veränderung

Kritik der Kriegsverklärung


I N H A L T

08  Beleuchtete Stelen
07 
Dekonstruktion des »Heldengedenkplatzes« in Lübeck-Schlutup
06 
»Geschichtsbild geradegerückt«
05 
Denkmal bei der St. Johanniskirche in Hamburg-Altona
04  Kirche contra Kriegserklärung
03  Kaltenkirchen: Das Nagelbild in der Michaeliskirche wird kommentiert
02  Den Aussagen der Kriegerdenkmäler etwas entgegensetzen
01  Flensburger Denkmalstreit

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08 Beleuchtete Stelen

Am Volkstrauertag 2018, 100 Jahre nach Ende des 1. Weltkriegs, wurde in Longuich / Rheinland-Pfalz die Erweiterung des »Kriegerehrenmals« eingeweiht.

Longuich web
Foto: Jelaine Schacht


An allen Tagen des Jahres sind nun die vier Wörter auf den Stelen vor dem Denkmal zu lesen:

ES
PASSIERT
JETZT
AUCH


Longuich Detail web


Durch eine besondere Lichttechnik leuchten die Stelen im Dunklen.


Die Inschriften zu den toten Soldaten beider Weltkriege auf dem steinernen Denkmal dahinter lauten:

»Wanderer der du vorüber gehst gedenke derer die starben für ihr Vaterland getreu ihrer Pflicht«

»1914 - 1918 / Sie opferten Zukunft und Jugendglück / Sie kehrten nie wieder zur Heimat zurück / Für uns!«

»1939 - 1945 / Sie gaben ihr alles, ihr Leben, ihr Blut / Sie gaben es hin mit heiligem Mut / Für uns!«


Seit 2011 hatte sich der Gemeinderat mit der Idee befasst, diese Botschaften zu kommentieren und das »Ehrenmal« zu erweitern. Beim Ideenwettbewerb an der Hochschule Trier für Kommunikationsdesign entstand der prämierte Entwurf, der dann umgesetzt wurde.

Die Zeitung »Volksfreund« schreibt über die Einweihungsrede von Bürgermeisterin Kathrin Schlöder: »Schlöder appellierte, nicht darin nachzulassen, ›das Recht auf Frieden und Freiheit für uns und für andere‹ einzufordern. Der Volkstrauertag sei nicht nur ein Tag des Gedenkens und ›des Engagements für ein gelingendes Miteinander in Europa und der Welt‹. Er sei auch ein Tag kritischer Reflektion – ›und damit der Immunisierung gegen billige Parolen, die Menschen anderer Herkunft, Religion oder Hautfarbe abwerten‹. Dauerhafter Friede brauche Offenheit und Beharrlichkeit. Denn ›das Mahnen für die Gegenwart und Zukunft‹ wachse aus der Erinnerung.«

Die Erweiterung des »Ehrenmals« hat etwa 15.000 Euro gekostet.

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07 Dekonstruktion des »Heldengedenkplatzes«

Die Installation auf der früheren Ehrenmalsanlagein Lübeck-Schlutup, in der Form wie wir sie heute sehen, wurde am 22. November 2009 mit einem ökumenischen Gottesdienst eingeweiht. Die seinerzeit dort tätige Pastorin Dr. Christina Kayales hatte damals ihre Idee mit dem Lübecker Bildhauer Claus Görtz umgesetzt.

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Die seit dem 2. Weltkrieg bestehende Form der Ehrenmalsanlage, der am Rand wie Gräber liegenden Namenssteine der im Krieg getöteten Schlutuper Soldaten und des »Heldengedenkplatzes« wurde weiterentwickelt, ohne die Namenstafeln verschwinden zu lassen.

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Dazu wurden die Namenstafeln der Toten, zumeist junge Männer zwischen 17-24 Jahre, das Chaos des Krieges symbolisierend kreuz und quer zu Füßen einer verzweifelten Frau / Mutter aufgetürmt.

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Ihr schmerzverzerrtes, verzweifeltes Gesicht verdeutlicht das Leid von Krieg. Pastorin Kayales beschreibt, wie wichtig es für die Schlutuper war, dass die Umgestaltung würdevoll ist und die toten Soldaten nicht entehrt werden. Den Schmerz einer Mutter, die Verzweiflung einer Witwe konnte jeder nachvollziehen. Ebenso die gewisse »Unordentlichkeit« der Namenstafeln, die das Chaos des Krieges symbolisieren. Die Schlutuper waren 2009 stolz auf ihre neue, zeitgemäße Interpretation des Kriegsgedenken.

Lesen Sie hier unsere komplette Dokumentation


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06 »Geschichtsbild geradegerückt«

An der Weggabelung Wulfsdorfer Weg / Am Scharberg steht in Wulfsdorf, einem Stadtteil von Ahrensburg, das Denkmal für die getöteten Soldaten des 1. Weltkrieges. Je ein Seitenflügel für die getöteten Soldaten des 2. Weltkrieges wurde dem ursprünglichen Denkmal 1949 angefügt.

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Auf dem linken Flügel des Denkmals steht auf einer eingelassenen Bronzetafel:

Den Beschützern der Heimat von 1939 – 1945 aus Dankbarkeit

Immer wieder kam Wulf Hilbert auf seinen Spaziergängen bei dem Denkmal vorbei, bis er 2017 seine Verärgerung nicht mehr tatenlos aushalten wollte. Zusammen mit den Mitgliedern des »Runden Tisch Ahrensburg« erreichte er eine zeitgemäße Ergänzung: »Gern hätte ich mir vor Ort eine direktere und ausführlichere Stellungnahme zur Bronzetafel gewünscht, aber der Kompromiss, den offiziellen Stellen der Stadt Ahrensburg nach 2 Jahren (!) abgerungen, ist besser als nichts. Nun ist übrigens zu beobachten, dass Spaziergänger wirklich stehen bleiben und sich Gedanken zu beiden Aussagen machen. Erfreulich.«

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Am Fuß des Denkmals wurden 2019 diese beiden Tafeln aufgestellt.

SH Wulfsdorf 2019 Tafeln web
Fotos: Wulf Hilbert


In einem Gastbeitrag im Heimat-Echo schrieb Wulf Hilbert:

»Den Beschützern der Heimat von 1939 – 1945 aus Dankbarkeit« steht auf einem in Bronze gegossenen Schild am Kriegerdenkmal Wulfsdorfer Weg / Am Scharberg, unweit der U-Bahnunterführung. 16 Wulfsdorfer Soldaten fielen in den Kriegsjahren; ihrer wird gedacht neben den Toten aus dem Ersten Weltkrieg. Dass jene 16, freiwillig oder verpflichtet, alles andere als die Heimat beschützten, als sie ihr Leben verloren, hätte man 1949 schon wissen können. In dem Jahr wurde die Tafel angebracht. Während der jährlichen Kranzniederlegungen zum Volkstrauertag blieb die geschichtsverdrehende Aussage öffentlich bis heute unkommentiert.

Doch nach einer Privatinitiative stellt seit wenigen Wochen eine Tafel mit weißer Schrift auf blauem Grund wenigstens eines richtig. Die Gedenkstätte ist nun allen Toten, nämlich den Opfern der Kriege, Diktaturen und Gewaltherrschaft gewidmet, und Bundespräsident a. D. Norbert Lammert wird zitiert: »Am 8. Mai war ein Weltkrieg [in Europa] zu Ende, der von Deutschland, einer deutschen Regierung begonnen und betrieben wurde und mehr als 50 Millionen Menschenleben gekostet hat, darunter auch etwa 8 Millionen Deutsche« (2015).

Heimat-Echo Nr. 37, Seite 2, 11.9.2019

Dokumentation des Denkmals in Wulfsdorf


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05 denkmal bei der St. Johanniskirche in Hamburg-Altona

Schon vor zwei Jahrzehnten entschied die St. Johannisgemeinde in Hamburg-Altona, »ihr« Kriegerdenkmal so umzugestalten, dass es nie wieder als Propaganda für Heldentum und Kriegsverherrlichung genutzt werden konnte. 

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Damals war er Pastor an der St. Johanniskirche: Ulrich Hentschel spricht bei einer der ersten Aktionen zur Umgestaltung des Denkmalsplatzes. Später war er der erste Studienleiter für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie der Nordkirche und Initiator dieser Website.

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Einweihung des Gegendenkmals von Rainer Tiedje am 5. Mai 1996. Beide Fotos sind von Günter Zint, www.panfoto.de

Eine kleine Broschüre informiert über die Gründe der Gemeinde, über die starke öffentliche Resonanz mit Pro- und Contra-Stimmen und die ersten Schritte zur Veränderung. Was nicht mehr dokumentiert ist: Der am Ende vorstellte Entwurf wurde bald danach realisiert und fand seitdem viel Zustimmung.

Broschüre


Ein Foto von Denkmal und Gegendenkmal können sie auf der ersten Seite dieser Website ansehen.

Lesen Sie hier unsere komplette Dokumentation


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04 Kirche contra Kriegsverklärung

Der schwierige Umgang mit Soldatendenkmälern von Kirsten Westhuis, eine Sendung des Deutschlandradio Kultur 2012.

Deutschnationale Heldenverehrung, Militarismus und Revanchismus: Tausende Kriegerdenkmäler erinnern hierzulande an tote Soldaten  aus heutiger Sicht häufig auf problematische Weise. Die Kirchen suchen nun nach einem zeitgemäßen Umgang mit den Gedenkstätten.

O-Ton Hentschel: Dieses Denkmal ist eine Säule, wo an drei Seiten Kriegerfiguren abgebildet sind, mächtige Männer mit gesenktem Schwert, mit einem Schild. Die Männer sind überlebensgroß, ich schätze fast an die drei Meter, also es sind typische Heroen, Heldengestalten.

