bis heute unkommentiert.

Doch nach einer Privatinitiative stellt seit wenigen Wochen eine Tafel mit weißer Schrift auf blauem Grund wenigstens eines richtig. Die Gedenkstätte ist nun allen Toten, nämlich den Opfern der Kriege, Diktaturen und Gewaltherrschaft gewidmet, und Bundespräsident a. D. Norbert Lammert wird zitiert: »Am 8. Mai war ein Weltkrieg [in Europa] zu Ende, der von Deutschland, einer deutschen Regierung begonnen und betrieben wurde und mehr als 50 Millionen Menschenleben gekostet hat, darunter auch etwa 8 Millionen Deutsche« (2015).

Heimat-Echo Nr. 37, Seite 2, 11.9.2019

 

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Volkstrauertag 2019

Der erste Volkstrauertag nach Aufstellung der Informationstafel. Was hat sich am Procedere geändert?


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Die Stadt Ahrensburg, die CDU Ahrensburg, die Wulfsdorfer Schützengilde, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die katholische gemeinsam mit der evangelischen Kirche legten, wie jedes Jahr, Kränze und Gestecke ab.

 

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Roland Wilde, Bürgervorsteher der Stadt Ahrensburg, sagte in seiner Rede, dass es gelungen sei, dieses Mahnmal so umzugestalten, dass es sowohl dem Zeitgeist von damals entspreche als auch dem aktuellen Bezug gerecht werde.

 

SH Wulfsdorf Roland Wilde 17 11 2019 web

Fotos: Wulf Hilbert

Wulf Hilbert schreibt in seinem Leserbrief, der am 13.12.2019 in der Volksdorfer Zeitung abgedruckt wurde:

»Den Zeitgeist von damals soll also der in Bronze gegossene Spruch ›Den Beschützern der Heimat von 1939-1945 aus Dankbarkeit‹ verkörpern? Da fragen sich vielleicht die Teilnehmer der Gedenkfeier, was denn in den Köpfen der Menschen 1949, als das Mahnmal erweitert wurde, vorging. Sie werden sehr wohl gewusst haben, dass Wulfsdorf nicht in Stalingrad beschützt werden musste und ein Heldentod nur den Terror des NS-Regimes verlängerte. Oder?«

Leserbrief in der Volksdorfer Zeitung vom 13.12.2019


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1919: Aus dem Gemeindeprotokoll 

11. April 1919: Durch Anregung Emil Meins wurde in Erwägung gezogen, für unsere gefallenen Krieger in der Gemeinde ein Denkmal zu setzen. Es wurde einstimmig beschlossen, diesen Antrag zu unterstützen.

[Am] Ende wurde eine Kommission von drei Herren und zwar die Herren Dr. Ing. H. Vehring, E. Meins und H. Kobrock gewählt und selbige gebeten das weitere hierbei zu veranlassen.

Unterschrift: W. Thomsen, J. Oldenburg und E. Meins

• Unser Dank geht an Angela Behrens für die Transkription des Protokollauszugs.


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Der »Gefallenen«-Kult

In Deutschland war die Trauer um die getöteten Soldaten gleichzeitig verbunden mit der Erinnerung an eine Niederlage.

Das Kriegserlebnis wurde zu einem Mythos geformt, der das Sinnhafte des Kampfes und der Opfer hervorheben sollte:

»Die Erinnerung an den Krieg wurde zu einem heiligen Erlebnis umgedeutet, das der Nation eine neue Tiefe der religiösen Empfindung gab und überall präsente Heilige und Märtyrer, Stätten nationaler Andacht und ein zum Nacheifern aufforderndes Erbe lieferte.« (Mosse, 13) Der Gefallenenkult wurde zu einem zentralen Bestandteil nationaler Selbstdarstellung und entwickelte besonders in Deutschland eine gewaltige politische Wirkung.

Das Ideal der Kameradschaft wurde auf die ganze Nation ausgedehnt. Die Gedächtnisfeiern an den Ehrenmälern auf öffentlichen Plätzen betonten den Vorbildcharakter der Gemeinschaft der Frontsoldaten. Im besiegten Deutschland wurde die »Volksgemeinschaft«, aus der heraus die Nation zu neuer Stärke erwachen sollte, zum Vermächtnis, das die Gefallenen den Überlebenden hinterlassen hatten.

Die allerorts errichteten Denkmäler trugen dazu bei, diesen Sinn, der dem Soldatentod beigelegt wurde, in die Öffentlichkeit zu tragen und im Bewusstsein zu erhalten.

Die von den Nationalsozialisten angestrebte Volksgemeinschaft ist ohne das idealisierte Vorbild der Frontkameradschaft des Ersten Weltkriegs nicht vorstellbar. Der Gefallenenkult erlebte im nationalsozialistischen Deutschland dann auch seine äußerste Steigerung.

Christian Lopau, 2017, Vortrag im Ratzeburger Dom im Begleitprogramm der Wanderausstellung der Nordkirche »Neue Anfänge nach 1945?«

www.nordkirche-nach45.de, Ratzeburg


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Das Eiserne Kreuz

Auf dem Wulfsdorfer Denkmal ist es mit Krone, großem »W« für Kaiser Wilhelm II und der Jahreszahl 1914 gearbeitet worden. Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer entsprechenden Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5. Juni 2008

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


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Das Völkerringen

Der 1. Weltkrieg, der historische Schlüssel zum Verständnis der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, wurde in Deutschland durch die Erinnerung an den 2. Weltkrieg bisher völlig überlagert. Erst die 100. Wiederkehr des Kriegsausbruchs im August 1914 lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf dieses »große Völkerringen«, auf die »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts«.

Mit dem Ziel seine Herrschaftsgebiete auszuweiten, trat Deutschland im August 1914 in den 1. Weltkrieg ein. In den folgenden vier Jahren kam es zu Materialschlachten mit dem erstmaligen Einsatz von Massenvernichtungswaffen. Aus dem Deutschen Reich kamen fast zwei Millionen Soldaten ums Leben, weltweit etwa 17 Millionen, das übertraf alles bisher Dagewesene bei weitem.

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• Foto eines Massengrabes, 1916 als Postkarte veröffentlicht

Unter den Verwundeten befanden sich zahlreiche mitunter bis zur Unkenntlichkeit entstellte Invaliden, die mit vorher unbekannten (Gesichts-)Entstellungen und Amputationen in ein Zivilleben entlassen wurden, das noch keine moderne Prothetik, berufliche und medizinische Rehabilitation kannte. Unzählige ehemalige Weltkriegssoldaten starben nach dem Kriegsende noch an den Folgen von Kriegsverletzungen und mitgebrachten Krankheiten in relativ niedrigem Lebensalter. Zu den Verwundeten müssen auch zahlreiche Kriegsdienstverweigerer hinzugezählt werden, die psychisch unfähig zum Militärdienst waren; sie wurden – zur »Aufrechterhaltung der Moral der Truppe« – zu Gefängnisstrafen verurteilt und inhaftiert oder in Anstalten psychiatrisiert. Zu den militärischen kamen die zivilen Opfer: Die Blockade gegen die Mittelmächte führte alleine in Deutschland nach einer vom Völkerbund beauftragten Untersuchung aus dem Jahre 1928 zu 424 000 Hungertoten, andere Schätzungen vermuten bis zu 733 000. 1918 raffte die Spanische Grippe in Europa Millionen von oft bereits zuvor durch den Krieg geschwächten Zivilisten und Soldaten hinweg, weltweit starben 25 bis 40 Millionen Menschen.

Letzter Absatz nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017


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I N H A L T

Das Denkmal
Der Sinnspruch
Der Degen
Der Findlingsmythos
Das Eiserne Kreuz

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Wulfsmoor, Kreis Steinburg

In der Dorfmitte

Auf einem geräumigen Grundstück zwischen Einfamilienhäusern steht der Gedenkstein zu beiden Weltkriegen.

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Die Rasenfläche ist umgeben von einer Buchenhecke, man betritt sie durch eine Holzpforte.

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Im nächsten Frühjahr steht der Pflanztrog auf der anderen Seite, Abwechslung muss sein.

 

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Am Ende des Grundstücks stehen wir vor einem mächtigen Findling, er trägt die große Namenstafel der toten Soldaten.

 

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Der großflächige Bruchsteinsockel des Findlings dient als Ablage für zwei zusätzliche Tafeln.

 

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Über der schwarzen Tafel sind die Jahreszahlen beider Kriege an den Seiten eines Eisernen Kreuzes in Kontur in den Findling geritzt:

1914 / 18  Eisernes Kreuz  1939 / 45

»Das Eiserne Kreuz wurde erstmalig 1813 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestiftet. Es war der erste militärische Orden, der nicht nur an Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten für ihre militärischen Verdienste verliehen werden konnte. Kurz darauf führte der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Das bisherige Söldnerheer wandelte sich zum Bürgerheer und für die Bürger mussten Anreize geschaffen werden, das eigene Leben im Krieg aufs Spiel zu setzen. Damit begann eine neue Zeit beim preußischen Militär: Soldaten waren nicht mehr nur Befehlsempfänger ohne Stimme und ohne Namen, sondern seit dieser Zeit wurden sie zu Vorbildern gemacht, denen nachgeeifert werden sollte. Der König versprach in der Stiftungsurkunde jedem Soldaten für den eventuellen Kriegstod ein Denkmal, das heißt, die Erwähnung auf einem Denkmal. Zumeist wurde das damals als Tafel in einer Kirche realisiert: Zeugnis der engen Verbindung von Monarchie und Kirche.