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Ulrich Hentschel tritt vorsichtig über die mit Hundekot übersäte Grünfläche neben der Kirche, auf der das Denkmal aus dem Oktober 1925 steht. Der 62jährige Theologe war lange Jahre Pastor der evangelischen Johanniskirche im Hamburger Bezirk Altona. Jetzt ist er Studienleiter für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie der Nordkirche. In den 20er Jahren war die Fläche neben der Kirche ein öffentlicher Raum und so wurde das Denkmal direkt neben dem Gotteshaus errichtet. Die Inschriften auf dem Podest zu den Füßen der Kriegerfiguren sind mit Farbe besprüht, einzelne Keramikbuchstaben sind herausgebrochen:
 
O-Ton Hentschel: »Zur Erinnerung, kommenden Geschlechtern zur Ermahnung und zur Nacheiferung.« Also alles ist drin enthalten, nicht nur die Erinnerung und eben nicht die Mahnung zum Frieden, die man ja unter Umständen hätte erwarten können, sondern es wird die Mahnung  verstanden: »wir wollen wieder in den Krieg ziehen«, mit der Aufforderung zur Nacheiferung.
    
Die räumliche Nähe zur Kirche verleihe dem Tod der Soldaten eine höhere Weihe, sagt Hentschel. Dieses Denkmal aus den 20er Jahren mit seiner monumentalen und heroisierenden Ästhetik ist auch heute noch wichtig, sagt der Theologe. Denn es erinnere nicht nur an den ersten Weltkrieg, sondern auch an die Zwischenzeit, in der der Zweite Weltkrieg vorbereitet wurde. ...

D-Radio Kultur/2012

 

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G20-Gipfeltreffen in Hamburg 2017:
Die Wiese rund um das Kriegerdenkmal so schön wie nie zuvor. Eine Protestgruppe aus dem Wendland hat mit vielen Sympathisanten für einige Tage eine solidarische und gastfreundliche Gemeinde gefunden. Viele kleine Zelte  und große Zeltdächer in allen Regenbogenfarben geben Ruhe und Herberge. Und andere Gemeinden machen es ähnlich. Gelebte Solidarität und Liberalität.


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03 Kaltenkirchen: Das Nagelbild in der Michaeliskirche wird kommentiert

Nachdem der Kirchengemeinderat beschlossen hatte, die Bedeutung des Michaelsbildes als genageltes Kriegsdenkmal zu kommentieren, wurde im Rahmen des Gottesdienstes am Volkstrauertag 2017 eine Hinweistafel der Öffentlichkeit vorgestellt.


Kaltenkirchen Tafel Nagelbild web2


Der Text: Diese Darstellung des Erzengels Michael, des Namenspatrons unserer Kirche, ist eine Kriegsnagelung aus dem 1. Weltkrieg, begonnen im Jahre 1915. Die Menschen waren aufgefordert, einen Nagel für einen festgelegten Geldbetrag zu erwerben und ihn als Teil des Bildes in das Eichenholz zu schlagen. Alle Spender trugen sich darüber hinaus in ein »Eisernes Buch« ein, das heute im Kirchenkreisarchiv in Neumünster verwahrt wird. Hinter der Kriegsnagelung stand die Absicht, den gesammelten Erlös den Kriegsversehrten und Kriegshinterbliebenen zukommen zu lassen. Vor allem aber sollte der ideelle Rückhalt der kriegführenden Nation in der Bevölkerung gefestigt werden. Die Einnahmen sind in Wirklichkeit niemals ihrem Zweck zugeführt worden.

Der apokalyptische Drachenkämpfer Michael wird in der Bibel erwähnt in der Offenbarung des Johannes 12,7-9. In der Darstellung des Nagelbildes steht er für das Deutsche Kaiserreich im Kampf gegen seine Feinde. Damit hat sich die Kirchengemeinde Kaltenkirchen damals in den Dienst der Kriegspropaganda gestellt. Umso mehr mag das Bildnis heute daran gemahnen, wie sehr es darauf ankommt, die völkerverbindende Friedensbotschaft des Evangeliums freizulegen und sie vor ideologischer Überlagerung und Vereinnahmung zu bewahren.

Die Geschichte des Kaltenkirchener Nagelbildes wird ausführlich dargestellt von Gerhard Braas, in: Zeitschrift für Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte, Bd. 4 (2018).


Artikel in der Segeberger Zeitung vom 20.11.2017

»Mit Gott für Deutschlend«: Kriegsnagelungen des St. Michael


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02 Den Aussagen der Kriegerdenkmäler etwas entgegensetzen

Gegendenkmäler in Hamburg hat Kerstin Klingel in ihrem Buch:
»Eichenkranz und Dornenkrone« (Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, 2006) dokumentiert.

Gegendenkmäler


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01 Flensburger Denkmalstreit

Im Frühjahr 1967 forderten die Pastoren von St.Marien, der ehemaligen Garnisons- und ältesten Stadtkirche Flensburgs, die Entfernung des Kriegerdenkmals in der Kirche. Sie stellten damit das nationalprotestantische Verständnis der lutherischen Kirchen in Frage und die Landeskirche vor eine Zerreißprobe. Die knappe Mehrheit der Pastorenschaft und der Propst standen auf ihrer Seite. Traditionsverbände und Bundeswehr, vertreten durch den Prinzen zu Schleswig-Holstein und die Admiralität der Bundesmarine hielten dagegen.

Auch »Der Spiegel« verfolgte die Kontroverse um das Kriegerdenkmal in der St.Marienkirche. Hier können Sie den Artikel lesen:

www.spiegel.de/spiegel/print


Am 14. März 1967 gab dpa folgende Pressemitteilung heraus:

»Der Verstand der evangelischen St.-Johannis-Gemeinde in Flensburg hat beschlossen, aus grundsätzlichen und architektonischen Gründen das an der Außenwand der Kirche angebrachte Krieger-Denkmal entfernen zu lassen.
Das Denkmal besteht aus vier Steinen mit den Namen gefallener Soldaten aus dem ersten Weltkrieg. Nach Ansicht des Kirchenvorstandes gehört der Geist, aus dem heraus dieses Denkmal 1922 errichtet wurde, einer überholten Zeit an. Damals sei die evangelische Kirche eine eifrige Dienerin staatlicher Interessen gewesen. Von den Zeugnissen dieses Geistes habe sich die christliche Gemeinde heute entschlossen zu trennen.
Auch in anderen Kirchen Flensburgs wird mit ähnlichen Schritten gerechnet, nachdem die Pastoren der St.-Marien-Gemeinde die Entfernung eines in der Kirche befindlichen Kriegerdenkmales bereits vor 14 Tagen angekündigt hatten.«

Flensburg Denkmalstreit SternMack1967 web
© stern/Mack

Das letzte Bild mit dem Krieger: die drei Pastoren von St. Marien, von links nach rechts: Gerhard Jastram, Dr. Oswald Krause und Wolfgang Friedrichs

Der damalige Bundesjustizminister Gustav Heinemann freute sich drei Jahre vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten über die drei Flensburger Pastorenen und schickte ihnen ein Glückwunschschreiben, in dem er sie ermunterte, fest zu bleiben. Er zeigte so erneut seine demonstrativ strikte Haltung gegen das Militär.


Stephan Linck dokumentiert in seinem Buch »Als im Kirchenamt ›die Hölle los‹ war: Wolfgang Grell – ein Pastorenleben zwischen Rotariern und RAF« die Vorgänge in Flensburg auf den Seiten 20-26.

Stephan Linck, S. 20-26


In Stephan Lincks 2. Band »Neue Anfänge? – Der Umgang der Evangelischen Kirche mit der NS-Vergangenheit und ihr Verhältnis zum Judentum 1965 - 1985« wird der Flensburger Denkmalstreit ausführlich dargestellt. Für 24,90 Euro zu bestellen bei:

www.glaubenssachen.de


Ausserdem erschien zum 50. Jahrestag des Flensburger Kirchenstreits 1967 das Buch »Bruchlinien« von Stephan Linck, herausgegeben von Broder Schwensen, Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte e.V., Band 83. Für 19,90 Euro zu bestellen bei:

www.stadtgeschichte-flensburg.de


Auch Stefan Brömel, Lehrbeauftragter der Universität Flensburg, hat in seiner Schrift »Die Apo in der Provinz« dem Theologieverständnis der Flensburger Pastoren und ihrem Einfluss auf die politische Stimmung in dieser spannenden Zeit einige Seiten gewidmet.

Stefan Brömel


Im 28. Januar 2017 – zum 50. Jahrestag des Flensburger Denkmalstreits – veranstaltete Dr. Stephan Linck, Studienleiter der Evangelischen Akademie der Nordkirche, einen Workshop in der Akademie Sankelmark: »Tradition und Häresie. Zum Umgang mit Heldenverehrung in und um Kirchen«. Er fand im Beiprogramm der Wanderausstellung »Neue Anfänge nach 1945?« in St. Marien, Flensburg statt.

Flyer »Tradition und Häresie«

Ausstellungstation St. Marien, Flensburg mit den Beiträgen des Workshops

Sehen Sie hier den Film zur Veranstaltung am 27. Januar 2017 mit Pastor em. Dr. Gerhard Jastram


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initiativen

Es tut sich was im Lande


I N H A L T

24  Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche
23  AKTUELL:
Erinnern, Erkennen, Gestalten in Nahe
22  AKTUELL: Landessynode im November 2022: Stephan Lincks Bericht zum Umgang mit Darstellungen von judenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut
21  AKTUELL:
»Gedenken neu denken« in Büsum
20  Nieblum/Föhr
– Neugestaltung der Kriegsgräberanlage
19  »Wann ist ein Held ein Held?« Podcast des BR
18  Hamburg: Lesung am Gedenkstein für einen Kindersoldaten
17 
Baustelle in Kalkar
16 
Zur Diskussion um die Bornplatzsynagoge
15
  Ratekau – Projekt »Denk mal« der Cesar-Klein-Schule
14  Heide – »Gefallenendenkmäler – zeitgemäß oder veraltet?«
13  HH-Bramfeld
– Das Gegendenkmal
12  Eutin: Das Soldatendenkmal der Voß-Schule
11
  AKTUELL: Pinneberg – Das Nazi-Denkmal am Bahnhof
10  AKTUELL: HH-Wilhelmsburg: Der DENKmal-Prozess an der Emmauskirche
09  Verhöhnen der Opfer durch Gedenken der Täter?
08  2014: Weiße Wäsche – Kunstaktion ›Denk Mal!
07 
München: Projekte von Kastner und Berndl
06  Kriegerdenkmal-Appell der ›gefallenen‹ deutschen Soldaten
05  Tätige Kritik am Ohlsdorfer Gedenkritual
04  Materialsammlung der EKD
03  »Damals nicht, jetzt nicht, niemals!«
02  Mainz: Kriegsverherrlichender Kranz zurück an den OB
01  Pax Christi: »Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens«

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24 Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche


Berichte des Netzwerk Erinnerungskultur:

GedenkenBedenken 3 Jahresbericht 2022

GedenkenBedenken 2 K.Meyer-Rebentisch: Kriegerehrungen in Lübecker Kirchen

GedenkenBedenken 1 Jahresbericht 2021


Am 23. April 2021 fand das erste Treffen des neu gegründeten »Netzwerk Erinnerungskultur im Bereich der Nordkirche« statt. Austragungsort war Stockelsdorf in Ostholstein, von wo aus die Initiativgruppe die Tagung als Online-Veranstaltung durchführte.