Das Eiserne Kreuz wurde sehr häufig als Relief auf Kriegerdenkmälern verwendet. Es steht hierbei als solches symbolisch für die Anerkennung der besonderen ›Vaterlandstreue‹ der gefallenen Soldaten. Ihr Tod im Krieg wurde dafür als Beweis gedeutet. Durch die Verwendung des Eisernen Kreuzes auf einem Denkmal sollten die Soldaten posthum für ihr Verhalten ausgezeichnet werden und damit als Vorbilder für die Nachwelt gelten.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2006

 

SH Wulfsmoor Tafel web


Der Sinnspruch auf dem Denkmal in Wulfsmoor ist eine Aufforderung:

Wulfsmoor
Wanderer, neige in Ehrfurcht Dein Haupt
vor dem Tod und der Tapferkeit.

 
Es folgt die Aufzählung der toten Soldaten in zwei Spalten. Als Spaltentrennung haben die Denkmalsstifter einen schlanken Degen gewählt. Er zeigt als Symbol für die verlorenen Kriege nach unten.

Für beide Kriege, weil hier die Namen der Soldaten fortlaufend genannt werden. In der ersten Spalte sind die ersten 10 Eintragungen Soldaten des 1. Weltkriegs, es folgen 22 des 2. Weltkriegs. Die Tafel ist also nach dem 2. Weltkrieg erstellt worden. Das Layout der Jahreszahlen mit dem Eisernen Kreuz im Findling über der Tafel spricht ebenfalls dafür, dass die Zahlen des 2. Weltkriegs nicht nachträglich hinzugesetzt wurden. Kriegerdenkmäler, die nach dem 2. Weltkrieg erbaut, die Namen der Soldaten aus dem 1. Weltkrieg mit aufgenommen haben, sind uns schon mehrfach begegnet. Immer in Dörfern, die sich nach dem 1. Weltkrieg meist nur ein »Ehrenblatt« leisten konnten, erstellt vom örtlichen Kriegerverein nach vorgegebenem Muster. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die in Stein gemeißelten Namensnennungen nachgeholt.

Siehe z. B. auch unsere Dokumentation von Wendtorf


Die Namensliste besteht aus Vor- und Familiennamen, Geburts- und Sterbetagen der Soldaten. Vier Soldaten werden vermißt, einer im 1., drei im 2. Weltkrieg. Die Namen sind nach dem Sterbedatum geordnet. Es gab einige Nachbenennungen auf der Liste zum 2. Weltkrieg. Als der Platz auf der Tafel gefüllt war, stellten die Wulfsmoorer noch zwei kleinere Tafeln mit sieben Namen vor dem Findling auf.


SH Wulfsmoor Ehrenmal NIK 9872 Schuett web


Die linke Tafel nennt drei Soldaten mit dem gleichen Nachnamen, vermutlich aus einer Familie. Zwei von ihnen sind nach Kriegsende gestorben.

Die grünen Sommerfotos stammen von Nightflyer/Wikimedia Commons, 3.0 nicht portiert, die blattlosen Frühlingsfotos von Jochen Hilbert.

Vielen Dank dafür!

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Der Sinnspruch

Wanderer, neige in
Ehrfurcht Dein Haupt
vor dem Tod und
der Tapferkeit

»Dort, wo klassische Zitate verwendet werden, wird versucht, dem Kriegstod eine Überzeitlichkeit zu verleihen, ihn also zu einem Geschehen zu machen, das naturgemäß immer wiederkehren muss. Auf einem Findlingsdenkmal in Wandsbek findet sich die Inschrift ›Wanderer neige in Ehrfurcht dein Haupt vor dem Tod und der Tapferkeit.‹ Dieses Zitat ist angelehnt an eine Inschrift von Simonides von Keos auf einem Gedenkstein im antiken Sparta, die von Friedrich Schiller folgendermaßen aus dem Griechischen übersetzt wurde: ›Wanderer, kommst du nach Sparta, so verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.‹ Der Gedenkstein wurde nach der Ersten Schlacht bei den Thermopylen 480 v. Chr. während der Perserkriege errichtet. Die Schlacht ging aus Sicht der Griechen verloren, viele Spartaner starben, aber die Kämpfer sollen sich bis zum Letzten gewehrt haben und damit rücksichtslos ihrem Befehl gefolgt sein. Diese militärische Leistung wurde als Beispiel für den heldenhaften Opfertod im Laufe der Geschichte immer wieder herangezogen.«

Klingel, S. 96

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Der Degen

Auch wenn er hier in Jersbek gesenkt ist, sollten die Waffensymbole auf den Kriegerdenkmälern die Wehrhaftigkeit der deutschen Soldaten darstellen.

Der Degen ist hier stilisiert abgebildet, er gehört zu den Waffen mit vornehmer Symbolkraft. In den Weltkriegen wurde er nicht mehr als Stichwaffe benutzt. Der technologische Fortschritt durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert machte es möglich, dass für den 1. Weltkrieg und erst recht für den 2. Weltkrieg neue Waffen entwickelt und produziert wurden, die Angriffe aus weiter Entfernung gestatteten. Es musste nicht mehr Mann gegen Mann gekämpft werden. Zu den neuartigen Waffen gehörten U-Boote, Panzer, Flugzeuge, Maschinengewehre, Raketen, Handgranaten und Giftgas. Der Degen hatte ausgedient.

Er wurde aber bis heute ein nobles Assessoire für Galauniformen bei Paraden oder besonderen Zeremonien. Seine Bedeutung hatte der Degen in der Vergangenheit erlangt: er gehörte u.a. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zur vollständigen Garderobe von Offizieren und Adeligen und war insofern auch Rangabzeichen. Das Degenfechten gilt auch heute als ein akademischer Sport.

Der Degen auf dem Weltkriegsdenkmal ist also auch als zusätzliche Ehrung zu verstehen.

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der FindlingsMythos

Die Findlingsdenkmäler erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Hochkonjunktur. In Schleswig-Holstein wurden sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg errichtet. In dieser Tradition gab es nach dem 1. Weltkrieg eine erneute massenhafte Aufstellung von Findlingsdenkmälern. Wie die vermeintlich germanischen Hünengräber erschienen die eiszeitlichen Findlinge als Symbole nationaler Identität, als »urdeutsch«. Nach dem 1. Weltkrieg sollten sie auch eine Verachtung gegenüber der von vielen als künstlich und widernatürlich empfundenen Weimarer Republik ausdrücken. Sie zeugen von einer nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist auch nach der Niederlage im 1. Weltkrieg unzerstörbar war.


»Der Findling kann als ›Klassiker‹ unter den Denkmalsformen bezeichnet werden. Denkmalsfindlinge stehen meist unter einer Eiche auf einem größeren Platz. Die große Beliebtheit von Findlingsdenkmälern ist zunächst einmal in rein äußerlichen Faktoren begründet. Granitfindlinge standen in Norddeutschland allerorts zur Verfügung, die Eiszeit hatte sie aus Skandinavien mitgebracht. Das heißt, nach einem Findling musste nicht lange gesucht werden, der Transportaufwand war bei kleinen bis mittelgroßen Findlingen gering und meistens waren die Transportwege kurz. Zudem war es leicht möglich, die Findlinge mit nur wenig Bearbeitung in Denkmäler zu ›verwandeln‹: Bei den meisten Denkmälern wurde sich lediglich darauf beschränkt, die Vorderseite leicht zu glätten und eine Inschrift einzuhauen. Häufig umringte man den Findling mit kleineren Feldsteinen, die, real oder auch nur optisch, seinen Sockel bildeten. Alles in allem war die Errichtung eines Findlingsdenkmals finanziell gesehen eine sehr günstige Angelegenheit [...]

Neben den pragmatischen ›Vorzügen‹ bei der Entscheidung für ein Findlingsdenkmal gab es aber auch ideologische Gründe. Nach völkischer Lehre im 19. Jahrhundert wurden Findlinge als urgermanische Zeugnisse angesehen. Die so genannten ›Hünengräber‹ aus prähistorischer Zeit wurden als germanische ›Heldenhügel‹ gedeutet und ihnen wurde eine spezifische nationale Aura zugesprochen. Aus diesem Grund wurden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Stiftern als besonders geeignet angesehen, identitätsstiftend zu wirken: eine geeinte deutsche Nation, die sich auf ihre germanischen Wurzeln besinnt [...]

Auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden [...] neue Findlingsdenkmäler errichtet. Sie folgten in ihrer Bedeutung weiterhin der germanischen Tradition und zeugten von der nationalistischen Haltung der Stifter, für die der deutsche Geist im ersten Weltkrieg unzerstörbar war.«

• Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, S. 45-47, S. 65-66

»Findlinge wecken Assoziationen zu germanischen und keltischen Hünengräbern und Dolmen. Die Romantik entdeckte sie wieder, nach den Befreiungskriegen verbreiteten sie sich als Denkmalstyp und setzten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend in Norddeutschland gegen den Obelisk durch. [...] Als Monolith steht der Findling für die Einheit des Landes, fast unbearbeitet, strahlt er Naturwüchsigkeit aus, selbst ein Teil der uralten Überlieferung mahnt er zu ewigem Gedenken.«

Hartmut Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, Gerstenberg 2006, S.134

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Das Findlingsdenkmal in Marienwarder, Kreis Plön, zum 1. Weltkrieg

Unsere Dokumentation

 

»Germanisierende Motive finden sich in Gestalt zahlreicher Findlingsdenkmäler. In den Hünengräbern sah man ›Vorbilder für Erinnerungsmale, würdig der Größe des Opfers, das die Söhne unseres Volkes gebracht haben‹.

• Gerhard Schneider, »... nicht umsonst gefallen»?, Hannoversche Geschichtsblätter 1991, S. 203


»Gleich ihren Vorbildern und Ahnen, den Hünengräbern aus der Kultur der germanischen Steinzeit, sind diese gewaltigen Gebilde ein Sinnbild der Urkraft und der feierlich weltentrückten stillen Ehrung. Mehr vielleicht als Worte es tun können, reden diese massigen Urformen zu uns von Ruhe, Erhabenheit, Selbstbewußtsein und stahlharter Kraft. Ihre Unbehauenheit ist wie der Frontsoldat selbst, hart und grobknochig und doch riesengroß, urhaft. Jeder für sich und in sich ruhend, hart und grobknochig, drohend und machtvoll, ein einziger Trotz und Wille.«

Karl von Seeger, Das Denkmal des Weltkriegs, Stuttgart 1930, S.28

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Das Eiserne Kreuz

Nach einer Skizze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III wurde der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel am 13. März 1813 mit der Erstellung einer Reinzeichnung für das erste Eiserne Kreuz beauftragt.

Am 8. August 1914 hatte Wilhelm II dann in seiner Eigenschaft als preußischer König die Stiftung seiner beiden Vorgänger erneuert und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem quasi deutschen Orden. Mit der vierten Stiftung zu Beginn des 2. Weltkriegs durch Adolf Hitler wurde es am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung. Hitler verzichtete auf seine Initialen als Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, die auf ihn persönlich vereidigt war. Stattdessen wurde das Hakenkreuz, das Symbol des NS-Staates, in die Mitte des traditionsreichen Ordens eingefügt und von der Rückseite wurden das Monogramm König Friedrich Wilhelms III. und das Eichenlaub entfernt.


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• Auch Hitler trug das Ehrenkreuz an der Brust

»Vor allem die nahe der Front operierenden Sonderkommandos, die sowohl Juden ermordeten als auch an der Partisanenbekämpfung beteiligt waren, wurden von den Armeegenerälen reichlich mit Eisernen Kreuzen bedacht. Um nur die größten Verbrecher unter ihnen zu nennen, sei auf Rudolf Lange verwiesen, der für den Mord an den Juden Lettlands verantwortlich war, und auf Friedrich Jeckeln, der Massaker um Massaker organisierte, in der Westukraine, in Kiew (Babij Jar) und in Riga. Beide bekamen schließlich das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse.«

Zitiert aus einem Artikel »Orden für Massenmord« von Dieter Pohl 

DIE ZEIT, 5.6.2008


Soldaten der Wehrmacht kämpfen nicht nur pflichtschuldig  und gehorsam. Ohne die Gefühlswelt aus Stolz, Ehre und Männlichkeit ist nicht zu erklären, warum so viele an die Front streben – und dem Krieg bis zum Untergang verhaftet bleiben. (Frank Werner in ZEITGeschichte 4/2018)

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Geschickte Propaganda: Begehrenswerte Ordensbrust in »Die Woche« Januar 1940.

 

Als Kriegsauszeichnung oder Verdienstorden wird das Eiserne Kreuz seit 1945 nicht mehr verliehen. Aufgrund seiner identitätsstiftenden Tradition bestimmte am 1. Oktober 1956 Bundespräsident Theodor Heuss das Eiserne Kreuz zum Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr. So stellt es in allen drei Teilstreitkräften das Hoheitszeichen dar (z. B. an gepanzerten Fahrzeugen und an Luftfahrzeugen). Die Truppenfahnen der Bundeswehr tragen in ihrer Spitze ein durch goldenes Eichenlaub umfasstes Eisernes Kreuz. Auch das Ehrenzeichen der Bundeswehr (Ehrenmedaille, Ehrenkreuz in Bronze, Silber oder Gold) trägt das Eiserne Kreuz als Symbol für Freiheitsliebe, Ritterlichkeit und Tapferkeit auf der Vorderseite. Ebenso wird es auf Briefen, Visitenkarten und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als »Dachmarke« der Bundeswehr verwendet. Das Eiserne Kreuz als Symbol findet sich noch heute in verschiedenen Verbandsabzeichen der Bundeswehr.

Nach Wikipedia, abgerufen am 7. 12. 2017

Das Eiserne Kreuz ist das am häufigsten gezeigte Symbol in der rechten Szene. Es wird in allen erdenklichen Formen angeboten, z. B. als Ohrstecker, Anhänger oder Gürtelschnalle.

 

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I N H A L T
Das Denkmal
... für künftige Saat
Die Geschichte des Denkmals
Die Geschichte der Erweiterung
Volkstrauertage
Friedrich Christiansen
Die Familie Heymann
Die Kriegsgräber

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Wyk auf Föhr, Kreis Nordfriesland

Auf dem Friedhof der St. Nicolai-Kirche

Mit der Rückseite zur Straße, am Rand des Friedhofs von Boldixum, einem Ortsteil von Wyk, steht das Kriegerdenkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege.

SH Wyk weit web

 
Das ältere Monument in der Mitte des Denkmals steht am Ende des Hauptwegs in der Sichtachse zur Kirche.

 

SH Wyk von Links web


Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Denkmal um die zwei Seitenflügel ergänzt. Die gestalteten Stelen wurden von den Seiten des ursprünglichen Monuments an die äußeren Enden der Flügel versetzt.

 

     SH Wyk Mittelteil web

Das eckige Monument wurde aus Felssteinen aufgemauert. Die gestaltete Abdeckung und die kräftigen Platten der Inschriften sind aus Muschelkalk, ebenso wie der kleine Sarkophag, der das Monument krönt. Er steht auf Steinkugeln und hat an der Frontseite ein großes Eisernes Kreuz als Relief im Kreis.

SH Wyk oben web


Die sehr kunstvolle Inschrift in Zeilenbändern lautet:

1914    1918
Ihren im Weltkriege gefallenen Söhnen in Dankbarkeit gew[idmet].
Die Kirchengemeinde St. Nikolai

Nachträglich dazugesetzt, jeweils unter den Schmuckelementen aus Ringen, sechszackigem Stern und Blume, die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs:

1939    1945

Vermutlich sind zu der Zeit auch erst die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs aufgenommen worden.

 

SH Wyk Gebruder web


Darunter werden in Schriftbändern die Namen der 100 toten Soldaten des 1. Weltkriegs geordnet nach ihren Heimatorten Wyk, Boldixum und Wrixum, aufgezählt – in Serifenschrift, phantasievoll abgekürzt, mit Lückenpunkten verziert, verspielt dekoriert und kunstvoll geordnet. Der Name des Hauptortes Wyk wird flankiert von zwei Eisernen Kreuzen im Kreis.

 

SH Wyk Sockel web


Drei Brüderpaare sind unter der Überschrift »Gebrüder« extra hervorgehoben, die zwei Wyker Brüderpaare haben noch eine Zierbalken aus Blumenreliefs erhalten.

 

SH Wyk Namenstafeln web


In den Felssteinmauern, die nachträglich angesetzt wurden, sind jeweils vier konturierte Muschelkalktafeln eingelassen für die 260 Namen der toten Soldaten aus dem 2. Weltkrieg. In ähnlicher, aber kräftigerer Schrift sind die Namen jeweils in zwei Spalten wieder nach den Heimatorten geordnet. Diesmal wurden sie aber innerhalb der Orte alphabetisch geordnet, der Nachname wurde vorangestellt. Nach- und Vornamen wurden durch Punkte getrennt.

 

     SH Wyk Stele links web


Die Stelen haben jeweils ein konturiertes Eisernes Kreuz mit extrem langezogenem unteren Arm über den Großteil ihrer Fläche. Über den Seitenarmen steht im Schriftband jeweils eine Inschrift. An der linken Seite:

Im Kampf und Not
für uns in den Tod

Im runden oberen Abschluss ist hier das Friesenwappen dargestellt.