Die Tagung hatte den Titel »KRIEGER EHREN in Kirchen und Kommunen?« Diskutiert wurde in fünf Workshops über Denkmäler in Kirchen, Gedenkbücher, künstlerische Interventionen, die Gestaltung von Gedenktagen und das Beispiel Lübecks im Gedenken an Kriegstote.

Flyer

65 Personen nahmen an dem Auftakttreffen online teil: sowohl Fachleute von Bauämtern, Archiven, Denkmalschutz und Hochschulen als auch Pastor:innen, Initiativen und Einzelpersonen waren dabei, zum Teil auch aus anderen Landeskirchen bzw. Bundesländern.

Film Netztwerktreffen web

Als Einleitung führten Stephan Linck und Almuth Jürgensen die Gedenkorte in und vor der Kirche Stockelsdorf vor.

Film auf YouTube


Vortrag

Mit forschenden Lehren Erinnerungskultur unter die Lupe nehmen

Johannes Kellner und Dr. Johan Wagner (EKBO)

Hier die Impulsvorträge zu den Workshopthemen:

Denkmale in Kirchen, Dr. Antje Heling-Grewolls

Gedenkbücher und ihre Geschichte(n), Dr. Stephan Linck

Ermutigung zu künstlerischen Interventionen, Axel Richter

Gedenktage gestalten, Pastorin Katharina Gralla

Kirchliche Erinnerung an Kriegstote in Lübeck, Dr. Karen Meyer-Rebentisch


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23 Erinnern, Erkennen, Gestalten in Nahe

Mitte November 2022 informierte uns der Gemeindearchivar Andreas Fischer-Happel über seine Initiative zu den Gedenkplätzen in Nahe. Aus dem Konzept:

»Gedenkplätze sind Orte der Erinnerung. Zum Erinnern gehört zu erkennen, in welchem Zusammenhang die Denkmale errichtet wurden, ihre aktuelle Bedeutung in Beziehung zu unseren freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu setzen und einen Lernprozess zu gestalten. [...] Die Gedenkorte sind trotz Inschriften nicht selbsterklärend und bedürfen der Kommentierung, um im öffentlichen Bewusstsein als wichtige Kulturdenkmäler der Gemeinde wieder stärker wahrgenommen zu werden.

Bei den Gedenkplätzen handelt es sich um:
• den Gedenkplatz zur Erinnerung an die Toten des 1. und 2. Weltkrieges gegenüber dem Dörphus ›to de Nah‹
• den Gedenkplatz an der Kreuzung Wakendorfer Straße/Dorfstraße
• die Gedenktafel an der Friedhofskapelle [...]

SH Nahe Deutsch sein web

Insbesondere die Inschrift ›Deutsch sein heißt treu sein‹ bietet unter der heutigen Gestaltung Platz für rechtsextremes Gedankengut. Dem soll durch die Neukonzeption entgegengewirkt werden. [...]

Für alle drei Gedenkplätze besteht der Bedarf nach einheitlich gestalteten Informationstafeln. Die Informationen sollten im Rahmen politischer Bildung in Handreichungen insbesondere für junge Menschen aufbereitet und zusammengefasst werden. Wünschenswert wäre hierzu ein Beteiligungsprozess unter Einbeziehung der Schule sowie der Kirchengemeinde.«

Vorstellung des Projekts in der Gemeindeversammlung am 18.8.22

Konzeptentwurf


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22 Landessynode im November 2022

Stephan Linck, Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit an der Evangelischen Akademie der Nordkirche, berichtet der Synode über die kirchlichen Bemühungen um Aufarbeitung der antisemitischen und nationalsozialistischen Vergangenheit. Anlass ist ein Gesetz, dass die Evangelische Kirche der Pfalz erlassen hat.

Es erklärt die Darstellung von judenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut für unvereinbar mit den Glaubensgrundlagen und Ordnungen der Landeskirche. Aus der Zivilgesellschaft wurde die Aufforderung an unsere Landeskirche gerichtet, auch ein solches Gesetz zu erlassen.

2022 11 19 Synode Bericht mit Putten web


Linck geht darauf ein, dass sich auch auf dem Gebiet der Nordkirche vielfach noch judenfeindliche Darstellungen an Gebäuden und Denkmälern finden. Insbesondere die Thematik der Kriegerdenkmäler brauche eine kritische Auseinandersetzung. »Ich glaube, dass der reflektierte Umgang mit unseren eigenen Traditionen bei der Entwicklung zu einer klaren Haltung in der Gegenwart helfen kann.«

Nach der Niederlage des ersten Weltkriegs entstanden allerorts Gedenkorte für die im Ersten Weltkrieg getöteten Soldaten  – sowohl Ehrentafeln und Statuen, Kirchenfenster und Gedenkkapellen, als auch Ehrenmäler auf kirchlichem Grund.

»Die Mehrzahl von ihnen wurde mit einer Ikonographie versehen, die kriegsverherrlichend ist, den Soldatentod christlich verbrämt und mit nationalistischen Aussagen kombiniert. Vielfach finden sich dazu Kriegerdarstellungen in ausgesprochen germanisch-arischer Bildersprache", sagt Linck. Diese Sinnstiftung sei höchst problematisch – und dürfe aus heutiger Perspektive nicht unkommentiert stehen gelassen werden.«

Kompletter Bericht

Bericht in der shz vom 20.11.2022


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21 »Gedenken neu denken« in Büsum


Januar
2023: Die Dokumentation des Projekts:

1. Teil: Projektbeschreibung und Eröffnungsreden

2. Teil: Ideen & Konzepte der Schüler:innen

3. Teil: Ideen & Konzepte der Schüler:innen, Beiträge im Gästebuch


6.Oktober 2022:
Die Ausstellung »Gedenken neu denken« läuft weiterhin und wird rege besucht. Mancher Eintrag im Gästebuch zeigt, dass sich die Besucherinnen und Besucher zum Teil sehr intensiv mit der Thematik auseinandersetzen. Manch schöne Rückmeldung drückt die Begeisterung aus, dass es sich um ein Projekt von Schülerinnen und Schülern handelt. Nach den Herbstferien soll eine Jury zusammengestellt werden, die sich mit den Entwürfen und mit den Rückmeldungen aus der Bevölkerung auseinandersetzt und dem Kirchengemeinderat von St. Clemens schließlich einen Vorschlag unterbreitet, den Innenraum der Turmkapelle im Laufe des kommenden Jahres umzugestalten. Außerdem sind in der ersten Novemberhälfte zwei abendliche Andachten / Friedensgebete geplant (am Mittwoch, dem 9. und 16. November, jeweils um 18.15 Uhr, also vor Beginn und zum Abschluss der diesjährigen Friedensdekade), die noch einmal bewusst mit der Ausstellungsthematik in Verbindung gebracht werden sollen.

Ab 29. Juni 2022 ist die Ausstellung »Gedenken neu denken« eröffnet. In Kooperation mit der Schule am Meer werden in der »Ehren- bzw. Gedächtnishalle« am Fuße des Glockenturmes der St. Clemens-Kirche Arbeiten von Schüler:innen gezeigt, die sich mit der Frage des zeitgenössischen Gedenkens an Kriege und ihre Opfer auseinandersetzen. Ziel der Ausstellung, die über die Sommermonate geöffnet sein soll, ist die Kür eines Entwurfes zur mittelfristigen Umsetzung an Ort und Stelle. Ein Projekt der St. Clemens Gemeinde mit Pastor am Meer Christian Verwold.

SH Buesum Gedenken neu denken Plakat web


Link zur Projektbeschreibung der Schule am Meer


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20 Neugestaltung der Kriegsgräberanlage in Nieblum/Föhr

»Am Anfang war es die Witterung, die eine Renovierung nötig machte. Zudem war die Gemeinde nicht glücklich mit der Denkmalsanlage, mit der die toten Soldaten am Friesendom in Nieblum auf Föhr geehrt wurden. Die christliche Verklärung des Soldatentodes, sie stimmte einfach nicht«, sagt unser Studienleiter Dr. Stephan Linck.

Nun wurde nach mehreren Konsultationen und einigen Diskussionen in der Kirchengemeinde und den Inseldörfern beschlossen, den Künstler Axel Richter vom KunstHaus am Schüberg zu beauftragen, seinen Entwurf für eine komplette Neugestaltung der Anlage umzusetzen. Ergänzend sollen Tafeln aufgestellt werden, die die einstige Sinnstiftung erklären und in das historische Geschehen einordnen. Wenn alles gut geht, wird im kommenden Jahr der Umbau erfolgen.

Bericht »Denkmal wird Friedensgarten« von Thorge Rühmann in der Evangelischen Zeitung für Schleswig-Holstein

Unsere Dokumentation der Anlage


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19 »Wann ist ein Held ein Held?«

In der Podcastreihe Theo.Logik – Religion inside beschäftigte sich der Bayrische Rundfunk mit dem Heldenthema: »Das Bedürfnis nach Helden scheint so alt wie die Menschheit. Doch in einer demokratischen Gesellschaft scheint der Held – zumindest der Kriegsheld, der sein Leben riskiert hat – keinen Platz mehr zu haben.« Auch unser ehemaliger Studienleiter für Erinnerungskultur Pastor i.R. Ulrich Hentschel und der Münchner Künstler und Aktivist Wolfram Kastner (siehe unser Kapitel 07: Projekte von Kastner und Berndl) wurden dazu gefragt.

Podcast »Wann ist ein Held ein Held?«, 42 Minuten


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18 Hamburg: Lesung am Gedenkstein für einen Kindersoldaten

Am 1. September 2021, am Antikriegstag, findet am Gedenkstein »Für Deutschland fielen ...« an der großen Alsterwiese eine Lesung mit musikalischer Begleitung und viel aufklärenden Informationen statt.


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Die Historikerin Andrea Gottschalk hat die Initiative gestartet. In Kooperation mit der Geschichtswerkstatt St. Georg ist sie für Text und Textauswahl verantwortlich.


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Jutta Gritti, Andrea Gottschalk und Michael Schulzebeer werden musikalisch unterstützt von Egon Hild. Etwa 40 Menschen hören zu.

Die Texte der Lesung

 

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Sechs Tafeln informieren über das Schicksal des Schülers Hans-Wolfgang Schopper, der mit 16 Jahren als Flakhelfer in einem Geschützstand auf der Alster sein Leben verlor.

Die Tafeln

Unsere Dokumentation des Gedenksteins

 

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17 Baustelle in Kalkar

Am 27. März 2021 erhielten wir die Nachricht, dass am Kriegerdenkmal in Kalkar der bevorstehende Abriss angekündigt wird. ;-)

Initiativen Kalkar 2021 web

Die Dokumentation


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Stephan Linck zur Diskussion um die Bornplatzsynagoge

16 Welchen Wert hat ein Denkmal, welches Recht hat ein Gedenkort und was ist die Antwort auf Antisemitismus?

In Hamburg ist ein Streit entbrannt um den Neubau einer Synagoge. Die Jüdische Gemeinde Hamburg, in der etwa die Hälfte der in Hamburg lebenden Jüdinnen und Juden Mitglied sind, hat eine Initiative gestartet und den Wiederaufbau der von den Nationalsozialisten zerstörten großen Synagoge am Bornplatz im Grindelviertel vorgeschlagen. Daraus wurde die Kampagne »Nein zu Antisemitismus – Ja zur Bornplatzsynagoge«, die inzwischen von ca. 107.000 Menschen unterstützt wird.

Die neue Bornplatzsynagoge soll nach dem Wunsch der jüdischen Gemeinde äußerlich eine Rekonstruktion der Synagoge genau an ihrem einstigen Standort werden. Dieser heißt inzwischen nach dem letzten Rabbiner der Synagoge Joseph-Carlebach-Platz. Seit 1988 befindet sich dort ein Kunstwerk – ein Relief, das auf dem Boden den Grundriss der einstigen Synagoge nachzeichnet. Es ist ein Gedenkort, der an den NS-Terror gegen die jüdische Minderheit in Hamburg erinnert.


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Grundriss der Synagoge auf dem Joseph-Carlebach-Platz. Foto: Ajepbah/Wikipedia


Lesen Sie hier den gesamten Text

»Wem gehört die Jüdische Geschichte?« Interview mit Hanna Lehming

Protest aus Israel (englisch) mit Unterschriftenliste
Protest aus Israel (deutsche Übersetzung)

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15 Aktuell: Ratekau – Projekt »Denk mal« der Cesar-Klein-Schule


Die Einweihung einer Informations-Stele am »Ehrengrab«

1. September 2021: Am Antikriegstag wird die Stele auf dem Ratekauer Friedhof eingeweiht. Bürgermeister Thomas Keller hebt in seiner Rede die konstruktive Zusammenarbeit des Denkmal-Ausschusses hervor und betont, dass mit der Stele ein erster Schritt zur Auseinandersetzung mit den Denkmälern in Ratekau zum 1. und 2. Weltkrieg getan sei und weitere folgen müssten.

Den Grundstein für die Infostele hatte das Projekt der Cesar-Klein-Schule gelegt. Den Schüler*innen waren mehrere Ungenauigkeiten und Fehler an der Grabstätte aufgefallen und sie stellten die Inschrift (»Hier ruhen 8 tapfere Deutsche, die am 2. Mai 1945 für das Vaterland gefallen sind«) und die Gestaltung mit einem Stahlhelm infrage.

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Bericht über die Einweihung auf der Website der Cesar-Klein-Schule

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Recherchen beim Bundesarchiv, der rumänischen Botschaft und beim belgischen Staatsarchiv hatten vereinzelte Informationen über Alter, Herkunft und Status der Begrabenen auf dem Ratekauer Friedhof ergeben. Bei einem englischen Tiefliegerangriff zwischen Pansdorf und Techau am 2. Mai 1945 waren insgesamt neun Menschen ums Leben gekommen, darunter vier Soldaten, ein Volkssturmmann, ein Landarbeiter aus Ostholstein, eine Techauer Bürgerin und zwei 19-Jährige aus Rumänien und Belgien.

Diese Informationen sind auf der Stele zusammengefasst und erklären die Umstände des tragischen Ereignisses so kurz vor Kriegsende. Einen Tag später, am 3. Mai 1945, war für die Bewohner des südlichen Ostholsteins der Krieg zu Ende.

Der Arbeitskreis Denkmal unter Beteiligung von Vertretern aller politischen Parteien in der Gemeindevertretung, der Pastorin, des Bürgermeisters, des Kyffhäuser Bundes, Dr. Wendt und Dr. Linck von der Evangelischen Akademie der Nordkirche und dem ehemaligen Geschichtslehrer der Cesar-Klein-Schule Ratekau Günter Knebel hat die Arbeit der Schüler*innen in den letzten Monaten fortgesetzt. Herausgekommen ist als erstes gemeinsames Ergebnis die neue Infostele.

Die Stele in größerer Ansicht


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Ein Bläserquartett der Cesar-Klein-Schule spielt zur Einweihung.

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Günter Knebel zitiert bei der Feier den Philosophen Santayana: »Diejenigen, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern, sind verurteilt, sie erneut zu erleben«.

Eine Botschaft der Stele ist besonders hervorgehoben: »Nie wieder Krieg!«

Mehr Informationen zur Einweihungsfeier

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Das Projekt

Anfang des Jahres 2021: Die SchülerInnen des Wahlpflichtkurses präsentieren vor über 20 Vertretern der Gemeinde, Bürgermeister, Bürgervorsteherin und Pastorin Dittmann die Ergebnisse ihrer Arbeit – und erhalten viel Anerkennung. Der Bürgermeister schlägt vor, eine Art Denkmal-Ausschuss zu gründen. Dort soll dann über ein gemeinsames Vorgehen beraten werden.

Günter Knebel und Pastorin Dittmann werden im Frühjahr zu einem Arbeitskreis mit Interessierten aus der Gemeinde einladen.

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15. November 2020:
In der Ausgabe zum Volkstrauertag der Lübecker Nachrichten erscheint ein fast ganzseitiger Artikel über den Wahlpflichtkurs »Denk mal« der Cesar-Klein-Schule. Redakteurin Sabine Latzel schreibt: »Wie umgehen mit dem Gedenken an die beiden Weltkriege? Diese Frage beschäftigt engagierte Menschen in Ratekau. Dabei stehen das Ehrengrab auf dem Ratekauer Friedhof und die Gedenkstätte am Aufgang zur Feldsteinkirche im Zentrum – und in der Kritik. Veränderungen regen die Beteiligten eines Schulprojekts an, Pastorin und Bürgermeister zeigen sich dem gegenüber aufgeschlossen.

›Passt das noch in die heutige Zeit, zu einem friedlichen Miteinander in der Welt ohne Rachegedanken?‹, fragt Günter Knebel, Lehrer für Geschichte und Wirtschaftspolitik an der Cesar-Klein-Schule in Ratekau.«

Ausführlich werden in dem Artikel Denkmäler und Ehrengrab beschrieben. Auch Schülerinnen, Lehrer Knebel, Bürgermeister Keller und Pastorin Dittmann kommen zu Wort.

Bericht Weltkriegsgedenken, Lübecker Nachrichten

Projekt Denkmal auf der Website der Schule


Im oben genannten Artikel der Lübecker Nachrichten regt Lehrer Günter Knebel auch eine »›zivile Würdigung aller Toten am Volkstrauertag‹ an und stellt den sonst üblichen uniformierten Marsch der Soldatenvereinigung ›Kyffhäuserbund‹ infrage. ›Die Bundeswehr bewegt sich schon‹, sagt er: ›Sie verzichtet auf die Präsentation von Sturmgewehren bei der Ehrenwache vor der Kirche und auf dem Friedhof.‹«

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25. September 2020: Wir erhalten die Nachricht, dass es einen Wahlpflichtkurs mit 10 Schüler*innen des 10. Jahrgangs der Cesar-Klein-Schule gibt, die mit ihrem Lehrer Günter Knebel an einer zeitgemäßen Kommentierung der Kriegerdenkmäler in der Gemeinde Ratekau arbeiten.

Hier noch ein kleiner Einblick in die Situation vor der Kirche in Ratekau:

SH Ratekau 1WK Tafel Heilig web


Die Inschrift auf dem linken Pfeiler des Eingangs zum Kirchhof lautet:

So selig ist kein Los
So heilig kein Gebot
Als sich für vieler Leben
Zu geben in den Tod
1914 – 1918

Unsere Dokumentation der Kriegerdenkmäler in Ratekau


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14 Heide: »Gefallenendenkmale – zeitgemäß oder veraltet?«

Um sich dem zentralen Kriegerdenkmal Österweide in Heide inhaltlich zu nähern, begann das Schulprojekt des Werner-Heisenberg-Gymnasiums mit einer Umfrage in der Stadt. Es stellte sich heraus, dass nur einer von 55 Befragten (ein Lehrer) die mehrere 100 Quadratmeter große Denkmalanlage an der Österweide überhaupt kannte.