Krone, Grütztopf und ein halber Adler
[Das friesische Wappen] entspricht nicht den heraldischen Regeln. Ein altes Wappen für ganz Nordfriesland gab es nicht, da nie eine geschlossene politische Einheit bestand. Es gibt Hinweise, dass dieses Wappen aus dem Umkreis des Pastors und friesischen Vordenkers Christian Feddersen (1786-1874) stammt, der bei seinen Landsleuten intensiv für die Erhaltung und Weiterentwicklung einer friesischen Identität warb. Er sprach sich dabei nachdrücklich gegen nationalen Hochmut aus. Die Liebe zum eigenen Volk müsse, so forderte er, stets mit Liebe zu allen Menschen einhergehen.

Der im Wappen enthaltene halbe Adler bezieht sich angeblich auf die von deutschen Kaisern verbürgten Freiheiten der Friesen. Die Krone steht, so heißt es, für den dänischen König. Dem von ihm regierten Gesamtstaat gehörten die nordfriesischen Gebiete bis 1864 an. Der Grütztopf bildet ein Symbol der Brüderlichkeit, für die Christian Feddersen eintrat, der in einer sich seinerzeit entfaltenden internationalen Friedensbewegung mitwirkte.

Zitiert von www.nordfriesland.de

 

     SH Wyk Stele rechts web


Die Inschrift auf der rechten Stele:

Ihr Opfer die Saat
für künftige Tat

Es geht bei dieser Aussage wahrlich nicht um die Ehrung der toten Soldaten oder die Trauer um sie. Es war der Gedanke an Rache und Revanche, der oberste Priorität hatte: Das Sterben darf nicht umsonst gewesen sein.

Im runden oberen Abschluss ist hier das Landeswappen Schleswig-Holsteins dagestellt.

Lange bevor Schleswig-Holstein Teil der Bundesrepublik wurde, entstand sein Wappen. Es ist gespalten und vereint so die Symbole der beiden ehemaligen Herzogtümer Schleswig und Holstein: im linken Feld zwei übereinander schreitende Löwen, im rechten Feld ein Nesselblatt.

Die Löwen sind die Wappentiere des dänischen Königs. Sie zeigten die Lehnsabhängigkeit des Herzogtums Schleswig vom dänischen Königreich. Noch heute zieren drei königliche Löwen das Staatswappen unseres nördlichen Nachbarn. Allerdings durfte Schleswig als eine Herrschaft des dänischen Königs nur zwei der majestätischen Symboltiere führen – die drei Löwen blieben dem König vorbehalten.

Im rechten Feld das Wappen der Schauenburger Territorialherren, es wird als holsteinisches Nesselblatt bezeichnet. Es ist ein altes Symbol, das von den Grafen von Schauenburg und Holstein übernommen wurde. Graf Adolf IV., der Mönch wurde und eine Pilgerfahrt nach Rom durchführte, führte die drei Nägel in den Ecken des Nesselblattes zur Erinnerung an die Kreuzigung Jesu Christi ein.

 

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Die Rückseite des Kriegerdenkmals von der Straße nach Nieblum aus gesehen.

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... für künftige Saat

Im Kampf und Not für uns in den Tod
Ihr Opfer die Saat
für künftige Tat

Dieser revanchistische Spruch wurde auf den Stelen auf dem Friedhof von St. Nicolai verewigt und so ist er 1921 in ein Bild übersetzt worden, das den Kriegswitwen und -waisen Spendengeld einbringen sollte:

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Rückseite:

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Diese Gutscheine wurden vom Verlag der Wochenzeitung »Hamburger Warte« verkauft. Am 14. Dezember 1918 erschien die erste Ausgabe der »Hamburger Warte«, eine »politische Kampfschrift« gegen Marxismus und Judentum. Herausgeber war Friedrich Carl Holtz (1882 - 1939), ein deutscher, nationalistischer und antisemitischer politischer Schriftsteller und Verleger.

Holtz war zunächst als Beamter im hamburgischen Staatsdienst tätig, schied aber per 31. Dezember 1913 wegen des Vorwurfs der Unterschlagung aus. Nachdem er als Freiwilliger bereits 1900/1901 in Tientsin am Chinafeldzug teilgenommen hatte und kriegsuntauglich zurückgekehrt war, meldete er sich zu Beginn des 1. Weltkrieges erneut freiwillig an die Front. Ende 1918 kehrte er in seine Heimatstadt Hamburg zurück. In seiner Zeitung »Hamburger Warte« wandte er sich u.a. im März 1919 in einer Sonderausgabe mit einer Anklageschrift gegen den »Diktator Heinrich Laufenberg« als Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrates. 1922 erfolgte auf der Grundlage des Republikschutzgesetzes wegen eines Hetzartikels zum Rathenau-Mord das Verbot der Hamburger Warte. Holtz wich daraufhin nach München aus und gab dort den »Fridericus« als neue zentrumsfeindliche, antipazifistische und antisemitische Wochenzeitung heraus. Daneben gründete er in Berlin »Die Fackel« als zweite »vaterländische Wochenschrift«. 1929 war er in Hamburg beteiligt an der Gründung der Gewerkschaft Deutsche Hilfe, »damit den Gewerkschaften der Roten die Spitze geboten werde«. Holtz blieb seiner deutschvölkischen und antisemitischen Tradition verbunden und begrüßte mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten das »neue Deutschland«.

nach Wikipedia, abgerufen am 15. 12. 2017

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Die Geschichte des Denkmals

Die »Föhrer Zeitung« veröffentlicht schon im Oktober 1914 die »Dringende Bitte an unsere Leser: Für Mitteilung verbürgter Nachrichten über Föhrer Söhne, die im Felde stehen, sind wir sehr dankbar und bitten dringend darum. Diese Nachrichten haben nicht nur auf der Insel ein allgemeines Interesse, sondern auch bei unseren Kriegern, denen die ›Föhrer Zeitung‹ regelmäßig zugesandt wird.«

• Quelle: https://www.shz.de/10354986 ©2018

 

SH Wyk Zeitung web

 

Im Kirchenregister St. Nicolai vermerkt Pastor Friedrich Höber (1870-1942) für 1915: »Am Sonntag den 31. Oktober wurde die Gedächtnisrede gehalten über den Arbeiter Siegfried Cornelius Carstensen von Wyk. Geboren am 31. Juli 1887 in Gotteskoog als ehelicher Sohn des Siegfried Carstensen und der Ulrike Carstensen. Seit dem 19. November 1909 war er verheiratet mit Elise Petrine geb. Schnoor von Dagebüll. Er gehörte dem 230. Reserve-Infanterie-Regiment an, kämpfte im Osten und fiel am 23. Juli 1915.«

• Quelle: https://www.shz.de/10354986 ©2018

Im Jahr 1919 wurde der Entschluss gefasst ein Denkmal für die toten Soldaten auf dem Friedhof von St. Nicolai zu errichten. Wie sollte man es finanzieren?

Pastor Höber dachte an die vielen Föhringer, die nach Amerika ausgewandert und sicher bereit waren, für ein Denkmal in der Heimat zu spenden. Er ging systematisch vor.

Liste der angeschriebenen Auswanderer

 

Es gibt wohl keine alteingesessene Familie auf Föhr, von der nicht mindestens einer in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert ist. Ende des 19. Jahrhunderts sind 2.500 Föhringer ausgewandert, die Hälfte der Inselbewohner.
Vor allem drei Dinge haben Menschen veranlasst, ihre Heimat zu verlassen: Hunger, Krieg und Naturkatastrophen. Wenn das Einkommen nicht reichte, fuhren viele Männer zur See. Als die Zeit des Walfangs Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Zenit überschritten hatte, gab es kaum noch Arbeit auf Föhr – umso mehr in Amerika.

Lesen Sie weiter auf Geschichte Schleswig-Holstein

 

Und bald trudelten die Zusagen für Spenden ein für ein Denkmal »zur Ehre der im Kriege gefallenen tapferen Söhne der St. Nicolai-Gemeinde«, den »lost heros«.

SH Wyk Brief 1921 web

Man macht sich Gedanken um die Zustände in der alten Heimat: »Wo das noch hinaus will mit den eingetretenen Verhaeltnissen in Deutschland, das kann wohl kein Mensch ergruenden. [...] Sieht es auch augenblicklich dunkel und truebe aus fuer das arme geplagte deutsche Volk, so sitzt doch Gott noch immer im Regimente und fuehret alles wohl. Wenn nur das deutsche Volk sich seinem Gott wieder zuwenden wollte!«

Spendenzusagen aus USA


Auch die Gemeindevertretung und die Stadtverordneten-Versammlung avisierten Zuschüsse.

Bewilligungen


Ab Oktober 1919 beginnt dann die Planung. Mit Beratung, Anfertigung von Zeichnungen und Bauleitung werden die Architekten Dipl. Ing G. Widmann u. M. Schlichting aus Flensburg beauftragt.

Widmann u. Schlichting


Ab Januar 1923 wird dann mit der Steinmetz- und Bildhauerfirma Diederichsen & Neumann aus Flensburg verhandelt. Die Rechnung für die Arbeiten fällt in die Zeit der Hyperinflation.