Unsere Dokumentation der Denkmalsanlage

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Das Projekt

Mitte Dezember 2020: Die Lehrer Dr. Volker Gaul und Claus-Peter Kock haben als Verteter der »Gedenkstättengruppe« des Werner-Heisenberg-Gymnasiums der Öffentlichkeit ihr Konzept vorgestellt: Die Erinnerung soll mehr umfassen als die Weltkriegsjahre 1914-18 und 1939-45. Besonders wichtig ist es, auf das Jahr 1933 hinzuweisen, den Beginn staatlicher Ausgrenzung, Verfolgung und der Ermordungen in der NS-Diktatur.

SH Heide 2020 12 22 Modell web3

Ihr Modell zeigt die Idee eines sich vertiefenden Runds. So soll die Zeit symbolisiert werden, »in der es bergab ging«. Ein gewollter Gegensatz zur bestehenden Denkmalsanlage, bei der »ein Aufstieg zu einer Art Opferaltar« dargestellt ist. Auf der dreieckigen Säule in der Mitte soll ein Zitat des Philosophen George Santayana zu lesen sein: »Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen.«

... und ein Kommentar dazu 

Georg Friedrich Gerchen von der Initiative »Blumen für Gudendorf« hat ihn im Gegenwind 401, Februar 2022, veröffentlicht und er macht einen Vorschlag für die Österweide in Heide:

»... Es reicht absolut nicht aus, die Vergangenheit zu kennen. Auch wer die Vergangenheit kennt, aber dazu keine Position bezieht, ist zur Wiederholung verdammt. Deshalb sollte ein Mahnmal gegen Krieg und Gewaltherrschaft konkret und auch provozierend Stellung beziehen, es formuliert, was gelernt werden soll. [...]

Groß und auch von Weitem gut lesbar die Aussagen:

›Die Waffen nieder‹
›Aufrüstung tötet auch ohne Krieg‹
›Es gibt keinen gerechten Krieg‹

Die zentrale Skulptur zeigt liegende, teilweise zerborstene Weltkriegsstahlhelme, darunter aus Brechts Kriegsfibel die Zeilen:

›Seht diese Hüte von Besiegten! Und
Nicht als man sie vom Kopf uns schlug zuletzt
War unserer bitteren Niederlage Stund.
Sie war, als wir sie folgsam aufgesetzt.‹«


Artikel im Gegenwind (3 Seiten)

Website »Blumen für Gudendorf«

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25. September 2019: Das »denkmal aktiv«-Team am Werner-Heisenberg-Gymnasium bringt erste Ergebnisse des Projekts in die Entscheidungsprozesse der Kommune ein: Vor dem Ausschuss für Kultur, Soziales und Senioren stellt es seine Ideen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Heide vor – die einstimmig angenommen und zur Weiterverfolgung durch die Gremien der Stadt empfohlen werden.

Ideen zur Umgestaltung bzw. zur künstlerischen Kommentierung des Kriegerdenkmals: Der Zentrale Omnibusbahnhof neben der Gedenkanlage ist umgezogen, auf dem freigewordenen Platz soll ein Hotel gebaut werden. Werner Stelling, der Hamburger Investor, wird auch die Kosten für die geplante Umgestaltung der Gedenkanlage übernehmen.

SH Heide PraesentationAusschussStadt25 09 2019 web2

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Das Projekt beginnt: »Aus dem Unterricht in den öffentlichen Diskurs: Gedenkstätten stellen in der Regel eine Randerscheinung in unserer Gesellschaft dar, die lediglich an bestimmten Tagen aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden. Als Teil einer kollektiven Erinnerungskultur taugen sie jedoch nur, wenn sie in ihrer Bedeutung und Aussage den jungen Menschen heute noch etwas zu sagen haben und nicht – wie so oft – als Stätten des sogenannten dark tourism dienen sollen. [...] Auch in unserer Stadt sind im Umfeld eines Gefallenendenkmals leider erste Spuren rechtsradikalen Wirkens zu erkennen. SchülerInnen des 11. und 12. Jahrgangs am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Heide störte das und sie wollten darüber diskutieren. [...]

Das spornte die SchülerInnen an, sich zu engagieren, und sie bewarben sich erfolgreich bei ›Denkmal aktiv‹ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, um mehr fachkundige Unterstützung zu erhalten.«

Texte und Fotos von den Lehrern und Projektleitern Dr. Volker Gaul und Claus-Peter Kock in diesem Kapitel haben wir der Website denkmal-aktiv.de und dem Bericht der Schule zum Wettbewerb entnommen.

SH Heide GruppeSchueler Gaul web

Das Projektteam des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Heide.

»Gefallenendenkmale – zeitgemäß oder veraltet?«, so heißt das Projekt bei denkmal-aktiv.de. »Die Schülerinnen und Schüler nehmen das in Schulnähe gelegene Kriegerdenkmal genauer unter die Lupe. Sie erforschen seine Entstehungsbedingungen und seine Gestaltung, recherchieren dazu im Kreis- und im Zeitungsarchiv und lernen die Arbeitsweise und den Auftrag des Denkmalamtes kennen. In kreativer Umsetzung des Gelernten erarbeitet das Team Ideen für das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Geschichte der eigenen Schule, die 1933 bis 1945 Adolf-Hitler-Schule war.«

Die geplante Umgestaltung des Fensters im Gedenkraum der Schule ist der zweite Teil des Projekts. Genaueres steht im Bericht der Schule (PDF zum Downloaden am Ende des Kapitels).

Schulprojekt Werner-Heisenberg-Gymnasium auf denkmal-aktiv.de

Der Bericht zum Wettbewerb: Gegen Vergessen und für Demokratie


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13 HH-Bramfeld – Das Gegendenkmal

Seit über 75 Jahren steht der Soldat am Bramfelder »Ehrenmal« und ruft zum Krieg auf. 1935, als Hitlerdeutschland zum Krieg rüstete, ist er dort hingestellt worden. Mit seiner militanten, beherrschenden Haltung steht er für Heldentum und Angriffskrieg ... und ist ein beliebter Platz für Nazi-Aktionen. Seit Jahren wirbt der Arbeitskreis »Denk Mal« mit vielen Aktivitäten für eine kritische Kommentierung der kriegsverherrlichenden Botschaft des Soldaten.

Unsere Dokumentation des Denkmals

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Das Projekt

Mitte 2023: festgelegter Termin für den Baubeginn des Gegendenkmals

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7. Mai 2021: Das Hamburger Abendblatt meldet auf Seite 11: »In der Sitzung vom Mittwoch bewilligte die Bürgerschaft 260.000 Euro aus dem Sanierungsfond und 160.000 Euro aus dem Quartiersfond, am Donnerstagabend hat die Bezirksversammlung nachgezogen und 20.000 Euro aus Sondermitteln bereitgestellt. Zugleich nahm der Bezirk die Umgestaltung des Denkmals ›prioritär‹ ins Arbeitsprogramm Stadtgrün 2022 auf.« Die 10-jährige Arbeit des Bramfelder Arbeitskreises »Denk Mal« hat endlich Früchte getragen.

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April 2021: Hamburgs zweite Bürgermeisterin und Bezirkssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hat bei ihrem Besuch in Bramfeld die Finanzierung der geplanten Kunstinstallation zugesagt – vorbehaltlich des bevorstehenden Bürgerschaftsbeschlusses.

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Seit März 2021: Der Bezirksversammlung liegt ein Antrag über 320.000 Euro zur Realisierung des Gegendenkmals vor.

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Anfang Mai 2019: Die Preisträger stehen fest. 17 Vorschläge wurden abgegeben, über die die Jury befinden konnte. Michael Hertel schreibt am 8. Mai im Bramfelder Wochenblatt über den ausgewählten Entwurf von Alke De Luise:

»Die Innenarchitektin stellt dem kreisförmigen Denkmal am nördlichen Ende der nassen Wiese am alten Teich einen zweiten Kreis gegenüber, in dem der Betrachter Platz nehmen kann und die Soldatenfigur wie durch den Filter einer aus geflammten Holzbalken bestehenden Stelengruppe betrachtet. Die Holzbalken wiederum stehen in einem Feld dunklen Schotters. Hier ist alles Symbol für Krieg, Gewalt und Zerstörung.

Auffallend an dem Entwurf ist das Fehlen des häufig belehrenden Tons in Zusammenhang mit der Thematisierung der Nazizeit. Vielmehr steht der Entwurf eher für eine Atmosphäre stiller Trauer und Nachdenklichkeit. Die Künstlerin wünscht sich den Ort künftig als einen ›Platz der Völkerverständigung‹.«


Die drei Preisträger:

1. Alke De Luise

2. Matthias Ploy

3. Axel Richter


Bis Anfang 2021 soll die Planung abgeschlossen sein. Dann muss die Bezirksversammlung die Mittel für die ausgewählte Umgestaltung des Platzes freigegeben, um mit dem Bau beginnen zu können.

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13. März 2018:
Die Bezirksversammlung Wandsbek veröffentlicht den Aufruf zu einem Ideenwettbewerb.

»Mit dem Ideenwettbewerb zur Umgestaltung verfolgt die Bezirksversammlung Wandsbek das Ziel, die als heroisch wirkende Botschaft des Denkmals zu durchbrechen. Der neugestaltete Platz soll die in den Kriegen verübten grausamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht länger verschweigen. Er soll zudem künftig ein Ort des Gedenkens für alle Opfer von Kriegen sein.«

Ausschreibungstext

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3. November 2014:
Die Gedenktafel ist zerstört worden. Am Volkstrauertag zwei Wochen später gedenken die Mitglieder des Arbeitskreises »Denk mal« an der erneuerten Tafel wieder der getöteten Widerstandskämpfer und Kriegsgegner.