Die Inflation / Lebendiges Museum online


Die Firma schreibt: »Um unseren Betrieb vor vollständigem Verfall zu schützen, sind wir gezwungen, unsere Rechnungen in G.M. [Goldmark] auszustellen. 4,20 G.M. gleich 1 Dollar. Wenn irgend möglich, bitten wir in Festwährung zu zahlen.«

Diederichsen & Neumann

 

SH Wyk Gedicht web


Veröffentlicht am 15. Februar 1928 – 10 Jahre nach Ende des 1. Weltkriegs. Ein Ausdruck des damals durchaus üblichen Revanchismus nach dem »Schandvertrag« von Versailles.

Revanchismus bezeichnet eine politische Einstellung, die die gewaltsame Rache (frz. revanche) für militärische und politische Niederlagen oder die Annullierung von Friedensbedingungen oder -verträgen zum Ziel hat.

 

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Die Geschichte der Erweiterung

Um für die Erweiterung des Denkmals nach dem 2. Weltkrieg Spenden einzuwerben, wurde ein Plakat herausgegeben. Darauf konnte man die geplante Erweiterung als Skizze sehen.

SH Wyk Skizze 2WK web


Dann folgte ein langer Text, um die Spendenfreudigkeit anzuregen und die Listen der toten Soldaten beider Weltkriege, wobei auch zur Vervollständigung der Liste vom 2. Weltkrieg aufgerufen wurde.

»Seht, liebe Landsleute, auf diesem Blatt blicken nun noch einmal alle Namen derjenigen auf, die für uns in den Tod gegangen sind [...] Wir haben den Kriegstoten des ersten Weltkrieges – soweit sie aus unserer Gemeinde stammen – ein Ehrenmal auf dem alten Gottesacker gesetzt. Ihre Namen sind uns heilig geblieben bis auf den heutigen Tag. Aber der noch viel härtere zweite Weltkrieg hat diese Namensliste um ein Vielfaches verlängert. Und so stehen wir vor der Pflicht, auch dieser Toten zu gedenken und ihnen ein Mal zu setzen, damit nach uns kommende Geschlechter allezeit in Ehrfurcht sich davor neigen und des großen Opfers inne werden, das diese Männer für uns und für sie gebracht haben. Sie starben, damit wir und unsere Nachkommen leben konnten!«

Starke Worte für einen deutschen Angriffskrieg und die Taten von Teilen der deutschen Wehrmacht.

Spendenaufruf


Die Listen »für die Schaffung einer Heldengedenkstätte für die Gefallenen des Weltkrieges 1914-1918 und 1939-1945 füllten sich. Wir zeigen hier nur die 1. Seite aus dem Bezirk Nr. 2 / Hafenstrasse und Friedr. Christiansenstrasse.

Spendenliste


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Volkstrauertage

 

SH Wyk 17 11 1974


Am 17. November 1974: Schützen und andere Uniformträger mit ihren Fahnen

 

SH Wyk 11 1988 1

 

SH Wyk 11 1988 2


Zahlreiche Kränze im November 1988


Wir danken herzlich den Mitarbeitern der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr für die Hilfe und die Bereitstellung der Dokumente und Fotos.

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Friedrich Christiansen

Wenige Meter vom Kriegerdenkmal entfernt befindet sich die Grabstätte der Familie von Friedrich Christiansen, er selbst ist allerdings in Aukrug beerdigt.

Friedrich Christiansen, geboren am 12. Dezember 1879 in Wyk auf Föhr, gestorben am 3. Dezember 1972 in Aukrug, war ein deutscher Offizier, zuletzt General der Flieger sowie Wehrmachtbefehlshaber in den besetzten Niederlanden. Nach Kriegsende wurde er dort als Kriegsverbrecher zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Christiansen stammte aus einer alten Seefahrerfamilie und wurde zunächst Handelsschiffkapitän. Zu Beginn des 1. Weltkriegs wurde Christiansen zur Marine einberufen. 1915 versetzte man Christiansen als Seeflieger an die belgische Küste. Ab 1917 fungierte Christiansen als Staffelführer innerhalb der Seeflugstation in Zeebrugge. Dabei gelang ihm am 11. Dezember 1917 der Abschuss des britischen Luftschiffs C 27. Daraufhin verlieh ihm Kaiser Wilhelm II. nach insgesamt 440 Feindflügen am 11. Dezember 1917 den Pour le Mérite, den Christiansen dann im Großen Hauptquartier aus der Hand des Kaisers ausgehändigt bekam. Er war somit der erste Reserveoffizier der Marine, der die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung erhielt. Den Krieg beendete er mit 21 bestätigten Luftsiegen.

 

SH Wyk Christiansen web

• Die Gebrüder Christiansen sagen am 14.10.1923 per Telegramm an Pastor Friedrich Höber ihr Kommen zur Enthüllung des »heimatlichen Ehrenmals« ab.

Seine Auszeichnungen führten dazu, dass er von 1933 bis 1937 als Ministerialrat ins Reichsluftfahrtministerium berufen und 1936 zum Generalmajor befördert wurde. Im selben Jahr wurde er zum Kommandanten bzw. Inspekteur aller Fliegerschulen ernannt. 1937 wurde Christiansen, der Mitglied der NSDAP war, Korpsführer des NS-Fliegerkorps und zum Generalleutnant befördert. 1939 wurde er – auf dem Höhepunkt seiner militärischen Karriere – zum General der Flieger ernannt.

Während des 2. Weltkriegs nach dem Westfeldzug war Christiansen von 1940 bis 1945 Wehrmachtbefehlshaber in den von Deutschland besetzten Niederlanden.

SH Wyk General Friedrich Christiansen commander in chief of the Nazi German forces in the Netherlands

• General der Flieger Friedrich Christiansen (dritter von links) in Den Haag, hochrangige deutsche Offiziere begleiten ihn. General Christiansen war Oberbefehlshaber der Wehrmacht in den Niederlanden für die gesamte Dauer des 2. Weltkriegs.

Nach dem Krieg wurde Christiansen verhaftet und vom Sondergericht im niederländischen Arnheim in der Strafsache Putten am 12. August 1948 zu zwölf Jahren Haft verurteilt: Er hatte nach Anschlägen auf die Wehrmacht am 2. Oktober 1944 befohlen, das niederländische Dorf Putten niederzubrennen und alle Männer des Dorfes im wehrfähigen Alter in das Lager Amersfoort und von dort in das Konzentrationslager Neuengamme zu deportieren. Daraufhin wurden 661 Männer aus Putten am 18. Oktober 1944 in dem KZ interniert und viele von ihnen in den darauffolgenden Wochen in verschiedene Außenlager transportiert. Nur 49 von ihnen überlebten. Die größte Gruppe der Männer aus Putten litt und starb in den Außenlagern Husum-Schwesing und Ladelund in Nordfriesland. Allein im KZ Ladelund starben 111 Männer aus Putten. Im Dezember 1951 wurde Christiansen vorzeitig entlassen und nach Deutschland abgeschoben.

Der Stadtrat seiner Heimatstadt Wyk nahm seine Freilassung im Jahre 1951 zum Anlass, die ihm 1932 verliehene Ehrenbürgerschaft zu erneuern und eine Straße, die bereits früher seinen Namen getragen hatte, wieder nach ihm zu benennen. Dies wurde in den Niederlanden und in Dänemark mit Empörung aufgenommen.

Im Mai 1980 erhielt die »Friedrich-Christiansen-Straße« ihren alten Namen »Große Straße« nach einer mehrmonatigen, in der Stadt Wyk umstrittenen Diskussion zurück. Die Ehrenbürgerschaft wurde ihm nicht aberkannt, da sie mit seinem Tode erloschen war. Im März 2016 entschied der Gemeinderat von Aukrug, Christiansen die 1933 verliehene Ehrenbürgerschaft wegen seiner Teilnahme an Kriegsverbrechen symbolisch mit einem protokollierten Beschluss abzuerkennen.

nach Wikipedia, abgerufen am 12. Mai 2018

 

General Christiansen machte von der Möglichkeit, Gnadenrecht anzuwenden, keinen Gebrauch. Dies belegen Unterlagen des »Niederländischen Staatlichen Instituts für Kriegsdokumente«. So trägt ein Bittgesuch des beinamputierten Aleid van der Hal den handschriftlichen Vermerk Christiansens »Jud ist Jud, ob mit oder ohne Beine.« Van der Hal starb am 11. Juni 1943 im Vernichtungslager Sobibor. [...]

Als [1979] der Tagesordnungspunkt – Tilgung des Straßennamens Christiansen – aufgerufen wird, wiederholt Bürgermeister Peter Schlotfeldt noch einmal eindringlich die Vorwürfe gegen Christiansen, belegt sie Punkt für Punkt, zitiert die antisemitischen Randnotizen. Doch ohne ein Wort der Begründung, ohne den Versuch einer Rechtfertigung lehnen die Vertreter von CDU, FDP und Kommunaler Wählergemeinschaft den Antrag der Sozialdemokraten ab. [...]