 

HH Bramfeld 6 9 Ansprache web

Zum Friedensfest 2014 enthüllte Ursula Suhling eine Tafel zum Gedenken an zehn Opfer der NS-Justiz und der Strafeinheiten der Wehrmacht. Sie sprach über berührende Details aus dem Leben und von den Hinrichtungen der ihr bekannten Menschen, die auf dieser Tafel genannt werden. Einer von ihnen, der Kommunist Carl Suhling, war ihr Vater. Ende März 1945 ist er 40jährig im Strafbataillon 999 umgekommen. Direkt hinter dem Zaun neben dem Bramfelder »Krieger« liegt der Friedhof Ohlsdorf mit dem Ehrenfeld der Opfer des Nationalsozialismus, auf dem auch die Urne ihrer Mutter Lucy bestattet ist. Besonders im Herbst und Winter ist die Sicht von dort durch die kahlen Bäume auf das Kriegerdenkmal sehr schmerzhaft für Ursula Suhling. Den Platz hat sie heute für ihre Ansprache das erste Mal betreten. Die neue Gedenktafel wird jetzt wenigstens den Blick von vorne auf den »Krieger« zum Teil verstellen.

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Seit 2011 fordert der Arbeitskreis Denk-Mal um Detlef Hartmann und Karin Coch eine Kommentierung des Steinsoldaten.


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12 Eutin: Das Soldatendenkmal der Voß-Schule

In ca. 3 bis 4 Meter Höhe ist links neben dem Eingang zur Schule das Kriegerdenkmal vom Berliner Bildhauer Hermann Hosaeus (1875 – 1958) angebracht, das am 17. März 1928 eingeweiht wurde.

SH Eutin Initiativen web


Dr. Jan Ole Wiechmann, Studienrat an der Voß-Schule, schreibt im Projektbericht über die Auseinandersetzung einer 10. Jahrgangsstufe mit dem Denkmal:

Wie verhält sich die Schule – Schüler und Lehrer – dazu, dass wir heute wissen, dass sich die Soldaten damals für falsche Ziele und Ideale eingesetzt haben? Diese appellative Frage bildete den Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit dem Soldatendenkmal, an die sich eine Klasse der zehnten Jahrgangsstufe an der Voß-Schule im Herbst 2018 – einhundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und neunzig Jahre nach der Einweihung des Bauwerks – im Rahmen des Geschichtsunterrichts heranwagt. Es handelt sich um eine Leitfrage, der sich fast folgerichtig weitere Fragen anschließen: Warum wurde 1928 ein Denkmal vor der eigenen Schule gebaut? Wie ist es gestaltet und wer war in welcher Form an der Errichtung beteiligt? Wie ist es überhaupt zum Ersten Weltkrieg gekommen? Warum zogen die Soldaten in den Krieg und wie haben sie ihn erlebt? Worin bestanden ihre »falsche(n) Ziele und Ideale«? Wie wurde dem Krieg samt seiner Opfer und Täter in den letzten einhundert Jahren gedacht? Und nicht zuletzt: Repräsentiert das Denkmal unsere Sicht der Dinge? Wie wollen wir heute an den Ersten Weltkrieg denken?

Wie das hier vorgestellte Vorhaben paradigmatisch zeigt, wollen die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schülerinnen und Schüler der Voß-Schule dieses Anliegen gerne aktiv aufgreifen. Die in den letzten Jahrzehnten gängige Praxis, das in Bronze gegossene und zunehmend als unangebracht empfundene Denkmal an die im Krieg gestorbenen Schüler unter Efeu zu verstecken und damit zu verdrängen, kann und darf nicht bestehen bleiben. Stattdessen möge die schulinterne Diskussion, die vor zwei Jahren in einem Freischneiden der Statue Ausdruck fand und maßgeblich durch das Projekt »Denkmal!« katalysiert wurde, vorangetrieben werden. Die aktuelle Arbeit einer zehnten Klasse, die zur Erstellung einer Mahntafel führen soll, wird die intensive Auseinandersetzung mit dem Soldatendenkmal an der Schule in diesem Sinne befördern.

Der zentralen Frage nach dem Umgang mit dem vor 90 Jahren errichteten Bauwerk mit Schülerinnen und Schülern nachzugehen, erscheint vor dem skizzierten historischen Hintergrund sowie im Hinblick auf aktuell drohende oder tatsächliche Kriegsszenarien vielversprechend und nachhaltig. Dies zeigt auch der bisherige Unterrichtsverlauf: Die Schülerinnen und Schüler zeigen nicht nur ein großes Interesse für den Ersten Weltkrieg und die Geschichte des Soldatendenkmals, sondern auch ein bemerkenswertes Problembewusstsein für Fragen der Erinnerungskultur. So dürfte das Projekt die Jugendlichen insgesamt zu einem reflektierten und kritischen Umgang mit der Geschichte anregen und zugleich einen friedenspädagogischen Beitrag leisten. Gerade die Beschäftigung mit einem anschaulichen historischen Gegenstand »vor der eigenen Haustür« kann die alte Historikerweisheit, dass Geschichte immer auch Gegenwart ist, mit Leben füllen.

Projektbericht

Dokumentation des Denkmals


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11 Pinneberg: Das Nazidenkmal am Bahnhof

Verschiedene Institutionen und Privatleute aus Pinneberg haben eine Initiative gestartet, um das Kriegerdenkmal am Bahnhof in eine kritische Erinnerungsstätte umzuwandeln.

Unsere Dokumentation des Denkmals

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Das Projekt

Nachdem 2019 eine bauliche Ergänzung des NS-Bauwerks durch einen Schülerwettbewerb und 2020 durch künstlerische Beteiligung gefunden werden sollte, wurde 2021 beschlossen den Entwurf von F. Jörg Haberland zu realisieren. Laut Beschluss der Stadt Pinneberg soll das im Wesentlichen durch Spenden finanziert werden. Ihre Spende an das hier angegebene Konto ist steuerlich absetzbar. Spenden bis 200 Euro erkennt das Finanzamt auch ohne Quittung an. Verwendungszweck: Haberland-Mahnmalergänzung. Förderverein Lokale Agenda 21 Pinneberg e.V., IBAN DE20 2305 1030 0015 0792 54.
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4. April 2022:
Schleswig-Holsteins Kulturministerin Karin Prien informiert sich vor Ort über den Gegenentwurf zum Nazi-Denkmal am Bahnhof. Sie will nun bei Stiftungen um Finanzierungsgelder werben.

Artikel im Hamburger Abendblatt
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4. April 2022:
Der Künstler F. Jörg Haberland stellt seinen Entwurf der Pinneberger Öffentlichkeit vor. Um 19-21 Uhr in der Christuskirche, Bahnhofstraße 2a, Pinneberg.

Einladung
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15. Februar 2022: Die Mitglieder des Ausschusses Stadtentwicklung beschließen: das Gegendenkmal soll umgesetzt werden. Finanzierung: strittig. Ort: unklar. Zeitplan: die Sanierung des Bahnhofsvorplatzes sei abhängig von der Baufertigstellung der Arbeiten der Bahn, teilt Rathaussprecher Marco Bröcker mit: »Sollte es Verspätungen bei der Bahn geben, verzögert sich auch die Sanierung des Vorplatzes und damit die Errichtung des neuen Denkmals. Im Moment rechnet die Stadtverwaltung nicht vor 2023/2024 mit der Umsetzung.«
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11. Februar 2022: F. Jörg Haberland, der von der offiziellen Pinneberger Jury ausgewählte erste Preisträger des künstlerischen Wettbewerbs, stellt auf Einladung der Mahnmal-Initiative seinen Entwurf vor: ein dreifach durchbrochener Sitzkreis aus Granit, in dessen Innenseiten die Wörter: Frieden, Freiheit und Toleranz gemeißelt sind.

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Foto: F. Jörg Haberland

Als geeigneter Platz für den »Steinkreis« wurde die geplante »Grüninsel« vor dem Bahnhof ausgemacht. Ausserdem soll am bestehenden Nazi-Denkmal eine Tafel zur historischen Einordnung angebracht werden.

Artikel im Hamburger Abendblatt vom 14. Februar 2022
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20. Januar 2021:
Zwei Tage vor der Tagung des Haushaltsausschusses der Stadt Pinneberg erscheint im Pinneberger Tageblatt ein Interview mit Jochen Hilbert, dem Sprecher der Initiative:

Interview im Pinneberger Tageblatt vom 20. Januar 2021
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8. Mai 2018: Historische Einordnung des Denkmals am Bahnhof durch die Präsentationen der Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung im Pinneberger Rathaus.

Wolfgang J. Domeyer, VHS-Geschichtswerkstatt Pinneberg

Prof. Dr. Loretana de Libero, Vortrag

Prof. Dr. Loretana de Libero, Powerpoint-Präsentation

Pastor i.R. Ulrich Hentschel

SH Pinneberg Plakat 2 web

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März 2018: In der Zeitschrift »Gegenwind« erscheint der Artikel »Kein Licht für Kriegsverherrlichung«.

Artikel im Gegenwind

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November 2017: Das Kriegerdenkmal wird neuerdings angestrahlt. Die im Dunkeln sonst unsichtbare Schrift mit der Heldenverehrung, das Schwert, der Adler sind jetzt schon von weitem sichtbar. Wir dokumentieren hier die Reden, die bei der Protestaktion de Initiative gehalten wurden:

Propst Thomas Drope
Kai Vogel, SPD-Landtagsabgeordneter
Manfred Stache, Ratsherr für die Grünen in Pinneberg
Claudia Eisert-Hilbert, Initiative »Mahnmal statt Kriegerdenkmal«

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20. Juni 2017: Es findet eine erste Informations- und Diskussionsveranstaltung statt, zu der nicht nur alle Bürger eingeladen sind, sondern ausdrücklich und persönlich auch die Vertreter der Fraktionen der Ratsversammlung Pinneberg und die Mitglieder des Kulturausschusses und der zivilgesellschaftlichen Organisationen.


2017 06 20 Plakat Pinneberg Denkmal web

Artikel im Pinneberger Tageblatt vom 7. Juni 2017


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10 HH-wilhelmsburg: der DENKmal-Prozess an der Emmauskirche

Am 16. März 2023 ist der erste Schritt ihrer dreiteiligen Intervention umgesetzt worden.

Die Drehung des Denkmals auf NDR 90,3

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Der von der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg und der DENKmal-Gruppe ausgeschriebene Wettbewerb ist entschieden: Vera Drebusch und Reto Buser haben ihn gewonnen. »Wir wollen nichts Monumentales errichten, nichts aufrichten, das einzelne Menschen klein macht – uns nicht der Rhetorik und Formensprache der Vergangenheit bedienen.«

HH Wilhelmsburg Intervention2022 Titel webIllustration: Vera Drebusch und Reto Buser

 

Zum Konzept von Vera Drebusch und Reto Buser

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8. Mai 2021 Die DENKmal-Gruppe stellt ihr Projekt in einem Film vor.

HH Wilhelmsburg Foto Film web


Link zum Film auf YouTube

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6. Mai 2021:
Interview mit Stephan Linck in der TAZ:

PDF »Soldaten in einem Täterkontext«
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30. März 2021
Margret Markert von der DENKmal-Gruppe berichtet: 

»Die Finanzierung einer künstlerischen Kommentierung des umstrittenen Kriegerdenkmals auf dem Gelände der evangelischen Reiherstieg-Kirche in Wilhelmsburg ist gesichert. Wir haben Zusagen aus dem Bezirksamt Hamburg-Mitte, von der Liebelt-Stiftung und von der Kulturbehörde Hamburg. Wir hoffen, dass wir im Sommer 2021 mit der Ausschreibung eines künstlerischen Wettbewerbs beginnen können und die ersten Realisierungsschritte noch in diesem Jahr gegangen werden können.

Noch ein Zitat aus unserem Antrag zu unserem Plan: ›Eine künstlerische Intervention soll auf die Geschichte des Denkmals sowie auf die konkrete räumliche Situation reagieren und die nationalistisch-militaristische Botschaft des Kriegerdenkmals nachhaltig kritisch kommentieren. [...]

Realisiert werden soll eine künstlerische Intervention, welche die in Ikonografie und Inschrift nationalistische und militaristische Botschaft des Kriegerdenkmals von Hermann Hosaeus an der Emmauskirche in Wilhelmsburg kritisch kommentiert und bricht. Dazu soll ein begrenzter Kunstwettbewerb ausgelobt werden. Die Jury zur Ermittlung des Gewinnerentwurfes soll sich sowohl aus Kunstsachverständigen und im öffentlichen Raum erfahrenen Künstler*innen wie aus Vertreter*innen und Akteur*innen im Stadtteil, Vertreter*innen der Kirchengemeinde, der Kindertagesstätte und der Stadtteilschule Wilhelmsburgs zusammensetzen. Kriterium für die Auswahl: Es soll u.a. der spezifischen sozialen Situation vor Ort ebenso Rechnung getragen werden wie der Tatsache, dass das Wissen um die deutsche Geschichte bei vielen Bewohner*innen des Stadtteils, aber auch generell mittlerweile begrenzt ist. Wilhelmsburg ist bekanntlich ein Stadtteil, in dem sehr viele Menschen mit internationaler Geschichte leben, teils seit Generationen, teils erst seit kurzem als Flüchtlinge vor aktuellen Kriegen. Zudem ist Wilhelmsburg ein ausgesprochen junger Stadtteil. Die Ausschreibung eines Kunstwettbewerbs für eine Intervention am Wilhelmsburger Kriegerdenkmal versteht sich damit auch als Herausforderung, darüber nachzudenken, wie aktuelle Kriegserfahrungen, Erfahrungen verschiedener Generationen mit Verfolgung, Rassismus und Nationalismus in die Auseinandersetzung mit der Geschichte einbezogen und im öffentlichen Raum zeitgemäß gestaltet sein können.‹«

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Am 21. Februar 2019 fasste der Kirchengemeinderat Reiherstieg und die DENKmal-Gruppe folgenden einstimmigen Beschluss: »Im Zuge der Umbauarbeiten des Gemeinde-und Kirchenensembles Emmauskirche wurde das Kriegerdenkmal verrückt und hat kontroverse Diskussionen hervorgerufen. Die DENKmal-AG hat den historischen Hintergrund des Kriegerdenkmals aufgearbeitet. Der KGR stellt sich seiner Verantwortung für Kirche und Gesellschaft. Eine künstlerische Intervention soll das Kriegerdenkmal in seinen lokalen und historischen Bezügen kommentieren und insbesondere seine militaristische Botschaft brechen. Die DENKmal-AG wird beauftragt, diesen Prozess inhaltlich und organisatorisch voranzubringen. Gewünscht wird, dass mindestens ein*e Vertreter*in des KGR den Prozess aktiv begleitet.«

Broschüre zum Denkmal, 2019 herausgegeben von der DENKmal-Gruppe

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Das Projekt »Cursor statt Meißel – eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kriegerdenkmal / Mannesallee« einer 11. Klasse der Stadtteilschule Wilhelmsburg beginnt.

HH Wilhelmsburg Schulprojekt web


Link zur Stadtteilschule

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Am 26. Januar 2018
startet der DENKmal-Prozess rund um das Kriegerdenkmal. Die ev.-luth. Reiherstiegkirchengemeinde und die Geschichtswerkstatt laden um 19.30 Uhr in den Kleinen Emmaus-Saal ein. Ziel ist es eine Position/Haltung hinsichtlich des Kriegerdenkmals zu erarbeiten und eine Empfehlung auszusprechen, wie mit dem Kriegerdenkmal an der jetzigen Stelle umzugehen sei.

Artikel des Wilhelmsburger InselRundblick 2/2018

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2017:
Das Kriegerdenkmal stand bisher ein wenig verdeckt hinter Hecken direkt an der Emmauskirche. Im Rahmen des Neubaus ist es 2017 an die Mannesallee versetzt worden. Das Denkmal steht nun sehr exponiert, es gehen viele Menschen vorbei. Direkt nach der Umsetzung ist es über Nacht mit Graffiti beschmiert worden.


HH Wilhelmsburg Graffiti neu web2


Wenn man das Jahr der Einweihung des Kriegerdenkmals an der Emmauskirche und die Botschaft der Inschrift: »Den für Volk und Vaterland Gefallenen zur Ehre und im Glauben an die deutsche Zukunft errichtet« bedenkt, trifft diese Aussage einen historischen Kern.

Unsere Dokumentation des Denkmals in Wilhelmsburg


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09 Verhöhnen der Opfer durch
Gedenken der Täter?

Die Erinnerung an den Nationalsozialismus hat in den letzten 70 Jahren einen starken Wandel durchlaufen – vom Kriegergedenken bis zur heutigen ausdifferenzierten Gedenkkultur. Trotzdem fällt es nach wie vor schwer, einen kritischen Umgang mit der eigenen Geschichte zu finden, gerade wenn es um lange bestehende Denk- und Mahnmale im öffentlichen Raum geht. Am 21. Februar 2019 hielt Dr. Stephan Linck, Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit an der Evangelischen Akademie der Nordkirche einen Vortrag zum Thema.

Stephan Linck im Kieler Landeshaus


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08 Weiße Wäsche – Kunstaktion ›DENK MAL!‹

Im Sommer 2014 lud Ulrich Hentschel, der Studienleiter für Erinnerungskultur der Ev. Akademie der Nordkirche zu einer temporären Kunstaktion in Hamburg und Schleswig-Holstein ein:

»Kriegerdenkmäler – Stumme Zeugen ins Gespräch bringen

Kriegerdenkmäler befinden sich in vielen Dörfern und Städten, in und an Kirchen, in Parkanlagen und Friedhöfen. Oft werden sie über-sehen, bisweilen durch neonazistische Gruppen instrumentalisiert und regelmäßig am Volkstrauertag für kommunale Gedenkfeiern, oft mit kirchlicher Begleitung, genutzt. 

Die meisten dieser Denkmäler wurden in den 1920er Jahren errichtet. Sie dienten der nationalistisch aufgeladenen Sinngebung für den 1. Weltkrieg und wurden zu Propaganda-Stätten für die ideologische Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs.

In einer landesweiten Aktion zum 75. Jahrestag des deutschen Angriffs gegen Polen am 1. September 1939 sollen einige dieser Denkmäler durch eine zeitlich auf ein bis zwei Wochen begrenzte Kunstaktion ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht werden.

HH Dammtor 2.11 web


Die Künstler Axel Richter vom KunstHaus Schüberg und Uwe Schloen aus Bremen erklären ihre Kunstaktion so
:

›Blickwechsel – Regionale Betroffenheit und landesweite Verbundenheit generations-übergreifend anzuregen und zu verknüpfen ist die Aufgabe. Dazu braucht es ein leichtes, spielerisch mehrdeutiges und vielfach einsetzbares Objekt. Es braucht ein bildnerisches Mittel, das Bezugs- und Verfremdungsaspekte zu Stein und Bronze, Inschrift und ortsspezifischer Grünanlage entstehen lassen.

Das Bild der Wäscheleine  mit weißer Wäsche erfüllt in seiner Einfachheit, in seinem Kontrast der häuslichen Intimität zum öffentlichen Denkmal alle erforderlichen Kriterien. … weiße Wäsche, Unschuld, Kindheit, dreckige Wäsche waschen, Friedensfahne, Wäsche im Wind, der Fahne nach, Heim und Herd …  

Durch die Auswahl der Kleidungsstücke werden zusätzliche Aspekte gesetzt. Nicht nur Väter und Söhne, sondern auch Mütter und Töchter, die ganze Familie ist angesprochen. Es ist der alte Konflikt zwischen der Freiheit menschlich Individuellem und dessen Missbrauch — Leidtragende sind vor allem die Kinder.«


Lesen Sie mehr über den Verlauf der einzelnen Kunstaktionen bei Kriegerdenkmäler Hamburg: Bramfeld>, Dammtor>, Harburg>, Ottensen> und Schleswig-Holstein: Ahrensburg>, Bünningstedt>, Hoisbüttel>.