Am folgenden Tag begründen die Nein-Sager in einer kleinen Pressekonferenz ihr Wahlverhalten. Was sie da schriftlich niedergelegt haben und mündlich erläutern, gerät zu einer Ehrenerklärung für Christiansen: »Hat sich Christiansen durch seine Heimatliebe und Heimatverbundenheit, die sich in vielen Taten zugunsten der Föhrer auswirkte, in das Bewußtsein der hiesigen Bevölkerung eingeprägt.« Und weiter: »Danach überwiegen für uns eindeutig die Verdienste und positiven menschlichen Züge.« [...]

In ihrem Weltbild von gestern ist auch heute, 35 Jahre später, nur Platz für das Idol ihrer Jugend, den strahlenden Fliegergeneral, nicht aber für den General, der schuldig wurde.

• zitiert aus dem Artikel »Die Wyker und ihr General« von Jörg Reckmann

»Die Zeit« 1980 aktualisiert 2012

 

Friedrich Christiansen – Vom Friesenjungen auf Föhr zum Wehrmachtsbefehlshaber und NS-Täter in den Niederlanden und gefeiertem Ehrenbürger in Schleswig-Holstein

Essay von Klaus Bästlein in Demokratische Geschichte, Band 27


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Die Familie Heymann

Die Historikerin Dr. Karin de la Roi-Frey hat den Schicksalen der toten Soldaten von 1914 bis 1918 nachgespürt, deren Namen auf dem Kriegerdenkmal des Boldixumer Friedhofs stehen. In einer Serie erinnerte sie im »Inselboten« jeweils zum 100. Todestag der Soldaten an ihr Schicksal. Als Beispiel zitieren wir hier aus dem Bericht vom 28. September 2014

SH Wyk zu Fam Heymann web


Doppelter Schicksalsschlag für die Familie Heymann

In der Familie von John Heymann (1854-1943) und seiner Frau Mine geb. Okkens (1863-1911) findet wenige Tage nach dem Ausbruch des 1. Weltkriegs eine doppelte Kriegs- also eine Ferntrauung statt. Tochter Caroline Heymann (1885-1966) heiratet den aus Königswinter am Rhein stammenden und nun bereits in Metz/Frankreich stationierten Rechtsanwalt Heinrich Tross. Ihre Schwester Hanne (1892-1974) wird am gleichen Tag die Frau von Dr. John Jensen aus Oevenum, der sich beim Infanterie-Regiment »Königin« in Flensburg befindet.

Die beiden Männer gehören zu den ersten, die eingezogen werden und am Frankreichfeldzug teilnehmen. Nur wenige Wochen nach der doppelten Heiratsanzeige steht am 28. September 1914 die doppelte Todesanzeige von John Jensen und Heinrich Tross in der Zeitung. Sie sind beide im selben Monat in Frankreich gefallen. John Jensen aus der Buurnstrat 1 ist laut Oevenumer Ortschronik der erste Gefallene des Dorfes im 1. Weltkrieg.

Caroline Tross wird nicht wieder heiraten. Ihre Schwester Hanne wird später Bruno Berndt (1877-1940) ehelichen. Nach den Erinnerungen von Sophie Martens geb. Friedrichsen (1911-2012) gehört ihm zusammen mit seinem Bruder Carl Berndt (1876-1934) das Wyker Elektrizitätswerk. Hanne und Bruno Berndt leben am Wyker Südstrand im wegen seines gelben Anstrichs sogenannten »Zitronenhaus« in der Gmelinstraße gegenüber dem »Schloss am Meer«. Später verkauft Hanne Berndt, an die sich viele Insulaner noch gut erinnern, das Haus und wohnt fortan mit ihrer verwitweten Schwester Caroline, genannt Lite, und ihrem Zwillingsbruder John (1892-1962) in der Boldixumer Straße, dort, wo sich heute der Modemarkt befindet.

Und was geschieht auf Föhr?

Es wird dringend darum gebeten, für die Männer an der Front Zigarren, Zigaretten und Tabak zu spenden, an »denen unsere Truppen gegenwärtig einen ausgesprochenen Mangel leiden.«

Die bereits vor einiger Zeit von der Firma Heymann angekauften Kohlen können auf Anweisung der Militärbehörde nur teilweise ausgeliefert werden.

Dr. Carl Häberlin (1870-1954) versieht seit der Mobilmachung und seiner Meldung am Gestellungsort Ravensburg den Dienst als Stabsarzt in einem Kriegslazarett in Breisach, von wo er der »Föhrer Zeitung« einen ausführlichen Bericht schickt.

Quelle: https://www.shz.de/7791891 ©2018


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Die Kriegsgräber

Der zentrale Gedenkstein für die Kriegsgräberfelder auf dem Friedhof steht am Rand des Feldes zum 2. Weltkrieg. Die Spitze des Steins ist wie das Symbol eines Hauses, einer Heimstatt, gearbeitet. Darunter sehen wir das Christusmonogramm, es ragt in das Haus hinein. Das Monogramm besteht aus den beiden übereinander geschriebenen griechischen Buchstaben Χ und Ρ. Nach dem Kreuz und dem Fisch ist es das am häufigsten verwendete Symbol für Jesus Christus. Seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. wird es von Christen verwendet, z.B. ist das Symbol die häufigste Grabinschrift in den Katakomben von Rom.

Das früheste christliche Emblem – noch vor dem Kreuz – ist die Abkürzung des Titels »Christus«. Die Ähnlichkeit der griechischen Buchstaben Χ (Chi) und Ρ (Rho) mit den lateinischen Buchstaben X und P veranlasste in späterer Zeit die Interpretation des Symbols als Kurzform des lateinischen Pax (Frieden) oder Pax Christi.

SH Wyk Friedensstele web

Die Text unter dem Christusmonogramm wird den Begrabenen in den Mund gelegt, er lautet:

UNSER OPFER
IST EURE VER-
PFLICHTUNG:
FRIEDEN

In der Nähe der Friedhofskapelle der St. Nicolai-Kirche befinden sich 62 Kriegsgräber aus der Zeit des 2. Weltkrieges bzw. 47 davon aus der Nachkriegszeit. Diese 47 Männer sind im Reservelazarett Wyk gestorben.

Die meisten Steine der Kriegsgräber sind mit dem Eisernen Kreuz über dem Namen gekennzeichnet. Einige jedoch stattdessen mit einem Roten Kreuz: für zwei Frauen, die als Zivilpersonen bezeichnet werden bzw. für einen russischen Kriegsgefangenen und für zwei russische Männer, die als Hilfswillige bezeichnet werden – ein euphemistischer Ausdruck für Zwangsarbeiter?

Nördlich der Kirche befinden sich 14 Flüchtlingsgräber. Diese Menschen, vier davon waren kleine Kinder, sind zwischen dem 8. März 1945 und dem 8. April 1946 gestorben. Nach dem Kriegsgräbergesetz werden im Inland liegende Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie auch Soldatengräber öffentlich finanziert und gepflegt. Laut Absatz 6  gehören Vertriebene nach § 1 des Bundesvertriebenengesetzes, die in der Zeit seit 1. September 1939 während der Umsiedlung bis 8. Mai 1945 oder während der Vertreibung oder der Flucht bis 31. März 1952 gestorben sind, dazu.

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I N H A L T

Das Denkmal
Volkstrauertag 2019
Krieg, Kreuz, Kranz
Historische Fotos
Der Obelisk

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Zarpen, Kreis Stormarn

Auf dem Kirchhof

Die Dorfkirche steht auf einer Anhöhe, umgeben von großzügigen Rasenflächen. Wenn man auf das Kriegerdenkmal zu geht, ist die Kirche immer der Hintergrund. Die Anlage ist den toten Soldaten beider Weltkriege aus dem Kirchspiel Zarpen gewidmet.

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Zwei große, rund beschnittene Eibenbüsche stehen »Ehrenwache« am Anfang der Treppe. Vier Steinstufen führen hinauf zum Denkmalsplatz.

 

SH Zarpen WKs Denkmal nah web


Eine niedrige, massive Bruchsteinmauer umschließt die halbkreisförmige Sandfläche. Das Monument im Zentrum ist als Quadermauerwerk errichtet. Die hohe Stele steht auf einem breiten Sockel und hat einen würfelförmigen Aufsatz.

 

SH Zarpen WKs Spitze web


Der Abschlußwürfel mit gemauerten schmalen Decksteinen trägt als Symbol ein eingelassenes Relief aus Sandstein. Es zeigt ein christliches Kreuz mit einem Kreis aus dornigen Zweigen. Hier sind zwei Objekte zusammengefügt, die für das Leiden und Sterben Jesu Christi stehen: die Dornenkrone, die ihm aufgesetzt wurde, um ihn zu verspotten – »Du willst König der Juden sein, hier, hast du deine Königskrone« und das Kreuz, an dem er starb. Die bewusste Kombination der Symbolik mit Verweis auf den Opfertod Jesu und dem Zweck des Monuments, nämlich der Kriegerehrung, soll dem Soldatentod eine religiöse Weihe geben. Auch die toten Soldaten haben ihr Leben für ein höheres Ziel gegeben. Das relativiert die Tatsache, dass die Soldaten nicht nur Opfer, sondern vor allem Handelnde waren.

»Kriege, in denen planvoll getötet und grausam gestorben wird, fordern die Sinnstiftungsleistung des Kollektivs der Überlebenden auf ganz besondere Weise heraus«, schreibt die Historikerin Alexandra Kaiser. Und weiter: »... eine Sinnstiftung des Sterbens ist immer ›Sinnstiftung ex post‹, das heißt, sie dient den Bedürfnissen der Überlebenden; mit den Idealen und Zielen der Getöteten hat sie hingegen nicht notwendig etwas zu tun.«

 

SH Zarpen WKs Inschrift web2


Über dem Sockel ist in die Stele eine grau-rote Granittafel eingelassen. Im Hauptteil steht mittig gesetzt der Sinnspruch des Kriegerdenkmals:    

O Wanderer,
neig’ in Bescheidenheit
Dein Haupt
vor dem Tod
und der Tapferkeit.

»Dort, wo klassische Zitate verwendet werden, wird versucht, dem Kriegstod eine Überzeitlichkeit zu verleihen, ihn also zu einem Geschehen zu machen, das naturgemäß immer wiederkehren muss. Auf einem Findlingsdenkmal in Wandsbek findet sich die Inschrift ›Wanderer neige in Ehrfurcht dein Haupt vor dem Tod und der Tapferkeit.‹ Dieses Zitat ist angelehnt an eine Inschrift von Simonides von Keos auf einem Gedenkstein im antiken Sparta, die von Friedrich Schiller folgendermaßen aus dem Griechischen übersetzt wurde: ›Wanderer, kommst du nach Sparta, so verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.‹ Der Gedenkstein wurde nach der Ersten Schlacht bei den Thermopylen 480 v. Chr. während der Perserkriege errichtet. Die Schlacht ging aus Sicht der Griechen verloren, viele Spartaner starben, aber die Kämpfer sollen sich bis zum Letzten gewehrt haben und damit rücksichtslos ihrem Befehl gefolgt sein. Diese militärische Leistung wurde als Beispiel für den heldenhaften Opfertod im Laufe der Geschichte immer wieder herangezogen.«

Kerstin Klingel, Eichenkranz und Dornenkrone, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 2006, S. 96


Das Zitat vom Gedenkstein im antiken Sparta wird auf Kriegerdenkmälern in vielen Varianten verwendet: in Zarpen ist aus der ›Ehrfurcht‹ die ›Bescheidenheit‹ geworden.


Unter dem Spruch ist die restliche Fläche gedrittelt für hervorgehobene Namen von toten Soldaten aus drei Dörfern des Kirchspiels: zwei aus Zarpen, einer aus Badendorf und zwei weitere aus Rehhorst. Die Hervorhebungen werden nicht erklärt.

 

SH Zarpen WKs Kirchspiel web


In die unterste Steinschicht der Stele sind Ziffern eingeritzt, wir lesen:

19    1920

Ist die ›14‹ auf dem zweiten Stein ausgemerzt worden, wenn ja: warum? Das Kriegsende wird mit 1920 angegeben, sind nach Kriegsende noch Soldaten ihren Verletzungen erlegen oder sind hier aufgeführte Soldaten Mitglieder der marodierenden Freikorps gewesen, die nach Ende des 1. Weltkriegs noch weiter kämpften? Wir wissen es nicht.


Auf dem oberen, zentralen Sockelstein steht in Schreibschrift:

Kirchspiel Zarpen

als Überschrift für die folgenden Namenslisten, die nach den Gemeinden im Kirchspiel geordnet sind.


SH Zarpen WKs Namen web2


Auf zwei ebenso grau-roten, eingelassenen Granittafeln sind die Namen der toten Soldaten des 1. Weltkriegs aufgezählt, abgeteilt nach Heimatorten. Die Vornamen als Initial und die Nachnamen, jeweils in einer Zeile, werden genannt, weitere Angaben werden nicht gemacht, ein Ordnungsprinzip ist nicht zu erkennen. Die Heimatorte sind: Zarpen (38 Soldaten + 2 auf der oberen Tafel), Badendorf (20 + 1), Dahmsdorf (5), Heilshoop (25), Niendorf (5), Mönkhagen (3), Pöhls (5), Ratzbek (8), Rehhorst 12 + 2) und Willendorf (3).

 

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Vor dem Monument liegen zwei Steinplatten. Als Kissenstein, direkt am Denkmal schräg aufgestellt, die Jahreszahlen des 2. Weltkriegs:

1939 – 1945

 

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Noch davor als Bodenplatte die Jahreszahlen des 1. Weltkriegs, diesmal in der üblichen Nennung. Sie wurde am Volkstrauertag 2019 verlegt, anlässlich der Erinnerung an das Kriegsende vor 100 Jahren. Engagierte Zarpener haben die Bodenplatte bezahlt, um die unbefriedigende Jahreszahlenangabe auf dem Monument richtigzustellen.

1914 – 1918

 

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Hier ein Blick auf den Sandplatz, die halbrunde Bruchsteinmauer fängt die Hanglage auf und dient als Hintergrund für die neun Erinnerungssteine der Gemeinden zum 2. Weltkrieg. Niendorf ist hier nicht mehr vertreten.

 

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Fünf Steine auf der linken Seite ...

 

SH Zarpen WKs rechts web


... vier auf der rechten Seite.

 

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Wir zeigen zwei Steine als Beispiele: Darauf steht jeweils nur der Name der Gemeinde, hier:

Gemeinde
Badendorf

Ohne weiteres militärische Zeichen, z.B. ein Eisernes Kreuz, könnte die reine Namensnennung der Gemeinden auch die zivilen Kriegstoten, sogar die toten Zwangsarbeiter, »Euthanasieopfer« und alle anderen Opfer des Nationalsozialistischen Terrors während des Weltkriegs einschließen. Da sind wir wieder in dem grundsätzlichen Dilemma: Darf man an einem üblichen »Ehrenmal« für potentielle Täter auch deren Opfer gedenken? Ja, tote Soldaten sind potentielle Täter, sie sind dafür ausgebildet worden zu töten.

Wolfgang Froese, der Stadtarchivar von Gernsbach sagt dazu: »Das sind natürlich Erinnerungen an Menschen, die man lieb hat. [...] Da fällt es schwer zuzugestehen, dass jemand, um den man trauert, einerseits Opfer war – auf jeden Fall Opfer – und auf der anderen Seite auch Teil eines verbrecherischen Regimes war, ob er nun wollte oder nicht. Aber es ist eine Frage der historischen Ehrlichkeit, dass wir uns solchen Fragen stellen.«


Noch ein Hinweis zur richtigen Einordnung unseres Gedankenspiels: hier das Denkmal für die toten Soldaten beider Weltkriege in Badendorf selber:

SH Zarpen Badendorf Denkmal web


SIE GABEN IHR LEBEN FÜR UNS

steht dort über dem militärischen Ehrenzeichen ›Eisernes Kreuz‹. Das wird auf Kriegerdenkmälern den toten Soldaten posthum verliehen. Der Tod im Krieg wird als Beweis für die »Vaterlandstreue« und die Tapferkeit der Soldaten gewertet, darum wird der Orden hier kollektiv verliehen. Ein Soldat, der lebend oder lebend invalide zurückgekommen ist, erhält ihn nicht.

Wieder werden die 21 tote Soldaten im 1. Weltkrieg genannt und dazu 18 tote Soldaten der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg.


Auch die Schleifen an den Kränzen vom Volkstrauertag verraten, wem hier gedacht werden soll.

 

SH Zarpen Stein Zarpen web


... und hier noch der Stein der Gemeinde Zarpen.

 

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Das Foto zeigt die exponierte Lage des Monuments. Die Hauptstraße führt auf die Kirche zu und teilt sich vor der Denkmalsanlage.


Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei dieser Denkmalsanlage an der Kirche von Zarpen ausschließlich um die Toten der Heimat geht. Ausschließlich geht es um die eigenen toten Soldaten, es gibt keine kritische Reflektion über die Kriegsursachen und die deutsche Schuld, die Opfer des Nationalsozialismus werden nicht benannt.

 

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Krieg, Kreuz, Kranz

1914 begann der 1. Weltkrieg – er dauerte vier Jahre. Die christlichen Kirchen, insbesondere die protestantischen mit ihrer engen Anbindung an Kaiser und Reich – der Kaiser war bis 1918 der oberste Repräsentant der Evangelischen Kirche im Deutschen Reich – förderten fast vorbehaltlos die Begeisterung für den Krieg.

Es folgen Postkartenexponate und Textzeilen der Wanderausstellung der Ev. Akademie der Nordkirche »Gott mit uns. Kirchliche und religiöse Propaganda für Krieg und Vaterland«:

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»Gott wird zum ›Schlachtenlenker‹.«

 

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»Kaiser und Armee führen den Krieg in göttlichem Auftrag. Das deutsche Volk ist von Gott erwählt.«

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»Christus wird eins mit den kämpfenden Soldaten, ...