»DENK MAL! Kunstaktionen provozieren Aufmerksamkeit und Debatte« – so wird ein Artikel von Ulrich Hentschel auf der Titelseite des »Gegenwind« 312, September 2014, angekündigt. Der »Gegenwind«, Magazin für Politik und Kultur in Schleswig-Holstein, erscheint zwölfmal jährlich, er wird herausgegeben von der Gesellschaft für politische Bildung e.V., Kiel. Sie finden den Artikel online auf

www.gegenwind.info

Unter Themen: >Geschichte >Denk mal – gegen Krieg


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07 München: Projekte von Kastner und Berndl

17. März 2021: Gefilmter Stadtrundgang zum Giesinger Kriegerdenkmal in München:

Initiativen Kastner 2021 web

Aufklärung und Aktion mit Wolfram P. Kastner und Hans-Peter Berndl.

www.muenchen.tv

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Projekt DEUTSCHLANDS …. UN.. EHRE

13. Juli 2015: Neue Tafel und Brief an Frau von der Leyen

Sehr geehrte Frau von der Leyen,
wir haben heute am Kriegerdenkmal in München an der Dachauer Straße eine Tafel angebracht mit dem Text:

Wir trauern um alle,
die im Weltkrieg 1914 – 18
grausam und sinnlos
ihr Leben verloren.

Die Toten mahnen uns,
mit allen Kräften
für Frieden zu sorgen
und Kriege zu verhindern.

Wir dürfen sicher davon ausgehen, dass Sie nichts gegen die Bekundung von Trauer und die Sorge für Frieden und gegen Krieg einzuwenden haben und diese Tafel  dankbar entgegen nehmen als sinnvolle und notwendige Ergänzung des Kriegerdenkmals.

Der militaristische Text aus dem Jahre 1926 "SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLANDS RUHM UND EHRE" wurde vermutlich - entsprechend der Kontrollratsdirektive 30 - nach dem verbrecherischen II. Weltkrieg zerstört und erst 1965 im "Kalten Krieg" wieder erneuert.

Er erregt heute vielfach Ärgernis und widerspricht  dem heutigen allgemeinen und sicher auch Ihrem Friedenswillen. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Text zu Trauer und Friede auch in Ihrem Sinne ist und dort auf Dauer erhalten bleiben kann.

Wir bitten Sie, uns das zu bestätigen.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Berndl                                    Wolfram P. Kastner

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Die Bundeswehr hat die veränderte Inschrift mit einer schwarzen Platte verdeckt. Wolfram P. Kastner und seine Kollegen vom Institut für Kunst und Forschung schrieben »Trauer« darauf. Die Schrift wurde entfernt und die Platte mit Wagenschmiere unbeschreibbar gemacht. Daraufhin klebten die unermüdlichen Kriegsgegner die Buchstaben »FRIEDEN!« auf die Platte. Nach drei Tagen war auch dieses Wort verschwunden.

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2. März 2015:  Im Münchner Merkur erscheint ein Artikel über die Aktion:

Münchner Merkur, 2.3.2015

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4. Februar 2015: Medieninformation des Instituts für Kunst und Forschung

Mit einer ästhetischen Intervention wurde heute das Kriegerdenkmal an der Dachauer Straße in München verändert. Dort stand der Text:

SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLANDS RUHM UND EHRE
DEN TOTEN DER BAYERISCHEN EISENBAHNTRUPPE
IM WELTKRIEG 1914-18

Mit der Entfernung von fünf Buchstaben wurde der geschichtlichen Wirklichkeit und der heutigen historischen Kenntnis Rechnung entsprochen.
Das Denkmal wurde 1922 errichtet, 1945 zerstört und 1962 mit dem unsäglichen militaristischen Text neu errichtet. Alljährlich werden dort Kränze der Bundeswehr angebracht, so als wäre die Bundeswehr immer noch der Auffassung, das entsetzliche Morden habe Deutschlands Ruhm und Ehre befördert.
Wir hatten die Bundesministerin für Verteidigung gebeten, das Denkmal zu verändern oder mit einem Text zu ergänzen, der etwas so lauten könnte:
»Wir trauern um die Soldaten der Bayerischen Eisenbahntruppe, die in dem sinnlosen und furchtbaren Krieg 1914-18 ihr Leben verloren. Wir wollen für Frieden sorgen und Kriege verhindern.«
Die wurde in einem Schreiben des Oberst im Generalstab abgelehnt, weil sich um ein »Sachzeugnis« handle, das »dauerhaft und unverfälscht erhalten werden soll«.

Wir sind der Auffassung und sehen uns in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz, dass der militaristische Geist dieses Kriegerdenkmals nicht unverändert bleiben darf und dass nie mehr junge Menschen mit der Illusion in Kriege geschickt werden dürfen, sie würden für »Deutschlands Ruhm und Ehre« töten und sterben.
Die demontierten Buchstaben haben wir nach Berlin an Frau von der Leyen geschickt, als Denkanstoß für einen neuen Text, der von Trauer und Friedenswille geprägt ist, statt von mörderischem Ruhm und falscher Ehre.

Wolfram P. Kastner (Künstler)
Hans-Peter Berndl (Künstler)

KD DachauerStr Muenchen web

UN EHRE Muenchen web

Brief an Frau von der Leyen vom 14. Januar 2015:

Brief Januar 2015

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06 Kriegerdenkmal-Appell der ›gefallenen‹ deutschen Soldaten

»Baut die Kriegerdenkmäler ab, haltet nicht an uns fest!« fordert Klaus-Peter Klauner aus Köln in seinem »Appell der ›gefallenen‹ deutschen Soldaten«. Der Begleittext enthält bisweilen provozierende Überlegungen, die bei der Debatte über Kriegerdenkmäler und die entsprechenden Rituale Aufmerksamkeit verdienen.

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05 Tätige Kritik am Ohlsdorfer Gedenkritual

In der Nacht vom 19. zum 20. November 2019 haben Unbekannte den beim Kriegerdenkmal auf dem Ohlsdorfer Friedhof am Volkstrauertag abgesetzten Kranz der »Freien und Hansestadt Hamburg« zum Hamburger Rathaus zurückgebracht. Dort wurde der Kranz mit einem plakatgroßen Brief an Bürgermeister Tschentscher am Heinrich-Heine-Denkmal – für alle sichtbar – aufgestellt. Hintergrund der Aktion war, dass mit den Kränzen einseitig der toten Soldaten des 2. Weltkrieges gedacht wird, während die vielen anderen Opfergruppen durch die Kranzpräsentation unter den eisernen Lettern »Zum Gedenken an die im Weltkrieg 1939-1945 gefallenen Soldaten« missachtet bleiben. Seit Jahren ist bekannt, dass auf dem Gräberfeld für die »Gefallenen« auch KZ-Häftlinge und Widerstandskämpfer*innen, 8 Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen, 46 jüdische Soldaten der Roten Armee, mehr als 60 hingerichtete Wehrmachtsdeserteure und andere Opfer der Naziherrschaft liegen.

Der Brief an den Bürgermeister wurde im Namen von Heinrich Heine verfasst. Er endet mit dem Vorschlag, dieses einseitige Gedenken so lange einzustellen, bis die Lettern am Kriegerdenkmal entfernt sind oder es durch Tafeln kommentiert wird.

Lesen Sie dazu unsere Dokumentation des Ohlsdorfer Kriegerdenkmals

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04 Materialsammlung der EKD

Im Jahr 2014 erinnerte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit der umfangreichen Materialsammlung »Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens« an den Beginn des 1. Weltkriegs.

Materialsammlung

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03 »Damals nicht, jetzt nicht, niemals!«

Das jüngste Projekt des Künstlers Volker-Johannes Trieb zum Thema Krieg und Frieden wird bis 2018 an exponierten Plätzen gezeigt. Er hat es mit Schülern und Schülerinnen der Gymnasien des Landkreises Osnabrück verwirklicht. Die hölzernen Stelen sind aus Baumstämmen des Frontgebiets im 1. Weltkriegs entstanden, sie enthalten Granatsplitter und Patronenkugeln – Zeitzeugen der verheerenden Kampfhandlungen. Die Schüler und Schülerinnen gestalteten sie zu »Friedenszeichen«. Volker-Johannes Trieb: »Es geht darum, dass so etwas nie wieder passiert. Ist es schon Krieg, wenn an den Außengrenzen der EU Menschen sterben?«

Initiativen Osnabrueck web

Das sind die Stelen auf dem Gelände der Varusschlacht im Osnabrücker Land – Museum und Park Kalkriese

Helmut Kemper, Kulturbüro Landkreis Osnabrück in »Der Landkreis« 5/2015


In einem Flyer wird das Projekt vorgestellt:

Initiativen Flyer web

Flyer

Wir bedanken uns bei Helmut Kemper für die Informationen und Bilder


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02 Mainz: Kriegsverherrlichender Kranz zurück an den OB

In Mainz wurde der Opfer der Bombardierung der Stadt am 27. Februar 1945 gedacht. Im Vorwort zur Broschüre mit dem Veranstaltungsprogramm der Stadt Mainz zum 70. Jahrestag der Zerstörung von Mainz schreibt Oberbürgermeister Ebling:

»Wir brauchen diesen Tag des Gedenkens, weil unsere Zukunft auch auf Erinnerung und Erfahrung gründet. Gerade heute, da eine Generation in der Verantwortung steht, die die Schrecken dieses Weltkriegs nicht erlebt hat, müssen wir die Erinnerung bewahren. Nur dann können wir uns auch verantwortungsvoll an internationalen Einsätzen beteiligen.«

Es ist kaum zu glauben, aber offensichtlich wahr: Oberbürgermeister Ebling will das Gedenken an die Schrecken des Krieges nutzen, um für deutsche Militäreinsätze zu werben. Dazu passt, dass OB Ebling am Volkstrauertag einen Kranz am Kriegsmarinedenkmal niederlegen ließ. Auf dem Denkmal ist zu lesen:

Den Gefallenen zum Gedächtnis
Den Lebenden zur Anerkennung
Künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung

Text nach einer Veröffentlichung des DFG-VK Mainz


Am 18. November 2014 brachte der Mainzer Friedensaktivist Hans Ripper den Kranz zurück ins Rathaus. »Wer am Kriegsmarinedenkmal ohne weiteren Kommentar einen Kranz aufhängt, macht sich die Botschaft zu eigen. Das ist unmissverständlich Aufhetzung zum Krieg oder gar zum nächsten Krieg!«


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01 Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens

Heausgegeben von Pax Christi  Internationale Katholische Friedensbewegung, Regionalverband Osnabrück/Hamburg

Arbeitshilfe: Gedenken an den Beginn des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren


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