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... diese werden ihm gleich im Opfer ihres eigenen Lebens.«

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Im Jahr 2021 kann man sich das Kreuzsymbol mit der Dornenkrone für knapp 20 Euro auf die Wohnzimmerwand applizieren. Über Geschmack läßt sich nicht streiten.


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Volkstrauertag 2019

Im Anschluss an den Gottesdienst in der Kirche wurde neben der Kranzniederlegung die neue Bodenplatte mit den Jahreszahlen des 1. Weltkriegs eingeweiht.

 

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An jedem Gemeindestein wurde ein Gesteck, auf dem Kiesplatz vier Kränze und ein Gesteck niedergelegt. Im warmen Winter waren die Blüten schnell verwelkt.

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Die Wehren des Kirchspiels Zarpen widmen ihren Kranz »Unseren gefallenen, vermißten und verstorbenen Kameraden«.

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Mit Schleife in den Farben von Schleswig-Holstein gedenkt die »Gemeinde des Kirchspiels Zarpen«, wohl die politische Gemeinde, »Unseren Gefallenen und Vermißten«.


Der Historiker Hartmut Häger schreibt in seiner Dissertation über den euphemistischen Ausdruck »Gefallener«, der die Grausamkeit des Krieges ausklammert: »An den geliebten Menschen möchte man sich nicht im Zustand seiner Hinfälligkeit erinnern, sondern ihn als kraftvollen Menschen im Gedächtnis bewahren. Das am häufigsten verwendete Wort ›Gefallener‹ (oder ›gefallen‹) schließt die Dimension des Kraftvollen in seine Definition ein. Die Vorstellung eines ritterlichen Turniers leuchtet auf. Nur ein Aufrechter kann zum Gefallenen werden.«

Es geht hier um die eigenen, um »unsere« Soldaten, und zwar ausschließlich um Soldaten, es gibt keine kritische Reflektion über die Kriegsursachen und die deutsche Schuld.

»Auf welchem dieser steinernen oder metallenen ›Ehrenmale‹ wurde beim Namen genannt, für wen oder was gestorben worden ist? Kein Wort von nationaler Machtpolitik, von Hegemonialstreben, nackten Besitzinteressen, Beutegier, Eroberungsgelüsten und Weltherrschaftsphantasien, für die Millionen von deutschen und fremden Soldaten umgekommen sind. Diese Motive werden ebenso wenig genannt wie die Namen derer, die in den beiden Weltkriegen aus dem Massensterben Profit geschlagen, Blut in Gold verwandelt und zu ihrem eigenen militärischen Ruhm gewissenlos ganze Armeen geopfert haben.«

Ralph Giordano, Die zweite Schuld


Die Kirchengemeinde Zarpen widmet ihr Gesteck »Den Toten beider Weltkriege«. Kranz drei und vier sind vom TSV Zarpen und vom Bürgerverein Zarpen.

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Historische Fotos

Die Denkmalsanlage ist in den Jahrzehnten ihres Bestehens gewachsen:

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1928: Das zentrale Monument wie wir es kennen, eine größere Treppe führt vom gepflegten Weg hinauf. Sind das womöglich schon die beiden Eiben in ihren jungen Jahren?

 

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1942: Mitten im 2. Weltkrieg ist noch keine Veränderung zu sehen.

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1961: Da ist es jetzt das Mäuerchen ...

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... und die Steine der einzelnen Gemeinden. Erstaunlicherweise gibt es nur den Kissenstein zum 2. Weltkrieg. Die Bodenplatte zum 1. Weltkrieg ist dann wohl später eingesetzt worden, die Zahlen auf der Stele sind aber auch wirklich verwirrend. 

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Ein Jägerzaun umschließt das Grundstück, die Eiben sind gewachsen.

 

SH Zarpen 1996 Burkhard von Hennigs StA 1 web

1996: Nicht viel passiert!


Quelle 1961/1996: Kreisarchiv Stormarn >internationale Lizenz 4.0


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Der Obelisk

Ein zweites Denkmal steht in Sichtweite auf Höhe der Kirche. Der reich verzierte Obelisk ist der Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1884 - 1851 und dem Deutsch-Französischen Krieg 1870 - 1871 gewidmet.

SH Zarpen beide web2


Ungewöhnlich, dass ein eher regionaler Konflikt, der ohne Folgen blieb, mit dem Deutsch-Französischen Krieg, der die Reichseinigung zur Folge hatte, auf einem Denkmal verquickt wird.

   

SH Zarpen Obelisk Widmung web


Die Inschrift lautet:

Die Zarpener Gemeinde
ihren
für das Vaterland
gefallenen Söhnen
aus den Kriegsjahren
1848_1851 und 1870_1871

 

SH Zarpen Obelisk Adler web

Der Reichsadler des Preußisch-Deutschen Kaiserreichs nach der Reichseinigung 1871 im Relief.

    

SH Zarpen Obelisk Jahreszahlen web2


Hier werden noch einmal die Kriegsjahre der Schleswig-Holsteinischen Erhebung genannt.


SH Zarpen Obelisk Wappen web


Aus der Krone fällt ein üppiger Vorhang um das Wappen: es zeigt links zwei Löwen für Schleswig-Flensburg und rechts das Nesselblatt für Holstein.


Die Schleswig-Holsteinische Erhebung entstand im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen 1848 als Konflikt zwischen den nationalistischen Strömungen in Dänemark und Deutschland. Die Schleswig-Holsteiner strebten die gemeinsame Loslösung der beiden Herzogtümer aus dem deutsch-dänischen Gesamtstaat und die Eingliederung beider in den Deutschen Bund an. Die dänischen Nationalisten wiederum strebten einen Nationalstaat an, zu dem nur das Herzogtum Schleswig gehören sollte.

Über diesem Konflikt kam es zu einem – mit Unterbrechungen – dreijährigen Krieg (1848 – 1851), bei dem die Schleswig-Holsteiner von den Staaten des Deutschen Bundes unterstützt und nach anfänglichen Erfolgen schlussendlich von der dänischen Seite besiegt wurden.

Dem britischen Premier Lord Palmerston (1784 bis 1865) zufolge war die Schleswig-Holstein-Frage so kompliziert, dass nur drei Menschen sich darin auskennen würden: Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl von Queen Victoria, der schon tot sei, ein Professor, der verrückt geworden sei, und er selbst, doch habe er alles wieder vergessen, sonst wäre er auch verrückt geworden.


Mehr auf Wikipedia

 

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.

Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ließ die Emser Depesche, mit der er darüber informiert worden war, dass König Wilhelm I. die französischen Forderungen abgelehnt hatte, in provokant verkürzter Form veröffentlichen. Dies erregte auf beiden Seiten nationalistische Empörung und veranlasste den französischen Kaiser Napoléon III. am 19. Juli 1870 zur Kriegserklärung an Preußen.

Von den großen Schlachten gingen im gesamten Kriegsverlauf alle für Frankreich verloren oder endeten im Patt. Trotzdem fand sich die französische Regierung erst im Februar 1871, nach dem Fall von Paris, zum Vorfrieden von Versailles bereit. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt, der hohe Reparationen sowie die Abtretung Elsaß-Lothringens durch Frankreich vorsah.

Nach dem Deutsch-Dänischen und dem Deutschen Krieg von 1864 und 1866 gilt der Konflikt mit Frankreich als dritter und letzter der deutschen Einigungskriege. Noch während seines Verlaufs traten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei, der sich mit Wirkung vom 1. Januar 1871 Deutsches Reich nannte. Der preußische König Wilhelm I. nahm den Titel »Deutscher Kaiser« an, Otto von Bismarck wurde erster Reichskanzler. In Frankreich hatte der Krieg nicht nur die endgültige Abschaffung der Monarchie zur Folge. Vor allem der Verlust Elsaß-Lothringens erzeugte einen dauerhaften, gegen Deutschland gerichteten Revanchismus. In Deutschland wiederum verfestigte sich die Vorstellung von der so genannten Erbfeindschaft gegenüber Frankreich. Beides belastete die deutsch-französischen Beziehungen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.

nach Wikipedia, abgerufen am 9. 12. 2017

Der Deutsch-Französische Krieg auf LeMO

 

SH Zarpen 1913 web


Wie auf der Postkarte aus dem Jahr 1913, ein Jahr vor Beginn des 1. Weltkriegs, zu sehen ist, spielte sich das Gedenken auf der Ostseite der Kirche ab: der Kaiser-Wilhelm-Gedenkstein und das Kriegerdenkmal zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung und zum Deutsch-Französischen Krieg sind hier zu sehen.

SH Zarpen VTT 2020 PW 2 webFoto: Pastor Wolffson

Am Volkstrauertag 2020 hat sich der Kranz mit der Schleife »Den Toten beider Weltkriege« der Kirchengemeinde hier hin verirrt.

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